L 4 KA 28/05

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
4
1. Instanz
SG Frankfurt (HES)
Aktenzeichen
S 5/29 KA 3649/03
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KA 28/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 23. März 2005 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich des Beigeladenen zu 8 zu tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert wird auf 112.500,00 EUR festgesetzt.

Tatbestand:

Streitig ist die Zulassung des Beigeladenen zu 8 zur vertragsärztlichen Versorgung in einer Gemeinschaftspraxis mit den Beigeladenen zu 9 bis 14.

Der Beigeladene zu 8 ist 1939 geboren. Er ist Laborarzt und Arzt für Mikrobiologie und Infektionsepidemiologie. Nachdem er früher als Vertragsarzt im Bereich der Klägerin zugelassen war, zeitweise vom 1. Oktober 1990 bis zum 30. September 1993 in Gemeinschaftspraxis mit den Beigeladenen zu 9 und 13 sowie weiteren Ärzten, verlegte er seinen Vertragsarztsitz nach BM. (Bayern). Dort war er mit Vertragsarztsitz in der BK. Straße in der Zeit vom 1. Oktober 1993 bis 13. Juli 1997 zugelassen. Die Zulassung ruhte anschließend bis zum 30. September 1997. In der Zeit ab dem 1. Oktober 1997 verlegte er den Praxissitz in die X-Straße und führte diesen als Gemeinschaftspraxis mit Dr. XY. weiter.

Mit Beschluss vom 21. Oktober 1998 entzog ihm der Zulassungsausschuss Unterfranken die vertragsärztliche Zulassung wegen gröblicher Verletzung vertragsärztlicher Pflichten. Ihm wurde zum Vorwurf gemacht, dass er während seiner Zulassung in der BK. Straße nicht in freier Praxis tätig gewesen sei, sondern er habe den Status eines freiberuflichen Vertragsarztes unrechtmäßig erworben und sei für eine ursprünglich in AA. sitzende Laborbetriebsgesellschaft als ärztlicher Geschäftsführer mit Festgehalt tätig gewesen. Den Widerspruch des Beigeladenen zu 8 wies der Berufungsausschuss für Ärzte Bayern mit Beschluss vom 16. Mai 2000 zurück. Dem Antrag auf Anordnung des sofortigen Vollzugs wurde nicht stattgegeben. Gegen diesen Beschluss erhob der Beigeladene zu 8 am 12. Oktober 2000 Klage bei dem Sozialgericht Nürnberg (Az.: S 6 KA 17/00). Mit Beschluss vom 20. Februar 2002 hatte das Sozialgericht Nürnberg (Az.: S 6 KA 22/00 ER) die sofortige Vollziehung der Zulassungsentziehung angeordnet. Auf Beschwerde des Beigeladenen zu 8 hob das Bayerische Landessozialgericht mit Beschluss vom 9. September 2002 (Az.: L 12 B 87/02 ER) den Beschluss des Sozialgerichts Nürnberg wieder auf und lehnte den Antrag auf Anordnung der sofortigen Vollziehung der Zulassungsentziehung ab. Die Klage hat das Sozialgericht Nürnberg mit Urteil vom 15. Dezember 2005, gegen das vom Kläger Berufung eingelegt worden ist, über die noch nicht entschieden ist, abgewiesen. In den Entscheidungsgründen hat das Sozialgericht Nürnberg ausgeführt, der Berufungsausschuss für Ärzte Bayern habe in der Sache zu Unrecht entschieden. Er hätte den Widerspruch des Beigeladenen zu 8 als unzulässig verwerfen müssen, denn der Bescheid des Zulassungsausschusses Unterfranken sei bereits bestandskräftig gewesen.

Am 21. Februar 2003 beantragten die Ärzte der damaligen Gemeinschaftspraxis für Laboratoriumsmedizin, die Beigeladenen zu 9 bis 13 sowie Dr. ZZ. gemeinsam mit dem Beigeladenen zu 8 bei dem Zulassungsausschuss für Ärzte bei der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen (im Folgenden: Zulassungsausschuss) dessen Aufnahme in die Gemeinschaftspraxis. Am 20. März 2003 beantragte der Beigeladene zu 8 seine Zulassung zur vertragsärztlichen Tätigkeit als Arzt für Labormedizin im Planungsbereich C-Stadt. Mit Beschluss vom 25. März 2003 genehmigte der Zulassungsausschuss die Anträge. Dagegen legten die Klägerin am 30. Mai 2003 und die Beigeladene zu 1 am 25. Juni 2003 Widerspruch ein.

Im Rahmen des Widerspruchsverfahrens wurde der Vertrag über die Errichtung einer Gemeinschaftspraxis (im Folgenden: Gesellschaftsvertrag) zwischen dem Beigeladenen zu 8 und den Beigeladenen zu 9 bis 13 sowie Dr. ZZ. vom 30. Juni 2003 vorgelegt. Darin ist unter anderem geregelt, dass der Vertrag spätestens am 31. Dezember 2007 endet (§ 2). Die Gesellschafter verpflichten sich, ihre volle Arbeitskraft der Gemeinschaftspraxis zu widmen. Sie sind einander zur konsiliarischen Tätigkeit verpflichtet (§ 3). Am Kapital und dem Vermögen der Gesellschaft ist der Beigeladene zu 8 nicht beteiligt. Die Beteiligten sind sich einig darüber, dass diese "Nullbeteiligung" daran begründet ist, dass der Beigeladene zu 8 nur für einen vorübergehenden relativ kurzen Zeitraum als Laborarzt in der Gemeinschaftspraxis mitarbeitet. Er besitzt ein Stimmrecht, welches 5 % aller Stimmen entspricht (§ 4). Die Gesellschafter treffen die Entscheidung über grundsätzliche Fragen der Gemeinschaftspraxis im rein ärztlich-medizinischen Bereich gemeinschaftlich mit gleichem Stimmrecht. Jeder Gesellschafter ist berechtigt und verpflichtet, in der Gemeinschaftspraxis mitzuwirken, gegenüber Mitarbeitern die dazu erforderlichen Weisungen zu erteilen und diese zu überwachen. Jeder Gesellschafter ist dafür verantwortlich, dass sämtliche Arbeitsergebnisse erst nach Prüfung und Genehmigung durch einen Arzt an die ärztlichen Auftraggeber oder Patienten ausgehändigt werden. Im nichtärztlichen Bereich wird im Benehmen mit den Gesellschaftern gemäß dem jeweiligen Stimmrecht abgestimmt. Zum alleingeschäftsführenden Gesellschafter wird Dr. D. ernannt (§ 5). Die Gesellschafter unterrichten sich gegenseitig laufend über die Angelegenheiten der Gemeinschaftspraxis (§ 6). Die freie Arztwahl wird durch alle Gesellschafter gewährleistet (§ 7). Die Gewinnentnahme von dem Beigeladenen zu 8 wird auf einen Jahresbetrag von 30.000,00 EUR festgelegt. Diese Entnahmen entsprechen dem Umfang der Mitarbeit des Beigeladenen zu 8 in der Gemeinschaftspraxis, wie es die Vertragspartner vereinbart haben (§ 12). Die Gemeinschaftspraxis schließt für jeden Gesellschafter eine Berufshaftpflichtversicherung ab. Für Haftpflichtfälle vereinbaren die Gesellschafter im Innenverhältnis, dass jeder für von ihm verschuldete Haftpflichtfälle allein eintritt, soweit die Haftpflichtversicherung den Schaden nicht deckt (§ 13). Jedem Gesellschafter steht ein Erholungsurlaub von 28 Arbeitstagen unter gegenseitiger Vertretung zu (§ 14). Jeder Gesellschafter sorgt selbst für seine Kranken- und Berufsunfähigkeitsversicherung. Bei Erkrankung eines Gesellschafters ist die Gemeinschaftspraxis befugt, ab dem dreiundvierzigsten Krankheitstag eine Praxisvertretung mit üblicher Vergütung einzustellen, wobei die Aufwendungen zulasten des erkrankten Gesellschafters gehen (§ 15). Bei Ausscheiden des Beigeladenen zu 8 erfolgt zu dessen Gunsten weder eine Rückvergütung noch die Abgeltung für einen Vermögenszuwachs (§ 16). Wegen der Einzelheiten der übrigen vertraglichen Bestimmungen wird auf die Blätter 40 bis 46 der Verwaltungsakte des Beklagten Bezug genommen.

Die Widersprüche wies der Beklagte mit Beschluss vom 30. Juli 2003 zurück. Den Antrag des Beigeladenen zu 8 auf Sofortvollzug der Entscheidung lehnte der Beklagte dabei ab. In den Gründen legte der Beklagte dar, dass der Beigeladene zu 8 gemäß §§ 95 und 95a des Fünften Buches des Sozialgesetzbuches (SGB V) als Vertragsarzt zuzulassen sei, weil er als Laborarzt die notwendigen Voraussetzungen erfülle und Zulassungsbeschränkungen für Laborärzte nicht bestehen würden. Zwar sei nach § 98 Abs. 2 Nr. 12 SGB V und § 25 der Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV) die Zulassung eines Arztes ausgeschlossen, der das 55. Lebensjahr vollendet habe. Die Zulassungsgremien könnten von dieser Vorschrift in Ausnahmefällen jedoch abweichen, wenn dies zur Vermeidung von unbilligen Härten erforderlich sei. Zwar habe der Beigeladene zu 8 das 55. Lebensjahr überschritten. Hierbei sei jedoch zu beachten, dass er nach wie vor in BM. zugelassener Vertragsarzt sei und eine Neuzulassung nur deshalb erforderlich sei, weil er aus dem Zulassungsbezirk Unterfranken in den Zulassungsbezirk der Klägerin wechsle. Sofern eine Neuzulassung nahtlos an eine bis dahin bestehende Zulassung in einem anderen Zulassungsbezirk anknüpfe, sei ein Ausnahmefall im Sinne des § 25 Ärzte-ZV zu bejahen. Auch die Regelung des § 21 Ärzte-ZV, wonach ein Arzt für die Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit ungeeignet sei, wenn in seiner Person schwerwiegende Mängel festgestellt worden seien, ständen einer Zulassung des Beigeladenen zu 8 nicht entgegen. Zwar hätten die Zulassungsgremien in Bayern die Zulassung entzogen, weil diese davon ausgegangen seien, dass der Beigeladene zu 8 in BM. in Wahrheit eine freie vertragsärztliche Tätigkeit nicht ausgeübt habe, so dass die Zulassung erschlichen worden sei. Diese Feststellungen könnten jedoch nicht übernommen werden, weil die Überprüfung der zur Zulassungsentziehung führenden Tatsachen durch das Sozialgericht Nürnberg noch nicht erfolgt sei. Soweit die Widersprüche sich gegen die Zulassung des Beigeladenen zu 8 zu der Gemeinschaftspraxis wendeten, seien sie ebenfalls unbegründet. Zwar ergebe sich aus dem Gemeinschaftsvertrag vom 30. Juni 2003 zu Gunsten des Beigeladenen zu 8 lediglich ein Jahresentgelt von 30.000,00 EUR. Ebenfalls sei der Beigeladene zu 8 am Kapital und dem Vermögen nicht beteiligt und er habe ein Stimmrecht, welches lediglich 5 % aller Stimmen entspreche. Zu berücksichtigen sei jedoch, dass die Gesellschafter die Entscheidung über grundsätzliche Fragen der Gemeinschaftspraxis im rein ärztlich-medizinischen Bereich gemeinschaftlich mit gleichem Stimmrecht treffen würden. Aufgrund dieser Regelung könne nicht davon ausgegangen werden, dass der Beigeladene zu 8 in Wahrheit nicht in freier vertragsärztlicher Tätigkeit in die Gemeinschaftspraxis eingebunden sei.

Dagegen hat die Klägerin am 14. Oktober 2003 Klage bei dem Sozialgericht Frankfurt am Main erhoben.

Der Beigeladene zu 8 hat am 17. November 2003 bei dem Sozialgericht Frankfurt am Main einen Antrag auf Anordnung des Sofortvollzuges des Beschlusses vom 30. Juli 2003 gestellt. Mit Beschluss vom 16. Januar 2004 hat das Sozialgericht den Sofortvollzug des Beschlusses vom 30. Juli 2003 angeordnet (Az.: S 29 KA 4111/03 ER). Die dagegen von der Klägerin am 11. März 2004 eingelegte Beschwerde hat das Hessische Landessozialgericht mit Beschluss vom 18. November 2004 (Az.: L 7 KA 32/04 ER) zurückgewiesen. Die Anhörungsrüge/Gegenvorstellung der Klägerin vom 7. Januar 2005 ist von dem Hessischen Landessozialgericht mit Beschluss vom 12. April 2005 als unzulässig verworfen worden.

Mit Urteil vom 23. März 2005 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen ist das Sozialgericht der Begründung des Beschlusses des Beklagten gefolgt und hat ergänzend ausgeführt, dass wegen der Problematik der früheren Verletzung vertragsärztlicher Pflichten in BM. auf das Kriterium der "Bewährungszeit" von fünf Jahren hinzuweisen sei. Im Lichte der Berufsfreiheit des Artikels 12 Grundgesetz (GG) würden die dem Beigeladenen zu 8 vorgeworfenen Verstöße nicht so schwer wiegen, dass hierauf noch eine Versagung der Zulassung gestützt werden könne, zumal Nachweise über vertragsärztliche Verfehlungen des Beigeladenen zu 8 in der Zeit seiner Tätigkeit in Bayern ab Oktober 1997 nicht vorliegen würden. Aufgrund der vertraglichen Regelungen hinsichtlich der Gemeinschaftspraxis stehe fest, dass der Beigeladene zu 8 einen freien Beruf in freier Praxis selbstständig ausübe. Es könne - gerade noch - angenommen werden, dass eine abhängige Beschäftigung - noch - nicht vorliege. Denn bezogen auf seine Arbeitskraft trage der Beigeladene zu 8 ein erhebliches wirtschaftliches Risiko, wenn er bei seiner Erkrankung befugt sei, vom dreiundvierzigsten Krankheitstag an eine Praxisvertretung zu üblicher Vergütung einzustellen, und die diesbezüglichen Aufwendungen dann zu seinen Lasten gingen. Ein solches Risiko habe ein abhängig Beschäftigter nicht zu tragen. Hinzu komme, dass unter dem Aspekt der Nullbeteiligungsgesellschaft ausnahmsweise von einer Beteiligung am Wert der Praxis und an ihrem Gewinn und Verlust abgesehen werden könne. Die vorliegende Fallgestaltung sei der akzeptierten Ausnahmefallgestaltung des Eintritts eines jungen Arztes in eine bestehende Arztpraxis wertungsmäßig vergleichbar. Denn die Tätigkeit in der Gemeinschaftspraxis sei von vornherein zeitlich befristet, denn sie ende zum 31. Dezember 2007, wenn der Beigeladene zu 8 das 68. Lebensjahr vollendet und damit die Altersgrenze für seine Zulassung erreicht habe. Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass er seine vertragsärztliche Tätigkeit in der Gemeinschaftspraxis erst am 1. April 2004 habe aufnehmen können, beschränke sich seine Tätigkeit damit auf einen Zeitraum von drei Jahren und neun Monaten. Zwar sei bei dem Beigeladenen zu 8 das Stimmrecht insoweit reduziert, als es mit 5 % niedriger sei als beim Anteil, der bei insgesamt sieben Ärzten in der Gemeinschaftspraxis bei Unterstellung grundsätzlich gleicher Anteile pro Kopf auf ihn entfallen würde. Allerdings sei ausschlaggebend die weitere Regelung, dass die Gesellschafter die Entscheidung über grundsätzliche Fragen der Gemeinschaftspraxis im rein ärztlich-medizinischen Bereich gemeinschaftlich mit gleichem Stimmrecht treffen würden. Jeder Gesellschafter sei zudem berechtigt und verpflichtet, in der Gemeinschaftspraxis mitzuwirken und dabei gegenüber Mitarbeitern die dazu erforderlichen Weisungen zu erteilen und diese zu überwachen, so dass dem Beigeladenen zu 8 auch ein diesbezügliches Direktionsrecht zustehe. Der Beigeladene zu 8 sei danach als Mitglied der Gemeinschaftspraxis in der Gestaltung seiner ärztlichen Tätigkeit, also bei der Bestimmung des Inhalts und Umfangs seiner Behandlungstätigkeit gegenüber den Patienten tatsächlich völlig frei und unmittelbar selbst verantwortlich.

Gegen das der Klägerin am 25. Juli 2005 mit Empfangsbekenntnis zugestellte Urteil hat diese am 15. August 2005 Berufung zum Hessischen Landessozialgericht eingelegt.

Zwischenzeitlich hat der Beigeladene zu 8 die Genehmigung der Anstellung in einem Medizinischen Versorgungszentrum beantragt. Der Zulassungsausschuss hat diesen Antrag genehmigt. Über den Widerspruch der Klägerin dagegen hat der Beklagte noch nicht entschieden.

Die Klägerin vertritt die Auffassung, der Beigeladene zu 8 übe seine vertragsärztliche Tätigkeit gemäß § 32 Abs. 1 Ärzte-ZV nicht in freier Praxis aus. Dies ergebe sich aus dem Gesellschaftsvertrag vom 30. Juni 2003. Denn der Beigeladene zu 8 sei weder an den materiellen und ideellen Werten der Praxis noch am Gewinn und Verlust beteiligt. Er trage kein unternehmerisches Risiko. Er habe nur eine untergeordnete gesellschaftsrechtliche Stellung mit geringen Einflussmöglichkeiten. Ein unabhängiges Tätigwerden im Sinne ärztlicher Therapiefreiheit sei damit nicht gewährleistet. Die im Vertrag vereinbarte Gewinnentnahme in Höhe von 30.000,00 EUR jährlich unterscheide sich nicht von einem monatlich festen Gehalt, so dass diese Art der Vergütung einer gleichbleibenden Vergütung entspreche. Der Beigeladene zu 8 halte lediglich ein 5 %iges Stimmrecht, welches keine Rechte am Gesamthandsvermögen der Gesellschaft begründe. Die Voraussetzungen für eine ausnahmsweise zulässige "Nullbeteiligung" seien nicht gegeben. Denn eine wertungsmäßige Vergleichbarkeit zum Eintritt eines jungen Arztes in eine Gemeinschaftspraxis könne nicht angenommen werden. Denn bei jungen Ärzten solle ein Einstieg aufgrund der begrenzten finanziellen Mittel zu Beginn ihrer beruflichen Tätigkeit erleichtert werden. So solle für eine Übergangszeit von bis zu drei Jahren eine materielle Beteiligung an einer Gemeinschaftspraxis nicht zwingend erforderlich sein. Der Beigeladene zu 8 sei aber bereits seit 1975 als Vertragsarzt zugelassen. In der Gemeinschaftspraxis Dres. D. u.a. sei er bereits drei Jahre lang vertragsärztlich tätig gewesen. Es sei ihm aufgrund fehlender Zulassungsbeschränkungen unbenommen gewesen, jederzeit eine eigene Zulassung zu beantragen. Das dem Beigeladenen zu 8 zustehende gleiche Stimmrecht im ärztlichen Bereich sei allein nicht ausreichend, um die geforderte ärztliche Therapiefreiheit zu gewährleisten. Denn es könne von vornherein nicht beurteilt werden, ob und bei welchen Entscheidungen der Gesellschaft der Beigeladene zu 8 mitwirken könne. Es sei daher nicht anzunehmen, dass die vertragsärztliche Tätigkeit tatsächlich weisungsfrei erfolgt.

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 23. März 2005 sowie den Beschluss des Beklagten vom 30. Juli 2003 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,
die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Der Beklagte ist der Auffassung, die Klägerin übersehe das im Hinblick auf Artikel 12 GG gewährleistete Recht auf freie Berufsausübung. Außerdem sei darauf hinzuweisen, dass der Gesellschaftsvertrag zwischen den Ärzten der Gemeinschaftspraxis ein privatrechtlicher Vertrag sei, der im Rahmen der gesetzlichen Ordnung wie jeder Privatvertrag frei ausgestaltet werden könne. Außerdem handele es sich vorliegend bei dem Beigeladenen zu 8 um einen Laborarzt, der in aller Regel keinen persönlichen Kontakt zu Patienten und deren Behandlungen herstelle. Weiter sei das Alter des Beigeladenen zu 8 und das schon jetzt feststehende Ausscheiden aus der Praxis gemäß § 95 Abs. 7 SGB V zu berücksichtigen. Es sei daher zu fragen, wie und warum sich ein Vertragsarzt an den materiellen und ideellen Werten einer Gemeinschaftspraxis zu beteiligen habe, wenn ihm im Juli 2003 eine bis heute nicht bestandskräftige Zulassung erteilt werde, die im Dezember 2008 (gemeint ist wohl Dezember 2007) gemäß gesetzlicher Vorschriften entfalle. Keinesfalls könne aus einer Nichtbeteiligung an den genannten Gemeinschaftswerten geschlossen werden, damit sei die wirtschaftliche Unabhängigkeit des Vertragsarztes gefährdet. Ebenso wenig ergebe sich daraus eine fachliche Abhängigkeit, die mit einer vertragsärztlichen Tätigkeit nicht zu vereinbaren wäre. Es sei nicht erkennbar, inwieweit ein Laborarzt bei seiner fachärztlichen Tätigkeit hinsichtlich der befundeten Laborergebnisse und deren Beurteilung in seiner beruflichen Unabhängigkeit beeinträchtigt werden sollte, weil er am Vermögen der Gemeinschaftspraxis nicht beteiligt sei. Auch aus der Höhe der Vergütung könne nicht darauf geschlossen werden, dass der Beigeladene zu 8 faktisch als Angestellter in der Praxis tätig sei. Die Ausführungen der Klägerin, der Beigeladene zu 8 hätte jederzeit als zugelassener Vertragsarzt seinem Beruf nachgehen können, erscheine realitätsfern, denn jeder vernünftig kalkulierende Arzt würde sich mit 66 Jahren keine neue Praxis als Laborarzt einrichten, wenn sein Ausscheiden aus der vertragsärztlichen Tätigkeit in zwei Jahren feststehe.

Der Beigeladene zu 8 beantragt,
die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Er vertritt die Meinung, die Berufung sei offensichtlich verfristet. Denn es könne kaum angehen, dass das Empfangsbekenntnis, welches unter dem 25. Juli 2005 handschriftlich als empfangen von der Klägerin datiert worden sei, tatsächlich erst an diesem Tage bei der Klägerin eingegangen sei. Denn den anderen Beteiligten sei das Urteil des Sozialgerichts bereits zwischen dem 1. Juli 2005 und dem 8. Juli 2005 zugestellt worden. Im Übrigen sei die Entscheidung des Sozialgerichts zutreffend.

Die übrigen Beteiligten haben sich nicht geäußert.

Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen sowie wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Verwaltungsakten des Beklagten, die beigezogenen Akten betreffend das Verfahren der einstweiligen Anordnung (Az.: S 29 KA 4111/03 ER bzw. L 7 KA 32/04 ER) sowie die Gerichtsakten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig. Insbesondere ist sie innerhalb der gesetzlichen Frist gemäß § 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) von einem Monat nach Zustellung des Urteils bei dem Landessozialgericht eingelegt worden. Das Urteil des Sozialgerichts ist der Klägerin gemäß § 63 Abs. 2 SGG i.V.m. § 174 Zivilprozessordnung (ZPO) gegen Empfangsbekenntnis zugestellt worden. Diese Zustellungsart ist zulässig, denn Behörden, Körperschaften oder Anstalten des öffentlichen Rechts werden im Gesetzeswortlaut des § 174 Abs. 1 ZPO ausdrücklich genannt. Dieses Empfangsbekenntnis trägt den Eingangsstempel der "KVH-Landesstelle" vom 25. Juli 2005. Außerdem ist handschriftlich das Datum des 25. Juli 2005 im Text des vorgedruckten Formulars eingefügt worden. Das Empfangsbekenntnis trägt weiter eine Unterschrift und den Stempel der Klägerin. Das Empfangsbekenntnis liefert vollen Beweis der Zustellung an dem auf ihm angegebenen Datum. Dieser dort bekundete Zeitpunkt der Zustellung erbringt als öffentliche Urkunde den vollen Beweis für den Zeitpunkt der Zustellung. Dieser Zeitpunkt kann nur durch den zweifelsfreien Nachweis seiner Unrichtigkeit widerlegt werden (h.M.; vgl. etwa zuletzt BSG, Beschluss vom 16. November 2005, B 2 U 342/04 B; Beschluss vom 8. Juli 2002, B 3 P 3/02 R; Meyer-Ladewig, SGG, § 63 Rdnr. 8 e). Aus der Tatsache, dass das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main bereits zu - unterschiedlichen - früheren Zeitpunkten an die übrigen Beteiligten zugestellt worden ist, kann nicht geschlossen werden, dass der Zustellungszeitpunkt am Anfang 20. Juli 2005 unrichtig ist. Ebenso wenig kommt es auf die Vermutung des Beigeladenen zu 8 an, dass die Klägerin schon häufiger den Zustellungszeitpunkt derartiger Empfangsbekenntnisse "geschoben" habe. Schließlich ist die Frage, ob bei dem Sozialgericht ein Postausgangsfach besteht, worin die Post gesammelt und von einem Vertreter der Klägerin ein bis zweimal pro Woche abgeholt oder ob diese Post postalisch an die Klägerin versandt wird, von vornherein nicht geeignet, den zweifelsfreien Nachweis der Unrichtigkeit des auf dem Empfangsbekenntnis angebrachten Datums zu führen.

Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Das Urteil des Sozialgerichts ist ebenso wie der Beschluss des Beklagten vom 30. Juli 2003 rechtmäßig. Die Klägerin wird hierdurch nicht in ihren Rechten verletzt. Zu Recht ist dem Beigeladenen zu 8 die Zulassung zur vertragsärztlichen Tätigkeit erteilt und die gemeinsame vertragsärztliche Tätigkeit mit den Beigeladenen zu 9 bis 13 und Dr. ZZ. genehmigt worden. Dass der Beigeladene zu 8 die Voraussetzungen der §§ 95, 95a SGB V erfüllt, ist zwischen den Beteiligten nicht streitig. Die Arztgruppe der Laborärzte unterliegt auch nach wie vor keiner Bedarfsplanung und somit keiner Zulassungsbeschränkung. Zwar hatte der im Jahre 1939 geborene Beigeladene zu 8 bereits bei der Antragstellung das 55. Lebensjahr vollendet, was gemäß § 98 Abs. 2 Nr. 12 SGB V i.V.m. § 25 Ärzte-ZV einer Zulassung grundsätzlich entgegenstehen könnte. Zwischen den Beteiligten besteht allerdings kein Streit, dass vorliegend ein Härtefall im Sinne des § 25 S. 2 Ärzte-ZV gegeben ist, weil die derzeitige Zulassung des Beigeladenen zu 8 nahtlos an eine Zulassung in Bayern anknüpft. Diese Nahtlosigkeit ist bereits deshalb anzunehmen, weil die Entziehung der vertragsärztlichen Zulassung durch den Berufungsausschuss für Ärzte Bayern gerichtlich angefochten war. Die Zulassung eines Vertragsarztes endet jedoch erst mit der Rechtskraft der Entscheidung (vgl. Hess in: Kasseler Kommentar, § 95 SGB V Rdnr. 86). Die Zulassungsentziehung, die in Bayern erfolgt ist, ist noch immer nicht bestandskräftig, denn gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 15. Dezember 2005 hat der Beigeladene zu 8 Berufung eingelegt. Letztlich kommt es aber darauf nicht an, da er zum Zeitpunkt der Entscheidung des Sozialgerichts Nürnberg bereits im Besitz einer erneuten Zulassung gewesen ist.

Es kommt auch nicht darauf an, ob die der Zulassungsentziehung durch die bayerischen Behörden zugrunde liegenden Tatsachen zugetroffen haben oder nicht. Insoweit hat das Sozialgericht Nürnberg die am 12. Oktober 2000 erhobene Klage mit Urteil vom 15. Dezember 2005 lediglich aus formalen Gründen abgewiesen. Wird einem Vertragsarzt die Zulassung wegen gröblicher Verletzung vertragsärztlicher Pflichten entzogen, so wird damit gleichzeitig ein Hinderungsgrund für eine erneute Zulassung wegen schwer wiegender Mängel in der Person des Arztes geschaffen (vgl. Hess in: Kasseler Kommentar, § 95 SGB V Rdnr. 47). Abhängig von der Schwere des Verstoßes und des Verhaltens des Arztes nach Entstehung der Zulassung entsteht nach einer "Bewährungszeit" erneut ein Anspruch auf Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung. Nach der Rechtsprechung des BSG, der der Senat folgt, darf eine "Bewährungszeit" von fünf Jahren nur in besonders gravierenden Fällen überschritten werden, da es sich bei der Entziehung der Kassenzulassung um einen sehr schweren Eingriff in das Recht des niedergelassenen Arztes auf freie Berufsausübung handelt und in vielen Fällen schon eine kürzere Zeit genügt, um festzustellen, ob der Arzt wieder für die vertragsärztliche Versorgung geeignet ist (vgl. BSG, Urteil vom 29. Oktober 1986, 6 RKa 32/86). Vorliegend ist der Zeitraum vom 1. Oktober 1993 bis 13. Juli 1997, in dem der Beigeladene zu 8 in BM., BK. Straße, als Vertragsarzt zugelassen war, Gegenstand der Zulassungsentziehung gewesen. Sowohl aus der danach folgenden Zeit ab 1. Oktober 1997, als er in Gemeinschaftspraxis mit Dr. XY. in BM., X-Straße, tätig war, als auch in seiner jetzigen Tätigkeit als Laborarzt in C-Stadt sind keine Hinweise von den Beteiligten gegeben worden oder sind entsprechende Anhaltspunkte erkennbar, die auf eine erneute gröbliche Verletzung vertragsärztlicher Pflichten hinweisen würden. Nach einem Zeitraum von über neun Jahren seit Beendigung der Tätigkeit in BM., BK. Straße, kann es daher im Ergebnis nicht darauf ankommen, ob die damaligen Vorwürfe gegenüber dem Beigeladenen zu 8 zugetroffen haben oder nicht.

Das Sozialgericht geht in seiner Entscheidung zu Recht davon aus, dass hier die Voraussetzungen des § 98 Abs. 2 Nr. 13 SGB V i.V.m. § 32 Abs. 1 Ärzte-ZV vorliegen, wonach der Beigeladene zu 8 seine vertragsärztliche Tätigkeit als freien Beruf in einer Gemeinschaftspraxis ausübt. Der Senat sieht von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe insoweit ab, weil er die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist (§ 153 Abs. 2 SGG).

Ergänzend weist der Senat noch auf folgende Gesichtspunkte hin: Ausgangspunkt ist, dass der ärztliche Beruf kein Gewerbe, vielmehr nach seiner Natur ein freier Beruf ist (vgl. § 1 Abs. 1 (Muster)-Berufsordnung für die deutschen Ärztinnen und Ärzte). § 98 Abs. 2 Nr. 13 SGB V spricht von den Grundsätzen der Ausübung eines freien Berufes der Vertragsärzte, § 32 Abs. 1 S. 1 Ärzte-ZV geht davon aus, dass der Vertragsarzt die vertragsärztliche Tätigkeit persönlich in freier Praxis auszuüben hat. Im Rahmen der Regelungen der ärztlichen Gemeinschaftspraxis legt § 33 Abs. 2 S. 2 Ärzte-ZV fest, dass die Genehmigung u.a. nur versagt werden darf, wenn die Versorgung der Versicherten beeinträchtigt wird. Der so genannte "freie Beruf" ist als Typusbegriff gesetzlich nicht definiert. Folgende Merkmale prägen ihn: der persönliche Einsatz bei der Berufsausübung; die Erwartung und Forderung, dass die Berufsauffassung eines Freiberuflers nicht egoistisch, sondern altruistisch ist, so dass die Tätigkeit nicht ausschließlich zur Gewinnerzielung, also gewerblich, erfolgen soll; das Verbot berufswidriger Werbung; das Erfordernis einer qualifizierten Ausbildung und/oder einer schöpferischen Befähigung für die Berufsausübung; ein besonderes Vertrauensverhältnis zu Patient, Klient, Mandant oder Auftraggeber; die Weisungsunabhängigkeit und Eigenverantwortung; die wirtschaftliche Selbstständigkeit in der Berufsstellung; die Erbringung ideeller Leistungen und Lieferungen; schließlich die Errichtung von Kammern mit den Befugnissen zur Rechtsetzung und zur Ausübung einer Berufsgerichtsbarkeit (vgl. Butzer, MedR 2001, 604 (610) m.w.N.). Dabei kommt inhaltlich insbesondere den Merkmalen "wirtschaftliche Selbstständigkeit", "Nichtgewerblichkeit" sowie "Weisungsunabhängigkeit und Eigenverantwortung" bei der Berufsausübung Bedeutung zu. Auf den Arztberuf bezogen wird damit ein Berufsbild umrissen, demzufolge jedwede ärztliche Berufsausübung frei sein muss von Weisungen durch Nichtärzte. Der Arzt muss berechtigt sein, selbstständig über die Aufnahme und die Beendigung einer Behandlung zu entscheiden (Butzer, a.a.O.). Für die Frage, ob eine selbstständige Berufsausübung vorliegt oder in Wirklichkeit nur eine abhängige Beschäftigung ist vor diesem Hintergrund maßgeblich, dass der Vertragsarzt als Mitglied der Gemeinschaftspraxis in der Gestaltung seiner ärztlichen Tätigkeit, also bei der Bestimmung des Inhalts und Umfangs seiner Behandlungstätigkeit gegenüber den Patienten, völlig frei und unmittelbar selbst verantwortlich ist. Er darf nicht direkt oder indirekt durch gesellschaftsrechtliche Verpflichtungen gezwungen sein, seine Behandlung unter Berücksichtigung von Vorgaben und Bindungen auszuüben, die sich aus dem Gesellschaftsvertrag ergeben (Engelmann, Festschrift 50 Jahre BSG, 2004, 429 (453)). Bei der Bewertung sind Kriterien wie die Beteiligung am materiellen und ideellen Wert einer Praxis, die Regelungen über die Gewinn- und Verlustbeteiligung, das Tragen eines Unternehmerrisikos, die Ausgestaltung der gesellschaftlichen Stellung (Stimmrechtsanteile, Geschäftsführung), die Ausübungsbefugnis des Direktionsrechts gegenüber den sonstigen Angestellten der Gemeinschaftspraxis, Tätigkeitsumfang und Vergütung in Betracht zu ziehen (Engelmann, a.a.O.).

Vorliegend sprechen die gesellschaftsvertraglichen Vereinbarungen des Inhalts, dass ein festes Entgelt unabhängig vom wirtschaftlichen Umsatz gezahlt wird, der Beigeladene zu 8 darüber hinaus weder am Gewinn noch am Verlust oder am materiellen und am ideellen Wert der Praxis beteiligt ist ebenso wie die Tatsache, dass im Falle des Ausscheidens kein Ausgleich zu erfolgen hat, für eine abhängige Stellung. Entscheidend ist dies allerdings nach der Auffassung des Senats nicht. Denn in der Ausübung seiner ärztlichen Tätigkeit ist der Beigeladene zu 8 keinerlei Weisungen unterworfen. Vielmehr übt er nach dem Gesellschaftsvertrag gegenüber den nichtärztlichen Mitarbeitern typische Arbeitgeberfunktionen wie Weisungsrechte aus. Eine Arbeitszeit und ein Arbeitsgebiet kann dem Beigeladenen zu 8 nicht vorgegeben werden. Die Ärzte der Gemeinschaftspraxis sind insoweit einander gleichberechtigt. Jeder hat in den ärztlich-medizinischen Fallgestaltungen das gleiche Mitspracherecht.

Gesellschaftsrechtlich ist der Ausschluss eines Gesellschafters vom Vermögen der BGB-Gesellschaft, ein Ausschluss vom Gewinn sowie ein Ausschluss der Teilhabe am Vermögenszuwachs zulässig (vgl. Gummert/Meier, MedR 2007, 1 ff.; Butzer, a.a.O., 604 ff.; Goette, MedR 2002, 1 ff., jeweils m.w.N.).

Im ärztlichen Bereich wird diese Problematik insbesondere hinsichtlich der Fallkonstellationen diskutiert, wenn jüngere Ärzte in eine Gemeinschaftspraxis eintreten. Bezüglich dieser Fallgruppe entspricht es der herrschenden Literaturmeinung, dass bei Gründung beziehungsweise Eintritt in eine Gemeinschaftspraxis während einer Erprobungs- und Anlaufphase keine Beteiligung des neu eintretenden Vertragsarztes am Vermögen der Gesellschaft zu verlangen ist. Der Zeitraum einer üblichen Anlaufphase wird auf zwei bis drei Jahre befristet (vgl. Gummert/Meier, a.a.O., S. 7; Engelmann, a.a.O., S. 456; Wigge, NZS 2001, 293 (295); Schallen, Zulassungsverordnung, 4. Aufl. 2004, Rdnr. 835; vergleiche zum Ganzen auch Beschluss des LSG Niedersachsen-Bremen vom 13. August 2002, L 3 KA 161/02 ER). Dabei knüpft diese Auffassung zunächst an einer (älteren) BSG-Entscheidung an, wonach ein Arzt bei einer vertragsärztlichen Niederlassung in einer Gemeinschaftspraxis nicht (Mit-)Eigentum an den Praxisräumen oder an der Praxiseinrichtung besitzen muss (BSG, Urteil vom 16. März 1973, 6 RKa 23/71). Bedeutsam wird dieser Gesichtspunkt aber bei dem Ausscheiden eines Partners aus einer Gemeinschaftspraxis in wegen Überversorgung gesperrten Planungsbereichen bei der dann vorzunehmenden Nachbesetzung des Vertragsarztsitzes. Denn es müsse ein Praxissubstrat vorhanden sein, damit eine Nachbesetzung gemäß § 103 Abs. 6 i.V.m. Abs. 4 SGB V überhaupt erfolgen könne (Engelmann, a.a.O., S. 456). Daher wird zum Teil verlangt, dass nach Ablauf dieses Zeitraums ein Hineinwachsen in eine Beteiligung am materiellen Wert der Praxis erforderlich ist (Engelmann, a.a.O., S. 457). Von anderer Seite wird in diesem Zusammenhang für ausreichend erachtet, wenn dem minderberechtigten Arzt die Möglichkeit eingeräumt wird, dass er im Falle seines Ausscheidens seine ärztliche Tätigkeit ohne räumliches oder zeitliches Wettbewerbsverbot fortsetzen und zu diesem Zweck seine bisherigen Patienten besonders ansprechen kann. Mit einer solchen Regelung würde der immaterielle Wert, den eine ärztliche Gemeinschaftspraxis hat, zwischen den Gesellschaftern nicht in unangemessener oder sogar zur Anwendbarkeit des § 138 BGB führender Weise geteilt (Butzer, a.a.O., S. 612; vergleiche auch Gummert/Meier, a.a.O., S. 7).

Vorliegend ist die Interessenslage im Ausgangspunkt vergleichbar. Zwar handelt es sich hier bei dem Beigeladenen zu 8 nicht um einen jungen Arzt, der beruflich erst Fuß fassen will. Aufgrund des gesetzlich vorgesehenen Ausscheidungszeitpunktes gemäß § 95 Abs. 7 SGB V nach Vollendung des 68. Lebensjahres konnten alle Gesellschafter sicher voraussetzen, dass der maximal zeitlich mögliche Zeitraum für ein Tätigsein des Beigeladenen zu 8 viereinhalb Jahre, real aber wegen des späteren Eintritts nur drei Jahre und neun Monate betrug. Die Gesellschafter haben dies in § 4 des Gesellschaftsvertrages auch näher begründet, wenn sie vereinbart haben, "dass diese "Nullbeteiligung" daran begründet ist, dass Dr. A. nur für einen vorübergehenden relativ kurzen Zeitraum als Laborarzt in der Gemeinschaftspraxis mitarbeitet". Damit wird ein Bedürfnis der Gesellschafter nachvollziehbar, bereits zum Eintrittszeitpunkt eine Klärung herbeizuführen, unter welchen Bedingungen die Gemeinschaftspraxis mit dem Beigeladenen zu 8 zu Stande und nach diesem verhältnismäßig kurzen Zeitraum auch ohne ihn fortgeführt werden sollte. Es begegnet daher keinen rechtlichen Bedenken, wenn die Gesellschafter - möglicherweise komplizierte - vermögensrechtliche Auseinandersetzungen vor diesem Hintergrund von vornherein vermeiden wollten. Die in der Literatur erörterte Problematik der Nachbesetzung des Vertragsarztsitzes gemäß § 103 Abs. 6 i.V.m. Abs. 4 SGB V stellt sich in dieser Form vorliegend mangels Zulassungsbeschränkungen für Laborärzte nicht. Die Argumentation der Klägerin, der Beigeladene zu 8 hätte sich mangels Zulassungsbeschränkungen zu jedem Zeitpunkt in eigener Praxis niederlassen können, verkennt, worauf der Beklagte zu Recht hinweist, dass damit für den Beigeladenen zu 8 Investitionen verbunden gewesen wären, die in einem Alter von über 63 Lebensjahren wirtschaftlich offenbar nicht sinnvoll gewesen wären, da sie sich wohl nicht mehr amortisiert hätten.

Der Senat räumt daher weder der fehlenden vermögensrechtlichen Beteiligung noch der Tatsache, dass dem Beigeladenen zu 8 lediglich ein fester Gewinnanteil von 30.000,00 EUR pro Jahr zustehen sollte, vorrangige Bedeutung ein. Entscheidend ist vorliegend, dass dem Beigeladenen zu 8 im Hinblick auf die Ausübung eines "freien Berufes" sowohl in den rein ärztlich-medizinischen Fragen, wie auch in Bezug auf die typischen arbeitgeberischen Direktionsentscheidungen eine völlige Gleichstellung mit den anderen Ärzten der Gemeinschaftspraxis eingeräumt worden ist. So sieht der Gesellschaftsvertrag in § 5 vor, dass die Entscheidungen über grundsätzliche Fragen der Gemeinschaftspraxis im rein ärztlich-medizinischen Bereich gemeinschaftlich mit gleichem Stimmrecht getroffen werden, wobei dieses Stimmrecht nicht übertragbar ist. Jeder Gesellschafter ist danach berechtigt und verpflichtet, gegenüber Mitarbeitern die erforderlichen Weisungen zu erteilen und diese zu überwachen. Jeder Gesellschafter ist dafür verantwortlich, dass sämtliche Arbeitsergebnisse der Praxis erst nach Prüfung und Genehmigung durch einen Arzt an die ärztlichen Auftraggeber oder Patienten ausgehändigt werden. In § 3 des Vertrages ist sichergestellt, dass die Gesellschafter einander zur konsiliarischen Tätigkeit verpflichtet sind und ihre berufliche Tätigkeit mit der Sorgfalt eines gewissenhaften Arztes ausüben. Dieser Gesichtspunkt findet sich auch in § 6 wieder, wonach sich die Gesellschafter gegenseitig laufend über die Angelegenheiten der Gemeinschaftspraxis unterrichten. Die freie Arztwahl wird in § 7 des Gesellschaftsvertrages gewährleistet. Daraus ist ohne weiteres zu entnehmen, dass eine echte und auf gleicher Ebene bezweckte Partnerschaft zwischen den Gesellschaftern gewollt ist. Es ist dem Gesellschaftsvertrag an keiner Stelle zu entnehmen und auch die Klägerin hat hierzu keinen substantiierten Vortrag gehalten, dass der Beigeladene zu 8 nicht frei und eigenverantwortlich in der Praxis als Arzt tätig sein kann. Ebenso ist zur Überzeugung des Senats ausgeschlossen, dass der Beigeladene zu 8 tatsächlich wegen seines verminderten Stimmrechts in sonstigen Belangen der Gemeinschaftspraxis unselbstständig tätig ist. Soweit die Klägerin meint, eine Abgrenzung des "vollen" Stimmrechts mit dem geminderten Stimmrecht von 5 % in sonstigen Fragen sei kaum möglich, ist dies nicht entscheidungserheblich. Es ist nicht Aufgabe des Senats zu überprüfen, wie die sinnvollsten Formulierungen eines Gesellschaftsvertrages lauten mögen. Tatsache ist, dass der Begriff "rein ärztlich-medizinischer Bereich" einer Auslegung möglich ist und damit im Streitfall - notfalls gerichtliche - Klärung herbeigeführt werden kann. Es ist ebenfalls sichergestellt, dass der persönliche Einsatz des Beigeladenen zu 8 bei der Berufsausübung notwendig ist, dass er deshalb nicht, außer im Fall einer langfristigen Erkrankung, durch eine andere Person ersetzt werden kann. Er ist eigenverantwortlich tätig und die Ärzte der Gemeinschaftspraxis sind einander in medizinischer Hinsicht gleichgestellt. Sie haben sich gegenseitig zur konsiliarischen Tätigkeit verpflichtet und unterrichten sich laufend über die Angelegenheiten der Gemeinschaftspraxis. In Bezug auf die Tätigkeit in der Praxis besitzt der Beigeladene zu 8 das Direktionsrecht gegenüber den sonstigen Mitarbeitern, während ihm von Seiten der Mitgesellschafter keine Anweisungen erteilt werden können. Schließlich haben die Gesellschafter vereinbart, dass er die Höhe des Gewinnanteils dem tatsächlichen Umfang der Mitarbeit des Beigeladenen zu 8 entspricht. Damit ist nach Auffassung des Senats sichergestellt, dass auch eine wirtschaftliche Ausbeutung des Beigeladenen zu 8 ausgeschlossen ist. Für eine echte Gesellschafterstellung spricht schließlich auch die Haftungsregelung in § 13 des Gesellschaftervertrages, soweit die Gesellschafter vereinbart haben, dass im Innenverhältnis jeder Gesellschafter allein haftet, soweit die Haftpflichtversicherung Schäden nicht deckt. Für einen angestellten Arzt käme eine derartige Haftungsregelung nicht in Betracht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m. § 154 Abs. 2, 3 VwGO.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.

Die endgültige Streitwertfestsetzung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz. Im Übrigen wird auf den Beschluss vom 5. September 2005 Bezug genommen.
Rechtskraft
Aus
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