S 15 AL 238/11

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Frankfurt (HES)
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
15
1. Instanz
SG Frankfurt (HES)
Aktenzeichen
S 15 AL 238/11
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Bei der Berechnung des Zeitraums, während dessen ein Anspruch auf Arbeitslosengeld wegen des Erhalts einer Entlassungsentschädigung und einem Ausscheiden aus dem vorangegangenen Arbeitsverhältnis ohne Einhaltung der für den Arbeitgeber vorgesehenen Kündigungsfrist ruht, und der in diesem Zusammenhang notwendigen Ermittlung des kalendertäglich verdienten Arbeitsentgelts, durch das der anrechenbare Teil der Entlassungsschädigung zu teilen ist, sind auch nicht-beitragspflichtige Entgeltbestandteile zu berücksichtigen (hier: der Aufstockungsbetrag bei Altersteilzeit im Sinne von § 3 Abs 1 Nr 1 Bst a AltTZG).
I. Die Beklagte wird unter Abänderung des Ruhensbescheides nach § 143a SGB III vom 02.02.2011, geändert durch den Bescheid vom 05.05.2011, und des Leistungsbescheides vom 03.02.2011, geändert durch die Bescheide vom 15.03.2011, 27.04.2011 und 05.05.2011, alle in Gestalt des undatierten Widerspruchsbescheides zum Aktenzeichen xxxxx, sowie des Leistungsbescheides vom 24.08.2011 verurteilt, der Klägerin Arbeitslosengeld bereits ab 18.08.2011 zu gewähren, wobei der Ruhenszeitraum wegen der Entlassungsentschädigung bereits mit dem 24.07.2011 endet.

II. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

III. Die Beklagte hat der Klägerin die Hälfte der zur Rechtsverfolgung notwendigen Kosten zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Frage, in welchem Umfang der Anspruch der Klägerin auf Arbeitslosengeld wegen des Erhalts einer Abfindung beim Ausscheiden aus dem letzten Beschäftigungsverhältnis ruht, und die sich daraus ergebenden leistungsrechtlichen Konsequenzen.

Die 1953 geborene Klägerin war seit dem 01.05.1990 bei der Fa. XY GmbH bzw. im YZ-Konzern beschäftigt. Vom 01.08.2007 bis zum 31.08.2008 und damit bis zum Beginn ihrer durch Vertrag vom 13.07.2007 geregelten Altersteilzeit nahm die Klägerin unbezahlten Sonderurlaub. Ab dem 01.09.2008 arbeitete sie, wie vorgesehen, in Altersteilzeit, deren Ende mit dem 31.08.2014 vorgesehen war; in diesem Rahmen reduzierte sie die Arbeitszeit auf durchschnittlich die Hälfte der regulären Arbeitszeit, konkret auf 18,75 Stunden pro Woche, mit im Einzelnen variablen Einsatzmöglichkeiten. Als Entgelt erhielt sie fortan 2.524,77 Euro (statt in Vollzeit 5.049,53 Euro) zuzüglich eines Aufstockungsbetrags für die Altersteilzeit gemäß dem entsprechenden Tarifvertrag im Konzern ihrer Arbeitgeberin und einer einmaligen Abfindung von 7.132,48 Euro.

Nachdem die Klägerin von Februar 2009 bis 21.05.2010 (arbeitsunfähig gewesen war und) Krankengeld erhalten hatte, nahm sie am 24.05.2010 ihre Arbeit wieder auf. Sie erhielt ab diesem Zeitpunkt regelmäßig eine monatliche Grundvergütung von 2.714,56 Euro sowie Anteilszahlungen auf das Urlaubs- und Weihnachtsgeld in Höhe von 226,21 Euro und 42,61 Euro und Zahlungen zu Gunsten einer privaten und beruflichen Unfallversicherung in Höhe von 0,77 Euro bzw. 2,32 Euro, insgesamt also ein steuer- und beitragspflichtiges Einommen von 2.986,47 Euro monatlich, sowie den Aufstockungsbetrag für die Altersteilzeit in Höhe von 953,04 Euro monatlich, für den Steuern und Beiträge nicht abgeführt wurden. Im Juni 2010 kam eine steuer- und beitragspflichtige und als "ErgBet.Geschäftsf.ant" bezeichnete Einmalzahlung in Höhe von 363,92 Euro hinzu. Im Mai 2010 wurde die Grundvergütung – wegen der Arbeitsaufnahme erst am 24.05.2010 – nur anteilig, und zwar in Höhe von 633,40 Euro gezahlt, die sonstigen Zahlungen dagegen in voller Höhe, insgesamt also ein steuer- und beitragspflichtiges Einkommen in Höhe von 905,31 Euro, und der Aufstockungsbetrag in Höhe von 953,04 Euro. Wegen der Einzelheiten wird auf die Vergütungsabrechnungen – Bl. 47 ff. der Gerichtsakte (im Folgenden: GA) – und die Bescheinigung der Arbeitgeberin – Bl. 64 der zur Klägerin geführten Leistungsakte (im Folgenden: LA) – Bezug genommen.

Unter dem 08.12.2010 stimmte die Klägerin wegen der für sie mit ihrer Arbeitstätigkeit verbundenen Belastungen auf ärtzlichen Rat einer Aufhebung ihres Arbeitsvertrages zum 31.12.2010 zu, wobei sie sich bereits einen Tag zuvor bei der Beklagten gemeldet hatte. Wie nach dem Aufhebungsvertrag vorgesehen – insoweit wird wegen der Einzelheiten auf Bl. 10 ff. LA verwiesen –, schied sie zum 31.12.2010 aus dem Arbeitsverhältnis aus, wobei sie eine Abfindung in Höhe von 108.350,00 Euro erhielt.

Die Beklagte stellte daraufhin mit dem angefochtenen Bescheid vom 02.02.2011 fest, der Anspruch der Klägerin auf Arbeitslosengeld ruhe nach § 143a Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) – Arbeitsförderung – vom 01.01.2011 bis 31.12.2011, da die ordentlich nicht mehr kündbare Klägerin gegen Erhalt einer Abfindung aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden sei. Mit einem weiteren Bescheid ebenfalls vom 02.02.2011 stellte die Beklagte den Eintritt einer Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe und das Ruhen des Leistungsanspruchs in der Zeit vom 01.01.2011 bis 25.03.2011 fest. Unter Berücksichtigung dieser Bescheide und eines weiteren Ruhenszeitraums bis 14.01.2011 wegen des Erhalts einer Urlaubsabgeltung bewilligte die Beklagte schließlich am 03.02.2011 mit einem dritten Bescheid Arbeitslosengeld in Höhe von 37,33 Euro täglich (nach einem Bemessungsentgelt von 99,94 Euro täglich, das sie allein aus dem tatsächlich erzielten beitragspflichtigen Entgelt berechnete).

Nachdem die Klägerin unter dem 08.02.2011 Widerspruch gegen die Entscheidungen der Beklagten eingelegt und dabei insbesondere die Höhe der Leistung sowie den Eintritt einer Sperrzeit und das Ruhen wegen des Erhalts einer Urlaubsabgeltung beanstandet hatte, half die Beklagte zunächst mit Bescheid vom 15.03.2011 dem Widerspruch wegen der Urlaubsabgeltung mit der Formulierung "den Bescheid vom 03.02.2011 hebe ich auf" ab. Mit einem weiteren Bescheid vom gleichen Tag und entsprechender Formulierung half sie auch dem Widerspruch wegen des Eintritts einer Sperrzeit ab; zudem erteilte sie, ebenfalls am 15.03.2011, einen entsprechend angepassten Leistungsbescheid über die Bewilligung von Arbeitslosengeld in unveränderter Höhe.

Nach weiteren Ermittlungen zu dem zuvor verdienten Arbeitsentgelt erhöhte sie durch Bescheid vom 27.04.2011 (das Bemessungsentgelt unter Berücksichtigung des Regelentgelts ohne Altersteilzeit auf 177,30 Euro täglich und) den täglichen Leistungssatz nach Ablauf des Ruhenszeitraums nach § 143a SGB III auf 56,95 Euro. Zudem verkürzte sie diesen mit Bescheid vom 05.05.2011 auf die Zeit vom 01.01.2011 bis zum 28.09.2011, erteilte unter dem gleichen Datum einen Leistungsbescheid, der diese Änderung umsetzte, und zudem einen weiteren geänderten Leistungsbescheid, der nunmehr ein Bemessungsentgelt von 179,71 Euro täglich und einen Leistungssatz von 57,48 Euro täglich vorsah. Auf Bl. 89 LA sowie Bl. 38 und 40 GA wird verwiesen.

Die Klägerin legte unter dem 09.05.2011 erneut Widerspruch, nunmehr ausdrücklich wegen des Ruhens nach § 143a SGB III, ein, da bei der Ermittlung des Ruhenszeitraums das nunmehr mit 179,71 Euro berechnete Bemessungsentgelt nicht berücksichtigt worden sei. Diesen Widerspruch wies die Beklagte mit – undatiertem – Widerspruchsbescheid zurück. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, für die Berechnung des Ruhenszeitraums sei dem berücksichtigungsfähigen Anteil der Entlassungsentschädigung das kalendertägliche Arbeitsentgelt gegenüberzustellen, das die Klägerin während ihrer letzten Beschäftigungszeit verdient habe. Dabei regele § 143a Abs. 2 S. 5 SGB III abschließend, dass nur Arbeitsentgeltkürzungen infolge von Krankheit, Kurzarbeit, Arbeitsausfall oder Arbeitsversäumnis außer Betracht blieben. Kürzungen infolge von Altersteilzeit fielen nicht hierunter. Dies entspreche auch dem Sinn des Gesetzes, nachdem der Ruhenszeitraum sich danach berechnen solle, wann die Abfindung von Gesetzes wegen als verbraucht gelte, wenn das Arbeitsverhältnis ohne Inanspruchnahme der Abfindung weiter bestanden hätte. Es sei demnach auf das tatsächlich erzielte Arbeitsentgelt abzustellen. Während der letzten Beschäftigungszeit habe die Klägerin tatsächlich aber nur ein Entgelt von kalendertäglich 99,94 Euro erzielt.

Die Klägerin hat daraufhin am 04.07.2011 Klage erhoben.

Während des Klageverfahrens hat sie während der Zeit vom 07.07.2011 bis zum 17.08.2011 an einer Rehabilitationsmaßnahme teilgenommen. Die Beklagte hat die Leistungsbewilligung vor diesem Hintergrund aufgehoben und mit Bescheid vom 24.08.2011 Leistungen – dem Grunde nach ab 18.08.2011, aber wiederum unter Berücksichtigung eines bis zum 28.09.2011 dauernden Ruhenszeitraums – in unveränderter Höhe wiederbewilligt. Auf Bl. 42 GA wird verwiesen.

Zur Begründung ihrer Klage macht die Klägerin im Wesentlichen geltend, bei der Berechnung des Ruhenszeitraums habe die Beklagte von dem vor Beginn der Altersteilzeit verdienten Arbeitsentgelt auszugehen, jedenfalls aber den Aufstockungsbetrag zu berücksichtigen. Dies entspreche ihrer realen Einkommenssituation besser, so dass auch die Berechnung der durch die vorzeitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses entgangenen und mit der Abfindung abgegoltenen Entgeltzahlungen und damit das Ende des Ruhenszeitraums sich danach zu orientieren hätten. Ob das Entgelt steuer- und beitragspflichtig gewesen sei, spiele im hiesigen Zusammenhang keine Rolle. Nach ihren Berechnungen ergebe sich als letzter Tag des Ruhenszeitraums der 31.05.2011.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,
die Beklagte unter Abänderung des Ruhensbescheides nach § 143a SGB III vom 02.02.2011, geändert durch den Bescheid vom 05.05.2011, und des Leistungsbescheides vom 03.02.2011, geändert durch die Bescheide vom 15.03.2011, 27.04.2011 und 05.05.2011, alle in Gestalt des undatierten Widerspruchsbescheides zum Aktenzeichen xxxxx, sowie des Leistungsbescheides vom 24.08.2011 zu verurteilen, ihr Arbeitslosengeld auch für die Zeit vom 01.06.2011 bis 06.07.2011 und bereits ab 17.08.2011 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Sie verteidigt ihre Bescheide. Die Aufstockungsbeträge wegen der Altersteilzeit könnten zur Berechnung nicht herangezogen werden, weil sie der Steuer- und Beitragspflicht nicht unterlegen hätten.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichts- sowie der zur Klägerin geführten Leistungsakte der Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Kammer konnte durch Urteil ohne (erneute) mündliche Verhandlung entscheiden, nachdem beide Beteiligte entsprechend § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ihr Einverständnis hiermit erklärt haben.

Die Klage ist zulässig und (nur) in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet. Die Klägerin kann verlangen, dass bei der Berechnung des Ruhenszeitraums auch die wegen der Altersteilzeit erbrachten Aufstockungsbeträge berücksichtigt werden, nicht dagegen, dass sie fiktiv so gestellt wird, als habe sie im maßgeblichen Zeitraum das für eine Vollzeittätigkeit geschuldete Entgelt erhalten.

I. Gegenstand des Verfahrens ist zunächst der Ruhensbescheid nach § 143a SGB III wegen der erhaltenen Abfindung vom 02.02.2011, geändert durch den Bescheid vom 05.05.2011. In rechtlicher Einheit mit diesem stehen die Leistungsbescheide vom 03.02.2011 – dieser geändert durch die Bescheide vom 15.03.2011, 27.04.2011 und 05.05.2011 – und vom 18.08.2011, da diese zum einen im Text die Ruhensentscheidung wiederholen, vor allem aber die Leistungsbewilligung unter Berücksichtigung der Ruhensentscheidung verfügen. Insofern sind auch alle vor dem Ende Juni 2011 erteilten Widerspruchsbescheid ergangenen Bescheide der Sache nach in diesem abgehandelt worden, auch wenn die Beklagte dies nicht ausdrücklich zum Ausdruck gebracht hat. Der (Wiederbewilligungs-)Bescheid vom 18.08.2011, der sich erneut auf die Ruhensentscheidung stützt, ist jedenfalls über eine entsprechende Anwendung von § 96 SGG zum Gegenstand des Verfahrens geworden.

Mit den genannten Bescheiden hat die Beklagte die Erbringung von Arbeitslosengeld während der Zeit des von ihr angenommenen Ruhens vom 01.01.2011 bis 28.09.2011 abgelehnt. Dies ist – abgesehen von der unstreitigen Zeit der Unterbrechung der Leistungsberechtigung wegen der Teilnahme an einer vom Rentenversicherungsträger erbrachten Maßnahme der Rehabilitation vom 07.07. bis zum 17.08.2011 – Gegenstand des Leistungsbegehrens der Klägerin.

Auch der Leistungsbescheid vom 03.02.2011 ist dabei (weiter) Gegenstand der Auseinandersetzung der Beteiligten und auch des hiesigen Verfahrens. Die beiden Abhilfebescheide vom 15.03.2011 enthielten zwar die Formulierung, hiermit werde der Bescheid vom 03.02.2011 aufgehoben. Dennoch ist den Bescheiden als tatsächlich gewollter Inhalt im Wege der Auslegung zu entnehmen, dass die Beklagte mit ihnen nur (zu Gunsten der Klägerin) deren Widerspruch gegen das Ruhen ihres Anspruchs wegen einer Sperrzeit bzw. wegen des vermeintlichen Erhalts einer Urlaubsabgeltung entsprechen und nicht (zu Lasten der Klägerin) der Bescheid vom 03.02.2011 vollständig und damit auch die darin enthaltene Leistungsbewilligung aufheben wollte. Das ergibt sich mit noch hinreichender Eindeutigkeit aus dem zeitlichen Zusammenhang, der Bezeichnung beider Bescheide als Abhilfebescheid und der Bestätigung der Leistungsbewilligung durch den am gleichen Tage erlassenen weiteren Leistungsbescheid. Im Übrigen wäre eine Aufhebung des Bescheides vom 03.02.2011, soweit er die Klägerin begünstigte, offensichtlich rechtswidrig gewesen.

Nicht mehr Gegenstand des Verfahrens sind dagegen die durch die genannten Abhilfebescheide tatsächlich aufgehobenen Verfügungen hinsichtlich des Ruhens des Leistungsanspruchs wegen des Eintritts einer Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe bzw. des Erhalts einer Urlaubsabfindung. Insoweit hat die Beklagte die Beschwer der Klägerin schon vorgerichtlich beseitigt. Auch die nicht auf das Ruhen des Anspruchs nach § 143a SGB III bezogenen Verfügungssätze der Leistungsbescheide (wie die Dauer des Leistungsanspruchs dem Grunde nach oder die Höhe des Anspruchs) sind nicht Gegenstand des Verfahrens; insoweit besteht zwischen den Beteiligten aber auch kein Streit (mehr). Schließlich können auch die mittelbaren Auswirkungen der hier streitigen Entscheidung, also die Fragen der Höhe des ggf. vom Rentenversicherungsträger zu erbringenden Übergangsgeldes, der Zuzahlung für den Krankenhausaufenthalt und der Krankenversicherungsbeiträge, nicht im hiesigen Verfahren zwischen den hier Beteiligten geklärt werden. Dementsprechend dient die Darlegung der entsprechenden Nachteile im Rahmen der Klagebegründung erkennbar (nur) der Erläuterung der hiesigen Klage und ihrer Bedeutung für die Klägerin, ist aber nicht so zu verstehen, als verlange diese entsprechende Leistungen (von der hiesigen Beklagten im hiesigen Verfahren).

II. Die Klage ist zulässig, insbesondere als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage nach § 54 Abs. 4 SGG statthaft sowie form- und fristgerecht erhoben, und in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang auch begründet. Das Ruhen des Anspruchs wegen der Abfindung beschränkt sich auf die Zeit bis 24.07.2011 (dazu 1.); ab dem Zeitpunkt der erneuten Arbeitslosmeldung nach dem Ende der Rehabilitationsmaßnahme, also ab dem 18.08.2011, war der Klägerin daher auch ein Anspruch auf Arbeitslosengeld zuzusprechen (dazu 2.).

1. Das Ruhen des Anspruchs richtet sich nach § 143a SGB III in der bis 31.03.2012 und damit im streitigen Zeitraum geltenden, zuletzt durch das Dritte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2003 (BGBl. I, S. 2848) mit Wirkung zum 01.01.2005 geänderten Fassung (a.F.; heute: § 158 SGB III).

Nach dessen Absatz 1 ruht ein Anspruch auf Arbeitslosengeld von dem Ende des Arbeitsverhältnisses an bis zu dem Tag, an dem das Arbeitsverhältnis bei Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist des Arbeitgebers geendet hätte, wenn die Arbeitslose wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Abfindung, Entschädigung oder ähnliche Leistung (Entlassungsentschädigung) erhalten oder zu beanspruchen hat und das Arbeitsverhältnis ohne Einhaltung der genannten Frist beendet worden ist. Die Frist beginnt mit der Kündigung, die der Beendigung des Arbeitsverhältnisses vorausgegangen ist, bei Fehlen einer solchen Kündigung mit dem Tage der Vereinbarung über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Ist – wie hier – die ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber zeitlich unbefristet ausgeschlossen, so gilt fiktiv eine Kündigungsfrist von 18 Monaten (§ 143a Abs. 1 S. 3 Nr. 1 SGB III). Der Anspruch ruht allerdings längstens ein Jahr (§ 143a Abs. 2 S. 1 SGB III) und vor allem nicht über den Tag hinaus, bis zu dem die Arbeitslose bei Weiterzahlung des während der letzten Beschäftigungszeit kalendertäglich verdienten Arbeitsentgelts einen Betrag in Höhe von sechzig Prozent der nach Absatz 1 zu berücksichtigenden Entlassungsentschädigung als Arbeitsentgelt verdient hätte (§ 143a Abs. 2 S. 2 Nr. 1 SGB III). Der in diesem Zusammenhang zu berücksichtigende Anteil der Entlassungsentschädigung vermindert sich sowohl für je fünf Jahre des Arbeitsverhältnisses in demselben Betrieb oder Unternehmen als auch für je fünf Lebensjahre nach Vollendung des fünfunddreißigsten Lebensjahres um je fünf Prozent; er beträgt nicht weniger als fünfundzwanzig Prozent der Entlassungsentschädigung (§ 143a Abs. 2 S. 3 SGB III). Bei der Berechnung gelten als letzte Beschäftigungszeit die am Tag des Ausscheidens aus dem Beschäftigungsverhältnis abgerechneten Entgeltabrechnungszeiträume der letzten zwölf Monate; § 130 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 und Abs. 3 gilt entsprechend; Arbeitsentgeltkürzungen infolge von Krankheit, Kurzarbeit, Arbeitsausfall oder Arbeitsversäumnis bleiben außer Betracht (§ 143a Abs. 2 S. 4 und 5 SGB III).

Die Voraussetzungen eines Ruhens nach dieser Vorschrift dem Grunde nach sind zwischen den Beteiligten zu Recht unstreitig: Die Klägerin, die von ihrer Arbeitgeberin ordentlich nicht mehr gekündigt werden konnte, hat auf Grund des Aufhebungsvertrags vom 08.12.2010 wegen ihres Ausscheidens zum 31.12.2010 eine Abfindung in Höhe von 108.350,00 Euro erhalten.

Streitig ist vielmehr allein die Dauer des Ruhens. Wegen der Unkündbarkeit der Klägerin ist im Wege einer Vergleichsberechnung bzw. in einem ersten Schritt von einer achtzehnmonatigen Frist, beginnend mit dem Tag der Zustimmung zu dem Aufhebungsvertrag auszugehen (§ 143a Abs. 1 S. 2 Nr. 1 SGB III); Ende des Ruhenszeitraums wäre danach der 07.06.2012, so dass die Begrenzung auf ein Jahr (§ 143a Abs. 2 S. 1 SGB III), vor allem aber die weitere Begrenzung nach § 143a Abs. 2 S. 2 Nr. 1 i.V.m. S. 3 SGB III zum Tragen kommt. Auf Grund der Dauer der Betriebszugehörigkeit (über 20 Jahre) und des Alters der Klägerin (geboren 1953) sind dabei unstreitig nur 25% der erhaltenen Abfindung, also 27.087,50 Euro, bei der Berechnung des Ruhenszeitraums zu berücksichtigen. Streitig zwischen den Beteiligten ist dagegen der Teiler, also die Frage, mit welcher Höhe das während der letzten Beschäftigungszeit kalendertäglich verdiente Arbeitsentgelt anzusetzen ist.

Auszugehen ist dabei regelmäßig von vergleichbaren Grundsätzen wie bei der Errechnung des Bemessungsentgelts (vgl. nur Düe, in: Niesel/Brand, SGB III, 5. Aufl. 2010, § 143a Rdnr. 35; Valgolio, in: Hauck/Noftz, SGB III, § 143a Rdnr. 88). Allerdings sind – und insofern anders als bei der Berechnung des Bemessungsentgelts – im Rahmen von § 143a SGB III nach Auffassung der Kammer auch versicherungsfreie Entgelte – und damit im konkreten Fall der wegen der Altersteilzeit durch den Arbeitgeber gezahlte Aufstockungsbetrag – einzubeziehen (vgl. so auch Düe, ebd.).

Nachdem der Wortlaut der Vorschrift diese Problematik nicht eindeutig klärt, ist in diesem Zusammenhang insbesondere der Zweck der Regelung maßgeblich. Durch die (nur anteilige) Anrechnung der Abfindung und das durch sie bewirkte Ruhen des Leistungsanspruchs reagiert das Gesetz darauf, dass in die von den Arbeitsvertragsparteien vereinbarte Höhe einer Abfindung regelmäßig einfließt, dass (und in welchem Umfang) der Arbeitnehmer Arbeitsentgelt auf Grund der vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgibt, umgekehrt der Arbeitgeber entsprechende Aufwendungen erspart. Insofern berücksichtigt die Vorschrift – wenn auch in notwendig pauschalierter Form –, dass eine Abfindung bei einem Ausscheiden ohne Einhaltung der Kündigungsfrist regelmäßig nicht nur für den Verlust des Arbeitsplatzes gezahlt wird, sondern auch der Verlust des Arbeitsnehmers einerseits, die Ersparnis des Arbeitgebers ausgeglichen werden soll. Der Gesetzgeber vollzieht nach, dass der Arbeitnehmer bei Abschluss des Aufhebungsvertrags darauf schauen muss, durch eine Abfindung wirtschaftlich auch für die Zeit, für die er durch die vorzeitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses auf Entgelt verzichtet, nicht schlechter gestellt zu werden als bei einem regulären Ende.

Vor diesem Hintergrund ist es sachgerecht, auch nicht versicherungspflichtige Teile des Entgelts in die Berechnung einzubeziehen: Für die Arbeitsvertragsparteien und ihre Kalkulation, welchen Betrag sie zur Abgeltung des wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht (mehr) gezahlten Arbeitsentgelts einsetzen, ist nicht, jedenfalls nicht von maßgeblicher Bedeutung, ob für das Arbeitsentgelt (auch noch) Steuern und Sozialversicherungsbeiträge hätten abgeführt werden müssen. Vielmehr ist namentlich für den Arbeitnehmer – und dessen entsprechende Interessen werden durch § 143a Abs. 2 S. 2 Nr. 1 SGB III geschützt – nur von Belang, welche Beträge, seien sie versteuert und verbeitragt oder nicht, er wegen des vorzeitigen Endes des Arbeitsverhältnisses nicht mehr erhält und durch die Abfindung ausgleichen muss. Auch steuer- und beitragsfreie Entgeltzahlungen – wie im konkreten Fall die Ausgleichszahlung wegen der Altersteilzeit – sind daher bei der Berechnung des kalendertäglichen Arbeitsentgelts, durch das der Abfindungsbetrag nach der genannten Vorschrift zu teilen ist, zu berücksichtigen.

Zusätzlich lässt sich zu Gunsten der hier vertretenen Auffassung unter systematischen Gesichtspunkten anführen, dass die Aufstockungsbeträge auch in anderen sozial(versicherungs)rechtlichen Zusammenhängen als zu berücksichtigendes Einkommen behandelt werden, wobei insoweit etwa § 18a Abs. 1 S. 2 Nr. 1 SGB IV zu nennen ist. Soweit das BSG (17.04.2007 – B 5 RJ 33/05 R) im rentenversicherungsrechtlichen Zusammenhang die Behandlung als Arbeitsentgelt abgelehnt hat, ist darauf zu verweisen, dass die vom BSG zur Begründung angeführte regelmäßige Korrespondenz von Beitrags- und Leistungsrecht im hiesigen Zusammenhang nicht von Bedeutung ist und gerade die ausdrückliche Freistellung der hier streitigen Beträge von der Steuerpflicht (§ 3 Nr. 28 Einkommenssteuergesetz) und damit von der Beitragspflicht zeigt, dass es sich hier durchaus um Entgelte handelt.

Soweit die von der Kammer für zutreffend erachtete Auffassung zu einer gewissen Erschwernis für die Verwaltung führt, weil diese im Rahmen von § 143a SGB III nicht ungeprüft auf das Bemessungsentgelt zurückgreifen kann, ist dies hinzunehmen. Schon die nur eingeschränkte Verweisung auf § 130 SGB III in § 143a Abs. 2 S. 5 SGB III zeigt, dass es hier zu Differenzen kommen kann, die die Verwaltung ohnehin zu der Prüfung zwingen, ob das Bemessungsentgelt schlicht übernommen werden kann.

Im Ergebnis sind daher die Aufstockungsbeträge wegen der Altersteilzeit in die Berechnung einzubeziehen, wobei wegen der pauschalierten Berechnung unberücksichtigt bleiben muss, ob und in welchem Umfang der Arbeitgeber hierfür Erstattung nach § 4 Altersteilzeitgesetz (AltTZG) von der Beklagten erhalten kann. Für den Arbeitnehmer, der zu kalkulieren hat, welches Entgelt ihm auf Grund der vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses entgeht, und dafür einen Ausgleich im Rahmen der Abfindungsregelung suchen muss und dessen Interessen, wie erwähnt, durch die Regelung geschützt werden, ist dieser Umstand ohnehin gleichgültig.

Dagegen ist es weder angesichts des Wortlauts der Vorschrift noch vor dem Hintergrund des dargestellten Zwecks sachgerecht, auf ein hypothetisches Arbeitsentgelt (hier: das vor Beginn der Altersteilzeit verdiente Entgelt) abzustellen, wie die Klägerin dies verlangt hat: Ein solches hätte der Arbeitnehmer, wenn der Aufhebungsvertrag nicht geschlossen worden wäre, weder verdient, noch hätte der Arbeitgeber entsprechende Beträge aufwenden müssen. Insofern kann es in die durch § 143a Abs. 2 S. 2 Nr. 1 i.V.m. S. 3 ff. SGB III pauschalierend nachvollzogene Kalkulation des entsprechenden Anteils an der Abfindungssumme nicht eingegangen sein. Einer der in § 143a Abs. 2 S. 5 HS. 2 SGB III ausdrücklich genannten Ausnahmefälle, bei denen eine Entgeltreduzierung ausnahmsweise unberücksichtigt bleibt, liegt nicht vor.

Im konkreten Fall ergibt sich auf dieser Grundlage folgende Berechnung: Angesichts der Überweisung des Entgelts für Dezember 2010 teilweise erst im Januar 2011, wie sie sich aus dem Schreiben der Klägerin vom 25.05.2012 (GA Bl. 46) und den dazu eingereichten Unterlagen ergibt, muss davon ausgegangen werden, dass der Dezember 2010 beim Ausscheiden aus der Beschäftigung noch nicht vollständig abgerechnet worden war. Das Dezemberentgelt ist daher bei der Berechnung nach § 143a Abs. 2 S. 4 HS. 1 SGB III nicht zu berücksichtigen. In der Konsequenz kommt es auf die Frage, aus welchem Grunde der Arbeitgeber für Dezember 2010 in der von ihm erstellten Arbeitsbescheinigung nach § 312 SGB III eine Einmalzahlung von 303,24 Euro ausgewiesen hat, die in der von der Klägerin vorgelegten Verdienstabrechnung nicht ersichtlich ist, nicht an, so dass dieser Diskrepanz nicht weiter nachzugehen ist. Der Mai 2010 kann nur mit acht Tagen, also ab der zwischen den Beteiligten nicht streitigen Arbeitsaufnahme am 24.05.2010 nach der vorangegangenen Zeit der Arbeitsunfähigkeit, berücksichtigt werden. Auch der Aufstockungsbetrag, obwohl er auch im Mai in voller Höhe gezahlt wurde, ist (nur) entsprechend dem Anteil der im Mai gearbeiteten Tage der letzten Beschäftigungszeit zuzurechnen.

Insgesamt ergibt sich damit aus den vorliegenden Verdienstabrechnungen und der Arbeitsbescheinigung des Arbeitgebers in der maßgeblichen Zeit vom 24.05. bis 30.11.2010 ein beitragspflichtiges Arbeitsentgelt in Höhe von 19.188,05 Euro (für Juli bis November 2010 je 2.986,47 Euro, für Juni 2010 3.350,39 Euro und für Mai 2010 905,31 Euro). Hinzu kommt der Aufstockungsbetrag für die Altersteilzeit im genannten Zeitraum in Höhe von 5.964,19 Euro (für Juni bis November 2010: 6 x 953,04 Euro, für die acht gearbeiteten Tage im Mai 8/31 aus 953,04 Euro), insgesamt somit ein Gesamtentgelt von 25.152,24 Euro. Dieser Betrag ist durch die Zahl der Tage im genannten Zeitraum – also die Zahl der Tage, in denen die Klägerin das Entgelt erarbeitet hat –, konkret durch 191 Tage, zu teilen, so dass sich ein kalendertägliches Entgelt von 131,69 Euro errechnet. Ausgehend von dem anrechenbaren Teil der Abfindung (also von 27.087,50 Euro) ruht der Anspruch im Ergebnis für 205 Kalendertage und somit bis einschließlich 24.07.2011.

2. Die sonstigen Voraussetzungen für einen Anspruch auf Arbeitslosengeld lagen abgesehen von der unstreitigen Unterbrechung wegen der Rehabilitationsmaßnahme vom 07.07.2011 bis 17.08.2011 – vor. Die Klägerin war (außer während der Zeit der Rehabilitation, während derer sie für die Beklagte nicht verfügbar war) arbeitslos, sie hatte die Anwartschaftszeit erfüllt und sich zum 01.01.2011 und dann erneut am 18.08.2011 arbeitslos gemeldet. Der Ruhenszeitraum endete damit während der Zeit der Rehabilitation, so dass der Klägerin ein Leistungsanspruch (erst) ab der erneuten Arbeitslosmeldung am 18.08.2011 zuzusprechen war.

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und berücksichtigt, dass die Klägerin jedenfalls ursprünglich von einem Ende des Ruhens bereits am 31.05.2011 ausgegangen war und ihre Klage gemessen daran nur teilweise Erfolg hatte.
Rechtskraft
Aus
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