Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 2 R 3457/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 R 3034/12 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Heilbronn vom 03. Juli 2012 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Klägerin begehrt die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das beim Sozialgericht Heilbronn (SG) anhängige Klageverfahren S 2 R 3457/11. In diesem Verfahren ist der Bescheid der Beklagten vom 11. März 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. August 2011, mit dem die Beklagte den Antrag der Klägerin auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung abgelehnt hat, im Streit.
Die am 1983 geborene Klägerin war im Zusammenhang mit der von ihr absolvierten Ausbildung zur Kauffrau im Einzelhandel in der Zeit vom 01. September 2000 bis 24. Januar 2003 versicherungspflichtig beschäftigt. Für die Zeit vom 25. Januar 2003 bis 31. März 2006 ist ausweislich der Verfahrensdokumentation der Beklagten vom 12. März 2010 eine Anrechnungszeit wegen Schwangerschaft/Mutterschutz bzw. Zeit der Pflichtversicherung wegen Kindererziehung und außerdem vom 01. August 2005 bis 28. Februar 2006 eine geringfügige Beschäftigung, vom 01. April bis 19. September 2006 eine Zeit der Arbeitslosigkeit und vom 20. September 2006 bis 31. Oktober 2009 erneut eine Zeit der Schwangerschaft/Mutterschutz bzw. der Kindererziehung vermerkt. Daneben bezog die Klägerin vom 01. September 2008 bis 31. August 2009 Arbeitslosengeld II. Nach der im Zusammenhang mit dem Prozesskostenhilfeantrag dem SG vorgelegten Abrechnung der Brutto/Netto-Bezüge für April 2012 ist die Klägerin seit 01. April 2011 bei ihrem Lebensgefährten A. P. versicherungspflichtig beschäftigt und erhielt im April 2012 ein Gehalt in Höhe von EUR 410,00 brutto.
Im Januar 2009 erlitt die Klägerin beim Dartspielen eine Luxation der Kniescheibe. Die Kniescheibe wurde sofort reponiert. Am 18. März 2009 wurde außerdem eine offene mediale Raffungsoperation und am 06. Mai 2009 eine Narkosemobilisation durchgeführt.
Am 02. Dezember 2009 beantragte die Klägerin bei der Beklagten Rente wegen Erwerbsminderung. Sie gab an, sich wegen einer starken Beeinträchtigung im linken Knie seit 25. Januar 2009 für erwerbsgemindert zu halten und fügte dem Antrag den ärztlichen Befundbericht zum Rehabilitationsantrag von Dr. R. vom 26. Mai 2009 und den Operations- sowie Entlassungsbericht des Orthopäden Dr. S. über die am 06. Mai 2009 erfolgte Narkosemobilisation und den damit im Zusammenhang stehenden stationären Aufenthalt in der Klinik Dr. M./Dr. S. bei. Im weiteren Verlauf reichte sie den Arztbrief des Radiologen Dr. St. vom 05. Februar 2009 und den Operationsbericht des Dr. S. vom 18. März 2009 nach. Die Beklagte veranlasste eine sozialmedizinische Begutachtung durch den Orthopäden L ... Aufgrund der Untersuchung der Klägerin am 11. Februar 2010 diagnostizierte er in seinem Gutachten vom 16. Februar 2010 bei einer Kniegelenksbeweglichkeit links für die Flexion/Extension von 30/0/0 ° einen Zustand nach Patellaluxation mit persistierender Ankylose und Verdacht auf Algodystrophie des linken Knies und als nicht orthopädische Diagnosen eine Adipositas permagna und eine Varikosis beider Beine. Der Klägerin sei aufgrund der Bewegungseinschränkung des linken Kniegelenkes eine Tätigkeit als Verkäuferin mit viel Stehen, Laufen und Auffüllen der Regale nicht möglich. Körperlich leichte Arbeiten mit kurzen Wegstrecken und im Wechsel von Sitzen, Laufen und Stehen seien jedoch sechs Stunden und mehr täglich durchführbar. Mit Bescheid vom 11. März 2010 lehnte die Beklagte daraufhin den Rentenantrag der Klägerin ab. Im Widerspruchsverfahren trug die Klägerin vor, sie sei nicht mehr in der Lage, mindestens drei Stunden am Tag erwerbstätig zu sein. Aufgrund der Patellaluxation liege nicht nur eine Bewegungseinschränkung des linken Kniegelenkes vor, vielmehr dürfte das linke Bein nahezu fest versteift sein. Darüber hinaus habe sie ständig sehr große Schmerzen im linken Knie und müsse regelmäßig starke Schmerzmittel einnehmen, wodurch ihre Konzentrationsfähigkeit erheblich eingeschränkt sei. Ihr sei es nicht möglich mehr als 600 Meter - unter erheblichen Anstrengungen - zu laufen und auch das Sitzen von mehr als einer halben Stunde sei ihr nicht möglich. Zwischenzeitlich sei im linken Knie auch eine leichte Verschmälerung des medialen Gelenkspalts mit subchondraler Sklerosierung eingetreten. Des Weiteren komme es zu einer gelenknahen Entkalkung des Kniegelenks, insbesondere des lateralen Femurkondylus. Die Beklagte zog Befundberichte der Orthopäden Dr. Sc. und Dr. G bei. Dr. Sc. berichtete unter dem 14. September 2010, dass die Klägerin zuletzt im Februar 2009 in seiner Behandlung gestanden sei. Dr. G führte unter dem 06. Oktober 2010 aus, die Klägerin leide an einem femoropatellaren Syndrom links, einer Patellaluxation links und einer Arthrofibrose mit Extension/Flexion 60/0/0 °. Im Anschluss daran veranlasste die Beklagte eine weitere Begutachtung der Klägerin durch den Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. W., der in seinem neurologisch-psychiatrischen Gutachten vom 10. Dezember 2010 keine Diagnosen auf nervenärztlichem Gebiet fand. Mit Widerspruchsbescheid vom 19. August 2011 wies die bei der Beklagten gebildete Widerspruchsstelle den Widerspruch der Klägerin hierauf zurück.
Die Klägerin erhob am 22. September 2011 Klage zum SG und beantragte am 17. November 2011 Prozesskostenhilfe für das Klageverfahren. Zur Begründung trug sie vor, sie könne keine Tätigkeit von drei Stunden und mehr täglich ausüben. Ihre Kniegelenksbeweglichkeit sei bis zum heutigen Tag erheblich eingeschränkt und sie leide unter Schmerzen. Im Jahr 2010 habe sie deshalb zwei- bis dreimal pro Tag Aspirin benötigt. Dies habe sich ebenfalls im Wesentlichen nicht gebessert. Bis heute sei sie auch nicht in der Lage, mehr als 600 m am Stück zu laufen.
Die Beklagte trat der Klage entgegen.
Mit Beschluss vom 03. Juli 2012 lehnte das SG den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ab. Die Klage der Klägerin habe keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Die Ermittlungen der Beklagten hätten ergeben, dass die bei der Klägerin vorliegende Erkrankung zwar zu Leistungseinschränkungen führe, aber keine Erwerbsminderung, auch nicht teilweise, im Sinne der §§ 43 Abs. 1 und Abs. 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) begründe. Die Schlussfolgerung des Orthopäden L. sei schlüssig und plausibel. Dr. W. habe in seinem neurologisch-psychiatrischen Gutachten auf nervenärztlichem Fachgebiet keine weitergehenden Erkrankungen feststellen können.
Gegen den am 09. Juli 2012 zugestellten Beschluss hat die Klägerin am 11. Juli 2012 Beschwerde zum Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt. Ihre Beschwerden führten dazu, dass bei ihr eine volle - zumindest aber eine teilweise - Erwerbsminderung gegeben sei. Die Schmerzen, die sie aufgrund der Beeinträchtigung im linken Kniegelenk habe, seien so erheblich, dass ihr keine Berufsausübung - auch nicht eine überwiegend sitzende - möglich sei. Durch die Schmerzen könne sie sich auch nicht in hinreichendem Maße konzentrieren. Eine Erfolgsaussicht der Klage lasse sich nicht verneinen.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
den Beschluss des Sozialgerichts Heilbronn vom 03. Juli 2012 aufzuheben und ihr für das Klageverfahren S 2 R 3457/11 vor dem Sozialgericht Heilbronn Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung unter Beiordnung von Rechtsanwalt A. H., Ö., zu gewähren.
Die Beklagte hat keinen Antrag gestellt.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten und die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde der Klägerin ist zulässig. Sie ist form- und fristgerecht eingelegt worden. Sie ist auch nicht nach § 172 Abs. 3 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in der ab 01. April 2008 geltenden Fassung ausgeschlossen, denn der Beschwerdeausschluss gilt danach nur, wenn - was hier nicht der Fall ist - das Gericht ausschließlich die persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe verneint hat.
Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet. Das SG hat die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Klageverfahren S 2 R 3457/11 zu Recht abgelehnt.
Nach § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 114 Satz 1 Zivilprozessordnung (ZPO) erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Eine hinreichende Erfolgsaussicht ist gegeben, wenn bei summarischer Prüfung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht eine gewisse Erfolgsaussicht besteht. Ist ein Erfolg in der Hauptsache zwar nicht schlechthin ausgeschlossen, die Erfolgschance allerdings nur eine entfernte, ist die Bewilligung von Prozesskostenhilfe abzulehnen (vgl. Bundesverfassungsgericht [BVerfG] BVerfGE 81, 347; Bundessozialgericht [BSG] SozR 3-1500 § 62 Nr. 19). Im Rahmen des Prozesskostenhilfeverfahrens ist im begrenzten Maße auch eine vorweggenommene Beweiswürdigung zulässig (vgl. BVerfG, NJW 1997, 2745; Bundesgerichtshof [BGH] NJW 1994, 1160).
Nach diesen Kriterien hat das SG die hinreichende Erfolgsaussicht der auf Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung gerichteten Klage zutreffend verneint. Die hier zugrunde liegende Klage kann aufgrund des derzeitigen Sach- und Streitstandes keinen Erfolg haben. Gestützt auf die von der Beklagten eingeholten Gutachten des Orthopäden L. und des Dr. W. sowie die Befundberichte des Dr. Sc. und Dr. G lässt sich eine Erwerbsminderung der Klägerin nicht begründen.
Versicherte haben nach § 43 Abs. 2 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung und nach § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze (insoweit mit Wirkung zum 01. Januar 2008 geändert durch Artikel 1 Nr. 12 RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz vom 20. April 2007, BGBl. I, S. 554), wenn sie voll bzw. teilweise erwerbsgemindert sind (Nr. 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr. 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr. 3). Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Sowohl für die Rente wegen teilweiser als auch für die Rente wegen voller Erwerbsminderung ist Voraussetzung, dass die Erwerbsfähigkeit durch Krankheit oder Behinderung gemindert sein muss. Entscheidend ist darauf abzustellen, in welchem Umfang ein Versicherter durch Krankheit oder Behinderung in seiner körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt wird und in welchem Umfang sich eine Leistungsminderung auf die Fähigkeit, erwerbstätig zu sein, auswirkt. Bei einem Leistungsvermögen, das dauerhaft eine Beschäftigung von mindestens sechs Stunden täglich bezogen auf eine Fünf-Tage-Woche ermöglicht, liegt keine Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs. 1 und Abs. 2 SGB VI vor. Wer noch sechs Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts arbeiten kann, ist nicht erwerbsgemindert; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI).
Orthopäde L. hat die bei der Klägerin vorliegenden Beschwerden von seiten des linken Kniegelenkes untersucht und schlüssig und nachvollziehbar hieraus abgeleitet, dass die Klägerin, die zum Zeitpunkt der Untersuchung das linke Knie zwischen 30/0/0 ° für die Flexion/Extension bewegen konnte, leichte Arbeiten mit kurzen Wegstrecken im Bewegungswechsel mindestens sechs Stunden täglich verrichten kann. Hierbei hat er auch die von der Klägerin beklagten Schmerzen berücksichtigt und nicht außer Acht gelassen, dass die Klägerin zwei- bis dreimal pro Tag Aspirin benötigt. Etwas anderes folgt auch nicht aus dem von Dr. W. erstatteten Gutachten, demgegenüber die Klägerin auch über Schmerzen klagte und hierbei angab, sie nehme Ibuprofen bei Bedarf ein. Dr. W. fand in seinem ebenfalls ausführlichen und wohlbegründeten Gutachten keine Erkrankung auf nervenärztlichem Fachgebiet. Auch eine Schmerzerkrankung hat er nicht diagnostiziert, wobei dies mit Blick darauf, dass die Klägerin sich nicht in Schmerzbehandlung befindet und Ibuprofen nur bei Bedarf einnimmt, schlüssig und plausibel ist. Auch aus den eingeholten Befundberichten bei Dr. Sc., bei dem sich die Klägerin seit Februar 2009 nicht mehr in Behandlung befindet, und bei Dr. G, der im Vergleich zu dem Orthopäden L. sogar einen verbesserten Wert für die Extension/Flexion von 60/0/0 ° angibt, ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass bei der Klägerin eine Erwerbsminderung der Gestalt vorliegt, dass sie auch leichte Tätigkeiten im Bewegungswechsel und unter Berücksichtigung der aufgrund der Bewegungseinschränkung im linken Knie sich ergebenden Einschränkungen nicht mehr mindestens sechs Stunden täglich verrichten könnte. Etwas anderes lässt sich insoweit auch nicht auf den Vortrag der Klägerin im Klageverfahren und nunmehrigen Beschwerdeverfahren stützen. Hieraus folgt keine Verschlechterung des Zustands der Klägerin nachdem nur auf die bekannten Beschwerden von seiten des linken Kniegelenkes und die Schmerzen, die die Einnahme von zwei- bis dreimal pro Tag Aspirin erforderten, verwiesen wird.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 73a Abs. 1 Satz 1 SGG, 127 Abs. 4 ZPO.
Dieser Beschluss kann nicht mit der (weiteren) Beschwerde angefochten werden (§ 177 SGG).
Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Klägerin begehrt die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das beim Sozialgericht Heilbronn (SG) anhängige Klageverfahren S 2 R 3457/11. In diesem Verfahren ist der Bescheid der Beklagten vom 11. März 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. August 2011, mit dem die Beklagte den Antrag der Klägerin auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung abgelehnt hat, im Streit.
Die am 1983 geborene Klägerin war im Zusammenhang mit der von ihr absolvierten Ausbildung zur Kauffrau im Einzelhandel in der Zeit vom 01. September 2000 bis 24. Januar 2003 versicherungspflichtig beschäftigt. Für die Zeit vom 25. Januar 2003 bis 31. März 2006 ist ausweislich der Verfahrensdokumentation der Beklagten vom 12. März 2010 eine Anrechnungszeit wegen Schwangerschaft/Mutterschutz bzw. Zeit der Pflichtversicherung wegen Kindererziehung und außerdem vom 01. August 2005 bis 28. Februar 2006 eine geringfügige Beschäftigung, vom 01. April bis 19. September 2006 eine Zeit der Arbeitslosigkeit und vom 20. September 2006 bis 31. Oktober 2009 erneut eine Zeit der Schwangerschaft/Mutterschutz bzw. der Kindererziehung vermerkt. Daneben bezog die Klägerin vom 01. September 2008 bis 31. August 2009 Arbeitslosengeld II. Nach der im Zusammenhang mit dem Prozesskostenhilfeantrag dem SG vorgelegten Abrechnung der Brutto/Netto-Bezüge für April 2012 ist die Klägerin seit 01. April 2011 bei ihrem Lebensgefährten A. P. versicherungspflichtig beschäftigt und erhielt im April 2012 ein Gehalt in Höhe von EUR 410,00 brutto.
Im Januar 2009 erlitt die Klägerin beim Dartspielen eine Luxation der Kniescheibe. Die Kniescheibe wurde sofort reponiert. Am 18. März 2009 wurde außerdem eine offene mediale Raffungsoperation und am 06. Mai 2009 eine Narkosemobilisation durchgeführt.
Am 02. Dezember 2009 beantragte die Klägerin bei der Beklagten Rente wegen Erwerbsminderung. Sie gab an, sich wegen einer starken Beeinträchtigung im linken Knie seit 25. Januar 2009 für erwerbsgemindert zu halten und fügte dem Antrag den ärztlichen Befundbericht zum Rehabilitationsantrag von Dr. R. vom 26. Mai 2009 und den Operations- sowie Entlassungsbericht des Orthopäden Dr. S. über die am 06. Mai 2009 erfolgte Narkosemobilisation und den damit im Zusammenhang stehenden stationären Aufenthalt in der Klinik Dr. M./Dr. S. bei. Im weiteren Verlauf reichte sie den Arztbrief des Radiologen Dr. St. vom 05. Februar 2009 und den Operationsbericht des Dr. S. vom 18. März 2009 nach. Die Beklagte veranlasste eine sozialmedizinische Begutachtung durch den Orthopäden L ... Aufgrund der Untersuchung der Klägerin am 11. Februar 2010 diagnostizierte er in seinem Gutachten vom 16. Februar 2010 bei einer Kniegelenksbeweglichkeit links für die Flexion/Extension von 30/0/0 ° einen Zustand nach Patellaluxation mit persistierender Ankylose und Verdacht auf Algodystrophie des linken Knies und als nicht orthopädische Diagnosen eine Adipositas permagna und eine Varikosis beider Beine. Der Klägerin sei aufgrund der Bewegungseinschränkung des linken Kniegelenkes eine Tätigkeit als Verkäuferin mit viel Stehen, Laufen und Auffüllen der Regale nicht möglich. Körperlich leichte Arbeiten mit kurzen Wegstrecken und im Wechsel von Sitzen, Laufen und Stehen seien jedoch sechs Stunden und mehr täglich durchführbar. Mit Bescheid vom 11. März 2010 lehnte die Beklagte daraufhin den Rentenantrag der Klägerin ab. Im Widerspruchsverfahren trug die Klägerin vor, sie sei nicht mehr in der Lage, mindestens drei Stunden am Tag erwerbstätig zu sein. Aufgrund der Patellaluxation liege nicht nur eine Bewegungseinschränkung des linken Kniegelenkes vor, vielmehr dürfte das linke Bein nahezu fest versteift sein. Darüber hinaus habe sie ständig sehr große Schmerzen im linken Knie und müsse regelmäßig starke Schmerzmittel einnehmen, wodurch ihre Konzentrationsfähigkeit erheblich eingeschränkt sei. Ihr sei es nicht möglich mehr als 600 Meter - unter erheblichen Anstrengungen - zu laufen und auch das Sitzen von mehr als einer halben Stunde sei ihr nicht möglich. Zwischenzeitlich sei im linken Knie auch eine leichte Verschmälerung des medialen Gelenkspalts mit subchondraler Sklerosierung eingetreten. Des Weiteren komme es zu einer gelenknahen Entkalkung des Kniegelenks, insbesondere des lateralen Femurkondylus. Die Beklagte zog Befundberichte der Orthopäden Dr. Sc. und Dr. G bei. Dr. Sc. berichtete unter dem 14. September 2010, dass die Klägerin zuletzt im Februar 2009 in seiner Behandlung gestanden sei. Dr. G führte unter dem 06. Oktober 2010 aus, die Klägerin leide an einem femoropatellaren Syndrom links, einer Patellaluxation links und einer Arthrofibrose mit Extension/Flexion 60/0/0 °. Im Anschluss daran veranlasste die Beklagte eine weitere Begutachtung der Klägerin durch den Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. W., der in seinem neurologisch-psychiatrischen Gutachten vom 10. Dezember 2010 keine Diagnosen auf nervenärztlichem Gebiet fand. Mit Widerspruchsbescheid vom 19. August 2011 wies die bei der Beklagten gebildete Widerspruchsstelle den Widerspruch der Klägerin hierauf zurück.
Die Klägerin erhob am 22. September 2011 Klage zum SG und beantragte am 17. November 2011 Prozesskostenhilfe für das Klageverfahren. Zur Begründung trug sie vor, sie könne keine Tätigkeit von drei Stunden und mehr täglich ausüben. Ihre Kniegelenksbeweglichkeit sei bis zum heutigen Tag erheblich eingeschränkt und sie leide unter Schmerzen. Im Jahr 2010 habe sie deshalb zwei- bis dreimal pro Tag Aspirin benötigt. Dies habe sich ebenfalls im Wesentlichen nicht gebessert. Bis heute sei sie auch nicht in der Lage, mehr als 600 m am Stück zu laufen.
Die Beklagte trat der Klage entgegen.
Mit Beschluss vom 03. Juli 2012 lehnte das SG den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ab. Die Klage der Klägerin habe keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Die Ermittlungen der Beklagten hätten ergeben, dass die bei der Klägerin vorliegende Erkrankung zwar zu Leistungseinschränkungen führe, aber keine Erwerbsminderung, auch nicht teilweise, im Sinne der §§ 43 Abs. 1 und Abs. 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) begründe. Die Schlussfolgerung des Orthopäden L. sei schlüssig und plausibel. Dr. W. habe in seinem neurologisch-psychiatrischen Gutachten auf nervenärztlichem Fachgebiet keine weitergehenden Erkrankungen feststellen können.
Gegen den am 09. Juli 2012 zugestellten Beschluss hat die Klägerin am 11. Juli 2012 Beschwerde zum Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt. Ihre Beschwerden führten dazu, dass bei ihr eine volle - zumindest aber eine teilweise - Erwerbsminderung gegeben sei. Die Schmerzen, die sie aufgrund der Beeinträchtigung im linken Kniegelenk habe, seien so erheblich, dass ihr keine Berufsausübung - auch nicht eine überwiegend sitzende - möglich sei. Durch die Schmerzen könne sie sich auch nicht in hinreichendem Maße konzentrieren. Eine Erfolgsaussicht der Klage lasse sich nicht verneinen.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
den Beschluss des Sozialgerichts Heilbronn vom 03. Juli 2012 aufzuheben und ihr für das Klageverfahren S 2 R 3457/11 vor dem Sozialgericht Heilbronn Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung unter Beiordnung von Rechtsanwalt A. H., Ö., zu gewähren.
Die Beklagte hat keinen Antrag gestellt.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten und die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde der Klägerin ist zulässig. Sie ist form- und fristgerecht eingelegt worden. Sie ist auch nicht nach § 172 Abs. 3 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in der ab 01. April 2008 geltenden Fassung ausgeschlossen, denn der Beschwerdeausschluss gilt danach nur, wenn - was hier nicht der Fall ist - das Gericht ausschließlich die persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe verneint hat.
Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet. Das SG hat die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Klageverfahren S 2 R 3457/11 zu Recht abgelehnt.
Nach § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 114 Satz 1 Zivilprozessordnung (ZPO) erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Eine hinreichende Erfolgsaussicht ist gegeben, wenn bei summarischer Prüfung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht eine gewisse Erfolgsaussicht besteht. Ist ein Erfolg in der Hauptsache zwar nicht schlechthin ausgeschlossen, die Erfolgschance allerdings nur eine entfernte, ist die Bewilligung von Prozesskostenhilfe abzulehnen (vgl. Bundesverfassungsgericht [BVerfG] BVerfGE 81, 347; Bundessozialgericht [BSG] SozR 3-1500 § 62 Nr. 19). Im Rahmen des Prozesskostenhilfeverfahrens ist im begrenzten Maße auch eine vorweggenommene Beweiswürdigung zulässig (vgl. BVerfG, NJW 1997, 2745; Bundesgerichtshof [BGH] NJW 1994, 1160).
Nach diesen Kriterien hat das SG die hinreichende Erfolgsaussicht der auf Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung gerichteten Klage zutreffend verneint. Die hier zugrunde liegende Klage kann aufgrund des derzeitigen Sach- und Streitstandes keinen Erfolg haben. Gestützt auf die von der Beklagten eingeholten Gutachten des Orthopäden L. und des Dr. W. sowie die Befundberichte des Dr. Sc. und Dr. G lässt sich eine Erwerbsminderung der Klägerin nicht begründen.
Versicherte haben nach § 43 Abs. 2 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung und nach § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze (insoweit mit Wirkung zum 01. Januar 2008 geändert durch Artikel 1 Nr. 12 RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz vom 20. April 2007, BGBl. I, S. 554), wenn sie voll bzw. teilweise erwerbsgemindert sind (Nr. 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr. 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr. 3). Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Sowohl für die Rente wegen teilweiser als auch für die Rente wegen voller Erwerbsminderung ist Voraussetzung, dass die Erwerbsfähigkeit durch Krankheit oder Behinderung gemindert sein muss. Entscheidend ist darauf abzustellen, in welchem Umfang ein Versicherter durch Krankheit oder Behinderung in seiner körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt wird und in welchem Umfang sich eine Leistungsminderung auf die Fähigkeit, erwerbstätig zu sein, auswirkt. Bei einem Leistungsvermögen, das dauerhaft eine Beschäftigung von mindestens sechs Stunden täglich bezogen auf eine Fünf-Tage-Woche ermöglicht, liegt keine Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs. 1 und Abs. 2 SGB VI vor. Wer noch sechs Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts arbeiten kann, ist nicht erwerbsgemindert; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI).
Orthopäde L. hat die bei der Klägerin vorliegenden Beschwerden von seiten des linken Kniegelenkes untersucht und schlüssig und nachvollziehbar hieraus abgeleitet, dass die Klägerin, die zum Zeitpunkt der Untersuchung das linke Knie zwischen 30/0/0 ° für die Flexion/Extension bewegen konnte, leichte Arbeiten mit kurzen Wegstrecken im Bewegungswechsel mindestens sechs Stunden täglich verrichten kann. Hierbei hat er auch die von der Klägerin beklagten Schmerzen berücksichtigt und nicht außer Acht gelassen, dass die Klägerin zwei- bis dreimal pro Tag Aspirin benötigt. Etwas anderes folgt auch nicht aus dem von Dr. W. erstatteten Gutachten, demgegenüber die Klägerin auch über Schmerzen klagte und hierbei angab, sie nehme Ibuprofen bei Bedarf ein. Dr. W. fand in seinem ebenfalls ausführlichen und wohlbegründeten Gutachten keine Erkrankung auf nervenärztlichem Fachgebiet. Auch eine Schmerzerkrankung hat er nicht diagnostiziert, wobei dies mit Blick darauf, dass die Klägerin sich nicht in Schmerzbehandlung befindet und Ibuprofen nur bei Bedarf einnimmt, schlüssig und plausibel ist. Auch aus den eingeholten Befundberichten bei Dr. Sc., bei dem sich die Klägerin seit Februar 2009 nicht mehr in Behandlung befindet, und bei Dr. G, der im Vergleich zu dem Orthopäden L. sogar einen verbesserten Wert für die Extension/Flexion von 60/0/0 ° angibt, ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass bei der Klägerin eine Erwerbsminderung der Gestalt vorliegt, dass sie auch leichte Tätigkeiten im Bewegungswechsel und unter Berücksichtigung der aufgrund der Bewegungseinschränkung im linken Knie sich ergebenden Einschränkungen nicht mehr mindestens sechs Stunden täglich verrichten könnte. Etwas anderes lässt sich insoweit auch nicht auf den Vortrag der Klägerin im Klageverfahren und nunmehrigen Beschwerdeverfahren stützen. Hieraus folgt keine Verschlechterung des Zustands der Klägerin nachdem nur auf die bekannten Beschwerden von seiten des linken Kniegelenkes und die Schmerzen, die die Einnahme von zwei- bis dreimal pro Tag Aspirin erforderten, verwiesen wird.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 73a Abs. 1 Satz 1 SGG, 127 Abs. 4 ZPO.
Dieser Beschluss kann nicht mit der (weiteren) Beschwerde angefochten werden (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
Saved