Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Leipzig (FSS)
Aktenzeichen
S 8 KR 384/09
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 1 KR 115/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Verjährungshemmung durch MDK-Prüfung
Die Einleitung der Prüfung durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung nach § 275 Abs. 1 SGB V hemmt in entsprechender Anwendung des § 204 Abs. 1 Nr. 8 BGB die Verjährung des Rückzahlungsanspruchs einer Krankenkasse gegen ein Krankenhaus.
Die Einleitung der Prüfung durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung nach § 275 Abs. 1 SGB V hemmt in entsprechender Anwendung des § 204 Abs. 1 Nr. 8 BGB die Verjährung des Rückzahlungsanspruchs einer Krankenkasse gegen ein Krankenhaus.
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 21. April 2010 wird zurückgewiesen.
II. Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.
III. Die Revision wird zugelassen.
IV. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 723,21 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Streitig ist die Vergütung von Leistungen der stationären Krankenhausbehandlung.
Die Klägerin betreibt ein in den Krankenhausplan des Freistaates Sachsen aufgenommenes Krankenhaus. Darin wurde vom 28.01.2004 bis 09.02.2004 ein Versicherter der beklagten Krankenkasse behandelt, wegen akuten Myokardinfarktes aufgenommen worden war. Diese Krankenhausbehandlung rechnete die Klägerin auf der Grundlage der Fallpauschale für die Diagnosis Related Group (DRG) F60A (in Höhe von 3.593,89 EUR abzüglich Verlegungsabschlag von 474,74 EUR) ab; dabei kodierte sie als Hauptdiagnose ICD-10 I29.9 (akuter Myokardinfarkt, nicht näher bezeichnet) und als Nebendiagnosen u.a. ICD-10 J90 (Pleuraerguss, anderenorts nicht klassifiziert) und J20.9 (akute Bronchitis, nicht näher bezeichnet). Mit Schreiben vom 22.10.2008 zeigte der Medizinische Dienst des Bundeseisenbahnvermögens (MD-BEV) der Klägerin eine Überprüfung der Kodierung der Nebendiagnosen an und bat um Übersendung der Behandlungsunterlagen. Nach deren Vorlage führte der MD-BEV in seiner gutachterlichen Stellungnahme vom 28.02.2009 aus, der Versicherte sei wegen einer NSTEMI (Non-ST-elevation myocardial infarction) mit konsekutiver dekompensierter Myokardinsuffizienz stationär aufgenommen worden. Im Rahmen der kardialen Dekompensation hätten beidseits deutliche Pleuraergüsse bestanden. Unter diuretischer Therapie und Flüssigkeitsbilanzierung habe eine kardiale Rekompensation und insbesondere die Regredienz der beidseitigen Pleuraergüsse erreicht werden können. Der beidseitige kardial bedingte Pleuraerguss sei bei bekannter Ätiologie gemäß Deutschen Kodierrichtlinie (DKR) D012a "Kreuz-Stern-System" mit dem Sekundärkode J91- (Pleuraerguss bei anderenorts klassifizierten Krankheiten) zu verschlüsseln. Der Kode J90 entfalle somit. Des Weiteren entfalle der Kode J20.9. Im stationären Behandlungsverlauf habe weder eine akute Bronchitis bestanden noch sei das Patientenmanagement gemäß DKR D003b bzw. DKR D008b beeinflusst worden. Mit Schreiben vom 13.03.2009 teilte die Beklagte der Klägerin mit, nach dieser gutachterlichen Stellungnahme des MD-BEV sei die Krankenhausbehandlung mit der DRG-Fallpauschale F60B (in Höhe von 2.395,33 EUR ohne Verlegungsabschlag) abzurechnen, und kündigte die Verrechnung mit dem sich daraus ergebenden Differenzbetrag von 723,21 EUR an. Am 20.04.2009 erklärte die Beklagte die Aufrechnung mit einer anderen Vergütungsforderung der Klägerin (über 2.047,08 EUR für eine Krankenhausbehandlung vom 08.04.2009 bis 10.04.2009).
Die Klägerin hat am 07.10.2009 beim Sozialgericht Leipzig (SG) Klage auf Zahlung dieses Differenzbetrages erhoben. Der von der Beklagten geltend gemachte Rückzahlungsanspruch sei im Zeitpunkt der Verrechnung bereits verjährt gewesen. Die Beklagte hat erwidert, die Einleitung des Begutachtungsverfahrens durch den MD-BEV habe den Eintritt der Verjährung gehemmt.
Das SG hat mit Urteil vom 21.04.2010 die Klage abgewiesen und die Berufung zugelassen. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Zahlung weiterer 723,21 EUR. Die Beklagte habe zu Recht eine Verrechnung in dieser Höhe vorgenommen. Dem könne die Klägerin nicht mit Erfolg entgegenhalten, dass der Anspruch auf Verrechnung verjährt sei. Denn nach damaliger Rechtslage sei die Überprüfungsmöglichkeit durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) noch nicht auf sechs Wochen begrenzt gewesen, wie jetzt nach § 275 Abs. 1c Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V). Auch vertraglich sei keine derartige Regelung vereinbart worden. Damit habe grundsätzlich eine 4-jährige Verjährungsfrist gegolten. Deren Ablauf sei durch die Überprüfungsanzeige des MD-BEV vom 22.10.2008 gehemmt gewesen. Die Vorschrift des § 204 Abs. 1 Nr. 8 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), wonach ein vereinbartes Begutachtungsverfahren die Verjährung hemme, sei entsprechend anwendbar. Dem stehe nicht entgegen, dass die Krankenkassen ein gesetzlich vorgeschriebenes Begutachtungsverfahren einzuleiten hätten. Denn mit der Einschränkung auf "vereinbarte" Begutachtungsverfahren schließe § 204 Abs. 1 Nr. 8 BGB lediglich aus, dass ohne Kenntnis der anderen Seite eingeholte Gutachten die Verjährung hemmen könnten. Die Überprüfung sei auch nicht rechtsmissbräuchlich. Es sei nicht festzustellen, dass die Beklagte nachhaltig, über Einzelfälle hinaus gegen vereinbarte Regeln über das Prüfverfahren bei dessen Einleitung verstoßen hätte. Vielmehr sei die Klägerin ihrer Mitwirkungspflicht nicht nachgekommen.
Hiergegen richtet sich die Klägerin mit ihrer am 13.07.2010 eingelegten Berufung. Zum Zeitpunkt der Verrechnung sei der von der Beklagten geltend gemachte Anspruch bereits verjährt gewesen. Das MDK-Prüfverfahren stelle kein Begutachtungsverfahren im Sinne des § 204 Abs. 1 Nr. 8 BGB dar, da es nicht vereinbart worden, sondern auf Antrag der Beklagten erfolgt sei. Da die Krankenkasse Herrin des Prüfverfahrens sei, sei es auch ihrer Risikosphäre zuzuordnen, wenn sie das Prüfverfahren zu spät einleite. Andernfalls könnte die Krankenkasse immer am 31.12. des letzten Jahres den MDK mit der Prüfung eines Behandlungsfalles beauftragen und damit den Verjährungszeitraum ausdehnen. Hilfsweise sei die Beklagte mit jeglichen Einwendungen ausgeschlossen, so dass eine Verrechnung jedenfalls unzulässig gewesen sei. Die Beklagte habe die 6-Wochen-Frist des § 275 Abs. 1c SGB V nicht eingehalten, die auch auf Behandlungsfälle vor ihrem Inkrafttreten (01.04.2007) anwendbar sei. Schon nach der bis 31.03.2007 geltenden Rechtslage sei aufgrund des sog. Beschleunigungsgebotes ein Prüfverfahren zeitnah einzuleiten und durchzuführen gewesen. Durch die Einführung der 6-Wochen-Frist in § 275 Abs. 1c SGB V sei nur klargestellt worden, was unter einer zeitnahen Prüfung zu verstehen sei.
Die Klägerin beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 21. April 2010 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 723,21 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 24. April 2009 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Die Einrede der Verjährung greife schon deshalb nicht durch, weil es nach dem entsprechend anwendbaren § 215 BGB genüge, dass sie – die Beklagte – vor Ablauf des Jahres 2008 hätte Klage erheben oder die Aufrechnung gegen laufende Forderungen der Klägerin erklären können. Darüber hinaus stehe der entsprechenden Anwendung des § 204 Abs. 1 Nr. 8 BGB nicht entgegen, dass das Begutachtungsverfahren nicht vereinbart, sondern auf ihren – der Beklagten – Antrag erfolgt und im Übrigen gesetzlich vorgesehen sei. Vielmehr spreche für die entsprechende Anwendung dieser Vorschrift, dass das Krankenhaus mit der Anforderung der Behandlungsunterlagen Kenntnis von der Begutachtung habe. § 275 Abs. 1c SGB V sei weder unmittelbar noch im Sinne einer Klarstellung eines Beschleunigungsgebotes anwendbar. Anlass für das im Jahre 2008 eingeleitete Überprüfungsverfahren sei eine Kassenprüfung stationärer Behandlungsfälle durch das Bundesversicherungsamt gewesen, in der sie – die Beklagte – auf unplausible Behandlungsfälle hingewiesen worden sei. Daraufhin habe sie zum nächst möglichen Zeitpunkt die Krankenhausdaten einer Analyse unterzogen und bei vermuteten Fehlkodierungen der MD-BEV mit gutachterlichen Stellungnahmen beauftragt.
Dem Senat haben die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Verwaltungsakte der Beklagten vorgelegen. Hierauf und auf die in den Gerichtsakten enthaltenen Schriftsätze der Beteiligten sowie den übrigen Akteninhalt wird zur Ergänzung des Tatbestandes Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin ist unbegründet.
Zu Recht hat das SG die Klage abgewiesen.
Die Klägern hat keinen Anspruch auf Zahlung weiterer 723,21 EUR aufgrund der stationären Krankenhausbehandlung einer Versicherten der Beklagten in der Zeit vom 08.04.2009 bis 10.04.2009. Zwar stand der Klägerin gegen die Beklagte wegen dieser am 16.04.2009 abgerechneten Krankenhausbehandlung unstreitig ein Vergütungsanspruch in Höhe von 2.047,08 EUR zu. Dieser Vergütungsanspruch ist aber nicht nur unstreitig durch die Zahlung von 1.323,87 EUR erloschen, sondern auch durch die hier streitige Aufrechnung mit einem Rückzahlungsanspruch in Höhe von 723,21 EUR.
Die Aufrechnung von Krankenkassen zur Erfüllung von Vergütungsansprüchen der Krankenhäuser erfolgt entsprechend §§ 387 ff. BGB (Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 02.11.2010 - B 1 KR 11/10 R - BSGE 107, 78 Rn. 14 f. = SozR 4-2500 § 140d Nr. 2; Urteil vom 30.06.2009 - B 1 KR 24/08 R - BSGE 104, 15 Rn. 11 = SozR 4-2500 § 109 Nr. 17; Urteil vom 16.12.2008 - B 1 KN 1/07 KR R - BSGE 102, 172 Rn. 8 = SozR 4-2500 § 109 Nr. 13; Urteil vom 12.05.2005 - B 3 KR 18/04 R - SozR 4-5565 § 14 Nr. 8 Rn. 8; Urteil vom 22.07.2004 - B 3 KR 21/03 R - BSGE 93, 137 Rn. 7 = SozR 4-2500 § 137c Nr. 2). Auch außerhalb der besonderen Regelungen, welche die §§ 51, 52 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) über die Aufrechnung gegen Sozialleistungsansprüche treffen, besteht im Sozialrecht allgemein die Möglichkeit, einer öffentlich-rechtlichen Forderung im Wege der Aufrechnung, auf welche die §§ 387 ff. BGB entsprechend anzuwenden sind, entgegenzutreten (siehe nur BSG, Urteil vom 15.12.1994 - 12 RK 69/93 - BSGE 75, 283, 284 ff. = SozR 3-2400 § 28 Nr. 2; Urteil vom 09.06.1988 - 4 RA 9/88 - BSGE 63, 224, 230 f. = SozR 1300 § 48 Nr. 47). Voraussetzung dieses einseitigen Rechtsgeschäfts, mit dem die wechselseitige Tilgung zweier Forderungen bewirkt wird, ist gemäß § 387 BGB, dass sich zum Zeitpunkt der Aufrechnungserklärung gegenseitige, gleichartige und fällige bzw. erfüllbare Forderungen gegenüberstehen, wobei die Gegenforderung vollwirksam und fällig sein muss, die Hauptforderung dagegen lediglich erfüllbar zu sein braucht (Grüneberg in: Palandt, BGB, 71. Aufl., § 387 Rn. 11 f.). Außerdem darf entsprechend § 390 BGB die Gegenforderung nicht einredebehaftet sein.
Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Der Vergütungsanspruch des klagenden Krankenhauses (Hauptforderung) und der von der beklagten Krankenkasse geltend gemachte Rückzahlungsanspruch (Gegenforderung) erfüllen die Voraussetzungen der Gegenseitigkeit und der Gleichartigkeit. Der Vergütungsanspruch der Klägerin für die in der Zeit vom 08.04.2009 bis 10.04.2009 erbrachte und am 16.04.2009 abgerechnete stationäre Krankenhausbehandlung war bei Zugang der Aufrechnungserklärung vom 20.04.2009 auch erfüllbar; dem steht nicht entgegen, dass die Zahlungsfrist von 18 Tagen ab Rechnungslegung (§ 13 Abs. 1 der für den Freistaat Sachsen geschlossenen Vereinbarung zu den allgemeinen Bedingungen der Krankenhausbehandlung gemäß § 112 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGB V – im Folgenden: Sicherstellungsvertrag) noch nicht abgelaufen war. Der Rückzahlungsanspruch der Beklagten war im Zeitpunkt der Aufrechnung fällig; er ergibt sich daraus, dass die Klägerin für die stationäre Krankenhausbehandlung vom 28.01.2004 bis 09.02.2004 keinen Vergütungsanspruch nach Maßgabe der DRG-Fallpauschale F60A hatte, sondern nur die um 723,21 EUR geringere Vergütung nach der DRG-Fallpauschale F60B verlangen durfte (dazu 1.). Die Beklagte ist weder durch die zunächst vollständige Bezahlung der DRG-Fallpauschale F60A noch durch die späte Einleitung des Prüfverfahrens mit ihren Einwendungen gegen die Abrechnung dieses Behandlungsfalls durch die Klägerin ausgeschlossen (dazu 2.). Die Klägerin kann dem von der Beklagten im Wege der Aufrechnung geltend gemachten Rückzahlungsanspruch auch nicht die Einrede der Verjährung entgegenhalten (dazu 3.). Ebenso wenig ist die Aufrechnung rechtsmissbräuchlich (dazu 4.).
1. Die Beklagte hatte im Zeitpunkt der Aufrechnung einen fälligen Rückzahlungsanspruch in Höhe von 723,21 EUR. Dieser hat seine Grundlage im öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch, der aus den allgemeinen Grundsätzen des Verwaltungsrechts herzuleiten ist und voraussetzt, dass im Rahmen eines öffentlichen Rechtsverhältnisses Leistungen ohne rechtlichen Grund erbracht oder sonstige rechtsgrundlose Vermögensverschiebungen vorgenommen worden sind (BSG, Urteil vom 22.07.2004 - B 3 KR 21/03 R - BSGE 93, 137 Rn. 8 = SozR 4-2500 § 137c Nr. 2; Urteil vom 28.09.2010 - B 1 KR 4/10 R - SozR 4-2500 § 264 Nr. 3 Rn. 15). So verhält es sich hier. Denn die Beklagte hat die in der Zeit vom 28.01.2004 bis 09.02.2004 zugunsten eines ihrer Versicherten von der Klägerin erbrachten stationären Krankenhausleistungen ohne Rechtsgrund um 723,21 EUR zu hoch vergütet, weil sie für diese Krankenhausbehandlung nicht die DRG-Fallpauschale F60A, sondern nur die DRG-Fallpauschale F60B schuldete.
Rechtsgrundlage des in Höhe von 723,21 EUR streitigen restlichen Vergütungsanspruchs der Klägerin aus dem Jahr 2004 ist § 109 Abs. 4 Satz 3 SGB V in Verbindung mit § 7 Satz 1 Nr. 1, § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG), § 17b Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG), § 1 der Verordnung zum Fallpauschalensystem für Krankenhäuser 2004 (KFPV 2004) sowie Anlage 1 der KFPV 2004, jeweils in der im Behandlungszeitraum geltenden Fassung. Denn der Behandlungspflicht zugelassener Krankenhäuser nach § 109 Abs. 4 Satz 2 SGB V steht ein Vergütungsanspruch gegenüber, dessen Höhe gemäß § 109 Abs. 4 Satz 3 SGB V nach Maßgabe des KHG, des KHEntgG und, sofern das Krankenhaus nicht in das DRG-Vergütungssystem einbezogen ist, der Bundespflegesatzverordnung (vgl. dort § 1 Abs. 1) vertraglich abschließend festgelegt wird (siehe nur BSG, Urteil vom 17.12.2009 - B 3 KR 12/08 R - BSGE 105, 150 Rn. 8 f. = SozR 4-2500 § 109 Nr. 20; Urteil vom 16.12.2008 - B 1 KN 3/08 KR R - BSGE 102, 181 Rn. 15 = SozR 4-2500 § 109 Nr. 15; Urteil vom 16.12.2008 - B 1 KN 1/07 KR R - BSGE 102, 172 Rn. 11 = SozR 4-2500 § 109 Nr. 13; Urteil vom 18.09.2008 - B 3 KR 15/07 R - SozR 4-2500 § 109 Nr. 11 Rn. 12; Urteil vom 12.06.2008 - B 3 KR 19/07 R - BSGE 101, 33 Rn. 19 = SozR 4-2500 § 109 Nr. 9).
Bei Krankenhäusern, die – wie dasjenige der Klägerin – dem DRG-Vergütungssystem unterliegen (vgl. § 17b Abs. 1 Satz 1 KHG), werden gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 KHEntgG die allgemeinen Krankenhausleistungen gegenüber den Patienten oder ihren Kostenträgern mit verschiedenen, dort aufgezählten Entgelten abgerechnet. Hier geht es um die Abrechnung von Fallpauschalen nach dem auf Bundesebene vereinbarten Entgeltkatalog (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 in Verbindung mit § 9 KHEntgG). Diese Fallpauschalen einschließlich der Bewertungsrelationen sowie Regelungen zur Grenzverweildauer und der in Abhängigkeit von diesen zusätzlich zu zahlenden Entgelte oder vorzunehmenden Abschläge haben nach § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KHEntgG die Spitzenverbände der Krankenkassen, der Verband der privaten Krankenversicherung und die Deutschen Krankenhausgesellschaft zu vereinbaren. Bei der Vereinbarung sind die Vorgaben des § 17b Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 KHG zu beachten, wonach ein durchgängiges, leistungsorientiertes und pauschalierendes Vergütungssystem auf der Grundlage von DRG einzuführen und jährlich weiterzuentwickeln sowie anzupassen ist, insbesondere an medizinische Entwicklungen, Kostenentwicklungen, Verweildauerverkürzungen und Leistungsverlagerungen zu und von anderen Versorgungsbereichen. Für das hier im Streit stehende Jahr ist das Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherheit diesem Regelungsauftrag im Wege der Ersatzvornahme (§ 17b Abs. 7 Satz 1 Nr. 1 KHG) mit dem Fallpauschalenkatalog in Anlage 1 der KFPV 2004 nachgekommen.
Der Fallpauschalenkatalog ist nach DRG geordnet. Dabei erfolgt die Zuordnung eines bestimmten Behandlungsfalles zu einer DRG in zwei Schritten: Zunächst werden die Diagnosen nach der Internationalen Klassifikation für Krankheiten (ICD) in der vom Deutschen Institut für medizinische Dokumentation und Information(DIMDI) herausgegebenen deutschen Fassung (ICD-GM) und die medizinischen Prozeduren nach dem ebenfalls vom DIMDI herausgegebenen Operationen- und Prozedurenschlüssel kodiert. Sodann werden in einem zweiten Schritt anhand dieser Kodes sowie zusätzlicher fallbezogener Variablen (wie Alter des Patienten, Verweildauer, Zahl der Stunden maschineller Beatmung usw.) mithilfe eines vom Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus zertifizierten Software-Programms (Goupers) die DRG-Fallpauschale sowie die dafür zu zahlende Vergütung errechnet. Zur sachgerechten Durchführung der Verschlüsselung (Kodierung) haben die erwähnten Vertragsparteien (Deutsche Krankenhausgesellschaft, Spitzenverbände der Krankenkassen und Verband der privaten Krankenversicherung) mit den jährlich aktualisierten DKR einheitliche Kodierregeln für die Dokumentation der diagnosen-, prozeduren- und sonstiger gruppierungsrelevanter Merkmale aufgestellt.
Ausgehend hiervon war die stationäre Krankenhausbehandlung des Versicherten vom 28.01.2004 bis 09.02.2004 nicht nach der von der Klägerin abgerechneten DRG-Fallpauschale F60A, sondern nach der DRG-Fallpauschale F60B zu vergüten. Denn als Nebendiagnose durfte weder die ICD-10 J90 (Pleuraerguss, anderenorts nicht klassifiziert) noch die ICD-10 J20.9 (akute Bronchitis, nicht näher bezeichnet) kodiert werden. Dies hat der MD-BEV in seiner auf der Grundlage der Behandlungsunterlagen der Klägerin erstatteten gutachterlichen Stellungnahme vom 28.02.2009 überzeugend dargelegt. Danach wurde der Versicherte wegen einer NSTEMI (Non-ST-elevation myocardial infarction) mit konsekutiver dekompensierter Myokardinsuffizienz stationär aufgenommen. Im Rahmen der kardialen Dekompensation bestanden beidseits deutliche Pleuraergüsse. Unter diuretischer Therapie und Flüssigkeitsbilanzierung konnte eine kardiale Rekompensation und insbesondere die Regredienz der beidseitigen Pleuraergüsse erreicht werden. Der beidseitige kardial bedingte Pleuraerguss ist bei bekannter Ätiologie gemäß DKR D012a "Kreuz-Stern-System" – wonach Schlüsselnummern für Ätiologie (zugrundeliegende Ursache) durch das Kreuz-Symbol (†) und Manifestations-Schlüsselnummern durch das Stern-Symbol (-) gekennzeichnet werden – mit dem Sekundärkode ICD-10 J91- (Pleuraerguss bei anderenorts klassifizierten Krankheiten) zu kodieren. Die Nebendiagnose ICD-10 J90 (Pleuraerguss, anderenorts nicht klassifiziert) entfällt somit. Des Weiteren entfällt die Nebendiagnose ICD-10 J20.9 (akute Bronchitis, nicht näher bezeichnet), da im stationären Behandlungsverlauf weder eine akute Bronchitis bestanden hat noch durch eine solche das Patientenmanagement gemäß DKR D003b bzw. DKR D008b in der Weise beeinflusst worden ist, dass irgendeine therapeutische Maßnahme, irgendeine diagnostische Maßnahme und/oder irgendein erhöhter Betreuungs-, Pflege- und/oder Überwachungsaufwand erforderlich war. Gegen die gutachterliche Stellungnahme des MD-BEV hat die Klägerin keine inhaltlichen Einwände erhoben. Vielmehr hat sie im gerichtlichen Verfahren lediglich vorgebracht, zur Übersendung der Patientenakten keine Veranlassung zu sehen, weil es im vorliegenden Fall auf die medizinische Beurteilung nicht ankomme. Der kurz vor der mündlichen Verhandlung des Senats eingereichte Schriftsatz der Klägerin, in dem diese nunmehr pauschal betont, weiterhin von der Richtigkeit ihrer Abrechnung auszugehen, und sich ebenso pauschal dagegen verwahrt, die gutachterliche Stellungnahme des MD-BEV inhaltlich nicht anzuzweifeln, vermag die Überzeugungskraft der gutachterlichen Stellungnahme des MD-BEV nicht zu erschüttern. Aufgrund dieses pauschalen Vorbringens, das sich inhaltlich in keiner Weise mit den Ausführungen des MD-BEV auseinandersetzt, hat der Senat keinen Anlass gesehen, Ermittlungen ins Blaue hinein anzustellen.
2. Ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch der Beklagten ist weder infolge der zunächst erfolgten Zahlung (dazu a) noch deshalb ausgeschlossen, weil die MDK-Prüfung des streitigen Behandlungsfalls aus dem Januar/Februar 2004 erst im Oktober 2008 in die Wege geleitet wurde (dazu b-d).
a) Zahlt eine Krankenkasse vorbehaltlos auf eine Krankenhaus-Rechnung, kann sie nach dem Rechtsgedanken des § 814 BGB mit der Rückforderung – und damit auch mit dem späteren Bestreiten ihrer Zahlungspflicht – ganz ausgeschlossen sein, wenn sie nämlich positiv gewusst hat, dass sie zur Leistung nicht verpflichtet war (BSG, Urteil vom 30.06.2009 - B 1 KR 24/08 R - BSGE 104, 15 Rn. 30 = SozR 4-2500 § 109 Nr. 17; Urteil vom 08.11.2011 - B 1 KR 8/11 R - juris Rn. 48). So liegt es hier indessen nicht. Es besteht kein Anhaltspunkt dafür, dass die Beklagte bei der vollständigen Bezahlung der Rechnung im Jahr 2004 positive Kenntnis von der fehlerhaften Kodierung durch die Klägerin hatte. Ganz im Gegenteil: Erst durch ihre Aufsichtsbehörde, das Bundesversicherungsamt, ist die Beklagte zu einer Prüfung der hier streitigen Rechnung aus dem Jahr 2004 veranlasst worden. Denn das Bundesversicherungsamt wies die Beklagte im Zuge einer 2006 durchgeführten Kassenprüfung stationärer Behandlungsfälle auf unplausible Abrechnungen hin. Danach hat die Beklagte die betreffenden Fälle – darunter den vorliegenden – einer nochmaligen Analyse auf der Grundlage der von der Klägerin im Rahmen der Abrechnung gemäß § 301 Abs. 1 SGB V bereitgestellten Daten unterzogen. Ließ diese Analyse eine Fehlkodierung vermuten, hat die Beklagte – wie im vorliegenden Fall – bei der Klägerin Behandlungsunterlagen angefordert. Erst nach Vorlage dieser Behandlungsunterlagen und ihrer Begutachtung durch den MD-BEV konnte die Beklagte positive Kenntnis von der fehlerhaften Kodierung haben. Ebenfalls ohne Belang ist im vorliegenden Fall, dass es sich den Akten nicht entnehmen lässt, ob die Beklagte die Rechnung der Klägerin lediglich unter dem Vorbehalt medizinischer Überprüfung bezahlt hat. Denn es steht der Rückforderung nicht entgegen, wenn die Vergütung ohne Vorbehalt gezahlt wurde (BSG, Urteil vom 28.09.2006 - B 3 KR 20/05 R - SozR 4-1500 § 92 Nr. 3 Rn. 10).
b) § 275 Abs. 1c Satz 2 SGB V, wonach die Prüfung von Voraussetzungen und Abrechnung einer Krankenhausbehandlung durch den MDK spätestens sechs Wochen nach Eingang der Abrechnung bei der Krankenkasse einzuleiten ist, findet im vorliegenden Fall keine Anwendung. Denn diese Vorschrift ist erst zum 01.04.2007 in das Gesetz eingefügt worden und gilt nur für Behandlungsfälle, die sich nach Inkrafttreten der Vorschrift vollständig verwirklicht haben (BSG, Urteil vom 22.06.2010 - B 1 KR 29/09 R - SozR 4-2500 § 275 Nr. 4 Rn. 12 ff.; so bereits Senatsbeschluss vom 25.04.2008 - L 1 B 198/08 KR ER - juris Rn. 33 ff.).
Daher kann offen bleiben, ob der Ablauf der 6-Wochen-Frist des § 275 Abs. 1c Satz 2 SGB V die Krankenkasse materiell-rechtlich mit ihren Einwendungen gegen die Abrechnung durch das Krankenhaus ausschließt (in diesem Sinne Arnold/Erdmann, GesR 2012, 136 ff.) oder lediglich verfahrensrechtlich der Einleitung einer MDK-Prüfung und infolgedessen der Sachaufklärung durch Krankenkasse und Gerichte entgegensteht (mit guten Gründen in diesem Sinne SG Braunschweig, Urteil vom 07.09.2010 - S 40 KR 504/07 - juris Rn. 27 ff.).
c) Ebenso wenig findet die 30-Tage-Frist Anwendung, die in § 14 Abs. 1 Satz 1 des Sicherstellungsvertrages für die Einleitung der MDK-Prüfung vorgesehen ist. Denn diese Bestimmung ist wie der gesamte Sicherstellungsvertrag am 01.01.2006 in Kraft getreten, wobei Fußnote 6 zu § 20 Abs. 1 des Sicherstellungsvertrages, der das Inkrafttreten des Vertrags am 01.01.2006 regelt, ausdrücklich bestimmt: "Der Vertrag gilt ab 1. Januar für alle Aufnahmen ab diesem Zeitpunkt". Das bedeutet, dass Behandlungsfälle vor dem 01.01.2006 von der Vereinbarung überhaupt nicht erfasst werden. Ohne Belang ist dabei, dass in dieser Fußnote nur von "1. Januar" ohne Angabe eines Jahres die Rede ist; denn aus dem Kontext ergibt sich, dass allein der 01.01.2006 gemeint ist.
Wie der Senat bereits entschieden hat (Beschluss vom 25.04.2008 - L 1 B 198/08 KR ER - juris Rn. 37), ist dem Sicherstellungsvertrag eine im Wege ergänzender Vertragsauslegung ausfüllungsfähige Regelungslücke in Bezug auf ihren zeitlichen Anwendungsbereich nicht zu entnehmen. Zwar sieht § 20 Abs. 6 Sätze 3 und 4 des Sicherstellungsvertrages vor, wie mit Regelungslücken umzugehen ist. Die Voraussetzungen für die Annahme einer Regelungslücke sind aber nicht erfüllt, weil aus Fußnote 6 zu § 20 Abs. 1 des Sicherstellungsvertrages hervorgeht, dass sich die Vertragsparteien nur über eine Geltung ab dem 01.01.2006 verständigen konnten.
Zudem ist die Frist für die Einleitung von Abrechnungsprüfungen in § 14 des Sicherstellungsvertrages nicht ebenso strikt ausgestaltet wie diejenige in § 275 Abs. 1c SGB V. Denn § 14 Abs. 1 Satz 2 des Sicherstellungsvertrages lässt auch nach Ablauf der 30-Tage-Frist die Einleitung von Prüfungen zu, wenn der Krankenkasse nachträglich Umstände bekannt werden, die eine Prüfung erforderlich machen.
d) Zu keinem anderen Ergebnis führt das von der Rechtsprechung entwickelte Beschleunigungsgebot.
Verträgen nach § 112 Abs. 1 SGB V hat das BSG das immanente Gebot entnommen, ein Prüfverfahren zeitnah und zügig durchzuführen (vgl. BSG Urteil vom 28.09.2006 - B 3 KR 23/05 R - SozR 4-2500 § 112 Nr. 6 Rn. 13; Urteil vom 28.02.2007 - B 3 KR 12/06 R - SozR 4-2500 § 276 Nr. 1 Rn. 19; Urteil vom 17.12.2009 - B 3 KR 12/08 R - BSGE 105, 150 Rn. 13 = SozR 4-2500 § 109 Nr. 20). Dies beruhte ursprünglich auf der Annahme, dass ein Prüfverfahren im Betrieb eines Krankenhauses nicht noch lange Zeit nach Abschluss des jeweiligen Behandlungsfalls nachgeholt werden könne, weil die anschauliche Erinnerung der behandelnden Ärzte nachlasse, was die Beweislage des Krankenhauses verschlechtere und seinen Aufwand erhöhe (BSG, Urteil vom 13.12.2001 - B 3 KR 11/01 R - BSGE 89, 104, 109 f. = SozR 3-2500 § 112 Nr. 2; so auch BSG, Urteil vom 28.02.2007 - B 3 KR 12/06 R - SozR 4-2500 § 276 Nr. 1 Rn. 19). Diese Grundannahme lässt sich mit dem Beschluss des Großen Senat des BSG vom 25.09.2007 (GS 1/06 - BSGE 99, 111 Rn. 27 ff. = SozR 4-2500 § 39 Nr. 10) nicht vereinbaren, der nicht nur davon ausgegangen ist, dass die Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung selbst dann uneingeschränkt überprüfbar ist, wenn die Krankenkasse ihre Leistungspflicht nachträglich für einen zurückliegenden Zeitraum bestreitet, sondern mit der Einschätzungsprärogative des behandelnden Krankenhausarztes auch Beweiserleichterungen für das Krankenhaus verworfen hat. Dies bedeutet zwar nicht, dass mit dem Beschluss des Großen Senats dem Beschleunigungsgebot die Grundlage entzogen wäre. Doch ist bei der Auslegung dieses Gebots dem Beschluss des Großen Senats Rechnung zu tragen und das Wirtschaftlichkeitsgebot, dessen Ausfluss die Prüfpflicht der Krankenkassen und die entsprechende Mitwirkungspflicht der Krankenhäuser bei dieser Prüfung ist (BSG, Urteil vom 22.06.2010 - B 1 KR 1/10 R - BSGE 106, 214 Rn. 11 = SozR 4-2500 § 275 Nr. 3; BSG v. 22.06.2010 - B 1 KR 29/09 R - SozR 4-2500 § 275 Nr. 4 Rn. 17), sowie dessen höherer Stellenwert zu berücksichtigen (vgl. Wahl in: jurisPK-SGB V, 2. Aufl., § 112 Rn. 65 f.). Deshalb und, weil es darüber hinaus in Sachsen vor dem 01.01.2006 keinen Vertrag nach § 112 Abs. 1 SGB V (näher dazu oben unter 2c) und damit auch keine landesvertragliche Anknüpfungsgrundlage für das Beschleunigungsgebot gab, ist es ausgeschlossen, über dieses Gebot für den hier streitigen Behandlungsfall aus dem Jahr 2004 doch noch zur Anwendung der 6-Wochen-Frist des zum 01.04.2007 eingeführten § 275 Abs. 1c Satz 2 SGB V zu gelangen.
Dem steht nicht entgegen, dass das BSG in der von der Klägerin herangezogenen Entscheidung (Urteil vom 17.12.2009 - B 3 KR 12/08 R - BSGE 105, 150 Rn. 18 = SozR 4-2500 § 109 Nr. 20) zur Bestimmung des Zeitrahmens für Rechnungskorrekturen der Krankenhäuser auch bei Abrechnungsfällen vor dem 01.04.2007 auf § 275 Abs. 1c Satz 1 SGB V mit der Begründung zurückgegriffen hat, dass die dort vorgesehene Frist von sechs Wochen lediglich eine Präzisierung des auch zuvor geltenden Beschleunigungsgebots darstelle. Denn mit dieser Entscheidung hat der 3. Senat des BSG weder explizit noch implizit die Rechtsprechung des 1. Senats des BSG (Urteil vom 22.06.2010 - B 1 KR 29/09 R - SozR 4-2500 § 275 Nr. 4 Rn. 12 ff.) zum zeitlichen Anwendungsbereich des § 275 Abs. 1a Satz 1 SGB V aufgegeben. Dieser Anwendungsbereich lässt sich daher auch nicht über das Beschleunigungsgebot auf Behandlungsfälle vor dem 01.04.2007 erstrecken.
3. Die gegen den Rückzahlungsanspruch erhobene Verjährungseinrede greift nicht durch.
Wie die Vergütungsansprüche der Krankenhäuser unterliegen auch die Rückzahlungsansprüche der Krankenkassen der vierjährigen Verjährung (BSG, Urteil vom 28.02.2007 - B 3 KR 12/06 R - BSGE 98, 142 Rn. 25 = SozR 4-2500 § 276 Nr. 1; Urteil vom 28.09.2006 - B 3 KR 20/05 R - BSGE 97, 125 Rn. 11 = SozR 4-1500 § 92 Nr. 3). Dies ist zwar im Gesetz nicht ausdrücklich geregelt. Den Verjährungsregelungen in den Büchern des Sozialgesetzbuch, insbesondere in § 45 SGB I, hat die Rechtsprechung jedoch das allgemeine Rechtsprinzip der vierjährigen Verjährung im Sozialrecht entnommen, das einem Rückgriff auf die Verjährungsfristen des BGB über § 69 Abs. 1 Satz 3 SGB V entgegensteht (BSG, Urteil vom 12.05.2005 - B 3 KR 32/04 R - SozR 4-2500 § 69 Nr. 1 Rn. 18). Lediglich für Hemmung, Ablaufhemmung, Neubeginn und Wirkung der Verjährung gelten entsprechend § 45 Abs. 2 SGB I die Vorschriften des BGB sinngemäß. Die dementsprechend für den 2004 entstandenen Rückzahlungsanspruch geltende vierjährige Verjährungsfrist war im vorliegenden Fall am 31.12.2008 abgelaufen.
Gleichwohl war die am 20.04.2009 erklärte Aufrechnung nicht entsprechend § 390 BGB ausgeschlossen.
b) Dies ergibt sich indessen – entgegen der Auffassung der Beklagten – nicht aus dem grundsätzlich entsprechend anwendbaren § 215 BGB (zur inhaltsgleichen Vorgängervorschrift des § 390 Satz 2 BGB: BSG, Urteil vom 22.07.2004 - B 3 KR 21/03 R - BSGE 93, 137 Rn. 29 = SozR 4-2500 § 137c Nr. 2). Denn zu der Zeit, zu welcher die Rückzahlungsforderung aus dem Jahr 2004 erstmals gegen die unstreitige Vergütungsforderung aus dem Jahr 2009 aufgerechnet werden konnte, war die vierjährige Verjährungsfrist bereits abgelaufen.
Für die entsprechende Anwendung § 215 BGB genügt es nicht, dass die Beklagte vor Ablauf des Jahres 2008 ihre Rückzahlungsforderung hätte einklagen oder mit ihr die Aufrechnung gegen laufende Forderungen der Klägerin hätte erklären können. Zwar hat das BSG in dem von der Beklagten zitierten Urteil vom 22.07.2004 (B 3 KR 21/03 R - BSGE 93, 137 Rn. 30 = SozR 4-2500 § 137c Nr. 2) weitere Ermittlungen zum Zeitpunkt der Aufrechnungslage für entbehrlich gehalten, weil es aufgrund der dauerhaften Vertragsbeziehungen der Beteiligten und den daraus dem Krankenhaus fortlaufend erwachsenden Vergütungsansprüchen gegen die Krankenkasse unbillig wäre, wenn der Aufrechnung der Krankenkasse entgegengehalten werden könnte, die eingeklagten Forderungen des Krankenhauses seien erst nach Ablauf der Verjährungsfrist entstanden. Doch waren diese Erwägungen nicht entscheidungstragend, weil in dem dortigen Fall das Krankenhaus auf die Einrede der Verjährung verzichtet hatte. Darüber hinaus war dort – anders als im vorliegenden Fall – die Überprüfung des Behandlungsfalles bereits vor Ablauf der Verjährungsfrist abgeschlossen und waren nach Abschluss der Überprüfung von den Beteiligten Verhandlungen über den Rückzahlungsanspruch geführt worden. Auch wenn die besondere Ausgestaltung der Rechtsbeziehungen zwischen Krankenkassen und zugelassenen Krankenhäuser bei der Verjährung zu berücksichtigen ist, spricht gegen die erweiternde Auslegung des § 215 BGB doch, dass dann Rückzahlungsansprüche der Krankenkassen niemals – auch nicht nach Ablauf von 30 oder mehr Jahren – verjährten, solange das Krankenhaus zulasten der Krankenkassen Leistungen erbringen darf.
c) Die Verjährung war jedoch im vorliegenden Fall – wie das SG zu Recht entschieden hat – gehemmt.
(1) Dies ergibt sich allerdings nicht aus entsprechender Anwendung des § 203 BGB. Zwar ist der dort verwandte Begriff der "Verhandlungen" weit auszulegen. Der Gläubiger muss dafür lediglich klarstellen, dass er einen Anspruch geltend machen und worauf er ihn stützen will. Anschließend genügt jeder ernsthafte Meinungsaustausch über den Anspruch oder seine tatsächlichen Grundlagen, sofern der Schuldner dies nicht sofort und erkennbar ablehnt. Verhandlungen schweben schon dann, wenn eine der Parteien Erklärungen abgibt, die der jeweils anderen die Annahme gestatten, der Erklärende lasse sich auf Erörterungen über die Berechtigung des Anspruches oder dessen Umfang ein. Nicht erforderlich ist, dass dabei Vergleichsbereitschaft oder Bereitschaft zum Entgegenkommen signalisiert wird oder dass Erfolgsaussicht besteht (siehe nur Bundesgerichtshof [BGH], Urteil vom 12.05.2011 - III ZR 59/10 - juris Rn. 51 = BGHZ 189, 365; Urteil vom 14.07.2009 - XI ZR 18/08 - juris Rn. 16 = BGHZ 182, 76). Doch reichen einseitige Erklärungen des Gläubigers nicht aus; vielmehr muss auch der Schuldner in irgendeiner Weise in einen Meinungsaustausch involviert sein (Lakkis in: jurisPK-BGB, 5. Aufl., § 203 Rn. 3). Hierfür genügt es nicht, wenn – wie hier – der Schuldner (d.h. die Klägerin) auf Anforderung des Gläubigers (d.h. der Beklagten) Unterlagen übersendet. Vielmehr wäre irgendeine Äußerung in der Sache erforderlich gewesen (zu weit dagegen SG Frankfurt/Oder, Urteil vom 29.03.2011 - S 27 KR 74/09 - juris Rn. 24, das Verhandlungen erst nach Abschluss des Prüfverfahrens annimmt, ähnlich LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 28.09.2011 - L 5 KR 2152/10 - juris Rn. 69 – dazu, dass Verhandlungen Tatsachenermittlungen mit umfassen können, vgl. BGH, Urteil vom 30.10.2007 - X ZR 101/06 - juris Rn. 13; Urteil vom 26.10.2006 - VII ZR 194/05 - juris Rn. 12 f. hinsichtlich der Mängelprüfung). Im vorliegenden Fall hat sich die Klägerin indessen vor Ablauf der vierjährigen Verjährungsfrist der Beklagten gegenüber in keiner Weise geäußert.
(2) Die Verjährung war jedoch entsprechend § 204 Abs. 1 Nr. 8 BGB durch die Einleitung der MDK-Prüfung gehemmt.
Dabei ist zunächst im Auge zu behalten, dass diese zivilrechtliche Vorschrift in den leistungserbringerrechtlichen Beziehungen zwischen Krankenkassen und zugelassenen Krankenhäusern nicht unmittelbar anwendbar ist, sondern entsprechend § 45 Abs. 2 SGB I nur sinngemäß gilt. Dabei bedeutet sinngemäße Geltung nicht allein, dass die BGB-Regelungen im Sozialrecht anwendbar sind, die dort einen Sinn machen, also tatbestandlich gegeben sein können. Vielmehr ist die von § 45 Abs. 2 SGB I angeordnete sinngemäße Geltung als entsprechende Anwendung zu verstehen mit der Folge, dass auch den BGB-Tatbeständen ähnliche Sachverhalte denselben Regeln unterworfen sein können (Seewald in: Kasseler Kommentar, § 45 SGB I Rn. 14, Stand März 2005). Dies trifft nicht allein für den unmittelbaren Anwendungsbereich des § 45 SGB I zu, sondern gilt erst recht, wenn – wie im Leistungserbringerrecht der gesetzlichen Krankenversicherung – § 45 SGB I nur entsprechend anwendbar ist. Daher ist nicht von entscheidender Bedeutung, ob § 204 Abs. 1 Nr. 8 BGB im Zivilrecht Raum für die Annahme einer Regelungslücke bietet und damit analogiefähig ist. Denn im Sozialrecht ist diese Vorschrift ohnehin entsprechend anwendbar.
Im vorliegenden Fall wird die Einleitung der MDK-Prüfung vom Wortlaut des § 204 Abs. 1 Nr. 8 SGB V nicht erfasst. Nach der bei der Aufrechnungserklärung am 20.04.2009 geltenden Fassung dieser Vorschrift wird die Verjährung durch den "Beginn eines vereinbarten Begutachtungsverfahrens" gehemmt. Ein "vereinbartes Begutachtungsverfahren" stellt hier die MDK-Prüfung, für die gemäß § 283 Satz 1 SGB V der MD-BEV zuständig war und deren Einleitung der Klägerin mit Schreiben des MD-BEV vom 22.10.2008 mitgeteilt worden war, nicht dar. Zwar handelt es sich bei der Prüfung der Notwendigkeit und Abrechnung von stationären Leistungen der Krankenhausbehandlung durch den MDK um ein Begutachtungsverfahren. Denn diese Prüfung mündet nach § 275 Abs. 1 SGB V in einer "gutachtlichen Stellungnahme" und wird auch vom Gesetz selbst als "Begutachtung" be-griffen (so die amtliche Überschrift des § 275 SGB V). Doch erfolgte in Sachsen die MDK-Prüfung von Behandlungsfällen, die vor dem 01.01.2006 begonnen hatten, nicht auf vertraglicher Grundlage. Die Prüfung der Krankenhausabrechnung durch den MDK ist nicht allein im Gesetz (§§ 275 f. SGB V) geregelt, sondern gemäß § 112 Abs. 2 Nr. 1 lit. b, Nr. 2 SGB V auch Gegenstand vertraglicher Vereinbarungen. Liegen diese in einem Bundesland vor, kann von einem vereinbarten Begutachtungsverfahren gesprochen werden (SG Frankfurt/Oder, Urteil vom 29.03.2011 - S 27 KR 74/09 - juris Rn. 25). Denn für die von § 204 Abs. 1 Nr. 8 BGB vorausgesetzte Vereinbarung reicht jeder Vertrag. Die Vereinbarung muss nicht aus konkretem Anlass mit Blick auf einen bestimmten Sachverhalt, sondern kann auch im Voraus für eine Vielzahl von Fällen getroffen worden sein. Die Vereinbarung muss für Gläubiger und Schuldner der betreffenden Forderung wirksam sein. Dies erfordert indessen nicht einen (individualrechtlichen) Vertrag zwischen beiden, sondern lässt auch (kollektivrechtliche) Verträge zwischen ihren Verbänden zu, die dem Zivilrecht in Gestalt der Tarifverträge nicht fremd sind. Folglich genügt ein mit Wirkung für Krankenkassen und Krankenhäuser von deren Verbänden abgeschlossener Kollektivvertrag, wie etwa nach § 112 Abs. 1 und 2 SGB V. In Sachsen ist ein solcher Vertrag aber erst am 01.01.2006 in Kraft getreten. Da dieser Sicherstellungsvertrag, der in § 14 Regelungen für die MDK-Prüfung trifft, nur für Krankenhausaufnahmen ab dem 01.01.2006 gilt und nicht auf den vorliegenden Behandlungsfall aus dem Jahr 2004 angewandt werden kann (dazu oben unter 2c), fehlt es hier an einem vereinbarten Begutachtungsverfahren.
Gleichwohl war die Verjährung mit Einleitung der MDK-Prüfung nach § 275 Abs. 1 SGB V gehemmt, da in diesem Falle § 204 Abs. 1 Nr. 8 BGB entsprechende Anwendung findet. Diese Vorschrift ist nicht etwa von vornherein einer Analogie unzugänglich (dahingehend aber SG Frankfurt/Oder, Urteil vom 29.03.2011 - S 27 KR 74/09 - juris Rn. 25; SG Berlin, Urteil vom 10.08.2010 - S 76 KR 933/09 - juris Rn. 17). Im Gegenteil: Gerade die Regelungsgeschichte spricht dafür, dass auch der Beginn anderer als vereinbarter Begutachtungsverfahren zur Verjährungshemmung führen kann. Denn § 204 Abs. 1 Nr. 8 BGB kannte in der bis zum 31.12.2008 geltenden Fassung mit der "Beauftragung des Gutachters in dem Verfahren nach § 641a (BGB)" auch einen Hemmungstatbestand, bei dem das Begutachtungsverfahren nicht vertraglich vereinbart, sondern gesetzlich geregelt war. Dieser Hemmungstatbestand wurde als Folgeänderung zur Aufhebung des § 641a BGB, der sich nach Einschätzung des Gesetzgebers nicht bewährt hatte, gestrichen (vgl. BT-Drucks. 16/511, S. 14 und 16). Daraus lässt sich indessen gerade nicht ableiten, dass die Vereinbarung eines Begutachtungsverfahren unverzichtbare Voraussetzung der Verjährungshemmung und § 204 Abs. 1 Nr. 8 BGB insoweit analogiefeindlich sei. Vielmehr kommt es bei der im Sozialrecht ohnehin über § 45 Abs. 2 SGB I gebotenen entsprechenden Anwendung dieser Vorschrift entscheidend darauf an, ob ihr Normzweck angesichts der Ähnlichkeit der Lebenssachverhalte zu dem tatbestandlich vertypten Sachverhalt eine Analogie rechtfertigt. Dies ist bei der MDK-Prüfung nach § 275 Abs. 1 SGB V der Fall. Normzweck des durch das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz vom 26.11.2001 (BGBl. I S. 3138) neu gefassten § 204 BGB ist es, den Gläubiger davor zu schützen, dass sein Anspruch verjährt, nachdem er ein förmliches Verfahren mit dem Ziel der Durchsetzung seines Anspruchs eingeleitet hat (BT-Drucks. 14/6040, S. 112 f.). Kennzeichen aller Hemmungstatbestände des § 204 BGB ist, dass der Gläubiger dem Schuldner seinen Rechtsverfolgungswillen so deutlich macht, dass dieser sich darauf einrichten muss, auch noch nach Ablauf der ursprünglichen Verjährungsfrist in Anspruch genommen zu werden (vgl. Lakkis in: jurisPK-BGB, 5. Aufl., § 204 Rn. 1). Speziell mit § 204 Abs. 1 Nr. 8 BGB hat der Gesetzgeber das Ziel verfolgt, bestimmte außergerichtliche Beweisverfahren den selbständigen Beweisverfahren nach §§ 485 ff. Zivilprozessordnung verjährungsrechtlich gleichzustellen (BT-Drucks. 14/6040, S. 114). Mit den vereinbarten Begutachtungsverfahren nach § 204 Abs. 1 Nr. 8 BGB weist die MDK-Prüfung nach § 275 Abs. 1 SGB V so viele Ähnlichkeiten auf, dass eine Analogie gerechtfertigt ist. Nicht nur ist – wie bereits ausgeführt wurde – auch Gegenstand der MDK-Prüfung eine Begutachtung. Vielmehr hat auch die MDK-Prüfung eine Vorbereitungsfunktion für die spätere Rechtsdurchsetzung des Gläubigers (Krankenkasse) und kann sie ebenfalls nicht ohne Kenntnis des Schuldners (Krankenhaus) durchgeführt werden. Die Krankenkasse ist in der Regel erst nach der Begutachtung durch den MDK in die Lage zu beurteilen, ob die Abrechnung des Krankenhauses medizinisch korrekt war. Denn § 301 Abs. 1 SGB V verpflichtet das Krankenhaus nur dazu, rudimentäre Informationen über die Krankenhausbehandlung von sich aus an die Krankenkasse zu übermitteln. Zur Übermittlung sämtlicher Behandlungsdaten verpflichtet das Gesetz das Krankenhaus lediglich in § 276 Abs. 2 Satz 1 HS. 2 SGB V ausdrücklich – und zwar an den MDK. Da die detaillierten Behandlungsdaten zum Zwecke der Prüfung durch den MDK beim Krankenhaus angefordert werden müssen, erhält dieses zwangsläufig Kenntnis von dem Begutachtungsverfahren. Dem steht nicht entgegen, dass die Krankenkasse bei der Analyse der vom Krankenhaus nach § 301 Abs. 1 SGB V zur Verfügung gestellten Informationen den MDK ebenfalls konsultieren kann. Denn nicht jede Befassung des MDK mit medizinischen Fragen bei der Kontrolle von Krankenhausabrechnungen ist eine MDK-Prüfung im Sinne des § 275 Abs. 1 SGB V (sowie des § 275 Abs. 1c SGB V). Vielmehr ist die MDK-Prüfung auf der dritten Ebene des vom BSG entwickelten Stufenmodells der Sachverhaltserhebung (Urteil vom 22.04.2009 - B 3 KR 24/07 R - SozR 4-2500 § 109 Nr. 18 Rn. 16 ff.) und damit nach der Analyse der vom Krankenhaus nach § 301 Abs. 1 SGB V übermittelten Mindestangaben – sowie etwaiger, auf landesvertraglicher Grundlage übermittelter Kurzberichte – angesiedelt. Damit stellt die MDK-Prüfung nach § 275 Abs. 1 SGB V ein förmliches Begutachtungsverfahren dar, mit dessen Einleitung die Krankenkasse dem Krankenhaus deutlich macht, die Abrechnung eines Behandlungsfalles einer Überprüfung zu unterziehen mit allen Konsequenzen, die sich daraus ergeben. Für eine Rechtsähnlichkeit der Lebenssachverhalte spricht schließlich, dass die MDK-Prüfung nach der Wertung des Gesetzes (§ 112 Abs. 2 Nr. 1 lit. b, Nr. 2 SGB V) auf vertraglicher Grundlage stattzufinden hat. Dies alles rechtfertigt die entsprechende Anwendung des § 204 Abs. 1 Nr. 8 BGB auf die Einleitung einer MDK-Prüfung nach § 275 Abs. 1 SGB V.
4. Die Aufrechnung scheitert schließlich nicht daran, dass der Beklagten rechtsmissbräuchliches Handeln vorzuwerfen wäre. Die Annahme eines Rechtsmissbrauchs durch die Krankenkasse ist auf gravierende Fälle pflichtwidrigen Verhaltens beschränkt (BSG, Urteil vom 20.11.2008 - B 3 KN 4/08 KR R - SozR 4-2500 § 109 Nr. 16 Rn. 15; Urteil vom 28.09.2006 - B 3 KR 23/05 R - SozR 4-2500 § 112 Nr. 6 Rn. 13). Das BSG hat dies bislang nur ein einziges Mal in den "Berliner Fällen" angenommen, in denen eine Krankenkasse routinemäßig die Verweildauer ihrer Versicherten unter pauschalem Hinweis auf statistische Zahlen angezweifelt und vom Krankenhaus detaillierte Einzelfallbegründungen gefordert hatte, die von diesem nicht zu leisten waren (BSG, Urteil vom 13.12.2001 - B 3 KR 11/01 R - BSGE 89, 104 = SozR 3-2500 § 112 Nr. 2). Für die Annahme einer solch schwerwiegenden Pflichtverletzung genügt indessen nicht die Tatsache, dass die Beklagte erst kurz vor Ablauf der vierjährigen Verjährungsfrist in der Lage war, eine Prüfung durch den MDK einzuleiten. Zwar ist erstaunlich, dass sich die Beklagte erst infolge einer 2006 durchgeführten Kassenprüfung durch das Bundesversicherungsamt dazu veranlasst gesehen hatte, die Voraussetzungen für eine effektive Kontrolle von Krankenhausabrechnungen zu schaffen, und dass ihr dies erst 2008 gelungen war. Doch ist darin keine mit den "Berliner Fällen" vergleichbare Pflichtwidrigkeit zu erkennen. 5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung.
Die Revision ist wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen (§ 160 Abs. 2 Nr. 2 SGG).
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 47 Abs. 1 und 2, § 43 Abs. 1, § 52 Abs. 3 Gerichtskostengesetz.
Dr. Wietek Dr. Wahl zugleich für die urlaubsbedingt an der Unterschriftsleistung gehinderte Richterin Klotzbücher
II. Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.
III. Die Revision wird zugelassen.
IV. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 723,21 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Streitig ist die Vergütung von Leistungen der stationären Krankenhausbehandlung.
Die Klägerin betreibt ein in den Krankenhausplan des Freistaates Sachsen aufgenommenes Krankenhaus. Darin wurde vom 28.01.2004 bis 09.02.2004 ein Versicherter der beklagten Krankenkasse behandelt, wegen akuten Myokardinfarktes aufgenommen worden war. Diese Krankenhausbehandlung rechnete die Klägerin auf der Grundlage der Fallpauschale für die Diagnosis Related Group (DRG) F60A (in Höhe von 3.593,89 EUR abzüglich Verlegungsabschlag von 474,74 EUR) ab; dabei kodierte sie als Hauptdiagnose ICD-10 I29.9 (akuter Myokardinfarkt, nicht näher bezeichnet) und als Nebendiagnosen u.a. ICD-10 J90 (Pleuraerguss, anderenorts nicht klassifiziert) und J20.9 (akute Bronchitis, nicht näher bezeichnet). Mit Schreiben vom 22.10.2008 zeigte der Medizinische Dienst des Bundeseisenbahnvermögens (MD-BEV) der Klägerin eine Überprüfung der Kodierung der Nebendiagnosen an und bat um Übersendung der Behandlungsunterlagen. Nach deren Vorlage führte der MD-BEV in seiner gutachterlichen Stellungnahme vom 28.02.2009 aus, der Versicherte sei wegen einer NSTEMI (Non-ST-elevation myocardial infarction) mit konsekutiver dekompensierter Myokardinsuffizienz stationär aufgenommen worden. Im Rahmen der kardialen Dekompensation hätten beidseits deutliche Pleuraergüsse bestanden. Unter diuretischer Therapie und Flüssigkeitsbilanzierung habe eine kardiale Rekompensation und insbesondere die Regredienz der beidseitigen Pleuraergüsse erreicht werden können. Der beidseitige kardial bedingte Pleuraerguss sei bei bekannter Ätiologie gemäß Deutschen Kodierrichtlinie (DKR) D012a "Kreuz-Stern-System" mit dem Sekundärkode J91- (Pleuraerguss bei anderenorts klassifizierten Krankheiten) zu verschlüsseln. Der Kode J90 entfalle somit. Des Weiteren entfalle der Kode J20.9. Im stationären Behandlungsverlauf habe weder eine akute Bronchitis bestanden noch sei das Patientenmanagement gemäß DKR D003b bzw. DKR D008b beeinflusst worden. Mit Schreiben vom 13.03.2009 teilte die Beklagte der Klägerin mit, nach dieser gutachterlichen Stellungnahme des MD-BEV sei die Krankenhausbehandlung mit der DRG-Fallpauschale F60B (in Höhe von 2.395,33 EUR ohne Verlegungsabschlag) abzurechnen, und kündigte die Verrechnung mit dem sich daraus ergebenden Differenzbetrag von 723,21 EUR an. Am 20.04.2009 erklärte die Beklagte die Aufrechnung mit einer anderen Vergütungsforderung der Klägerin (über 2.047,08 EUR für eine Krankenhausbehandlung vom 08.04.2009 bis 10.04.2009).
Die Klägerin hat am 07.10.2009 beim Sozialgericht Leipzig (SG) Klage auf Zahlung dieses Differenzbetrages erhoben. Der von der Beklagten geltend gemachte Rückzahlungsanspruch sei im Zeitpunkt der Verrechnung bereits verjährt gewesen. Die Beklagte hat erwidert, die Einleitung des Begutachtungsverfahrens durch den MD-BEV habe den Eintritt der Verjährung gehemmt.
Das SG hat mit Urteil vom 21.04.2010 die Klage abgewiesen und die Berufung zugelassen. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Zahlung weiterer 723,21 EUR. Die Beklagte habe zu Recht eine Verrechnung in dieser Höhe vorgenommen. Dem könne die Klägerin nicht mit Erfolg entgegenhalten, dass der Anspruch auf Verrechnung verjährt sei. Denn nach damaliger Rechtslage sei die Überprüfungsmöglichkeit durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) noch nicht auf sechs Wochen begrenzt gewesen, wie jetzt nach § 275 Abs. 1c Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V). Auch vertraglich sei keine derartige Regelung vereinbart worden. Damit habe grundsätzlich eine 4-jährige Verjährungsfrist gegolten. Deren Ablauf sei durch die Überprüfungsanzeige des MD-BEV vom 22.10.2008 gehemmt gewesen. Die Vorschrift des § 204 Abs. 1 Nr. 8 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), wonach ein vereinbartes Begutachtungsverfahren die Verjährung hemme, sei entsprechend anwendbar. Dem stehe nicht entgegen, dass die Krankenkassen ein gesetzlich vorgeschriebenes Begutachtungsverfahren einzuleiten hätten. Denn mit der Einschränkung auf "vereinbarte" Begutachtungsverfahren schließe § 204 Abs. 1 Nr. 8 BGB lediglich aus, dass ohne Kenntnis der anderen Seite eingeholte Gutachten die Verjährung hemmen könnten. Die Überprüfung sei auch nicht rechtsmissbräuchlich. Es sei nicht festzustellen, dass die Beklagte nachhaltig, über Einzelfälle hinaus gegen vereinbarte Regeln über das Prüfverfahren bei dessen Einleitung verstoßen hätte. Vielmehr sei die Klägerin ihrer Mitwirkungspflicht nicht nachgekommen.
Hiergegen richtet sich die Klägerin mit ihrer am 13.07.2010 eingelegten Berufung. Zum Zeitpunkt der Verrechnung sei der von der Beklagten geltend gemachte Anspruch bereits verjährt gewesen. Das MDK-Prüfverfahren stelle kein Begutachtungsverfahren im Sinne des § 204 Abs. 1 Nr. 8 BGB dar, da es nicht vereinbart worden, sondern auf Antrag der Beklagten erfolgt sei. Da die Krankenkasse Herrin des Prüfverfahrens sei, sei es auch ihrer Risikosphäre zuzuordnen, wenn sie das Prüfverfahren zu spät einleite. Andernfalls könnte die Krankenkasse immer am 31.12. des letzten Jahres den MDK mit der Prüfung eines Behandlungsfalles beauftragen und damit den Verjährungszeitraum ausdehnen. Hilfsweise sei die Beklagte mit jeglichen Einwendungen ausgeschlossen, so dass eine Verrechnung jedenfalls unzulässig gewesen sei. Die Beklagte habe die 6-Wochen-Frist des § 275 Abs. 1c SGB V nicht eingehalten, die auch auf Behandlungsfälle vor ihrem Inkrafttreten (01.04.2007) anwendbar sei. Schon nach der bis 31.03.2007 geltenden Rechtslage sei aufgrund des sog. Beschleunigungsgebotes ein Prüfverfahren zeitnah einzuleiten und durchzuführen gewesen. Durch die Einführung der 6-Wochen-Frist in § 275 Abs. 1c SGB V sei nur klargestellt worden, was unter einer zeitnahen Prüfung zu verstehen sei.
Die Klägerin beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 21. April 2010 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 723,21 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 24. April 2009 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Die Einrede der Verjährung greife schon deshalb nicht durch, weil es nach dem entsprechend anwendbaren § 215 BGB genüge, dass sie – die Beklagte – vor Ablauf des Jahres 2008 hätte Klage erheben oder die Aufrechnung gegen laufende Forderungen der Klägerin erklären können. Darüber hinaus stehe der entsprechenden Anwendung des § 204 Abs. 1 Nr. 8 BGB nicht entgegen, dass das Begutachtungsverfahren nicht vereinbart, sondern auf ihren – der Beklagten – Antrag erfolgt und im Übrigen gesetzlich vorgesehen sei. Vielmehr spreche für die entsprechende Anwendung dieser Vorschrift, dass das Krankenhaus mit der Anforderung der Behandlungsunterlagen Kenntnis von der Begutachtung habe. § 275 Abs. 1c SGB V sei weder unmittelbar noch im Sinne einer Klarstellung eines Beschleunigungsgebotes anwendbar. Anlass für das im Jahre 2008 eingeleitete Überprüfungsverfahren sei eine Kassenprüfung stationärer Behandlungsfälle durch das Bundesversicherungsamt gewesen, in der sie – die Beklagte – auf unplausible Behandlungsfälle hingewiesen worden sei. Daraufhin habe sie zum nächst möglichen Zeitpunkt die Krankenhausdaten einer Analyse unterzogen und bei vermuteten Fehlkodierungen der MD-BEV mit gutachterlichen Stellungnahmen beauftragt.
Dem Senat haben die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Verwaltungsakte der Beklagten vorgelegen. Hierauf und auf die in den Gerichtsakten enthaltenen Schriftsätze der Beteiligten sowie den übrigen Akteninhalt wird zur Ergänzung des Tatbestandes Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin ist unbegründet.
Zu Recht hat das SG die Klage abgewiesen.
Die Klägern hat keinen Anspruch auf Zahlung weiterer 723,21 EUR aufgrund der stationären Krankenhausbehandlung einer Versicherten der Beklagten in der Zeit vom 08.04.2009 bis 10.04.2009. Zwar stand der Klägerin gegen die Beklagte wegen dieser am 16.04.2009 abgerechneten Krankenhausbehandlung unstreitig ein Vergütungsanspruch in Höhe von 2.047,08 EUR zu. Dieser Vergütungsanspruch ist aber nicht nur unstreitig durch die Zahlung von 1.323,87 EUR erloschen, sondern auch durch die hier streitige Aufrechnung mit einem Rückzahlungsanspruch in Höhe von 723,21 EUR.
Die Aufrechnung von Krankenkassen zur Erfüllung von Vergütungsansprüchen der Krankenhäuser erfolgt entsprechend §§ 387 ff. BGB (Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 02.11.2010 - B 1 KR 11/10 R - BSGE 107, 78 Rn. 14 f. = SozR 4-2500 § 140d Nr. 2; Urteil vom 30.06.2009 - B 1 KR 24/08 R - BSGE 104, 15 Rn. 11 = SozR 4-2500 § 109 Nr. 17; Urteil vom 16.12.2008 - B 1 KN 1/07 KR R - BSGE 102, 172 Rn. 8 = SozR 4-2500 § 109 Nr. 13; Urteil vom 12.05.2005 - B 3 KR 18/04 R - SozR 4-5565 § 14 Nr. 8 Rn. 8; Urteil vom 22.07.2004 - B 3 KR 21/03 R - BSGE 93, 137 Rn. 7 = SozR 4-2500 § 137c Nr. 2). Auch außerhalb der besonderen Regelungen, welche die §§ 51, 52 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) über die Aufrechnung gegen Sozialleistungsansprüche treffen, besteht im Sozialrecht allgemein die Möglichkeit, einer öffentlich-rechtlichen Forderung im Wege der Aufrechnung, auf welche die §§ 387 ff. BGB entsprechend anzuwenden sind, entgegenzutreten (siehe nur BSG, Urteil vom 15.12.1994 - 12 RK 69/93 - BSGE 75, 283, 284 ff. = SozR 3-2400 § 28 Nr. 2; Urteil vom 09.06.1988 - 4 RA 9/88 - BSGE 63, 224, 230 f. = SozR 1300 § 48 Nr. 47). Voraussetzung dieses einseitigen Rechtsgeschäfts, mit dem die wechselseitige Tilgung zweier Forderungen bewirkt wird, ist gemäß § 387 BGB, dass sich zum Zeitpunkt der Aufrechnungserklärung gegenseitige, gleichartige und fällige bzw. erfüllbare Forderungen gegenüberstehen, wobei die Gegenforderung vollwirksam und fällig sein muss, die Hauptforderung dagegen lediglich erfüllbar zu sein braucht (Grüneberg in: Palandt, BGB, 71. Aufl., § 387 Rn. 11 f.). Außerdem darf entsprechend § 390 BGB die Gegenforderung nicht einredebehaftet sein.
Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Der Vergütungsanspruch des klagenden Krankenhauses (Hauptforderung) und der von der beklagten Krankenkasse geltend gemachte Rückzahlungsanspruch (Gegenforderung) erfüllen die Voraussetzungen der Gegenseitigkeit und der Gleichartigkeit. Der Vergütungsanspruch der Klägerin für die in der Zeit vom 08.04.2009 bis 10.04.2009 erbrachte und am 16.04.2009 abgerechnete stationäre Krankenhausbehandlung war bei Zugang der Aufrechnungserklärung vom 20.04.2009 auch erfüllbar; dem steht nicht entgegen, dass die Zahlungsfrist von 18 Tagen ab Rechnungslegung (§ 13 Abs. 1 der für den Freistaat Sachsen geschlossenen Vereinbarung zu den allgemeinen Bedingungen der Krankenhausbehandlung gemäß § 112 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGB V – im Folgenden: Sicherstellungsvertrag) noch nicht abgelaufen war. Der Rückzahlungsanspruch der Beklagten war im Zeitpunkt der Aufrechnung fällig; er ergibt sich daraus, dass die Klägerin für die stationäre Krankenhausbehandlung vom 28.01.2004 bis 09.02.2004 keinen Vergütungsanspruch nach Maßgabe der DRG-Fallpauschale F60A hatte, sondern nur die um 723,21 EUR geringere Vergütung nach der DRG-Fallpauschale F60B verlangen durfte (dazu 1.). Die Beklagte ist weder durch die zunächst vollständige Bezahlung der DRG-Fallpauschale F60A noch durch die späte Einleitung des Prüfverfahrens mit ihren Einwendungen gegen die Abrechnung dieses Behandlungsfalls durch die Klägerin ausgeschlossen (dazu 2.). Die Klägerin kann dem von der Beklagten im Wege der Aufrechnung geltend gemachten Rückzahlungsanspruch auch nicht die Einrede der Verjährung entgegenhalten (dazu 3.). Ebenso wenig ist die Aufrechnung rechtsmissbräuchlich (dazu 4.).
1. Die Beklagte hatte im Zeitpunkt der Aufrechnung einen fälligen Rückzahlungsanspruch in Höhe von 723,21 EUR. Dieser hat seine Grundlage im öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch, der aus den allgemeinen Grundsätzen des Verwaltungsrechts herzuleiten ist und voraussetzt, dass im Rahmen eines öffentlichen Rechtsverhältnisses Leistungen ohne rechtlichen Grund erbracht oder sonstige rechtsgrundlose Vermögensverschiebungen vorgenommen worden sind (BSG, Urteil vom 22.07.2004 - B 3 KR 21/03 R - BSGE 93, 137 Rn. 8 = SozR 4-2500 § 137c Nr. 2; Urteil vom 28.09.2010 - B 1 KR 4/10 R - SozR 4-2500 § 264 Nr. 3 Rn. 15). So verhält es sich hier. Denn die Beklagte hat die in der Zeit vom 28.01.2004 bis 09.02.2004 zugunsten eines ihrer Versicherten von der Klägerin erbrachten stationären Krankenhausleistungen ohne Rechtsgrund um 723,21 EUR zu hoch vergütet, weil sie für diese Krankenhausbehandlung nicht die DRG-Fallpauschale F60A, sondern nur die DRG-Fallpauschale F60B schuldete.
Rechtsgrundlage des in Höhe von 723,21 EUR streitigen restlichen Vergütungsanspruchs der Klägerin aus dem Jahr 2004 ist § 109 Abs. 4 Satz 3 SGB V in Verbindung mit § 7 Satz 1 Nr. 1, § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG), § 17b Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG), § 1 der Verordnung zum Fallpauschalensystem für Krankenhäuser 2004 (KFPV 2004) sowie Anlage 1 der KFPV 2004, jeweils in der im Behandlungszeitraum geltenden Fassung. Denn der Behandlungspflicht zugelassener Krankenhäuser nach § 109 Abs. 4 Satz 2 SGB V steht ein Vergütungsanspruch gegenüber, dessen Höhe gemäß § 109 Abs. 4 Satz 3 SGB V nach Maßgabe des KHG, des KHEntgG und, sofern das Krankenhaus nicht in das DRG-Vergütungssystem einbezogen ist, der Bundespflegesatzverordnung (vgl. dort § 1 Abs. 1) vertraglich abschließend festgelegt wird (siehe nur BSG, Urteil vom 17.12.2009 - B 3 KR 12/08 R - BSGE 105, 150 Rn. 8 f. = SozR 4-2500 § 109 Nr. 20; Urteil vom 16.12.2008 - B 1 KN 3/08 KR R - BSGE 102, 181 Rn. 15 = SozR 4-2500 § 109 Nr. 15; Urteil vom 16.12.2008 - B 1 KN 1/07 KR R - BSGE 102, 172 Rn. 11 = SozR 4-2500 § 109 Nr. 13; Urteil vom 18.09.2008 - B 3 KR 15/07 R - SozR 4-2500 § 109 Nr. 11 Rn. 12; Urteil vom 12.06.2008 - B 3 KR 19/07 R - BSGE 101, 33 Rn. 19 = SozR 4-2500 § 109 Nr. 9).
Bei Krankenhäusern, die – wie dasjenige der Klägerin – dem DRG-Vergütungssystem unterliegen (vgl. § 17b Abs. 1 Satz 1 KHG), werden gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 KHEntgG die allgemeinen Krankenhausleistungen gegenüber den Patienten oder ihren Kostenträgern mit verschiedenen, dort aufgezählten Entgelten abgerechnet. Hier geht es um die Abrechnung von Fallpauschalen nach dem auf Bundesebene vereinbarten Entgeltkatalog (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 in Verbindung mit § 9 KHEntgG). Diese Fallpauschalen einschließlich der Bewertungsrelationen sowie Regelungen zur Grenzverweildauer und der in Abhängigkeit von diesen zusätzlich zu zahlenden Entgelte oder vorzunehmenden Abschläge haben nach § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KHEntgG die Spitzenverbände der Krankenkassen, der Verband der privaten Krankenversicherung und die Deutschen Krankenhausgesellschaft zu vereinbaren. Bei der Vereinbarung sind die Vorgaben des § 17b Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 KHG zu beachten, wonach ein durchgängiges, leistungsorientiertes und pauschalierendes Vergütungssystem auf der Grundlage von DRG einzuführen und jährlich weiterzuentwickeln sowie anzupassen ist, insbesondere an medizinische Entwicklungen, Kostenentwicklungen, Verweildauerverkürzungen und Leistungsverlagerungen zu und von anderen Versorgungsbereichen. Für das hier im Streit stehende Jahr ist das Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherheit diesem Regelungsauftrag im Wege der Ersatzvornahme (§ 17b Abs. 7 Satz 1 Nr. 1 KHG) mit dem Fallpauschalenkatalog in Anlage 1 der KFPV 2004 nachgekommen.
Der Fallpauschalenkatalog ist nach DRG geordnet. Dabei erfolgt die Zuordnung eines bestimmten Behandlungsfalles zu einer DRG in zwei Schritten: Zunächst werden die Diagnosen nach der Internationalen Klassifikation für Krankheiten (ICD) in der vom Deutschen Institut für medizinische Dokumentation und Information(DIMDI) herausgegebenen deutschen Fassung (ICD-GM) und die medizinischen Prozeduren nach dem ebenfalls vom DIMDI herausgegebenen Operationen- und Prozedurenschlüssel kodiert. Sodann werden in einem zweiten Schritt anhand dieser Kodes sowie zusätzlicher fallbezogener Variablen (wie Alter des Patienten, Verweildauer, Zahl der Stunden maschineller Beatmung usw.) mithilfe eines vom Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus zertifizierten Software-Programms (Goupers) die DRG-Fallpauschale sowie die dafür zu zahlende Vergütung errechnet. Zur sachgerechten Durchführung der Verschlüsselung (Kodierung) haben die erwähnten Vertragsparteien (Deutsche Krankenhausgesellschaft, Spitzenverbände der Krankenkassen und Verband der privaten Krankenversicherung) mit den jährlich aktualisierten DKR einheitliche Kodierregeln für die Dokumentation der diagnosen-, prozeduren- und sonstiger gruppierungsrelevanter Merkmale aufgestellt.
Ausgehend hiervon war die stationäre Krankenhausbehandlung des Versicherten vom 28.01.2004 bis 09.02.2004 nicht nach der von der Klägerin abgerechneten DRG-Fallpauschale F60A, sondern nach der DRG-Fallpauschale F60B zu vergüten. Denn als Nebendiagnose durfte weder die ICD-10 J90 (Pleuraerguss, anderenorts nicht klassifiziert) noch die ICD-10 J20.9 (akute Bronchitis, nicht näher bezeichnet) kodiert werden. Dies hat der MD-BEV in seiner auf der Grundlage der Behandlungsunterlagen der Klägerin erstatteten gutachterlichen Stellungnahme vom 28.02.2009 überzeugend dargelegt. Danach wurde der Versicherte wegen einer NSTEMI (Non-ST-elevation myocardial infarction) mit konsekutiver dekompensierter Myokardinsuffizienz stationär aufgenommen. Im Rahmen der kardialen Dekompensation bestanden beidseits deutliche Pleuraergüsse. Unter diuretischer Therapie und Flüssigkeitsbilanzierung konnte eine kardiale Rekompensation und insbesondere die Regredienz der beidseitigen Pleuraergüsse erreicht werden. Der beidseitige kardial bedingte Pleuraerguss ist bei bekannter Ätiologie gemäß DKR D012a "Kreuz-Stern-System" – wonach Schlüsselnummern für Ätiologie (zugrundeliegende Ursache) durch das Kreuz-Symbol (†) und Manifestations-Schlüsselnummern durch das Stern-Symbol (-) gekennzeichnet werden – mit dem Sekundärkode ICD-10 J91- (Pleuraerguss bei anderenorts klassifizierten Krankheiten) zu kodieren. Die Nebendiagnose ICD-10 J90 (Pleuraerguss, anderenorts nicht klassifiziert) entfällt somit. Des Weiteren entfällt die Nebendiagnose ICD-10 J20.9 (akute Bronchitis, nicht näher bezeichnet), da im stationären Behandlungsverlauf weder eine akute Bronchitis bestanden hat noch durch eine solche das Patientenmanagement gemäß DKR D003b bzw. DKR D008b in der Weise beeinflusst worden ist, dass irgendeine therapeutische Maßnahme, irgendeine diagnostische Maßnahme und/oder irgendein erhöhter Betreuungs-, Pflege- und/oder Überwachungsaufwand erforderlich war. Gegen die gutachterliche Stellungnahme des MD-BEV hat die Klägerin keine inhaltlichen Einwände erhoben. Vielmehr hat sie im gerichtlichen Verfahren lediglich vorgebracht, zur Übersendung der Patientenakten keine Veranlassung zu sehen, weil es im vorliegenden Fall auf die medizinische Beurteilung nicht ankomme. Der kurz vor der mündlichen Verhandlung des Senats eingereichte Schriftsatz der Klägerin, in dem diese nunmehr pauschal betont, weiterhin von der Richtigkeit ihrer Abrechnung auszugehen, und sich ebenso pauschal dagegen verwahrt, die gutachterliche Stellungnahme des MD-BEV inhaltlich nicht anzuzweifeln, vermag die Überzeugungskraft der gutachterlichen Stellungnahme des MD-BEV nicht zu erschüttern. Aufgrund dieses pauschalen Vorbringens, das sich inhaltlich in keiner Weise mit den Ausführungen des MD-BEV auseinandersetzt, hat der Senat keinen Anlass gesehen, Ermittlungen ins Blaue hinein anzustellen.
2. Ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch der Beklagten ist weder infolge der zunächst erfolgten Zahlung (dazu a) noch deshalb ausgeschlossen, weil die MDK-Prüfung des streitigen Behandlungsfalls aus dem Januar/Februar 2004 erst im Oktober 2008 in die Wege geleitet wurde (dazu b-d).
a) Zahlt eine Krankenkasse vorbehaltlos auf eine Krankenhaus-Rechnung, kann sie nach dem Rechtsgedanken des § 814 BGB mit der Rückforderung – und damit auch mit dem späteren Bestreiten ihrer Zahlungspflicht – ganz ausgeschlossen sein, wenn sie nämlich positiv gewusst hat, dass sie zur Leistung nicht verpflichtet war (BSG, Urteil vom 30.06.2009 - B 1 KR 24/08 R - BSGE 104, 15 Rn. 30 = SozR 4-2500 § 109 Nr. 17; Urteil vom 08.11.2011 - B 1 KR 8/11 R - juris Rn. 48). So liegt es hier indessen nicht. Es besteht kein Anhaltspunkt dafür, dass die Beklagte bei der vollständigen Bezahlung der Rechnung im Jahr 2004 positive Kenntnis von der fehlerhaften Kodierung durch die Klägerin hatte. Ganz im Gegenteil: Erst durch ihre Aufsichtsbehörde, das Bundesversicherungsamt, ist die Beklagte zu einer Prüfung der hier streitigen Rechnung aus dem Jahr 2004 veranlasst worden. Denn das Bundesversicherungsamt wies die Beklagte im Zuge einer 2006 durchgeführten Kassenprüfung stationärer Behandlungsfälle auf unplausible Abrechnungen hin. Danach hat die Beklagte die betreffenden Fälle – darunter den vorliegenden – einer nochmaligen Analyse auf der Grundlage der von der Klägerin im Rahmen der Abrechnung gemäß § 301 Abs. 1 SGB V bereitgestellten Daten unterzogen. Ließ diese Analyse eine Fehlkodierung vermuten, hat die Beklagte – wie im vorliegenden Fall – bei der Klägerin Behandlungsunterlagen angefordert. Erst nach Vorlage dieser Behandlungsunterlagen und ihrer Begutachtung durch den MD-BEV konnte die Beklagte positive Kenntnis von der fehlerhaften Kodierung haben. Ebenfalls ohne Belang ist im vorliegenden Fall, dass es sich den Akten nicht entnehmen lässt, ob die Beklagte die Rechnung der Klägerin lediglich unter dem Vorbehalt medizinischer Überprüfung bezahlt hat. Denn es steht der Rückforderung nicht entgegen, wenn die Vergütung ohne Vorbehalt gezahlt wurde (BSG, Urteil vom 28.09.2006 - B 3 KR 20/05 R - SozR 4-1500 § 92 Nr. 3 Rn. 10).
b) § 275 Abs. 1c Satz 2 SGB V, wonach die Prüfung von Voraussetzungen und Abrechnung einer Krankenhausbehandlung durch den MDK spätestens sechs Wochen nach Eingang der Abrechnung bei der Krankenkasse einzuleiten ist, findet im vorliegenden Fall keine Anwendung. Denn diese Vorschrift ist erst zum 01.04.2007 in das Gesetz eingefügt worden und gilt nur für Behandlungsfälle, die sich nach Inkrafttreten der Vorschrift vollständig verwirklicht haben (BSG, Urteil vom 22.06.2010 - B 1 KR 29/09 R - SozR 4-2500 § 275 Nr. 4 Rn. 12 ff.; so bereits Senatsbeschluss vom 25.04.2008 - L 1 B 198/08 KR ER - juris Rn. 33 ff.).
Daher kann offen bleiben, ob der Ablauf der 6-Wochen-Frist des § 275 Abs. 1c Satz 2 SGB V die Krankenkasse materiell-rechtlich mit ihren Einwendungen gegen die Abrechnung durch das Krankenhaus ausschließt (in diesem Sinne Arnold/Erdmann, GesR 2012, 136 ff.) oder lediglich verfahrensrechtlich der Einleitung einer MDK-Prüfung und infolgedessen der Sachaufklärung durch Krankenkasse und Gerichte entgegensteht (mit guten Gründen in diesem Sinne SG Braunschweig, Urteil vom 07.09.2010 - S 40 KR 504/07 - juris Rn. 27 ff.).
c) Ebenso wenig findet die 30-Tage-Frist Anwendung, die in § 14 Abs. 1 Satz 1 des Sicherstellungsvertrages für die Einleitung der MDK-Prüfung vorgesehen ist. Denn diese Bestimmung ist wie der gesamte Sicherstellungsvertrag am 01.01.2006 in Kraft getreten, wobei Fußnote 6 zu § 20 Abs. 1 des Sicherstellungsvertrages, der das Inkrafttreten des Vertrags am 01.01.2006 regelt, ausdrücklich bestimmt: "Der Vertrag gilt ab 1. Januar für alle Aufnahmen ab diesem Zeitpunkt". Das bedeutet, dass Behandlungsfälle vor dem 01.01.2006 von der Vereinbarung überhaupt nicht erfasst werden. Ohne Belang ist dabei, dass in dieser Fußnote nur von "1. Januar" ohne Angabe eines Jahres die Rede ist; denn aus dem Kontext ergibt sich, dass allein der 01.01.2006 gemeint ist.
Wie der Senat bereits entschieden hat (Beschluss vom 25.04.2008 - L 1 B 198/08 KR ER - juris Rn. 37), ist dem Sicherstellungsvertrag eine im Wege ergänzender Vertragsauslegung ausfüllungsfähige Regelungslücke in Bezug auf ihren zeitlichen Anwendungsbereich nicht zu entnehmen. Zwar sieht § 20 Abs. 6 Sätze 3 und 4 des Sicherstellungsvertrages vor, wie mit Regelungslücken umzugehen ist. Die Voraussetzungen für die Annahme einer Regelungslücke sind aber nicht erfüllt, weil aus Fußnote 6 zu § 20 Abs. 1 des Sicherstellungsvertrages hervorgeht, dass sich die Vertragsparteien nur über eine Geltung ab dem 01.01.2006 verständigen konnten.
Zudem ist die Frist für die Einleitung von Abrechnungsprüfungen in § 14 des Sicherstellungsvertrages nicht ebenso strikt ausgestaltet wie diejenige in § 275 Abs. 1c SGB V. Denn § 14 Abs. 1 Satz 2 des Sicherstellungsvertrages lässt auch nach Ablauf der 30-Tage-Frist die Einleitung von Prüfungen zu, wenn der Krankenkasse nachträglich Umstände bekannt werden, die eine Prüfung erforderlich machen.
d) Zu keinem anderen Ergebnis führt das von der Rechtsprechung entwickelte Beschleunigungsgebot.
Verträgen nach § 112 Abs. 1 SGB V hat das BSG das immanente Gebot entnommen, ein Prüfverfahren zeitnah und zügig durchzuführen (vgl. BSG Urteil vom 28.09.2006 - B 3 KR 23/05 R - SozR 4-2500 § 112 Nr. 6 Rn. 13; Urteil vom 28.02.2007 - B 3 KR 12/06 R - SozR 4-2500 § 276 Nr. 1 Rn. 19; Urteil vom 17.12.2009 - B 3 KR 12/08 R - BSGE 105, 150 Rn. 13 = SozR 4-2500 § 109 Nr. 20). Dies beruhte ursprünglich auf der Annahme, dass ein Prüfverfahren im Betrieb eines Krankenhauses nicht noch lange Zeit nach Abschluss des jeweiligen Behandlungsfalls nachgeholt werden könne, weil die anschauliche Erinnerung der behandelnden Ärzte nachlasse, was die Beweislage des Krankenhauses verschlechtere und seinen Aufwand erhöhe (BSG, Urteil vom 13.12.2001 - B 3 KR 11/01 R - BSGE 89, 104, 109 f. = SozR 3-2500 § 112 Nr. 2; so auch BSG, Urteil vom 28.02.2007 - B 3 KR 12/06 R - SozR 4-2500 § 276 Nr. 1 Rn. 19). Diese Grundannahme lässt sich mit dem Beschluss des Großen Senat des BSG vom 25.09.2007 (GS 1/06 - BSGE 99, 111 Rn. 27 ff. = SozR 4-2500 § 39 Nr. 10) nicht vereinbaren, der nicht nur davon ausgegangen ist, dass die Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung selbst dann uneingeschränkt überprüfbar ist, wenn die Krankenkasse ihre Leistungspflicht nachträglich für einen zurückliegenden Zeitraum bestreitet, sondern mit der Einschätzungsprärogative des behandelnden Krankenhausarztes auch Beweiserleichterungen für das Krankenhaus verworfen hat. Dies bedeutet zwar nicht, dass mit dem Beschluss des Großen Senats dem Beschleunigungsgebot die Grundlage entzogen wäre. Doch ist bei der Auslegung dieses Gebots dem Beschluss des Großen Senats Rechnung zu tragen und das Wirtschaftlichkeitsgebot, dessen Ausfluss die Prüfpflicht der Krankenkassen und die entsprechende Mitwirkungspflicht der Krankenhäuser bei dieser Prüfung ist (BSG, Urteil vom 22.06.2010 - B 1 KR 1/10 R - BSGE 106, 214 Rn. 11 = SozR 4-2500 § 275 Nr. 3; BSG v. 22.06.2010 - B 1 KR 29/09 R - SozR 4-2500 § 275 Nr. 4 Rn. 17), sowie dessen höherer Stellenwert zu berücksichtigen (vgl. Wahl in: jurisPK-SGB V, 2. Aufl., § 112 Rn. 65 f.). Deshalb und, weil es darüber hinaus in Sachsen vor dem 01.01.2006 keinen Vertrag nach § 112 Abs. 1 SGB V (näher dazu oben unter 2c) und damit auch keine landesvertragliche Anknüpfungsgrundlage für das Beschleunigungsgebot gab, ist es ausgeschlossen, über dieses Gebot für den hier streitigen Behandlungsfall aus dem Jahr 2004 doch noch zur Anwendung der 6-Wochen-Frist des zum 01.04.2007 eingeführten § 275 Abs. 1c Satz 2 SGB V zu gelangen.
Dem steht nicht entgegen, dass das BSG in der von der Klägerin herangezogenen Entscheidung (Urteil vom 17.12.2009 - B 3 KR 12/08 R - BSGE 105, 150 Rn. 18 = SozR 4-2500 § 109 Nr. 20) zur Bestimmung des Zeitrahmens für Rechnungskorrekturen der Krankenhäuser auch bei Abrechnungsfällen vor dem 01.04.2007 auf § 275 Abs. 1c Satz 1 SGB V mit der Begründung zurückgegriffen hat, dass die dort vorgesehene Frist von sechs Wochen lediglich eine Präzisierung des auch zuvor geltenden Beschleunigungsgebots darstelle. Denn mit dieser Entscheidung hat der 3. Senat des BSG weder explizit noch implizit die Rechtsprechung des 1. Senats des BSG (Urteil vom 22.06.2010 - B 1 KR 29/09 R - SozR 4-2500 § 275 Nr. 4 Rn. 12 ff.) zum zeitlichen Anwendungsbereich des § 275 Abs. 1a Satz 1 SGB V aufgegeben. Dieser Anwendungsbereich lässt sich daher auch nicht über das Beschleunigungsgebot auf Behandlungsfälle vor dem 01.04.2007 erstrecken.
3. Die gegen den Rückzahlungsanspruch erhobene Verjährungseinrede greift nicht durch.
Wie die Vergütungsansprüche der Krankenhäuser unterliegen auch die Rückzahlungsansprüche der Krankenkassen der vierjährigen Verjährung (BSG, Urteil vom 28.02.2007 - B 3 KR 12/06 R - BSGE 98, 142 Rn. 25 = SozR 4-2500 § 276 Nr. 1; Urteil vom 28.09.2006 - B 3 KR 20/05 R - BSGE 97, 125 Rn. 11 = SozR 4-1500 § 92 Nr. 3). Dies ist zwar im Gesetz nicht ausdrücklich geregelt. Den Verjährungsregelungen in den Büchern des Sozialgesetzbuch, insbesondere in § 45 SGB I, hat die Rechtsprechung jedoch das allgemeine Rechtsprinzip der vierjährigen Verjährung im Sozialrecht entnommen, das einem Rückgriff auf die Verjährungsfristen des BGB über § 69 Abs. 1 Satz 3 SGB V entgegensteht (BSG, Urteil vom 12.05.2005 - B 3 KR 32/04 R - SozR 4-2500 § 69 Nr. 1 Rn. 18). Lediglich für Hemmung, Ablaufhemmung, Neubeginn und Wirkung der Verjährung gelten entsprechend § 45 Abs. 2 SGB I die Vorschriften des BGB sinngemäß. Die dementsprechend für den 2004 entstandenen Rückzahlungsanspruch geltende vierjährige Verjährungsfrist war im vorliegenden Fall am 31.12.2008 abgelaufen.
Gleichwohl war die am 20.04.2009 erklärte Aufrechnung nicht entsprechend § 390 BGB ausgeschlossen.
b) Dies ergibt sich indessen – entgegen der Auffassung der Beklagten – nicht aus dem grundsätzlich entsprechend anwendbaren § 215 BGB (zur inhaltsgleichen Vorgängervorschrift des § 390 Satz 2 BGB: BSG, Urteil vom 22.07.2004 - B 3 KR 21/03 R - BSGE 93, 137 Rn. 29 = SozR 4-2500 § 137c Nr. 2). Denn zu der Zeit, zu welcher die Rückzahlungsforderung aus dem Jahr 2004 erstmals gegen die unstreitige Vergütungsforderung aus dem Jahr 2009 aufgerechnet werden konnte, war die vierjährige Verjährungsfrist bereits abgelaufen.
Für die entsprechende Anwendung § 215 BGB genügt es nicht, dass die Beklagte vor Ablauf des Jahres 2008 ihre Rückzahlungsforderung hätte einklagen oder mit ihr die Aufrechnung gegen laufende Forderungen der Klägerin hätte erklären können. Zwar hat das BSG in dem von der Beklagten zitierten Urteil vom 22.07.2004 (B 3 KR 21/03 R - BSGE 93, 137 Rn. 30 = SozR 4-2500 § 137c Nr. 2) weitere Ermittlungen zum Zeitpunkt der Aufrechnungslage für entbehrlich gehalten, weil es aufgrund der dauerhaften Vertragsbeziehungen der Beteiligten und den daraus dem Krankenhaus fortlaufend erwachsenden Vergütungsansprüchen gegen die Krankenkasse unbillig wäre, wenn der Aufrechnung der Krankenkasse entgegengehalten werden könnte, die eingeklagten Forderungen des Krankenhauses seien erst nach Ablauf der Verjährungsfrist entstanden. Doch waren diese Erwägungen nicht entscheidungstragend, weil in dem dortigen Fall das Krankenhaus auf die Einrede der Verjährung verzichtet hatte. Darüber hinaus war dort – anders als im vorliegenden Fall – die Überprüfung des Behandlungsfalles bereits vor Ablauf der Verjährungsfrist abgeschlossen und waren nach Abschluss der Überprüfung von den Beteiligten Verhandlungen über den Rückzahlungsanspruch geführt worden. Auch wenn die besondere Ausgestaltung der Rechtsbeziehungen zwischen Krankenkassen und zugelassenen Krankenhäuser bei der Verjährung zu berücksichtigen ist, spricht gegen die erweiternde Auslegung des § 215 BGB doch, dass dann Rückzahlungsansprüche der Krankenkassen niemals – auch nicht nach Ablauf von 30 oder mehr Jahren – verjährten, solange das Krankenhaus zulasten der Krankenkassen Leistungen erbringen darf.
c) Die Verjährung war jedoch im vorliegenden Fall – wie das SG zu Recht entschieden hat – gehemmt.
(1) Dies ergibt sich allerdings nicht aus entsprechender Anwendung des § 203 BGB. Zwar ist der dort verwandte Begriff der "Verhandlungen" weit auszulegen. Der Gläubiger muss dafür lediglich klarstellen, dass er einen Anspruch geltend machen und worauf er ihn stützen will. Anschließend genügt jeder ernsthafte Meinungsaustausch über den Anspruch oder seine tatsächlichen Grundlagen, sofern der Schuldner dies nicht sofort und erkennbar ablehnt. Verhandlungen schweben schon dann, wenn eine der Parteien Erklärungen abgibt, die der jeweils anderen die Annahme gestatten, der Erklärende lasse sich auf Erörterungen über die Berechtigung des Anspruches oder dessen Umfang ein. Nicht erforderlich ist, dass dabei Vergleichsbereitschaft oder Bereitschaft zum Entgegenkommen signalisiert wird oder dass Erfolgsaussicht besteht (siehe nur Bundesgerichtshof [BGH], Urteil vom 12.05.2011 - III ZR 59/10 - juris Rn. 51 = BGHZ 189, 365; Urteil vom 14.07.2009 - XI ZR 18/08 - juris Rn. 16 = BGHZ 182, 76). Doch reichen einseitige Erklärungen des Gläubigers nicht aus; vielmehr muss auch der Schuldner in irgendeiner Weise in einen Meinungsaustausch involviert sein (Lakkis in: jurisPK-BGB, 5. Aufl., § 203 Rn. 3). Hierfür genügt es nicht, wenn – wie hier – der Schuldner (d.h. die Klägerin) auf Anforderung des Gläubigers (d.h. der Beklagten) Unterlagen übersendet. Vielmehr wäre irgendeine Äußerung in der Sache erforderlich gewesen (zu weit dagegen SG Frankfurt/Oder, Urteil vom 29.03.2011 - S 27 KR 74/09 - juris Rn. 24, das Verhandlungen erst nach Abschluss des Prüfverfahrens annimmt, ähnlich LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 28.09.2011 - L 5 KR 2152/10 - juris Rn. 69 – dazu, dass Verhandlungen Tatsachenermittlungen mit umfassen können, vgl. BGH, Urteil vom 30.10.2007 - X ZR 101/06 - juris Rn. 13; Urteil vom 26.10.2006 - VII ZR 194/05 - juris Rn. 12 f. hinsichtlich der Mängelprüfung). Im vorliegenden Fall hat sich die Klägerin indessen vor Ablauf der vierjährigen Verjährungsfrist der Beklagten gegenüber in keiner Weise geäußert.
(2) Die Verjährung war jedoch entsprechend § 204 Abs. 1 Nr. 8 BGB durch die Einleitung der MDK-Prüfung gehemmt.
Dabei ist zunächst im Auge zu behalten, dass diese zivilrechtliche Vorschrift in den leistungserbringerrechtlichen Beziehungen zwischen Krankenkassen und zugelassenen Krankenhäusern nicht unmittelbar anwendbar ist, sondern entsprechend § 45 Abs. 2 SGB I nur sinngemäß gilt. Dabei bedeutet sinngemäße Geltung nicht allein, dass die BGB-Regelungen im Sozialrecht anwendbar sind, die dort einen Sinn machen, also tatbestandlich gegeben sein können. Vielmehr ist die von § 45 Abs. 2 SGB I angeordnete sinngemäße Geltung als entsprechende Anwendung zu verstehen mit der Folge, dass auch den BGB-Tatbeständen ähnliche Sachverhalte denselben Regeln unterworfen sein können (Seewald in: Kasseler Kommentar, § 45 SGB I Rn. 14, Stand März 2005). Dies trifft nicht allein für den unmittelbaren Anwendungsbereich des § 45 SGB I zu, sondern gilt erst recht, wenn – wie im Leistungserbringerrecht der gesetzlichen Krankenversicherung – § 45 SGB I nur entsprechend anwendbar ist. Daher ist nicht von entscheidender Bedeutung, ob § 204 Abs. 1 Nr. 8 BGB im Zivilrecht Raum für die Annahme einer Regelungslücke bietet und damit analogiefähig ist. Denn im Sozialrecht ist diese Vorschrift ohnehin entsprechend anwendbar.
Im vorliegenden Fall wird die Einleitung der MDK-Prüfung vom Wortlaut des § 204 Abs. 1 Nr. 8 SGB V nicht erfasst. Nach der bei der Aufrechnungserklärung am 20.04.2009 geltenden Fassung dieser Vorschrift wird die Verjährung durch den "Beginn eines vereinbarten Begutachtungsverfahrens" gehemmt. Ein "vereinbartes Begutachtungsverfahren" stellt hier die MDK-Prüfung, für die gemäß § 283 Satz 1 SGB V der MD-BEV zuständig war und deren Einleitung der Klägerin mit Schreiben des MD-BEV vom 22.10.2008 mitgeteilt worden war, nicht dar. Zwar handelt es sich bei der Prüfung der Notwendigkeit und Abrechnung von stationären Leistungen der Krankenhausbehandlung durch den MDK um ein Begutachtungsverfahren. Denn diese Prüfung mündet nach § 275 Abs. 1 SGB V in einer "gutachtlichen Stellungnahme" und wird auch vom Gesetz selbst als "Begutachtung" be-griffen (so die amtliche Überschrift des § 275 SGB V). Doch erfolgte in Sachsen die MDK-Prüfung von Behandlungsfällen, die vor dem 01.01.2006 begonnen hatten, nicht auf vertraglicher Grundlage. Die Prüfung der Krankenhausabrechnung durch den MDK ist nicht allein im Gesetz (§§ 275 f. SGB V) geregelt, sondern gemäß § 112 Abs. 2 Nr. 1 lit. b, Nr. 2 SGB V auch Gegenstand vertraglicher Vereinbarungen. Liegen diese in einem Bundesland vor, kann von einem vereinbarten Begutachtungsverfahren gesprochen werden (SG Frankfurt/Oder, Urteil vom 29.03.2011 - S 27 KR 74/09 - juris Rn. 25). Denn für die von § 204 Abs. 1 Nr. 8 BGB vorausgesetzte Vereinbarung reicht jeder Vertrag. Die Vereinbarung muss nicht aus konkretem Anlass mit Blick auf einen bestimmten Sachverhalt, sondern kann auch im Voraus für eine Vielzahl von Fällen getroffen worden sein. Die Vereinbarung muss für Gläubiger und Schuldner der betreffenden Forderung wirksam sein. Dies erfordert indessen nicht einen (individualrechtlichen) Vertrag zwischen beiden, sondern lässt auch (kollektivrechtliche) Verträge zwischen ihren Verbänden zu, die dem Zivilrecht in Gestalt der Tarifverträge nicht fremd sind. Folglich genügt ein mit Wirkung für Krankenkassen und Krankenhäuser von deren Verbänden abgeschlossener Kollektivvertrag, wie etwa nach § 112 Abs. 1 und 2 SGB V. In Sachsen ist ein solcher Vertrag aber erst am 01.01.2006 in Kraft getreten. Da dieser Sicherstellungsvertrag, der in § 14 Regelungen für die MDK-Prüfung trifft, nur für Krankenhausaufnahmen ab dem 01.01.2006 gilt und nicht auf den vorliegenden Behandlungsfall aus dem Jahr 2004 angewandt werden kann (dazu oben unter 2c), fehlt es hier an einem vereinbarten Begutachtungsverfahren.
Gleichwohl war die Verjährung mit Einleitung der MDK-Prüfung nach § 275 Abs. 1 SGB V gehemmt, da in diesem Falle § 204 Abs. 1 Nr. 8 BGB entsprechende Anwendung findet. Diese Vorschrift ist nicht etwa von vornherein einer Analogie unzugänglich (dahingehend aber SG Frankfurt/Oder, Urteil vom 29.03.2011 - S 27 KR 74/09 - juris Rn. 25; SG Berlin, Urteil vom 10.08.2010 - S 76 KR 933/09 - juris Rn. 17). Im Gegenteil: Gerade die Regelungsgeschichte spricht dafür, dass auch der Beginn anderer als vereinbarter Begutachtungsverfahren zur Verjährungshemmung führen kann. Denn § 204 Abs. 1 Nr. 8 BGB kannte in der bis zum 31.12.2008 geltenden Fassung mit der "Beauftragung des Gutachters in dem Verfahren nach § 641a (BGB)" auch einen Hemmungstatbestand, bei dem das Begutachtungsverfahren nicht vertraglich vereinbart, sondern gesetzlich geregelt war. Dieser Hemmungstatbestand wurde als Folgeänderung zur Aufhebung des § 641a BGB, der sich nach Einschätzung des Gesetzgebers nicht bewährt hatte, gestrichen (vgl. BT-Drucks. 16/511, S. 14 und 16). Daraus lässt sich indessen gerade nicht ableiten, dass die Vereinbarung eines Begutachtungsverfahren unverzichtbare Voraussetzung der Verjährungshemmung und § 204 Abs. 1 Nr. 8 BGB insoweit analogiefeindlich sei. Vielmehr kommt es bei der im Sozialrecht ohnehin über § 45 Abs. 2 SGB I gebotenen entsprechenden Anwendung dieser Vorschrift entscheidend darauf an, ob ihr Normzweck angesichts der Ähnlichkeit der Lebenssachverhalte zu dem tatbestandlich vertypten Sachverhalt eine Analogie rechtfertigt. Dies ist bei der MDK-Prüfung nach § 275 Abs. 1 SGB V der Fall. Normzweck des durch das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz vom 26.11.2001 (BGBl. I S. 3138) neu gefassten § 204 BGB ist es, den Gläubiger davor zu schützen, dass sein Anspruch verjährt, nachdem er ein förmliches Verfahren mit dem Ziel der Durchsetzung seines Anspruchs eingeleitet hat (BT-Drucks. 14/6040, S. 112 f.). Kennzeichen aller Hemmungstatbestände des § 204 BGB ist, dass der Gläubiger dem Schuldner seinen Rechtsverfolgungswillen so deutlich macht, dass dieser sich darauf einrichten muss, auch noch nach Ablauf der ursprünglichen Verjährungsfrist in Anspruch genommen zu werden (vgl. Lakkis in: jurisPK-BGB, 5. Aufl., § 204 Rn. 1). Speziell mit § 204 Abs. 1 Nr. 8 BGB hat der Gesetzgeber das Ziel verfolgt, bestimmte außergerichtliche Beweisverfahren den selbständigen Beweisverfahren nach §§ 485 ff. Zivilprozessordnung verjährungsrechtlich gleichzustellen (BT-Drucks. 14/6040, S. 114). Mit den vereinbarten Begutachtungsverfahren nach § 204 Abs. 1 Nr. 8 BGB weist die MDK-Prüfung nach § 275 Abs. 1 SGB V so viele Ähnlichkeiten auf, dass eine Analogie gerechtfertigt ist. Nicht nur ist – wie bereits ausgeführt wurde – auch Gegenstand der MDK-Prüfung eine Begutachtung. Vielmehr hat auch die MDK-Prüfung eine Vorbereitungsfunktion für die spätere Rechtsdurchsetzung des Gläubigers (Krankenkasse) und kann sie ebenfalls nicht ohne Kenntnis des Schuldners (Krankenhaus) durchgeführt werden. Die Krankenkasse ist in der Regel erst nach der Begutachtung durch den MDK in die Lage zu beurteilen, ob die Abrechnung des Krankenhauses medizinisch korrekt war. Denn § 301 Abs. 1 SGB V verpflichtet das Krankenhaus nur dazu, rudimentäre Informationen über die Krankenhausbehandlung von sich aus an die Krankenkasse zu übermitteln. Zur Übermittlung sämtlicher Behandlungsdaten verpflichtet das Gesetz das Krankenhaus lediglich in § 276 Abs. 2 Satz 1 HS. 2 SGB V ausdrücklich – und zwar an den MDK. Da die detaillierten Behandlungsdaten zum Zwecke der Prüfung durch den MDK beim Krankenhaus angefordert werden müssen, erhält dieses zwangsläufig Kenntnis von dem Begutachtungsverfahren. Dem steht nicht entgegen, dass die Krankenkasse bei der Analyse der vom Krankenhaus nach § 301 Abs. 1 SGB V zur Verfügung gestellten Informationen den MDK ebenfalls konsultieren kann. Denn nicht jede Befassung des MDK mit medizinischen Fragen bei der Kontrolle von Krankenhausabrechnungen ist eine MDK-Prüfung im Sinne des § 275 Abs. 1 SGB V (sowie des § 275 Abs. 1c SGB V). Vielmehr ist die MDK-Prüfung auf der dritten Ebene des vom BSG entwickelten Stufenmodells der Sachverhaltserhebung (Urteil vom 22.04.2009 - B 3 KR 24/07 R - SozR 4-2500 § 109 Nr. 18 Rn. 16 ff.) und damit nach der Analyse der vom Krankenhaus nach § 301 Abs. 1 SGB V übermittelten Mindestangaben – sowie etwaiger, auf landesvertraglicher Grundlage übermittelter Kurzberichte – angesiedelt. Damit stellt die MDK-Prüfung nach § 275 Abs. 1 SGB V ein förmliches Begutachtungsverfahren dar, mit dessen Einleitung die Krankenkasse dem Krankenhaus deutlich macht, die Abrechnung eines Behandlungsfalles einer Überprüfung zu unterziehen mit allen Konsequenzen, die sich daraus ergeben. Für eine Rechtsähnlichkeit der Lebenssachverhalte spricht schließlich, dass die MDK-Prüfung nach der Wertung des Gesetzes (§ 112 Abs. 2 Nr. 1 lit. b, Nr. 2 SGB V) auf vertraglicher Grundlage stattzufinden hat. Dies alles rechtfertigt die entsprechende Anwendung des § 204 Abs. 1 Nr. 8 BGB auf die Einleitung einer MDK-Prüfung nach § 275 Abs. 1 SGB V.
4. Die Aufrechnung scheitert schließlich nicht daran, dass der Beklagten rechtsmissbräuchliches Handeln vorzuwerfen wäre. Die Annahme eines Rechtsmissbrauchs durch die Krankenkasse ist auf gravierende Fälle pflichtwidrigen Verhaltens beschränkt (BSG, Urteil vom 20.11.2008 - B 3 KN 4/08 KR R - SozR 4-2500 § 109 Nr. 16 Rn. 15; Urteil vom 28.09.2006 - B 3 KR 23/05 R - SozR 4-2500 § 112 Nr. 6 Rn. 13). Das BSG hat dies bislang nur ein einziges Mal in den "Berliner Fällen" angenommen, in denen eine Krankenkasse routinemäßig die Verweildauer ihrer Versicherten unter pauschalem Hinweis auf statistische Zahlen angezweifelt und vom Krankenhaus detaillierte Einzelfallbegründungen gefordert hatte, die von diesem nicht zu leisten waren (BSG, Urteil vom 13.12.2001 - B 3 KR 11/01 R - BSGE 89, 104 = SozR 3-2500 § 112 Nr. 2). Für die Annahme einer solch schwerwiegenden Pflichtverletzung genügt indessen nicht die Tatsache, dass die Beklagte erst kurz vor Ablauf der vierjährigen Verjährungsfrist in der Lage war, eine Prüfung durch den MDK einzuleiten. Zwar ist erstaunlich, dass sich die Beklagte erst infolge einer 2006 durchgeführten Kassenprüfung durch das Bundesversicherungsamt dazu veranlasst gesehen hatte, die Voraussetzungen für eine effektive Kontrolle von Krankenhausabrechnungen zu schaffen, und dass ihr dies erst 2008 gelungen war. Doch ist darin keine mit den "Berliner Fällen" vergleichbare Pflichtwidrigkeit zu erkennen. 5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung.
Die Revision ist wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen (§ 160 Abs. 2 Nr. 2 SGG).
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 47 Abs. 1 und 2, § 43 Abs. 1, § 52 Abs. 3 Gerichtskostengesetz.
Dr. Wietek Dr. Wahl zugleich für die urlaubsbedingt an der Unterschriftsleistung gehinderte Richterin Klotzbücher
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