Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Köln (NRW)
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
32
1. Instanz
SG Köln (NRW)
Aktenzeichen
S 32 AS 38/09
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 12 AS 1302/10 NZB
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.373,00 EUR zuzahlen. Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Erstattung von Leistungen für die Erstausstattung einer Wohnung auf der Grundlage von § 36 a SGB II.
Die 1984 geborene Leistungsempfängerin X suchte nach der Trennung von ihrem Lebensgefährten gemeinsam mit ihren beiden Kindern in der Zeit vom 13.02.2007 bis 06.05.2007 Zuflucht in einem Frauenhaus in Sankt Augustin. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte sie bei ihrem Lebensgefährten in Erftstadt gelebt. Am 26.04.2007 beantragte sie bei der Klägerin die Übernahme von Kosten für die Erstausstattung einer neuen Wohnung in Sankt Augustin, die sie nach dem Aufenthalt im Frauenhaus beziehen wolle. Mit Bescheid vom 30.04.2007 bewilligte die Klägerin der Leistungsempfängerin insgesamt 1.373,00 EUR für die Erstausstattung der neuen Wohnung.
Am 20.07.2007 machte die Klägerin gegenüber der Beklagten die Erstattung der der Leistungsempfängerin während der Zeit des Aufenthaltes im Frauenhaus gewährten Leistungen in Höhe von insgesamt 3.513,20 EUR auf der Grundlage von § 36 a SGB II geltend. Dieser Betrag setzte sich im einzelnen aus den durch die Unterbringung im Frauenhaus selbst entstandenen Kosten in Höhe von 2.140,20 EUR sowie den Kosten für die Erstausstattung der neuen Wohnung in Höhe von 1.373,00 EUR zusammen.
Mit Bescheid vom 03.08.2007 lehnte die Beklagte gegenüber der Klägerin die Erstattung der Kosten der von der Klägerin gewährten Erstausstattung der Wohnung in Höhe von 1.373,00 EUR ab. Zur Begründung verwies die Beklagte darauf, dass die Erstausstattungsbeihilfe nicht zu den ursprünglichen Kosten des Frauenhauses zähle, auch wenn sie während des Frauenhausaufenthaltes geleistet worden sei. Auch in anderen Fällen notwendiger Umzüge würden Kosten für eine Wohnungserstausstattung anfallen, die jedoch durch den bislang örtlich zuständigen Träger nicht zu erstatten seien. Mit Schreiben vom gleichen Tage teilte die Beklagte der Klägerin darüber hinaus mit, dass sie die übrigen durch den Aufenthalt im Frauenhaus entstandenen Kosten der Unterkunft unter Abzug von 31,2 % für den Bundeszuschuss zu den kommunalen Leistungen zum Gesamtbetrag in Höhe von 1.472,46 EUR zur Auszahlung gebracht habe. Mit Schreiben vom 29.08.2007 legte die Klägerin gegen den Bescheid vom 03.08.2007 vorsorglich Widerspruch ein. Zur Begründung verwies die Klägerin auf ein Urteil des Sozialgerichts Aachen zum Aktenzeichen S 8 AS 17/07 vom 20.07.2007, wonach die Erstattungspflicht aus § 36 a SGB II auch gem. § 23 Abs. 3 Nr. 1 SGB II gewährte Leistungen für die Erstausstattung einer Wohnung umfasse. Die in § 36 a SGB II enthaltene Verweisung auf Leistungen nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 SGB II sei einschränkungslos formuliert. Des Weiteren wies die Klägerin darauf hin, dass sie auch den Abzug des Bundeszuschusses in Höhe von 31,2 % von dem geltend gemachten Kosten der Unterkunft nicht hinnehmen werde. Mit Schreiben vom 14.01.2008 wies die Klägerin zudem ergänzend auf den Erlass des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen vom 28.11.2007 hin, wonach der nach § 36 a SGB II erstattungspflichtige kommunale Träger dem erstattungsberechtigten kommunalen Träger die Kosten für Unterkunft und Heizung in vollem Umfang zu erstatten habe. Die Meldung der Kosten für Unterkunft und Heizung zu Bundesbeteiligung sowie die Abrechnung mit dem Bund gem. § 6 Abs. 2 und 3 AG SGB II NRW habe ausschließlich durch den erstattungspflichtigen kommunalen Träger zu erfolgen. Mit Bescheid vom 11.02.2008 übernahm die Beklagten gegenüber der Klägerin nunmehr die gesamten durch Aufenthalt im Frauenhaus selbst verursachten Unterkunftskosten in Höhe von 2.140,20 EUR. Der Bescheid vom 03.08.2007 werde dahingehend abgeändert. Mit Widerspruchsbescheid vom 22.07.2008 wies die Beklagte gegenüber der Klägerin den Widerspruch gegen den Bescheid vom 03.08.2007 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie unter anderem aus, dass nach § 36 a SGB II nur solche Kosten erstattungsfähig seien, die aufgrund der Zufluchtnahme der betroffenen Person im Frauenhaus beim hierfür zuständigen kommunalen Träger verursacht worden seien. Kosten für die Erstausstattung einer neuen, nach dem Aufenthalt im Frauenhaus zu beziehenden Wohnung stünden gerade nicht im engen Zusammenhang mit dem Aufenthalt im Frauenhaus. Diese Kosten entstünden auch in ähnlich gelagerten Fällen, in denen Personen nicht über das Frauenhaus in eine eigene Wohnung verziehen und seien regelmäßig am Ort der neuen Unterkunft zuständigen kommunalen Trägers zu übernehmen. Die Kosten für die Erstausstattung einer Wohnung seien in insoweit mit einer zu leistenden Mietkaution vergleichbar. Auch diese sei in der Regel vor Einzug in die Wohnung fällig, jedoch nach § 22 Abs. 3 Satz 1 SGB II durch den aufnehmenden kommunalen Träger zu leisten. Mit Widerspruchsbescheid vom 30.01.2009 hob die Beklagte den Widerspruchsbescheid vom 22.07.2008 auf. Zugleich verwarf sie den Widerspruch der Klägerin als unzulässig. Zur Begründung verwies die Beklagte darauf, dass nach § 62 SGB X in Verbindung mit § 78 SGG der Widerspruch nur gegen Verwaltungsakte im Sinne von § 31 SGB X zulässig sei. Die gesetzliche Begriffsbestimmung eines Verwaltungsakts in § 31 SGB X setzt ein oberichtskeitliches Überunterordnungsverhältnis voraus, wie es insbesondere für das Verhältnis des Staates zum Bürger, nicht aber im Verhältnis zwischen verschiedenen Trägern der Staatsgewalt üblich. Bei dem Bescheid vom 03.08.2007 habe es sich daher nicht um einen Verwaltungsakt gehandelt. Am 18.03.2009 hat die Klägerin gestützt auf § 36 a SGB II Klage erhoben, mit der sie die Zahlung von 1.373,00 EUR durch die Beklagte begehrt. Zur Begründung verweist die Klägerin zunächst unter Wiederholung ihres Vorbringens in den außerprozessualen Schriftsätzen gegenüber der Beklagten auf den Wortlaut zum § 36 a SGB II. Danach sei der am bisherigen gewöhnlichen Aufenthaltsort einer Zufluchtsuchenden zuständige kommunale Träger zur Erstattung sämtlicher für die Zeit des Aufenthalts im Frauenhaus entstehender kommunaler Leistungen zu erstatten. Erfasst würden demnach nicht nur die Kosten durch den Aufenthalt selbst sondern solche Kosten die während der Zeit des Aufenthalts im Frauenhaus entstünden. Dazu zählten aber auch die Kosten für die Erstausstattung einer neuen Wohnung, die bereits vor dem Auszug aus dem Frauenhaus in die neue Wohnung entstünden. Auch den Sinn und Zweck der Regelung nach seien die Kosten für die Erstausstattung einer neuen Wohnung von der Erstattungspflicht § 36 a SGB II erfasst. § 36 a SGB II diene dem Schutz der Träger von Frauenhäusern. Diese sollten von allen durch die aufgrund des wechselnden gewöhnlichen Aufenthaltes am Ort des Frauenhauses entstehenden Kosten freigestellt werden.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 1.373,00 EUR zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte sieht auf der Grundlage von § 36 a SGB II keine Erstattungspflicht für die der Klägerin entstandenen Kosten für die Erstausstattung der Wohnung. Diese Kosten fielen gerade nicht während der Zeit des Aufenthaltes im Frauenhauses, sondern danach an. Im Übrigen würde eine derart weite Interpretation von § 36 a SGB II zu einer ungerechtfertigten Bevorteilung der Klägerin führen. In jeder anderen Konstellation, etwa bei einem direkten Umzug der Leistungsempfängerin aus dem Zuständigkeitsbereich der Beklagten in den Zuständigkeitsbereich der Klägerin oder bei einem Umzug aus dem Frauenhaus in den Zuständigkeitsbereich eines dritten Trägers, wäre die Beklagte nicht zur Erstattung der umzugsbedingten Aufwendungen für die Erstausstattung einer neuen Wohnung verpflichtet gewesen. Im Fall des direkten Umzugs der Leistungsempfängerin nach Sankt Augustin hätte die Klägerin die Kosten für die Erstausstattung selbst übernehmen müssen, da § 36 a SGB II mangels einen zwischengeschalteten Aufenthalts in einem Frauenhaus nicht anwendbar sei. Im Falle eines Umzugs aus dem Frauenhaus in Sankt Augustin in den Zuständigkeitsbereich eines anderen kommunalen Trägers hätte dieser die Kosten der Erstausstattung Tragen müssen, ohne dass er sich - da nicht Träger des Frauenhauses - auf § 36 a SGB II berufen könne.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakte der Klägerin Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig und begründet.
Die Klage ist als echte Leistungsklage gem. § 54 Abs. 5 SGG statthaft. Bei einem Erstattungsstreit zwischen Sozialleistungsträgern handelt es sich um einen sogenannten Parteienstreit im Gleichordnungsverhältnis, in dem eine Regelung durch Verwaltungsakt nicht in Betracht kommt. Ein Vorverfahren mithin war weder die Durchführung eines Vorverfahrens erforderlich, noch die Einhaltung einer Klagefrist geboten (Keller in Meyer-Ladewig/Keller-Leitherer, SGG, 9. Auflage 2008, § 54 Rnd. 41; LSG NRW, Urteil vom 23.02.2010, Aktenzeichen L 1 AS 36/09, zitiert nach Juris mit weiteren Nachweisen).
Die Klage ist auch begründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von 1.373,00 EUR aus § 36 a SGB II. § 36 a SGB II bestimmt: Sucht eine Person in einem Frauenhaus Zuflucht, ist der kommunale Träger am bisherigen gewöhnlichen Aufenthaltsort verpflichtet, den durch die Aufnahme im Frauenhaus zuständigen kommunalen Träger am Ort des Frauenhauses die Kosten für die Zeit des Aufenthaltes im Frauenhaus zu erstatten. Die Beteiligten sind kommunale Träger im Sinne dieser Vorschrift, auch wenn es sich bei ihnen um Arbeitsgemeinschaften zwischen der Bundesagentur für Arbeit und den jeweiligen kommunalen Träger den Rhein-Sieg-Kreis bzw. dem Rhein-Erft-Kreis gem. § 44 b SGB II handelt. Der Rhein-Sieg-Kreis und der Rhein-Erft-Kreis haben der jeweils ... Arbeitsgemeinschaft gem. § 44 b Abs. 3 Satz 2 SGB II die Wahrnehmung der ihnen als kommunaler Träger im Sinne von § 6 Abs. 1 Nr. 2 SGB II obliegenden Aufgaben nach dem SGB II übertragen.
Die Erstattungspflicht umfasst auch die gem. § 23 Abs. 3 Nr. 1 SGB II von der Klägerin gewährten Leistungen für die Erstattung der Wohnung (in diesem Sinne auch SG Aachen, Urteil vom 20.07.2007, Aktenzeichen S 8 AS 17/07, zitiert nach Juris). Dies ergibt sich aus dem Wortlaut der Norm, dem historischen Willen des Gesetzgebers und dem Sinn und Zweck der durch § 36 a SGB II geregelten Erstattungspflicht.
Bereits nach dem Wortlaut von § 36 a SGB II ist die durch die Vorschrift angeordnete Erstattungspflicht zwischen den Beteiligten kommunalen Trägern nicht auf die Kosten beschränkt, die unmittelbar durch die Unterbringung im Frauenhaus entstehen, also insbesondere die Kosten für die Unterkunft nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II oder die Kosten für die psychosoziale Betreuung gem. § 16 a Nr. 3 SGB II. Vielmehr ordnet § 36 a SGB II die Erstattung der Kosten für die Zeit des Aufenthaltes im Frauenhaus an. Welche Kosten der Erstattungspflicht unterliegen ist damit nicht gegenständlich sondern allein zeitlich bestimmt. Erfasst sind alle Kosten die dem kommunalen Träger am Ort des Frauenhauses während der Zeit des Aufenthaltes im Frauenhauses entstehen. Damit sind gem. § 6 Abs. 1 Nr. 2 SGB II neben den Leistungen nach § 16 a und § 22 SGB II auch Leistungen nach § 23 Abs. 3 SGB II, insbesondere die hier relevanten Leistungen für die Erstattung der Wohnung, erfasst.
Das Ergebnis der Wortlautauslegung stimmt auch mit dem historischen Willen des Gesetzgebers überein. § 36 a SGB II wurde durch Artikel 1 des Freibetragsneuregelungsgesetzes vom 14.08.2005 (Bundesgesetzblatt I, Seite 2407) eingefügt und erhielt seine jetzige Fassung mit Wirkung ab dem 01.08.2006 durch Artikel 1 Nr. 32 des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitssuchende vom 20.07.2006 (Bundesgesetzblatt I, Seite 1706). In der Gesetzesbegründung zu § 36 a SGB II heißt es hierzu, dass die Kostenerstattungspflicht die Leistungen nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II umfasst (Bundestagsdruckwache 16/1410, Seite 27). Dem widerspricht auch nicht, dass der nicht Gesetz gewordene Gesetzentwurf des Bundesrates zur Optimierung des SGB II vom 12.07.2005 eine ausdrückliche Regelung für die Erstattung von Kosten für eine Erstausstattung der Wohnung enthielt (vgl. Bundestagsdruckwache 15/5908, Seite 5 ff). Nach Artikel 1 Nr. 4 des Gesetzentwurfs sollte eine Erstattungspflicht des kommunalen Träger am Ort des Frauenhauses für die Zeit des Aufenthaltes im Frauenhaus nur für Leistungen nach § 16 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 (a.f.) und § 22 SGB II gelten. Darüber hinaus sollte eine Erstattungspflicht des kommunalen Trägers am Ort des Frauenhauses für Leistungen nach dem §§ 22, 23 Abs. 3 SGB II bestehen, wenn die leistungsberechtigte Person das Frauenhaus verlässt, sich weiterhin im Bereich des örtlich zuständigen Trägers, in dem das Frauenhaus liegt, aufhält und die innerhalb des ersten Monats, nach den Aufenthalt im Frauenhaus erbracht werden. Daraus dass dieser Entwurf nicht Gesetz geworden ist, kann nicht im Umkehrschluss geschlossen werden, dass eine Erstattung von Leistungen nach § 23 SGB II durch den Gesetzgeber nicht gewollt worden sei. Vielmehr hat der Gesetzgeber ... derart ausdifferenzierten Regelung Abstand genommen und eine Erstattungspflicht für alle Kosten für die Zeit des Aufenthalts im Frauenhaus angeordnet, ohne diesen auf Leistungen nach § 16 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 (a.f.) jetzt § 16 a Nr. 3 SGB II und § 22 SG II zu beschränken.
Dies stimmt schließlich auch mit dem Sinn und Zweck des § 36 a SGB II überein. § 36 a SGB II erfüllt eine doppelte Funktion. Bereits ... systematischer Hinsicht handelt es sich bei der Regelung des § 36 a SGB II zunächst um eine Sonderregelung zur örtlichen Zuständigkeit. Im Allgemeinen richtet sich die Zuständigkeit des Trägers der Grundsicherungsleistungen nach dem gewöhnlichen Aufenhaltsort des erwerbsfähigen Hilfsbedürftigen. § 36 Satz 1 SGB II bestimmt hierzu, dass für Leistungen der Grundsicherung nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 die Agentur für Arbeit zuständig ist, in deren Bezirk der erwerbsfähige Hilfebedürftige seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Nach § 36 Satz 2 SGB II ist für Leistungen der Grundsicherung nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 der kommunale Träger zuständig, in dessen Bezirk der erwerbsfähige Hilfebedürftige seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Ist ein gewöhnlicher Aufenthaltsort des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen nicht feststellbar, so ist nach § 36 Satz 3 SGB II der Träger der Grundsicherung für Arbeitssuchende örtlich zuständig in dessen Bereich sich der erwerbsfähige Hilfebedürftige tatsächlich aufhält. Von dieser allgemeinen Regel abweichend trifft § 36 a SGB II eine Sonderregelung für den Aufenthalt in einem Frauenhaus. Unabhängig davon, ob eine zufluchtnehmende Person mit der Zufluchtnahme im Frauenhaus dort auch ihren gewöhnlichen Aufenthaltsort begründet, erklärt § 36 a SGB II den kommunalen Träger am Ort des Frauenhauses für örtlich zuständig. In der Gesetzesbegründung heißt es hierzu, dass die Frage, ob in einem Frauenhaus - gerade bei einem nur kurzzeitigen Aufenthalt - ein gewöhnlicher Aufenthalt begründet wird, könne im Einzelfall nicht ganz eindeutig sein. Durch § 36 a SGB II wird diese Frage unabhängig von der tatsächlichen Begründung eines gewöhnlichen Aufenthaltes zu Gunsten der Zuständigkeit ... des kommunalen Trägers am Ort des Frauenhauses beantwortet ... damit aber den kommunalen Träger am Ort des Frauenhauses nicht dadurch finanziell zu belasten, dass er ein Frauenhaus betreibt oder das in seinem Bereich ein Frauenhaus betrieben wird, ordnet § 36 a SGB II zugleich eine Erstattungspflicht des kommunalen Träges an, in dessen Bereich der vormalige gewöhnliche Aufenthaltsort des zufluchtnehmenden Leistungsempfängers bestand. Die Erstattungspflicht ist Kompensation dafür, dass dem kommunalen Träger am Ort des Frauenhauses die örtliche Zuständigkeit für die Erbringung der dem kommunalen Träger obliegenden Grundsicherungsleistungen zu weist. Damit aber muss die Erstattungspflicht alle Leistungen umfassen, die der kommunale Träger am Ort des Frauenhauses während der Zeit des Aufenthaltes im Frauenhaus erbringt nach den Regelungen des SGB II auch rechtmäßiger Weise erbringen darf.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 197 a SGG, 154 Abs. 1 VWGO.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Erstattung von Leistungen für die Erstausstattung einer Wohnung auf der Grundlage von § 36 a SGB II.
Die 1984 geborene Leistungsempfängerin X suchte nach der Trennung von ihrem Lebensgefährten gemeinsam mit ihren beiden Kindern in der Zeit vom 13.02.2007 bis 06.05.2007 Zuflucht in einem Frauenhaus in Sankt Augustin. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte sie bei ihrem Lebensgefährten in Erftstadt gelebt. Am 26.04.2007 beantragte sie bei der Klägerin die Übernahme von Kosten für die Erstausstattung einer neuen Wohnung in Sankt Augustin, die sie nach dem Aufenthalt im Frauenhaus beziehen wolle. Mit Bescheid vom 30.04.2007 bewilligte die Klägerin der Leistungsempfängerin insgesamt 1.373,00 EUR für die Erstausstattung der neuen Wohnung.
Am 20.07.2007 machte die Klägerin gegenüber der Beklagten die Erstattung der der Leistungsempfängerin während der Zeit des Aufenthaltes im Frauenhaus gewährten Leistungen in Höhe von insgesamt 3.513,20 EUR auf der Grundlage von § 36 a SGB II geltend. Dieser Betrag setzte sich im einzelnen aus den durch die Unterbringung im Frauenhaus selbst entstandenen Kosten in Höhe von 2.140,20 EUR sowie den Kosten für die Erstausstattung der neuen Wohnung in Höhe von 1.373,00 EUR zusammen.
Mit Bescheid vom 03.08.2007 lehnte die Beklagte gegenüber der Klägerin die Erstattung der Kosten der von der Klägerin gewährten Erstausstattung der Wohnung in Höhe von 1.373,00 EUR ab. Zur Begründung verwies die Beklagte darauf, dass die Erstausstattungsbeihilfe nicht zu den ursprünglichen Kosten des Frauenhauses zähle, auch wenn sie während des Frauenhausaufenthaltes geleistet worden sei. Auch in anderen Fällen notwendiger Umzüge würden Kosten für eine Wohnungserstausstattung anfallen, die jedoch durch den bislang örtlich zuständigen Träger nicht zu erstatten seien. Mit Schreiben vom gleichen Tage teilte die Beklagte der Klägerin darüber hinaus mit, dass sie die übrigen durch den Aufenthalt im Frauenhaus entstandenen Kosten der Unterkunft unter Abzug von 31,2 % für den Bundeszuschuss zu den kommunalen Leistungen zum Gesamtbetrag in Höhe von 1.472,46 EUR zur Auszahlung gebracht habe. Mit Schreiben vom 29.08.2007 legte die Klägerin gegen den Bescheid vom 03.08.2007 vorsorglich Widerspruch ein. Zur Begründung verwies die Klägerin auf ein Urteil des Sozialgerichts Aachen zum Aktenzeichen S 8 AS 17/07 vom 20.07.2007, wonach die Erstattungspflicht aus § 36 a SGB II auch gem. § 23 Abs. 3 Nr. 1 SGB II gewährte Leistungen für die Erstausstattung einer Wohnung umfasse. Die in § 36 a SGB II enthaltene Verweisung auf Leistungen nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 SGB II sei einschränkungslos formuliert. Des Weiteren wies die Klägerin darauf hin, dass sie auch den Abzug des Bundeszuschusses in Höhe von 31,2 % von dem geltend gemachten Kosten der Unterkunft nicht hinnehmen werde. Mit Schreiben vom 14.01.2008 wies die Klägerin zudem ergänzend auf den Erlass des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen vom 28.11.2007 hin, wonach der nach § 36 a SGB II erstattungspflichtige kommunale Träger dem erstattungsberechtigten kommunalen Träger die Kosten für Unterkunft und Heizung in vollem Umfang zu erstatten habe. Die Meldung der Kosten für Unterkunft und Heizung zu Bundesbeteiligung sowie die Abrechnung mit dem Bund gem. § 6 Abs. 2 und 3 AG SGB II NRW habe ausschließlich durch den erstattungspflichtigen kommunalen Träger zu erfolgen. Mit Bescheid vom 11.02.2008 übernahm die Beklagten gegenüber der Klägerin nunmehr die gesamten durch Aufenthalt im Frauenhaus selbst verursachten Unterkunftskosten in Höhe von 2.140,20 EUR. Der Bescheid vom 03.08.2007 werde dahingehend abgeändert. Mit Widerspruchsbescheid vom 22.07.2008 wies die Beklagte gegenüber der Klägerin den Widerspruch gegen den Bescheid vom 03.08.2007 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie unter anderem aus, dass nach § 36 a SGB II nur solche Kosten erstattungsfähig seien, die aufgrund der Zufluchtnahme der betroffenen Person im Frauenhaus beim hierfür zuständigen kommunalen Träger verursacht worden seien. Kosten für die Erstausstattung einer neuen, nach dem Aufenthalt im Frauenhaus zu beziehenden Wohnung stünden gerade nicht im engen Zusammenhang mit dem Aufenthalt im Frauenhaus. Diese Kosten entstünden auch in ähnlich gelagerten Fällen, in denen Personen nicht über das Frauenhaus in eine eigene Wohnung verziehen und seien regelmäßig am Ort der neuen Unterkunft zuständigen kommunalen Trägers zu übernehmen. Die Kosten für die Erstausstattung einer Wohnung seien in insoweit mit einer zu leistenden Mietkaution vergleichbar. Auch diese sei in der Regel vor Einzug in die Wohnung fällig, jedoch nach § 22 Abs. 3 Satz 1 SGB II durch den aufnehmenden kommunalen Träger zu leisten. Mit Widerspruchsbescheid vom 30.01.2009 hob die Beklagte den Widerspruchsbescheid vom 22.07.2008 auf. Zugleich verwarf sie den Widerspruch der Klägerin als unzulässig. Zur Begründung verwies die Beklagte darauf, dass nach § 62 SGB X in Verbindung mit § 78 SGG der Widerspruch nur gegen Verwaltungsakte im Sinne von § 31 SGB X zulässig sei. Die gesetzliche Begriffsbestimmung eines Verwaltungsakts in § 31 SGB X setzt ein oberichtskeitliches Überunterordnungsverhältnis voraus, wie es insbesondere für das Verhältnis des Staates zum Bürger, nicht aber im Verhältnis zwischen verschiedenen Trägern der Staatsgewalt üblich. Bei dem Bescheid vom 03.08.2007 habe es sich daher nicht um einen Verwaltungsakt gehandelt. Am 18.03.2009 hat die Klägerin gestützt auf § 36 a SGB II Klage erhoben, mit der sie die Zahlung von 1.373,00 EUR durch die Beklagte begehrt. Zur Begründung verweist die Klägerin zunächst unter Wiederholung ihres Vorbringens in den außerprozessualen Schriftsätzen gegenüber der Beklagten auf den Wortlaut zum § 36 a SGB II. Danach sei der am bisherigen gewöhnlichen Aufenthaltsort einer Zufluchtsuchenden zuständige kommunale Träger zur Erstattung sämtlicher für die Zeit des Aufenthalts im Frauenhaus entstehender kommunaler Leistungen zu erstatten. Erfasst würden demnach nicht nur die Kosten durch den Aufenthalt selbst sondern solche Kosten die während der Zeit des Aufenthalts im Frauenhaus entstünden. Dazu zählten aber auch die Kosten für die Erstausstattung einer neuen Wohnung, die bereits vor dem Auszug aus dem Frauenhaus in die neue Wohnung entstünden. Auch den Sinn und Zweck der Regelung nach seien die Kosten für die Erstausstattung einer neuen Wohnung von der Erstattungspflicht § 36 a SGB II erfasst. § 36 a SGB II diene dem Schutz der Träger von Frauenhäusern. Diese sollten von allen durch die aufgrund des wechselnden gewöhnlichen Aufenthaltes am Ort des Frauenhauses entstehenden Kosten freigestellt werden.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 1.373,00 EUR zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte sieht auf der Grundlage von § 36 a SGB II keine Erstattungspflicht für die der Klägerin entstandenen Kosten für die Erstausstattung der Wohnung. Diese Kosten fielen gerade nicht während der Zeit des Aufenthaltes im Frauenhauses, sondern danach an. Im Übrigen würde eine derart weite Interpretation von § 36 a SGB II zu einer ungerechtfertigten Bevorteilung der Klägerin führen. In jeder anderen Konstellation, etwa bei einem direkten Umzug der Leistungsempfängerin aus dem Zuständigkeitsbereich der Beklagten in den Zuständigkeitsbereich der Klägerin oder bei einem Umzug aus dem Frauenhaus in den Zuständigkeitsbereich eines dritten Trägers, wäre die Beklagte nicht zur Erstattung der umzugsbedingten Aufwendungen für die Erstausstattung einer neuen Wohnung verpflichtet gewesen. Im Fall des direkten Umzugs der Leistungsempfängerin nach Sankt Augustin hätte die Klägerin die Kosten für die Erstausstattung selbst übernehmen müssen, da § 36 a SGB II mangels einen zwischengeschalteten Aufenthalts in einem Frauenhaus nicht anwendbar sei. Im Falle eines Umzugs aus dem Frauenhaus in Sankt Augustin in den Zuständigkeitsbereich eines anderen kommunalen Trägers hätte dieser die Kosten der Erstausstattung Tragen müssen, ohne dass er sich - da nicht Träger des Frauenhauses - auf § 36 a SGB II berufen könne.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakte der Klägerin Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig und begründet.
Die Klage ist als echte Leistungsklage gem. § 54 Abs. 5 SGG statthaft. Bei einem Erstattungsstreit zwischen Sozialleistungsträgern handelt es sich um einen sogenannten Parteienstreit im Gleichordnungsverhältnis, in dem eine Regelung durch Verwaltungsakt nicht in Betracht kommt. Ein Vorverfahren mithin war weder die Durchführung eines Vorverfahrens erforderlich, noch die Einhaltung einer Klagefrist geboten (Keller in Meyer-Ladewig/Keller-Leitherer, SGG, 9. Auflage 2008, § 54 Rnd. 41; LSG NRW, Urteil vom 23.02.2010, Aktenzeichen L 1 AS 36/09, zitiert nach Juris mit weiteren Nachweisen).
Die Klage ist auch begründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von 1.373,00 EUR aus § 36 a SGB II. § 36 a SGB II bestimmt: Sucht eine Person in einem Frauenhaus Zuflucht, ist der kommunale Träger am bisherigen gewöhnlichen Aufenthaltsort verpflichtet, den durch die Aufnahme im Frauenhaus zuständigen kommunalen Träger am Ort des Frauenhauses die Kosten für die Zeit des Aufenthaltes im Frauenhaus zu erstatten. Die Beteiligten sind kommunale Träger im Sinne dieser Vorschrift, auch wenn es sich bei ihnen um Arbeitsgemeinschaften zwischen der Bundesagentur für Arbeit und den jeweiligen kommunalen Träger den Rhein-Sieg-Kreis bzw. dem Rhein-Erft-Kreis gem. § 44 b SGB II handelt. Der Rhein-Sieg-Kreis und der Rhein-Erft-Kreis haben der jeweils ... Arbeitsgemeinschaft gem. § 44 b Abs. 3 Satz 2 SGB II die Wahrnehmung der ihnen als kommunaler Träger im Sinne von § 6 Abs. 1 Nr. 2 SGB II obliegenden Aufgaben nach dem SGB II übertragen.
Die Erstattungspflicht umfasst auch die gem. § 23 Abs. 3 Nr. 1 SGB II von der Klägerin gewährten Leistungen für die Erstattung der Wohnung (in diesem Sinne auch SG Aachen, Urteil vom 20.07.2007, Aktenzeichen S 8 AS 17/07, zitiert nach Juris). Dies ergibt sich aus dem Wortlaut der Norm, dem historischen Willen des Gesetzgebers und dem Sinn und Zweck der durch § 36 a SGB II geregelten Erstattungspflicht.
Bereits nach dem Wortlaut von § 36 a SGB II ist die durch die Vorschrift angeordnete Erstattungspflicht zwischen den Beteiligten kommunalen Trägern nicht auf die Kosten beschränkt, die unmittelbar durch die Unterbringung im Frauenhaus entstehen, also insbesondere die Kosten für die Unterkunft nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II oder die Kosten für die psychosoziale Betreuung gem. § 16 a Nr. 3 SGB II. Vielmehr ordnet § 36 a SGB II die Erstattung der Kosten für die Zeit des Aufenthaltes im Frauenhaus an. Welche Kosten der Erstattungspflicht unterliegen ist damit nicht gegenständlich sondern allein zeitlich bestimmt. Erfasst sind alle Kosten die dem kommunalen Träger am Ort des Frauenhauses während der Zeit des Aufenthaltes im Frauenhauses entstehen. Damit sind gem. § 6 Abs. 1 Nr. 2 SGB II neben den Leistungen nach § 16 a und § 22 SGB II auch Leistungen nach § 23 Abs. 3 SGB II, insbesondere die hier relevanten Leistungen für die Erstattung der Wohnung, erfasst.
Das Ergebnis der Wortlautauslegung stimmt auch mit dem historischen Willen des Gesetzgebers überein. § 36 a SGB II wurde durch Artikel 1 des Freibetragsneuregelungsgesetzes vom 14.08.2005 (Bundesgesetzblatt I, Seite 2407) eingefügt und erhielt seine jetzige Fassung mit Wirkung ab dem 01.08.2006 durch Artikel 1 Nr. 32 des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitssuchende vom 20.07.2006 (Bundesgesetzblatt I, Seite 1706). In der Gesetzesbegründung zu § 36 a SGB II heißt es hierzu, dass die Kostenerstattungspflicht die Leistungen nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II umfasst (Bundestagsdruckwache 16/1410, Seite 27). Dem widerspricht auch nicht, dass der nicht Gesetz gewordene Gesetzentwurf des Bundesrates zur Optimierung des SGB II vom 12.07.2005 eine ausdrückliche Regelung für die Erstattung von Kosten für eine Erstausstattung der Wohnung enthielt (vgl. Bundestagsdruckwache 15/5908, Seite 5 ff). Nach Artikel 1 Nr. 4 des Gesetzentwurfs sollte eine Erstattungspflicht des kommunalen Träger am Ort des Frauenhauses für die Zeit des Aufenthaltes im Frauenhaus nur für Leistungen nach § 16 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 (a.f.) und § 22 SGB II gelten. Darüber hinaus sollte eine Erstattungspflicht des kommunalen Trägers am Ort des Frauenhauses für Leistungen nach dem §§ 22, 23 Abs. 3 SGB II bestehen, wenn die leistungsberechtigte Person das Frauenhaus verlässt, sich weiterhin im Bereich des örtlich zuständigen Trägers, in dem das Frauenhaus liegt, aufhält und die innerhalb des ersten Monats, nach den Aufenthalt im Frauenhaus erbracht werden. Daraus dass dieser Entwurf nicht Gesetz geworden ist, kann nicht im Umkehrschluss geschlossen werden, dass eine Erstattung von Leistungen nach § 23 SGB II durch den Gesetzgeber nicht gewollt worden sei. Vielmehr hat der Gesetzgeber ... derart ausdifferenzierten Regelung Abstand genommen und eine Erstattungspflicht für alle Kosten für die Zeit des Aufenthalts im Frauenhaus angeordnet, ohne diesen auf Leistungen nach § 16 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 (a.f.) jetzt § 16 a Nr. 3 SGB II und § 22 SG II zu beschränken.
Dies stimmt schließlich auch mit dem Sinn und Zweck des § 36 a SGB II überein. § 36 a SGB II erfüllt eine doppelte Funktion. Bereits ... systematischer Hinsicht handelt es sich bei der Regelung des § 36 a SGB II zunächst um eine Sonderregelung zur örtlichen Zuständigkeit. Im Allgemeinen richtet sich die Zuständigkeit des Trägers der Grundsicherungsleistungen nach dem gewöhnlichen Aufenhaltsort des erwerbsfähigen Hilfsbedürftigen. § 36 Satz 1 SGB II bestimmt hierzu, dass für Leistungen der Grundsicherung nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 die Agentur für Arbeit zuständig ist, in deren Bezirk der erwerbsfähige Hilfebedürftige seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Nach § 36 Satz 2 SGB II ist für Leistungen der Grundsicherung nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 der kommunale Träger zuständig, in dessen Bezirk der erwerbsfähige Hilfebedürftige seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Ist ein gewöhnlicher Aufenthaltsort des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen nicht feststellbar, so ist nach § 36 Satz 3 SGB II der Träger der Grundsicherung für Arbeitssuchende örtlich zuständig in dessen Bereich sich der erwerbsfähige Hilfebedürftige tatsächlich aufhält. Von dieser allgemeinen Regel abweichend trifft § 36 a SGB II eine Sonderregelung für den Aufenthalt in einem Frauenhaus. Unabhängig davon, ob eine zufluchtnehmende Person mit der Zufluchtnahme im Frauenhaus dort auch ihren gewöhnlichen Aufenthaltsort begründet, erklärt § 36 a SGB II den kommunalen Träger am Ort des Frauenhauses für örtlich zuständig. In der Gesetzesbegründung heißt es hierzu, dass die Frage, ob in einem Frauenhaus - gerade bei einem nur kurzzeitigen Aufenthalt - ein gewöhnlicher Aufenthalt begründet wird, könne im Einzelfall nicht ganz eindeutig sein. Durch § 36 a SGB II wird diese Frage unabhängig von der tatsächlichen Begründung eines gewöhnlichen Aufenthaltes zu Gunsten der Zuständigkeit ... des kommunalen Trägers am Ort des Frauenhauses beantwortet ... damit aber den kommunalen Träger am Ort des Frauenhauses nicht dadurch finanziell zu belasten, dass er ein Frauenhaus betreibt oder das in seinem Bereich ein Frauenhaus betrieben wird, ordnet § 36 a SGB II zugleich eine Erstattungspflicht des kommunalen Träges an, in dessen Bereich der vormalige gewöhnliche Aufenthaltsort des zufluchtnehmenden Leistungsempfängers bestand. Die Erstattungspflicht ist Kompensation dafür, dass dem kommunalen Träger am Ort des Frauenhauses die örtliche Zuständigkeit für die Erbringung der dem kommunalen Träger obliegenden Grundsicherungsleistungen zu weist. Damit aber muss die Erstattungspflicht alle Leistungen umfassen, die der kommunale Träger am Ort des Frauenhauses während der Zeit des Aufenthaltes im Frauenhaus erbringt nach den Regelungen des SGB II auch rechtmäßiger Weise erbringen darf.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 197 a SGG, 154 Abs. 1 VWGO.
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