L 10 R 711/12

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 17 R 2270/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 R 711/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 12.01.2012 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Der Kläger begehrt die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente.

Der am 1952 geborene Kläger - ausgebildeter Koch - war zuletzt als Kurierfahrer beschäftigt. Sein Gesundheitszustand ist vor allem durch eine koronare Zwei-Gefäßerkrankung - Zustand nach Bypass-Operation im Jahr 2008 -, chronisch rezidivierende Lumbalgien und Ischialgien rechts bei degenerativen Veränderungen der unteren Lendenwirbelsäule sowie eine mit einer Peronaeusschiene versorgte Fuß- und Zehenheberparese rechts - Zustand nach Bandscheibenvorfall - beeinträchtigt. Daneben bestehen u.a. ein Schlafapnoe-Syndrom (mit Maskenbeatmung), ein Bluthochdruck, eine Adipositas Grad I, ein wiederkehrendes Halswirbelsäulensyndrom (bis hierhin s. Gutachten Dr. S. Bl. 89 mediz. Teil VA) und eine beginnende Polyneuropathie (Gutachten Dr. S. Bl. 59 SG-Akte). Wegen Schwerhörigkeit ist der Kläger mit Hörgeräten versorgt (Angabe des Klägers Bl. 97 SG-Akte). Zudem leidet der Kläger unter psychischen Beschwerden. Ein seit September 2009 festgestellter Grad der Behinderung (GdB) von 50 wurde zuletzt - so der Kläger (Bl. 17 LSG-Akte) - im April 2012 auf 70 erhöht.

Den Rentenantrag des Klägers vom November 2009 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 21.01.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28.04.2010 ab. Die Beklagte stützte sich im Wesentlichen auf den Entlassbrief des Chefarztes der R. -Klinik Bad W. Dr. J. über die im April 2009 wegen einer akuten Zunahme der Rückenbeschwerden durchgeführte Behandlung (die Beschwerden konnten damals bis auf einen Restschmerz zurückgeführt werden, Bl. 47 mediz. Teil VA) und das Gutachten der Ärztin für Anästhesie und Sozialmedizin Dr. S. , die u.a. von einer guten kardialen Belastbarkeit ausging. Gestützt auf die Auffassung von Dr. S. nahm die Beklagte an, dass der Kläger leichte bis mittelschwere Arbeiten überwiegend im Sitzen, mit der Möglichkeit aufzustehen und umherzugehen, zu ebener Erde und ohne häufiges Bücken sowie ohne Nachtschicht und Akkordarbeit mindestens sechs Stunden täglich verrichten könne. Angesichts der zuletzt ausgeübten Beschäftigung als Kurierfahrer müsse er sich auf sämtliche ungelernte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisen lassen.

Deswegen hat der Kläger am 28.05.2010 beim Sozialgericht Karlsruhe Klage erhoben. Das Sozialgericht hat den behandelnden Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. K. , den Facharzt für Innere Medizin Dr. B. und den Facharzt für Neurologie Dr. S. schriftlich als sachverständige Zeugen gehört. Dr. K. hat den Kläger nur noch für in der Lage erachtet, maximal vier Stunden täglich einer Arbeit nachzugehen. Dr. S. und Dr. B. haben keine Leistungsbeurteilung abgegeben, wobei Dr. S. auf eine nur zweimal durch ihn erfolgte Untersuchung und Dr. B. auf eine nicht restlose Abklärung der Beschwerden hingewiesen hat. Dr. B. hat seiner Zeugenaussage seinen Arztbrief über die Untersuchung des Klägers am 16.06.2010, bei der ein Belastungs-EKG nach zwei Minuten bei 125 Watt wegen Kniebeschwerden und Dyspnoe abgebrochen worden war, beigefügt.

Das Sozialgericht hat sodann den Arzt für Innere Medizin, Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. S. mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt. In seinem neurologisch-psychiatrischen Gutachten hat dieser nach Untersuchung des Klägers im Juni 2011 unter Berücksichtigung vom Kläger zusätzlich vorgelegter Arztbriefe des Orthopäden Dr. W. (Durchführung einer Infiltration und Verordnung von Krankengymnastik am 28.02.2011 wegen einer seit vier Wochen bestehenden Lumboischialgie links) und Dr. B. (am 24.03.2011 Abbruch des Belastungs-EKG nach einer Minute bei 100 Watt wegen Dyspnoe und Kniebeschwerden) beim Kläger im Wesentlichen die eingangs genannten Gesundheitsstörungen beschrieben und die psychischen Beschwerden als intermittierende depressive Verstimmungen im Sinne von Anpassungsstörungen diagnostiziert. Signifikante sensomotorische Ausfälle wegen der beginnenden Polyneuropathie hat er ausgeschlossen. Er hat den Kläger für in der Lage erachtet, einer leichten bis gelegentlich mittelschweren Arbeit mindestens sechs Stunden unter Beachtung qualitativer Einschränkungen nachzugehen. Der Kläger sei auch in der Lage, viermal täglich einen Fußweg von 500 m in jeweils 15 bis 18 Minuten zurückzulegen. Dr. S. hat ausgeführt, der Kläger habe angegeben, Auto und Rad zu fahren, mit dem Hund spazieren zu gehen, seiner Ehefrau in dem von ihr betriebenen Imbiss zu helfen, zwei Autos zu restaurieren, sich für Motorräder zu interessieren und Motorradausstellungen zu besuchen. Dr. S. hat einen guten Allgemeinzustand des Klägers mit Arbeitsspuren an den Händen sowie die Fußheberparese rechts mit einem leichten Steppergang unter Verwendung der Peronaeusschiene beschrieben. Der psychopathologische Befund habe sich im Wesentlichen als unauffällig erwiesen.

Zur mündlichen Verhandlung am 12.01.2012 hat der Kläger einen weiteren Bericht von Dr. B. (am 30.11.2011 Abbruch des Belastungs-EKG nach 50 Sekunden bei 75 Watt wegen Beinbeschwerden) vorgelegt. Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom gleichen Tag abgewiesen. Zwar leide der Kläger an einer intermittierenden depressiven Verstimmung im Sinne von Anpassungsstörungen, einem Wirbelsäulensyndrom mit inkompletter Peronaeus-lähmung rechtsseitig, einer beginnenden beinbetonten Polyneuropathie ohne signifikante sensomotorische Ausfälle, einer koronaren Herzerkrankung, Übergewicht, Bluthochdruck, einer Fettstoffwechselstörung, einer Erhöhung der Harnsäure, einem Schlafapnoe-Syndrom und einer Schwerhörigkeit. Diese Störungen schränkten das qualitative Leistungsvermögen des Klägers ein, berührten aber seine quantitative körperliche und geistige Leistungsfähigkeit für die Verrichtung körperlich leichter bis gelegentlich mittelschwerer Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht. Das Sozialgericht hat sich auf das Gutachten von Dr. S. gestützt und weiter ausgeführt, der Kläger sei trotz seiner Herzerkrankung beim Belastungs-EKG im Juni 2010 bis 125 Watt belastbar gewesen. Die Abbrüche der Belastungs-EKG seien in der Regel auf Grund von Kniebeschwerden und nicht auf Grund von Herzbeschwerden erfolgt. Dr. B. habe keinen Hinweis auf eine Progression der Herzerkrankung gesehen. Durch das Schlafapnoe-Syndrom könne zwar keine Früh-, Spät- oder Nachtschicht zugemutet werden, leichte Tätigkeiten am Tag seien jedoch nicht beeinträchtigt. Die Schwerhörigkeit sei mit Hörgeräten ausgeglichen und behindere nicht bei der Ausübung leichter Tätigkeiten. Auf psychiatrischem Gebiet habe sich der Kläger während der Untersuchung durch Dr. S. hinreichend flexibel gezeigt. Der fachärztlich ermittelte gewöhnliche Tagesablauf zeige, dass der Kläger in der Lage sei, seinen Tagesablauf selbstständig zu strukturieren. Einschränkungen des Zeitmanagements oder der sozialen Kompetenz seien nicht ersichtlich. Wegen der Anpassungsstörungen seien Tätigkeiten mit vermehrt psychischen, insbesondere emotionalen Belastungen oder erhöhtem Konfliktpotential nicht leidensgerecht. Das Wirbelsäulensyndrom, die Peronaeuslähmung sowie die beginnende Polyneuropathie führten dazu, dass Zwangshaltungen der Wirbelsäule zu vermeiden seien und keine Arbeiten mit Treppensteigen oder auf Leitern und Gerüsten möglich seien. Die Wegefähigkeit sei aber erhalten. Soweit der Kläger in der mündlichen Verhandlung vorgetragen habe, dass er hinfalle und nur in Begleitung spazieren gehe, stehe dem seine Aussage bei der Begutachtung gegenüber, dass er mit dem Hund eine halbe Stunde spazieren gehe und versuche, Fahrrad zu fahren. Hinzu komme, dass er zur Begutachtung alleine mit dem Auto gekommen sei und einer Autofahrt zu einer Arbeitsstelle folglich nichts entgegenstehe. Vor diesem Hintergrund hat das Sozialgericht die Leistungsbeurteilung der behandelnden Ärzte nicht für nachvollziehbar erachtet. Ferner hat das Sozialgericht die von der Beklagten vorgenommene Verweisung auf den allgemeinen Arbeitsmarkt bestätigt.

Gegen das ihm am 19.01.2012 zugestellte Urteil hat der Kläger am 17.02.2012 Berufung eingelegt. Zur Begründung verweist er auf die Erhöhung seines GdB im April 2012. Zudem sei beim Sozialgericht Karlsruhe ein Verfahren wegen der Anerkennung der Merkzeichen B und G anhängig. Das Gutachten von Dr. S. sei nicht ausreichend. In einer selbst verfassten schriftlichen Stellungnahme greift er die Ausführungen von Dr. S. zu seinen Angaben an. Er hätte sich dagegen gleich gewehrt, wenn er gewusst hätte, dass nur ein Gutachten erstellt werde. Körperlich sei er nicht in der Lage, Autos zu restaurieren. Diese ständen nur bei ihm herum. Spaziergänge mit dem Hund seien nur mit Unterstützung seiner Ehefrau möglich. Seit der Herzoperation sei er nicht mehr auf Motorradausstellungen gewesen. Er würde natürlich gerne wieder Motorrad fahren, habe aber aus gesundheitlichen Gründen Angst davor. Seine Frau habe den Imbiss Anfang 2012 aufgegeben, da auch sie gesundheitlich angeschlagen sei und es ihm, obwohl er nur ab und zu an der Kasse gewesen sei, und ihr einfach zu viel geworden sei. Für Angestellte hätte der Imbiss zu wenig Einnahmen geliefert.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 12.01.2012 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 21.01.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28.04.2010 zu verurteilen, ihm Rente wegen voller bzw. wegen teilweiser Erwerbsminderung, auch bei Berufsunfähigkeit, zu gewähren.

Die Beklagte hat sich im Berufungsverfahren inhaltlich nicht mehr geäußert.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz sowie die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.

II.

Der Senat entscheidet über die nach den §§ 143, 144 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält.

Dem Kläger steht kein Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbsminderung zu. Dies hat das Sozialgericht in dem angefochtenen Urteil unter Nennung der zutreffenden Rechtsgrundlagen (§§ 43, 240 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch - SGB VI) und überzeugender Würdigung des Gutachtens von Dr. S. sowie der eingeholten sachverständigen Zeugenaussagen ausführlich dargestellt. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat auf diese Ausführungen Bezug und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung gemäß § 153 Abs. 2 SGG zurück.

Zum Berufungsvorbringen des Klägers ist zu ergänzen:

Der Umstand, dass beim Kläger ein GdB von 50 bzw. 70 anerkannt ist, ist für das vorliegende Verfahren auf Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung ohne entscheidende Bedeutung. Denn die Beurteilung nach dem Schwerbehindertenrecht besitzt für die Beurteilung der Erwerbsfähigkeit im Rahmen eines Anspruchs auf Rente wegen Erwerbsminderung keine anspruchsbegründende Bedeutung (BSG, Beschluss vom 09.12.1987, 5b BJ 156/87, veröffentlicht in Juris) und die Voraussetzungen für die Beurteilung des Grades der Behinderung unterscheiden sich maßgeblich (vgl. § 2 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch: Beeinträchtigung der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft) von jenen für die Beurteilung einer Erwerbsminderung (vgl. z.B. § 43 Abs. 3 SGB VI: Fähigkeit, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes zu arbeiten).

Gleiches gilt für das nach den Angaben des Klägers derzeit beim Sozialgericht Karlsruhe in Streit stehende Merkzeichen G (Grenze: übliche Wegstrecke von 2 km, vgl. BSG, Urteil vom 24.04.2008, B 9/9a SB 7/06 R in SozR 4-3250 § 146 Nr. 1, und damit geringere Anforderungen als bei der Wegefähigkeit).

Soweit der Kläger weiter darauf hinweist, auch das Vorliegen des Merkzeichens B, das voraussetzt, dass der Schwerbehinderte infolge seiner Behinderung bei Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln auf ständige Begleitung zur Vermeidung von Gefahren für sich oder andere regelmäßig auf fremde Hilfe angewiesen ist (BSG, Urteil vom 10.12.2003, B 9 SB 4/02 R, veröffentlicht in Juris), sei beim Sozialgericht Karlsruhe anhängig, sieht der Senat angesichts des Gutachtens von Dr. S. (zu den vom Kläger dagegen erhobenen Einwendungen nachfolgend) keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass dieses Merkzeichen vergeben werden könnte. Im Übrigen hat der Kläger bei Dr. S. - dies wird von ihm auch im Nachhinein nicht bestritten - angegeben, selbst Auto zu fahren. Mithin ist er nicht zwingend auf die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel angewiesen und könnte - worauf das Sozialgericht zu Recht hingewiesen hat - auch mit dem Auto einen Arbeitsplatz erreichen.

Soweit der Kläger - wie schon in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht - auf eine stark eingeschränkte Gehfähigkeit mit häufigem Stolpern und Stürzen hinweist, kann dies mit den Ausführungen im Gutachten von Dr. S. nicht in Einklang gebracht werden. Dr. S. hat angegeben, der Kläger habe mitgeteilt, mit dem gemeinsamen Hund für eine Stunde spazieren zu gehen, zwei Autos zu restaurieren und am Wochenende "mit einem Kumpel Motorradausstellungen" zu besuchen. Soweit der Kläger nunmehr diese Angaben bestreitet bzw. dahingehend relativiert, dass er körperlich nicht mehr in der Lage sei, Autos zu restaurieren und diese nur bei ihm herumständen, den Hund nur mit Unterstützung seiner Ehefrau auszuführen und seit der Herzoperation nicht mehr auf Motorradausstellungen zu gehen, bleiben durchgreifende Zweifel.

Hinsichtlich der Restaurierung der Autos entnimmt der Senat dem Gutachten, dass Dr. S. mit dem Kläger darüber nicht nur beiläufig ganz am Rande gesprochen hat. Denn Dr. S. benennt in seinem Gutachten sogar die Marken der beiden Autos (ein Caddy und ein Ford Cabrio). Es mag sein, dass diese Autos schon länger und auch noch für einen nicht absehbaren Zeitraum in der Zukunft beim Kläger im Wesentlichen herumstanden bzw. -stehen. Der Senat schließt jedoch aus, dass Dr. S. den Kläger völlig wahrheitswidrig dahingehend wiedergegeben hat, dass dieser auch aktuell - zumindest wiederkehrend - mit der Restaurierung dieser Autos befasst ist. Gegen eine derartig gravierende Verzerrung der Angaben des Klägers spricht zudem, dass sich auch im Gutachten von Dr. S. die Äußerung des Klägers, in seiner Freizeit ein altes Auto zu reparieren, findet.

Auch zu einer Begleitung der Ehefrau bei den Hundespaziergängen lässt sich dem Gutachten von Dr. S. nichts entnehmen. Dagegen spricht vielmehr, dass der Kläger die Hundespaziergänge im unmittelbaren Zusammenhang mit seinem Aufenthalt in dem von seiner Ehefrau (damals noch) betriebenen Imbiss genannt hat. Nachdem dieser Imbiss, wie sich aus den Angaben des Klägers im Berufungsverfahren ergibt, ohne Angestellte betrieben wurde, mithin nur der Kläger selbst und seine Frau als Aufsichtspersonen in Betracht kamen, ist nicht überzeugend, dass die Ehefrau den Kläger jedenfalls tagsüber bei Hundespaziergängen begleitete. Denn dann hätte der Imbiss, der ohnehin wenig Einnahmen lieferte, vorübergehend geschlossen werden müssen. Im Übrigen decken sich die Ausführungen von Dr. S. auch in diesem Punkt mit dem Gutachten von Dr. S. , in dem ebenfalls ohne Erwähnung einer Begleitperson von zwei bis drei Hundespaziergängen des Klägers pro Tag die Rede ist.

Auch die Behauptung des Klägers, er sei - entgegen den Ausführungen im Gutachten von Dr. S. - seit der Herzoperation nicht mehr auf Motorradausstellungen gewesen, ist nicht glaubhaft. Die Operation fand bereits Mitte des Jahres 2008 statt. Die von Dr. S. vorgenommene Erhebung des "Tagesablaufs" ist aber ersichtlich auf die zum Zeitpunkt der gutachtlichen Untersuchung im Juni 2011 aktuelle Situation bezogen gewesen. Der Senat ist davon überzeugt, dass der Kläger dies auch so verstanden hat. Dies ergibt sich u.a. daraus, dass er die auch unter dem "Tagesablauf" vermerkte Angabe zum letzten Urlaub im Unterschied zu allen anderen Angaben ausdrücklich auf die Zeit vor ca. sechs bis sieben Jahren rückbezogen hat. Es ist in keiner Weise schlüssig, dass der Kläger bei der Begutachtung Besuche von Motorradausstellungen angegeben hat, die bereits ca. drei Jahre zurücklagen - zeitlich sogar vor seinem Rentenantrag.

Ferner hat der Kläger angegeben, seiner Ehefrau im Imbiss, in dem er sich von ca. 10.00 Uhr bis 16.00 Uhr aufhielt, zu helfen und abends noch Besuche zu erhalten. Seine später gemachte Angabe, bei der Mithilfe im Imbiss bereits nach ca. 15 bis 30 Minuten so "fertig" zu sein, dass er sich hinsetzen müsse, kann mit den eben beschriebenen Äußerungen, Autos zu restaurieren und für eine Stunde mit dem Hund spazieren zu gehen, nicht in Einklang gebracht werden.

Dem Gutachten von Dr. S. ist weiter zu entnehmen, dass der Kläger durchaus geneigt wäre, sein Motorrad wieder anzumelden. Seine Behauptung, das Motorrad abgemeldet zu haben, weil es "einfach zu schnell" sei (S. 6 des Gutachtens) hat er deutlich dadurch relativiert, dass er die Wiederanmeldung als finanzielle Frage dargestellt und ausdrücklich angegeben hat, sich über eine erneute Anmeldung zu freuen (S. 10 des Gutachtens). Soweit der Kläger im Berufungsverfahren betont hat, momentan Angst vor dem Motorradfahren zu haben, ist jedoch klarzustellen, dass die Fähigkeit, ein Motorrad zu führen, keine Voraussetzung für die Annahme einer nicht rentenrelevant eingeschränkten Erwerbsfähigkeit ist.

Für die Beurteilung der Leistungsfähigkeit des Klägers ist im Übrigen ohne Bedeutung, dass der Imbiss wegen gesundheitlicher Probleme der Ehefrau des Klägers und zu geringen Einnahmen aufgegeben wurde.

Unverständlich bleibt zudem das Vorbringen des Klägers, er hätte sich gegen die Ausführungen von Dr. S. gleich gewehrt, wenn er gewusst hätte, dass nur ein Gutachten erstellt wird. Dem rechtskundig vertretenen Kläger musste bewusst sein, dass die Ausführungen in Gutachten von erheblicher Bedeutung für die Rechtsfindung sind. Es musste ihm ebenfalls bekannt sein, dass es keine Mindestanzahl von in einem Gerichtsverfahren einzuholenden Gutachten gibt. Das Fehlen zeitnaher Einwände des Klägers gegen das Gutachten von Dr. S. spricht vielmehr dafür, dass Dr. S. den Kläger korrekt wiedergegeben hat. Dafür sprechen auch die dargestellten Übereinstimmungen mit dem Gutachten von Dr. S ...

Schließlich ist zu betonen, dass der von Dr. S. erhobene Befund mit den von ihm dargestellten Angaben des Klägers gut in Einklang gebracht werden kann. Der Kläger hat sich Dr. S. in einem primär guten körperlichen Allgemeinzustand gezeigt. Die Haut ist sonnengebräunt gewesen. An den Händen haben Arbeitsspuren vorgelegen. Die Unterschenkelmuskulatur rechts hat nur eine leichte Verschmächtigung aufgewiesen. Die Fußheberparese rechts mit einem Kraftgrad von nur ca. zwei Fünftel ist - bei Versorgung mit der Peroneusschiene - mit einem lediglich leicht ausgeprägten Steppergang verbunden gewesen.

Vor diesem Hintergrund sieht der Senat keine Veranlassung, ein weiteres Gutachten einzuholen. Soweit der Kläger zuletzt ein "neutrales" Gutachten gewünscht hat, ist zu entgegnen, dass der Senat keine Zweifel daran hat, dass Dr. S. ein solches erstellt hat. Zudem steht die Einschätzung von Dr. S. auch mit dem im Verwaltungsverfahren eingeholten Gutachten von Dr. S. auf dem internistischen Fachgebiet in Übereinstimmung, das der Senat hier im Wege des Urkundenbeweises verwertet und das - auch wenn das Sozialgericht nicht ausdrücklich darauf in den Entscheidungsgründen eingegangen ist - dessen Entscheidung ebenfalls trägt. Dr. S. hat eine Begutachtung auf einem weiteren Fachgebiet zur Beurteilung der beruflichen Leistungsfähigkeit des Klägers nicht für erforderlich erachtet. Auch der Senat sieht keine anderweitigen Anhaltspunkte. Er geht davon aus, dass Dr. S. , der auch Arzt für Innere Medizin ist, die Notwendigkeit einer weiteren Gutachtenserstellung fachübergreifend erkannt hätte.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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