S 25 AS 16/08

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Düsseldorf (NRW)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
25
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 25 AS 16/08
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Beklagte wird unter Abänderung des Änderungsbescheides vom 02.08.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.12.2007 verpflichtet, der Klägerin für den Zeitraum 01.09.2007 bis 31.12.2007 weitere Leistungen nach dem SGB II in Höhe von 30,00 EUR monatlich zu gewähren. 2. Die Beklagte erstattet die außergerichtlichen Kosten der Klägerin. 3. Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Unterhaltsanspruch der Klägerin auf die Beklagte übergegangen ist und – bejahendenfalls – ob dennoch bei der Leistungsgewährung an die Klägerin die Versicherungspauschale in Höhe von 30,00 EUR monatlich zu berücksichtigen ist.

Die Klägerin bezieht gemeinsam mit ihren beiden Kindern (13 Jahre und 20 Jahre) Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II).

Zu Gunsten der Klägerin besteht ein titulierter Unterhaltsanspruch gegenüber ihrem geschiedenen Ehemann. Dieser Unterhaltsanspruch beläuft sich nach dem Schlussurteil des Amtsgerichts Nettetal vom 29.05.2002 ab dem 01.01.2002 auf monatlich 550,00 EUR. Nach dem genannten Urteil hatte der geschiedene Ehemann der Klägerin den Unterhalt monatlich im Voraus bis zum 3. eines jeden Monats zu leisten.

Der geschiedene Ehemann der Klägerin kam diesem Unterhaltsanspruch zwar in voller Höhe und regelmäßig nach. Er überwies jedoch den monatlichen Betrag von 550,00 EUR in einem unregelmäßigen Turnus zwischen Monatsanfang und – mitte an die Klägerin.

Die Beklagte berücksichtigte die Unterhaltszahlungen als eigenes Einkommen der Klägerin und setzte hiervon die Versicherungspauschale in Höhe von monatlich 30,00 EUR ab. Aufgrund der dargestellten unregelmäßigen Unterhaltszahlungen teilte die Beklagte aber schließlich dem geschiedenen Ehemann der Klägerin mit, der Unterhaltsanspruch sei auf sie übergegangen, und forderte ihn auf, ab September 2007 die Unterhaltszahlungen an sie vorzunehmen. Dieser Aufforderung kam der geschiedene Ehemann der Klägerin nach.

Mit Änderungsbescheid vom 02.08.2007 bewilligte die Beklagte daraufhin der Klägerin und ihren Kindern Leistungen für den Zeitraum 01.08.2007 bis 31.12.2007. Für den Monat August 2007 berücksichtigte die Beklagte noch die Unterhaltszahlung in Höhe von 550,00 EUR unter Abzug der Versicherungspauschale. Ab 01.09.2007 bis 31.12.2007 bewilligte die Beklagte Leistungen ohne Anrechnung von Unterhalt. Zwar weist der Berechnungsbogen zu diesem Änderungsbescheid auch in diesem Zeitraum noch eine Einkommensbereinigung um 30,00 EUR auf; diese Einkommensbereinigung hat jedoch keine Auswirkung auf die Berechnung des angerechneten Gesamteinkommens in Höhe von 574,02 EUR (308,00 EUR Kindergeld sowie 266,02 EUR bereinigtes Erwerbseinkommen).

Hiergegen erhob die Klägerin mit Datum vom 17.08.2007 Widerspruch und begründete dies damit, die Zahlung der Unterhaltsbeträge an den Leistungsträger geschehe gegen ihren Willen, da in diesem Falle die Versicherungspauschale nicht verrechnet werde. Sie verfüge auch über Einkommen, von dem sie Versicherungen zu zahlen habe.

Den Widerspruch wies die Widerspruchsstelle mit Widerspruchsbescheid vom 12.12.2007, bei dem Bevollmächtigten der Klägerin am 17.12.2007 eingegangen, als unbegründet zurück. Zur Begründung stützte sie sich auf § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB II, wonach Leistungsansprüche der Leistungsempfänger gegen Dritte bis zur Höhe der geleisteten Aufwendungen auf den Leistungsträger übergingen, wenn bei rechtzeitiger Leistung des Dritten die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nicht erbracht worden wären. Unterhaltsansprüche gingen gemäß § 33 Abs. 1 Satz 3 SGB II (in der damaligen Fassung, jetzt Satz 4) über. Die Voraussetzungen hierfür lägen auch vor. Die Klägerin habe für die Zeit des Leistungsbezuges einen Unterhaltsanspruch gegenüber ihrem geschiedenen Ehemann gehabt. Hätte dieser rechtzeitig entsprechende Unterhaltszahlungen erbracht, hätten Leistungen nach dem SGB II in Höhe des Unterhalts nicht gewährt werden müssen. Daher seien die Unterhaltsansprüche der Klägerin und ihres Sohnes Q kraft Gesetzes auf die Beklagte übergegangen. Der Übergang sei auch nicht gemäß § 33 Abs. 2 Satz 2 SGB II durch laufende Unterhaltszahlungen ausgeschlossen. Eine laufende Unterhaltszahlung in diesem Sinne liege vor, wenn der Unterhaltsverpflichtete den ermittelten Unterhaltsbetrag durch regelmäßige Entrichtung einer entsprechenden Geldrente monatlich im Voraus gewähre (vgl. §§ 1612, 1361, 1585 BGB). Der geschiedene Ehemann habe den Unterhalt zwar regelmäßig jeden Monat an die Klägerin gezahlt, dies aber nicht monatlich im Voraus und damit nicht rechtzeitig, so dass es sich hierbei nicht um laufende Zahlungen im Sinne des § 33 Abs. 2 Satz 2 SGB II handele. Weitere Ausschlussgründe nach § 33 Abs. 2 SGB II seien nicht ersichtlich, so dass der Anspruchsübergang dem Grunde nach nicht zu beanstanden gewesen sei.

Ferner wende sich der Widerspruch im Grunde auch nicht gegen den Anspruchsübergang an sich, sondern dagegen, dass aufgrund des Übergangs eine Einkommensbereinigung um die Versicherungspauschale nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 der Verordnung zur Berechnung von Einkommen sowie zur Nichtberücksichtigung von Einkommen und Vermögen beim Arbeitslosengeld II/Sozialgeld (Alg II-V) nicht mehr stattfinde und damit der Klägerin 30,00 EUR pro Monat "verloren gingen". Auch dies sei jedoch rechtmäßig. Durch den gesetzlichen Übergang der Unterhaltsansprüche von der Klägerin an die Beklagte entfalle ihr Einkommen aus dem Bezug von Unterhalt. Damit entfalle zugleich auch die Möglichkeit, das Einkommen um die Versicherungspauschale oder sonstige Beträge zu bereinigen. Nach Übergang der Unterhaltsansprüche auf die Beklagte sei schlicht kein zu bereinigendes Einkommen mehr vorhanden gewesen. Des Weiteren habe die Klägerin auch die Leistungsgewährung ohne Anrechnung von Unterhalt gerade gewollt, da ihr der Unterhaltsbetrag wegen der nicht rechtzeitigen Zahlung durch ihren geschiedenen Ehemann nicht zu Beginn des laufenden Monats zur Verfügung gestanden habe. Der Übergang hätte vermieden werden können, wenn die Klägerin eigeninitiativ ihren geschiedenen Ehemann zur rechtzeitigen Zahlung angehalten hätte. Wenn übergeleitete Ansprüche als "fiktives Einkommen" nach den Vorgaben des SGB II beziehungsweise der Alg II-V bereinigt werden müssten, käme die Aufgabe des Leistungsträgers der eines Inkassounternehmens zugleich. Die Geltendmachung von zivilrechtlichen Ansprüchen müsse aber in erster Linie dem Anspruchsinhaber selbst vorbehalten bleiben.

Mit ihrer Klage vom 17.01.2008, beim Sozialgericht Düsseldorf am selben Tage eingegangen, verfolgt die Klägerin weiterhin ihr Begehren auf Berücksichtigung einer Einkommensbereinigung in Höhe von 30,00 EUR.

Sie trägt vor, infolge der unterlassenen Anrechnung der Unterhaltszahlungen werde bei ihr kein eigenes Einkommen mehr angerechnet. Dies habe zur Folge, dass auch die Einkommensbereinigung in Höhe von 30,00 EUR monatlich nicht mehr erfolge, so dass sie monatlich um 30,00 EUR niedrigere Leistungen erhalte. Die Unterhaltszahlungen stünden jedoch ihr zu. Es sei daher ungerechtfertigt, wenn im Falle der Zahlung des Unterhalts an sie selbst die Einkomensbereinigung um 30,00 EUR berücksichtigt werde, im Falle der Zahlung unmittelbar an die Beklagte dies jedoch unterbleibe. Auch sei die Beklagte nicht berechtigt, die Zahlung des Unterhalts unmittelbar an sich zu verlangen. Des Weiteren treffe es nicht zu, dass die Unterhaltsansprüche auf die Beklagte übergegangen seien. Die Unterhaltsansprüche gingen allenfalls erst mit Leistungsgewährung auf die Beklagte über; für die Zukunft bleibe die Klägerin Inhaberin des Unterhaltsanspruchs. Des Weiteren habe sich die Klägerin in der Vergangenheit darum bemüht, dass ihr geschiedener Ehemann den Unterhalt wieder an sie zahle. Die Beklagte habe jedoch weiterhin den geschiedenen Ehemann dazu aufgefordert, die Unterhaltszahlungen unmittelbar an sie zu leisten. Daher seien die Bemühungen der Klägerin erfolglos gewesen.

Die Klägerin beantragt schriftsätzlich,

die Beklagte zu verpflichten, unter Aufhebung des Bescheides vom 02.08.2007 in Form des Widerspruchsbescheides vom 12.12.2007 ab September 2007 der Klägerin eigenes Einkommen in Form von Unterhalt zuzurechnen und die Einkommensbereinigung von 30,00 EUR hiervon zu berücksichtigen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie nimmt Bezug auf die Begründung des Widerspruchsbescheides.

Die Beteiligten haben sich schriftsätzlich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Die die Klägerin betreffende Verwaltungsakte der Beklagten lag vor. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Verfahrens sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakte sowie der Gerichtsakte verwiesen.

Entscheidungsgründe:

I. Das Gericht kann gem. § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten hierzu ihr Einverständnis erteilt haben.

II. Die Klage ist form und fristgerecht erhoben worden. Sie ist im Übrigen auch zulässig und als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage gemäß § 54 Abs. 4 SGG statthaft.

Denn das Klagebegehren der Klägerin ist nicht allein auf die Aufhebung der streitgegenständlichen Bescheide gerichtet. Zwar richtet sich die Klägerin auch gegen den Übergang ihres Unterhaltsanspruches auf die Beklagte gemäß § 33 SGB II und ist der Auffassung, dieser sei nicht bzw. nicht rechtmäßig erfolgt. In erster Linie aber begehrt sie trotz des erfolgten Anspruchsüberganges weiterhin die Berücksichtigung der Versicherungspauschale im Rahmen ihrer Leistungsgewährung. Dieses Klagebegehren kann ausschließlich mit einer kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage erreicht werden.

III. Die Klage ist auch begründet. Der angefochtene Bescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheides ist rechtmäßig und die Klägerin somit in ihren Rechten beschwert. Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen um 30,00 EUR monatlich höheren Leistungsanspruch, als die Beklagte mit den streitgegenständlichen Bescheiden für den Zeitraum 01.09.2007 bis 31.12.2007 festgesetzt hat. Dieser Anspruch ergibt sich aus einer analogen Anwendung des § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SGB II in Verbindung mit § 3 Nr. 1 Alg II-V in der bis zum 31.12.2007 geltenden Fassung.

1.Die Berücksichtigung der Versicherungspauschale im Rahmen der Leistungsgewährung an die Klägerin kann nicht in unmittelbarer Anwendung des § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SGB II in Verbindung mit § 3 Nr. 1 Alg II-V in der bis zum 31.12.2007 geltenden Fassung erfolgen, da der Unterhaltsanspruch der Klägerin nach § 33 Abs. 1 Satz 1 und 3 SGB II in der bis zum 31.12.2008 geltenden Fassung (jetzt § 33 Abs. 1 Satz 1 und 4 SGB II) auf die Beklagte übergegangen ist, so dass die Klägerin über kein eigenes Einkommen gemäß § 11 Abs. 1 SGB II mehr verfügte.

Die Beklagte ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Unterhaltsanspruch der Klägerin aufgrund der zwar regelmäßig, aber nicht rechtzeitig erfolgten Unterhaltszahlungen des geschiedenen Ehemannes der Klägerin nach § 33 Abs. 1 Satz 1 und 3 SGB II in der bis zum 21.12.2008 geltenden Fassung (jetzt § 33 Abs. 1 Satz 1 und 4 SGB II) auf die Beklagte übergangen ist. Da der geschiedene Ehemann der Klägerin den Unterhalt nicht - wie im Urteil des Amtsgerichts Nettetal festgelegt – stets monatlich im Voraus bis zum 3. eines jeden Monats an die Klägerin gezahlt hat, standen der Klägerin die Unterhaltsbeträge nicht zu Anfang eines jeden Monats zur Verfügung, so dass die Beklagte Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts zunächst ohne Anrechnung der Unterhaltszahlungen leisten musste. Wäre der geschiedene Ehemann der Klägerin seiner Verpflichtung zur Zahlung des Unterhalts allmonaltich rechtzeitig nachgekommen, hätte dies zu einer geringeren Leistungshöhe geführt. Der Umstand, dass der geschiedene Ehemann der Klägerin die Unterhaltszahlungen nicht rechtzeitig erbracht hat, war somit kausal für die Leistungsgewährung. Es genügt in diesem Zusammenhang auch, dass die Leistungen nach dem SGB II in geringerer Höhe hätten geleistet werden müssen (Link in Eicher/Spellbrink,SGB II, 2. Aufl. 2008, § 33 Rn. 28).

Die Wirkung des Anspruchsübergangs nach § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB II ist des Weiteren entgegen der Ansicht der Klägerin auch nicht auf den Zeitraum beschränkt, in dem die Beklagte Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts ohne Anrechnung der Unterhaltszahlungen erbracht hat. Die Wirkung des Übergangs tritt vielmehr mit dem Zeitpunkt des Beginns der Leistungsgewährung ein und dauert für die Zeit fort, für die dem Hilfebedürftigen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts ohne Unterbrechung erbracht werden (Link in Eicher/Spellbrink, a.a.O., § 33 Rn. 44). Die Klägerin befand sich im streitgegenständlichen Zeitraum ununterbrochen im Leistungsbezug der Beklagten, so dass kraft Gesetzes der Anspruchsübergang bestanden hat.

Der Anspruchsübergang war auch nicht nach § 33 Abs. 2 Satz 2 SGB II ausgeschlossen, da dies erfordert hätte, dass der Unterhaltsanspruch durch laufende Zahlung erfüllt wird. Eine laufende Zahlung in diesem Sinne liegt aber nur bei regelmäßigen Zahlungen für den aktuellen Unterhaltszeitraum vor, nicht hingegen bei unregelmäßigen oder verspäteten Zahlungen (Link in Eicher/Spellbrink, a.o.O., § 33 Rn. 36). Zudem hat der geschiedene Ehemann der Klägerin im streitgegenständlichen Zeitraum den Unterhalt ausschließlich an die Beklagte geleistet, so dass der Ausschlusstatbestand des § 33 Abs. 2 Abs. 2 SGB II auch nicht für einzelne Monate zur Anwendung kam.

Nach dem Übergang des Anspruchs auf die Beklagte waren die Einkommensanrechnungsvorschriften des SGB II und der Alg II-V nicht mehr anwendbar, da die Klägerin über kein Einkommen im Sinne von § 11 Abs. 1 SGB II mehr verfügte. Denn sodann war die Beklagte Inhaberin des Anspruchs, so dass der unterhaltsverpflichtete geschiedene Ehemann an die Beklagte leisten musste, was er auch ab September 2007 getan hat. Grundsätzlich kein Einkommen im Sinne von § 11 Abs. 1 SGB II sind Einnahmen, die ein Hilfebedürftiger erzielen könnte, aber tatsächlich nicht oder nicht kurzfristig erhält. Da diese Mittel dem Hilfebedürftigen tatsächlich nicht zur Verfügung stehen, um seinen Lebensunterhalt hiermit zu bestreiten, können diese nicht berücksichtigt werden (vgl. BSG, Urteil vom 02.07.2009, B 14 AS 75/08 R unter II.3.).

2. Es ist aber gebeten, auf diesen Sachverhalt die Einkommensanrechnungsvorschriften des SGB II, insbesondere § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SGB II in Verbindung mit § 3 Nr. 1 Alg II-V, analog anzuwenden, was für die Klägerin zu einem um 30,00 EUR monatlich höheren Leistungsanspruch führt.

Wie oben unter 1. ausgeführt, liegt eine Regelungslücke vor, da das SGB II für nach § 33 SGB II auf den Leistungsträger übergegangene Ansprüche nicht vorsieht, dass trotz des Anspruchsübergangs die Einkommensanrechnungsvorschriften weiterhin zur Anwendung kommen sollen. Denn diese Sachverhalte sind mangels vorhandenen Einkommens nicht unter § 11 Abs. 2 SGB II in Verbindung mit der Alg II-V subsumierbar.

Das Fehlen einer passenden Rechtsnorm für die Anwendung der Einkommensanrechnungsvorschriften zu Gunsten der Leistungsempfänger nach Übergang eines Anspruches auf den Leistungsträger ist ferner planwidrig, da der Gesetzgeber bei der Regelung des Übergangs von Ansprüchen in § 33 SGB II schlicht übersehen hat, eine Regelung hierfür zu treffen. Die Gesetzesmaterialien lassen nicht erkennen, dass dem Gesetzgeber bewusst war, dass der Übergang eines Anspruchs auf den Leitungsträger für den Leistungsempfänger zur Folge hat, dass er geringere finanzielle Mittel zur Verfügung hat, da sodann die in § 11 Abs. 2 SGB II bzw. der Alg II-V genannten Beträge und Pauschalen nicht mehr zu seinen Gunsten abgesetzt werden können. Gleichzeitig ist aber auch nicht ersichtlich, dass der Gesetzgeber diesen Sachverhalt bewusst nicht geregelt haben wollte. Dies gilt sowohl für das Vierte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003 als auch für das Gesetz zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20.07.2006 wie auch für die weiteren Gesetze, mit denen die Regelung des § 33 SGB II geändert wurde.

Schließlich hängt es aus Sicht des betroffenen Leistungsempfängers vom Zufall ab, ob der Schuldner an ihn zu leisten hat, was zu einer Bereinigung des Einkommens führt, ober ob der Anspruch auf den Leistungsträger übergegangen ist. Der Umstand, dass die Interessenlage der hier beiden abzuwägenden Sachverhalte vergleichbar ist, ergibt sich auch daraus, dass kein sachlicher Grund dafür ersichtlich ist, weshalb die Klägerin allein aufgrund des Anspruchsübergangs keine notwendigen Beiträge für private Versicherungen im Sinne des § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SGB II in Verbindung mit § 3 Nr. 1 Alg II-V geltend machen bzw. absetzen können sollte. Die Sachlage hat sich für sie nur insoweit geändert, als ihr bisheriger Schuldner, ihr geschiedener Ehemann, den Unterhalt nicht mehr an sie zahlt, sondern an die Beklagte. Dies allein kann nicht zur Folge haben, dass die Klägerin die Absetzbeträge nach § 11 Abs. 2 SGB II in Verbindung mit der Alg II-V nicht mehr geltend machen kann, sondern die entsprechenden Aufwendungen aus den Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts aufbringen muss. Zur Vermeidung dieser nicht gerechtfertigten Ungleichbehandlung ist eine analoge Anwendung der Einkommensanrechnungsvorschriften des SGB II, insbesondre § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SGB II in Verbindung mit § 3 Nr. 1 Alg. II-V, auf den vorliegenden Sacherhalt geboten.

IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und entspricht dem Ergebnis des Rechtsstreits.

V.

Die Berufung gegen dieses Urteil war zuzulassen, da der Zulassungsgrund gemäß § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG einschlägig ist. Denn die Frage der Absetzbarkeit der Beträge nach § 11 Abs. 2 SGB II bzw. nach der Alg II-V bei auf den Leistungsträger gemäß § 33 SGB II übergegangenen Ansprüchen hat grundsätzliche Bedeutung.
Rechtskraft
Aus
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