Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
18
1. Instanz
SG Potsdam (BRB)
Aktenzeichen
S 18 AL 229/10
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 18 AL 125/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 6. April 2011 aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind im gesamten Verfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Gegenstand des Rechtsstreites ist die Erstattung der Kosten eines Widerspruchsverfahrens.
Unter dem 8. Februar 2010 beantragte der Kläger bei der Beklagten Arbeitslosengeld (Alg), wobei er die formularmäßig gestellte Frage, ob er mindestens ein leibliches Kind habe, mit "nein" beantwortete. Dem Antrag lag sowohl eine Kopie der Lohnsteuerkarte für 2010 (ausgestellt am 20. September 2009), in der die Steuerklasse I sowie ein Kinderfreibetrag von 0,5 eingetragen war, wie auch eine Arbeitsbescheinigung der H-Technik GmbH vom 2. Februar 2010 bei, aus der sich u.a. ergab, dass der Kläger vom 27. April 2009 bis 28. Februar 2010 bei ihr als Heizungsbauer beschäftigt gewesen war. Die Beklagte bewilligte dem Kläger mit Bescheid vom 26. Februar 2010 Alg als Vorschuss ab 1. März 2010 für 350 Tage. Dabei legte sie den allgemeinen Leistungssatz von 60 % zugrunde und entschied, dass dem Kläger für März 2010 wegen eines vorläufigen Erstattungsanspruches eines Leistungsträgers keine Leistung zustehe. Mit Änderungsbescheid vom 1. März 2010 bewilligte die Beklagte sodann Alg als Vorschuss für die Zeit vom 1. März 2010 bis 20. Februar 2011 in Höhe eines täglichen Leistungsbetrages von 34,78 Euro. Den gegen den Bewilligungsbescheid vom 26. Februar 2010 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 1. März 2010 eingelegten Widerspruch des Klägers begründete dieser mit Schreiben vom 20. April 2010 wie folgt: Nach § 129 Satz 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch –Arbeitsförderung (SGB III) sei ihm Alg zum erhöhten Leistungssatz von 67 % zu bewilligen. Er habe bereits in seinem Antrag auf Bewilligung von Alg vom 30. März 2009 bzw. 22. April 2009 mitgeteilt, dass er ein am 22. März 1996 geborenes Kind habe. Angesichts dieser Angaben sowie im Hinblick auf die mit der Arbeitsbescheinigung mitgeteilte Anzahl der Kinderfreibeträge hätte für die Beklagte Anlass bestanden, seinen widersprüchlichen Angaben nachzugehen und beim ihm nachzufragen. Zugleich legte der Kläger einen Kontoauszug der Mutter seines Sohnes vom 23. März 2010 vor, aus dem sich die Zahlung des Kindergeldes für den Monat März 2010 ergibt.
Die Beklagte hob mit Abhilfebescheid vom 3. Mai 2010 den Bescheid vom 26. Februar 2010 auf und entschied, dass die im Widerspruchsverfahren entstandenen Kosten mangels Notwendigkeit nicht erstattet werden könnten. Mit Änderungsbescheid vom selben Tag bewilligte die Beklagte dem Kläger Alg für die Dauer von 350 Tagen für die Zeit vom 1. März 2010 bis 20. Februar 2011 als Vorschuss in Höhe eines täglichen Leistungsbetrages von 38,83 Euro (Prozentsatz: 67). Mit dem Widerspruch gegen den Abhilfebescheid vom 3. Mai 2010 trug der Kläger vor: Es bestehe eine Kostenerstattungspflicht, denn der Beklagten sei ein erhebliches Beratungsverschulden in Verbindung mit der Verletzung des Amtsermittlungsgrundsatzes unterlaufen. Aufgrund seiner früheren Angaben sei klar ersichtlich gewesen, dass sein Kind noch nicht 18 Jahre alt gewesen sei und mithin einen Kindergeldanspruch gehabt habe. Gleichwohl habe es die Beklagte nicht als erforderlich angesehen, die widersprüchlichen Angaben näher ihm abzuklären. Stattdessen habe durch seinen Prozessbevollmächtigten aufwendig durch Akteneinsicht näher ermittelt werden müssen. Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 9. Juni 2010 zurückgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt: Der Kläger sei mit einer Zwischenmitteilung vom 25. Februar 2010 gebeten worden, Angaben zu einem leiblichen Kind zu machen. Hierauf habe er nicht reagiert. Seiner Mitwirkungspflicht sei er erst im Widerspruchsverfahren nachgekommen. Ein Kostenerstattungsanspruch bestehe dem Grunde nach nicht, wenn ein Antrag wegen unzureichender Mitwirkung abgelehnt werde und die Mitwirkung erst im Widerspruchsverfahren nachgeholt werde. In diesem Fall liege kein erfolgreicher Widerspruch im Sinne des § 63 Sozialgesetzbuch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) – vor.
Im Klageverfahren hat der Kläger vorgetragen: Die Zwischenmitteilung vom 25. Februar 2010 habe ihn nicht erreicht. Die Bewilligung des Alg ohne vorherige Nachfrage auf der Grundlage des allgemeinen Leistungssatzes sei rechtswidrig gewesen. Der Beklagten hätte es freigestanden, Alg zum allgemeinen Leistungssatz vorläufig zu bewilligen und den Sachverhalt weiter aufzuklären. Das Sozialgericht (SG) Potsdam hat mit Gerichtsbescheid vom 17. Februar 2011 unter Abänderung des Abhilfebescheides vom 3. Mai 2010 den Widerspruchsbescheid vom 9. Juni 2010 aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, die Notwendigkeit der Zuziehung eines Rechtsanwalts festzustellen sowie die notwendigen Aufwendungen im Widerspruchsverfahren dem Kläger dem Grunde nach zu erstatten. Nachdem die Beklagte die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung nach § 105 Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beantragt hatte, hat das SG Potsdam mit Urteil vom 6. April 2011 unter Zulassung der Berufung den Abhilfebescheid vom 3. Mai 2010 bezüglich der Kostenentscheidung abgeändert, den Widerspruchsbescheid vom 9. Juni 2010 aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, die Notwendigkeit der Zuziehung eines Rechtsanwalts festzustellen sowie die notwendigen Aufwendungen im Widerspruchsverfahren dem Kläger dem Grunde nach zu erstatten. Zur Begründung ist ausgeführt: Der Kläger habe einen Anspruch auf Erstattung der notwendigen Kosten, die ihm für seine Rechtsverfolgung im Widerspruchsverfahren entstanden seien. Gemäß § 63 Abs. 2 SGB X seien die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts im Vorverfahren erstattungsfähig, wenn die Zuziehung eines Bevollmächtigten notwendig war. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren sei hier notwendig gewesen, denn für einen juristischen Laien sei nicht ohne Weiteres erkennbar, welche Rechtsgrundlagen bei der Berechnung der Höhe des Alg zugrunde zu legen seien und wie sich diese bei deren Beachtung auf die Höhe des Alg-Anspruchs auswirkten. Der Kläger habe auch Anspruch auf die Erstattung der zu zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen. Gemäß § 63 Abs. 1 SGB X habe der Rechtsträger, dessen Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen habe, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung und Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen zu erstatten, soweit der Widerspruch erfolgreich gewesen sei. Ein Widerspruch habe im Sinne des Gesetzes dann Erfolg, wenn die Behörde ihm stattgebe. Dies sei vorliegend mit dem Änderungsbescheid vom 3. Mai 2010 und Abhilfebescheid vom selben Tag der Fall gewesen. Zwischen dem Widerspruch und der begünstigenden Entscheidung der Behörde habe auch eine ursächliche Verknüpfung im Rechtssinne bestanden. Nicht erfolgreich wäre der Widerspruch nur dann gewesen, wenn die abhelfende Entscheidung nicht dem Widerspruch, sondern einem anderen Umstand zuzurechnen gewesen wäre. Anhaltspunkte dafür seien nicht ersichtlich. Vielmehr sei die Beklagte ihrer Verpflichtung aus § 20 SGB X, den Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln, nicht ausreichend nachgekommen. Es sei nicht feststellbar, ob die Zwischenmitteilung vom 25. Februar 2010 dem Kläger tatsächlich zugegangen sei. Zudem seien die Bescheide vom 26. Februar 2010 und 1. März 2010 vor Ablauf der mit der Zwischenmitteilung gesetzten Frist (14. März 2010) ergangen. Es sei ferner zu beachten, dass die Beklagte auch die erforderlichen Erkenntnisse selbst gehabt habe, was sich unter anderem aus der Arbeitgeberbescheinigung und der Lohnsteuerkarte ergebe. Auch habe der Kläger das Geburtsdatum des Kindes seinem früheren Leistungsantrag mitgeteilt. Da die Beklagte Veranlassung für das Widerspruchsverfahren gegeben habe, müsse sie auch die notwendigen Aufwendungen des Klägers erstatten.
Mit der Berufung macht die Beklagte geltend: Für die Gewährung des erhöhten Leistungssatzes in Abänderung des angefochtenen vorläufigen Bescheides seien die nachgeholten Angaben des Klägers hinsichtlich seines Kindes maßgeblich gewesen. Der Kläger habe mit seinen falschen Angaben im Antrag seine Mitwirkungspflicht gemäß § 60 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch – Allgemeiner Teil (SGB I) verletzt. Eine Leistungsgewährung könne nur auf Grundlage der vom jeweiligen Antragsteller im Leistungsantrag gemachten Angaben erfolgen. Der jeweilige Leistungsträger sei weder verpflichtet, noch berechtigt, die Angaben des Antragstellers auf ihre Richtigkeit zu überprüfen. Die Amtsermittlungspflicht nach § 20 SGB X komme nur dann in Betracht, wenn die Angaben unvollständig oder widersprüchlich seien. Ein solcher Fall sei jedoch nicht gegeben gewesen. Der Kläger habe die einfache und unmissverständliche Frage nach einem leiblichen Kind mit "nein" beantwortet. Es sei unbeachtlich, dass der Kläger in einem vorherigen Alg-Antrag sein Kind angegeben habe. Für zusätzliche Amtsermittlungen habe es keine Anhaltspunkte gegeben. Für diese hätte nur bei einem offensichtlichen Widerspruch ein Bedürfnis bestanden.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 6. April 2011 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt das angegriffene Urteil.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die zum Verfahren eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen. Der den Kläger betreffende Verwaltungsvorgang der Beklagten und die Gerichtsakten haben vorgelegen und sind Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die vom SG zugelassene Berufung des Klägers, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten durch den gemäß § 155 Abs. 3 und 4 SGG berufenen Berichterstatter ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 SGG entscheiden konnte, ist zulässig (vgl. § 144 Abs. 3 SGG) und begründet.
Der Kläger hat – entgegen der erstinstanzlichen Entscheidung – gemäß § 63 Abs. 1 Satz 1 SGB X keinen Anspruch auf Erstattung der geltend gemachten Kosten des Widerspruchsverfahrens.
Nach § 63 Abs. 1 Satz 1 SGB X hat der Rechtsträger, dessen Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, demjenigen, der Widerspruch erhoben hat, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen zu erstatten, soweit der Widerspruch erfolgreich ist. Der Tatbestand dieser Vorschrift ist vorliegend nicht erfüllt, weil der Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 26. Februar 2010 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 1. März 2010 nicht erfolgreich im Sinne dieser Vorschrift war.
Ein Widerspruch hat im Grundsatz dann Erfolg im Sinne des Gesetzes, wenn die Behörde ihm stattgibt (vgl. Urteil des Bundessozialgerichts - BSG - vom 21. Juli 1992 – 4 RA 20/91 = SozR 3-1300 § 63 Nr. 3 mwN; Roos in: von Wulffen, SGB X, 7. Aufl., § 63 Rn. 18). Danach ist ohne Belang, was der Widersprechende zur Begründung seines Rechtsbehelfs vorgebracht hat und welche Gründe zum Stattgeben des Widerspruchs geführt haben (vgl. Urteil des BSG vom 8. Oktober 1987 – 9a RVs 10/87 -, juris).
Ein Widerspruch ist jedoch nach ständiger Rechtsprechung des BSG dann nicht erfolgreich im Sinne des § 63 SGB X, wenn die abhelfende Entscheidung des Rechtsträgers – hier der Abhilfebescheid der Beklagten vom 3. Mai 2010 – nicht dem Widerspruch, sondern einem anderen Umstand – zum Beispiel der Nachholung von Mitwirkungspflichten – zuzurechnen ist (vgl. Urteile des BSG vom 21. Juli 1992 aaO; vom 18. Dezember 2001 – B 12 KR 42/00 R – und vom 25. März 2004 – B 12 KR 1/03 R = SozR 4-1300 § 63 Nr. 1). Vorliegend fehlt es an der nach der zitierten Rechtsprechung des BSG zur fordernden kausalen Verknüpfung zwischen dem Widerspruch des Klägers und der abhelfenden Entscheidung der Beklagten.
Mit dem – aus welchen Gründen auch immer – falschen Ausfüllen des Antragsformulars im Rahmen der Antragstellung vom 8. Februar 2010 hat der Kläger seine Mitwirkungspflichten aus § 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB I verletzt, denn er hat nicht alle Tatsachen angegeben, die für die Leistung erheblich waren. Die Mitwirkungspflichten des Antragstellers ergänzen bzw. modifizieren die Amtsermittlungspflicht des Leistungsträgers aus §§ 20, 21 SGB X. Denn maßgebend für eine Leistungsgewährung kann nur der fehlerfrei ermittelte Kenntnisstand des Leistungsträgers auf der Grundlage der im jeweiligen Verwaltungsverfahren vom Antragsteller gemachten Angaben und vorgelegten Unterlagen seien. Ein Verschulden ist, wie sich aus dem Gesetzeswortlaut ergibt, nicht erforderlich. Es gehört demnach zur Mitwirkungspflicht eines Antragstellers, vollständige und wahre Angaben zu machen (vgl. Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 18. September 2008 – L 3 R 1452/08 -, juris mwN). Die Behörde ist nur dann verpflichtet, den Sachverhalt von Amts wegen weiter zu ermitteln, wenn die Angaben (für sie erkennbar) unvollständig oder unklar sind (vgl. Urteil des BSG vom 2. Oktober 1997 – 14 REg 10/96 = SozR 3-7833 § 6 Nr. 15).
Die Angaben des Klägers waren nach den hier zu berücksichtigenden Umständen weder unvollständig noch unklar; sie waren lediglich unzutreffend. Sie waren auch nicht deshalb unklar oder widersprüchlich, weil der Kläger im früheren Antragsverfahren zutreffende Angaben zu seinem Kind gemacht hatte. Angesichts der unmissverständlichen Verneinung der Frage nach einem Kind im Antrag vom 8. Februar 2010 bestand für die Beklagte kein Anlass dazu, Unterlagen aus früheren Verwaltungsverfahren danach zu überprüfen, ob der Kläger zu einem früheren Zeitpunkt diese Frage anders beantwortet hatte. Er durfte sich vielmehr auf die aktuellen Angaben des Klägers beschränken. Insoweit war für sie aufgrund der Eintragungen in der Lohnsteuerkarte für 2010 und in der Arbeitsbescheinigung vom 2. Februar 2010 lediglich erkennbar, dass dem Kläger zuletzt im September 2009 ein Kinderfreibetrag bescheinigt worden war. Aus diesen Unterlagen ließ sich hingegen nicht entnehmen, dass im für die Höhe des Leistungsanspruchs maßgeblichen Zeitpunkt der Entstehung des Anspruchs auf Alg noch ein steuerrechtlich berücksichtigungsfähiges Kind vorhanden war. Denn mangels Angabe des Geburtsdatums des Kindes des Klägers in diesen Unterlagen und fehlender sonstiger aktueller Erkenntnisse drängte sich angesichts der eindeutigen Verneinung der dem Kläger gestellten Frage nach einem (berücksichtigungsfähigen ) Kind der Schluss auf, dass die Eintragung eines Kinderfreibetrages wegen Vollendung des 18. Lebensjahres und Beschäftigungsaufnahme des Kindes (vgl. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Einkommensteuergesetz) unterdessen unrichtig geworden war. Dementsprechend bestand auf der maßgeblichen Grundlage der aktuellen Angaben des Klägers kein Anlass für die Beklagte zu weiteren Sachverhaltsermittlungen.
Die abhelfende Entscheidung der Beklagten ist aber auch dann allein der nachträgliche Erfüllung von Mitwirkungspflichten durch den Kläger zuzurechnen, wenn entgegen den vorstehenden Ausführungen die Beklagte zu einer "Nachfrage" verpflichtet gewesen sein sollte. Denn die Beklagte hatte es mit den Bescheiden vom 26. Februar 2010 und 1. März 2010 - offenbar vorsorglich – vermieden, eine endgültige Entscheidung über die Höhe des Alg-Anspruchs des Klägers zu treffen. Unabhängig davon, ob die Zwischenmitteilung vom 25. Februar 2010 den Kläger erreicht hatte oder nicht, hat die Beklagte nämlich dem Kläger - gestützt auf § 42 SGB I - mit den Vorschussbescheiden vom 26. Februar 2010 und 1. März 2010 lediglich eine vorläufige Leistung (vgl. Seewald, in Kasseler Kommentar, Stand. März 2005, § 42 SGB I, Rn. 7) bewilligt und ihm damit zugleich Gelegenheit gegeben, allfällige Falschangaben aus dem Leistungsantrag vom 8. Februar 2010 zu berichtigen. Auf die Zulässigkeit bzw. Vorzugswürdigkeit eines derartigen, von ihm allerdings in Abrede gestellten Vorgehens der Beklagten hat der Kläger in der Klageschrift vom 8. Juli 2010 im Übrigen selbst verwiesen. Die Beklagte hatte den Kläger in der Begründung des Bescheides vom 26. Februar 2010 auch darauf hingewiesen, dass der Prozentsatz für die Bemessung des Alg unter der Annahme, dass kein Kind steuerlich zu berücksichtigen sei, vorgenommen worden war. Bei dieser klaren, und nur durch einstweilige Verwaltungsakte geprägten Sach- und Rechtslage hätte es vorliegend der Erhebung eines Widerspruchs überhaupt nicht bedurft. Es hätte vielmehr ausgereicht, die falsche Angabe zum Kind formlos zu berichtigen und so eine endgültige Festsetzung des (korrekten) Alg herbeizuführen. Dem Senat erschließt sich auch nicht ansatzweise, weshalb insoweit ein aufwendiges Tätigwerden durch die Prozessbevollmächtigten des Klägers erforderlich oder auch nur sinnvoll gewesen sein sollte. Wenn die Beklagte auf den nicht erforderlichen Widerspruch des Klägers in ebenso überflüssiger aber unschädlicher Weise die Vorschussbescheide sodann förmlich aufhob, so trug sie damit allein der Berichtigung der falschen Angabe des Klägers Rechnung, ohne dass darin der Sache nach ein "Erfolg" des Widerspruchs gegen die Vorschussbescheide zu erkennen ist.
Da kein Anspruch des Klägers auf Erstattung von Kosten im Vorverfahren nach § 63 Abs. 1 SGB X besteht, sind auch nicht die Gebühren und Auslagen seiner Prozessbevollmächtigten nach § 63 Abs. 2 SGB X für erstattungsfähig zu erklären.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG liegen nicht vor.
Tatbestand:
Gegenstand des Rechtsstreites ist die Erstattung der Kosten eines Widerspruchsverfahrens.
Unter dem 8. Februar 2010 beantragte der Kläger bei der Beklagten Arbeitslosengeld (Alg), wobei er die formularmäßig gestellte Frage, ob er mindestens ein leibliches Kind habe, mit "nein" beantwortete. Dem Antrag lag sowohl eine Kopie der Lohnsteuerkarte für 2010 (ausgestellt am 20. September 2009), in der die Steuerklasse I sowie ein Kinderfreibetrag von 0,5 eingetragen war, wie auch eine Arbeitsbescheinigung der H-Technik GmbH vom 2. Februar 2010 bei, aus der sich u.a. ergab, dass der Kläger vom 27. April 2009 bis 28. Februar 2010 bei ihr als Heizungsbauer beschäftigt gewesen war. Die Beklagte bewilligte dem Kläger mit Bescheid vom 26. Februar 2010 Alg als Vorschuss ab 1. März 2010 für 350 Tage. Dabei legte sie den allgemeinen Leistungssatz von 60 % zugrunde und entschied, dass dem Kläger für März 2010 wegen eines vorläufigen Erstattungsanspruches eines Leistungsträgers keine Leistung zustehe. Mit Änderungsbescheid vom 1. März 2010 bewilligte die Beklagte sodann Alg als Vorschuss für die Zeit vom 1. März 2010 bis 20. Februar 2011 in Höhe eines täglichen Leistungsbetrages von 34,78 Euro. Den gegen den Bewilligungsbescheid vom 26. Februar 2010 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 1. März 2010 eingelegten Widerspruch des Klägers begründete dieser mit Schreiben vom 20. April 2010 wie folgt: Nach § 129 Satz 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch –Arbeitsförderung (SGB III) sei ihm Alg zum erhöhten Leistungssatz von 67 % zu bewilligen. Er habe bereits in seinem Antrag auf Bewilligung von Alg vom 30. März 2009 bzw. 22. April 2009 mitgeteilt, dass er ein am 22. März 1996 geborenes Kind habe. Angesichts dieser Angaben sowie im Hinblick auf die mit der Arbeitsbescheinigung mitgeteilte Anzahl der Kinderfreibeträge hätte für die Beklagte Anlass bestanden, seinen widersprüchlichen Angaben nachzugehen und beim ihm nachzufragen. Zugleich legte der Kläger einen Kontoauszug der Mutter seines Sohnes vom 23. März 2010 vor, aus dem sich die Zahlung des Kindergeldes für den Monat März 2010 ergibt.
Die Beklagte hob mit Abhilfebescheid vom 3. Mai 2010 den Bescheid vom 26. Februar 2010 auf und entschied, dass die im Widerspruchsverfahren entstandenen Kosten mangels Notwendigkeit nicht erstattet werden könnten. Mit Änderungsbescheid vom selben Tag bewilligte die Beklagte dem Kläger Alg für die Dauer von 350 Tagen für die Zeit vom 1. März 2010 bis 20. Februar 2011 als Vorschuss in Höhe eines täglichen Leistungsbetrages von 38,83 Euro (Prozentsatz: 67). Mit dem Widerspruch gegen den Abhilfebescheid vom 3. Mai 2010 trug der Kläger vor: Es bestehe eine Kostenerstattungspflicht, denn der Beklagten sei ein erhebliches Beratungsverschulden in Verbindung mit der Verletzung des Amtsermittlungsgrundsatzes unterlaufen. Aufgrund seiner früheren Angaben sei klar ersichtlich gewesen, dass sein Kind noch nicht 18 Jahre alt gewesen sei und mithin einen Kindergeldanspruch gehabt habe. Gleichwohl habe es die Beklagte nicht als erforderlich angesehen, die widersprüchlichen Angaben näher ihm abzuklären. Stattdessen habe durch seinen Prozessbevollmächtigten aufwendig durch Akteneinsicht näher ermittelt werden müssen. Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 9. Juni 2010 zurückgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt: Der Kläger sei mit einer Zwischenmitteilung vom 25. Februar 2010 gebeten worden, Angaben zu einem leiblichen Kind zu machen. Hierauf habe er nicht reagiert. Seiner Mitwirkungspflicht sei er erst im Widerspruchsverfahren nachgekommen. Ein Kostenerstattungsanspruch bestehe dem Grunde nach nicht, wenn ein Antrag wegen unzureichender Mitwirkung abgelehnt werde und die Mitwirkung erst im Widerspruchsverfahren nachgeholt werde. In diesem Fall liege kein erfolgreicher Widerspruch im Sinne des § 63 Sozialgesetzbuch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) – vor.
Im Klageverfahren hat der Kläger vorgetragen: Die Zwischenmitteilung vom 25. Februar 2010 habe ihn nicht erreicht. Die Bewilligung des Alg ohne vorherige Nachfrage auf der Grundlage des allgemeinen Leistungssatzes sei rechtswidrig gewesen. Der Beklagten hätte es freigestanden, Alg zum allgemeinen Leistungssatz vorläufig zu bewilligen und den Sachverhalt weiter aufzuklären. Das Sozialgericht (SG) Potsdam hat mit Gerichtsbescheid vom 17. Februar 2011 unter Abänderung des Abhilfebescheides vom 3. Mai 2010 den Widerspruchsbescheid vom 9. Juni 2010 aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, die Notwendigkeit der Zuziehung eines Rechtsanwalts festzustellen sowie die notwendigen Aufwendungen im Widerspruchsverfahren dem Kläger dem Grunde nach zu erstatten. Nachdem die Beklagte die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung nach § 105 Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beantragt hatte, hat das SG Potsdam mit Urteil vom 6. April 2011 unter Zulassung der Berufung den Abhilfebescheid vom 3. Mai 2010 bezüglich der Kostenentscheidung abgeändert, den Widerspruchsbescheid vom 9. Juni 2010 aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, die Notwendigkeit der Zuziehung eines Rechtsanwalts festzustellen sowie die notwendigen Aufwendungen im Widerspruchsverfahren dem Kläger dem Grunde nach zu erstatten. Zur Begründung ist ausgeführt: Der Kläger habe einen Anspruch auf Erstattung der notwendigen Kosten, die ihm für seine Rechtsverfolgung im Widerspruchsverfahren entstanden seien. Gemäß § 63 Abs. 2 SGB X seien die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts im Vorverfahren erstattungsfähig, wenn die Zuziehung eines Bevollmächtigten notwendig war. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren sei hier notwendig gewesen, denn für einen juristischen Laien sei nicht ohne Weiteres erkennbar, welche Rechtsgrundlagen bei der Berechnung der Höhe des Alg zugrunde zu legen seien und wie sich diese bei deren Beachtung auf die Höhe des Alg-Anspruchs auswirkten. Der Kläger habe auch Anspruch auf die Erstattung der zu zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen. Gemäß § 63 Abs. 1 SGB X habe der Rechtsträger, dessen Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen habe, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung und Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen zu erstatten, soweit der Widerspruch erfolgreich gewesen sei. Ein Widerspruch habe im Sinne des Gesetzes dann Erfolg, wenn die Behörde ihm stattgebe. Dies sei vorliegend mit dem Änderungsbescheid vom 3. Mai 2010 und Abhilfebescheid vom selben Tag der Fall gewesen. Zwischen dem Widerspruch und der begünstigenden Entscheidung der Behörde habe auch eine ursächliche Verknüpfung im Rechtssinne bestanden. Nicht erfolgreich wäre der Widerspruch nur dann gewesen, wenn die abhelfende Entscheidung nicht dem Widerspruch, sondern einem anderen Umstand zuzurechnen gewesen wäre. Anhaltspunkte dafür seien nicht ersichtlich. Vielmehr sei die Beklagte ihrer Verpflichtung aus § 20 SGB X, den Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln, nicht ausreichend nachgekommen. Es sei nicht feststellbar, ob die Zwischenmitteilung vom 25. Februar 2010 dem Kläger tatsächlich zugegangen sei. Zudem seien die Bescheide vom 26. Februar 2010 und 1. März 2010 vor Ablauf der mit der Zwischenmitteilung gesetzten Frist (14. März 2010) ergangen. Es sei ferner zu beachten, dass die Beklagte auch die erforderlichen Erkenntnisse selbst gehabt habe, was sich unter anderem aus der Arbeitgeberbescheinigung und der Lohnsteuerkarte ergebe. Auch habe der Kläger das Geburtsdatum des Kindes seinem früheren Leistungsantrag mitgeteilt. Da die Beklagte Veranlassung für das Widerspruchsverfahren gegeben habe, müsse sie auch die notwendigen Aufwendungen des Klägers erstatten.
Mit der Berufung macht die Beklagte geltend: Für die Gewährung des erhöhten Leistungssatzes in Abänderung des angefochtenen vorläufigen Bescheides seien die nachgeholten Angaben des Klägers hinsichtlich seines Kindes maßgeblich gewesen. Der Kläger habe mit seinen falschen Angaben im Antrag seine Mitwirkungspflicht gemäß § 60 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch – Allgemeiner Teil (SGB I) verletzt. Eine Leistungsgewährung könne nur auf Grundlage der vom jeweiligen Antragsteller im Leistungsantrag gemachten Angaben erfolgen. Der jeweilige Leistungsträger sei weder verpflichtet, noch berechtigt, die Angaben des Antragstellers auf ihre Richtigkeit zu überprüfen. Die Amtsermittlungspflicht nach § 20 SGB X komme nur dann in Betracht, wenn die Angaben unvollständig oder widersprüchlich seien. Ein solcher Fall sei jedoch nicht gegeben gewesen. Der Kläger habe die einfache und unmissverständliche Frage nach einem leiblichen Kind mit "nein" beantwortet. Es sei unbeachtlich, dass der Kläger in einem vorherigen Alg-Antrag sein Kind angegeben habe. Für zusätzliche Amtsermittlungen habe es keine Anhaltspunkte gegeben. Für diese hätte nur bei einem offensichtlichen Widerspruch ein Bedürfnis bestanden.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 6. April 2011 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt das angegriffene Urteil.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die zum Verfahren eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen. Der den Kläger betreffende Verwaltungsvorgang der Beklagten und die Gerichtsakten haben vorgelegen und sind Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die vom SG zugelassene Berufung des Klägers, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten durch den gemäß § 155 Abs. 3 und 4 SGG berufenen Berichterstatter ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 SGG entscheiden konnte, ist zulässig (vgl. § 144 Abs. 3 SGG) und begründet.
Der Kläger hat – entgegen der erstinstanzlichen Entscheidung – gemäß § 63 Abs. 1 Satz 1 SGB X keinen Anspruch auf Erstattung der geltend gemachten Kosten des Widerspruchsverfahrens.
Nach § 63 Abs. 1 Satz 1 SGB X hat der Rechtsträger, dessen Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, demjenigen, der Widerspruch erhoben hat, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen zu erstatten, soweit der Widerspruch erfolgreich ist. Der Tatbestand dieser Vorschrift ist vorliegend nicht erfüllt, weil der Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 26. Februar 2010 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 1. März 2010 nicht erfolgreich im Sinne dieser Vorschrift war.
Ein Widerspruch hat im Grundsatz dann Erfolg im Sinne des Gesetzes, wenn die Behörde ihm stattgibt (vgl. Urteil des Bundessozialgerichts - BSG - vom 21. Juli 1992 – 4 RA 20/91 = SozR 3-1300 § 63 Nr. 3 mwN; Roos in: von Wulffen, SGB X, 7. Aufl., § 63 Rn. 18). Danach ist ohne Belang, was der Widersprechende zur Begründung seines Rechtsbehelfs vorgebracht hat und welche Gründe zum Stattgeben des Widerspruchs geführt haben (vgl. Urteil des BSG vom 8. Oktober 1987 – 9a RVs 10/87 -, juris).
Ein Widerspruch ist jedoch nach ständiger Rechtsprechung des BSG dann nicht erfolgreich im Sinne des § 63 SGB X, wenn die abhelfende Entscheidung des Rechtsträgers – hier der Abhilfebescheid der Beklagten vom 3. Mai 2010 – nicht dem Widerspruch, sondern einem anderen Umstand – zum Beispiel der Nachholung von Mitwirkungspflichten – zuzurechnen ist (vgl. Urteile des BSG vom 21. Juli 1992 aaO; vom 18. Dezember 2001 – B 12 KR 42/00 R – und vom 25. März 2004 – B 12 KR 1/03 R = SozR 4-1300 § 63 Nr. 1). Vorliegend fehlt es an der nach der zitierten Rechtsprechung des BSG zur fordernden kausalen Verknüpfung zwischen dem Widerspruch des Klägers und der abhelfenden Entscheidung der Beklagten.
Mit dem – aus welchen Gründen auch immer – falschen Ausfüllen des Antragsformulars im Rahmen der Antragstellung vom 8. Februar 2010 hat der Kläger seine Mitwirkungspflichten aus § 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB I verletzt, denn er hat nicht alle Tatsachen angegeben, die für die Leistung erheblich waren. Die Mitwirkungspflichten des Antragstellers ergänzen bzw. modifizieren die Amtsermittlungspflicht des Leistungsträgers aus §§ 20, 21 SGB X. Denn maßgebend für eine Leistungsgewährung kann nur der fehlerfrei ermittelte Kenntnisstand des Leistungsträgers auf der Grundlage der im jeweiligen Verwaltungsverfahren vom Antragsteller gemachten Angaben und vorgelegten Unterlagen seien. Ein Verschulden ist, wie sich aus dem Gesetzeswortlaut ergibt, nicht erforderlich. Es gehört demnach zur Mitwirkungspflicht eines Antragstellers, vollständige und wahre Angaben zu machen (vgl. Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 18. September 2008 – L 3 R 1452/08 -, juris mwN). Die Behörde ist nur dann verpflichtet, den Sachverhalt von Amts wegen weiter zu ermitteln, wenn die Angaben (für sie erkennbar) unvollständig oder unklar sind (vgl. Urteil des BSG vom 2. Oktober 1997 – 14 REg 10/96 = SozR 3-7833 § 6 Nr. 15).
Die Angaben des Klägers waren nach den hier zu berücksichtigenden Umständen weder unvollständig noch unklar; sie waren lediglich unzutreffend. Sie waren auch nicht deshalb unklar oder widersprüchlich, weil der Kläger im früheren Antragsverfahren zutreffende Angaben zu seinem Kind gemacht hatte. Angesichts der unmissverständlichen Verneinung der Frage nach einem Kind im Antrag vom 8. Februar 2010 bestand für die Beklagte kein Anlass dazu, Unterlagen aus früheren Verwaltungsverfahren danach zu überprüfen, ob der Kläger zu einem früheren Zeitpunkt diese Frage anders beantwortet hatte. Er durfte sich vielmehr auf die aktuellen Angaben des Klägers beschränken. Insoweit war für sie aufgrund der Eintragungen in der Lohnsteuerkarte für 2010 und in der Arbeitsbescheinigung vom 2. Februar 2010 lediglich erkennbar, dass dem Kläger zuletzt im September 2009 ein Kinderfreibetrag bescheinigt worden war. Aus diesen Unterlagen ließ sich hingegen nicht entnehmen, dass im für die Höhe des Leistungsanspruchs maßgeblichen Zeitpunkt der Entstehung des Anspruchs auf Alg noch ein steuerrechtlich berücksichtigungsfähiges Kind vorhanden war. Denn mangels Angabe des Geburtsdatums des Kindes des Klägers in diesen Unterlagen und fehlender sonstiger aktueller Erkenntnisse drängte sich angesichts der eindeutigen Verneinung der dem Kläger gestellten Frage nach einem (berücksichtigungsfähigen ) Kind der Schluss auf, dass die Eintragung eines Kinderfreibetrages wegen Vollendung des 18. Lebensjahres und Beschäftigungsaufnahme des Kindes (vgl. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Einkommensteuergesetz) unterdessen unrichtig geworden war. Dementsprechend bestand auf der maßgeblichen Grundlage der aktuellen Angaben des Klägers kein Anlass für die Beklagte zu weiteren Sachverhaltsermittlungen.
Die abhelfende Entscheidung der Beklagten ist aber auch dann allein der nachträgliche Erfüllung von Mitwirkungspflichten durch den Kläger zuzurechnen, wenn entgegen den vorstehenden Ausführungen die Beklagte zu einer "Nachfrage" verpflichtet gewesen sein sollte. Denn die Beklagte hatte es mit den Bescheiden vom 26. Februar 2010 und 1. März 2010 - offenbar vorsorglich – vermieden, eine endgültige Entscheidung über die Höhe des Alg-Anspruchs des Klägers zu treffen. Unabhängig davon, ob die Zwischenmitteilung vom 25. Februar 2010 den Kläger erreicht hatte oder nicht, hat die Beklagte nämlich dem Kläger - gestützt auf § 42 SGB I - mit den Vorschussbescheiden vom 26. Februar 2010 und 1. März 2010 lediglich eine vorläufige Leistung (vgl. Seewald, in Kasseler Kommentar, Stand. März 2005, § 42 SGB I, Rn. 7) bewilligt und ihm damit zugleich Gelegenheit gegeben, allfällige Falschangaben aus dem Leistungsantrag vom 8. Februar 2010 zu berichtigen. Auf die Zulässigkeit bzw. Vorzugswürdigkeit eines derartigen, von ihm allerdings in Abrede gestellten Vorgehens der Beklagten hat der Kläger in der Klageschrift vom 8. Juli 2010 im Übrigen selbst verwiesen. Die Beklagte hatte den Kläger in der Begründung des Bescheides vom 26. Februar 2010 auch darauf hingewiesen, dass der Prozentsatz für die Bemessung des Alg unter der Annahme, dass kein Kind steuerlich zu berücksichtigen sei, vorgenommen worden war. Bei dieser klaren, und nur durch einstweilige Verwaltungsakte geprägten Sach- und Rechtslage hätte es vorliegend der Erhebung eines Widerspruchs überhaupt nicht bedurft. Es hätte vielmehr ausgereicht, die falsche Angabe zum Kind formlos zu berichtigen und so eine endgültige Festsetzung des (korrekten) Alg herbeizuführen. Dem Senat erschließt sich auch nicht ansatzweise, weshalb insoweit ein aufwendiges Tätigwerden durch die Prozessbevollmächtigten des Klägers erforderlich oder auch nur sinnvoll gewesen sein sollte. Wenn die Beklagte auf den nicht erforderlichen Widerspruch des Klägers in ebenso überflüssiger aber unschädlicher Weise die Vorschussbescheide sodann förmlich aufhob, so trug sie damit allein der Berichtigung der falschen Angabe des Klägers Rechnung, ohne dass darin der Sache nach ein "Erfolg" des Widerspruchs gegen die Vorschussbescheide zu erkennen ist.
Da kein Anspruch des Klägers auf Erstattung von Kosten im Vorverfahren nach § 63 Abs. 1 SGB X besteht, sind auch nicht die Gebühren und Auslagen seiner Prozessbevollmächtigten nach § 63 Abs. 2 SGB X für erstattungsfähig zu erklären.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
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