Land
Hessen
Sozialgericht
SG Marburg (HES)
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
12
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
S 12 KA 923/11
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KA 45/12
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Mit dem Vortrag, eine ambulante Krankenschwester sei vom Sozialdienst der Stadt für eine 24-Stunden-Betreuung postoperativ zur Verfügung gestellt worden, räumt der Vertragszahnarzt (und MKG-Chirurg) ein, dass es sich um eine stationäre Behandlung gehandelt hat. Eine Vergütung für eine ambulante Operation fällt dann nicht an.
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin hat die notwendigen Verfahrenskosten zu tragen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um eine sachlich-rechnerische Berichtigung der KB-Abrechnung 09 und 10/2011 für die Behandlung des bei der AOK in Hessen versicherten Patienten L., M. und hierbei um die Absetzung aller Leistungen im Wert von insgesamt 10.032,25 EUR, weil aus Sicht der Beklagten die strittige Operation nicht habe ambulant durchgeführt werden können.
Die Klägerin ist eine Gemeinschaftspraxis mit drei zur vertragszahnärztlichen Versorgung zugelassenen Zahnärzten. Herr Dr. med. Dr. med. dent. K. ist Arzt für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie und Zahnarzt. Die übrigen Mitglieder der Gemeinschaftspraxis sind Zahnärzte.
Die Beklagte nahm mit Bescheiden vom 24.11. und 16.11.2011 eine vollständige Berichtigung der KB-Abrechnung 09/2011 und 10/2011 im Fall L., M. (AOK in Hessen), geb. 1940, vor, weil die Auswertung ihres zahnärztlichen Beraters ergeben habe, dass die ambulante Operation nach der vorliegenden Dokumentation nicht vorstellbar sei.
Hiergegen legte die Klägerin am 02.12.2011 Widerspruch ein. Sie trug vor, nach Abrechnung habe sie auf Wunsch der Beklagten mit Schreiben vom 06.10.2011 den vollständigen Ausdruck der Karteikarte, das OPG, FRS, NNH übersandt, aus der bereits laienhaft hervorgehe, dass es sich offensichtlich um einen Patienten aus einem Altersheim handele, bei dem einerseits der Verdacht auf ein Plattenepithelkarzinom und eine umfangreiche Osteotomie angestanden habe. Es lägen alle Unterlagen zur Diagnostik und Abrechnung vor. Der Fall sei mit 3.352,20 EUR abgerechnet worden, von denen die Beklagte offenbar nur 67,95 EUR abgerechnet habe. 3.284,25 EUR stünden noch offen. Die Beklagte könne zwar in Einzelfällen Leistungen prüfen, es sei jedoch in gar keiner Art und Weise hinzunehmen, dass sie mit einer nichtssagenden Begründung fast einen ganzen Fall in erheblicher Höhe nicht abrechnen könne.
Die Beklagte teilte unter Datum vom 13.12.2011 mit, ihr Umgang mit den von der Klägerin zur Abrechnung eingereichten Fällen habe sich nicht geändert. In den Fällen, die anhand der Abrechnungsunterlagen nicht plausibel seien, würden entsprechende Nachweise angefordert werden. Dies sei in diesem Fall und dem von der Klägerin genannten Fall N. der Fall gewesen. Erst nach Vorlage der Unterlagen könne über die Abrechenbarkeit der Leistungen abschließend entschieden werden.
Am 14.12.2011 beantragte die Klägerin den Erlass einer einstweiligen Anordnung. Sie trug vor, bei dem Patienten L. sei ein Karzinom mit begleitender Osteomyelitis des Unterkiefers rechts festgestellt worden, aufgrund derer eine Resektionsprothese gefertigt werden sollte, nachdem eine Proberesektion, eine Unterkieferresektion und eine Rekonstruktion (Überbrückungsplatte) angefertigt worden sei. Aufgrund der radiologischen Untersuchung habe bei dem Patienten der Verdacht auf ein Plattenepithelkarzinom bestanden, welches durch den pathohistologischen Befund vom 25.08.2011 bestätigt worden sei. Der Behandlungsplan sei durch die zuständige AOK am 09. bzw. 30.11.2011 genehmigt worden. Aufgrund des histologischen Befundes vom 05.09.2011 sei das Karzinom bestätigt worden. Die von der Beklagten angeforderten Röntgendiagnostik und Kopien der Karteikarte seien an diese übersandt worden. Die Beklagte habe die gesamte Abrechnung im Umfang von 10.032,25 EUR abgesetzt. Für September betrage die Abrechnung 3.352,20 EUR, für Oktober 6.644,46 EUR und für November 35,59 EUR. Letztere Abrechnung sei noch nicht vorgenommen worden. Bei der Absetzung liege eine Ermessensunterschreitung vor, die Entscheidung sei grob rechtswidrig. Sie habe einen Anspruch auf Zahlung im Wege der einstweiligen Anordnung, weil die sonst zu erwartenden Nachteile für sie unzumutbar wären und ein hoher Grad an Wahrscheinlichkeit für einen Erfolg auch in der Hauptsache spreche. Auf die Darlegung der Vermögenslage komme es nicht an, da es nicht sein könne, dass eine (vermögende) Partei einen grob rechtswidrigen Verwaltungsakt zunächst hinnehmen müsse und rechtsschutzlos gestellt werde. Sie führte mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 20.12.2011 weiter aus, die Frage, ob die Operation nicht ambulant durchzuführen sei, sondern in den stationären Bereich gehöre, sei keine Entscheidung der Beklagten, sondern des behandelnden Arztes. Der Patient sei zufrieden und es habe auch keine Probleme bei der Nachsorge gegeben. Eine Zuständigkeit der Beklagten sei nur gegeben, wenn die Leistungen im konkreten Behandlungszusammenhang sich im offenkundigen Widerspruch zum Stand der medizinischen Wissenschaft befänden.
Die Kammer wies mit Beschluss vom 23.01.2012 - S 12 KA 908/11 ER - den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ab, LSG Hessen, Beschluss vom 03.04.2011 - L 4 KA 16/12 B ER - wies die Beschwerde zurück.
Mit Widerspruchsbescheid vom 15.12.2011 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie aus, in allen Abrechnungspositionen läge keine für die Plausibilität der Abrechnung ausreichende Dokumentation vor. Die von Klägerin vorgelegten Unterlagen wiesen lediglich die Leistungsbeschreibungen auf, wie sie im BEMA bzw. der GOÄ-82 aufgeführt seien. Die vorstehenden Dokumentationsvorgaben seien in keinster Weise erfüllt. Die Fragen, ob Leistungen im konkreten Behandlungszusammenhang sich in offenkundigen Widerspruch zum Stand der Medizin und Wissenschaft befänden oder erkennbar ohne jeden Nutzen erbracht würden, seien der sachlich-rechnerischen Berichtigung zuzuordnen. Die der Abrechnung zugrunde liegende Operation, eine Tumor-Radikaloperation im Mund- und Halsbereich, sei aufgrund der notwendigen intensiven postoperativen Nachsorge keine ambulant durchzuführende Operation, sondern gehöre zum Schutz der Gesundheit der Patienten in den stationären Bereich der Krankenversorgung.
Hiergegen hat die Klägerin am 22.12.2011 die Klage erhoben. Zur Begründung der Klage verweist sie auf das Widerspruchsverfahren und ihren Vortrag im einstweiligen Anordnungsverfahren. In der in der mündlichen Verhandlung hat ihr Prozessbevollmächtigter eine Stellungnahme ihres MKG-Chirurgen vorgelegt, wonach eine ambulante Krankenschwester vom Sozialdienst der Stadt A-Stadt für eine 24-Stunden-Betreuung postoperativ zur Verfügung gestellt worden sei und der Patient ausdrücklich eine stationäre Behandlung abgelehnt habe.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid vom 24.11.2011 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 15.12.2011 aufzuheben und für die KB-Abrechnung 09 und 10/2011 betreffend den Patienten M. L. das Honorar in gesetzlicher Höhe festzusetzen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie verweist auf ihre Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden und im einstweiligen Anordnungsverfahren. Im einstweiligen Anordnungsverfahren hatte sie u. a. vorgetragen, es fehle an einem Anordnungsanspruch als auch am Anordnungsgrund. Sie habe Zweifel an der Plausibilität geltend gemacht. Die Klägerin hätte zügig eine inhaltlich nachvollziehbare Dokumentation vorlegen müssen. Stattdessen habe sie erst nach entsprechender Erinnerung gehandelt und sich dabei nur auf die zur Abrechnung gebrachten Leistungspositionen beschränkt, obwohl der Behandlungsfall fachlich nicht nachvollzogen werden könne. Bei dieser Sachlage sei von einer übermäßigen Rechtmäßigkeit des Ausgangsbescheides auszugehen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichts- und beigezogenen Verwaltungsakte sowie Verfahrensakte mit Az.: S 12 KA 923/11 ER, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Kammer hat in der Besetzung mit einer ehrenamtlichen Richterin und einem ehrenamtlichen Richter aus den Kreisen der Vertragszahnärzte verhandelt und entschieden, weil es sich um eine Angelegenheit der Vertragszahnärzte handelt (§ 12 Abs. 3 S. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG).
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Der Bescheid der Beklagten vom 24.11.2011 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 15.12.2011 ist rechtmäßig und war daher nicht aufzuheben. Die Klage war abzuweisen.
Die Beklagte war zuständig für die sachlich-rechnerische Berichtigung.
Nach § 75 Abs. 1 SGB V haben die Kassen(zahn)ärztlichen Vereinigungen die vertrags(zahn)ärztliche Versorgung sicher zu stellen und den Krankenkassen und ihren Verbänden gegenüber die Gewähr dafür zu übernehmen, dass die vertrags(zahn)ärztliche Versorgung den gesetzlichen und vertraglichen Erfordernissen entspricht. Nach § 75 Abs. 2 Satz 2 1. Halbsatz haben die Kassen(zahn)ärztlichen Vereinigungen die Erfüllung der den Vertrags(zahn)ärzten obliegenden Pflichten zu überwachen. Zu den Pflichten der Vertrags(zahn)ärzte gehört unter anderem auch eine ordnungsgemäße Abrechnung der von ihnen erbrachten Leistungen. Die Kassen(zahn)ärztliche Vereinigung stellt die sachliche und rechnerische Richtigkeit der Abrechnungen der Vertrags(zahn)ärzte fest; dazu gehört auch die Arzt bezogene Prüfung der Abrechnungen auf Plausibilität sowie die Prüfung der abgerechneten Sachkosten (§ 106a Abs. 2 Satz 1 SGB V). Es obliegt deshalb nach § 19 BMV-Z der Beklagten, die vom Vertragsarzt eingereichten Honoraranforderungen rechnerisch und gebührenordnungsmäßig zu prüfen und ggf. zu berichtigen (vgl. BSG, Urt. v. 10.05.1995 - 6 RKa 30/94 - SozR 3-5525 § 32 Nr. 1 = NZS 1996, 134 = Breith 1996, 280 = USK 95120, juris Rdnr. 12; BSG, Urt. v. 28.04.2004 - B 6 KA 19/03 R - SozR 4-2500 § 87 Nr. 5, juris Rdnr. 15; BSG, Urt. v. 30.06.2004 - B 6 KA 34/03 R - SozR 4-2500 § 85 Nr. 11 = BSGE 93, 69 = SGb 2004, 474 = GesR 2004, 522 = MedR 2005, 52 = NZS 2005, 549, juris Rdnr. 17) bzw. § 12 Abs. 1 Satz 1 EKV-Z (vgl. BSG, Urt. v. 13.05.1998 - B 6 KA 34/97 R - SozR 3-5555 § 10 Nr. 1 = USK 98155, juris Rdnr. 13; BSG, Urt. v. 28.04.2004 - B 6 KA 19/03 R - aaO.; BSG, Urt. v. 30.06.2004 - B 6 KA 34/03 R - aaO.).
Bei den Absetzungen handelt sich auch um sachlich-rechnerische Berichtigungen. Die Beklagte geht davon aus, dass die Voraussetzungen für die ordnungsgemäße Abrechnung der Gebührenpositionen vom Vertragszahnarzt nicht nachgewiesen worden sind. Hierzu gehört auch der Umstand, dass die strittigen Leistungen ambulant erbracht worden sein müssen. Von daher war sie für die Berichtigung zuständig.
Der angefochtene Berichtigungsbescheid ist auch materiell-rechtlich nicht zu beanstanden. Zum Prüfauftrag der Beklagten gehört gerade auch die Prüfung der Abrechnung auf Plausibilität. Im Behandlungsfall L. hat die Beklagte eine Abrechnung wegen Implausibilität abgelehnt. Sie hat Zweifel, dass angesichts des abgerechneten Leistungsumfangs die Maßnahmen ambulant tatsächlich hätten erbracht werden können. Von daher war sie berechtigt, die Dokumentation und sonstige Unterlagen bei der Klägerin anzufordern. Zutreffend hat die Beklagte auch auf den Umfang der Dokumentationspflicht im angefochtenen Widerspruchsbescheid hingewiesen, was im Übrigen angesichts vorangehender Rechtsstreite der Klägerin auch bekannt sein dürfte. Soweit die Beklagte zu der Feststellung gelangt ist, aus der Dokumentation werde lediglich die Leistungslegende ersichtlich, aber nicht das tatsächliche Vorgehen, reicht dies zum Nachweis einer Implausibilität in Verbindung mit dem Hinweis, die der Abrechnung zugrunde liegende Operation, eine Tumor-Radikaloperation im Mund- und Halsbereich, sei aufgrund der notwendigen intensiven postoperativen Nachsorge keine ambulant durchzuführende Operation, sondern gehöre zum Schutz der Gesundheit der Patienten in den stationären Bereich der Krankenversorgung, aus. Damit maßt sich die Beklagte nicht die Entscheidung darüber an, ob die Operation ambulant oder stationär durchzuführen ist, sondern stellt aufgrund ihres, d. h. der Mitglieder des Vorstands und der von ihr beigezogenen weiteren Mitglieder und Berater, fest, dass nicht nachvollziehbar sei, dass die vom Kläger durchgeführte Operation tatsächlich nur ambulant durchgeführt worden ist. Hierfür liegen aufgrund der Operationsindikation hinreichende Anhaltspunkte vor, so dass das Nachfragen der Beklagten frei von Willkür ist. Aus der Operationsindikation kann in Fällen wie dem vorliegenden bereits aus zahnärztlichem Erfahrungswissen beurteilt werden, ob eine solche Operation ambulant möglich ist (vgl. bereits LSG Hessen, Urt. v. 21.09.2011 - L 4 KA 50/09 ). Letztlich geht es um die Frage, ob die Klägerin die abgerechneten Leistungen nicht oder nicht vollständig erbracht hat oder ob sie tatsächlich als stationäre Behandlung durchgeführt worden sind. In beiden Fällen besteht kein Anspruch auf Vergütung. Es ist daher Sache der Klägerin gewesen, ihrerseits nachzuweisen, dass die Operation tatsächlich ambulant durchgeführt worden ist, da für stationär durchgeführte Maßnahmen ein Vergütungsanspruch gegenüber der Beklagten nicht besteht. Ein solcher Vergütungsanspruch käme allenfalls dann in Betracht, wenn eine Genehmigung für eine belegärztliche Tätigkeit bestehen würde, was aber nicht der Fall ist und wofür es an einer Rechtsgrundlage fehlt (vgl. SG Marburg, Urt. v. 22.02.2012 - S 12 KA 719 u. 867/11 -, Sprungrevision anhängig: BSG - B 6 KA 15/12 R -).
Soweit die Klägerin erstmals in der mündlichen Verhandlung vorgetragen hat, dass eine ambulante Krankenschwester vom Sozialdienst der Stadt A-Stadt für eine 24-Stunden-Betreuung postoperativ zur Verfügung gestellt und dreimal täglich von einem Arzt besucht worden sei, so räumt sie selbst ein, dass es sich um eine stationäre Behandlung gehandelt hat.
Die stationäre Krankenhausbehandlung zeichnet sich gegenüber der ambulanten Versorgung durch eine besondere Intensität der Betreuung aus – und zwar sowohl in zeitlicher als auch in sachlicher Hinsicht. In zeitlicher Hinsicht darf sich die stationäre Betreuung nicht nur auf einen unbedeutenden Teil des Tages wie bei der ambulanten Krankenbehandlung beschränken. Weil eine Behandlung jedenfalls dann stationär ist, wenn sich der Patient ununterbrochen Tag und Nacht im Krankenhaus zur Behandlung aufhält, umfasst sie auch Unterkunft und Verpflegung. In sachlicher Hinsicht eröffnet die stationäre Krankenhausbehandlung mit der physischen und organisatorischen Eingliederung des Patienten in das spezifische Versorgungssystem des Krankenhauses Interventionsmöglichkeiten, die bei ambulanter Behandlung nicht gegeben sind. Im Hinblick auf die vielfältigen Übergangsformen zwischen stationärer und ambulanter Behandlung im Krankenhaus erblickt das BSG das maßgebende Merkmal zur Abgrenzung der (voll- und teil-)stationären von der ambulanten Behandlung in der (geplanten) Aufenthaltsdauer. Dies gilt jedenfalls für Operationen. Dagegen soll es bei nicht operativen Behandlungen entscheidend darauf ankommen, in welchem Umfang neben der Dauer der Behandlung der Patient die Infrastruktur des Krankenhauses in Anspruch nimmt. Demnach liegt eine vollstationäre Behandlung vor, wenn die physische und organisatorische Eingliederung des Patienten in das spezifische Versorgungssystem des Krankenhauses sich zeitlich über mindestens einen Tag und eine Nacht erstreckt. Dabei kommt es maßgeblich auf den Behandlungsplan des Krankenhausarztes an. Die Entscheidung zum Verbleib des Patienten über Nacht wird in der Regel zu Beginn der Behandlung getroffen, kann aber im Einzelfall auch noch später erfolgen, so dass aus einer ursprünglich ambulant geplanten Maßnahme eine vollstationäre Behandlung werden kann (vgl. Wahl, jurisPK-SGB V, Auflage: 2. Auflage 2012, Online-Kommentar, § 39 SGB V, Rdnr. 31 ff. m.w.N. zur BSG-Rspr.).
Die Klägerin hat mit ihrem neuen Vortrag eingeräumt, dass der Patient über Nacht für wenigstens 24 Stunden einer besonderen Betreuung bedurfte, für die seine übliche häusliche Umgebung bzw. das betreute Wohnen nicht ausreichend war. Von daher war für die Klägerin schon vor Behandlungsbeginn erkennbar, dass es sich nicht um eine bloße ambulante Behandlung gehandelt hat. Damit war der Tatbestand der ambulanten Behandlung verlassen. Für die hier allein strittige Vergütungsfrage kommt es nicht darauf an, dass nach dem Vortrag der Klägerin der Patient nicht umfassend stationär versorgt worden ist. Dies wird ggf. von den zuständigen Behörden unter dem Gesichtspunkt der Verletzung beruflicher und vertragsärztlicher Pflichten zu prüfen sein, soweit eine wirksame Einwilligung des Patienten nicht vorliegt, kommen u. U. strafrechtliche Tatbestände in Betracht. Nach den im Gerichtsverfahren vorliegenden Unterlagen und der Erörterung in der mündlichen Verhandlung geht die fachkundig mit zwei Zahnärzten besetzte Kammer davon aus, dass eine stationäre Nachsorge im umfassenden Sinne, auch durch eine ärztliche Betreuung, z. B. auch im Hinblick auf die Schmerzmedikation des seinerzeit 71-jährigen Patienten erforderlich war. Insofern folgt die Kammer auch der von der Beklagten vorgelegten Stellungnahme des MKG-Chirurgen Dr. Dr. X., dass solche Eingriffe ausschließlich stationär durchgeführt werden und dass in keinem Fall auch bei ambulanten Eingriffen die Sicherheit des Patienten gefährdet werden darf. Über den medizinischen Standard kann sich der behandelnde Arzt nicht hinwegsetzen, selbst dann nicht, wenn der Wunsch des Patienten bestanden haben sollte, den Eingriff ambulant bzw. in der von der Klägerin geschilderten Weise durchzuführen.
Bei dieser Sach- und Rechtslage konnte letztlich dahinstehen, ob der von der Klägerin geschilderte Operationsverlauf sich tatsächlich so abgespielt hat, da dieser Vortrag von der Klägerin weder im Verwaltungsverfahren noch in dem sich über zwei Instanzen hinziehenden einstweiligen Anordnungsverfahren eingeführt worden ist.
Im Übrigen sind die im Gerichtsverfahren vorgelegten Unterlagen oder Einlassungen, soweit sie medizinische Sachverhalte und damit die Tatsachengrundlagen der streitgegenständlichen Honorarberichtigung betreffen, grundsätzlich nicht mehr zu beachten.
Bei einer reinen Anfechtungsklage ist für die Prüfung der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes grundsätzlich die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung zugrunde zu legen (vgl. zur sachlich-rechnerischen Richtigstellung BSG, Urt. v. 13.03.1991 - 6 RKa 35/89 - SozR 3-2500 § 85 Nr. 2 = MedR 1992, 58 = USK 91111, juris Rdnr. 14; ebs. zum Sonderfall der Plausibilitätsprüfung BSG, Urt. v. 26.01.1994 6 RKa 29/91 - SozR 3-1300 § 45 Nr. 21 = BSGE 74, 44 = USK 94153, juris Rdnr. 15).
Die Kammer hat ferner bereits im die Beteiligten betreffenden Urteil vom 07.07.2010 S 12 KA 768/09 - Berufung anhängig, LSG Hessen zum Az.: L 4 KA 60/10 - folgendes ausgeführt (s. a. Urteil der Kammer vom 07.07.2010 - S 12 KA 440/10 -, Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen durch LSG Hessen, Beschl. v. 10.11.2011 L 4 KA 63/10 NZB -):
"Sind von einem Zahnarzt abgerechnete Leistungen aus den Krankenblättern nicht ersichtlich, so ist zunächst davon auszugehen, dass er diese Leistungen tatsächlich nicht erbracht hat. Es obliegt dann dem Zahnarzt, die Erbringung der von ihm abgerechneten Leistungen nachzuweisen. Eine sachlich-rechnerische Richtigstellung ist gerechtfertigt, wenn die gebührenordnungsgemäßen Leistungen und Abrechnungsvoraussetzungen nicht eingehalten worden sind, die Behandlungsdokumentation Vollständigkeit vermissen lässt und Richtlinienverstöße vorliegen, die im Hinblick auf die Qualitätssicherung der vertragszahnärztlichen Versorgung zu beachten und einzuhalten sind (so LSG Bayern, Urt. v. 07.07.2004 - L 3 KA 510/02- www.sozialgerichtsbarkeit.de = juris Rdnr. 25).
Soweit die Beklagte daher Zweifel an einer ordnungsgemäßen Leistungserbringung hat, hat sie einen Vertragszahnarzt hierzu anzuhören und ihn aufzufordern, einen vollständigen Beweis für die Leistungserbringung zu führen. Maßgeblich sind dann die im Verwaltungsverfahren vorgelegten Urkunden oder sonstigen Nachweise. Die vom Vertragszahnarzt geführte Dokumentation nebst weiteren technischen Aufzeichnungen kann allein vom Vertragszahnarzt vorgelegt werden.
Die vollständige Leistungserbringung ist grundsätzlich bereits mit der Abrechnung nachzuweisen. In Zweifelsfällen kann sie in einem Verwaltungsverfahren nachgereicht werden. Im Gerichtsverfahren kann die Dokumentation weder nachgereicht noch ergänzt werden. Insofern ist auch die Amtsermittlungspflicht beschränkt. Die Amtsermittlungspflicht gilt nur für die Frage, in welchem Umfang im Verwaltungsverfahren Unterlagen vorgelegt wurden und ob diese zum Nachweis der Leistungserbringung ausreichend waren.
Die vollständige Leistungserbringung ist grundsätzlich bereits mit der Abrechnung nachzuweisen (vgl. SG Marburg, Urt. v. 03.06.2009 - S 12 KA 521/08 – juris Rdnr. 27, Berufung anhängig: LSG Hessen - L 4 KA 50/09 -). Ein Vertragszahnarzt ist in zeitlicher Hinsicht darauf beschränkt, seiner Nachweispflicht bis zur Entscheidung der Beklagten als Widerspruchsbehörde nachzukommen. Dies beruht letztlich darauf, dass die Kenntnis solcher möglicherweise entscheidungserheblichen Tatsachen allein in der Sphäre des Vertragszahnarztes liegt, soweit sie nicht offenkundig sind und von Amts wegen erkannt werden können. Bei Zweifeln an der ordnungsgemäßen Leistungserbringung wird der Vertragszahnarzt wieder auf die ursprüngliche Position eines Leistungserbringers zurückgeworfen, auch die ordnungsgemäße Erbringung seiner Leistungen nachzuweisen. Es handelt sich hierbei um ein bloßes Tatsachenvorbringen. Wie im allgemeinen Wirtschaftsleben muss dann der Vertragszahnarzt nachweisen, dass er die Leistung erbracht hat (vgl. bereits zur Wirtschaftlichkeitsprüfung SG Marburg, Urt. v. 25.11.2009 - S 12 KA 137/09 – juris Rdnr. 73 (Berufung anhängig: LSG Hessen - L 4 KA 99/09 -; zum verspäteten Vorbringen in einem Disziplinarverfahren SG Marburg, Urt. v. 25.11.2009 - S 12 KA 137/09 – AZR 2007, 108, juris Rdnr. 43)."
Ausgehend von diesen Grundsätzen (s.a. SG Marburg, Urt. v. 07.07.2010 – S 12 KA 325/09 -) kommt es nicht darauf an, welchen neuen Sachvortrag die Klägerin im gerichtlichen Verfahren vorgelegt hat oder welche fehlenden Unterlagen sie nachgereicht hat.
Neben der Sache liegt die Einlassung des Prozessbevollmächtigten der Klägerin in der mündlichen Verhandlung, die Beklagte habe mit affenartiger Geschwindigkeit über den Fall entschieden, die Unterlagen hätten nicht vorgelegt werden können und die Beklagte habe dies mit Absicht getan. Die Kammer hat mit den Beteiligten in der mündlichen Verhandlung das Verwaltungsverfahren nachgezeichnet und darauf hingewiesen, dass die Klägerin im Widerspruchsschreiben vom 22.11.2011 selbst darum bittet, einen entsprechenden Bescheid ihr zuzuleiten, damit sie hiergegen gerichtliche Hilfe in Anspruch nehmen könne, da sie die Verfahrensweise der Beklagten für unverhältnismäßig und rechtswidrig halte.
Nach allem war die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung. Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
2. Die Klägerin hat die notwendigen Verfahrenskosten zu tragen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um eine sachlich-rechnerische Berichtigung der KB-Abrechnung 09 und 10/2011 für die Behandlung des bei der AOK in Hessen versicherten Patienten L., M. und hierbei um die Absetzung aller Leistungen im Wert von insgesamt 10.032,25 EUR, weil aus Sicht der Beklagten die strittige Operation nicht habe ambulant durchgeführt werden können.
Die Klägerin ist eine Gemeinschaftspraxis mit drei zur vertragszahnärztlichen Versorgung zugelassenen Zahnärzten. Herr Dr. med. Dr. med. dent. K. ist Arzt für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie und Zahnarzt. Die übrigen Mitglieder der Gemeinschaftspraxis sind Zahnärzte.
Die Beklagte nahm mit Bescheiden vom 24.11. und 16.11.2011 eine vollständige Berichtigung der KB-Abrechnung 09/2011 und 10/2011 im Fall L., M. (AOK in Hessen), geb. 1940, vor, weil die Auswertung ihres zahnärztlichen Beraters ergeben habe, dass die ambulante Operation nach der vorliegenden Dokumentation nicht vorstellbar sei.
Hiergegen legte die Klägerin am 02.12.2011 Widerspruch ein. Sie trug vor, nach Abrechnung habe sie auf Wunsch der Beklagten mit Schreiben vom 06.10.2011 den vollständigen Ausdruck der Karteikarte, das OPG, FRS, NNH übersandt, aus der bereits laienhaft hervorgehe, dass es sich offensichtlich um einen Patienten aus einem Altersheim handele, bei dem einerseits der Verdacht auf ein Plattenepithelkarzinom und eine umfangreiche Osteotomie angestanden habe. Es lägen alle Unterlagen zur Diagnostik und Abrechnung vor. Der Fall sei mit 3.352,20 EUR abgerechnet worden, von denen die Beklagte offenbar nur 67,95 EUR abgerechnet habe. 3.284,25 EUR stünden noch offen. Die Beklagte könne zwar in Einzelfällen Leistungen prüfen, es sei jedoch in gar keiner Art und Weise hinzunehmen, dass sie mit einer nichtssagenden Begründung fast einen ganzen Fall in erheblicher Höhe nicht abrechnen könne.
Die Beklagte teilte unter Datum vom 13.12.2011 mit, ihr Umgang mit den von der Klägerin zur Abrechnung eingereichten Fällen habe sich nicht geändert. In den Fällen, die anhand der Abrechnungsunterlagen nicht plausibel seien, würden entsprechende Nachweise angefordert werden. Dies sei in diesem Fall und dem von der Klägerin genannten Fall N. der Fall gewesen. Erst nach Vorlage der Unterlagen könne über die Abrechenbarkeit der Leistungen abschließend entschieden werden.
Am 14.12.2011 beantragte die Klägerin den Erlass einer einstweiligen Anordnung. Sie trug vor, bei dem Patienten L. sei ein Karzinom mit begleitender Osteomyelitis des Unterkiefers rechts festgestellt worden, aufgrund derer eine Resektionsprothese gefertigt werden sollte, nachdem eine Proberesektion, eine Unterkieferresektion und eine Rekonstruktion (Überbrückungsplatte) angefertigt worden sei. Aufgrund der radiologischen Untersuchung habe bei dem Patienten der Verdacht auf ein Plattenepithelkarzinom bestanden, welches durch den pathohistologischen Befund vom 25.08.2011 bestätigt worden sei. Der Behandlungsplan sei durch die zuständige AOK am 09. bzw. 30.11.2011 genehmigt worden. Aufgrund des histologischen Befundes vom 05.09.2011 sei das Karzinom bestätigt worden. Die von der Beklagten angeforderten Röntgendiagnostik und Kopien der Karteikarte seien an diese übersandt worden. Die Beklagte habe die gesamte Abrechnung im Umfang von 10.032,25 EUR abgesetzt. Für September betrage die Abrechnung 3.352,20 EUR, für Oktober 6.644,46 EUR und für November 35,59 EUR. Letztere Abrechnung sei noch nicht vorgenommen worden. Bei der Absetzung liege eine Ermessensunterschreitung vor, die Entscheidung sei grob rechtswidrig. Sie habe einen Anspruch auf Zahlung im Wege der einstweiligen Anordnung, weil die sonst zu erwartenden Nachteile für sie unzumutbar wären und ein hoher Grad an Wahrscheinlichkeit für einen Erfolg auch in der Hauptsache spreche. Auf die Darlegung der Vermögenslage komme es nicht an, da es nicht sein könne, dass eine (vermögende) Partei einen grob rechtswidrigen Verwaltungsakt zunächst hinnehmen müsse und rechtsschutzlos gestellt werde. Sie führte mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 20.12.2011 weiter aus, die Frage, ob die Operation nicht ambulant durchzuführen sei, sondern in den stationären Bereich gehöre, sei keine Entscheidung der Beklagten, sondern des behandelnden Arztes. Der Patient sei zufrieden und es habe auch keine Probleme bei der Nachsorge gegeben. Eine Zuständigkeit der Beklagten sei nur gegeben, wenn die Leistungen im konkreten Behandlungszusammenhang sich im offenkundigen Widerspruch zum Stand der medizinischen Wissenschaft befänden.
Die Kammer wies mit Beschluss vom 23.01.2012 - S 12 KA 908/11 ER - den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ab, LSG Hessen, Beschluss vom 03.04.2011 - L 4 KA 16/12 B ER - wies die Beschwerde zurück.
Mit Widerspruchsbescheid vom 15.12.2011 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie aus, in allen Abrechnungspositionen läge keine für die Plausibilität der Abrechnung ausreichende Dokumentation vor. Die von Klägerin vorgelegten Unterlagen wiesen lediglich die Leistungsbeschreibungen auf, wie sie im BEMA bzw. der GOÄ-82 aufgeführt seien. Die vorstehenden Dokumentationsvorgaben seien in keinster Weise erfüllt. Die Fragen, ob Leistungen im konkreten Behandlungszusammenhang sich in offenkundigen Widerspruch zum Stand der Medizin und Wissenschaft befänden oder erkennbar ohne jeden Nutzen erbracht würden, seien der sachlich-rechnerischen Berichtigung zuzuordnen. Die der Abrechnung zugrunde liegende Operation, eine Tumor-Radikaloperation im Mund- und Halsbereich, sei aufgrund der notwendigen intensiven postoperativen Nachsorge keine ambulant durchzuführende Operation, sondern gehöre zum Schutz der Gesundheit der Patienten in den stationären Bereich der Krankenversorgung.
Hiergegen hat die Klägerin am 22.12.2011 die Klage erhoben. Zur Begründung der Klage verweist sie auf das Widerspruchsverfahren und ihren Vortrag im einstweiligen Anordnungsverfahren. In der in der mündlichen Verhandlung hat ihr Prozessbevollmächtigter eine Stellungnahme ihres MKG-Chirurgen vorgelegt, wonach eine ambulante Krankenschwester vom Sozialdienst der Stadt A-Stadt für eine 24-Stunden-Betreuung postoperativ zur Verfügung gestellt worden sei und der Patient ausdrücklich eine stationäre Behandlung abgelehnt habe.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid vom 24.11.2011 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 15.12.2011 aufzuheben und für die KB-Abrechnung 09 und 10/2011 betreffend den Patienten M. L. das Honorar in gesetzlicher Höhe festzusetzen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie verweist auf ihre Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden und im einstweiligen Anordnungsverfahren. Im einstweiligen Anordnungsverfahren hatte sie u. a. vorgetragen, es fehle an einem Anordnungsanspruch als auch am Anordnungsgrund. Sie habe Zweifel an der Plausibilität geltend gemacht. Die Klägerin hätte zügig eine inhaltlich nachvollziehbare Dokumentation vorlegen müssen. Stattdessen habe sie erst nach entsprechender Erinnerung gehandelt und sich dabei nur auf die zur Abrechnung gebrachten Leistungspositionen beschränkt, obwohl der Behandlungsfall fachlich nicht nachvollzogen werden könne. Bei dieser Sachlage sei von einer übermäßigen Rechtmäßigkeit des Ausgangsbescheides auszugehen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichts- und beigezogenen Verwaltungsakte sowie Verfahrensakte mit Az.: S 12 KA 923/11 ER, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Kammer hat in der Besetzung mit einer ehrenamtlichen Richterin und einem ehrenamtlichen Richter aus den Kreisen der Vertragszahnärzte verhandelt und entschieden, weil es sich um eine Angelegenheit der Vertragszahnärzte handelt (§ 12 Abs. 3 S. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG).
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Der Bescheid der Beklagten vom 24.11.2011 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 15.12.2011 ist rechtmäßig und war daher nicht aufzuheben. Die Klage war abzuweisen.
Die Beklagte war zuständig für die sachlich-rechnerische Berichtigung.
Nach § 75 Abs. 1 SGB V haben die Kassen(zahn)ärztlichen Vereinigungen die vertrags(zahn)ärztliche Versorgung sicher zu stellen und den Krankenkassen und ihren Verbänden gegenüber die Gewähr dafür zu übernehmen, dass die vertrags(zahn)ärztliche Versorgung den gesetzlichen und vertraglichen Erfordernissen entspricht. Nach § 75 Abs. 2 Satz 2 1. Halbsatz haben die Kassen(zahn)ärztlichen Vereinigungen die Erfüllung der den Vertrags(zahn)ärzten obliegenden Pflichten zu überwachen. Zu den Pflichten der Vertrags(zahn)ärzte gehört unter anderem auch eine ordnungsgemäße Abrechnung der von ihnen erbrachten Leistungen. Die Kassen(zahn)ärztliche Vereinigung stellt die sachliche und rechnerische Richtigkeit der Abrechnungen der Vertrags(zahn)ärzte fest; dazu gehört auch die Arzt bezogene Prüfung der Abrechnungen auf Plausibilität sowie die Prüfung der abgerechneten Sachkosten (§ 106a Abs. 2 Satz 1 SGB V). Es obliegt deshalb nach § 19 BMV-Z der Beklagten, die vom Vertragsarzt eingereichten Honoraranforderungen rechnerisch und gebührenordnungsmäßig zu prüfen und ggf. zu berichtigen (vgl. BSG, Urt. v. 10.05.1995 - 6 RKa 30/94 - SozR 3-5525 § 32 Nr. 1 = NZS 1996, 134 = Breith 1996, 280 = USK 95120, juris Rdnr. 12; BSG, Urt. v. 28.04.2004 - B 6 KA 19/03 R - SozR 4-2500 § 87 Nr. 5, juris Rdnr. 15; BSG, Urt. v. 30.06.2004 - B 6 KA 34/03 R - SozR 4-2500 § 85 Nr. 11 = BSGE 93, 69 = SGb 2004, 474 = GesR 2004, 522 = MedR 2005, 52 = NZS 2005, 549, juris Rdnr. 17) bzw. § 12 Abs. 1 Satz 1 EKV-Z (vgl. BSG, Urt. v. 13.05.1998 - B 6 KA 34/97 R - SozR 3-5555 § 10 Nr. 1 = USK 98155, juris Rdnr. 13; BSG, Urt. v. 28.04.2004 - B 6 KA 19/03 R - aaO.; BSG, Urt. v. 30.06.2004 - B 6 KA 34/03 R - aaO.).
Bei den Absetzungen handelt sich auch um sachlich-rechnerische Berichtigungen. Die Beklagte geht davon aus, dass die Voraussetzungen für die ordnungsgemäße Abrechnung der Gebührenpositionen vom Vertragszahnarzt nicht nachgewiesen worden sind. Hierzu gehört auch der Umstand, dass die strittigen Leistungen ambulant erbracht worden sein müssen. Von daher war sie für die Berichtigung zuständig.
Der angefochtene Berichtigungsbescheid ist auch materiell-rechtlich nicht zu beanstanden. Zum Prüfauftrag der Beklagten gehört gerade auch die Prüfung der Abrechnung auf Plausibilität. Im Behandlungsfall L. hat die Beklagte eine Abrechnung wegen Implausibilität abgelehnt. Sie hat Zweifel, dass angesichts des abgerechneten Leistungsumfangs die Maßnahmen ambulant tatsächlich hätten erbracht werden können. Von daher war sie berechtigt, die Dokumentation und sonstige Unterlagen bei der Klägerin anzufordern. Zutreffend hat die Beklagte auch auf den Umfang der Dokumentationspflicht im angefochtenen Widerspruchsbescheid hingewiesen, was im Übrigen angesichts vorangehender Rechtsstreite der Klägerin auch bekannt sein dürfte. Soweit die Beklagte zu der Feststellung gelangt ist, aus der Dokumentation werde lediglich die Leistungslegende ersichtlich, aber nicht das tatsächliche Vorgehen, reicht dies zum Nachweis einer Implausibilität in Verbindung mit dem Hinweis, die der Abrechnung zugrunde liegende Operation, eine Tumor-Radikaloperation im Mund- und Halsbereich, sei aufgrund der notwendigen intensiven postoperativen Nachsorge keine ambulant durchzuführende Operation, sondern gehöre zum Schutz der Gesundheit der Patienten in den stationären Bereich der Krankenversorgung, aus. Damit maßt sich die Beklagte nicht die Entscheidung darüber an, ob die Operation ambulant oder stationär durchzuführen ist, sondern stellt aufgrund ihres, d. h. der Mitglieder des Vorstands und der von ihr beigezogenen weiteren Mitglieder und Berater, fest, dass nicht nachvollziehbar sei, dass die vom Kläger durchgeführte Operation tatsächlich nur ambulant durchgeführt worden ist. Hierfür liegen aufgrund der Operationsindikation hinreichende Anhaltspunkte vor, so dass das Nachfragen der Beklagten frei von Willkür ist. Aus der Operationsindikation kann in Fällen wie dem vorliegenden bereits aus zahnärztlichem Erfahrungswissen beurteilt werden, ob eine solche Operation ambulant möglich ist (vgl. bereits LSG Hessen, Urt. v. 21.09.2011 - L 4 KA 50/09 ). Letztlich geht es um die Frage, ob die Klägerin die abgerechneten Leistungen nicht oder nicht vollständig erbracht hat oder ob sie tatsächlich als stationäre Behandlung durchgeführt worden sind. In beiden Fällen besteht kein Anspruch auf Vergütung. Es ist daher Sache der Klägerin gewesen, ihrerseits nachzuweisen, dass die Operation tatsächlich ambulant durchgeführt worden ist, da für stationär durchgeführte Maßnahmen ein Vergütungsanspruch gegenüber der Beklagten nicht besteht. Ein solcher Vergütungsanspruch käme allenfalls dann in Betracht, wenn eine Genehmigung für eine belegärztliche Tätigkeit bestehen würde, was aber nicht der Fall ist und wofür es an einer Rechtsgrundlage fehlt (vgl. SG Marburg, Urt. v. 22.02.2012 - S 12 KA 719 u. 867/11 -, Sprungrevision anhängig: BSG - B 6 KA 15/12 R -).
Soweit die Klägerin erstmals in der mündlichen Verhandlung vorgetragen hat, dass eine ambulante Krankenschwester vom Sozialdienst der Stadt A-Stadt für eine 24-Stunden-Betreuung postoperativ zur Verfügung gestellt und dreimal täglich von einem Arzt besucht worden sei, so räumt sie selbst ein, dass es sich um eine stationäre Behandlung gehandelt hat.
Die stationäre Krankenhausbehandlung zeichnet sich gegenüber der ambulanten Versorgung durch eine besondere Intensität der Betreuung aus – und zwar sowohl in zeitlicher als auch in sachlicher Hinsicht. In zeitlicher Hinsicht darf sich die stationäre Betreuung nicht nur auf einen unbedeutenden Teil des Tages wie bei der ambulanten Krankenbehandlung beschränken. Weil eine Behandlung jedenfalls dann stationär ist, wenn sich der Patient ununterbrochen Tag und Nacht im Krankenhaus zur Behandlung aufhält, umfasst sie auch Unterkunft und Verpflegung. In sachlicher Hinsicht eröffnet die stationäre Krankenhausbehandlung mit der physischen und organisatorischen Eingliederung des Patienten in das spezifische Versorgungssystem des Krankenhauses Interventionsmöglichkeiten, die bei ambulanter Behandlung nicht gegeben sind. Im Hinblick auf die vielfältigen Übergangsformen zwischen stationärer und ambulanter Behandlung im Krankenhaus erblickt das BSG das maßgebende Merkmal zur Abgrenzung der (voll- und teil-)stationären von der ambulanten Behandlung in der (geplanten) Aufenthaltsdauer. Dies gilt jedenfalls für Operationen. Dagegen soll es bei nicht operativen Behandlungen entscheidend darauf ankommen, in welchem Umfang neben der Dauer der Behandlung der Patient die Infrastruktur des Krankenhauses in Anspruch nimmt. Demnach liegt eine vollstationäre Behandlung vor, wenn die physische und organisatorische Eingliederung des Patienten in das spezifische Versorgungssystem des Krankenhauses sich zeitlich über mindestens einen Tag und eine Nacht erstreckt. Dabei kommt es maßgeblich auf den Behandlungsplan des Krankenhausarztes an. Die Entscheidung zum Verbleib des Patienten über Nacht wird in der Regel zu Beginn der Behandlung getroffen, kann aber im Einzelfall auch noch später erfolgen, so dass aus einer ursprünglich ambulant geplanten Maßnahme eine vollstationäre Behandlung werden kann (vgl. Wahl, jurisPK-SGB V, Auflage: 2. Auflage 2012, Online-Kommentar, § 39 SGB V, Rdnr. 31 ff. m.w.N. zur BSG-Rspr.).
Die Klägerin hat mit ihrem neuen Vortrag eingeräumt, dass der Patient über Nacht für wenigstens 24 Stunden einer besonderen Betreuung bedurfte, für die seine übliche häusliche Umgebung bzw. das betreute Wohnen nicht ausreichend war. Von daher war für die Klägerin schon vor Behandlungsbeginn erkennbar, dass es sich nicht um eine bloße ambulante Behandlung gehandelt hat. Damit war der Tatbestand der ambulanten Behandlung verlassen. Für die hier allein strittige Vergütungsfrage kommt es nicht darauf an, dass nach dem Vortrag der Klägerin der Patient nicht umfassend stationär versorgt worden ist. Dies wird ggf. von den zuständigen Behörden unter dem Gesichtspunkt der Verletzung beruflicher und vertragsärztlicher Pflichten zu prüfen sein, soweit eine wirksame Einwilligung des Patienten nicht vorliegt, kommen u. U. strafrechtliche Tatbestände in Betracht. Nach den im Gerichtsverfahren vorliegenden Unterlagen und der Erörterung in der mündlichen Verhandlung geht die fachkundig mit zwei Zahnärzten besetzte Kammer davon aus, dass eine stationäre Nachsorge im umfassenden Sinne, auch durch eine ärztliche Betreuung, z. B. auch im Hinblick auf die Schmerzmedikation des seinerzeit 71-jährigen Patienten erforderlich war. Insofern folgt die Kammer auch der von der Beklagten vorgelegten Stellungnahme des MKG-Chirurgen Dr. Dr. X., dass solche Eingriffe ausschließlich stationär durchgeführt werden und dass in keinem Fall auch bei ambulanten Eingriffen die Sicherheit des Patienten gefährdet werden darf. Über den medizinischen Standard kann sich der behandelnde Arzt nicht hinwegsetzen, selbst dann nicht, wenn der Wunsch des Patienten bestanden haben sollte, den Eingriff ambulant bzw. in der von der Klägerin geschilderten Weise durchzuführen.
Bei dieser Sach- und Rechtslage konnte letztlich dahinstehen, ob der von der Klägerin geschilderte Operationsverlauf sich tatsächlich so abgespielt hat, da dieser Vortrag von der Klägerin weder im Verwaltungsverfahren noch in dem sich über zwei Instanzen hinziehenden einstweiligen Anordnungsverfahren eingeführt worden ist.
Im Übrigen sind die im Gerichtsverfahren vorgelegten Unterlagen oder Einlassungen, soweit sie medizinische Sachverhalte und damit die Tatsachengrundlagen der streitgegenständlichen Honorarberichtigung betreffen, grundsätzlich nicht mehr zu beachten.
Bei einer reinen Anfechtungsklage ist für die Prüfung der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes grundsätzlich die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung zugrunde zu legen (vgl. zur sachlich-rechnerischen Richtigstellung BSG, Urt. v. 13.03.1991 - 6 RKa 35/89 - SozR 3-2500 § 85 Nr. 2 = MedR 1992, 58 = USK 91111, juris Rdnr. 14; ebs. zum Sonderfall der Plausibilitätsprüfung BSG, Urt. v. 26.01.1994 6 RKa 29/91 - SozR 3-1300 § 45 Nr. 21 = BSGE 74, 44 = USK 94153, juris Rdnr. 15).
Die Kammer hat ferner bereits im die Beteiligten betreffenden Urteil vom 07.07.2010 S 12 KA 768/09 - Berufung anhängig, LSG Hessen zum Az.: L 4 KA 60/10 - folgendes ausgeführt (s. a. Urteil der Kammer vom 07.07.2010 - S 12 KA 440/10 -, Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen durch LSG Hessen, Beschl. v. 10.11.2011 L 4 KA 63/10 NZB -):
"Sind von einem Zahnarzt abgerechnete Leistungen aus den Krankenblättern nicht ersichtlich, so ist zunächst davon auszugehen, dass er diese Leistungen tatsächlich nicht erbracht hat. Es obliegt dann dem Zahnarzt, die Erbringung der von ihm abgerechneten Leistungen nachzuweisen. Eine sachlich-rechnerische Richtigstellung ist gerechtfertigt, wenn die gebührenordnungsgemäßen Leistungen und Abrechnungsvoraussetzungen nicht eingehalten worden sind, die Behandlungsdokumentation Vollständigkeit vermissen lässt und Richtlinienverstöße vorliegen, die im Hinblick auf die Qualitätssicherung der vertragszahnärztlichen Versorgung zu beachten und einzuhalten sind (so LSG Bayern, Urt. v. 07.07.2004 - L 3 KA 510/02- www.sozialgerichtsbarkeit.de = juris Rdnr. 25).
Soweit die Beklagte daher Zweifel an einer ordnungsgemäßen Leistungserbringung hat, hat sie einen Vertragszahnarzt hierzu anzuhören und ihn aufzufordern, einen vollständigen Beweis für die Leistungserbringung zu führen. Maßgeblich sind dann die im Verwaltungsverfahren vorgelegten Urkunden oder sonstigen Nachweise. Die vom Vertragszahnarzt geführte Dokumentation nebst weiteren technischen Aufzeichnungen kann allein vom Vertragszahnarzt vorgelegt werden.
Die vollständige Leistungserbringung ist grundsätzlich bereits mit der Abrechnung nachzuweisen. In Zweifelsfällen kann sie in einem Verwaltungsverfahren nachgereicht werden. Im Gerichtsverfahren kann die Dokumentation weder nachgereicht noch ergänzt werden. Insofern ist auch die Amtsermittlungspflicht beschränkt. Die Amtsermittlungspflicht gilt nur für die Frage, in welchem Umfang im Verwaltungsverfahren Unterlagen vorgelegt wurden und ob diese zum Nachweis der Leistungserbringung ausreichend waren.
Die vollständige Leistungserbringung ist grundsätzlich bereits mit der Abrechnung nachzuweisen (vgl. SG Marburg, Urt. v. 03.06.2009 - S 12 KA 521/08 – juris Rdnr. 27, Berufung anhängig: LSG Hessen - L 4 KA 50/09 -). Ein Vertragszahnarzt ist in zeitlicher Hinsicht darauf beschränkt, seiner Nachweispflicht bis zur Entscheidung der Beklagten als Widerspruchsbehörde nachzukommen. Dies beruht letztlich darauf, dass die Kenntnis solcher möglicherweise entscheidungserheblichen Tatsachen allein in der Sphäre des Vertragszahnarztes liegt, soweit sie nicht offenkundig sind und von Amts wegen erkannt werden können. Bei Zweifeln an der ordnungsgemäßen Leistungserbringung wird der Vertragszahnarzt wieder auf die ursprüngliche Position eines Leistungserbringers zurückgeworfen, auch die ordnungsgemäße Erbringung seiner Leistungen nachzuweisen. Es handelt sich hierbei um ein bloßes Tatsachenvorbringen. Wie im allgemeinen Wirtschaftsleben muss dann der Vertragszahnarzt nachweisen, dass er die Leistung erbracht hat (vgl. bereits zur Wirtschaftlichkeitsprüfung SG Marburg, Urt. v. 25.11.2009 - S 12 KA 137/09 – juris Rdnr. 73 (Berufung anhängig: LSG Hessen - L 4 KA 99/09 -; zum verspäteten Vorbringen in einem Disziplinarverfahren SG Marburg, Urt. v. 25.11.2009 - S 12 KA 137/09 – AZR 2007, 108, juris Rdnr. 43)."
Ausgehend von diesen Grundsätzen (s.a. SG Marburg, Urt. v. 07.07.2010 – S 12 KA 325/09 -) kommt es nicht darauf an, welchen neuen Sachvortrag die Klägerin im gerichtlichen Verfahren vorgelegt hat oder welche fehlenden Unterlagen sie nachgereicht hat.
Neben der Sache liegt die Einlassung des Prozessbevollmächtigten der Klägerin in der mündlichen Verhandlung, die Beklagte habe mit affenartiger Geschwindigkeit über den Fall entschieden, die Unterlagen hätten nicht vorgelegt werden können und die Beklagte habe dies mit Absicht getan. Die Kammer hat mit den Beteiligten in der mündlichen Verhandlung das Verwaltungsverfahren nachgezeichnet und darauf hingewiesen, dass die Klägerin im Widerspruchsschreiben vom 22.11.2011 selbst darum bittet, einen entsprechenden Bescheid ihr zuzuleiten, damit sie hiergegen gerichtliche Hilfe in Anspruch nehmen könne, da sie die Verfahrensweise der Beklagten für unverhältnismäßig und rechtswidrig halte.
Nach allem war die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung. Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
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