Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
5
1. Instanz
SG Magdeburg (SAN)
Aktenzeichen
S 23 AS 125/08 ER
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 5 SF 2/09 E
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Der Prozesskostenhilfe-Vergütungsfestsetzungsbeschluss der Urkundsbeamtin des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 11. November 2008 in dem Verfahren L 2 B 125/08 AS ER wird geändert.
Die dem Erinnerungsführer von dem Erinnerungsgegner zu erstattende Vergütung wird auf insgesamt 333,47 EUR festgesetzt.
Außergerichtliche Kosten des Erinnerungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Erinnerungsführer wendet sich gegen die Festsetzung der Höhe der ihm von der Landeskasse zu erstattenden Verfahrensgebühr für ein Beschwerdeverfahren (L 2 B 125/08 AS ER), in dem das Landessozialgericht Prozesskostenhilfe erst ab einem bestimmten Stichtag bewilligt hatte.
Mit Schriftsatz vom 25. März 2008 begründete der Beschwerdeführer das Rechtsmittel für die von ihm vertretene Antragstellerin. Nach einer Erwiderung des Antragsgegners äußerte er sich mit Schriftsatz vom 14. Mai 2008 erneut zum Verfahren. In einem weiterem Schriftsatz vom 23. Juli 2008 bat er darum, ihm den aktuellen Sachstand mitzuteilen. Mit Beschluss vom 25. September 2008 bewilligte der 2. Senat des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt der Antragstellerin für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe ab dem 27. Juni 2008 ohne Ratenzahlung unter Beiordnung des Erinnerungsführers. In der nichtöffentlichen Sitzung am 28. Oktober 2008 nahm dieser die Beschwerde zurück.
Mit Schriftsatz vom 15. Oktober 2008 beantragte der Erinnerungsführer, die zu erstattenden Kosten in Höhe von 630,70 EUR festzusetzen und legte seiner Kostenrechnung u. a. eine Verfahrensgebühr nach Nr. 3204 des Vergütungsverzeichnisses der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (VV RVG) von 310,00 EUR zugrunde.
Mit Prozesskostenhilfe-Vergütungsfestsetzungsbeschluss von 11. November 2008 setzte die Urkundsbeamtin des Landessozialgerichts den Vergütungsanspruch des Erinnerungsführers auf insgesamt 260,97 EUR fest und berücksichtigte hierbei als Verfahrensgebühr die Mindestgebühr der Nr. 3501 VV RVG in Höhe von 15,00 EUR. Seit dem 27. Juni 2008 sei der Beschwerdeführer nicht mehr tätig geworden, sodass nur die Mindestgebühr festzusetzen gewesen sei.
Hiergegen hat der Erinnerungsführer am 27. November 2008 insoweit Erinnerung eingelegt, als anstelle der Mittelgebühr von 87,50 EUR nur die Mindestgebühr von 15,00 EUR für die Gebühr nach Nr. 3501 VV RVG festgesetzt worden sei. Bezüglich der anderen festgesetzten Beträge hat er ausdrücklich keine Einwendungen erhoben. Es sei zwar richtig, dass die Urkundsbeamtin anstelle der Nr. 3204 VV RVG die Nr. 3501 VV RVG in Ansatz bringe, nicht zutreffend sei jedoch die festgesetzte Höhe. Dem Verfahren komme eine besondere Bedeutung zu, da höhere Leistungen für Kosten der Unterkunft streitig gewesen seien. Er habe mit der Antragstellerin vor dem Erörterungstermin am 28. Oktober 2008 eine Besprechung durchgeführt, sodass zumindest hierdurch die Entstehung der Mittelgebühr begründet sei.
Der Erinnerungsführer beantragt sinngemäß,
den Prozesskostenhilfe-Vergütungsfestsetzungsbeschluss der Urkundsbeamtin des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 11. November 2008 in dem Verfahren L 2 B 125/08 AS ER zu ändern und die zu erstattende Vergütung unter Berücksichtigung einer Verfahrensgebühr nach Nr. 3501 VV RVG in Höhe der Mittelgebühr neu festzusetzen.
Der Erinnerungsgegner beantragt,
die Erinnerung gegen den Prozesskostenhilfe-Vergütungsfestsetzungsbeschluss der Urkundsbeamtin des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 11. November 2008 zurückzuweisen.
Der Erinnerungsgegner erwidert, die von der Urkundsbeamtin festgesetzte Mindestgebühr sei nicht unbillig, weil der Erinnerungsführer im Zeitraum der bewilligten Prozesskostenhilfe allein eine Sachstandsanfrage gestellt habe. Eine Absprache des Erinnerungsführers mit der Antragstellerin vor Beginn der Sitzung sei übliche Praxis und bereits mit der Terminsgebühr abgegolten.
Die Urkundsbeamtin hat der Erinnerung nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.
II.
Nach § 155 Abs. 2 Nr. 5 i. V. m. Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ist für die Entscheidung über die Erinnerung der Berichterstatter des nach dem Geschäftsverteilungsplan des Landessozialgerichts nunmehr zuständigen 5. Senates zuständig.
Die nach § 56 Abs. 1 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) statthafte und auch im Übrigen zulässige Erinnerung ist begründet.
Es war nur über die allein streitige Einordnung der Verfahrensgebühr innerhalb des durch Nr. 3501 VV RVG eröffneten Gebührenrahmens zu entscheiden.
Bei Rahmengebühren bestimmt entsprechend § 14 Abs. 1 RVG der Rechtsanwalt die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers nach billigem Ermessen. Ein besonderes Haftungsrisiko des Rechtsanwalts kann bei der Bemessung herangezogen werden. Bei Rahmengebühren, die sich nicht nach dem Gegenstandswert richten, ist das Haftungsrisiko zu berücksichtigen. Ist die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen, ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist.
Für die Bemessung der Gebühr ist von der Mittelgebühr im Hauptsacheverfahren auszugehen. Mit der Mittelgebühr wird die Tätigkeit eines Rechtsanwalts in einem Durchschnittsfall abgegolten. Hier liegt die Mittelgebühr der Gebühr nach Nr. 3501 VV RVG – wie der Erinnerungsführer zutreffend ausführt – bei 87,50 EUR. Der Senat geht im vorliegenden Fall von einem solchen Durchschnittsfall aus, weshalb die Festsetzung einer Verfahrensgebühr in Höhe der Mittelgebühr nicht unbillig ist. Der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit lag für ein Eilverfahren im durchschnittlichen Bereich. Auch die Schwierigkeit (die etwaige Berücksichtigung von Nutzungsentschädigungen an den geschiedenen Ehemann bei den Kosten der Unterkunft) war durchschnittlich. Die Bedeutung der Angelegenheit für die Antragstellerin lag im üblichen Bereich der Eilverfahren beim Landesozialgericht. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Antragstellerin führten ebenfalls nicht zu einer Abweichung, da sie Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) bezog.
Bei der Bemessung der Verfahrensgebühr ist abweichend von der Auffassung des Erinnerungsgegners nicht nur auf die – hier eher geringfügigen – Tätigkeiten des Rechtsanwalts abzustellen, die dieser nach dem Zeitpunkt des Wirksamwerdens seiner Beiordnung erbracht hat. Vielmehr ist der gesamte Arbeits- und Zeitaufwand, den der Beschwerdeführer im Verfahren aufgewendet hat, in die Beurteilung einzubeziehen (Bayerisches Landessozialgericht, Beschluss vom 22. Juli 2010 – L 15 SF 303/09 B E – (Rn. 21); Landessozialgericht NRW, Beschluss vom 24. September 2008 – L 19 B 21/08 AS – (Rn. 29); SG Fulda, Beschluss vom 25. Juli 2011 – S 3 SF 27/10 E –m. w. N.; a. A.: Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht, Beschluss vom 17. Juli 2008 – L 1 B 127/08 – (Rn. 9) ohne konkrete Begründung, jeweils juris).
Zwar werden gebührenauslösende Tätigkeiten zwischen der Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens bzw. der Bestellung als Bevollmächtigter in einem gerichtlichen Verfahren und dem Wirksamwerden der Beiordnung grundsätzlich von dem Vergütungsanspruch des beigeordneten Rechtsanwalts nach §§ 45, 48 RVG nicht erfasst. Jedoch ist zu berücksichtigen, dass in Verfahren nach § 197a SGG, in denen streitwertgebundene Wertgebühren nach § 3 Abs. 1 Satz 2 RVG anfallen, die Verfahrensgebühr in voller Höhe bei einer gebührenauslösenden Tätigkeit des Rechtsanwalts nach dem Wirksamwerden der Beiordnung nach § 48 Abs. 1 Satz 1 RVG erstattungsfähig ist, auch wenn der Rechtsanwalt schon vor dem Wirksamwerden der Beiordnung (gebührenauslösend) tätig geworden ist. Die Höhe einer Wertgebühr bestimmt sich nach dem Streitwert (§ 13 RVG) und einem in dem VV RVG festgelegten Gebührensatz; der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit ist für die Gebührenhöhe unerheblich. Die Wertgebühren nach § 3 Abs. 1 Satz 2 RVG fallen bei einem wiederholten Anfall in einem Verfahren grundsätzlich mit einem festen, in dem VV RVG bestimmten Gebührensatz an und erhöhen sich auch bei wiederholtem Anfall nicht. Dies gilt insbesondere für die hier streitige Verfahrensgebühr, die nicht auf eine singuläre Handlung oder ein solches Ereignis bezogen ist, sondern eine "Dauergebühr" darstellt, die dem Grunde nach im Prozessbetrieb ständig anfällt und die Tätigkeit des Rechtsanwalts in gerichtlichen Verfahren umfassend abgilt, soweit nicht der Anfall einer Termins- oder Erledigungsgebühr ausgelöst wird. Bei dem Anfall von Wertgebühren im Festsetzungsverfahren nach § 55 RVG wird die Tätigkeit eines beigeordneten Rechtsanwalts so behandelt, als ob der Rechtsanwalt erst mit der Beiordnung in den Rechtsstreit eingetreten wäre. Die Forderungssperre gegenüber dem Mandanten nach § 122 Abs. 1 Nr. 3 Zivilprozessordnung (ZPO) gilt für alle nach der Beiordnung verwirklichten Gebührentatbestände, auch wenn diese bereits vor der Beiordnung erfüllt waren, sodass sich im Fall der Wertgebühren die aus der Staatskasse zu erstattenden Gebühren auf vor der Beiordnung liegende Tätigkeiten erstrecken (Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen a. a. O., mit weiteren Hinweisen auf zivilgerichtliche Rechtsprechung). Würde man mit dem Erinnerungsgegner die vorgenommene Kürzung akzeptieren, hätte dies zur Folge, dass der Rechtsanwalt einen Gebührenausfall hinnehmen müsste, ohne dass es ihm möglich wäre, seine vollständige Gebührenforderung zu verwirklichen (SG Fulda a. a. O.). Vor diesem Hintergrund kommt es für die unstreitig entstandene und nur der Höhe nach streitige Verfahrensgebühr nicht auf den im Beschluss des Landessozialgerichts vom 25. September 2008 genannten Stichtag (27. Juni 2008) an.
Der Senat legt im Ergebnis die Mittelgebühr von 87,50 EUR zugrunde. Hiervon sind die bereits festgesetzten 15,00 EUR abzusetzen, sodass sich ein Betrag von 72,50 EUR ergibt, der zu den ebenfalls bereits festgesetzten 260,97 EUR hinzuzurechnen ist. Die zu erstattenden Kosten betragen damit insgesamt 333,47 EUR.
Das Beschwerdeverfahren ist gebührenfrei; Kosten sind nicht zu erstatten, § 56 Abs. 2 RVG.
Dieser Beschluss ist endgültig, § 178 Abs. 1 SGG.
Die dem Erinnerungsführer von dem Erinnerungsgegner zu erstattende Vergütung wird auf insgesamt 333,47 EUR festgesetzt.
Außergerichtliche Kosten des Erinnerungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Erinnerungsführer wendet sich gegen die Festsetzung der Höhe der ihm von der Landeskasse zu erstattenden Verfahrensgebühr für ein Beschwerdeverfahren (L 2 B 125/08 AS ER), in dem das Landessozialgericht Prozesskostenhilfe erst ab einem bestimmten Stichtag bewilligt hatte.
Mit Schriftsatz vom 25. März 2008 begründete der Beschwerdeführer das Rechtsmittel für die von ihm vertretene Antragstellerin. Nach einer Erwiderung des Antragsgegners äußerte er sich mit Schriftsatz vom 14. Mai 2008 erneut zum Verfahren. In einem weiterem Schriftsatz vom 23. Juli 2008 bat er darum, ihm den aktuellen Sachstand mitzuteilen. Mit Beschluss vom 25. September 2008 bewilligte der 2. Senat des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt der Antragstellerin für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe ab dem 27. Juni 2008 ohne Ratenzahlung unter Beiordnung des Erinnerungsführers. In der nichtöffentlichen Sitzung am 28. Oktober 2008 nahm dieser die Beschwerde zurück.
Mit Schriftsatz vom 15. Oktober 2008 beantragte der Erinnerungsführer, die zu erstattenden Kosten in Höhe von 630,70 EUR festzusetzen und legte seiner Kostenrechnung u. a. eine Verfahrensgebühr nach Nr. 3204 des Vergütungsverzeichnisses der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (VV RVG) von 310,00 EUR zugrunde.
Mit Prozesskostenhilfe-Vergütungsfestsetzungsbeschluss von 11. November 2008 setzte die Urkundsbeamtin des Landessozialgerichts den Vergütungsanspruch des Erinnerungsführers auf insgesamt 260,97 EUR fest und berücksichtigte hierbei als Verfahrensgebühr die Mindestgebühr der Nr. 3501 VV RVG in Höhe von 15,00 EUR. Seit dem 27. Juni 2008 sei der Beschwerdeführer nicht mehr tätig geworden, sodass nur die Mindestgebühr festzusetzen gewesen sei.
Hiergegen hat der Erinnerungsführer am 27. November 2008 insoweit Erinnerung eingelegt, als anstelle der Mittelgebühr von 87,50 EUR nur die Mindestgebühr von 15,00 EUR für die Gebühr nach Nr. 3501 VV RVG festgesetzt worden sei. Bezüglich der anderen festgesetzten Beträge hat er ausdrücklich keine Einwendungen erhoben. Es sei zwar richtig, dass die Urkundsbeamtin anstelle der Nr. 3204 VV RVG die Nr. 3501 VV RVG in Ansatz bringe, nicht zutreffend sei jedoch die festgesetzte Höhe. Dem Verfahren komme eine besondere Bedeutung zu, da höhere Leistungen für Kosten der Unterkunft streitig gewesen seien. Er habe mit der Antragstellerin vor dem Erörterungstermin am 28. Oktober 2008 eine Besprechung durchgeführt, sodass zumindest hierdurch die Entstehung der Mittelgebühr begründet sei.
Der Erinnerungsführer beantragt sinngemäß,
den Prozesskostenhilfe-Vergütungsfestsetzungsbeschluss der Urkundsbeamtin des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 11. November 2008 in dem Verfahren L 2 B 125/08 AS ER zu ändern und die zu erstattende Vergütung unter Berücksichtigung einer Verfahrensgebühr nach Nr. 3501 VV RVG in Höhe der Mittelgebühr neu festzusetzen.
Der Erinnerungsgegner beantragt,
die Erinnerung gegen den Prozesskostenhilfe-Vergütungsfestsetzungsbeschluss der Urkundsbeamtin des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 11. November 2008 zurückzuweisen.
Der Erinnerungsgegner erwidert, die von der Urkundsbeamtin festgesetzte Mindestgebühr sei nicht unbillig, weil der Erinnerungsführer im Zeitraum der bewilligten Prozesskostenhilfe allein eine Sachstandsanfrage gestellt habe. Eine Absprache des Erinnerungsführers mit der Antragstellerin vor Beginn der Sitzung sei übliche Praxis und bereits mit der Terminsgebühr abgegolten.
Die Urkundsbeamtin hat der Erinnerung nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.
II.
Nach § 155 Abs. 2 Nr. 5 i. V. m. Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ist für die Entscheidung über die Erinnerung der Berichterstatter des nach dem Geschäftsverteilungsplan des Landessozialgerichts nunmehr zuständigen 5. Senates zuständig.
Die nach § 56 Abs. 1 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) statthafte und auch im Übrigen zulässige Erinnerung ist begründet.
Es war nur über die allein streitige Einordnung der Verfahrensgebühr innerhalb des durch Nr. 3501 VV RVG eröffneten Gebührenrahmens zu entscheiden.
Bei Rahmengebühren bestimmt entsprechend § 14 Abs. 1 RVG der Rechtsanwalt die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers nach billigem Ermessen. Ein besonderes Haftungsrisiko des Rechtsanwalts kann bei der Bemessung herangezogen werden. Bei Rahmengebühren, die sich nicht nach dem Gegenstandswert richten, ist das Haftungsrisiko zu berücksichtigen. Ist die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen, ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist.
Für die Bemessung der Gebühr ist von der Mittelgebühr im Hauptsacheverfahren auszugehen. Mit der Mittelgebühr wird die Tätigkeit eines Rechtsanwalts in einem Durchschnittsfall abgegolten. Hier liegt die Mittelgebühr der Gebühr nach Nr. 3501 VV RVG – wie der Erinnerungsführer zutreffend ausführt – bei 87,50 EUR. Der Senat geht im vorliegenden Fall von einem solchen Durchschnittsfall aus, weshalb die Festsetzung einer Verfahrensgebühr in Höhe der Mittelgebühr nicht unbillig ist. Der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit lag für ein Eilverfahren im durchschnittlichen Bereich. Auch die Schwierigkeit (die etwaige Berücksichtigung von Nutzungsentschädigungen an den geschiedenen Ehemann bei den Kosten der Unterkunft) war durchschnittlich. Die Bedeutung der Angelegenheit für die Antragstellerin lag im üblichen Bereich der Eilverfahren beim Landesozialgericht. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Antragstellerin führten ebenfalls nicht zu einer Abweichung, da sie Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) bezog.
Bei der Bemessung der Verfahrensgebühr ist abweichend von der Auffassung des Erinnerungsgegners nicht nur auf die – hier eher geringfügigen – Tätigkeiten des Rechtsanwalts abzustellen, die dieser nach dem Zeitpunkt des Wirksamwerdens seiner Beiordnung erbracht hat. Vielmehr ist der gesamte Arbeits- und Zeitaufwand, den der Beschwerdeführer im Verfahren aufgewendet hat, in die Beurteilung einzubeziehen (Bayerisches Landessozialgericht, Beschluss vom 22. Juli 2010 – L 15 SF 303/09 B E – (Rn. 21); Landessozialgericht NRW, Beschluss vom 24. September 2008 – L 19 B 21/08 AS – (Rn. 29); SG Fulda, Beschluss vom 25. Juli 2011 – S 3 SF 27/10 E –m. w. N.; a. A.: Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht, Beschluss vom 17. Juli 2008 – L 1 B 127/08 – (Rn. 9) ohne konkrete Begründung, jeweils juris).
Zwar werden gebührenauslösende Tätigkeiten zwischen der Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens bzw. der Bestellung als Bevollmächtigter in einem gerichtlichen Verfahren und dem Wirksamwerden der Beiordnung grundsätzlich von dem Vergütungsanspruch des beigeordneten Rechtsanwalts nach §§ 45, 48 RVG nicht erfasst. Jedoch ist zu berücksichtigen, dass in Verfahren nach § 197a SGG, in denen streitwertgebundene Wertgebühren nach § 3 Abs. 1 Satz 2 RVG anfallen, die Verfahrensgebühr in voller Höhe bei einer gebührenauslösenden Tätigkeit des Rechtsanwalts nach dem Wirksamwerden der Beiordnung nach § 48 Abs. 1 Satz 1 RVG erstattungsfähig ist, auch wenn der Rechtsanwalt schon vor dem Wirksamwerden der Beiordnung (gebührenauslösend) tätig geworden ist. Die Höhe einer Wertgebühr bestimmt sich nach dem Streitwert (§ 13 RVG) und einem in dem VV RVG festgelegten Gebührensatz; der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit ist für die Gebührenhöhe unerheblich. Die Wertgebühren nach § 3 Abs. 1 Satz 2 RVG fallen bei einem wiederholten Anfall in einem Verfahren grundsätzlich mit einem festen, in dem VV RVG bestimmten Gebührensatz an und erhöhen sich auch bei wiederholtem Anfall nicht. Dies gilt insbesondere für die hier streitige Verfahrensgebühr, die nicht auf eine singuläre Handlung oder ein solches Ereignis bezogen ist, sondern eine "Dauergebühr" darstellt, die dem Grunde nach im Prozessbetrieb ständig anfällt und die Tätigkeit des Rechtsanwalts in gerichtlichen Verfahren umfassend abgilt, soweit nicht der Anfall einer Termins- oder Erledigungsgebühr ausgelöst wird. Bei dem Anfall von Wertgebühren im Festsetzungsverfahren nach § 55 RVG wird die Tätigkeit eines beigeordneten Rechtsanwalts so behandelt, als ob der Rechtsanwalt erst mit der Beiordnung in den Rechtsstreit eingetreten wäre. Die Forderungssperre gegenüber dem Mandanten nach § 122 Abs. 1 Nr. 3 Zivilprozessordnung (ZPO) gilt für alle nach der Beiordnung verwirklichten Gebührentatbestände, auch wenn diese bereits vor der Beiordnung erfüllt waren, sodass sich im Fall der Wertgebühren die aus der Staatskasse zu erstattenden Gebühren auf vor der Beiordnung liegende Tätigkeiten erstrecken (Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen a. a. O., mit weiteren Hinweisen auf zivilgerichtliche Rechtsprechung). Würde man mit dem Erinnerungsgegner die vorgenommene Kürzung akzeptieren, hätte dies zur Folge, dass der Rechtsanwalt einen Gebührenausfall hinnehmen müsste, ohne dass es ihm möglich wäre, seine vollständige Gebührenforderung zu verwirklichen (SG Fulda a. a. O.). Vor diesem Hintergrund kommt es für die unstreitig entstandene und nur der Höhe nach streitige Verfahrensgebühr nicht auf den im Beschluss des Landessozialgerichts vom 25. September 2008 genannten Stichtag (27. Juni 2008) an.
Der Senat legt im Ergebnis die Mittelgebühr von 87,50 EUR zugrunde. Hiervon sind die bereits festgesetzten 15,00 EUR abzusetzen, sodass sich ein Betrag von 72,50 EUR ergibt, der zu den ebenfalls bereits festgesetzten 260,97 EUR hinzuzurechnen ist. Die zu erstattenden Kosten betragen damit insgesamt 333,47 EUR.
Das Beschwerdeverfahren ist gebührenfrei; Kosten sind nicht zu erstatten, § 56 Abs. 2 RVG.
Dieser Beschluss ist endgültig, § 178 Abs. 1 SGG.
Rechtskraft
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