L 17 R 448/11

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
17
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 17 R 7700/08
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 17 R 448/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialge-richts Berlin vom 22. März 2011 wird zurückgewiesen. Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist die Anpassung der Altersrente der Klägerin zum 01. Juli 2008.

Die am 1942 geborene Klägerin bezieht seit dem 01. September 2007 eine Regelaltersrente von der Beklagten (Bescheid vom 23. Mai 2007). Die Rentenhöhe errechnet sich auf der Grundlage von 39,6362 Entgeltpunkten Ost (EP (Ost)) und betrug anfangs 915,20 Euro. Den wegen einer Aberkennung der in der DDR rechtmäßig erworbenen Ansprüche auf eine angemessene Altersversorgung im Sinne einer Vollversorgung eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 09. Juni 2008 zurück. Dagegen ist eine Klage beim Sozialgericht Berlin – S 23 R 4116/08 – anhängig.

Zum 01. Juli 2008 wurde die Altersrente der Klägerin um den nunmehr 23,34 Euro betragenden aktuellen Rentenwert (Ost) angepasst [zuvor: 23,09 Euro], sie erhöhte sich auf 925,11 Euro. Mit dem dagegen eingelegten Widerspruch machte die Klägerin geltend, der vom Grundgesetz geschützte Anspruch auf Rentenangleichung Ost an West werde seit dem 01. Juli 2000 verweigert. Durch die Einführung von Dämpfungsfaktoren in der Rentenformel sowie die sog. Entgeltumwandlung seien auch zukünftig weitere Kürzungen am Rentenbetrag vorgesehen. Die gesetzliche Rente werde somit immer weiter abgeschmolzen und entwertet. Ein Bezug zur Lebensarbeitsleistung und den eingezahlten Beiträgen der Versicherten sei nicht mehr gegeben. Mit Widerspruchsbescheid vom 18. November 2008 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Der Widerspruch richte sich gegen eine Regelung, die sich unmittelbar aus dem Gesetz ergebe. Sie, die Beklagte, sei als Rentenversicherungsträger an die gesetzliche Regelung gebunden, die sie im Fall der Klägerin auch vollständig angewandt habe.

Dagegen richtet sich die am 19. Dezember 2008 bei dem Sozialgericht Berlin erhobene Klage, mit der die Klägerin beantragt hat, ihre Rente nach den verbindlichen Vorgaben des Einigungsvertrags (EV) und des Grundgesetzes (GG) an die Lohn- und Einkommensentwicklung im Beitrittsgebiet anzupassen, wobei zum Schutz der Eigentumsgarantie des Art. 14 GG die Inflationsrate nicht unterschritten werden dürfe, und den der Anpassung zugrunde liegenden Rentenwert (Ost) an den Rentenwert (West) anzugleichen, hilfsweise die Anpassung der Rente zumindest in Höhe der Anpassung der Beamtenversorgung vorzunehmen. Sie hat geltend gemacht hat, die andauernden realen Rentenkürzungen seien offensichtlich verfassungswidrig. Mit der Anpassung der Regelsätze an die Wirklichkeit stelle sich automatisch die Frage nach der Da-seinsberechtigung der gesetzlichen Rentenversicherung sowie der Riesterrente. Nach aktuellen Untersuchungen werde zukünftig ein immer größer werdender Kreis auf die Grundsicherung im Alter angewiesen sein, bei vollständiger Anrechnung der Riesterrente. Die vom Statistischen Bundesamt ausgewiesenen Bruttolöhne und –gehälter seien bekanntermaßen zu gering ausgewiesen. So sei z. B. für das Jahr 2006 ein um 130,- Euro geringeres durchschnittliches Jahresentgelt berücksichtigt worden. Im Rahmen der Beweiserhebung seien die Daten daher im Einzelnen zu prüfen. Sie wende sich auch gegen die unterlassene Rentenangleichung Ost an West sowie gegen die sog. Dämpfungsfaktoren, speziell gegen den Abschlag durch den Riesterfaktor von 0,6 % in der Rentenanpassungsformel zur Berücksichtigung eines Altersvorsorgeanteils. Danach sollen kollektive Belastungen der Versicherten bei der Berechnung der Rentenanpassungshöhe mit berücksichtigt werden.

Durch Gerichtsbescheid vom 22. März 2011 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die angefochtene Rentenanpassungsmitteilung zum 01. Juli 2008 sei rechtmäßig. Die Beklagte habe das zum 01. Juli 2008 in Kraft getretene Gesetz über die Bestimmung der aktuellen Rentenwerte ab 01. Juli 2008 zutreffend angewandt. Dieses entspreche den gesetzlichen Vorgaben und verstoße auch nicht gegen Verfassungsrecht. Das GG gebiete keine Rentenanpassung in bestimmter Höhe, insbesondere nicht in Höhe des Inflationsausgleichs. Sie folge vielmehr der Lohn- und Gehaltsentwicklung. Sowohl der eingeführte Altersvorsorgeanteil als auch der Nachhaltigkeitsfaktor seien verfassungsgemäß. Die Rentenanpassung zum 01. Juli 2008 sei schließlich auch nicht deshalb rechtswidrig, weil die Beklagte bei der Rentenberechnung den Rentenwert (Ost) zugrunde gelegt habe. Das Landessozialgericht (LSG) Berlin-Brandenburg habe in seiner Entscheidung vom 23. September 2010 – L 33 R 1239/08 –, auf die sich die Kammer beziehe, entschieden, dass die Zugrundelegung des aktuellen Rentenwerts (Ost) bei der Berechnung der Höhe der Altersrente auch im Jahr 2010 nicht verfassungswidrig sei, denn auch im Jahr 2010 sei der mit dem Einigungsvertrag initiierte Angleichungsprozess der Lebensverhältnisse zwischen Ost- und Westdeutschen noch nicht abgeschlossen.

Gegen den am 25. März 2011 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 26. April 2011 [Dienstag nach Ostermontag] Berufung eingelegt, zu deren Begründung sie ihr bisheriges Vorbringen wiederholt und vertieft. Im Weiteren hat sie die Auffassung vertreten, die Entscheidungen der Widerspruchsstelle der Beklagten und des Sozial-gerichts könnten bereits deshalb keinen Bestand haben, weil diesen die angefochtene Rentenanpassungsmitteilung nicht vorgelegen habe. Wenn die Beklagte nur über die Anpassung der Rente zum 01. Juli 2008 entschieden habe, verletze die Rentenan-passungsmitteilung das Bestimmtheitsgebot des § 33 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X), denn gemäß den Verfügungen sei die Beklagte verpflichtet, sowohl die bisherigen als auch die neuen Monatsbeträge an sie auszuzahlen. Die Anpassung des Rentenwerts 2008 liege unterhalb der Inflationsrate. Damit werde nicht mal mehr der Vorgabe des Bundessozialgerichts (BSG) in seiner Entscheidung vom 31. Juli 2002 – B 4 RA 120/00 R – (in SozR 3 – 2600 § 255c Nr. 1) entsprochen. Außerdem bezieht sich die Klägerin auf die abschließenden Bemerkungen des Ausschusses für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte der Vereinten Nationen vom 20. Mai 2011, Punkt 22.

Die Klägerin beantragt schriftsätzlich,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 22. März 2011 aufzuheben, den Bescheid über die Rentenanpassung zum 01. Juli 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18. November 2008 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihre Regelaltersrente nach den verbindlichen Vorgaben des Eini-gungsvertrags und des Grundgesetzes an die Lohn- und Einkommensentwicklung im Beitrittsgebiet anzupassen und an den Rentenwert West anzugleichen, wobei hierzu auch die Faktoren in der Rentenanpassungsformel zur Entwicklung der Bruttolöhne gemäß den Angaben des Statistischen Bundesamts für das Jahr 2005 um 50,- Euro, für das Jahr 2006 um 130,- Euro und für das Jahr 2007 um 3,- Euro zu erhöhen sind und die Anpassung zum Schutz der Eigentumsgarantie des Art. 14 Grundgesetz die Inflationsrate nicht unterschritten werden darf (B 4 RA 120/00 R),

hilfsweise die Anpassung der Rente zumindest in Höhe der Anpassung der Beamtenversorgung vorzunehmen, weiter hilfsweise, den Rechtsstreit an das erstinstanzliche Gericht zurückzuver-weisen, soweit für eine gerichtliche Entscheidung nicht die notwendigen Ermitt-lungen durchgeführt bzw. die Verwaltungsakte der Beklagten nicht vorlagen und zu den einzelnen Anträgen keine Sachentscheidung getroffen wurden bzw. die Beklagte zur Erteilung der notwendigen Verwaltungsakte nicht veranlasst wurde,

weiter hilfsweise das Verfahren auszusetzen und dem Bundesverfassungsgericht die Frage vorzulegen, ob durch eine den Geldwert des Rechts auf Rente real kürzenden Rentenanpassungen stetig seit 2000 bis zum 01. Juli 2008 sowie mehrfach unterlassener Angleichungen des Rentenwerts Ost an West, die entgegen den Vorgaben des Einigungsvertrags in Art. 30 Abs. 5 niemals zu Lebzei-ten der Rentner mit DDR-Biografie zu einer Rentenangleichung Ost an West führen werden, rechtsstaatliche Grundsätze verletzt werden und Verstöße u. a. ge-gen die Art. 3, 14, 19 Abs. 1 und 2 Grundgesetz sowie gegen Art. 20 Grundgesetz vorliegen und

festzustellen, dass der im Bescheid der Beklagten zum 01. Juli 2008 verfügte bisherige Monatsbetrag der Rente über den 01. Juli 2008 hinaus weiterzuzahlen ist.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Am 04. Juli 2011 hat die Klägerin auch Widerspruch gegen die Rentenanpassung zum 01. Juli 2011 eingelegt, soweit der Bescheid nicht Gegenstand des anhängigen Verfahrens geworden sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte auch bei Ausbleiben der Klägerin und ihres Bevollmächtigten zum Termin aufgrund einseitiger mündlicher Verhandlung entscheiden, denn sie ist ordnungsgemäß unter Hinweis auf die Folgen ihres Ausbleibens geladen worden.

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig aber unbegründet. Ihr steht, wie das Sozialgericht zutreffend entschieden hat, keine höhere Regelaltersrente ab dem 01. Juli 2008 zu.

Streitgegenstand des Verfahrens ist allein die Rentenanpassungsmitteilung zum 01. Juli 2008, die als Verwaltungsakt gemäß § 31 Satz 1 SGB X zu qualifizieren ist (vgl. BSG in SozR 4 – 2600 § 64 Nr. 2). Diese ist nicht gemäß § 96 Abs. 1 Sozialgerichts-gesetz (SGG) Gegenstand des Klageverfahrens S 23 R 4116/08 gegen den Rentenbescheid vom 23. Mai 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 09. Juni 2008 geworden, denn die in den Bescheiden enthaltenen Rentenanpassungen zum 01. Juli des jeweiligen Jahres, die allein die wertmäßige Fortschreibung eines bereits zuerkannten Werts des Rechts auf Rente betreffen (vgl. BSG in SozR 3 – 2600 § 248 Nr. 8), bilden jeweils selbständige Streitgegenstände. Insoweit wird nicht über den Geldwert des Rechts auf Rente, sondern ausschließlich über den Grad der Anpassung entschieden. Aus diesen Gründen wird auch nicht der Bescheid über die Rentenanpassung zum 01. Juli 2011 gemäß §§ 153 Abs. 1, 96 Abs. 1 SGG Gegenstand des Berufungsverfahrens, denn dieser ersetzt und ändert auch nicht die Rentenan-passung zum 01. Juli 2008 ab.

Eine Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Sozialgericht Berlin kommt nicht in Betracht, denn die dafür in § 159 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 SGG normierten Voraussetzungen liegen nicht vor.

Der Monatsbetrag der Rente ergibt sich gemäß § 64 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI), indem die mit dem Zugangsfaktor vervielfältigte Summe der EP (§ 66 SGB VI) mit dem Rentenartfaktor (§ 67 SGB VI) und dem aktuellen Rentenwert (§ 68 SGB VI) mit ihrem Wert bei Rentenbeginn multipliziert werden. Die aktuelle Rentenhöhe ergibt sich, indem der bisherige aktuelle Rentenwert durch den neuen aktuellen Rentenwert ersetzt wird, der gemäß §§ 65, 69 SGB VI zum 01. Juli eines jeden Jahres neu zu bestimmen ist. Gemäß § 254b Abs. 1 SGB VI werden bis zur Herstellung einheitlicher Einkommensverhältnisse im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland EP (Ost) und ein aktueller Rentenwert (Ost) für die Ermittlung des Monatsbetrags der Rente aus Zeiten außerhalb der Bundesrepublik Deutschland ohne das Beitrittsgebiet gebildet, die an die Stelle der EP und des aktuellen Rentenwerts treten. Der aktuelle Rentenwert (Ost) ist mindestens um den Vomhundertsatz anzupassen, um den der aktuelle Rentenwert angepasst wird (§ 255a Abs. 2 SGB VI).

Zum 01. Juli 2008 wurde der aktuelle Rentenwert gemäß § 1 des Gesetzes über die Bestimmung der aktuellen Rentenwerte ab 01. Juli 2008 auf 26,56 Euro, der aktuelle Rentenwert (Ost) auf 23,34 Euro festgesetzt. Die Bestimmung des aktuellen Renten-werts (Ost) berücksichtigt gemäß § 68 i. V. m. §§ 255a, 255e, § 255g SGB VI die Veränderung der durchschnittlichen Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer ohne Beamte einschließlich der Bezieher von Arbeitslosengeld um 0,54%, des Beitragssatzes zur allgemeinen Rentenversicherung um 0,4%, jeweils im Jahr 2007 gegenüber dem Jahr 2006, sowie des Nachhaltigkeitsfaktors mit 1,0022 (§ 68 Abs. 4 SGB VI). Aufgrund der Änderungen des § 255e Abs. 3 SGB VI beträgt der Altersvorsorgeanteil in den Jahren 2006 und 2007 einheitlich 2,0%, womit die anpassungsdämpfende Wirkung des Faktors für die Veränderung des Altersvorsorgeanteils entfällt.

Der in der angefochtenen Rentenanpassungsmitteilung ausgewiesene Rentenbetrag von 925,11 Euro ist das rechnerisch zutreffende Ergebnis, das sich nach Anwendung der genannten gesetzlichen Vorschriften ergibt. Dies ist zwischen den Beteiligten auch nicht streitig. Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit dieser Rentenanpassung hat der Senat nicht. Durch Form und Inhalt der Rentenanpassung zum 01. Juli 2008 ist die Klägerin nicht in ihren Rechten verletzt. Die Entscheidung des Sozialgerichts ist nicht deshalb rechtsfehlerhaft, weil ihr die streitige Rentenanpassungsmitteilung nicht vorgelegen haben soll. Tatsächlich hat die Klägerin selbst den Bescheid mit Schriftsatz vom 18. Mai 2010, Eingang bei Gericht am 21. Oktober 2010, eingereicht. Die Ren-tenanpassungsmitteilung ist auch nicht unbestimmt im Sinne von § 33 Abs. 1 SGB X. Ihr lässt sich deutlich der bisherige Monatsbetrag der Rente in Höhe von 915,20 Euro und der ab dem 01. Juli 2008 auszuzahlende Betrag von 925,11 Euro entnehmen. Der Senat sieht keine Anhaltspunkte dafür, dass die der Rentenanpassung zugrunde gelegten Werte unzutreffend sind. Soweit die Klägerin geltend macht, im Jahr 2006 sei ein um 130,- Euro geringeres durchschnittliches Jahresentgelt berücksichtigt worden, kann die Klägerin daraus keine höhere Rentenanpassung herleiten. Denn erst nachträglich bekannt gewordene andere Daten zu den Bruttolöhnen und -gehältern, als nach § 68 Abs. 7 Satz 1 SGB VI zugrunde zu legen sind, sind unbeachtlich (vgl. Landessozialgericht (LSG) Berlin-Brandenburg, Urteil vom 25. November 2010 – L 22 R 1457/08 -, zitiert nach juris). Für einen Anspruch auf eine Rentenerhöhung in Höhe des Inflationsausgleichs fehlt es an einer gesetzlichen Grundlage. Soweit sich die Klägerin auf die Entscheidung des BSG vom 31. Juli 2002 – B 4 RA 120/00 – a. a. O., bezieht, ist die Entscheidung zur Rentenanpassung 2000 auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar. Denn zum 01. Juli 2000 wurde die an der Lohn- und Gehaltsentwicklung orientierte Rentendynamisierung zeitlich befristet durch die Anpassung nach der Inflationsrate gemäß § 255c SGB VI in der vom 01. Januar 2000 bis zum 26. März 2001 geltenden Fassung ersetzt. Die Renten Ost wie West wurden um die Infla-tionsrate von 0,6% erhöht. Dies hat das BSG als Beteiligung der Rentner an den solidarischen Anstrengungen zur Konsolidierung des Staatshaushalts als mit dem Gesetz vereinbar angesehen.

Der Senat hat auch keine Zweifel an der Vereinbarkeit des Gesetzes über die Bestimmung der aktuellen Rentenwerte ab dem 01. Juli 2008 mit dem GG und schließt sich der dazu ergangenen Rechtsprechung mehrerer Senate des Gerichts an (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Urteile vom 13. November 2009 – L 3 R 96/09 -, 15. De-zember 2011 – L 22 R 688/11 - und 23. September 2010 – L 33 R 1239/08 -, zitiert nach juris).

Danach ist zunächst festzustellen, dass dem Gesetzgeber eine ausreichende Flexibilität erhalten bleiben muss, um das Rentenversicherungssystem und insbesondere dessen Finanzierung zu gewährleisten. Daher verfestigt die Eigentumsgarantie des Art. 14 GG das Rentenversicherungssystem nicht derart, dass es den Anforderungen unter veränderten Umständen nicht mehr genügen kann (vgl. Nichtannahmebeschluss des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 26. Juli 2007 in SozR 4 - 2600 § 68 Nr. 2). Gesetzliche Maßnahmen, die der Erhaltung der Funktions- und Leistungsfähigkeit der gesetzlichen Rentenversicherung dienen, müssen allerdings von einem gewichtigen öffentlichen Interesse getragen und verhältnismäßig sein. Es kann erst dann von einem unangemessenen bzw. unverhältnismäßigen staatlichen Grundrechtseingriff gesprochen werden, wenn bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe die Grenze der Zumutbarkeit nicht mehr gewahrt ist. Hierbei ist bei der Abwägung zwischen der Belastung des Versicherten durch eine Schmälerung von Rentenansprüchen und Rentenanwartschaften einerseits sowie der Sicherung der finanziellen Stabilität der gesetzlichen Rentenversicherung andererseits zu beachten, dass der Versicherte in das Solidarsystem eingebunden ist und auch die Risiken dieses Systems trägt. Zu berücksichtigen ist gerade im Hinblick auf langfristig wirkende Rentenreformen die Generationengerechtigkeit zwischen den Vergleichsgruppen der gegenwärtigen Beitragszahler und der Rentenempfänger, die einen sozialverträglichen Ausgleich beinhaltet. Die demographische Last kann nicht ausschließlich von den Beitragszahlern getragen werden. Auch von den Rentenbeziehern kann ein sozialverträglich ausgestalteter Anteil eingefordert werden, wobei zwar ein Eingriff in die eigentliche Substanz ausscheidet, jedoch bei der Rentenanpassung möglich ist. Das BSG hat in seinem Urteil vom 20. Dezember 2007 – B 4 RA 51/05 R – (zitiert nach juris) zur Frage, ob die Aussetzung der sich aus § 68 SGB VI eigentlich ergebenden Rentenanpassung 2004 infolge Art. 2 des 2. SGB VI-Änderungsgesetzes entgegen § 69 Abs. 1 SGB VI zu beanstanden war, darauf hingewiesen, dass das GG keine Anspruchsgrundlage enthält, aus der sich ein Anspruch auf höhere Rentenzahlung gegen die Rentenversicherungsträger ergeben könnte und keinen Verstoß gegen Verfassungsrecht festgestellt. Der Gesetzgeber verfolgte mit den bisher getroffenen Maßnahmen das Ziel, den Beitragssatz zur gesetzlichen Rentenversicherung zu stabilisieren. Schon dieses öffentliche Interesse ist geeignet, die hierzu getroffenen gesetzgeberischen Maßnahmen zu rechtfertigen, denn sie tragen zur Erhaltung der Funktions- und Leistungsfähigkeit des Systems der gesetzlichen Rentenversicherung bei. Andererseits führen diese Maßnahmen nicht dazu, dass die Rente ihre Funktion als substanzielle Alterssicherung verliert.

Die Klägerin kann sich auch nicht auf die Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG stützen. Es kann dabei laut den Ausführungen des BVerfG in seinem Nichtannahmebeschluss vom 26. Juli 2007, a. a. O., offen bleiben, ob auch die regelmäßige Anpassung von Renten unter den Schutz der Eigentumsgarantie fällt, denn selbst wenn diese Beschränkung bzw. Aussetzung der Rentenanpassung den Schutzbereich des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG berühren würden, wäre die Eigentumsgarantie nicht verletzt. Der Senat macht sich nach eigener Prüfung die Ausführungen des BVerfG hierzu in seinem Beschluss vom 26. Juli 2007 voll umfänglich zu Eigen und verweist auf die detaillierten Darlegungen in dieser Entscheidung.

Die Rechte der Klägerin aus der Eigentumsgarantie des Art. 14 GG werden auch weder durch die Einführung des Altersvorsorgeanteils noch durch die Einführung des Nachhaltigkeitsfaktors verletzt. Die Einführung sowohl des Altersvorsorgeanteils als auch des Nachhaltigkeitsfaktors war erforderlich, geeignet und verhältnismäßig. Der Senat macht sich nach eigener Prüfung die Ausführungen des BSG hierzu in seinen Urteil vom 13. November 2008 und 21. Januar 2009 ( – B 13 R 13/08 R – und – B 12 R 1/07 R-, zitiert nach juris) voll umfänglich zu Eigen und verweist auf die detaillierten Darlegungen in diesen Entscheidungen.

Soweit die Klägerin meint, die Entwicklung der Renten werde in den letzten Jahren immer mehr von der Entwicklung der Einkommen der abhängig Beschäftigten abgekoppelt, so ist dies angesichts der durch §§ 68, 68a, 255a, 255e bis f SGB VI vorge-gebenen Maßgaben zur Bestimmung der Rentenanpassung nicht zutreffend. Sofern eine Abkoppelung überhaupt stattfindet, dann in einem für die Rentner positiven Sinne, denn die Renten sinken – anders als die Löhne und Gehälter – nicht. Das BVerfG hat im Nichtannahmebeschluss vom 26. Juli 2007, a. a. O., auch nicht zum Ausdruck gebracht, mit der Aussetzung der Rentenanpassung im Jahr 2004 sei eine Grenze verfassungsmäßig zulässiger Eingriffe erreicht worden. Zwar ist richtig, dass das BVerfG darauf hingewiesen hat, dass der Gesetzgeber bei Eingriffen in die Systematik der regelmäßigen Rentenanpassung verfassungsrechtlich gebunden ist und die Pflicht besteht, für erbrachte Beitragsleistungen adäquate Versicherungsleistungen zu erbrin-gen. Es hat aber auch eine Grenze gesetzgeberischer Maßnahmen angesprochen, nämlich einen Verlust der Funktion der Rente als substanzielle Alterssicherung, die hier bei einer Erhöhung der Rente ab dem 01. Juli 2008, die für die Klägerin knapp 10,- Euro monatlich ausmacht (entspricht 1,1%), offensichtlich nicht erreicht ist.

Der Senat sieht in der gleichmäßigen Rentenanpassung West und Ost beziehungsweise der von der Klägerin angemahnten Rentenangleichung Ost und West keinen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz aus Art. 3 GG. Das BSG in seinem Urteil vom 31. Juli 2002 (- B 4 RA 120/00 -, zitiert nach juris) ausgeführt, dass Art. 3 GG erst dann verletzt ist, wenn für die gleiche Behandlung verschiedener Sachverhalte bezogen auf den in Rede stehenden Sachbereich und seiner Eigenart ein vernünftiger, einleuchtender Grund fehlt und dass dies bei einer prozentual gleichen Anpas-sung der Renten in West und Ost nicht gegeben ist.

Soweit die Klägerin hilfsweise die Anpassung der Rente zumindest in Höhe der Anpassung der Beamtenversorgung beantragt hat, hat die Berufung mangels Rechtsgrundlage für dieses Begehren keinen Erfolg. Art. 3 GG verpflichtet den Gesetzgeber zudem nicht, bestehende Altersversorgungssysteme anzugleichen. Regelungen, die wie diejenigen zur jährlichen Rentenanpassung an sachgerechten Kriterien ausgerichtet sind, müssen selbst bei grundsätzlicher Bedeutung nicht auf andere übertragen werden. Umgekehrt muss auch eine sachgerechte Regelung zur Anpassung von Ver-sorgungsbezügen nach dem Beamtenversorgungsgesetz nicht auf das Rechtsgebiet der gesetzlichen Rentenversicherung übertragen werden. Der Gesetzgeber ist somit nicht gehindert, andere Systeme der Alterssicherung hinsichtlich der Anpassung ihrer Leistungen anders zu behandeln, da sie wesentliche inhaltliche Unterschiede aufweisen und in ihnen unterschiedliche Rechtsgrundlagen gelten (vgl. Urteile des BSG vom 20. Dezember 2007 – B 4 RA 51/05 R -, a. a. O., und – B 4 RA 48/05 R – in SozR 4 – 2600 § 65 Nr. 2).

Der Beweisantrag der Klägerin ist unzulässig, da er nicht den Vorgaben des § 359 Zivilprozessordnung i. V. m. § 118 Abs. 1 Satz 1 SGG entspricht. Es sind keine streitigen Tatsachen, über die Beweis erhoben werden soll, genannt worden. Vielmehr handelt es sich um einen unzulässigen Ausforschungsantrag.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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