L 4 KA 63/11

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
4
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
S 12 KA 518/10
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KA 63/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 6 KA 33/12 B
Datum
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 5. Oktober 2011 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten auch des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert wird endgültig auf 956,67 EUR festgesetzt.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt die rückwirkende Teilnahme an der erweiterten Honorarverteilung (EHV) der Beklagten für den Zeitraum vom 1. Juli 2009 bis 31. Januar 2010.

Die 1944 geborene Klägerin war die Ehefrau des Vertragsarztes Dr. B. A ... Die Ehe wurde durch Urteil des Amtsgerichts AI. vom 20. Februar 1987 geschieden. Hierbei wurden die von dem früheren Ehemann bei der Beklagten erworbenen Versorgungswerte in der Weise real geteilt, dass der Klägerin gegen die Beklagte Rentenanwartschaften von monatlich 246,56 DM, bezogen auf das Ende der Ehezeit, den 31. Oktober 1985, aus eigenem Recht zugestanden wurden.

Am 25. Januar 2010 beantragte die Klägerin die Teilnahme an der EHV. Mit Bescheid vom 15. Februar 2010 teilte die Beklagte der Klägerin mit, sie nehme ab dem 1. Februar 2010 im Rahmen des Versorgungsausgleichs an der erweiterten Honorarverteilung mit einem Anspruchshundertsatz von 1,1105 % teil; unter Zugrundelegung der zuletzt abgerechneten Durchschnittshonorare würde der Quartalsanspruch zurzeit 410,00 EUR betragen.

Hiergegen legte die Klägerin am 15. März 2010 Widerspruch ein und beantragte die Teilnahme an der EHV schon ab dem Monat nach Vollendung des 65. Lebensjahres zum 1. Juli 2009. Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 23. Juni 2010 zurück. Die Vorschrift des § 1 Abs. 2 der EHV-Satzung stelle nicht nur auf die Vollendung des 65. Lebensjahres, sondern auch auf die Aufgabe der vertragsärztlichen Tätigkeit ab. Die Klägerin sei indes keine Vertragsärztin gewesen. Nach § 1 Abs. 3 EHV-Satzung sei die Teilnahme an der EHV im Übrigen zu beantragen. Werde ein Antrag auf Teilnahme an der EHV später als drei Monate nach Eintritt des Versorgungsfalles gestellt, würden die Zahlungen vom ersten des von dem Eingang des Antrags folgenden Monats beginnen.

Die Klägerin hat am 6. Juli 2010 Klage zum Sozialgericht Marburg erhoben und ergänzend vorgetragen, dass sie entweder ohne Antrag sofort in die EHV einzubeziehen sei oder aber ein Anspruch auf rückwirkende Einbeziehung nach Antragstellung bestehe. Sie sei weder Vertragsärztin noch stehe sie einer solchen Person gleich, sondern mit einem sonstigen Sozialleistungsempfänger vergleichbar und entsprechend schutzbedürftig. Die Beklagte habe ihre Informationspflichten verletzt. Für Hinterbliebene sehe die EHV-Satzung zudem einen Zahlungsbeginn ohne Antrag ab dem auf den Todestag folgenden Monat vor. Dies müsse - jedenfalls aus Gleichheitsgründen - auch für Versorgungsausgleichsberechtigte gelten.

Mit Urteil vom 5. Oktober 2010 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Bewilligung der Teilnahme an der EHV auch für den Zeitraum vom 1. Juli 2009 bis 31. Januar 2010. Die Beklagte habe nach den Grundsätzen der erweiterten Honorarverteilung der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen (GEHV) in den geänderten Fassungen ab 1. Januar 2007/ 27. Mai 2008 (veröffentlicht in info.doc Nr. 2a Mai 2008, Sonderheft Erweiterte Honorarverteilung) zutreffend die Teilnahme an der EHV erst ab dem 1. Februar 2010 bewilligt. Rechtsgrundlage für den strittigen Zahlungsanspruch sei § 8 Abs. 2 GEHV. Mit dem vom Familiengericht gemäß § 7 Abs. 2c GEHV begründeten eigenständigen Anrecht werde der Ausgleichsberechtigte bei Erfüllung der Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 und 3 GEHV persönlich, d. h. unabhängig vom ausgleichspflichtigen Mitglied, in die EHV einbezogen (§ 7 Abs. 2d GEHV). Der Ausgleichsberechtigte erhalte eigenständige, vom Anspruchssatz des ausgleichspflichtigen Mitgliedes losgelöste Leistungen aus der Realteilung. Maßgebliche Altersgrenze sei die Vollendung des 65. Lebensjahres (§ 7 Abs. 2i Unterabsatz 1 GEHV). Die Teilnahme an der EHV erfolge für den Vertragsarzt ab dem Monatsersten der auf die Aufgabe der vertragsärztlichen Tätigkeit nach Vollendung des 65. Lebensjahres ohne Antrag (§ 1 Abs. 2 GEHV). Die Teilnahme an der EHV sei im Übrigen zu beantragen. Werde ein Antrag auf Teilnahme an der EHV später als drei Monate nach Eintritt des Versorgungsfalles gestellt, begännen die Zahlungen vom Ersten des auf den Eingang des Antrages folgenden Monats. Danach setzten die GEHV für Ansprüche aus einem Versorgungsausgleich eine Antragstellung voraus und begännen die Zahlungen, wenn der Antrag auf Teilnahme an der EHV später als drei Monate nach Eintritt des Versorgungsfalles gestellt werde, vom Ersten des auf den Eingang des Antrages folgenden Monats. Der Versorgungsfall der Klägerin sei mit Erreichen des 65. Lebensjahres am 26. Juni 2009 eingetreten. Die Antragstellung sei am 25. Januar 2010 und damit mehr als drei Monate nach Eintritt des Versorgungsfalles erfolgt, weshalb der Anspruch erst ab 1. Februar 2010 bestehe.

Eine entsprechende Anwendung der Vorschriften des § 1 Abs. 3 Satz 3 und 4 GEHV auf geschiedene Ehegatten sei nicht geboten. § 1 Abs. 3 Satz 3 und 4 GEHV sehe für Hinterbliebene bei verspäteter Antragstellung eine rückwirkende Bewilligung bis zu einem Jahr, in besonderen Härtefällen bis zu drei Jahren vor. Eine analoge Anwendung setze voraus, dass eine Regelungslücke bestehe, die vom Normgeber nicht beabsichtigt gewesen sei. Eine Regelungslücke sei aber nicht ersichtlich. Die GEHV unterschieden im Einzelnen, wann eine Antragstellung entbehrlich, wann sie erforderlich und ab welchem Zeitpunkt die EHV zu bewilligen sei. Eine Antragstellung sei nur entbehrlich bei Erreichen der 65-Jahresgrenze eines aktiven Arztes bei gleichzeitiger Praxisaufgabe. Eine Antragstellung erscheine hier entbehrlich, da mit Erreichen des 65. Lebensjahres in jedem Fall die Anspruchsvoraussetzungen vorliegen würden und mit der Aufgabe der vertragsärztlichen Tätigkeit faktisch einer Antragstellung fingiert werde bzw. in der erforderlichen Praxisaufgabe, die einen Verzicht auf die Zulassung als Vertragsarzt beinhalte, zugleich eine - konkludente - Antragstellung gesehen werden könne. In diesen Fällen erlange die Beklagte auch mit der Mitteilung zur Aufgabe der vertragsärztlichen Tätigkeit bzw. der Verzichtserklärung Kenntnis von den Anspruchsvoraussetzungen. In allen übrigen Fällen werde nach den GEHV ein Antrag als Anspruchsvoraussetzung verlangt. Anders als beim Zulassungsverzicht habe die Beklagte insofern grundsätzlich keine Kenntnis von den Anspruchsvoraussetzungen, so dass eine Antragstellung erforderlich sei. Soweit im Rentenrecht als auch in der Satzung der Beklagten für die Hinterbliebenenrenten der rückwirkende Zeitraum einer Bewilligung verlängert werde, sei dies offensichtlich dem Umstand geschuldet, dass die Hinterbliebenen oftmals keine Kenntnis vom Rentenanspruch hätten. Demgegenüber sei geschiedenen Ehegatten auf Grund des Scheidungsurteils bzw. der Entscheidung zum Versorgungsausgleich bekannt, welche eigenständigen Ansprüche sie hätten. Wie bei originär eigenen Ansprüchen könne ihnen daher ohne weiteres zugemutet werden, einen Antrag zu stellen. Im Übrigen sei nicht ersichtlich, in welcher Weise die Beklagte die Teilnahme an der EHV ohne Antrag bewilligen könne, da ihr nicht in jeden Fall die Adresse und auch das Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen bekannt seien. Die Beklagte sei auch nicht verpflichtet, in ihren GEHV eine rückwirkende Bewilligung für Berechtigte aus einem Versorgungsausgleich vorzusehen. Eine Ungleichbehandlung zur Hinterbliebenenversorgung liege aus den genannten Gründen nicht vor. Auch stelle es für den Berechtigten aus einem Versorgungsausgleich keine unzumutbare Härte dar, sich rechtzeitig von den Anspruchsvoraussetzungen durch ein kurzes Anschreiben oder einen Telefonanruf Kenntnis zu verschaffen. Eine besondere Beratungsverpflichtung der Beklagten habe nicht bestanden. Für eine gezielte Beratung fehle es an einer entsprechenden Rechtsverpflichtung. Die Vorschriften des SGB I seien nicht anwendbar, da sie sich ausschließlich auf Sozialleistungsansprüche bezögen. Die in der Rechtsprechung des BSG entwickelten Grundsätze zu den Hinweispflichten eines Rentenversicherungsträgers gegenüber einem Versicherten im Zusammenhang mit der Rentenantragstellung seien nicht auf das sozialrechtliche Schuldverhältnis zwischen Vertragsarzt und KV übertragbar (Hinweis auf LSG Hessen, Urteil vom 14. Dezember 2005, L 4 KA 41/05). Das LSG habe hier auch entschieden, dass ein Anspruch auf Teilnahme an der EHV nach der Satzung der KV Hessen erst nach Antragseingang entstehe und die KV nicht verpflichtet sei, die Altersentwicklung ausgeschiedener Vertragsärzte zu überwachen und diese vor Vollendung des 65. Lebensjahres auf die Möglichkeit eines Anspruchs auf Teilnahme an der EHV hinzuweisen. Dies gelte dann gerade auch für Berechtigte aus einem Versorgungsausgleich, da die Beklagte im Regelfall gar keine Kenntnis über deren Wohnsitz habe, weshalb bereits von daher eine gezielte Beratung ausscheide. Die Kosten des Verfahrens hat das Sozialgericht der Klägerin auferlegt und mit Beschluss vom selben Tag den Streitwert auf 956,67 Euro festgesetzt.

Gegen das am 21. Oktober 2010 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 21. November 2011 Berufung eingelegt.

Sie meint, das Sozialgericht verneine zu Unrecht eine Informationspflicht der Beklagten über die Möglichkeit der Inanspruchnahme der Leistungen aus der EHV. Die vom Bundessozialgericht (BSG) zu § 115 SGB VI aufgestellten Grundsätze zu den Beratungspflichten der Rentenversicherungsträger bei Erreichen der Regelaltersgrenze des 65. Lebensjahres seien auf ihre Situation übertragbar. Die EHV bezeichne sich zwar als besondere Form der Honorarverteilung, diene aber der Altersversorgung und müsse daher als Sozialleistung angesehen werden. Im Vergleich zu einem Rentenempfänger sei sie nicht weniger, sondern verstärkt schutzbedürftig, denn während ein Rentenversicherter von der Deutschen Rentenversicherung regelmäßige Informationen erhalte, habe sie von der Beklagten jahrzehntelang nichts gehört. Insoweit greife auch nicht das Argument des Sozialgerichts, dass die Beklagte im Regelfall gar keine Kenntnis vom Wohnsitz der Versorgungsausgleichsberechtigten habe, denn in ihrem Fall hätten der Beklagten sämtliche erforderlichen Daten vorgelegen. Das Urteil des Landessozialgerichts vom 14. Dezember 2005, auf das sich das Sozialgericht stütze, beruhe auf den Besonderheiten des Mitgliedschaftsverhältnisses zwischen Beklagter und Vertragsarzt, in der letzteren abverlangt werde, sich verstärkt um seine Angelegenheiten zu kümmern. Das könne auf die ganz andere Situation einer geschiedenen Ehefrau, die nie Vertragsärztin gewesen und im Umgang mit Recht und Behörden unerfahren sei, nicht übertragen werden. Zum gleichen Ergebnis führe die Anwendung des Gleichheitssatzes des Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) im Rahmen einer entsprechenden Anwendung des § 1 Abs. 3 S. 2 GEHV. Diese Vorschrift regle zwar ausdrücklich zwar nur die Situation der Hinterbliebenen, sie müsse jedoch auf geschiedene Ehegatten analog angewandt werden, weil ein sachlicher Grund für eine differenzierte Behandlung fehle. Nichts spreche dafür, dass ein geschiedener Ehegatte schneller oder leichter an Informationen über die Einbeziehung in die EHV gelange als ein Hinterbliebener. Im Gegenteil sei davon auszugehen, dass ein Hinterbliebener im Nachlass des Verstorbenen noch eher die Möglichkeit habe, an Informationen zur EHV zu gelangen als ein Ehepartner, der möglicherweise schon seit Jahren keinen Kontakt mehr zu seinem ehemaligen Partner habe. Ergänzend wendet sich die Klägerin gegen die vom Sozialgericht angenommene Kostenpflichtigkeit. Sie vertritt die Auffassung, es handele sich um ein gerichtskostenfreies Verfahren im Sinne von § 183 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Sie sei als Versicherte bzw. Leistungsempfängerin anzusehen.

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 5. Oktober 2011 aufzuheben, den Bescheid vom 15. Februar 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Juni 2010 abzuändern und die Beklagte zu verpflichten, ihr die Teilnahme an der erweiterten Honorarverteilung ab dem 1. Juli 2009 zu bewilligen.

Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das sozialgerichtliche Urteil. Eine Informationspflicht gegenüber der Klägerin habe nicht bestanden. Die EHV sei eine Besonderheit des hessischen Rechts und richte sich daher ausschließlich nach hessischen Landesrecht bzw. den GEHV, worin Hinweispflichten nicht vorgesehen seien. Die Vorschriften des SGB I über Hinweis- und Beratungspflichten bezögen sich auf Sozialleistungen, während die EHV schon namentlich eine Honorarverteilung sei. Sie – die Beklagte – sei auch keine Sozialleistungsträgerin. Das Rechtsverhältnis zwischen ihr und der Klägerin könne keine andere Rechtsnatur haben als das zugrunde liegende Vertragsarztrechtsverhältnis zwischen ihr und dem geschiedenen Ehemann der Klägerin, dem gegenüber jedoch nach der zitierten Rechtsprechung des Landessozialgerichts keine Hinweispflichten bestünden. Selbst unter der Annahme einer Hinweispflicht ergebe sich keine Entbehrlichkeit der Antragstellung, denn die Klägerin sei im Scheidungsurteil darauf hingewiesen worden, dass sie mit Vollendung ihres 65. Lebensjahres dem Grunde nach einen Anspruch auf Teilnahme an der EHV erwerbe, dieser Anspruch aber nur nach Maßgabe der EHV bestehe. Dass die Klägerin diese Hinweise nicht beachtet und sich auch sonst nicht über die Voraussetzungen des Anspruchs auf Teilnahme an der EHV gekümmert habe, könne nicht zu Lasten der Beklagten gehen. Für eine analoge Anwendung des § 1 Abs. 3 GEHV fehle es schon an einer planwidrigen Regelungslücke, da die Vorschrift zwischen Vertragsärzten, Hinterbliebenen und Versorgungsausgleichsberechtigten klar differenziere. Über Art. 3 Abs. 1 GG lasse sich nichts anderes herleiten. Hinterbliebene hätten oftmals keine Kenntnis von der Möglichkeit einer Teilhabe an der EHV, während der geschiedene Ehegatte hierüber durch das Scheidungsurteil informiert werde.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte der Beklagten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung war, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin ist zulässig. Der Berufungsstreitwert des § 144 Abs. 1 SGG wird erreicht, denn im Streit stehen Ansprüche aus der EHV für die Zeit vom 1. Juli 2009 bis 31. Januar 2010 in Höhe von rund 957,00 Euro.

Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die angegriffenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Diese hat keinen Anspruch auf Zahlungen aus der EHV bereits ab Juli 2009. Das hat das Sozialgericht ausführlich und zutreffend dargelegt. Der Senat nimmt hierauf zunächst Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG). Ergänzend wird auf Folgendes hingewiesen:

Soweit die Klägerin einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch geltend macht, folgt der Senat dem nicht. Die Verletzung gesetzlicher Aufklärungs- und Beratungspflichten kann zwar nach der Rechtsprechung des BSG einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch begründen, der darauf gerichtet ist, in Fällen von Pflichtverletzungen eines Sozialleistungsträgers denjenigen Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zuständige Sozialleistungsträger die ihm aus dem Sozialrechtsverhältnis erwachsenden Pflichten ordnungsgemäß erfüllt hätte (vgl. BSG, Urteil vom 12. Oktober 1979 - 12 RK 47/77 - BSGE 49, 76, 79). Die Beklagte ist aber weder kraft Gesetzes noch kraft des eigenen Satzungsrechts verpflichtet, Anspruchsberechtigte auf die Möglichkeit der Teilnahme an der EHV hinzuweisen. Insoweit wird auf die bereits vom Sozialgericht zitierte Entscheidung des Senats vom 14. Dezember 2005 verwiesen: Das Rechtsinstitut des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs ist auf das Verhältnis zwischen Vertragsarzt und KV nicht anwendbar, weil die KV nicht zu den Leistungsträgern nach § 12 des Ersten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB I) gehört und die Honoraransprüche der Kassen- bzw. Vertragsärzte nicht der Verwirklichung ihrer sozialen Rechte im Sinne des § 11 SGB I dienen, sondern es sich um Vergütungsansprüche für erbrachte Leistungen handelt. Dies gilt auch für Ansprüche ausgeschiedener Vertragsärzte auf Teilnahme an der erweiterten Honorarverteilung. Das auf mitgliedschaftlicher Beziehung beruhende Verhältnis des Vertragsarztes zu seiner KV unterscheidet sich wesentlich von dem Rechtsverhältnis eines möglichen Leistungsempfängers gegenüber einem Sozialleistungsträger im Sinne des § 12 SGB I. Dieses ist besonders durch das Sozialstaatsprinzip geprägt, weil es hier in besonderem Maße um Bürger geht, die auf diese Leistungen angewiesen, im Umgang mit Recht und Behörden aber überwiegend besonders unerfahren sind. Vertragsärzte sind nicht in gleicher Weise schutzbedürftig wie ein Großteil der Sozialleistungsempfänger, weshalb die Beratungspflichten der KV gegenüber ihren Mitgliedern nicht den gleichen Umfang haben können. Vielmehr muss von einem Vertragsarzt erwartet werden, dass er sich selbst rechtzeitig um seine Teilhabe an der Altersversorgung durch Inanspruchnahme der erweiterten Honorarverteilung bemüht, ebenso wie er sich grundsätzlich eigenverantwortlich um die Verwirklichung seiner Honoraransprüche gegenüber der KV während der Ausübung seiner vertragsärztlichen Tätigkeit zu kümmern hat.

Diese Ausführungen gelten im Grundsatz auch für das Verhältnis zwischen der Klägerin und der Beklagten. Zwar ist die Klägerin keine Vertragsärztin, sondern ihr Anspruch gegenüber der Beklagten beruht auf einem durchgeführten Versorgungsausgleich. Die Leistungen aus der EHV werden damit aber nicht zu einer Sozialleistung im Sinne von § 11 SGB I und die Beklagte nicht zu einem Leistungsträger im Sinne von § 12 SGB I.

Die Klägerin kann auch nicht damit gehört werden, dass entsprechende Beratungs- und Hinweispflichten im Wege einer analogen Anwendung der §§ 13 ff. SGB I begründet werden müssten, weil sie einem Sozialleistungsempfänger vergleichbar schutzwürdig sei. Zwar können die Grundsätze des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts unter bestimmten Voraussetzungen auch auf die Gebiete des allgemeinen Verwaltungsrechts übertragen werden (BVerwG, Urteil vom 30. Juni 2011, 3 C 36/10, juris), wenn Pflichtverletzungen in einem sozialrechtlich geprägten Verwaltungsverfahren durch Naturalrestitution auszugleichen sind und keine Spezialregelungen bestehen. Eine entsprechende Anwendung des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs wird auch im Recht der berufsständischen Versorgung diskutiert, weil diese Teil des Gesamtsystems der Sozialversicherung ist (VGH Mannheim, Urteil vom 15. Juni 1989, 9 S 3268/87, juris; OVG Münster, Urteil vom 3. Oktober 1985, 13 A 2500/83; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 30. Juni 2011 – 3 C 36/10 , NJW 2012, 168, zum Beruflichen Rehabilitierungsgesetz). Ein derartiger besonderer sozialrechtlicher Bezug fehlt aber bei dem Versorgungsausgleichsberechtigten, dem Ansprüche aus der EHV übertragen werden, in gleicher Weise wie bei dem originär berechtigten Vertragsarzt. Die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zum sozialrechtlichen Herstellungsanspruch knüpft an den besonderen Sachverhalt der gesetzlichen Einbeziehung als sozial schutzwürdig angesehener Personengruppen (typischerweise solcher, die eine abhängige Beschäftigung ausüben) in ein staatlich organisiertes und verwaltetes, der Existenzsicherung dienendes Sozialversicherungssystem an. Dies begründet Schutzpflichten gegenüber dem Bürger, welche der Ausgangs- und Legitimationsgrund für die in §§ 13 ff. SGB I normierten intensiven Beratungs- und Betreuungspflichten sind. An dieser Ausgangslage fehlt es im Verhältnis zwischen der Klägerin und der Beklagten in gleicher Weise wie zwischen der Beklagten und dem Vertragsarzt. Der Versorgungsausgleich lässt die Rechtsnatur des originären Anspruchs unverändert. Die Gläubigerstellung der Klägerin gegenüber der Beklagten beruht nicht auf der zwangsweisen Einbeziehung in ein spezielles staatliches Sicherungssystem und einer damit zu unterstellenden besonderen Schutzbedürftigkeit, sondern auf der - eher zufälligen - Einbeziehung aufgrund des infolge einer Ehescheidung durchgeführten Versorgungsausgleichs.

Im Übrigen lägen auch die Voraussetzungen für die Annahme einer Verletzung einer Aufklärungs- oder Beratungspflicht der Beklagten nicht vor. Das BSG verneint in ständiger Rechtsprechung eine allgemeine Aufklärungspflicht über sozialrechtliche Ansprüche (BSGE 67, 90 = SozR 3-1200 § 13 Nr. 1, BSGE 55, 257 = SozR 1200 § 13 Nr. 2, BSGE 42, 224 = SozR 2200 § 1324 Nr. 3, jeweils m. w. N). Ausnahmen können möglicherweise dann bestehen, wenn sich ein Versicherter konkret an den Versicherungsträger wendet (BSGE 42, 224 = SozR 2200 § 1324 Nr. 3), wenn es sich um einen des Lesens und Schreibens ungewohnten Personenkreis handelt (BSG SozR 5428 § 4 Nr. 10) oder wenn der Versicherungsträger zuvor unrichtige oder missverständliche Auskünfte erteilt hat (BSGE 67, 90 = SozR 3-1200 § 13 Nr. 1). Fehlende oder unvollständige Gesetzeskenntnis eines Versicherten stellt jedoch keinen derartigen Ausnahmefall dar, weil das Prinzip der formellen Publizität auch im Bereich des Sozialrechts Geltung besitzt und ohne besondere gesetzliche Verpflichtung kein individueller Anspruch auf allgemeine Aufklärung über die Gesetzeslage besteht (BSG a. a. O).

Die Beklagte hat auch keine individuelle Beratungspflicht nach § 14 SGB I verletzt. Die Klägerin hat vor ihrer erstmaligen Antragstellung im Januar 2010 die Beklagte nicht um Beratung ersucht. Zwar ist ein Leistungsträger auch sonst gehalten, bei Vorliegen eines konkreten Anlasses auf klar zu Tage tretende Gestaltungsmöglichkeiten hinzuweisen ("Spontanberatung"). Grundsätzlich ist ein Leistungsträger aber - und zwar selbst bei bedeutsamen und folgenschweren Rechtsänderungen - nicht verpflichtet, die bei ihm geführten Akten daraufhin zu überprüfen, ob sie Anlass für eine spontane Beratung geben (vgl. BSG SozR 3-1200 § 14 Nr. 12 S. 36).

Eine Beratungspflicht der Beklagten ergibt sich schließlich nicht aus § 115 Abs. 6 SGB VI. Diese Vorschrift erweitert die allgemeinen Beratungs- und Aufklärungspflichten der Träger der Rentenversicherung, die hierdurch verpflichtet werden, die Berechtigten in geeigneten Fällen darauf hinzuweisen, dass sie eine Leistung erhalten können, wenn sie diese beantragen. Die Beklagte ist jedoch kein Träger der gesetzlichen Rentenversicherung. Eine analoge Anwendung scheidet aus, weil es sich um eine spezielle Norm für den Bereich der gesetzlichen Rentenversicherung handelt, die nicht auf jedes andere Versorgungswerk und schon gar nicht auf die Beklagte übertragen werden kann. Sie beruht einmal auf den besonderen Verhältnissen im Bereich der gesetzlichen Rentenversicherung, deren ureigene und zentrale Aufgabe die rentenrechtliche Versorgung der Versicherten ist, während dies bei der Beklagten nur einen Randaspekt ihrer eigentlichen Aufgaben im Rahmen der Wahrnehmung der kollektiven Interessen der hessischen Vertragsärzte darstellt. Zum anderen ist sie vor dem Hintergrund zu sehen, dass die Rentenversicherungsträger für eine derartige "flächendeckende" Beratung über Rentenansprüche strukturell eingerichtet sind, insbesondere durch die hier geführten individuellen Rentenkonten der Versicherten, verbunden mit dem Zugriff u. a. auf Arbeitgeberdaten nach Maßgabe der Datenerfassungs- und Übermittlungsverordnung (DEÜV). Derartiges kann bei kleinen Versorgungsträgern wie der Beklagten nicht vorausgesetzt werden.

Schließlich sieht der Senat aber auch gerade bei der vorliegend streitigen Frage, ob die Berechtigten aus einem Versorgungsausgleich bei Vollendung des 65. Lebensjahres auf die Möglichkeit einer Inanspruchnahme der Leistungen der EHV hingewiesen werden müssen, keine Notwendigkeit einer allgemeinen Aufklärung. Denn die Anspruchsberechtigten aus einem Versorgungsausgleich wissen aufgrund des Scheidungsurteils und der im Scheidungsverfahren erteilten Auskünfte der Beklagten um ihren Anspruch auf Teilnahme an der EHV. Es entspricht darüber hinaus dem allgemeinen Erfahrungswissen der Bevölkerung, dass Ansprüche auf Altersrente jedenfalls für die heute rentennahen Jahrgänge, die noch nicht von der allgemeinen Anhebung der Altersgrenzen betroffen sind - in der Regel spätestens mit der Vollendung des 65. Lebensjahres entstehen. Von daher kann die Beklagte davon ausgehen, dass Personen wie die Klägerin sich selbst um ihre Ansprüche bemühen werden, zumal dies wie das Sozialgericht zu Recht ausführt - mit einer kurzen Anfrage oder einem Telefonanruf erledigt werden kann. Es handelt sich hier nicht um eine versteckte, besondere Rechtskenntnisse voraussetzende Regelung, sondern um den Normalfall.

Die von der Klägerin begehrte analoge Anwendung von § 1 Abs. 3 S. 2 GEHV auf Versorgungsausgleichsberechtigte scheidet aus. Danach werden Zahlungen an Hinterbliebene bei verspäteter Antragstellung bis zu einem Jahr rückwirkend gewährt, soweit diese Verspätung auf einer Unkenntnis der Bestimmungen der GEHV beruht. Wie das Sozialgericht zu Recht ausführt, ist die Vorschrift nach ihrem Wortlaut eindeutig nur auf Hinterbliebene bezogen. Anders als die Klägerin meint, ist eine analoge Anwendung auch nicht aus Gleichheitsgründen geboten. Denn zwischen der Gruppe der Hinterbliebenen und der Gruppe der Versorgungsausgleichsberechtigten bestehen Unterschiede, welche die Differenzierung rechtfertigen. Die EHV als Teil der Alterssicherung der hessischen Vertragsärzte ist ein relativ unbekanntes Alterssicherungssystem, die in keinem anderen Bundesland eine Entsprechung findet. Es ist daher nicht auszuschließen, dass Hinterbliebene eines Vertragsarztes über entsprechende Ansprüche nicht informiert sind und aus Unkenntnis die rechtzeitige Antragstellung insbesondere in Fällen versäumen können in denen der Vertragsarzt im Zeitpunkt des Todes noch als Vertragsarzt tätig war, also noch keine Leistungen aus der EHV erbracht wurden. Diese strukturell angelegte Gefahr fehlender Information der Hinterbliebenen über Ansprüche aus der EHV ist bei Personen, denen im Wege des Versorgungsausgleichs Ansprüche aus der EHV übertragen worden sind, nicht gegeben. Denn diese wissen aufgrund des Scheidungsverfahrens und dem familiengerichtlichen Urteil positiv von dem bestehenden Anspruch aus der EHV; allein der Zeitpunkt der Entstehung kann für sie im Einzelfall fraglich sein. Vor diesem Hintergrund gebietet Art. 3 Abs. 1 GG jedoch nicht, die wiedereinsetzungsähnliche Vorschrift des § 1 Abs. 3 S. 2 GEHV auf die Berechtigten eines Versorgungsausgleichs zu erstrecken.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung. Die Klägerin gehört nicht zu dem kostenprivilegierten Personenkreis des § 183 SGG. Nach § 183 Satz 1 SGG ist das Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit für Versicherte, Leistungsempfänger einschließlich Hinterbliebenenleistungsempfänger, Behinderte oder deren Sonderrechtsnachfolger nach § 56 SGB I kostenfrei, soweit sie in dieser jeweiligen Eigenschaft als Kläger oder Beklagter beteiligt sind. Die Klägerin ist als EHV-Berechtigte aufgrund eines Versorgungsausgleichs weder Versicherte noch Leistungsempfängerin im Sinne von § 183 Satz 1 SGG. Zwar knüpft der Begriff des Leistungsempfängers nicht zwingend an Sozialleistungen im Sinne des § 11 SGB I an (BSG SozR 4-1500 § 183 Nr. 2 Rdnr. 9; SozR 4-1500 § 183 Nr. 3 Rdnr. 8). Jedoch muss es sich zumindest um Leistungen mit ähnlicher oder vergleichbarer (Schutz-)Funktion wie bei echten Sozialleistungen i. S. des § 11 SGB I handeln (BSG SozR 4-1500 § 183 Nr. 3 Rdnr. 9; BSGE 96, 190 ff. Rdnr. 21 = SozR 4-4300 § 421g Nr. 1). Dies ist bei den Leistungen an Vertragsärzte aus der EHV aus den dargelegten Gründen nicht der Fall und gilt in gleicher Weise für den auf einem Versorgungsausgleich beruhenden Anspruch der Klägerin.

Die Entscheidung über den Streitwert folgt aus §§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 2 Gerichtskostengesetz.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor. Es handelt sich um die Auslegung spezieller landesrechtlicher Bestimmungen.
Rechtskraft
Aus
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