S 9 KR 184/08

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Düsseldorf (NRW)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 9 KR 184/08
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 16 KR 73/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Der Bescheid vom 07.11.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.12.2008 wird aufgehoben. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin Krankengeld nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen für die ab dem 30.09.2008 ärztlich festgestellte Arbeitsunfähigkeit zu zahlen. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Klägerin dem Grunde nach.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Frage, ob die Klägerin Anspruch auf Krankengeld hat oder nicht.

Am 30.09.2008 attestierte die Ärztin D V der 1969 geborenen Klägerin Arbeitsunfähigkeit für den Zeitraum 30.09.2008 bis 10.10.2008.

Mit Bescheid vom 07.11.2008 lehnte die Beklagte die Gewährung von Krankengeld mit der Begründung ab, dass die Mitgliedschaft versicherungspflichtig Beschäftigter mit Ablauf des Tages ende, an dem das Beschäftigungsverhältnis gegen Arbeitsentgelt ende. Da das Beschäftigungsverhältnis der Klägerin am 30.09.2008 beendet worden sei und der Krankengeldanspruch erst am Tag der auf die ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit folgt, entstehe, sei vorliegend kein Krankengeld zu zahlen, da der Krankengeldanspruch erst ab dem 01.10.2008 entstanden wäre. Da am 01.10.2008 keine Mitgliedschaft mit dem Anspruch auf Krankengeld bestanden habe, könne Krankengeld nicht gezahlt werden.

Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin Widerspruch ein und teilt mit, dass sie ihrer Ansicht nach Anspruch auf Krankengeld habe.

Mit Widerspruchsbescheid vom 05.12.2008 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Der Anspruch auf Krankengeld entstehe grundsätzlich erst von dem Tag an, der auf den Tag der Feststellung der Arbeitsunfähigkeit folge. Dies sei im Fall der Klägerin der 01.10.2008. An diesem Tag habe eine Mitgliedschaft mit Krankengeldanspruch nicht bestanden, so dass Krankengeld nicht zu zahlen sei.

Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Klage. Zur Begründung führt sie aus, dass sie bis zum 30.09.2008 in einem Beschäftigungsverhältnis bei einer Ärztin, die (zufällig) gleichzeitig ihre Hausärztin gewesen sei, gestanden habe. Folgerichtig sei sie bis einschließlich 30.09.2008 pflichtversichertes Mitglied der Beklagten mit Anspruch auf Krankengeld gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V gewesen. Sie sei bereits am 29.09.2008 erkrankt. Allerdings sei ihre Hausärztin nicht da gewesen, so dass ein Termin erst für den 30.09.2008 vereinbart werden konnte. Von daher sei die Arbeitsunfähigkeit erst ab dem 30.09.2008 ärztlich attestiert worden.

Die Klägerin ist der Ansicht, dass ihre Mitgliedschaft als versicherungspflichtiges Mitglied gemäß § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V fortbestehe, da sie im Zeitpunkt 30.09.2009 einen Anspruch auf Krankengeld hatte. Die Beklagte sei daher auch zur Zahlung von Krankengeld verpflichtet.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid vom 07.11.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.12.2008 aufzuheben und ihr Krankengeld nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen für die am 30.09.2008 ärztlich festgestellte Arbeitsunfähigkeit zu bewilligen und zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie ist der Ansicht, dass ihre im Verwaltungsverfahren mitgeteilte Rechtsauffassung zutreffend sei.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichts- und der Verwaltungsakte Bezug genommen, die Gegenstand der Entscheidung ohne mündliche Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Mit dem Einverständnis der Beteiligten konnte die Kammer ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entscheiden.

Die zulässige Klage ist begründet

Die Klägerin ist durch den Bescheid vom 07.11.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.12.2008 in ihren Rechten im Sinne von § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG beschwert. Denn die Klägerin hat Anspruch auf Krankengeld für die am 30.09.2008 ärztlich festgestellte Arbeitsunfähigkeit.

Gemäß § 46 Satz 1 Nr. 2 Fünftes Buch des Sozialgesetzbuch – SGB V – entsteht der Anspruch auf Krankengeld im Übrigen von dem Tag an, der auf den Tag der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit folgt. Ausgehend von der ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 30.09.2008 ist der Tag, der auf den Tag der ärztlichen Feststellung folgt, der 01.10.2008. Für die Frage, ob Krankengeld zu zahlen ist und die Mitgliedschaft gemäß § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V fortbesteht, gilt folgendes:

Für die Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit ist der versicherungsrechtliche Status des Betroffenen im Zeitpunkt der ärztlichen Feststellung maßgebend (vgl. hierzu BSG vom 08.11.2005, Az.: B 1 KR 30/04 R). Dies bedeutet, dass die Klägerin im Zeitpunkt der ärztlichen Feststellung am 30.09.2008 in einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V stand.

Für den Anspruch auf Krankengeld ist daher entscheidend, dass die Arbeitsunfähigkeit ärztlich attestiert worden ist zu einem Zeitpunkt als die Klägerin in einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis stand. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass der Anspruch auf Krankengeld erst am 01.10.2008 entstanden ist. Denn würde es für die Frage, ob Krankengeld zu zahlen ist, darauf ankommen, welchen versicherungsrechtlichen Status der Betroffene am Tag nach der ärztlichen Feststellung hat, würde dies den Sinn und Zweck von Krankengeldzahlungen widersprechen. Denn das Krankengeld hat eine sogenannte Lohnersatzfunktion. Das bedeutet, dass hier die Klägerin nicht in der Lage ist, sich eine neue versicherungspflichtige Beschäftigung zu suchen. Sie ist daher auf Krankengeldzahlungen angewiesen bis sie wieder gesund ist. Erst dann kann sie sich beim Arbeitsamt arbeitslos melden und sich um eine neue versicherungspflichtige Beschäftigung bemühen. Für diese Dauer hat sie Anspruch auf Krankengeld, um ihren Lebensunterhalt sicherzustellen.

Die von der Beklagten vertrete Ansicht, dass es auf den versicherungsrechtlichen Status am 01.10.2008 ankommt, würde dazu führen, dass in die Phase der Arbeitsunfähigkeit zum einen das Ende der Beschäftigung fällt und zum anderen der versicherungsrechtliche Status als Pflichtmitglied mit Krankengeldanspruch endet. Die Absicherung durch das Krankengeld als Lohnersatzleistung im Fall der Krankheit würde dann ins Leere laufen. Bei dieser Betrachtung entscheidend ist, dass die Arbeitsunfähigkeit ärztlich noch festgestellt worden ist, an einem Tag, an dem ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V bestand. Arbeitsunfähig kann die Klägerin sich jedoch nicht um eine neue Beschäftigung bemühen. Für die Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit kommt es daher auf versicherungsrechtlichen Status des Versicherten im Zeitpunkt der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit an, auch wenn der Anspruch auf Zahlung des Krankengeldes erst einen Tag später entsteht.

Denn das Ziel von § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V ist es gerade, die Mitgliedschaft Versicherungspflichtiger solange zu erhalten, wie sie Anspruch auf Krankengeld haben.

Etwas anderes ergibt sich nicht aus dem Vortrag der Klägerin, die bereits geltend gemacht hat, dass Arbeitsunfähigkeit ab dem 29.09.2009 bestanden hat. Denn wie bei der ärztlichen Feststellung handelt es sich auch bei der Meldung der Arbeitsunfähigkeit um eine Obliegenheit des Versicherten; die Folgen einer unterbliebenen oder nicht rechtzeitigen ärztlichen Feststellung oder Meldung sind deshalb grundsätzlich vom Versicherten zu tragen. Regelmäßig ist danach sowohl die Ausschlussregelung des § 46 Abs. 1 Nr. 2 SGB V als auch des § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V strikt zu handhaben (BSG vom 08.11.2005 mit dem Az.: B 1 KR 30/04 R).

Entscheidend für die Prüfung, ob ein Krankengeldanspruch vorliegt oder nicht ist daher der versicherungsrechtliche Status der Klägerin im Zeitpunkt der ärztlichen Feststellung am 30.09.2008.Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der BSG Entscheidung vom 26.06.2007, Az.: B 1 KR 37/06 R. Denn dieser Entscheidung liegt ein anderer Sachverhalt zugrunde.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
Saved