Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 14 AL 5408/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 AL 4377/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 05. September 2011 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten hat die Beklagte dem Kläger auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen die Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosengeld für die Zeit vom 30.08.2010 bis 29.09.2010 und die Aufforderung zur Erstattung von 823,41 EUR gezahlten Arbeitslosengelds und Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung.
Der im Jahr 1963 geborene Kläger bezog bereits in den Jahren 2004/2005 Arbeitslosengeld von der Beklagten. 2004 übte er neben dem Bezug von Arbeitslosengeld eine geringfügige Beschäftigung aus, die er der Beklagten auch meldete. Die Beklagte rechnete das Einkommen aus dieser Beschäftigung teilweise auf das Arbeitslosengeld an und forderte Arbeitslosengeld für Februar 2005 in Höhe von 195 EUR zurück (Bescheid vom 02.03.2005). In der Folge meldete der Kläger sich in Arbeit ab, nachdem ein Antrag auf Überprüfung des Rückforderungsbescheids keinen Erfolg gehabt hatte (Bescheid vom 13.07.2005).
Am 14.04.2010 meldete der Kläger sich erneut zum 11.05.2010 arbeitslos und beantragte die Bewilligung von Arbeitslosengeld. Auf dem Antrag bestätigte er den Erhalt des Merkblatts 1 für Arbeitslose. Mit Bescheid vom 06.05.2010 bewilligte die Beklagte dem Kläger Arbeitslosengeld für die Zeit vom 11.05.2010 bis 09.11.2010 in Höhe von 22,82 EUR täglich.
Am 08.09.2010 meldete der Kläger sich telefonisch bei der Beklagten und bat um Rückruf betreffend seine Meldung zur Krankenversicherung, der auch erfolgte. Am 30.09.2010 beantragte der Kläger im Rahmen einer persönlichen Vorsprache die Bewilligung von Arbeitslosengeld II im Anschluss an den Arbeitslosengeldbezug.
Durch einen Datenabgleich vom 25.10.2010 stellte die Beklagte fest, dass der Kläger ab 30.08.2010 versicherungspflichtig beim W.- und S. G. GmbH beschäftigt war. Diese Firma bestätigte die Beschäftigung des Klägers als Sicherheitsmitarbeiter für die Zeit vom 30.08.2010 bis 10.09.2010 in Vollzeit (40 Stunden wöchentlich). Der Kläger verdiente ausweislich der Arbeitsbescheinigung der W.- und S. G. GmbH vom 15.11.2010 in dieser Zeit insgesamt 454,92 EUR (135,36 EUR für August, 319,56 EUR für September) brutto. Die Firma teilte mit, dass das Arbeitsverhältnis am 07.09.2010 zum 10.09.2010 beendet worden sei.
Mit Bescheid vom 18.11.2010 hob die Beklagte die Bewilligung von Arbeitslosengeld für die Zeit vom 30.08.2010 bis 29.09.2010 auf. Zur Begründung führte sie aus, der Kläger sei ab 30.08.2010 in einer wöchentlich 15 Stunden und mehr umfassenden Beschäftigung und deshalb nicht mehr arbeitslos gewesen. Die nächste erneute persönliche Vorsprache sei erst am 30.09.2010 erfolgt. Deshalb sei die Bewilligung von Arbeitslosengeld vom 30.08.2010 bis 29.09.2010 aufzuheben. Den überzahlten Betrag von 684,60 EUR zuzüglich der in dieser Zeit gezahlten Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von 122,75 EUR und 16,06 EUR, insgesamt also 823,41 EUR müsse der Kläger erstatten. Gleichzeitig erließ die Beklagte einen Änderungsbescheid vom 18.11.2010, mit dem sie die Aufhebung umsetzte. Danach erhielt der Kläger nunmehr vom 30.09.2010 bis 09.12.2010 Arbeitslosengeld, das aber ab 10.11.2010 wegen eines angemeldeten Erstattungsanspruchs des Grundsicherungsträgers nicht zur Auszahlung kam.
Dagegen erhob der Kläger am 06.12.2010 Widerspruch, zu dessen Begründung er mitteilte, er habe in der Hoffnung eine Arbeitsstelle zu bekommen probeweise eine Beschäftigung aufgenommen. Er habe die Tätigkeit der Beklagten nicht gemeldet, weil es nicht zu einer Arbeitsstelle gekommen sei. Ihm sei bekannt, dass er jede Arbeitsaufnahme sofort der Beklagten melden müsse. Außerdem seien ihm nur 97,77 EUR ausgezahlt worden, der Rest sei mit einem Betrag von 300 EUR für eine Uniform verrechnet worden, die er aber sofort nach Arbeitsende wieder habe zurückgeben müssen. Das sei aus seiner Sicht nicht richtig. Er habe aufgrund der Arbeitsaufnahme nur Unkosten – zusätzlich nämlich noch die Fahrkosten nach B. – und Unannehmlichkeiten gehabt. Seine finanzielle Situation sei durch das Verhalten der Firma sehr schlecht.
Dazu legte der Kläger Nachberechnungen für Verdienstbescheinigungen für August 2010 vor, nach der ihm in diesem Monat für insgesamt 16 Stunden Arbeit je 8,46 EUR brutto zuzüglich Nachtzuschlag von insgesamt 7,61 EUR vergütet wurden (Netto: 97,77 EUR), und für September 2010, eine Vergütung für 36 Stunden, eine Zulage von 15 EUR und ein Nachtzuschlag für 19 Stunden von 24,11 EUR gezahlt wurden. Die Summe kam nicht zur Auszahlung, sondern wurde mit einem Einbehalt für eine Uniform von 300 EUR verrechnet.
Die Beklagte fragte bei der W.- und S. G. GmbH nach, die den Einsatzplan für August und September 2010 übersandte. Danach wurde der Kläger am Montag, den 30. und Dienstag, den 31.08.2010 von 15.00 bis 23.00 Uhr eingesetzt. Am Mittwoch und Donnerstag, den 01. und 02.09.2010 arbeitete er von 23.00 bis 07.00 Uhr, am Freitag, den 03.09.2010 von 19.00 bis 07.00 des folgenden Samstag. In der darauf folgenden Woche waren die vorgesehenen Einsatzzeiten bis einschließlich Donnerstag, den 09.09.2010 von 15.00 bis 23.00 Uhr. Danach wurde der Kläger nicht mehr eingesetzt. Die W.- und S. G. GmbH legte auch den bis 31.07.2010 befristeten Arbeitsvertrag vom 27.08.2010 vor, nach dem der Kläger als Vollzeitmitarbeiter im Sicherheitsdienst eingestellt wurde. Ausweislich der ebenfalls vorgelegten Kündigung vom 07.09.2010 wurde das Arbeitsverhältnis innerhalb der Probezeit zum 10.09.2010 gekündigt.
Mit Widerspruchsbescheid vom 14.12.2010 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Die Voraussetzungen der Bewilligung von Arbeitslosengeld seien mit der Aufnahme der Beschäftigung zum 30.08.2010 entfallen. Insofern sei in den Verhältnissen, die dem Bescheid vom 06.05.2010 zugrunde gelegen hätten, eine wesentliche Änderung eingetreten. Die Beklagte dürfe die Bewilligung auch rückwirkend ändern, weil der Kläger seiner Mitteilungspflicht vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen sei. Außerdem habe er zumindest wissen müssen, dass sein Leistungsanspruch ganz oder teilweise entfallen sei.
Dagegen erhob der Kläger am 21.12.2010 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe (SG), zu deren Begründung er ausführte, er habe sich vor Aufnahme der Beschäftigung bei der Beklagten erkundigt, ob er zu seinem Arbeitslosengeld noch geringfügig hinzuverdienen dürfe. Da das zu erwartende Arbeitsentgelt der Firma G. GmbH weit unter der Geringfügigkeitsgrenze gelegen habe, habe er die Tätigkeit dann aufgenommen. So habe er im August 142,97 EUR brutto verdient. Im September 2010 habe er 343,67 EUR brutto verdient, ausgezahlt habe er 85,62 EUR erhalten. Er habe somit im August und September 2010 praktisch nichts verdient. Von einem tatsächlichen Beschäftigungsverhältnis auf Dauer könne somit nicht einmal ansatzweise ausgegangen werden. Er habe gerade am 30.08.2010 keine Tätigkeit aufgenommen, die seine Arbeitslosigkeit beseitigt habe.
Mit Gerichtsbescheid vom 05.09.2011 wies das SG die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, der Kläger sei nicht mehr arbeitslos gewesen, weil er zum 30.08.2010 eine Vollzeittätigkeit ausgeübt habe. Deshalb habe ihm ab 30.08.2010 kein Anspruch auf Arbeitslosengeld mehr zugestanden. Er sei erst wieder entstanden als der Kläger sich am 30.09.2010 erneut arbeitslos gemeldet habe. Der Kläger sei seiner Pflicht zur Mitteilung der aufgenommenen Beschäftigung nicht nachgekommen. Das sei auch zumindest grob fahrlässig geschehen. Die Aufhebung sei deshalb zu Recht erfolgt, er müsse nach § 50 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) und nach § 335 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) auch die gewährten Leistungen zuzüglich Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung erstatten. Der Gerichtsbescheid wurde dem Kläger am 07.09.2011 zugestellt.
Dagegen richtet sich die am 07.10.2011 eingelegte Berufung des Klägers, zu deren Begründung er vorträgt, er habe bis zur Kündigung des Arbeitgebers weniger als 15 Stunden wöchentlich gearbeitet. Im August seien es 16 Stunden gewesen, im September seien noch 36 Stunden dazugekommen. Er habe in dieser Zeit fast keinen Verdienst erzielt. Daraus ergebe sich, dass die Tätigkeit unter 15 Stunden wöchentlich gewesen sei. Die Bestätigung des Arbeitgebers sei falsch, denn wenn er 40 Stunden wöchentlich eingesetzt worden sei, habe viel mehr Entgelt herauskommen müssen. Aus den Verdienstabrechnungen könne nur auf eine geringfügige Beschäftigung geschlossen werden. Das Beschäftigungsverhältnis habe sich auch im Nachhinein nicht anders entwickelt als beabsichtigt. Die tatsächliche Dauer der Beschäftigung sei insofern unstreitig.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 05. September 2011 und die Bescheide der Beklagten vom 18.11.2010 sowie den Widerspruchsbescheid vom 14.12.2010 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung bezieht sie sich auf die angefochtenen Entscheidungen. Aus dem Vortrag des Klägers und dem vorliegenden Einsatzplan ergebe sich ein werktäglicher Einsatz von mindestens acht Stunden.
Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Bezüglich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird Bezug genommen auf die Akten des Senats, des Sozialgerichts Karlsruhe und einen Band Verwaltungsakten der Beklagten, die Gegenstand der Entscheidungsfindung waren.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig. Sie ist aber unbegründet. Das SG hat im Ergebnis die Klage zu Recht abgewiesen, denn der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig.
Der Senat konnte gemäß § 124 Abs. 2 SGG durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil die Beteiligten dieser Verfahrensweise zugestimmt haben.
1. Der angefochtene Bescheid ist nicht bereits deshalb rechtswidrig, weil er verfahrensfehlerhaft zustande gekommen ist, denn der vor Erlass des Bescheids vom 18.11.2010 begangene Verfahrensfehler wurde im Widerspruchsverfahren geheilt.
Nach § 24 Abs. 1 SGB X ist dem Betroffenen Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung maßgeblichen Tatsachen zu äußern bevor ein Verwaltungsakt erlassen wird, der in seine Rechte eingreift. Die für die Entscheidung erheblichen Tatsachen sind solche, auf die die Behörde - vorliegend die Beklagte - den Verfügungssatz der beabsichtigten Entscheidung zumindest auch zu stützen beabsichtigt. Beurteilungsmaßstab für die Entscheidungserheblichkeit ist die materiell-rechtliche Rechtsauffassung der Behörde (von Wulffen in: von Wulffen, Kommentar zum SGB X, § 24 Rn. 9 mwN). Tatsachen sind solche, die den objektiven und den subjektiven Tatbestand der von der Behörde für maßgeblich gehaltenen Norm betreffen, die Anhörung muss also z.B. auch Tatsachen betreffend eventuell notwendigen Vorsatz oder Fahrlässigkeit umfassen.
Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Die Beklagte hörte den Kläger vor Erlass des Bescheids vom 18.11.2010 nicht an, teilte ihm nicht einmal mit, dass sie in Ermittlungen eingetreten war.
Dieser Fehler wurde aber im Widerspruchsverfahren geheilt. Nach § 41 Abs. 2 SGB X können Handlungen nach § 41 Abs. 1 Nr. 3 SGB X, d.h. Anhörungen, bis zur letzten Tatsacheninstanz eines sozialgerichtlichen Verfahrens nachgeholt werden. Diese Voraussetzungen sind hier im Widerspruchsverfahren gerade noch erfüllt. Im Bescheid vom 18.11.2010 teilte die Beklagte alle aus ihrer Sicht maßgeblichen objektiven Tatsachen mit. Sie führte aus, dass sie der Auffassung war, dass der Kläger eine Tätigkeit von mehr als 15 Stunden wöchentlich aufgenommen habe, dass er diesen Umstand nicht mitgeteilt habe.
Der Kläger hatte im Widerspruchsverfahren die Möglichkeit sich zu diesen Tatsachen zu äußern. Das hat er auch in seiner Widerspruchsbegründung getan.
Die Beklagte führte zwar im Bescheid vom 18.11.2010 nichts zum Vorliegen der subjektiven Tatsachen (Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis vom Entfallen der Voraussetzungen für den Arbeitslosengeldanspruch) aus, sie durfte aber im Widerspruchsverfahren von einer diesbezüglichen Anhörung absehen, weil sie insofern nur Tatsachen berücksichtigte, die der Kläger selbst mitgeteilt hatte, § 24 Abs. 2 Nr. 3 SGB X. Der Kläger teilte in seinem Widerspruchsschreiben selbst mit, dass ihm bekannt sei, dass er der Beklagten jede Arbeitsaufnahme mitteilen müsse, und gab zu erkennen, dass er auch wusste, dass jede Arbeitsaufnahme Auswirkungen auf den Anspruch auf Arbeitslosengeld haben konnte.
Die Heilung nach § 41 SGB X wurde in diesem konkreten Einzelfall schließlich nicht dadurch verhindert, dass die Beklagte im Widerspruchsverfahren weiter ermittelt hat. Sie zog insofern weitere Unterlagen beim Arbeitgeber bei. Zu diesen Unterlagen gab sie dem Kläger erneut keine Gelegenheit zur Stellungnahme, insbesondere wurde eine Anhörung im gerichtlichen Verfahren der Tatsacheninstanzen nicht durch ein gesondertes Verwaltungsverfahren nachgeholt, was nach Auffassung des Senats für den Eintritt der Heilung des Verfahrensfehlers erst im sozialgerichtlichen Verfahren aber erforderlich ist (vgl. Schütze in von Wulffen, a.a.O., § 41 Rnr. 16 m.w.H. auf den Streitstand). Diese Unterlagen änderten aber die von der Beklagten zugrunde gelegten Tatsachen nicht, sondern bestätigten nur die aus den vom Kläger vorgelegten Verdienstbescheinigungen ersichtlichen Klägerangaben; denn der Einsatzplan und der im Widerspruchsverfahren vorgelegte Arbeitsvertrag zeigten weiterhin, dass der Kläger mehr als 15 Stunden wöchentlich arbeitete. Anhaltspunkte für eine andere Bewertung der subjektiven Tatbestandsmerkmale der schuldhaften Verletzung von Mitteilungspflichten ergaben sich nicht. Insofern durfte die Beklagte gemäß § 41 Abs. 1 Nr. 3 SGB X wiederum davon absehen, den Kläger erneut zu den neu vorliegenden Unterlagen zu hören. Es kommt somit nicht darauf an, dass Verfahrensfehler grundsätzlich unbeachtlich sind, wenn sie offensichtlich die Sachentscheidung nicht beeinflusst haben, weil dies für die unterbliebene Anhörung von Gesetzes wegen nicht gilt (§ 42 S. 2 SGB X). Ein Verfahrensfehler im Widerspruchsverfahren liegt bereits nicht vor.
2. Der Aufhebungsbescheid ist auch materiell rechtmäßig, denn die Voraussetzungen für eine Aufhebung nach §§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 und 4 SGB X, 330 Abs. 3 SGB III sind erfüllt. Insofern wird zunächst vollinhaltlich auf die zutreffenden Ausführungen des SG im Gerichtsbescheid vom 05.09.2010 Bezug genommen, § 153 Abs. 2 SGG. Sie stehen im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, wonach die – auch rückschauende – Prüfung der Kurzzeitigkeit der Beschäftigung bei Beginn der Beschäftigung vorzunehmen ist (vgl. BSGE Urteil vom 29.10.2008 – B 11 AL 44/07 R –, SozR 4-4300 § 118 Nr. 3, und vom 15.12.1999 – B 11 AL 53/99 R –, jeweils auch veröff. in Juris).
Ergänzend weist der Senat auf Folgendes hin: Die Ausführungen des Klägers im Berufungsverfahren führen zu keiner anderen Entscheidung. Der Kläger macht geltend, dass er nicht mindestens 15 Stunden wöchentlich gearbeitet habe. Er meint, dass aus 16 Stunden im August und 36 Stunden im September keine Tätigkeit von mehr als 15 Stunden wöchentlich geschlossen werden könne. Diese Ausführungen sind nicht nachvollziehbar. Der Kläger stand – insofern unstreitig – insgesamt 12 Tage, d.h. zwei Tage weniger als zwei Wochen, in einem Arbeitsverhältnis zur Firma W.- und S. G. GmbH. In diesen zwölf Tagen arbeitete er nach eigenem Vorbringen insgesamt 52 Stunden (16 + 36 = 52) und damit deutlich mehr als 30 (2 Wochen x 15 Stunden = 30) Stunden. Wie der Kläger daraus ableiten möchte, dass er weniger als 15 Stunden wöchentlich gearbeitet habe, erschließt sich dem Senat nicht.
Auf die Geringfügigkeit des erzielten Entgelts kommt es insofern nicht an, denn nach § 119 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 Satz 1 SGB III in der im Jahr 2010 geltenden Fassung (aF) setzt Arbeitslosigkeit Beschäftigungslosigkeit voraus, die ausschließlich über die Arbeits- oder Tätigkeit von weniger als 15 Stunden wöchentlich definiert wird. Darüber hinaus liegt hier auch keine entgeltgeringfügige Beschäftigung im Sinne des § 8 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) vor. Der Kläger verdiente nach eigenem Vorbringen an insgesamt zwei Tagen im August 142,97 EUR. Umgerechnet auf 21 Arbeitstage im August 2010 (der Kläger arbeitete nach dem in den Akten befindlichen Einsatzplan nur montags bis freitags) bedeutet das ein monatliches Bruttoentgelt von 1.501,19 EUR. Im September 2010 arbeitete der Kläger nach seinen Angaben 10 Tage und erzielte in dieser Zeit ein Bruttoentgelt von 343,67 EUR. Legt man diese Angaben und nicht den Einsatzplan zugrunde, so lag das für einen vollen Monat zu erzielende Entgelt bei 1.031,01 EUR. Das spricht auch gegen die vom Kläger vorgetragene Entgeltgeringfügigkeit.
3. Der Erstattungsbescheid ist ebenfalls rechtmäßig. Die Verpflichtung des Klägers zur Erstattung des gezahlten Arbeitslosengelds ergibt sich aus § 50 SGB X, diejenige zur Erstattung der Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge aus § 335 SGB III. Der Vortrag des Klägers zum Missverhältnis von gezahltem Arbeitsentgelt und zurückzuzahlendem Arbeitslosengeld spricht nicht gegen die Rechtmäßigkeit der Rückforderung. Der Kläger beruft sich insofern auf die Rechtswidrigkeit der Entgeltabrechnungen des Arbeitgebers. Diese sind aber im Verhältnis zu diesem und nicht im Verhältnis zur Beklagten zu klären und haben insofern auch keine Auswirkungen auf die Rechtmäßigkeit der Erstattungsentscheidung.
Die Berufung war deshalb zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG. Der Senat hat davon abgesehen, der Beklagten einen Teil der außergerichtlichen Kosten des Klägers aufzuerlegen. Die Kostenentscheidung im gerichtlichen Verfahren umfasst auch die Kosten des Widerspruchsverfahrens (Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, § 193 Rn. 6a). Die Kostenentscheidung im angefochtenen Widerspruchsbescheid vom 14.12.2010 berücksichtigt offensichtlich die Regelung des § 63 Abs. 1 Satz 2 SGB X nicht und ist insofern rechtswidrig. Jedoch betreffen die Kosten des damals noch nicht durch einen Rechtsanwalt vertretenen Klägers im Widerspruchsverfahren nur einen so kleinen Teil seiner außergerichtlichen Kosten, dass der Senat von der Auferlegung einer Kostenquote gegen die Beklagte hier abgesehen hat. Der Senat kann deshalb auch unentschieden lassen, ob für die Auferlegung der Kosten des Widerspruchsverfahrens ein gesonderter Antrag erforderlich ist (so Bienert, info also 2011, 118, 123). Eine gesonderte Entscheidung über die Kosten des Widerspruchsverfahrens (wie Legde, SGb 1996, 468, 471 meint) kommt nach Auffassung des Senats im Hinblick auf den in § 193 SGG geregelten Grundsatz der einheitlichen Kostenentscheidung (Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, § 193 Rn. 2 mwN) nicht in Betracht.
Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten hat die Beklagte dem Kläger auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen die Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosengeld für die Zeit vom 30.08.2010 bis 29.09.2010 und die Aufforderung zur Erstattung von 823,41 EUR gezahlten Arbeitslosengelds und Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung.
Der im Jahr 1963 geborene Kläger bezog bereits in den Jahren 2004/2005 Arbeitslosengeld von der Beklagten. 2004 übte er neben dem Bezug von Arbeitslosengeld eine geringfügige Beschäftigung aus, die er der Beklagten auch meldete. Die Beklagte rechnete das Einkommen aus dieser Beschäftigung teilweise auf das Arbeitslosengeld an und forderte Arbeitslosengeld für Februar 2005 in Höhe von 195 EUR zurück (Bescheid vom 02.03.2005). In der Folge meldete der Kläger sich in Arbeit ab, nachdem ein Antrag auf Überprüfung des Rückforderungsbescheids keinen Erfolg gehabt hatte (Bescheid vom 13.07.2005).
Am 14.04.2010 meldete der Kläger sich erneut zum 11.05.2010 arbeitslos und beantragte die Bewilligung von Arbeitslosengeld. Auf dem Antrag bestätigte er den Erhalt des Merkblatts 1 für Arbeitslose. Mit Bescheid vom 06.05.2010 bewilligte die Beklagte dem Kläger Arbeitslosengeld für die Zeit vom 11.05.2010 bis 09.11.2010 in Höhe von 22,82 EUR täglich.
Am 08.09.2010 meldete der Kläger sich telefonisch bei der Beklagten und bat um Rückruf betreffend seine Meldung zur Krankenversicherung, der auch erfolgte. Am 30.09.2010 beantragte der Kläger im Rahmen einer persönlichen Vorsprache die Bewilligung von Arbeitslosengeld II im Anschluss an den Arbeitslosengeldbezug.
Durch einen Datenabgleich vom 25.10.2010 stellte die Beklagte fest, dass der Kläger ab 30.08.2010 versicherungspflichtig beim W.- und S. G. GmbH beschäftigt war. Diese Firma bestätigte die Beschäftigung des Klägers als Sicherheitsmitarbeiter für die Zeit vom 30.08.2010 bis 10.09.2010 in Vollzeit (40 Stunden wöchentlich). Der Kläger verdiente ausweislich der Arbeitsbescheinigung der W.- und S. G. GmbH vom 15.11.2010 in dieser Zeit insgesamt 454,92 EUR (135,36 EUR für August, 319,56 EUR für September) brutto. Die Firma teilte mit, dass das Arbeitsverhältnis am 07.09.2010 zum 10.09.2010 beendet worden sei.
Mit Bescheid vom 18.11.2010 hob die Beklagte die Bewilligung von Arbeitslosengeld für die Zeit vom 30.08.2010 bis 29.09.2010 auf. Zur Begründung führte sie aus, der Kläger sei ab 30.08.2010 in einer wöchentlich 15 Stunden und mehr umfassenden Beschäftigung und deshalb nicht mehr arbeitslos gewesen. Die nächste erneute persönliche Vorsprache sei erst am 30.09.2010 erfolgt. Deshalb sei die Bewilligung von Arbeitslosengeld vom 30.08.2010 bis 29.09.2010 aufzuheben. Den überzahlten Betrag von 684,60 EUR zuzüglich der in dieser Zeit gezahlten Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von 122,75 EUR und 16,06 EUR, insgesamt also 823,41 EUR müsse der Kläger erstatten. Gleichzeitig erließ die Beklagte einen Änderungsbescheid vom 18.11.2010, mit dem sie die Aufhebung umsetzte. Danach erhielt der Kläger nunmehr vom 30.09.2010 bis 09.12.2010 Arbeitslosengeld, das aber ab 10.11.2010 wegen eines angemeldeten Erstattungsanspruchs des Grundsicherungsträgers nicht zur Auszahlung kam.
Dagegen erhob der Kläger am 06.12.2010 Widerspruch, zu dessen Begründung er mitteilte, er habe in der Hoffnung eine Arbeitsstelle zu bekommen probeweise eine Beschäftigung aufgenommen. Er habe die Tätigkeit der Beklagten nicht gemeldet, weil es nicht zu einer Arbeitsstelle gekommen sei. Ihm sei bekannt, dass er jede Arbeitsaufnahme sofort der Beklagten melden müsse. Außerdem seien ihm nur 97,77 EUR ausgezahlt worden, der Rest sei mit einem Betrag von 300 EUR für eine Uniform verrechnet worden, die er aber sofort nach Arbeitsende wieder habe zurückgeben müssen. Das sei aus seiner Sicht nicht richtig. Er habe aufgrund der Arbeitsaufnahme nur Unkosten – zusätzlich nämlich noch die Fahrkosten nach B. – und Unannehmlichkeiten gehabt. Seine finanzielle Situation sei durch das Verhalten der Firma sehr schlecht.
Dazu legte der Kläger Nachberechnungen für Verdienstbescheinigungen für August 2010 vor, nach der ihm in diesem Monat für insgesamt 16 Stunden Arbeit je 8,46 EUR brutto zuzüglich Nachtzuschlag von insgesamt 7,61 EUR vergütet wurden (Netto: 97,77 EUR), und für September 2010, eine Vergütung für 36 Stunden, eine Zulage von 15 EUR und ein Nachtzuschlag für 19 Stunden von 24,11 EUR gezahlt wurden. Die Summe kam nicht zur Auszahlung, sondern wurde mit einem Einbehalt für eine Uniform von 300 EUR verrechnet.
Die Beklagte fragte bei der W.- und S. G. GmbH nach, die den Einsatzplan für August und September 2010 übersandte. Danach wurde der Kläger am Montag, den 30. und Dienstag, den 31.08.2010 von 15.00 bis 23.00 Uhr eingesetzt. Am Mittwoch und Donnerstag, den 01. und 02.09.2010 arbeitete er von 23.00 bis 07.00 Uhr, am Freitag, den 03.09.2010 von 19.00 bis 07.00 des folgenden Samstag. In der darauf folgenden Woche waren die vorgesehenen Einsatzzeiten bis einschließlich Donnerstag, den 09.09.2010 von 15.00 bis 23.00 Uhr. Danach wurde der Kläger nicht mehr eingesetzt. Die W.- und S. G. GmbH legte auch den bis 31.07.2010 befristeten Arbeitsvertrag vom 27.08.2010 vor, nach dem der Kläger als Vollzeitmitarbeiter im Sicherheitsdienst eingestellt wurde. Ausweislich der ebenfalls vorgelegten Kündigung vom 07.09.2010 wurde das Arbeitsverhältnis innerhalb der Probezeit zum 10.09.2010 gekündigt.
Mit Widerspruchsbescheid vom 14.12.2010 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Die Voraussetzungen der Bewilligung von Arbeitslosengeld seien mit der Aufnahme der Beschäftigung zum 30.08.2010 entfallen. Insofern sei in den Verhältnissen, die dem Bescheid vom 06.05.2010 zugrunde gelegen hätten, eine wesentliche Änderung eingetreten. Die Beklagte dürfe die Bewilligung auch rückwirkend ändern, weil der Kläger seiner Mitteilungspflicht vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen sei. Außerdem habe er zumindest wissen müssen, dass sein Leistungsanspruch ganz oder teilweise entfallen sei.
Dagegen erhob der Kläger am 21.12.2010 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe (SG), zu deren Begründung er ausführte, er habe sich vor Aufnahme der Beschäftigung bei der Beklagten erkundigt, ob er zu seinem Arbeitslosengeld noch geringfügig hinzuverdienen dürfe. Da das zu erwartende Arbeitsentgelt der Firma G. GmbH weit unter der Geringfügigkeitsgrenze gelegen habe, habe er die Tätigkeit dann aufgenommen. So habe er im August 142,97 EUR brutto verdient. Im September 2010 habe er 343,67 EUR brutto verdient, ausgezahlt habe er 85,62 EUR erhalten. Er habe somit im August und September 2010 praktisch nichts verdient. Von einem tatsächlichen Beschäftigungsverhältnis auf Dauer könne somit nicht einmal ansatzweise ausgegangen werden. Er habe gerade am 30.08.2010 keine Tätigkeit aufgenommen, die seine Arbeitslosigkeit beseitigt habe.
Mit Gerichtsbescheid vom 05.09.2011 wies das SG die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, der Kläger sei nicht mehr arbeitslos gewesen, weil er zum 30.08.2010 eine Vollzeittätigkeit ausgeübt habe. Deshalb habe ihm ab 30.08.2010 kein Anspruch auf Arbeitslosengeld mehr zugestanden. Er sei erst wieder entstanden als der Kläger sich am 30.09.2010 erneut arbeitslos gemeldet habe. Der Kläger sei seiner Pflicht zur Mitteilung der aufgenommenen Beschäftigung nicht nachgekommen. Das sei auch zumindest grob fahrlässig geschehen. Die Aufhebung sei deshalb zu Recht erfolgt, er müsse nach § 50 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) und nach § 335 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) auch die gewährten Leistungen zuzüglich Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung erstatten. Der Gerichtsbescheid wurde dem Kläger am 07.09.2011 zugestellt.
Dagegen richtet sich die am 07.10.2011 eingelegte Berufung des Klägers, zu deren Begründung er vorträgt, er habe bis zur Kündigung des Arbeitgebers weniger als 15 Stunden wöchentlich gearbeitet. Im August seien es 16 Stunden gewesen, im September seien noch 36 Stunden dazugekommen. Er habe in dieser Zeit fast keinen Verdienst erzielt. Daraus ergebe sich, dass die Tätigkeit unter 15 Stunden wöchentlich gewesen sei. Die Bestätigung des Arbeitgebers sei falsch, denn wenn er 40 Stunden wöchentlich eingesetzt worden sei, habe viel mehr Entgelt herauskommen müssen. Aus den Verdienstabrechnungen könne nur auf eine geringfügige Beschäftigung geschlossen werden. Das Beschäftigungsverhältnis habe sich auch im Nachhinein nicht anders entwickelt als beabsichtigt. Die tatsächliche Dauer der Beschäftigung sei insofern unstreitig.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 05. September 2011 und die Bescheide der Beklagten vom 18.11.2010 sowie den Widerspruchsbescheid vom 14.12.2010 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung bezieht sie sich auf die angefochtenen Entscheidungen. Aus dem Vortrag des Klägers und dem vorliegenden Einsatzplan ergebe sich ein werktäglicher Einsatz von mindestens acht Stunden.
Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Bezüglich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird Bezug genommen auf die Akten des Senats, des Sozialgerichts Karlsruhe und einen Band Verwaltungsakten der Beklagten, die Gegenstand der Entscheidungsfindung waren.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig. Sie ist aber unbegründet. Das SG hat im Ergebnis die Klage zu Recht abgewiesen, denn der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig.
Der Senat konnte gemäß § 124 Abs. 2 SGG durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil die Beteiligten dieser Verfahrensweise zugestimmt haben.
1. Der angefochtene Bescheid ist nicht bereits deshalb rechtswidrig, weil er verfahrensfehlerhaft zustande gekommen ist, denn der vor Erlass des Bescheids vom 18.11.2010 begangene Verfahrensfehler wurde im Widerspruchsverfahren geheilt.
Nach § 24 Abs. 1 SGB X ist dem Betroffenen Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung maßgeblichen Tatsachen zu äußern bevor ein Verwaltungsakt erlassen wird, der in seine Rechte eingreift. Die für die Entscheidung erheblichen Tatsachen sind solche, auf die die Behörde - vorliegend die Beklagte - den Verfügungssatz der beabsichtigten Entscheidung zumindest auch zu stützen beabsichtigt. Beurteilungsmaßstab für die Entscheidungserheblichkeit ist die materiell-rechtliche Rechtsauffassung der Behörde (von Wulffen in: von Wulffen, Kommentar zum SGB X, § 24 Rn. 9 mwN). Tatsachen sind solche, die den objektiven und den subjektiven Tatbestand der von der Behörde für maßgeblich gehaltenen Norm betreffen, die Anhörung muss also z.B. auch Tatsachen betreffend eventuell notwendigen Vorsatz oder Fahrlässigkeit umfassen.
Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Die Beklagte hörte den Kläger vor Erlass des Bescheids vom 18.11.2010 nicht an, teilte ihm nicht einmal mit, dass sie in Ermittlungen eingetreten war.
Dieser Fehler wurde aber im Widerspruchsverfahren geheilt. Nach § 41 Abs. 2 SGB X können Handlungen nach § 41 Abs. 1 Nr. 3 SGB X, d.h. Anhörungen, bis zur letzten Tatsacheninstanz eines sozialgerichtlichen Verfahrens nachgeholt werden. Diese Voraussetzungen sind hier im Widerspruchsverfahren gerade noch erfüllt. Im Bescheid vom 18.11.2010 teilte die Beklagte alle aus ihrer Sicht maßgeblichen objektiven Tatsachen mit. Sie führte aus, dass sie der Auffassung war, dass der Kläger eine Tätigkeit von mehr als 15 Stunden wöchentlich aufgenommen habe, dass er diesen Umstand nicht mitgeteilt habe.
Der Kläger hatte im Widerspruchsverfahren die Möglichkeit sich zu diesen Tatsachen zu äußern. Das hat er auch in seiner Widerspruchsbegründung getan.
Die Beklagte führte zwar im Bescheid vom 18.11.2010 nichts zum Vorliegen der subjektiven Tatsachen (Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis vom Entfallen der Voraussetzungen für den Arbeitslosengeldanspruch) aus, sie durfte aber im Widerspruchsverfahren von einer diesbezüglichen Anhörung absehen, weil sie insofern nur Tatsachen berücksichtigte, die der Kläger selbst mitgeteilt hatte, § 24 Abs. 2 Nr. 3 SGB X. Der Kläger teilte in seinem Widerspruchsschreiben selbst mit, dass ihm bekannt sei, dass er der Beklagten jede Arbeitsaufnahme mitteilen müsse, und gab zu erkennen, dass er auch wusste, dass jede Arbeitsaufnahme Auswirkungen auf den Anspruch auf Arbeitslosengeld haben konnte.
Die Heilung nach § 41 SGB X wurde in diesem konkreten Einzelfall schließlich nicht dadurch verhindert, dass die Beklagte im Widerspruchsverfahren weiter ermittelt hat. Sie zog insofern weitere Unterlagen beim Arbeitgeber bei. Zu diesen Unterlagen gab sie dem Kläger erneut keine Gelegenheit zur Stellungnahme, insbesondere wurde eine Anhörung im gerichtlichen Verfahren der Tatsacheninstanzen nicht durch ein gesondertes Verwaltungsverfahren nachgeholt, was nach Auffassung des Senats für den Eintritt der Heilung des Verfahrensfehlers erst im sozialgerichtlichen Verfahren aber erforderlich ist (vgl. Schütze in von Wulffen, a.a.O., § 41 Rnr. 16 m.w.H. auf den Streitstand). Diese Unterlagen änderten aber die von der Beklagten zugrunde gelegten Tatsachen nicht, sondern bestätigten nur die aus den vom Kläger vorgelegten Verdienstbescheinigungen ersichtlichen Klägerangaben; denn der Einsatzplan und der im Widerspruchsverfahren vorgelegte Arbeitsvertrag zeigten weiterhin, dass der Kläger mehr als 15 Stunden wöchentlich arbeitete. Anhaltspunkte für eine andere Bewertung der subjektiven Tatbestandsmerkmale der schuldhaften Verletzung von Mitteilungspflichten ergaben sich nicht. Insofern durfte die Beklagte gemäß § 41 Abs. 1 Nr. 3 SGB X wiederum davon absehen, den Kläger erneut zu den neu vorliegenden Unterlagen zu hören. Es kommt somit nicht darauf an, dass Verfahrensfehler grundsätzlich unbeachtlich sind, wenn sie offensichtlich die Sachentscheidung nicht beeinflusst haben, weil dies für die unterbliebene Anhörung von Gesetzes wegen nicht gilt (§ 42 S. 2 SGB X). Ein Verfahrensfehler im Widerspruchsverfahren liegt bereits nicht vor.
2. Der Aufhebungsbescheid ist auch materiell rechtmäßig, denn die Voraussetzungen für eine Aufhebung nach §§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 und 4 SGB X, 330 Abs. 3 SGB III sind erfüllt. Insofern wird zunächst vollinhaltlich auf die zutreffenden Ausführungen des SG im Gerichtsbescheid vom 05.09.2010 Bezug genommen, § 153 Abs. 2 SGG. Sie stehen im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, wonach die – auch rückschauende – Prüfung der Kurzzeitigkeit der Beschäftigung bei Beginn der Beschäftigung vorzunehmen ist (vgl. BSGE Urteil vom 29.10.2008 – B 11 AL 44/07 R –, SozR 4-4300 § 118 Nr. 3, und vom 15.12.1999 – B 11 AL 53/99 R –, jeweils auch veröff. in Juris).
Ergänzend weist der Senat auf Folgendes hin: Die Ausführungen des Klägers im Berufungsverfahren führen zu keiner anderen Entscheidung. Der Kläger macht geltend, dass er nicht mindestens 15 Stunden wöchentlich gearbeitet habe. Er meint, dass aus 16 Stunden im August und 36 Stunden im September keine Tätigkeit von mehr als 15 Stunden wöchentlich geschlossen werden könne. Diese Ausführungen sind nicht nachvollziehbar. Der Kläger stand – insofern unstreitig – insgesamt 12 Tage, d.h. zwei Tage weniger als zwei Wochen, in einem Arbeitsverhältnis zur Firma W.- und S. G. GmbH. In diesen zwölf Tagen arbeitete er nach eigenem Vorbringen insgesamt 52 Stunden (16 + 36 = 52) und damit deutlich mehr als 30 (2 Wochen x 15 Stunden = 30) Stunden. Wie der Kläger daraus ableiten möchte, dass er weniger als 15 Stunden wöchentlich gearbeitet habe, erschließt sich dem Senat nicht.
Auf die Geringfügigkeit des erzielten Entgelts kommt es insofern nicht an, denn nach § 119 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 Satz 1 SGB III in der im Jahr 2010 geltenden Fassung (aF) setzt Arbeitslosigkeit Beschäftigungslosigkeit voraus, die ausschließlich über die Arbeits- oder Tätigkeit von weniger als 15 Stunden wöchentlich definiert wird. Darüber hinaus liegt hier auch keine entgeltgeringfügige Beschäftigung im Sinne des § 8 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) vor. Der Kläger verdiente nach eigenem Vorbringen an insgesamt zwei Tagen im August 142,97 EUR. Umgerechnet auf 21 Arbeitstage im August 2010 (der Kläger arbeitete nach dem in den Akten befindlichen Einsatzplan nur montags bis freitags) bedeutet das ein monatliches Bruttoentgelt von 1.501,19 EUR. Im September 2010 arbeitete der Kläger nach seinen Angaben 10 Tage und erzielte in dieser Zeit ein Bruttoentgelt von 343,67 EUR. Legt man diese Angaben und nicht den Einsatzplan zugrunde, so lag das für einen vollen Monat zu erzielende Entgelt bei 1.031,01 EUR. Das spricht auch gegen die vom Kläger vorgetragene Entgeltgeringfügigkeit.
3. Der Erstattungsbescheid ist ebenfalls rechtmäßig. Die Verpflichtung des Klägers zur Erstattung des gezahlten Arbeitslosengelds ergibt sich aus § 50 SGB X, diejenige zur Erstattung der Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge aus § 335 SGB III. Der Vortrag des Klägers zum Missverhältnis von gezahltem Arbeitsentgelt und zurückzuzahlendem Arbeitslosengeld spricht nicht gegen die Rechtmäßigkeit der Rückforderung. Der Kläger beruft sich insofern auf die Rechtswidrigkeit der Entgeltabrechnungen des Arbeitgebers. Diese sind aber im Verhältnis zu diesem und nicht im Verhältnis zur Beklagten zu klären und haben insofern auch keine Auswirkungen auf die Rechtmäßigkeit der Erstattungsentscheidung.
Die Berufung war deshalb zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG. Der Senat hat davon abgesehen, der Beklagten einen Teil der außergerichtlichen Kosten des Klägers aufzuerlegen. Die Kostenentscheidung im gerichtlichen Verfahren umfasst auch die Kosten des Widerspruchsverfahrens (Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, § 193 Rn. 6a). Die Kostenentscheidung im angefochtenen Widerspruchsbescheid vom 14.12.2010 berücksichtigt offensichtlich die Regelung des § 63 Abs. 1 Satz 2 SGB X nicht und ist insofern rechtswidrig. Jedoch betreffen die Kosten des damals noch nicht durch einen Rechtsanwalt vertretenen Klägers im Widerspruchsverfahren nur einen so kleinen Teil seiner außergerichtlichen Kosten, dass der Senat von der Auferlegung einer Kostenquote gegen die Beklagte hier abgesehen hat. Der Senat kann deshalb auch unentschieden lassen, ob für die Auferlegung der Kosten des Widerspruchsverfahrens ein gesonderter Antrag erforderlich ist (so Bienert, info also 2011, 118, 123). Eine gesonderte Entscheidung über die Kosten des Widerspruchsverfahrens (wie Legde, SGb 1996, 468, 471 meint) kommt nach Auffassung des Senats im Hinblick auf den in § 193 SGG geregelten Grundsatz der einheitlichen Kostenentscheidung (Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, § 193 Rn. 2 mwN) nicht in Betracht.
Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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