Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Cottbus (BRB)
Aktenzeichen
S 5 R 275/08
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 16 R 970/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 13. September 2010 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung (EM).
Die 1977 geborene Klägerin ist verheiratet und hat zwei 2003 bzw. 2008 geborene Kinder. Sie besitzt die Fachoberschulreife und arbeitete zuletzt als selbstständige Kosmetikerin und Fußpflegerin. Auf ihren mit den Folgen eines Unfalls vom 6. März 2007 begründeten Rentenantrag vom 24. Mai 2007 veranlasste die Beklagte eine Begutachtung durch den Facharzt für Allgemeinmedizin W. Dieser Arzt kam in seinem Gutachten vom 29. Juni 2007 (Untersuchungsdatum: 13. Juni 2007) zu folgenden Diagnosen: Zustand nach Schnittverletzung D II rechts dorsales Grundglied mit Verletzung der Strecksehne vom 6. März 2007 (Erstversorgung mit Strecksehnennaht am 6. März 2007, Wundrevision, Second-look-OP, Narbenkorrektur mit primären Wunderverschluss); chronisch rezidivierendes lumbales Schmerzsyndrom; paroxysmale Tachycardien mit psychovegetativer Überlagerung. Die Klägerin könne ihre letzte Tätigkeit als Kosmetiker/Fußpflegerin sechs Stunden und mehr täglich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ausüben.
Mit Bescheid vom 25. Oktober 2007 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab. Die Klägerin legte hiergegen hiergegen Widerspruch ein und beantragte ferner Leistungen zur medizinischen Reahbilitation. Die Beklagte zog Befundberichte der Fachärztin für Innere Medizin Dipl. med. G vom 11. Dezember 2007 und der Orthopädin Sch vom 31. Juli 2007 sowie einen Bericht der Chefärztin der Radiologie H der E-E Klinikum GmbH Dr. B vom 29. August 2007 bei. Sie lies ferner durch die Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie D ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten erstellen. In ihrem Gutachten vom 7. Februar 2008 (Untersuchungstag: 6. Februar 2008) diagnostizierte Frau D eine Somatisierungsstörung sowie eine Neuralgie nach Fingerverletzung. Die Klägerin könne noch leichte bis mittelschwere Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt im Umfang von 3 bis unter 6 Stunden täglich verrichten. Nach dem die Prüfärztin Dr. L mit Stellungnahme vom 27. Februar 2008 bzw. 3. März 2008 der Klägerin ein vollschichtiges Leistungsvermögen für leichte bis gelegentlich mittelschwere körperliche Arbeiten bescheinigt hatte, wies die Beklagte mit Widerspruchbescheid vom 26. März 2008 den Widerspruch der Klägerin zurück. Der Antrag auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation wurde mit Bescheid vom 14. April 2008 wegen bestehender Schwangerschaft abgelehnt.
Im dem auf die Rentengewährung gerichteten Klageverfahren hat das Sozialgericht (SG) Cottbus zunächst Befundberichte der Dipl. med. G vom März 2009, der Fachärztin für Allgemeinmedizin Dr. H vom 17. März 2009 und des Facharztes für Chirurgie Dipl. med. P vom 9. Juni 2009 eingeholt. Sodann hat es die Fachärztin für Orthopädie und Unfallchirurgie Dr. T als Sachverständige eingesetzt. Diese Ärztin hat in ihrem Gutachten vom 19. April 2010 (Untersuchungstag: 22. März 2010) folgende Gesundheitsstörungen auf orthopädisch-chirurgischem Fachgebiet festgestellt:
• Chronisches pseudoradikuläres Thorakolumbalsyndrom mit initialen degenerativen Veränderungen an der unteren Brustwirbelsäule, iliosakralfugennaher Sklerosierung des Os ilium bds., mit leichten Funktionsstörungen, • Beginnende retropatellare Chondropathie mit leichten Funktionsstörungen, • Leichte Funktionsstörungen der rechten Hand bei Operation wegen Zeigefingerstrecksehnenverletzung in Höhe des Grundgliedes 3/2007, Revisionsoperation 5/2007 und Operation wegen eines schnellenden Daumens rechts 9/2009 und einer Tendovaginitis stenosans rechts 12/09, • Chronisch rezidivierendes Zervikalsyndrom bei röntgenologisch osteolytischer (abklärungsbedürftiger) Knochenläsion HWK 2 ohne nennenswerte Funktionsstörungen, • Schultereckgelenksarthrose und Supraspinatussyndrom links mit leichten Funktionsstörungen, • Knick-Senk-Spreizfuß mit Hallux vagus bds., ohne nennenswerte Funktionsstörungen, • Röntgenologisch geringe Hüftdysplasie bds., ohne nennenswerte Funktionsstörung, • Schmerzchronifizierung Stadium III nach Gerbershagen.
Bei der Klägerin bestehe ferner ein Verdacht auf anhaltende somatoforme Schmerzstörung und es liege eine Hyperhidrosis der Hände und Füße, Psoriasis vulgaris, Neurodermitis und Fibromyalgie vor. Die Klägerin könne noch 6 Stunden und mehr täglich leichte bis mittelschwere körperliche Arbeiten in geschlossenen Räumen verrichten. Der Klägerin seien Arbeiten überwiegend im Sitzen mit gelegentlicher Möglichkeit zum Gehen und Stehen bzw. Arbeiten im Wechsel zwischen Gehen, Stehen und Sitzen zuzumuten. Arbeiten im Freien unter Witterungsschutz könnten der Klägerin bis zu 30 % der Gesamtarbeitszeit zugemutet werden. Anhaltender Einfluss von Nässe, Kälte, starken Temperaturschwankungen, Hitze und Zugluft sei der Klägerin nicht zuzumuten. Es seien ferner bei der Ausübung der Erwerbstätigkeit folgende qualitative Leistungseinschränkungen zu berücksichtigen: • keine häufigen Überkopfarbeiten, • kein häufiges Bücken, • keine Tätigkeiten mit Rüttlungen und Stauchungen der Wirbelsäule, • keine Tätigkeiten mit einseitigen körperlicher Belastung, • kein häufiges Heben und Tragen von Lasten über 10 kg aus der Vorbeuge heraus, • keine häufigen Arbeiten auf Leitern und Gerüsten; das gelegentliche Ersteigen einer Leiter ist der Klägerin zuzumuten, • kein häufiges Hocken und Knien, • keine Tätigkeiten mit besonderen Anforderungen an die Feinmotorik, • keine Tätigkeiten mit besonderen Anforderungen an die Stressbelastbarkeit.
Die Klägerin könne Arbeiten mit durchschnittlichen Anforderungen an die grobe Kraft der Hände und die Fingerfertigkeit bewältigen. Der Klägerin sei zwar Arbeit in Wechselschicht, nicht jedoch unter Zeitdruck wie in Akkord- und Fließbandarbeit zuzumuten. Die aufgeführten qualitativen Leistungseinschränkungen resultierten aus einer leichten Belastungsminderung der rechten Hand, der Wirbelsäule und der Kniegelenke. Auf Grund der psychischen Komorbidität liege eine verminderte Stressbelastung vor. Unter Berücksichtigung ihrer Ausbildung seien der Klägerin geistig einfache bis mittelschwere Arbeiten zuzumuten. Sie könne ferner Arbeiten mit durchschnittlichen Anforderungen an das Reaktionsvermögen, die Aufmerksamkeit die Übersicht, das Verantwortungsbewusstsein und die Zuverlässigkeit verrichten. Schließlich könne die Klägerin auch 4-mal täglich zu Fuß Wegstrecken von mehr als 500 m in weniger als 20 Minuten bewältigen. Vom 21. April 2010 bis 19. Mai 2010 hat sich die Klägerin einem psychosomatischen Heilverfahren in der Klinik für Psychosomatik und Psychotherapie in B G unterzogen. Dem Entlassungsbericht vom 20. Mai 2010 sind folgende Diagnosen zu entnehmen: anhaltende somatoforme Schmerzstörung sowie Zustand nach Strecksehnenverletzung rechter Zeigefinger vom 6. März 2007. Nach dem Bericht bestehen ferner dauerhafte Leistungseinschränkungen im Bereich der feinmotorischen Fähigkeiten der rechten Hand auf Grund der Verletzung des rechten Zeigefingers (Rechtshänderin). Es kämen für die rechte Hand nur leichte Tätigkeiten nur zeitweise in Frage. Auf Grund dieser Einschränkung bestehe ein aufgehobenes Leistungsvermögen für die letzte Tätigkeit als Kosmetikerin/Fußpflegerin. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt könnten ohne quantitative Einschränkungen leichte bis mittelschwere Tätigkeiten ständig im Gehen, Stehen und Sitzen in allen Schichten durchgeführt werden.
Die Klägerin hat vorgetragen: Aufgrund der Fingerverletzung am rechten Zeigefinger sei sie nicht in der Lage, diesen Finger schmerzfrei und uneingeschränkt zu bewegen. Sobald sie die rechte Hand zur Erledigung diverser Haushaltsarbeiten einsetze, schwelle der rechte Zeigefinger dick an und es setze eine Taubheit im Finger ein Die Beurteilung ihrer Leistungsfähigkeit vom 27. Februar 2008 mit 6 Stunden und mehr täglich sei vor dem Hintergrund der vorherigen Feststellung des sozialmedizinischen Dienstes, dass die Klägerin im erlernten Beruf nur noch unter 3 Stunden täglich arbeiten könne, unverständlich.
Das SG hat die Klage durch Urteil vom 13. September 2010 abgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt: Die Klage sei unbegründet. Die Klägerin habe keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Gewährung einer Rente wegen EM nach § 43 Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Rentenversicherung – (SGB VI). Sie sei weder voll noch teilweise erwerbsgemindert. Die Klägerin verfüge über ein Leistungsvermögen von über 6 Stunden auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt bei Beachtung der qualitativen Einschränkungen. Die qualitativen Einschränkungen der Klägerin seien nicht dergestalt, dass eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen in Betracht käme. Dies ergebe sich auf Grund des schlüssigen und überzeugenden Gutachtens der Sachverständigen Dr. T. Auch die eingeholten Befundberichte stützten das Klagebegehren nicht. Soweit sich nämlich nur Dr. P zur Leistungsfähigkeit der Klägerin geäußert habe, stütze dies die Auffassung der Beklagten, die Klägerin sei leistungsfähig. Auch der Reha-Entlassungsbericht bescheinige der Klägerin ein vollschichtiges Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Daran ändere auch der Umstand nichts, dass die Leistungsfähigkeit der Klägerin für ihre bisherige Tätigkeit aufgehoben sei.
Mit der Berufung verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie trägt ergänzend vor: das SG habe gegen den ihm obliegenden Amtsermittlungsgrundsatz verstoßen, in dem es keine Ermittlung zur Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit durch Einholung eines neuropsychiatrischen Gutachtens angestellt habe. Nach dem Entlassungsbericht der Reha-Klinik B G stehe fest, dass es Diskrepanzen zwischen den von ihr beschriebenen Schmerzbeschwerden und den vorliegenden medizinischen Befunden gäbe, die aber vor ihrem psychologischem Hintergrund eingeordnet werden könnten. Es stehe jedenfalls fest, dass ihre Leistungsfähigkeit im Hinblick auf die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Kosmetikerin/Fußpflegerin vollständig aufgehoben sei. Auf Grund der Feststellung verschiedener Ärzte sei nicht auszuschließen, dass die allgemeine Leistungsfähigkeit auf Grund neurologisch/psychologischer Störungen und der dadurch auftretenden Schafstörungen und dauerhaften Knochenschmerzen ebenfalls so stark eingeschränkt sei, dass eine den Rentenanspruch ausschließende Erwerbsfähigkeit (gemeint: EM) vorliege.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Cottbus vom 13. September 2010 sowie des Bescheides der Beklagten vom 25. Oktober 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. März 2008 zu verpflichten, ihr ab 1. Mai 2007 Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angegriffene Urteil.
Der Senat hat auf Antrag der Klägerin gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) die Fachärztin für Neurologie, Neurologische Intensivmedizin sowie Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie, Sozialmedizin, Sportmedizin, Chirotherapie, Naturheilverfahren Dr. W als Sachverständige eingesetzt. Dr. W hat in ihrem Gutachten vom 29. März 2012 (Untersuchungstag: 25. Oktober 2011) folgende Diagnosen gestellt:
• anhaltende somatoforme Schmerzstörung mit anhaltenden starken "Ganzkörperschmerzen", besonders Wirbelsäule, Gelenke, Kopfschmerzen, Fußsohlenbrennen, • leichte Funktionsstörungen rechte Hand, vorherrschend 2. Finger, mit Gefühlsstörung der Zeigefingerkuppe nach Zeigefinger-Sehnenverletzung 03/2007, Operation schnellender Daumen 2009, • orthopädisch leichte Verschleißerscheinungen mit ileosakralfugennaher Sklerosierung des Darmbeins (zum Kreuzbein hin), beginnender Knorpelschädigung Kniescheibe, Schultereckgelenkarthrose links, Knick-Senk-Spreizfuß mit Hallux valgus beidseits (Großzehen-Grundgelenkarthrose), • Neurodermitis ohne wesentliche Symptome; Schwitzneigung an Handflächen und Fußsohlen, Kontaktallergie (Nickel).
Die vorherrschenden Beschwerden der Klägerin seien ein andauernder Ganzkörperschmerz mit Rücken-, Gelenk- und Kopfschmerzen sowie Brennschmerz in beiden Fußsohlen. Diese Beschwerden seien nicht durch die geringfügigen und altersentsprechenden Verschleißerscheinungen der Wirbelsäule und Gelenke erklärbar. Es hätten sich bei der Klägerin Störungen in der Schmerzbewältigung und ein für die Schmerzchronifizierung typisches Schonverhalten sowie Hinweise auf einen Krankheitsgewinn mit verstärkender Beschwerdedarstellung gefunden. Die Kriterien einer Fibromyalgie, insbesondere die Schmerzhaftigkeit bestimmter Druckpunkte, seien nicht erfüllt bei Vorherrschen eines Ganzkörperschmerzes. Objektive Hinweise auf eine rheumatologische Erkrankung hätten labordiagnostisch und rheumatologisch nicht nachgewiesen werden können, insbesondere kein Morbus Bechterew. Auf psychiatrischem Gebiet sei eine somatoformische Schmerzstörungen mit Überlagerung durch ein Versorgungsbegehren zu diagnostizieren. Die Klägerin könne unter Beachtung der bestehenden Funktionseinschränkungen ohne unzumutbare Schmerzen und ohne Gefährdung ihrer Gesundheit unter den üblichen Bedingungen eines Arbeitsverhältnisses auf dem Arbeitsmarkt vollschichtig leichte bis mittelschwere Arbeit verrichten. Diese Tätigkeiten könnten zeitweise stehend, überwiegend gehend und ständig sitzend ausgeführt werden. Ein Wechsel der Körperhaltung sollte möglich sein. Seitens des Bewegungsapparates sollten Zwangshaltungen wie Arbeiten über Kopf, häufiges Bücken, Hocken und Knien, Vibrationsbelastung sowie hohe feinmotorische Anforderungen und repetitive Dauerbelastung der rechten Hand vermieden werden. Es bestünden Einschränkungen der geistig-psychischen Belastbarkeit hinsichtlich erhöhter Anforderungen an die Stresstoleranz sowie für anhaltend hohen Zeitdruck und Akkordarbeit. Die Wegefähigkeit der Klägerin sei nicht eingeschränkt. Sie könne 4-mal täglich eine Wegstrecke von mehr als 500 m innerhalb von 20 Minuten zurücklegen. Die vorliegenden Leistungseinschränkungen bzw. die psychosomatische Störung sei mit psychosomatischen psychotherapeutischen Therapieverfahren zur Entwicklung von Bewältigungsmechanismen behandelbar. Voraussetzung hierfür sei eine Veränderungsmotivation der Klägerin, die nicht erkennbar sei. Einen entsprechende Willensanstrengung zur Mitwirkung sei ihr zuzumuten.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die zum Verfahren eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie wegen der medizinischen Feststellung auf die im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren eingeholten Gutachten verwiesen.
Die Akten der der Beklagten und die Gerichtakten haben vorgelegen und sind Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten durch den gemäß § 155 Abs. 3 und 4 SGG berufenen Berichterstatter ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 SGG entscheiden konnte, ist unbegründet.
Die Klägerin hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Gewährung einer Rente wegen voller EM (§ 43 Abs. 2 SGB VI) oder auch nur auf Rente wegen teilweise EM (§ 43 Abs. 1 SGB VI) für die Zeit ab 1. Mai 2007.
Sie war und ist weder voll noch teilweise erwerbsgemindert im Sinne dieser rentenrechtlichen Vorschriften.
Die Vorschrift des § 43 Abs. 2 SGB VI setzt zunächst die Erfüllung der allgemeinen Wartezeit (vgl. §§ 50 Abs. 1, 51 Abs. 1 SGB VI) sowie das Vorhandensein von drei Jahren mit Pflichtbeiträgen für eine versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der EM voraus (§ 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 3, Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 und 3 SGB VI). Darüber hinaus muss volle oder teilweise EM vorliegen (§ 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VI). Voll- bzw. teilweise erwerbsgemindert sind gemäß § 43 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den übliche Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 3 Stunden bzw. mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Erwerbsgemindert ist nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (vgl. § 43 Abs. 3 SGB VI).
Die Klägerin war und ist nicht voll und auch nicht teilweise erwerbsgemindert im Sinne von § 43 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 2 SGB VI. Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens steht zur Überzeugung des Senats fest, dass sie noch über ein vollschichtiges Restleistungsvermögen für leichte und mittelschwere Arbeiten verfügt, mit der sie regelmäßig zumindest einer sechsstündigen Erwerbstätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nachgehen kann. Dass der Klägerin noch ein derartiges Restleistungsvermögen verblieben ist, folgt insbesondere aus den vorliegenden Gutachten der im Gerichtsverfahren bestellten Sachverständigen Dr. T und Dr. W. Das Restleistungsvermögen der Klägerin ist nach den von den Sachverständigen festgestellten qualitativen Leistungseinschränkungen auch nicht derart reduziert, dass es einem Arbeitseinsatz der Klägerin auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter Betriebsbedingungen entgegenstehen würde (vgl. § 43 Abs. 3 SGB VI). Die Klägerin kann zwar nach den von den Sachverständigen getroffenen Feststellungen wegen ihrer Leiden nur noch leichte und bis zu einem Anteil von 30 % mittelschwere Tätigkeiten im Wechsel der Haltungsarten verrichten. Ausgeschlossen sind danach Zwangshaltungen wie Überkopfarbeiten, häufiges Bücken, Hocken und Knien, Vibrationsbelastung sowie hohe feinmotorische Anforderungen und repetitive Dauerbelastungen der rechten Hand sowie häufiges Arbeiten auf Leitern und Gerüsten bzw. häufiges Heben und Tragen von Lasten über 10 kg aus der Vorbeuge heraus. Arbeiten im Freien unter Witterungsschutz können der Klägerin bis zu 30 % der Arbeitszeit zugemutet werden, wobei ein anhaltender Einfluss von Nässe, Kälte, starken Temperaturschwankungen, Hitze und Zugluft zu vermeiden ist.
Bei Beachtung dieser qualitativen Leistungseinschränkungen besteht aber weder eine spezifische Leistungsbehinderung noch liegt eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vor (vgl. BSG, Urteil vom 18. Februar 1998 – B 5/4 RA 58/97 R –, juris). Die bei der Klägerin festgestellten qualitativen Leistungseinschränkungen sind nicht geeignet, dass Feld körperlich leichter Arbeiten wesentlich einzuengen. Denn die vorliegenden Leistungseinschränkungen, wie der Ausschluss von Arbeiten in Zwangshaltungen und mit einseitiger körperlicher Belastung, in Hitze, Kälte und Nässe, unter Zeitdruck und auf Leitern und Gerüsten zählen nicht zu den ungewöhnlichen Leistungseinschränkungen und schon gar nicht zu den schweren spezifischen Leistungsbehinderungen (vgl. dazu die auf die Vorlagebeschlüsse des 13. Senats ergangenen Beschlüsse des Großen Senats des BSG vom 19. Dezember 1996 – GS 1 bis 4/95 – GS 2/95 = SozR 3-2600 § 44 Nr. 8). Das Gleiche gilt hinsichtlich der geistigen Fähigkeiten der Klägerin, die keine Schwierigkeiten hinsichtlich der Gewöhnung und Anpassung an einen neuen – ihrem dem Ausbildungs- und Intelligenzniveau entsprechenden – Arbeitsplatz erkennen lassen; nur eine besondere Einschränkung der Anpassungs- und Umstellungsfähigkeit, die vorliegend nicht erkennbar ist, könnte aber eine spezifische schwere Leistungsbehinderung darstellen (vgl. BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 104, 117). Hinweise für nennenswerte Konzentrations- oder Gedächtnisstörungen wurden nicht festgestellt. Die vorliegenden Leistungseinschränkungen und die Umstellungsfähigkeit der auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbaren Klägerin reichen jedenfalls noch für körperliche Verrichtungen wie z. B. Zureichen, Abnehmen, Transportieren und Reinigen aus. Das gleiche gilt für leichte Bürotätigkeiten oder die Tätigkeit eines – einfachen – Pförtners. Substantiierte Einwendungen gegen die im Gerichtsverfahren eingeholten Sachverständigengutachten hat die Klägerin nicht erhoben. Die Sachverständigen Dr. T und Dr. W haben die bei der Klägerin erhobenen Befunde umfassend gewürdigt und die sich hieraus ergebenen objektivierbaren Leistungseinschränkungen nachvollziehbar und schlüssig und damit in jeder Hinsicht überzeugend aus diesen Befunden hergeleitet. Ihre Leistungsbeurteilungen stimmen im Übrigen auch mit den Feststellungen im Entlassungsbericht der Klinik B G vom 20. Mai 2010 überein. Schließlich ist auch die Wegefähigkeit der Klägerin nach den Feststellungen der gerichtlichen Sachverständigen erhalten. Sie war und ist in der Lage, täglich viermal eine Fußstrecke von mehr als 500 Metern in mindestens 20 Minuten zurückzulegen und öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen (vgl. zum Ganzen: BSG, Urteil vom 21. März 2006 – B 5 RJ 51/04 R = SozR 4-2600 § 43 Nr. 8 mwN).
Da nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen und eine spezifische schwere Leistungsbehinderung nicht vorliegen, war die konkrete Bezeichnung einer Verweisungstätigkeit nicht erforderlich. Die für die Klägerin in Betracht kommenden Tätigkeitsfelder sind bereits aufgezeigt worden.
Darauf, ob die Klägerin einen in ihrem verbliebenen Leistungsvermögen entsprechenden Arbeitsplatz tatsächlich erhalten kann, kommt es – wie bereits ausgeführt – nicht an. Denn die jeweilige Arbeitsmarktlage, die für leistungsgeminderte Arbeitnehmer wie die Klägerin derzeit nur bedingt entsprechende Arbeitsplatzangebote zur Verfügung stellt, ist für die Feststellung von EM, wie der Gesetzgeber klar gestellt hat, unerheblich (vgl. § 42 Abs. 3 SGB VI).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulässigkeit der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG liegen nicht vor.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung (EM).
Die 1977 geborene Klägerin ist verheiratet und hat zwei 2003 bzw. 2008 geborene Kinder. Sie besitzt die Fachoberschulreife und arbeitete zuletzt als selbstständige Kosmetikerin und Fußpflegerin. Auf ihren mit den Folgen eines Unfalls vom 6. März 2007 begründeten Rentenantrag vom 24. Mai 2007 veranlasste die Beklagte eine Begutachtung durch den Facharzt für Allgemeinmedizin W. Dieser Arzt kam in seinem Gutachten vom 29. Juni 2007 (Untersuchungsdatum: 13. Juni 2007) zu folgenden Diagnosen: Zustand nach Schnittverletzung D II rechts dorsales Grundglied mit Verletzung der Strecksehne vom 6. März 2007 (Erstversorgung mit Strecksehnennaht am 6. März 2007, Wundrevision, Second-look-OP, Narbenkorrektur mit primären Wunderverschluss); chronisch rezidivierendes lumbales Schmerzsyndrom; paroxysmale Tachycardien mit psychovegetativer Überlagerung. Die Klägerin könne ihre letzte Tätigkeit als Kosmetiker/Fußpflegerin sechs Stunden und mehr täglich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ausüben.
Mit Bescheid vom 25. Oktober 2007 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab. Die Klägerin legte hiergegen hiergegen Widerspruch ein und beantragte ferner Leistungen zur medizinischen Reahbilitation. Die Beklagte zog Befundberichte der Fachärztin für Innere Medizin Dipl. med. G vom 11. Dezember 2007 und der Orthopädin Sch vom 31. Juli 2007 sowie einen Bericht der Chefärztin der Radiologie H der E-E Klinikum GmbH Dr. B vom 29. August 2007 bei. Sie lies ferner durch die Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie D ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten erstellen. In ihrem Gutachten vom 7. Februar 2008 (Untersuchungstag: 6. Februar 2008) diagnostizierte Frau D eine Somatisierungsstörung sowie eine Neuralgie nach Fingerverletzung. Die Klägerin könne noch leichte bis mittelschwere Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt im Umfang von 3 bis unter 6 Stunden täglich verrichten. Nach dem die Prüfärztin Dr. L mit Stellungnahme vom 27. Februar 2008 bzw. 3. März 2008 der Klägerin ein vollschichtiges Leistungsvermögen für leichte bis gelegentlich mittelschwere körperliche Arbeiten bescheinigt hatte, wies die Beklagte mit Widerspruchbescheid vom 26. März 2008 den Widerspruch der Klägerin zurück. Der Antrag auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation wurde mit Bescheid vom 14. April 2008 wegen bestehender Schwangerschaft abgelehnt.
Im dem auf die Rentengewährung gerichteten Klageverfahren hat das Sozialgericht (SG) Cottbus zunächst Befundberichte der Dipl. med. G vom März 2009, der Fachärztin für Allgemeinmedizin Dr. H vom 17. März 2009 und des Facharztes für Chirurgie Dipl. med. P vom 9. Juni 2009 eingeholt. Sodann hat es die Fachärztin für Orthopädie und Unfallchirurgie Dr. T als Sachverständige eingesetzt. Diese Ärztin hat in ihrem Gutachten vom 19. April 2010 (Untersuchungstag: 22. März 2010) folgende Gesundheitsstörungen auf orthopädisch-chirurgischem Fachgebiet festgestellt:
• Chronisches pseudoradikuläres Thorakolumbalsyndrom mit initialen degenerativen Veränderungen an der unteren Brustwirbelsäule, iliosakralfugennaher Sklerosierung des Os ilium bds., mit leichten Funktionsstörungen, • Beginnende retropatellare Chondropathie mit leichten Funktionsstörungen, • Leichte Funktionsstörungen der rechten Hand bei Operation wegen Zeigefingerstrecksehnenverletzung in Höhe des Grundgliedes 3/2007, Revisionsoperation 5/2007 und Operation wegen eines schnellenden Daumens rechts 9/2009 und einer Tendovaginitis stenosans rechts 12/09, • Chronisch rezidivierendes Zervikalsyndrom bei röntgenologisch osteolytischer (abklärungsbedürftiger) Knochenläsion HWK 2 ohne nennenswerte Funktionsstörungen, • Schultereckgelenksarthrose und Supraspinatussyndrom links mit leichten Funktionsstörungen, • Knick-Senk-Spreizfuß mit Hallux vagus bds., ohne nennenswerte Funktionsstörungen, • Röntgenologisch geringe Hüftdysplasie bds., ohne nennenswerte Funktionsstörung, • Schmerzchronifizierung Stadium III nach Gerbershagen.
Bei der Klägerin bestehe ferner ein Verdacht auf anhaltende somatoforme Schmerzstörung und es liege eine Hyperhidrosis der Hände und Füße, Psoriasis vulgaris, Neurodermitis und Fibromyalgie vor. Die Klägerin könne noch 6 Stunden und mehr täglich leichte bis mittelschwere körperliche Arbeiten in geschlossenen Räumen verrichten. Der Klägerin seien Arbeiten überwiegend im Sitzen mit gelegentlicher Möglichkeit zum Gehen und Stehen bzw. Arbeiten im Wechsel zwischen Gehen, Stehen und Sitzen zuzumuten. Arbeiten im Freien unter Witterungsschutz könnten der Klägerin bis zu 30 % der Gesamtarbeitszeit zugemutet werden. Anhaltender Einfluss von Nässe, Kälte, starken Temperaturschwankungen, Hitze und Zugluft sei der Klägerin nicht zuzumuten. Es seien ferner bei der Ausübung der Erwerbstätigkeit folgende qualitative Leistungseinschränkungen zu berücksichtigen: • keine häufigen Überkopfarbeiten, • kein häufiges Bücken, • keine Tätigkeiten mit Rüttlungen und Stauchungen der Wirbelsäule, • keine Tätigkeiten mit einseitigen körperlicher Belastung, • kein häufiges Heben und Tragen von Lasten über 10 kg aus der Vorbeuge heraus, • keine häufigen Arbeiten auf Leitern und Gerüsten; das gelegentliche Ersteigen einer Leiter ist der Klägerin zuzumuten, • kein häufiges Hocken und Knien, • keine Tätigkeiten mit besonderen Anforderungen an die Feinmotorik, • keine Tätigkeiten mit besonderen Anforderungen an die Stressbelastbarkeit.
Die Klägerin könne Arbeiten mit durchschnittlichen Anforderungen an die grobe Kraft der Hände und die Fingerfertigkeit bewältigen. Der Klägerin sei zwar Arbeit in Wechselschicht, nicht jedoch unter Zeitdruck wie in Akkord- und Fließbandarbeit zuzumuten. Die aufgeführten qualitativen Leistungseinschränkungen resultierten aus einer leichten Belastungsminderung der rechten Hand, der Wirbelsäule und der Kniegelenke. Auf Grund der psychischen Komorbidität liege eine verminderte Stressbelastung vor. Unter Berücksichtigung ihrer Ausbildung seien der Klägerin geistig einfache bis mittelschwere Arbeiten zuzumuten. Sie könne ferner Arbeiten mit durchschnittlichen Anforderungen an das Reaktionsvermögen, die Aufmerksamkeit die Übersicht, das Verantwortungsbewusstsein und die Zuverlässigkeit verrichten. Schließlich könne die Klägerin auch 4-mal täglich zu Fuß Wegstrecken von mehr als 500 m in weniger als 20 Minuten bewältigen. Vom 21. April 2010 bis 19. Mai 2010 hat sich die Klägerin einem psychosomatischen Heilverfahren in der Klinik für Psychosomatik und Psychotherapie in B G unterzogen. Dem Entlassungsbericht vom 20. Mai 2010 sind folgende Diagnosen zu entnehmen: anhaltende somatoforme Schmerzstörung sowie Zustand nach Strecksehnenverletzung rechter Zeigefinger vom 6. März 2007. Nach dem Bericht bestehen ferner dauerhafte Leistungseinschränkungen im Bereich der feinmotorischen Fähigkeiten der rechten Hand auf Grund der Verletzung des rechten Zeigefingers (Rechtshänderin). Es kämen für die rechte Hand nur leichte Tätigkeiten nur zeitweise in Frage. Auf Grund dieser Einschränkung bestehe ein aufgehobenes Leistungsvermögen für die letzte Tätigkeit als Kosmetikerin/Fußpflegerin. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt könnten ohne quantitative Einschränkungen leichte bis mittelschwere Tätigkeiten ständig im Gehen, Stehen und Sitzen in allen Schichten durchgeführt werden.
Die Klägerin hat vorgetragen: Aufgrund der Fingerverletzung am rechten Zeigefinger sei sie nicht in der Lage, diesen Finger schmerzfrei und uneingeschränkt zu bewegen. Sobald sie die rechte Hand zur Erledigung diverser Haushaltsarbeiten einsetze, schwelle der rechte Zeigefinger dick an und es setze eine Taubheit im Finger ein Die Beurteilung ihrer Leistungsfähigkeit vom 27. Februar 2008 mit 6 Stunden und mehr täglich sei vor dem Hintergrund der vorherigen Feststellung des sozialmedizinischen Dienstes, dass die Klägerin im erlernten Beruf nur noch unter 3 Stunden täglich arbeiten könne, unverständlich.
Das SG hat die Klage durch Urteil vom 13. September 2010 abgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt: Die Klage sei unbegründet. Die Klägerin habe keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Gewährung einer Rente wegen EM nach § 43 Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Rentenversicherung – (SGB VI). Sie sei weder voll noch teilweise erwerbsgemindert. Die Klägerin verfüge über ein Leistungsvermögen von über 6 Stunden auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt bei Beachtung der qualitativen Einschränkungen. Die qualitativen Einschränkungen der Klägerin seien nicht dergestalt, dass eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen in Betracht käme. Dies ergebe sich auf Grund des schlüssigen und überzeugenden Gutachtens der Sachverständigen Dr. T. Auch die eingeholten Befundberichte stützten das Klagebegehren nicht. Soweit sich nämlich nur Dr. P zur Leistungsfähigkeit der Klägerin geäußert habe, stütze dies die Auffassung der Beklagten, die Klägerin sei leistungsfähig. Auch der Reha-Entlassungsbericht bescheinige der Klägerin ein vollschichtiges Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Daran ändere auch der Umstand nichts, dass die Leistungsfähigkeit der Klägerin für ihre bisherige Tätigkeit aufgehoben sei.
Mit der Berufung verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie trägt ergänzend vor: das SG habe gegen den ihm obliegenden Amtsermittlungsgrundsatz verstoßen, in dem es keine Ermittlung zur Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit durch Einholung eines neuropsychiatrischen Gutachtens angestellt habe. Nach dem Entlassungsbericht der Reha-Klinik B G stehe fest, dass es Diskrepanzen zwischen den von ihr beschriebenen Schmerzbeschwerden und den vorliegenden medizinischen Befunden gäbe, die aber vor ihrem psychologischem Hintergrund eingeordnet werden könnten. Es stehe jedenfalls fest, dass ihre Leistungsfähigkeit im Hinblick auf die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Kosmetikerin/Fußpflegerin vollständig aufgehoben sei. Auf Grund der Feststellung verschiedener Ärzte sei nicht auszuschließen, dass die allgemeine Leistungsfähigkeit auf Grund neurologisch/psychologischer Störungen und der dadurch auftretenden Schafstörungen und dauerhaften Knochenschmerzen ebenfalls so stark eingeschränkt sei, dass eine den Rentenanspruch ausschließende Erwerbsfähigkeit (gemeint: EM) vorliege.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Cottbus vom 13. September 2010 sowie des Bescheides der Beklagten vom 25. Oktober 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. März 2008 zu verpflichten, ihr ab 1. Mai 2007 Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angegriffene Urteil.
Der Senat hat auf Antrag der Klägerin gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) die Fachärztin für Neurologie, Neurologische Intensivmedizin sowie Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie, Sozialmedizin, Sportmedizin, Chirotherapie, Naturheilverfahren Dr. W als Sachverständige eingesetzt. Dr. W hat in ihrem Gutachten vom 29. März 2012 (Untersuchungstag: 25. Oktober 2011) folgende Diagnosen gestellt:
• anhaltende somatoforme Schmerzstörung mit anhaltenden starken "Ganzkörperschmerzen", besonders Wirbelsäule, Gelenke, Kopfschmerzen, Fußsohlenbrennen, • leichte Funktionsstörungen rechte Hand, vorherrschend 2. Finger, mit Gefühlsstörung der Zeigefingerkuppe nach Zeigefinger-Sehnenverletzung 03/2007, Operation schnellender Daumen 2009, • orthopädisch leichte Verschleißerscheinungen mit ileosakralfugennaher Sklerosierung des Darmbeins (zum Kreuzbein hin), beginnender Knorpelschädigung Kniescheibe, Schultereckgelenkarthrose links, Knick-Senk-Spreizfuß mit Hallux valgus beidseits (Großzehen-Grundgelenkarthrose), • Neurodermitis ohne wesentliche Symptome; Schwitzneigung an Handflächen und Fußsohlen, Kontaktallergie (Nickel).
Die vorherrschenden Beschwerden der Klägerin seien ein andauernder Ganzkörperschmerz mit Rücken-, Gelenk- und Kopfschmerzen sowie Brennschmerz in beiden Fußsohlen. Diese Beschwerden seien nicht durch die geringfügigen und altersentsprechenden Verschleißerscheinungen der Wirbelsäule und Gelenke erklärbar. Es hätten sich bei der Klägerin Störungen in der Schmerzbewältigung und ein für die Schmerzchronifizierung typisches Schonverhalten sowie Hinweise auf einen Krankheitsgewinn mit verstärkender Beschwerdedarstellung gefunden. Die Kriterien einer Fibromyalgie, insbesondere die Schmerzhaftigkeit bestimmter Druckpunkte, seien nicht erfüllt bei Vorherrschen eines Ganzkörperschmerzes. Objektive Hinweise auf eine rheumatologische Erkrankung hätten labordiagnostisch und rheumatologisch nicht nachgewiesen werden können, insbesondere kein Morbus Bechterew. Auf psychiatrischem Gebiet sei eine somatoformische Schmerzstörungen mit Überlagerung durch ein Versorgungsbegehren zu diagnostizieren. Die Klägerin könne unter Beachtung der bestehenden Funktionseinschränkungen ohne unzumutbare Schmerzen und ohne Gefährdung ihrer Gesundheit unter den üblichen Bedingungen eines Arbeitsverhältnisses auf dem Arbeitsmarkt vollschichtig leichte bis mittelschwere Arbeit verrichten. Diese Tätigkeiten könnten zeitweise stehend, überwiegend gehend und ständig sitzend ausgeführt werden. Ein Wechsel der Körperhaltung sollte möglich sein. Seitens des Bewegungsapparates sollten Zwangshaltungen wie Arbeiten über Kopf, häufiges Bücken, Hocken und Knien, Vibrationsbelastung sowie hohe feinmotorische Anforderungen und repetitive Dauerbelastung der rechten Hand vermieden werden. Es bestünden Einschränkungen der geistig-psychischen Belastbarkeit hinsichtlich erhöhter Anforderungen an die Stresstoleranz sowie für anhaltend hohen Zeitdruck und Akkordarbeit. Die Wegefähigkeit der Klägerin sei nicht eingeschränkt. Sie könne 4-mal täglich eine Wegstrecke von mehr als 500 m innerhalb von 20 Minuten zurücklegen. Die vorliegenden Leistungseinschränkungen bzw. die psychosomatische Störung sei mit psychosomatischen psychotherapeutischen Therapieverfahren zur Entwicklung von Bewältigungsmechanismen behandelbar. Voraussetzung hierfür sei eine Veränderungsmotivation der Klägerin, die nicht erkennbar sei. Einen entsprechende Willensanstrengung zur Mitwirkung sei ihr zuzumuten.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die zum Verfahren eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie wegen der medizinischen Feststellung auf die im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren eingeholten Gutachten verwiesen.
Die Akten der der Beklagten und die Gerichtakten haben vorgelegen und sind Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten durch den gemäß § 155 Abs. 3 und 4 SGG berufenen Berichterstatter ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 SGG entscheiden konnte, ist unbegründet.
Die Klägerin hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Gewährung einer Rente wegen voller EM (§ 43 Abs. 2 SGB VI) oder auch nur auf Rente wegen teilweise EM (§ 43 Abs. 1 SGB VI) für die Zeit ab 1. Mai 2007.
Sie war und ist weder voll noch teilweise erwerbsgemindert im Sinne dieser rentenrechtlichen Vorschriften.
Die Vorschrift des § 43 Abs. 2 SGB VI setzt zunächst die Erfüllung der allgemeinen Wartezeit (vgl. §§ 50 Abs. 1, 51 Abs. 1 SGB VI) sowie das Vorhandensein von drei Jahren mit Pflichtbeiträgen für eine versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der EM voraus (§ 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 3, Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 und 3 SGB VI). Darüber hinaus muss volle oder teilweise EM vorliegen (§ 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VI). Voll- bzw. teilweise erwerbsgemindert sind gemäß § 43 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den übliche Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 3 Stunden bzw. mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Erwerbsgemindert ist nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (vgl. § 43 Abs. 3 SGB VI).
Die Klägerin war und ist nicht voll und auch nicht teilweise erwerbsgemindert im Sinne von § 43 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 2 SGB VI. Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens steht zur Überzeugung des Senats fest, dass sie noch über ein vollschichtiges Restleistungsvermögen für leichte und mittelschwere Arbeiten verfügt, mit der sie regelmäßig zumindest einer sechsstündigen Erwerbstätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nachgehen kann. Dass der Klägerin noch ein derartiges Restleistungsvermögen verblieben ist, folgt insbesondere aus den vorliegenden Gutachten der im Gerichtsverfahren bestellten Sachverständigen Dr. T und Dr. W. Das Restleistungsvermögen der Klägerin ist nach den von den Sachverständigen festgestellten qualitativen Leistungseinschränkungen auch nicht derart reduziert, dass es einem Arbeitseinsatz der Klägerin auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter Betriebsbedingungen entgegenstehen würde (vgl. § 43 Abs. 3 SGB VI). Die Klägerin kann zwar nach den von den Sachverständigen getroffenen Feststellungen wegen ihrer Leiden nur noch leichte und bis zu einem Anteil von 30 % mittelschwere Tätigkeiten im Wechsel der Haltungsarten verrichten. Ausgeschlossen sind danach Zwangshaltungen wie Überkopfarbeiten, häufiges Bücken, Hocken und Knien, Vibrationsbelastung sowie hohe feinmotorische Anforderungen und repetitive Dauerbelastungen der rechten Hand sowie häufiges Arbeiten auf Leitern und Gerüsten bzw. häufiges Heben und Tragen von Lasten über 10 kg aus der Vorbeuge heraus. Arbeiten im Freien unter Witterungsschutz können der Klägerin bis zu 30 % der Arbeitszeit zugemutet werden, wobei ein anhaltender Einfluss von Nässe, Kälte, starken Temperaturschwankungen, Hitze und Zugluft zu vermeiden ist.
Bei Beachtung dieser qualitativen Leistungseinschränkungen besteht aber weder eine spezifische Leistungsbehinderung noch liegt eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vor (vgl. BSG, Urteil vom 18. Februar 1998 – B 5/4 RA 58/97 R –, juris). Die bei der Klägerin festgestellten qualitativen Leistungseinschränkungen sind nicht geeignet, dass Feld körperlich leichter Arbeiten wesentlich einzuengen. Denn die vorliegenden Leistungseinschränkungen, wie der Ausschluss von Arbeiten in Zwangshaltungen und mit einseitiger körperlicher Belastung, in Hitze, Kälte und Nässe, unter Zeitdruck und auf Leitern und Gerüsten zählen nicht zu den ungewöhnlichen Leistungseinschränkungen und schon gar nicht zu den schweren spezifischen Leistungsbehinderungen (vgl. dazu die auf die Vorlagebeschlüsse des 13. Senats ergangenen Beschlüsse des Großen Senats des BSG vom 19. Dezember 1996 – GS 1 bis 4/95 – GS 2/95 = SozR 3-2600 § 44 Nr. 8). Das Gleiche gilt hinsichtlich der geistigen Fähigkeiten der Klägerin, die keine Schwierigkeiten hinsichtlich der Gewöhnung und Anpassung an einen neuen – ihrem dem Ausbildungs- und Intelligenzniveau entsprechenden – Arbeitsplatz erkennen lassen; nur eine besondere Einschränkung der Anpassungs- und Umstellungsfähigkeit, die vorliegend nicht erkennbar ist, könnte aber eine spezifische schwere Leistungsbehinderung darstellen (vgl. BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 104, 117). Hinweise für nennenswerte Konzentrations- oder Gedächtnisstörungen wurden nicht festgestellt. Die vorliegenden Leistungseinschränkungen und die Umstellungsfähigkeit der auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbaren Klägerin reichen jedenfalls noch für körperliche Verrichtungen wie z. B. Zureichen, Abnehmen, Transportieren und Reinigen aus. Das gleiche gilt für leichte Bürotätigkeiten oder die Tätigkeit eines – einfachen – Pförtners. Substantiierte Einwendungen gegen die im Gerichtsverfahren eingeholten Sachverständigengutachten hat die Klägerin nicht erhoben. Die Sachverständigen Dr. T und Dr. W haben die bei der Klägerin erhobenen Befunde umfassend gewürdigt und die sich hieraus ergebenen objektivierbaren Leistungseinschränkungen nachvollziehbar und schlüssig und damit in jeder Hinsicht überzeugend aus diesen Befunden hergeleitet. Ihre Leistungsbeurteilungen stimmen im Übrigen auch mit den Feststellungen im Entlassungsbericht der Klinik B G vom 20. Mai 2010 überein. Schließlich ist auch die Wegefähigkeit der Klägerin nach den Feststellungen der gerichtlichen Sachverständigen erhalten. Sie war und ist in der Lage, täglich viermal eine Fußstrecke von mehr als 500 Metern in mindestens 20 Minuten zurückzulegen und öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen (vgl. zum Ganzen: BSG, Urteil vom 21. März 2006 – B 5 RJ 51/04 R = SozR 4-2600 § 43 Nr. 8 mwN).
Da nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen und eine spezifische schwere Leistungsbehinderung nicht vorliegen, war die konkrete Bezeichnung einer Verweisungstätigkeit nicht erforderlich. Die für die Klägerin in Betracht kommenden Tätigkeitsfelder sind bereits aufgezeigt worden.
Darauf, ob die Klägerin einen in ihrem verbliebenen Leistungsvermögen entsprechenden Arbeitsplatz tatsächlich erhalten kann, kommt es – wie bereits ausgeführt – nicht an. Denn die jeweilige Arbeitsmarktlage, die für leistungsgeminderte Arbeitnehmer wie die Klägerin derzeit nur bedingt entsprechende Arbeitsplatzangebote zur Verfügung stellt, ist für die Feststellung von EM, wie der Gesetzgeber klar gestellt hat, unerheblich (vgl. § 42 Abs. 3 SGB VI).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulässigkeit der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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