Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 8 R 934/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 2 R 3055/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 30. Mai 2011 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt Erwerbsminderungsrente von der Beklagten.
Die 1955 geborene Klägerin ist gelernte Einzelhandelskauffrau und war in diesem Beruf von 1973 bis 1988 beschäftigt. Zuletzt war sie bis 2003 als Textilfachfrau bzw. Textilreinigerin im S. S. versicherungspflichtig beschäftigt. Danach bezog sie bis 2008 Leistungen wegen Arbeitslosigkeit.
Im März 2009 beantragte sie bei der Beklagten die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsmin-derung. Sie gab an, sie sei nicht mehr in der Lage zu arbeiten, da sie mit ihrem Rücken und ihren Augen (Schwindelgefühle und Gleichgewichtsprobleme) sowie vor allem mit den Nerven große Probleme habe.
Die Beklagte zog Befundberichte der behandelnden Ärzte bei und veranlasste eine chirurgische Begutachtung. Im Gutachten vom 22.7.2009 beschrieb Dr. R. folgende Gesundheitsstörungen: - rezidivierende Wirbelsäulenbeschwerden bei degenerativen Veränderungen, - Kalksalzminderung und Zustand nach Fraktur der Brustwirbelkörper Th7 und Th5 (Juni 2009), keine Wurzelreizzeichen, - rezidivierender Schwindel unklarer Genese. Die Frakturen seien fest. Es bestünden nur leichte Funktionseinschränkungen von LWS und BWS. Die Klägerin könne keine schweren, jedoch leichte bis mittelschwere Tätigkeiten bei Berücksichtigung von qualitativen Einschränkungen (ohne Zwangshaltungen) sechs Stunden und mehr täglich verrichten.
Die Beklagte lehnte den Rentenantrag der Klägerin mit Bescheid vom 28.7.2009 (Bl. 42 Verwaltungsakte) ab, da weder volle noch teilweise Erwerbsminderung vorliege.
Die Klägerin erhob hiergegen am 3.8.2009 Widerspruch mit der Begründung, sie sei überhaupt nicht mehr in der Lage zu arbeiten. Sie könne aufgrund erheblicher Rückenschmerzen noch nicht einmal ihren Haushalt führen. Sie müsse sich immer wieder für kurze Zeit hinlegen. Sie könne auch weder lange sitzen noch lange stehen und schon gar nicht schwer heben. Sie legte einen Befundbericht ihres behandelnden Orthopäden Dr. B. vom 11.10.2009 (M 11 Verwaltungsakte) vor, in welchem es u.a. heißt, dass schweres Heben und Tragen nicht mehr möglich seien.
In einer beratungsärztlichen Stellungnahme vom 26.10.2009 (M 12 Verwaltungsakte) erklärte Dr. K., dass leichte bis mittelschwere Tätigkeiten zumutbar seien; der Befundbericht Dr. B.s widerspreche dem nicht.
Die Beklagte wies den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 13.1.2010 (Bl. 54 Verwaltungsakte) zurück. Die Klägerin würde zwar unter rezidivierenden Wirbelsäulen-beschwerden bei degenerativen Veränderungen, Kalksalzminderung und Zustand nach Fraktur Th7 und Th5 (Juni 2009) leiden; es bestünden jedoch keine Wurzelreizzeichen und nur leichte Funktionseinschränkungen. Damit könne die Klägerin leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt bei Berücksichtigung qualitativer Einschränkungen mindestens sechs Stunden täglich verrichten. Sie habe auch keinen Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit, da für sie die zuletzt ausgeübte Beschäftigung als Textilreinigerin maßgeblich sei. Diese sei dem Leitberuf eines ungelernten Arbeiters zuzuweisen, so dass es der Benennung eines Verweisungsberufes nicht bedürfe.
Hiergegen hat die Klägerin am 15.2.2010 Klage zum Sozialgericht Stuttgart (SG) erhoben und zur Begründung ausgeführt, sie sei nicht mehr in der Lage, täglich sechs Stunden zu arbeiten. Infolge eines 2009 erlittenen doppelten Wirbelbuchs sei ihre Leistungsfähigkeit erheblich eingeschränkt. Sie hat u.a. ein Attest von Dr. G. vom 24.5.2011 (Bl. 59 SG-Akte) vorgelegt, der ausführt, dass die Klägerin nicht mehr in der Lage sei, einer geregelten beruflichen Tätigkeit nachzugehen. Aufgrund des Krankheitsbildes sei es zusätzlich zu einem depressiven Syndrom, verbunden mit Schlafstörungen, Panikattacken und schneller Ermüdbarkeit gekommen. Die Klägerin würde keine Menschenansammlungen mehr ertragen.
Das SG hat Beweis erhoben durch die Einholung sachverständiger Zeugenauskünfte der behan-delnden Ärzte. Der Neurologe und Psychiater Dr. P. hat im Schreiben vom 20.7.2010 (Bl. 22 SG-Akte) angegeben, die Klägerin sei im Jahr 2009 nur einmal bei ihm in Behandlung gewesen; auf einem Befundbericht vom 17.11.2009 ist ein neurologisch unauffälliger Befund vermerkt. Der Allgemeinmediziner Dr. G. hat im Schreiben vom 22.7.2010 (Bl. 24 SG-Akte) im Wesentlichen angegeben, die Klägerin habe sich im Juni 2009 eine BWK-Fraktur zugezogen. Sie leide seither unter ausgeprägten Parästhesien beider Hände, unter einer deutlichen schmerzhaften Bewegungseinschränkung und häufigen Schwindelattacken mit wiederkehrenden Synkopen. Außerdem leide sie an einem depressiven Syndrom. Sie könne keiner geregelten Tätigkeit mehr nachgehen. Der Orthopäde Dr. B. hat im Schreiben vom 23.7.2010 (Bl. 42 SG-Akte) mitgeteilt, im Jahr 2009 habe er die Klägerin lediglich einmal behandelt. Aufgrund der orthopädischen Erkrankungen bestünden zwar qualitative Leistungseinschränkungen, jedoch sei die Klägerin in der Lage, leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sechs bis acht Stunden zu verrichten.
Mit Urteil vom 30.5.2011 hat das SG die Klage abgewiesen. Teilweise oder volle Erwerbsmin-derung bzw. teilweise Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit liege nicht vor. Weder zum Zeitpunkt der Rentenantragstellung im März 2009 noch danach sei das Leistungsvermögen der Klägerin in relevanter Weise eingeschränkt gewesen. Zur Begründung hat das SG insbesondere auf das Gutachten Dr. R.s Bezug genommen. Die Ergebnisse des Sachverständigen würden durch die Berichte Dr. P.s und Dr. B.s bestätigt.
Gegen das ihrem Prozessbevollmächtigten am 20.6.2011 gegen Empfangsbekenntnis zugestellte Urteil des SG hat die Klägerin am 20.7.2011 Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt und zur Begründung ihr bisheriges Vorbringen wiederholt und vertieft und auf das Attest Dr. G.s vom 24.5.2011 Bezug genommen. Neben ausgeprägten Pa-rästhesien beider Hände, einer schmerzhaften Bewegungseinschränkung mit wiederkehrenden Synkopen würde ein depressives Syndrom mit Schlafstörungen, Panikattacken und schneller Ermüdbarkeit vorliegen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 30. Mai 2011 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 28. Juli 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13. Januar 2010 zu verurteilen, ihr ab Antragstellung Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Senat hat Beweis erhoben durch die Einholung eines Sachverständigengutachtens bei dem Arzt für Neurologie, Psychiatrie und Spezielle Schmerztherapie, Priv. Doz. Dr. B., Chefarzt der Abteilung für Neurologie und klinische Neurophysiologie der Oberschwabenklinik Ravensburg. Im Gutachten vom 23.3.2012 (Bl. 21 LSG-Akte) beschrieb der Sachverständige ein nozizeptives Schmerzsyndrom bei Zustand nach Frakturen der Wirbelkörper BWK 5 und 7 und eine histrionische Persönlichkeit, bei Ausschluss einer depressiven Störung. Die belastungsabhängige Beschwerdesymptomatik in Form von Rückenschmerzen sei glaubhaft. Das Gangbild sei außerhalb der Begutachtung regelrecht gewesen mit weitgehend normaler Geschwindigkeit, Schrittlänge und regelrechten Abrollbewegungen über die Ferse. Während der Untersuchung habe die Klägerin allerdings eine Gangstörung in manieriert-gekünstelter Weise präsentiert, wie sie auch ihre Beschwerden insgesamt in lebhafter, exaltierter Weise mit viel Mimik und Gestik und nahezu ungebremstem Redefluss geschildert habe. Es bestehe jedoch eine erhebliche Diskrepanz zwischen den subjektiv erlebten Beschwerden und den objektiven Befunden. Der neurologisch-psychiatrische Befund sei unauffällig gewesen. Im Rahmen der Untersuchung hätten sich keine Hinweise auf kognitive Störungen ergeben. Eine depressive Störung sei ausgeschlossen. Vorliegende psychopathologische Auffälligkeiten seien persönlichkeitsimmanent und bedürften keiner speziellen Therapie. Der Gedanke einer Berentung habe sich sehr festgesetzt. Die Diagnosen des Hausarztes seien nicht nachvollziehbar und würden wohl auf bloßer Übernahme anamnestischer Schilderungen der Klägerin beruhen. Die Klägerin sei unzweifelhaft in der Lage, sechs Stunden täglich zu arbeiten. Aufgrund der 2009 erlittenen Frakturen der BWS seien nur noch leichte bis mittelschwere Tätigkeiten möglich; auf das Heben und Tragen von schweren Lasten, Arbeiten in Zwangshaltung, häufiges Bücken sollte verzichtet werden.
Bezüglich weiterer Einzelheiten des Sachverhalts wird auf Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten sowie auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg.
I.
Die form- und fristgerecht eingelegte (§ 151 Abs. 1 SGG) und statthafte (§ 143 SGG) Berufung ist zulässig.
Die Berufung ist aber nicht begründet. Zu Recht hat das SG mit Urteil vom 30.5.2011 die Klage abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Zur Überzeugung des Senats ist sie nicht erwerbsgemindert und hat deshalb keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Gewährung einer Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung gemäß § 43 des Sechsten Sozialgesetzbuches (SGB VI).
1. Versicherte haben gemäß § 43 Abs. 1 SGB VI bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres An-spruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie 1. teilweise erwerbsgemindert sind, 2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und 3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein.
Versicherte haben gemäß § 43 Abs. 2 SGB VI bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres An-spruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie 1. voll erwerbsgemindert sind, 2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und 3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht ab-sehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Voll erwerbsgemindert sind auch 1. Versicherte nach § 1 Satz 1 Nr. 2, die wegen Art oder Schwere der Behinderung nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein können und 2. Versicherte, die bereits vor Erfüllung der allgemeinen Wartezeit voll erwerbsgemin-dert waren, in der Zeit einer nicht erfolgreichen Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt.
Erwerbsgemindert ist nicht gemäß § 43 Abs. 3 SGB VI, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Zur Überzeugung des Senats ist die Klägerin nicht erwerbsgemindert, da sie noch mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein und dabei leichte bis mittelschwere Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts, überwiegend im Sitzen, zeitweise im Stehen, verrichten kann. Auszuschließen sind Stressfaktoren wie Akkordarbeit, Nachtschicht, sowie Überkopfarbeiten und Arbeiten in Wirbelsäulenzwangshaltungen.
Nach dem Ergebnis der Ermittlungen steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die Klägerin auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch mehr als sechs Stunden täglich erwerbstätig sein und leichte bis mittelschwere Tätigkeiten verrichten kann. Diese Überzeugung schöpft der Senat aus dem Ergebnis der Ermittlungen der Beklagten und aus dem Ergebnis der Beweisaufnahme in beiden Instanzen. Die Sachverständigen Dr. R. und Priv. Doz. Dr. B. haben in ihren Gutach-ten folgende bei der Klägerin bestehende Gesundheitsstörungen beschrieben: - rezidivierende Wirbelsäulenbeschwerden bei degenerativen Veränderungen, - Kalksalzminderung und Schmerzsyndrom bei Zustand nach Fraktur Th7 und Th5 (Juni 2009), keine Wurzelreizzeichen, - histrionische Persönlichkeit.
Dr. R. hat im Gutachten vom 22.7.2009 festgestellt, dass die Frakturen fest gewesen sind; Rönt-genaufnahmen haben zwar eine deutliche Kyphosierung der BWS mit Keilwirbelbildung Th5 und Th7 sowie eine Kalksalzminderung gezeigt und klinisch hat eine deutliche Rundrückenbil-dung vorgelegen. Die LWS und die BWS haben aber nur leichte Funktionseinschränkungen gezeigt, während die HWS frei beweglich gewesen ist. Wurzelreizzeichen bestanden nicht. Priv.-Doz. Dr. B. hat im Gutachten vom 23.3.2012 darauf hingewiesen, dass die belastungsab-hängige Beschwerdesymptomatik in Form von Rückenschmerzen glaubhaft ist und hat in Übereinstimmung mit Dr. R. auch für den Senat nachvollziehbar und plausibel die Auffassung vertreten, dass der Klägerin schwere Tätigkeiten nicht mehr zumutbar sind. Stressfaktoren wie Akkordarbeit, Nachtschicht, sowie Überkopfarbeiten und Arbeiten in Wirbelsäulenzwangshaltungen sind zu vermeiden. Im Übrigen sind der Klägerin aber leichte bis mittelschwere Tätigkeiten ohne häufige Zwangshaltungen der Wirbelsäule mindestens sechs Stunden täglich möglich und zumutbar. Diese Einschätzung wird von den behandelnden Fachärzten der Klägerin Dr. P. und Dr. B. bestätigt. Das SG hat dies bereits ausführlich und zutreffend gewürdigt.
Die Einschätzung von Dr. G., die Klägerin könne keiner geregelten Arbeit mehr nachgehen, ist nach den überzeugenden Ausführungen der Sachverständigen Dr. R. und Priv.-Doz. Dr. B. unzutreffend. Dr. G. hat im Wesentlichen anamnestische Angaben der Klägerin mitgeteilt, je-doch keine von ihm erhobenen objektiven Befunde. Wie Dr. G. selbst angibt, liegt der Scher-punkt der Leiden auf neurologisch-psychiatrischem und orthopädischem Fachgebiet. Gerade die Fachärzte auf diesen Gebieten gehen im vorliegenden Fall aber noch von einem mindestens sechsstündigen täglichen Leistungsvermögen der Klägerin aus, bezogen auf leichte Tätigkeiten.
Priv.-Doz. Dr. B. hat für den Senat nachvollziehbar und überzeugend ausgeführt, dass auf ner-venärztlich-psychiatrischem Gebiet keine gravierenden gesundheitlichen Einschränkungen be-stehen und insbesondere keine depressive Symptomatik vorliegt. Es bestehe allerdings eine erhebliche Diskrepanz zwischen den subjektiv erlebten Beschwerden und den objektiven Befunden. Der von Dr. B. vorgefundene neurologisch-psychiatrische Befund war unauffällig; im Rahmen der Untersuchung haben sich keine Hinweise auf kognitive Störungen ergeben. Gewisse psychopathologische Auffälligkeiten sind persönlichkeitsimmanent, bedürfen keiner speziellen Therapie und wirken sich nicht leistungsmindernd aus.
Es war im Übrigen im Hinblick auf dieses Leistungsvermögen zu der Frage, inwieweit welche konkrete Tätigkeit der Klägerin noch leidensgerecht und zumutbar ist, keine Prüfung durchzu-führen, da die jeweilige Arbeitsmarktlage bei einer Leistungsfähigkeit von sechs Stunden täglich und mehr nicht zu berücksichtigen ist (§ 43 Abs. 3 letzter Halbsatz SGB VI).
Auch Anhaltspunkte dafür, dass hier in der Person der Klägerin eine Summierung ungewöhnli-cher Leistungsbeeinträchtigungen oder eine spezifische Leistungsbeeinträchtigung gegeben wäre, bestehen nicht und schließlich ist hier auch nicht von einem verschlossenen Arbeitsmarkt im Sinne der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) und der dort aufgestellten Kriterien auszugehen (siehe BSG, Urteil vom 30.11.1983 - 5a RKn 28/82 - BSGE 56, 64 = SozR 2200 § 1246 Nr. 110; siehe insbesondere auch hierzu den bestätigenden Beschluss des Großen Senats vom 19.12.1996 – GS 2/95 - BSGE 80, 24 = SozR 3-2600 § 44 Nr. 8; siehe auch BSG, Urteil vom 5.10.2005 - B 5 RJ 6/05 R = SozR 4-2600 § 43 Nr. 5).
2. Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung wegen Berufsunfähigkeit gemäß § 240 SGB VI. Die Norm ist vorliegend anwendbar, da die Klägerin vor dem 2.1.1961 geboren ist (§ 240 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI). Es fehlt jedoch am weiteren Erfor-dernis der Berufsunfähigkeit der Klägerin. Berufsunfähig ist gemäß § 240 Abs. 1 SGB VI derje-nige Versicherte, dessen Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Dabei umfasst der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit eines Versicherten zu beurteilen ist, alle Tätigkeiten, die seinen Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihm unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs seiner Ausbildung sowie seines bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen seiner bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann, wobei die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen ist.
Zur Bestimmung des Kreises der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, hat das Bundessozialgericht ein Mehrstufenschema entwickelt (vgl. BSG, Urteil vom 24.3.1983 – 1 RA 15/82 - BSGE 55, 43 = SozR 2200 § 1246 Nr. 107; Urteil vom 13.12.1984 - 11 RA 72/83 - BSGE 57, 291 = SozR 2200 § 1246 Nr. 126) und ausgehend von der erforderlichen Ausbildung die Gruppe der Facharbeiter mit Vorgesetztenfunktion beziehungsweise der besonders hoch qualifizierten Facharbeiter, die Gruppe der Facharbeiter (Tätigkeiten in einem anerkannten Ausbildungsberuf mit einer Regelausbildungszeit von mehr als 24 Monaten), die Gruppe der angelernten Arbeiter (Angelernte im oberen Bereich: Tätigkeiten mit einer regelmäßigen Ausbildungs- oder Anlernzeit von mehr als zwölf Monaten bis zu 24 Monaten; Angelernte im unteren Bereich: Tätigkeiten mit einer regelmäßigen Ausbildungs- oder Anlernzeit von mehr als drei Monaten bis zu zwölf Monaten) und die Gruppe der ungelernten Arbeiter (Ungelernte im oberen Bereich: Tätigkeiten von nicht ganz geringem Wert; Ungelernte im unteren Bereich: Tätigkeiten von ganz geringem Wert) gebildet. Zumutbar sind den Versicherten im Allgemeinen nur Tätigkeiten der jeweils dem bisherigen Beruf der Versicherten entsprechenden Gruppe oder nachfolgenden niedrigeren Gruppe, soweit sie sie weder nach ihrem beruflichen Können und Wissen noch bezüglich ihrer gesundheitlichen Kräfte überfordern. Bei der Frage, ob ein Versicherter berufsunfähig ist, ist daher vom bisherigen Beruf auszugehen und zur Bestim¬mung des Kreises der Tätigkeiten, auf die der Versicherte zumutbar verwiesen werden kann, dessen qualitativer Wert zu ermitteln. Als bisheriger Beruf kann, sofern keine Lösung aus ge¬sundheitlichen Gründen erfolgt ist, grundsätzlich die zuletzt nicht nur vorübergehend ausgeübte pflichtversicherte Beschäftigung oder Tätigkeit angesehen werden.
Auf dieser Grundlage steht der Klägerin kein Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Er-werbsminderung bei Berufsunfähigkeit zu. Aufgrund ihrer zuletzt ausgeübten Tätigkeit als Tex-tilreinigerin, die der Gruppe der ungelernten Tätigkeiten zuzuordnen ist, genießt sie keinen Be-rufsschutz und sie kann daher auf jede Tätigkeit des allgemeinen Arbeitsmarktes verwiesen wer¬den. Diese Tätigkeiten kann sie, wie aufgezeigt, mindestens sechs Stunden täglich verrichten.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht erfüllt sind.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt Erwerbsminderungsrente von der Beklagten.
Die 1955 geborene Klägerin ist gelernte Einzelhandelskauffrau und war in diesem Beruf von 1973 bis 1988 beschäftigt. Zuletzt war sie bis 2003 als Textilfachfrau bzw. Textilreinigerin im S. S. versicherungspflichtig beschäftigt. Danach bezog sie bis 2008 Leistungen wegen Arbeitslosigkeit.
Im März 2009 beantragte sie bei der Beklagten die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsmin-derung. Sie gab an, sie sei nicht mehr in der Lage zu arbeiten, da sie mit ihrem Rücken und ihren Augen (Schwindelgefühle und Gleichgewichtsprobleme) sowie vor allem mit den Nerven große Probleme habe.
Die Beklagte zog Befundberichte der behandelnden Ärzte bei und veranlasste eine chirurgische Begutachtung. Im Gutachten vom 22.7.2009 beschrieb Dr. R. folgende Gesundheitsstörungen: - rezidivierende Wirbelsäulenbeschwerden bei degenerativen Veränderungen, - Kalksalzminderung und Zustand nach Fraktur der Brustwirbelkörper Th7 und Th5 (Juni 2009), keine Wurzelreizzeichen, - rezidivierender Schwindel unklarer Genese. Die Frakturen seien fest. Es bestünden nur leichte Funktionseinschränkungen von LWS und BWS. Die Klägerin könne keine schweren, jedoch leichte bis mittelschwere Tätigkeiten bei Berücksichtigung von qualitativen Einschränkungen (ohne Zwangshaltungen) sechs Stunden und mehr täglich verrichten.
Die Beklagte lehnte den Rentenantrag der Klägerin mit Bescheid vom 28.7.2009 (Bl. 42 Verwaltungsakte) ab, da weder volle noch teilweise Erwerbsminderung vorliege.
Die Klägerin erhob hiergegen am 3.8.2009 Widerspruch mit der Begründung, sie sei überhaupt nicht mehr in der Lage zu arbeiten. Sie könne aufgrund erheblicher Rückenschmerzen noch nicht einmal ihren Haushalt führen. Sie müsse sich immer wieder für kurze Zeit hinlegen. Sie könne auch weder lange sitzen noch lange stehen und schon gar nicht schwer heben. Sie legte einen Befundbericht ihres behandelnden Orthopäden Dr. B. vom 11.10.2009 (M 11 Verwaltungsakte) vor, in welchem es u.a. heißt, dass schweres Heben und Tragen nicht mehr möglich seien.
In einer beratungsärztlichen Stellungnahme vom 26.10.2009 (M 12 Verwaltungsakte) erklärte Dr. K., dass leichte bis mittelschwere Tätigkeiten zumutbar seien; der Befundbericht Dr. B.s widerspreche dem nicht.
Die Beklagte wies den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 13.1.2010 (Bl. 54 Verwaltungsakte) zurück. Die Klägerin würde zwar unter rezidivierenden Wirbelsäulen-beschwerden bei degenerativen Veränderungen, Kalksalzminderung und Zustand nach Fraktur Th7 und Th5 (Juni 2009) leiden; es bestünden jedoch keine Wurzelreizzeichen und nur leichte Funktionseinschränkungen. Damit könne die Klägerin leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt bei Berücksichtigung qualitativer Einschränkungen mindestens sechs Stunden täglich verrichten. Sie habe auch keinen Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit, da für sie die zuletzt ausgeübte Beschäftigung als Textilreinigerin maßgeblich sei. Diese sei dem Leitberuf eines ungelernten Arbeiters zuzuweisen, so dass es der Benennung eines Verweisungsberufes nicht bedürfe.
Hiergegen hat die Klägerin am 15.2.2010 Klage zum Sozialgericht Stuttgart (SG) erhoben und zur Begründung ausgeführt, sie sei nicht mehr in der Lage, täglich sechs Stunden zu arbeiten. Infolge eines 2009 erlittenen doppelten Wirbelbuchs sei ihre Leistungsfähigkeit erheblich eingeschränkt. Sie hat u.a. ein Attest von Dr. G. vom 24.5.2011 (Bl. 59 SG-Akte) vorgelegt, der ausführt, dass die Klägerin nicht mehr in der Lage sei, einer geregelten beruflichen Tätigkeit nachzugehen. Aufgrund des Krankheitsbildes sei es zusätzlich zu einem depressiven Syndrom, verbunden mit Schlafstörungen, Panikattacken und schneller Ermüdbarkeit gekommen. Die Klägerin würde keine Menschenansammlungen mehr ertragen.
Das SG hat Beweis erhoben durch die Einholung sachverständiger Zeugenauskünfte der behan-delnden Ärzte. Der Neurologe und Psychiater Dr. P. hat im Schreiben vom 20.7.2010 (Bl. 22 SG-Akte) angegeben, die Klägerin sei im Jahr 2009 nur einmal bei ihm in Behandlung gewesen; auf einem Befundbericht vom 17.11.2009 ist ein neurologisch unauffälliger Befund vermerkt. Der Allgemeinmediziner Dr. G. hat im Schreiben vom 22.7.2010 (Bl. 24 SG-Akte) im Wesentlichen angegeben, die Klägerin habe sich im Juni 2009 eine BWK-Fraktur zugezogen. Sie leide seither unter ausgeprägten Parästhesien beider Hände, unter einer deutlichen schmerzhaften Bewegungseinschränkung und häufigen Schwindelattacken mit wiederkehrenden Synkopen. Außerdem leide sie an einem depressiven Syndrom. Sie könne keiner geregelten Tätigkeit mehr nachgehen. Der Orthopäde Dr. B. hat im Schreiben vom 23.7.2010 (Bl. 42 SG-Akte) mitgeteilt, im Jahr 2009 habe er die Klägerin lediglich einmal behandelt. Aufgrund der orthopädischen Erkrankungen bestünden zwar qualitative Leistungseinschränkungen, jedoch sei die Klägerin in der Lage, leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sechs bis acht Stunden zu verrichten.
Mit Urteil vom 30.5.2011 hat das SG die Klage abgewiesen. Teilweise oder volle Erwerbsmin-derung bzw. teilweise Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit liege nicht vor. Weder zum Zeitpunkt der Rentenantragstellung im März 2009 noch danach sei das Leistungsvermögen der Klägerin in relevanter Weise eingeschränkt gewesen. Zur Begründung hat das SG insbesondere auf das Gutachten Dr. R.s Bezug genommen. Die Ergebnisse des Sachverständigen würden durch die Berichte Dr. P.s und Dr. B.s bestätigt.
Gegen das ihrem Prozessbevollmächtigten am 20.6.2011 gegen Empfangsbekenntnis zugestellte Urteil des SG hat die Klägerin am 20.7.2011 Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt und zur Begründung ihr bisheriges Vorbringen wiederholt und vertieft und auf das Attest Dr. G.s vom 24.5.2011 Bezug genommen. Neben ausgeprägten Pa-rästhesien beider Hände, einer schmerzhaften Bewegungseinschränkung mit wiederkehrenden Synkopen würde ein depressives Syndrom mit Schlafstörungen, Panikattacken und schneller Ermüdbarkeit vorliegen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 30. Mai 2011 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 28. Juli 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13. Januar 2010 zu verurteilen, ihr ab Antragstellung Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Senat hat Beweis erhoben durch die Einholung eines Sachverständigengutachtens bei dem Arzt für Neurologie, Psychiatrie und Spezielle Schmerztherapie, Priv. Doz. Dr. B., Chefarzt der Abteilung für Neurologie und klinische Neurophysiologie der Oberschwabenklinik Ravensburg. Im Gutachten vom 23.3.2012 (Bl. 21 LSG-Akte) beschrieb der Sachverständige ein nozizeptives Schmerzsyndrom bei Zustand nach Frakturen der Wirbelkörper BWK 5 und 7 und eine histrionische Persönlichkeit, bei Ausschluss einer depressiven Störung. Die belastungsabhängige Beschwerdesymptomatik in Form von Rückenschmerzen sei glaubhaft. Das Gangbild sei außerhalb der Begutachtung regelrecht gewesen mit weitgehend normaler Geschwindigkeit, Schrittlänge und regelrechten Abrollbewegungen über die Ferse. Während der Untersuchung habe die Klägerin allerdings eine Gangstörung in manieriert-gekünstelter Weise präsentiert, wie sie auch ihre Beschwerden insgesamt in lebhafter, exaltierter Weise mit viel Mimik und Gestik und nahezu ungebremstem Redefluss geschildert habe. Es bestehe jedoch eine erhebliche Diskrepanz zwischen den subjektiv erlebten Beschwerden und den objektiven Befunden. Der neurologisch-psychiatrische Befund sei unauffällig gewesen. Im Rahmen der Untersuchung hätten sich keine Hinweise auf kognitive Störungen ergeben. Eine depressive Störung sei ausgeschlossen. Vorliegende psychopathologische Auffälligkeiten seien persönlichkeitsimmanent und bedürften keiner speziellen Therapie. Der Gedanke einer Berentung habe sich sehr festgesetzt. Die Diagnosen des Hausarztes seien nicht nachvollziehbar und würden wohl auf bloßer Übernahme anamnestischer Schilderungen der Klägerin beruhen. Die Klägerin sei unzweifelhaft in der Lage, sechs Stunden täglich zu arbeiten. Aufgrund der 2009 erlittenen Frakturen der BWS seien nur noch leichte bis mittelschwere Tätigkeiten möglich; auf das Heben und Tragen von schweren Lasten, Arbeiten in Zwangshaltung, häufiges Bücken sollte verzichtet werden.
Bezüglich weiterer Einzelheiten des Sachverhalts wird auf Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten sowie auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg.
I.
Die form- und fristgerecht eingelegte (§ 151 Abs. 1 SGG) und statthafte (§ 143 SGG) Berufung ist zulässig.
Die Berufung ist aber nicht begründet. Zu Recht hat das SG mit Urteil vom 30.5.2011 die Klage abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Zur Überzeugung des Senats ist sie nicht erwerbsgemindert und hat deshalb keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Gewährung einer Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung gemäß § 43 des Sechsten Sozialgesetzbuches (SGB VI).
1. Versicherte haben gemäß § 43 Abs. 1 SGB VI bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres An-spruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie 1. teilweise erwerbsgemindert sind, 2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und 3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein.
Versicherte haben gemäß § 43 Abs. 2 SGB VI bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres An-spruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie 1. voll erwerbsgemindert sind, 2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und 3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht ab-sehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Voll erwerbsgemindert sind auch 1. Versicherte nach § 1 Satz 1 Nr. 2, die wegen Art oder Schwere der Behinderung nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein können und 2. Versicherte, die bereits vor Erfüllung der allgemeinen Wartezeit voll erwerbsgemin-dert waren, in der Zeit einer nicht erfolgreichen Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt.
Erwerbsgemindert ist nicht gemäß § 43 Abs. 3 SGB VI, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Zur Überzeugung des Senats ist die Klägerin nicht erwerbsgemindert, da sie noch mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein und dabei leichte bis mittelschwere Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts, überwiegend im Sitzen, zeitweise im Stehen, verrichten kann. Auszuschließen sind Stressfaktoren wie Akkordarbeit, Nachtschicht, sowie Überkopfarbeiten und Arbeiten in Wirbelsäulenzwangshaltungen.
Nach dem Ergebnis der Ermittlungen steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die Klägerin auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch mehr als sechs Stunden täglich erwerbstätig sein und leichte bis mittelschwere Tätigkeiten verrichten kann. Diese Überzeugung schöpft der Senat aus dem Ergebnis der Ermittlungen der Beklagten und aus dem Ergebnis der Beweisaufnahme in beiden Instanzen. Die Sachverständigen Dr. R. und Priv. Doz. Dr. B. haben in ihren Gutach-ten folgende bei der Klägerin bestehende Gesundheitsstörungen beschrieben: - rezidivierende Wirbelsäulenbeschwerden bei degenerativen Veränderungen, - Kalksalzminderung und Schmerzsyndrom bei Zustand nach Fraktur Th7 und Th5 (Juni 2009), keine Wurzelreizzeichen, - histrionische Persönlichkeit.
Dr. R. hat im Gutachten vom 22.7.2009 festgestellt, dass die Frakturen fest gewesen sind; Rönt-genaufnahmen haben zwar eine deutliche Kyphosierung der BWS mit Keilwirbelbildung Th5 und Th7 sowie eine Kalksalzminderung gezeigt und klinisch hat eine deutliche Rundrückenbil-dung vorgelegen. Die LWS und die BWS haben aber nur leichte Funktionseinschränkungen gezeigt, während die HWS frei beweglich gewesen ist. Wurzelreizzeichen bestanden nicht. Priv.-Doz. Dr. B. hat im Gutachten vom 23.3.2012 darauf hingewiesen, dass die belastungsab-hängige Beschwerdesymptomatik in Form von Rückenschmerzen glaubhaft ist und hat in Übereinstimmung mit Dr. R. auch für den Senat nachvollziehbar und plausibel die Auffassung vertreten, dass der Klägerin schwere Tätigkeiten nicht mehr zumutbar sind. Stressfaktoren wie Akkordarbeit, Nachtschicht, sowie Überkopfarbeiten und Arbeiten in Wirbelsäulenzwangshaltungen sind zu vermeiden. Im Übrigen sind der Klägerin aber leichte bis mittelschwere Tätigkeiten ohne häufige Zwangshaltungen der Wirbelsäule mindestens sechs Stunden täglich möglich und zumutbar. Diese Einschätzung wird von den behandelnden Fachärzten der Klägerin Dr. P. und Dr. B. bestätigt. Das SG hat dies bereits ausführlich und zutreffend gewürdigt.
Die Einschätzung von Dr. G., die Klägerin könne keiner geregelten Arbeit mehr nachgehen, ist nach den überzeugenden Ausführungen der Sachverständigen Dr. R. und Priv.-Doz. Dr. B. unzutreffend. Dr. G. hat im Wesentlichen anamnestische Angaben der Klägerin mitgeteilt, je-doch keine von ihm erhobenen objektiven Befunde. Wie Dr. G. selbst angibt, liegt der Scher-punkt der Leiden auf neurologisch-psychiatrischem und orthopädischem Fachgebiet. Gerade die Fachärzte auf diesen Gebieten gehen im vorliegenden Fall aber noch von einem mindestens sechsstündigen täglichen Leistungsvermögen der Klägerin aus, bezogen auf leichte Tätigkeiten.
Priv.-Doz. Dr. B. hat für den Senat nachvollziehbar und überzeugend ausgeführt, dass auf ner-venärztlich-psychiatrischem Gebiet keine gravierenden gesundheitlichen Einschränkungen be-stehen und insbesondere keine depressive Symptomatik vorliegt. Es bestehe allerdings eine erhebliche Diskrepanz zwischen den subjektiv erlebten Beschwerden und den objektiven Befunden. Der von Dr. B. vorgefundene neurologisch-psychiatrische Befund war unauffällig; im Rahmen der Untersuchung haben sich keine Hinweise auf kognitive Störungen ergeben. Gewisse psychopathologische Auffälligkeiten sind persönlichkeitsimmanent, bedürfen keiner speziellen Therapie und wirken sich nicht leistungsmindernd aus.
Es war im Übrigen im Hinblick auf dieses Leistungsvermögen zu der Frage, inwieweit welche konkrete Tätigkeit der Klägerin noch leidensgerecht und zumutbar ist, keine Prüfung durchzu-führen, da die jeweilige Arbeitsmarktlage bei einer Leistungsfähigkeit von sechs Stunden täglich und mehr nicht zu berücksichtigen ist (§ 43 Abs. 3 letzter Halbsatz SGB VI).
Auch Anhaltspunkte dafür, dass hier in der Person der Klägerin eine Summierung ungewöhnli-cher Leistungsbeeinträchtigungen oder eine spezifische Leistungsbeeinträchtigung gegeben wäre, bestehen nicht und schließlich ist hier auch nicht von einem verschlossenen Arbeitsmarkt im Sinne der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) und der dort aufgestellten Kriterien auszugehen (siehe BSG, Urteil vom 30.11.1983 - 5a RKn 28/82 - BSGE 56, 64 = SozR 2200 § 1246 Nr. 110; siehe insbesondere auch hierzu den bestätigenden Beschluss des Großen Senats vom 19.12.1996 – GS 2/95 - BSGE 80, 24 = SozR 3-2600 § 44 Nr. 8; siehe auch BSG, Urteil vom 5.10.2005 - B 5 RJ 6/05 R = SozR 4-2600 § 43 Nr. 5).
2. Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung wegen Berufsunfähigkeit gemäß § 240 SGB VI. Die Norm ist vorliegend anwendbar, da die Klägerin vor dem 2.1.1961 geboren ist (§ 240 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI). Es fehlt jedoch am weiteren Erfor-dernis der Berufsunfähigkeit der Klägerin. Berufsunfähig ist gemäß § 240 Abs. 1 SGB VI derje-nige Versicherte, dessen Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Dabei umfasst der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit eines Versicherten zu beurteilen ist, alle Tätigkeiten, die seinen Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihm unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs seiner Ausbildung sowie seines bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen seiner bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann, wobei die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen ist.
Zur Bestimmung des Kreises der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, hat das Bundessozialgericht ein Mehrstufenschema entwickelt (vgl. BSG, Urteil vom 24.3.1983 – 1 RA 15/82 - BSGE 55, 43 = SozR 2200 § 1246 Nr. 107; Urteil vom 13.12.1984 - 11 RA 72/83 - BSGE 57, 291 = SozR 2200 § 1246 Nr. 126) und ausgehend von der erforderlichen Ausbildung die Gruppe der Facharbeiter mit Vorgesetztenfunktion beziehungsweise der besonders hoch qualifizierten Facharbeiter, die Gruppe der Facharbeiter (Tätigkeiten in einem anerkannten Ausbildungsberuf mit einer Regelausbildungszeit von mehr als 24 Monaten), die Gruppe der angelernten Arbeiter (Angelernte im oberen Bereich: Tätigkeiten mit einer regelmäßigen Ausbildungs- oder Anlernzeit von mehr als zwölf Monaten bis zu 24 Monaten; Angelernte im unteren Bereich: Tätigkeiten mit einer regelmäßigen Ausbildungs- oder Anlernzeit von mehr als drei Monaten bis zu zwölf Monaten) und die Gruppe der ungelernten Arbeiter (Ungelernte im oberen Bereich: Tätigkeiten von nicht ganz geringem Wert; Ungelernte im unteren Bereich: Tätigkeiten von ganz geringem Wert) gebildet. Zumutbar sind den Versicherten im Allgemeinen nur Tätigkeiten der jeweils dem bisherigen Beruf der Versicherten entsprechenden Gruppe oder nachfolgenden niedrigeren Gruppe, soweit sie sie weder nach ihrem beruflichen Können und Wissen noch bezüglich ihrer gesundheitlichen Kräfte überfordern. Bei der Frage, ob ein Versicherter berufsunfähig ist, ist daher vom bisherigen Beruf auszugehen und zur Bestim¬mung des Kreises der Tätigkeiten, auf die der Versicherte zumutbar verwiesen werden kann, dessen qualitativer Wert zu ermitteln. Als bisheriger Beruf kann, sofern keine Lösung aus ge¬sundheitlichen Gründen erfolgt ist, grundsätzlich die zuletzt nicht nur vorübergehend ausgeübte pflichtversicherte Beschäftigung oder Tätigkeit angesehen werden.
Auf dieser Grundlage steht der Klägerin kein Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Er-werbsminderung bei Berufsunfähigkeit zu. Aufgrund ihrer zuletzt ausgeübten Tätigkeit als Tex-tilreinigerin, die der Gruppe der ungelernten Tätigkeiten zuzuordnen ist, genießt sie keinen Be-rufsschutz und sie kann daher auf jede Tätigkeit des allgemeinen Arbeitsmarktes verwiesen wer¬den. Diese Tätigkeiten kann sie, wie aufgezeigt, mindestens sechs Stunden täglich verrichten.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht erfüllt sind.
Rechtskraft
Aus
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BWB
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