Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
2
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 9 AS 171/12
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 2 AS 940/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 1. Februar 2012 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist, ob der Kläger die beim dem Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhobenen Klagen in den Rechtssachen S 9 AS 1292/11 und S 9 AS 3015/11 wirksam zurückgenommen hat.
Der 1953 geborene Kläger bezieht von dem Beklagten fortdauernd Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II, vgl. Bewilligungsbescheid vom 1.2.2011 für den Zeitraum 1.3.2011 bis 31.8.2011, Bl. 183 Verwaltungsakte).
1. Mit einem dem Kläger persönlich übergebenen Bescheid vom 21.2.2011 (Bl. 194 Verwaltungsakte) erließ der Beklagte eine Eingliederungsvereinbarung per Verwaltungsakt, deren Festlegungen für die Zeit vom 21.2.2011 bis 30.7.2011 gelten sollten.
Hiergegen hat der Kläger keinen Widerspruch beim Beklagten, sondern am 23.3.2011 Klage zum SG erhoben und die Gewährung von Prozesskostenhilfe beantragt (Rechtssache S 9 AS 1292/11). Zur Begründung hat er u.a. ausgeführt, dass er die Rücknahme des Bescheids vom 21.2.2011 begehre, da ihn der Beklagte ihn in der Vergangenheit als psychisch krank und nicht vermittelbar bezeichnet habe (Bl. 95 Verwaltungsakte). Nachdem das SG um Durchführung des Vorverfahrens gebeten hatte, hat der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 29.9.2011 die Klageerhebung als Widerspruchseinlegung anerkannt und den Widerspruch wegen Fristversäumnis als unzulässig verworfen (Bl. 243 Verwaltungsakte). Den Widerspruchsbescheid hat der Kläger zum Gegenstand des Verfahrens gemacht. Mit Schreiben vom 21.10.2011 übersandte er die Entbindungserklärung vom 13.4.2011 mit dem Zusatz, der Antrag auf Prozesskostenhilfe könne ruhen, da er noch keinen Rechtsanwalt habe (Bl. 8 PKH-Akte).
2. Der Beklagte lud den Kläger mit Einladungsschreiben vom 10.5.2011 (Bl. 197a Verwaltungsakte) auf den 16.5.2011 ein. Der Kläger nahm diesen Termin nicht wahr. Daraufhin verfügte der Beklagte nach Anhörung (in der Folgeeinladung vom 9.6.2011, Bl. 198 Verwaltungsakte) mit Bescheid vom 14.6.2011 (Bl. 203 Verwaltungsakte) eine Minderung des Arbeitslosengeldes II im Zeitraum vom 1.7.2011 bis 30.9.2011 in Höhe von 36,40 Euro monatlich. Dieser Bescheid wurde ergänzt durch einen Änderungsbescheid vom 14.6.2011 (Bl. 206 Verwaltungsakte) und einen neuen Bewilligungsbescheid vom 17.6.2011 (Bl. 209 Verwaltungsakte), jeweils betreffend den Zeitraum 1.7.2011 bis 31.8.2011.
Hiergegen hat der Kläger wiederum keinen Widerspruch beim Beklagten, sondern am 18.7.2011 Klage zum SG erhoben und die Gewährung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung eines noch zu benennenden Rechtsanwalts beantragt (Rechtssache S 9 AS 3015/11) und zur Begründung einerseits erneut ausgeführt, der Beklagte habe ihn in der Vergangenheit als nicht vermittelbar angesehen; insoweit hätten sich keine Änderungen ergeben. Zum anderen hat er vorgetragen, dass er zwar weiterhin mietfrei wohne, aber nur noch 50 EUR/Monat Unterstützung von seiner Familie erhalte, statt 170 EUR, wie von dem Beklagten in den bisherigen Bewilligungsbescheiden als Einkommen ausgewiesen. Insoweit stünden ihm höhere Leistungen zu. Nachdem das SG wiederum um Durchführung des Vorverfahrens gebeten hatte, hat der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 29.9.2011 den Widerspruch als unbegründet zurückgewiesen (Bl. 258 Verwaltungsakte). Den Widerspruchsbescheid hat der Kläger zum Gegenstand des Verfahrens gemacht (Bl. 18 SG-Akte, Schreiben vom 26.10.2011).
3. Am 29.11.2011 fand in beiden Rechtssachen ein Termin zur Erörterung des Sachverhalts vor dem SG statt. In der Niederschrift (Bl. 44 SG-Akte S 9 AS 1292/11) heißt es u.a.:
"Nach Erörterung des Sach- und Streitstandes erklärt der Kläger,
»Ich empfinde nach wie vor durch das Vorgehen der Behörde mich ungerecht behandelt. Ich sehe aber gleichwohl keinen Sinn mehr an der Weiterführung des Rechtsstreits.«
Der Kläger erklärt sodann ausdrücklich trotz Hinweises des Kammervorsitzenden zu der Möglichkeit der Fortführung und anschließender Entscheidung des Rechtsstreits,
»Ich erkläre das Verfahren S 9 AS 1292/11 sowie das Verfahren S 9 AS 3015/11 für er- ledigt«.
- laut diktiert, vorgespielt und genehmigt –"
Mit Telefaxschreiben vom 21.12.2011 an das Landessozialgericht Baden-Württemberg hat der Kläger "Beschwerde" gegen das Verhalten des Kammervorsitzenden erhoben, die Rücknahme "der in den Mund gelegten" Erledigungserklärung und die Fortführung der Verfahren S 9 AS 1292/11 und S 9 AS 3015/11 beantragt. Der Kammervorsitzende habe den Standpunkt des Beklagten eingenommen und die Rechtmäßigkeit aller Maßnahmen und Verwaltungsakte des Beklagten suggeriert. Die Weiterführung des Rechtsstreits sei ihm daher sinnlos erschienen. Der Hinweis des Klägers auf Bl. 95 Verwaltungsakte, wonach der Beklagte ihn als psychisch krank und nicht vermittelbar einstufe, sei vom Kammervorsitzenden mit der Bemerkung abgetan worden, fünf Jahre später könne es auch anders sein. Sein Begehren nach höheren Leistungen wegen niedrigerem Einkommenszufluss sei gar nicht erörtert worden.
Das SG teilte dem Kläger mit, dass die Rechtssache S 9 AS 1292/11 nunmehr unter dem Az. S 9 AS 174/12 und die Rechtssache S 9 AS 3015/11 nunmehr unter dem Az. S 9 AS 171/12 geführt werde. Mit Beschluss vom 30.1.2012 hat das SG sodann die Verfahren S 9 AS 171/12 und S 9 AS 174/12 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung unter dem Aktenzeichen S 9 AS 171/12 verbunden.
Mit Gerichtsbescheid vom 1.2.2012 hat das SG festgestellt, dass die Klageverfahren S 9 AS 1292/11 und S 9 AS 3015/11 durch Klagerücknahme beendet worden seien. Die Klagen seien unzulässig, denn aufgrund der wirksamen Klagerücknahme vom 29.11.2011 seien der Bescheid vom 21.2.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29.9.2011 sowie der Bescheid vom 14.6.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29.9.2011 bestandskräftig geworden. Die Klagerücknahme habe den Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt. Die Erledigungserklärung des Klägers könne weder angefochten noch widerrufen werden. Dem Kläger sei die Bedeutung der Erklärung bewusst gewesen. Die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des Verfahrens würden nicht vorliegen.
Gegen den ihm am 4.2.2012 mit Postzustellungsurkunde zugestellten Gerichtsbescheid des SG hat der Kläger am 2.3.2012 Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt und sein bisheriges Vorbringen wiederholt und vertieft. Was als seine Erklärung im Protokoll stehe, sei vom Richter vorformuliert und ihm in den Mund gelegt worden. Das Verhalten des Richters sei wie das eines anwaltlichen Vertreters der Beklagten gewesen, wohingegen ihm trotz Antrags keine Prozesskostenhilfe bewilligt worden sei. Außerdem seien die Sanktionstatbestände des SGB II verfassungswidrig.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 1. Februar 2012 aufzuheben und unter Fortführung des Verfahrens S 9 AS 1292/11 den Bescheid der Beklagten vom 21. Februar 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29. September 2011 aufzuheben und unter Fortführung des Verfahrens S 9 AS 3015/11 die Beklagte unter Aufhebung der Bescheide vom 14. Juni 2011 und des Bescheids vom 17. Juni 2011, jeweils in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29. September 2011, zu verurteilen, ihm im Zeitraum vom 1. Juli 2011 bis 31. August 2011 ungemindertes Arbeitslosengeld II zu zahlen.
Der Beklagte beantragt sinngemäß,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Bezüglich weiterer Einzelheiten des Sachverhalts wird auf Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten sowie auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.
I.
Der Senat entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten gem. § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung.
Die form- und fristgerecht eingelegte (§ 151 Abs. 1 SGG) und statthafte (§ 143 SGG) Berufung ist zulässig. Ein Urteil, das über die Wirksamkeit einer Klagerücknahme entscheidet, kann nach den allgemeinen Regeln mit der Berufung angefochten werden.
II.
Die Berufung ist aber nicht begründet. Die Klageverfahren S 9 AS 1292/11 und S 9 AS 3015/11 sind durch die wirksame Rücknahme der Klage beendet worden, weshalb es auf die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide nicht mehr ankommt.
Über die Wirksamkeit einer Klagerücknahme ist in Fortsetzung des Klageverfahrens zu entscheiden, in dem diese erklärt wurde.
Nach § 102 Abs. 1 SGG kann die Klage bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung zurückgenommen werden. Die Klagerücknahme erledigt den Rechtsstreit in der Hauptsache (§ 102 Satz 2 SGG) mit der Folge, dass die angefochtenen Bescheide bestandskräftig geworden sind.
Diese Rechtswirkung ist vorliegend eingetreten. Der zur Überzeugung des Senats prozessfähige Kläger hat im Termin zur Erörterung des Sachverhalts am 29.11.2011 die Klagen in den Rechtssachen S 9 AS 1292/11 und S 9 AS 3015/11 wirksam zurückgenommen. Dies ergibt sich aus der Niederschrift über diesen Termin, der insofern Beweiskraft zukommt (vgl. § 122 SGG i.V.m. § 165 Zivilprozessordnung - ZPO). Die maßgeblichen Protokollierungsvorschriften des § 122 SGG i.V.m. §§ 160 Abs. 3 Nr. 8, 162 Abs. 2 und 3 ZPO sind gewahrt worden. Der Kammervorsitzende hat die Erledigungserklärung protokolliert und anschließend vermerkt, dass die Erledigungserklärung vorgelesen und vom Kläger genehmigt wurde.
Eine Erledigungserklärung ist – je nach Lage des Falles - als Klagerücknahme oder als Annahme eines Anerkenntnisses auszulegen (vgl. Sächsisches LSG, Urteil vom 6.5.2004 – L 3 AL 301/03; Bayerisches LSG, Urteil vom 31.1.2012 – L 13 R 931/11; vgl. zum Ganzen auch Hauck, Die Erledigungserklärung im sozialgerichtlichen Verfahren, SGb 2004, 407 (412); Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl. 2012, § 102 RdNr. 3). Im Falle des § 193 SGG entspricht die klägerische Erledigterklärung ohne vorheriges Anerkenntnis der Verwaltung – wie vorliegend – ohne weiteres einer Klagerücknahme (Hauck in Hennig, SGG, § 102 RdNr. 13 Stand April 2010). Zur Überzeugung des Senats war dem Kläger auch bewusst, dass die Erledigungserklärung in diesem Fall die Beendigung der Verfahren durch die Rücknahme der beiden Klagen nebst der PKH-Anträge bedeutete.
Die Rücknahme der Klage bzw. die Erledigungserklärung ist eine einseitige Prozesserklärung, die grundsätzlich weder widerrufen noch wegen Irrtums angefochten werden kann; eine Ausnahme hiervon ist nur möglich, wenn die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des Verfahrens nach den §§ 179, 180 SGG vorliegen (vgl. Senatsurteil vom 24.2.1999 – L 2 RJ 4585/98 m.w.N.; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O., § 102 RdNr. 7c m.w.N.). Dies ist vorliegend aber nicht der Fall. Ein gesetzlicher Restitutionsgrund im Sinne des § 179 Abs. 1 SGG i.V.m. § 580 ZPO (insbesondere: falsche eidliche Aussage des gegnerischen Prozessbeteiligten, Urkundenfälschung, strafbares falsches Zeugnis oder Gutachten, Urteilserschleichung, strafbare Amtspflichtverletzung eines Richters, Auffinden einer bisher unbekannten Urkunde) liegt nicht vor. Auch die besonderen Voraussetzungen der Restitutionsklage nach § 581 Abs. 1 ZPO sind nicht erfüllt. Ob ein Nichtigkeitsgrund im Sinne des § 579 ZPO ebenfalls einen Widerruf rechtfertigen könnte, kann dahingestellt bleiben, denn die in § 579 Abs. 1 ZPO aufgeführten Nichtigkeitsgründe (unvorschriftsmäßige Besetzung des Gerichts, Mitwirkung eines kraft Gesetzes ausgeschlossenen oder wegen Befangenheit abgelehnten Richters, den gesetzlichen Vorschriften nicht entsprechende Vertretung eines Beteiligten) liegen nicht vor.
Zwar können auch Prozesshandlungen grundsätzlich im Verlauf des weiteren Verfahrens widerrufen, ergänzt, geändert oder berichtigt werden, dies gilt jedoch nur, solange der Rechtsstreit anhängig ist (vgl. Senatsurteil vom 11.7.2012 – L 2 SO 2207/12 m.w.N.). Die Klagerücknahme erledigt aber den Rechtsstreit in der Hauptsache und führt damit auch ex nunc zum Ende der Rechtshängigkeit (sog. "Jetztwirkung", vgl. BSG, Urteil vom 30.4.1979 - 8b/3 RK 36/77 - BSGE 48, 164 = SozR 5310 § 6 Nr. 1; Hauck in Hennig, SGG, § 102 RdNr. 24 Stand April 2010).
Unwiderruflich und nicht abänderungsfähig sind darüber hinaus solche Prozesshandlungen, durch die der Prozessgegner eine bestimmte Rechtsstellung erlangt oder aufgrund der er seine Rechtsstellung eingerichtet hat (vgl. Bundesfinanzhof, Beschluss vom 8.8.1991 – VI B 134/90 = BFH/NV 1992, 49; Bayerisches LSG, Urteil vom 16.10.2001 – L 15 V 37/01). Dies ist bei einer Klagerücknahme durch Erledigungserklärung der Fall, da die angefochtenen Bescheide der Verwaltung bestandskräftig werden.
Letztlich finden auch die Regeln der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 67 SGG) keine Anwendung. Dieses Rechtsinstitut ist auf die Zulassung versäumter und verspätet nachgeholter Prozesshandlungen gerichtet (vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl. 2012, § 67 RdNr. 1), es dient hingegen nicht dem Widerruf bereits wirksam abgegebener Prozesserklärungen.
Auch die Anträge auf Prozesskostenhilfe (PKH) sind im Erörterungstermin konkludent mit der Erledigungserklärung zurückgenommen worden, auch wenn das SG dies nicht protokolliert hat. Dies ergibt sich aus den äußeren Umständen. Der Kläger hat selbst im Verfahren S 9 AS 1292/11 erklärt (Bl. 8 PKH-SG-Akte), sein PKH-Antrag könne ruhen, da er noch keinen Anwalt habe; auch im Verfahren S 9 AS 3015/11 hat er darauf hingewiesen, dass er noch keinen Anwalt habe; insoweit kann er jetzt nicht im Nachhinein rügen, dass das SG nicht vor dem Erörterungstermin über seinen Antrag auf PKH entschieden hat. Sein Ruhenshinweis in der Sache S 9 AS 1292/11 betraf denselben Grund wie im Verfahren S 9 AS 3015/11, insoweit war auch Sicht des SG noch nicht über die Anträge zu entscheiden. Auch hat der Kläger in seinem Beschwerdeschreiben vom 21.12.2011 mit keinem Wort gerügt, dass noch Anträge auf PKH offen seien. Dies zeigt zur Überzeugung des Senats, dass auch er davon ausging, dass die Anträge nicht mehr existent waren. Eine Verletzung rechtlichen Gehörs liegt nicht vor.
Wegen der wirksam vom Kläger erklärten Klagerücknahme und der dadurch bewirkten Erledigung des Rechtsstreits ist es dem Senat verwehrt, die materiell-rechtlichen Fragen, die der Kläger angesprochen hat, zu prüfen. Dies betrifft zum einen die Frage, ob die Eingliederungsvereinbarung rechtmäßig war und ob der Beklagte, der den Kläger 2006 als psychisch krank und nicht vermittelbar erachtet und in der vorigen Eingliederungsvereinbarung vom 5.1.2011 als Ziel lediglich "Stabilisierung des Gesundheitszustands" des Klägers benannt hatte, zunächst von Amts wegen Ermittlungen zum Gesundheitszustand des Klägers anstellen (§ 20 SGB X) und unter Beteiligung des für das SGB II zuständigen Reha-Trägers (§ 6a SGB IX) einen etwaigen Rehabilitationsbedarf hätte prüfen müssen. Auch der Zweck der Einladung auf den 16.5.2011 und die Frage, ob der Kläger ggf. einen wichtigen Grund hatte, der Einladung nicht Folge zu leisten, kann insoweit vom Senat nicht mehr geprüft werden. Auch die Frage, welche verfahrensrechtlichen Auswirkungen es ggf. gehabt hätte, dass der Kläger seine behandelnden Ärzte bislang nicht von der Schweigepflicht entbunden hatte, muss offen bleiben. Ebenfalls ist wegen der Bestandskraft der Bescheide im hier streitigen Zeitraum 1.7. bis 31.8.2011 nicht mehr zu prüfen, ob und welchen Einkommenszufluss der Kläger tatsächlich hatte. Der Beklagte wird im Rahmen der laufenden Bewilligung jedoch diesen Sachvortrag des Klägers zur Kenntnis nehmen und ggf. von Amts wegen (§ 20 SGB X) zu ermitteln haben, ob und in welcher Höhe ein Zufluss tatsächlich stattfindet und dies bei der Bewilligung der Leistungen berücksichtigen.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht erfüllt sind.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist, ob der Kläger die beim dem Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhobenen Klagen in den Rechtssachen S 9 AS 1292/11 und S 9 AS 3015/11 wirksam zurückgenommen hat.
Der 1953 geborene Kläger bezieht von dem Beklagten fortdauernd Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II, vgl. Bewilligungsbescheid vom 1.2.2011 für den Zeitraum 1.3.2011 bis 31.8.2011, Bl. 183 Verwaltungsakte).
1. Mit einem dem Kläger persönlich übergebenen Bescheid vom 21.2.2011 (Bl. 194 Verwaltungsakte) erließ der Beklagte eine Eingliederungsvereinbarung per Verwaltungsakt, deren Festlegungen für die Zeit vom 21.2.2011 bis 30.7.2011 gelten sollten.
Hiergegen hat der Kläger keinen Widerspruch beim Beklagten, sondern am 23.3.2011 Klage zum SG erhoben und die Gewährung von Prozesskostenhilfe beantragt (Rechtssache S 9 AS 1292/11). Zur Begründung hat er u.a. ausgeführt, dass er die Rücknahme des Bescheids vom 21.2.2011 begehre, da ihn der Beklagte ihn in der Vergangenheit als psychisch krank und nicht vermittelbar bezeichnet habe (Bl. 95 Verwaltungsakte). Nachdem das SG um Durchführung des Vorverfahrens gebeten hatte, hat der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 29.9.2011 die Klageerhebung als Widerspruchseinlegung anerkannt und den Widerspruch wegen Fristversäumnis als unzulässig verworfen (Bl. 243 Verwaltungsakte). Den Widerspruchsbescheid hat der Kläger zum Gegenstand des Verfahrens gemacht. Mit Schreiben vom 21.10.2011 übersandte er die Entbindungserklärung vom 13.4.2011 mit dem Zusatz, der Antrag auf Prozesskostenhilfe könne ruhen, da er noch keinen Rechtsanwalt habe (Bl. 8 PKH-Akte).
2. Der Beklagte lud den Kläger mit Einladungsschreiben vom 10.5.2011 (Bl. 197a Verwaltungsakte) auf den 16.5.2011 ein. Der Kläger nahm diesen Termin nicht wahr. Daraufhin verfügte der Beklagte nach Anhörung (in der Folgeeinladung vom 9.6.2011, Bl. 198 Verwaltungsakte) mit Bescheid vom 14.6.2011 (Bl. 203 Verwaltungsakte) eine Minderung des Arbeitslosengeldes II im Zeitraum vom 1.7.2011 bis 30.9.2011 in Höhe von 36,40 Euro monatlich. Dieser Bescheid wurde ergänzt durch einen Änderungsbescheid vom 14.6.2011 (Bl. 206 Verwaltungsakte) und einen neuen Bewilligungsbescheid vom 17.6.2011 (Bl. 209 Verwaltungsakte), jeweils betreffend den Zeitraum 1.7.2011 bis 31.8.2011.
Hiergegen hat der Kläger wiederum keinen Widerspruch beim Beklagten, sondern am 18.7.2011 Klage zum SG erhoben und die Gewährung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung eines noch zu benennenden Rechtsanwalts beantragt (Rechtssache S 9 AS 3015/11) und zur Begründung einerseits erneut ausgeführt, der Beklagte habe ihn in der Vergangenheit als nicht vermittelbar angesehen; insoweit hätten sich keine Änderungen ergeben. Zum anderen hat er vorgetragen, dass er zwar weiterhin mietfrei wohne, aber nur noch 50 EUR/Monat Unterstützung von seiner Familie erhalte, statt 170 EUR, wie von dem Beklagten in den bisherigen Bewilligungsbescheiden als Einkommen ausgewiesen. Insoweit stünden ihm höhere Leistungen zu. Nachdem das SG wiederum um Durchführung des Vorverfahrens gebeten hatte, hat der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 29.9.2011 den Widerspruch als unbegründet zurückgewiesen (Bl. 258 Verwaltungsakte). Den Widerspruchsbescheid hat der Kläger zum Gegenstand des Verfahrens gemacht (Bl. 18 SG-Akte, Schreiben vom 26.10.2011).
3. Am 29.11.2011 fand in beiden Rechtssachen ein Termin zur Erörterung des Sachverhalts vor dem SG statt. In der Niederschrift (Bl. 44 SG-Akte S 9 AS 1292/11) heißt es u.a.:
"Nach Erörterung des Sach- und Streitstandes erklärt der Kläger,
»Ich empfinde nach wie vor durch das Vorgehen der Behörde mich ungerecht behandelt. Ich sehe aber gleichwohl keinen Sinn mehr an der Weiterführung des Rechtsstreits.«
Der Kläger erklärt sodann ausdrücklich trotz Hinweises des Kammervorsitzenden zu der Möglichkeit der Fortführung und anschließender Entscheidung des Rechtsstreits,
»Ich erkläre das Verfahren S 9 AS 1292/11 sowie das Verfahren S 9 AS 3015/11 für er- ledigt«.
- laut diktiert, vorgespielt und genehmigt –"
Mit Telefaxschreiben vom 21.12.2011 an das Landessozialgericht Baden-Württemberg hat der Kläger "Beschwerde" gegen das Verhalten des Kammervorsitzenden erhoben, die Rücknahme "der in den Mund gelegten" Erledigungserklärung und die Fortführung der Verfahren S 9 AS 1292/11 und S 9 AS 3015/11 beantragt. Der Kammervorsitzende habe den Standpunkt des Beklagten eingenommen und die Rechtmäßigkeit aller Maßnahmen und Verwaltungsakte des Beklagten suggeriert. Die Weiterführung des Rechtsstreits sei ihm daher sinnlos erschienen. Der Hinweis des Klägers auf Bl. 95 Verwaltungsakte, wonach der Beklagte ihn als psychisch krank und nicht vermittelbar einstufe, sei vom Kammervorsitzenden mit der Bemerkung abgetan worden, fünf Jahre später könne es auch anders sein. Sein Begehren nach höheren Leistungen wegen niedrigerem Einkommenszufluss sei gar nicht erörtert worden.
Das SG teilte dem Kläger mit, dass die Rechtssache S 9 AS 1292/11 nunmehr unter dem Az. S 9 AS 174/12 und die Rechtssache S 9 AS 3015/11 nunmehr unter dem Az. S 9 AS 171/12 geführt werde. Mit Beschluss vom 30.1.2012 hat das SG sodann die Verfahren S 9 AS 171/12 und S 9 AS 174/12 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung unter dem Aktenzeichen S 9 AS 171/12 verbunden.
Mit Gerichtsbescheid vom 1.2.2012 hat das SG festgestellt, dass die Klageverfahren S 9 AS 1292/11 und S 9 AS 3015/11 durch Klagerücknahme beendet worden seien. Die Klagen seien unzulässig, denn aufgrund der wirksamen Klagerücknahme vom 29.11.2011 seien der Bescheid vom 21.2.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29.9.2011 sowie der Bescheid vom 14.6.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29.9.2011 bestandskräftig geworden. Die Klagerücknahme habe den Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt. Die Erledigungserklärung des Klägers könne weder angefochten noch widerrufen werden. Dem Kläger sei die Bedeutung der Erklärung bewusst gewesen. Die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des Verfahrens würden nicht vorliegen.
Gegen den ihm am 4.2.2012 mit Postzustellungsurkunde zugestellten Gerichtsbescheid des SG hat der Kläger am 2.3.2012 Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt und sein bisheriges Vorbringen wiederholt und vertieft. Was als seine Erklärung im Protokoll stehe, sei vom Richter vorformuliert und ihm in den Mund gelegt worden. Das Verhalten des Richters sei wie das eines anwaltlichen Vertreters der Beklagten gewesen, wohingegen ihm trotz Antrags keine Prozesskostenhilfe bewilligt worden sei. Außerdem seien die Sanktionstatbestände des SGB II verfassungswidrig.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 1. Februar 2012 aufzuheben und unter Fortführung des Verfahrens S 9 AS 1292/11 den Bescheid der Beklagten vom 21. Februar 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29. September 2011 aufzuheben und unter Fortführung des Verfahrens S 9 AS 3015/11 die Beklagte unter Aufhebung der Bescheide vom 14. Juni 2011 und des Bescheids vom 17. Juni 2011, jeweils in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29. September 2011, zu verurteilen, ihm im Zeitraum vom 1. Juli 2011 bis 31. August 2011 ungemindertes Arbeitslosengeld II zu zahlen.
Der Beklagte beantragt sinngemäß,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Bezüglich weiterer Einzelheiten des Sachverhalts wird auf Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten sowie auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.
I.
Der Senat entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten gem. § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung.
Die form- und fristgerecht eingelegte (§ 151 Abs. 1 SGG) und statthafte (§ 143 SGG) Berufung ist zulässig. Ein Urteil, das über die Wirksamkeit einer Klagerücknahme entscheidet, kann nach den allgemeinen Regeln mit der Berufung angefochten werden.
II.
Die Berufung ist aber nicht begründet. Die Klageverfahren S 9 AS 1292/11 und S 9 AS 3015/11 sind durch die wirksame Rücknahme der Klage beendet worden, weshalb es auf die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide nicht mehr ankommt.
Über die Wirksamkeit einer Klagerücknahme ist in Fortsetzung des Klageverfahrens zu entscheiden, in dem diese erklärt wurde.
Nach § 102 Abs. 1 SGG kann die Klage bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung zurückgenommen werden. Die Klagerücknahme erledigt den Rechtsstreit in der Hauptsache (§ 102 Satz 2 SGG) mit der Folge, dass die angefochtenen Bescheide bestandskräftig geworden sind.
Diese Rechtswirkung ist vorliegend eingetreten. Der zur Überzeugung des Senats prozessfähige Kläger hat im Termin zur Erörterung des Sachverhalts am 29.11.2011 die Klagen in den Rechtssachen S 9 AS 1292/11 und S 9 AS 3015/11 wirksam zurückgenommen. Dies ergibt sich aus der Niederschrift über diesen Termin, der insofern Beweiskraft zukommt (vgl. § 122 SGG i.V.m. § 165 Zivilprozessordnung - ZPO). Die maßgeblichen Protokollierungsvorschriften des § 122 SGG i.V.m. §§ 160 Abs. 3 Nr. 8, 162 Abs. 2 und 3 ZPO sind gewahrt worden. Der Kammervorsitzende hat die Erledigungserklärung protokolliert und anschließend vermerkt, dass die Erledigungserklärung vorgelesen und vom Kläger genehmigt wurde.
Eine Erledigungserklärung ist – je nach Lage des Falles - als Klagerücknahme oder als Annahme eines Anerkenntnisses auszulegen (vgl. Sächsisches LSG, Urteil vom 6.5.2004 – L 3 AL 301/03; Bayerisches LSG, Urteil vom 31.1.2012 – L 13 R 931/11; vgl. zum Ganzen auch Hauck, Die Erledigungserklärung im sozialgerichtlichen Verfahren, SGb 2004, 407 (412); Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl. 2012, § 102 RdNr. 3). Im Falle des § 193 SGG entspricht die klägerische Erledigterklärung ohne vorheriges Anerkenntnis der Verwaltung – wie vorliegend – ohne weiteres einer Klagerücknahme (Hauck in Hennig, SGG, § 102 RdNr. 13 Stand April 2010). Zur Überzeugung des Senats war dem Kläger auch bewusst, dass die Erledigungserklärung in diesem Fall die Beendigung der Verfahren durch die Rücknahme der beiden Klagen nebst der PKH-Anträge bedeutete.
Die Rücknahme der Klage bzw. die Erledigungserklärung ist eine einseitige Prozesserklärung, die grundsätzlich weder widerrufen noch wegen Irrtums angefochten werden kann; eine Ausnahme hiervon ist nur möglich, wenn die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des Verfahrens nach den §§ 179, 180 SGG vorliegen (vgl. Senatsurteil vom 24.2.1999 – L 2 RJ 4585/98 m.w.N.; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O., § 102 RdNr. 7c m.w.N.). Dies ist vorliegend aber nicht der Fall. Ein gesetzlicher Restitutionsgrund im Sinne des § 179 Abs. 1 SGG i.V.m. § 580 ZPO (insbesondere: falsche eidliche Aussage des gegnerischen Prozessbeteiligten, Urkundenfälschung, strafbares falsches Zeugnis oder Gutachten, Urteilserschleichung, strafbare Amtspflichtverletzung eines Richters, Auffinden einer bisher unbekannten Urkunde) liegt nicht vor. Auch die besonderen Voraussetzungen der Restitutionsklage nach § 581 Abs. 1 ZPO sind nicht erfüllt. Ob ein Nichtigkeitsgrund im Sinne des § 579 ZPO ebenfalls einen Widerruf rechtfertigen könnte, kann dahingestellt bleiben, denn die in § 579 Abs. 1 ZPO aufgeführten Nichtigkeitsgründe (unvorschriftsmäßige Besetzung des Gerichts, Mitwirkung eines kraft Gesetzes ausgeschlossenen oder wegen Befangenheit abgelehnten Richters, den gesetzlichen Vorschriften nicht entsprechende Vertretung eines Beteiligten) liegen nicht vor.
Zwar können auch Prozesshandlungen grundsätzlich im Verlauf des weiteren Verfahrens widerrufen, ergänzt, geändert oder berichtigt werden, dies gilt jedoch nur, solange der Rechtsstreit anhängig ist (vgl. Senatsurteil vom 11.7.2012 – L 2 SO 2207/12 m.w.N.). Die Klagerücknahme erledigt aber den Rechtsstreit in der Hauptsache und führt damit auch ex nunc zum Ende der Rechtshängigkeit (sog. "Jetztwirkung", vgl. BSG, Urteil vom 30.4.1979 - 8b/3 RK 36/77 - BSGE 48, 164 = SozR 5310 § 6 Nr. 1; Hauck in Hennig, SGG, § 102 RdNr. 24 Stand April 2010).
Unwiderruflich und nicht abänderungsfähig sind darüber hinaus solche Prozesshandlungen, durch die der Prozessgegner eine bestimmte Rechtsstellung erlangt oder aufgrund der er seine Rechtsstellung eingerichtet hat (vgl. Bundesfinanzhof, Beschluss vom 8.8.1991 – VI B 134/90 = BFH/NV 1992, 49; Bayerisches LSG, Urteil vom 16.10.2001 – L 15 V 37/01). Dies ist bei einer Klagerücknahme durch Erledigungserklärung der Fall, da die angefochtenen Bescheide der Verwaltung bestandskräftig werden.
Letztlich finden auch die Regeln der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 67 SGG) keine Anwendung. Dieses Rechtsinstitut ist auf die Zulassung versäumter und verspätet nachgeholter Prozesshandlungen gerichtet (vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl. 2012, § 67 RdNr. 1), es dient hingegen nicht dem Widerruf bereits wirksam abgegebener Prozesserklärungen.
Auch die Anträge auf Prozesskostenhilfe (PKH) sind im Erörterungstermin konkludent mit der Erledigungserklärung zurückgenommen worden, auch wenn das SG dies nicht protokolliert hat. Dies ergibt sich aus den äußeren Umständen. Der Kläger hat selbst im Verfahren S 9 AS 1292/11 erklärt (Bl. 8 PKH-SG-Akte), sein PKH-Antrag könne ruhen, da er noch keinen Anwalt habe; auch im Verfahren S 9 AS 3015/11 hat er darauf hingewiesen, dass er noch keinen Anwalt habe; insoweit kann er jetzt nicht im Nachhinein rügen, dass das SG nicht vor dem Erörterungstermin über seinen Antrag auf PKH entschieden hat. Sein Ruhenshinweis in der Sache S 9 AS 1292/11 betraf denselben Grund wie im Verfahren S 9 AS 3015/11, insoweit war auch Sicht des SG noch nicht über die Anträge zu entscheiden. Auch hat der Kläger in seinem Beschwerdeschreiben vom 21.12.2011 mit keinem Wort gerügt, dass noch Anträge auf PKH offen seien. Dies zeigt zur Überzeugung des Senats, dass auch er davon ausging, dass die Anträge nicht mehr existent waren. Eine Verletzung rechtlichen Gehörs liegt nicht vor.
Wegen der wirksam vom Kläger erklärten Klagerücknahme und der dadurch bewirkten Erledigung des Rechtsstreits ist es dem Senat verwehrt, die materiell-rechtlichen Fragen, die der Kläger angesprochen hat, zu prüfen. Dies betrifft zum einen die Frage, ob die Eingliederungsvereinbarung rechtmäßig war und ob der Beklagte, der den Kläger 2006 als psychisch krank und nicht vermittelbar erachtet und in der vorigen Eingliederungsvereinbarung vom 5.1.2011 als Ziel lediglich "Stabilisierung des Gesundheitszustands" des Klägers benannt hatte, zunächst von Amts wegen Ermittlungen zum Gesundheitszustand des Klägers anstellen (§ 20 SGB X) und unter Beteiligung des für das SGB II zuständigen Reha-Trägers (§ 6a SGB IX) einen etwaigen Rehabilitationsbedarf hätte prüfen müssen. Auch der Zweck der Einladung auf den 16.5.2011 und die Frage, ob der Kläger ggf. einen wichtigen Grund hatte, der Einladung nicht Folge zu leisten, kann insoweit vom Senat nicht mehr geprüft werden. Auch die Frage, welche verfahrensrechtlichen Auswirkungen es ggf. gehabt hätte, dass der Kläger seine behandelnden Ärzte bislang nicht von der Schweigepflicht entbunden hatte, muss offen bleiben. Ebenfalls ist wegen der Bestandskraft der Bescheide im hier streitigen Zeitraum 1.7. bis 31.8.2011 nicht mehr zu prüfen, ob und welchen Einkommenszufluss der Kläger tatsächlich hatte. Der Beklagte wird im Rahmen der laufenden Bewilligung jedoch diesen Sachvortrag des Klägers zur Kenntnis nehmen und ggf. von Amts wegen (§ 20 SGB X) zu ermitteln haben, ob und in welcher Höhe ein Zufluss tatsächlich stattfindet und dies bei der Bewilligung der Leistungen berücksichtigen.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht erfüllt sind.
Rechtskraft
Aus
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