Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
24
1. Instanz
SG Potsdam (BRB)
Aktenzeichen
S 1 KA 109/07
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 24 KA 18/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 10. November 2010 wird zurückgewiesen. Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens. Die Revision wird nicht zugelassen. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 20.000,- EUR festgesetzt.
Gründe:
I.
Streitig ist eine höhere Vergütung der Klägerin aus vertragsärztlicher Tätigkeit für die Quartale III und IV/2005 sowie I und II/2006.
Die Klägerin ist seit 1. Juli 2000 als Fachärztin für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde mit Sitz in W zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen.
Mit Honorarbescheiden vom 26. Januar 2006 (III/2005), 27. April 2006 (IV/2005), 27. Juli 2006 (I/2006) und 26. Oktober 2006 (II/2005) bewilligte die beklagte Kassenärztliche Vereinigung (KV) der Klägerin für das Quartal III/2005 ein Gesamthonorar vor Abzug von Praxisgebühr und Verwaltungskosten i.H.v. 34.286,88 EUR (1.230 Behandlungsfälle), für das Quartal IV/2005 i.H.v. 36.176,65 EUR (1.220 Behandlungsfälle), für das Quartal I/2006 i.H.v. 35.664,41 EUR (1.380 Behandlungsfälle) und für das Quartal II/2006 i.H.v. 35.270,13 EUR (1.302 Behandlungsfälle). Wegen der Einzelheiten wird auf die Honorarbescheide nebst Anlagen Bezug genommen. Mit ihren Widersprüchen wandte sich die Klägerin gegen den ab 1. April 2005 geltenden und den Abrechnungen zugrunde liegenden Honorarverteilungsvertrag (HVV) der Beklagten und der Krankenkassen vom 19. Mai 2005. Mit Widerspruchsbescheiden vom 30. Mai 2007 (III/2005), 6. September 2007 (IV/2005), 14. November 2007 (I/2006) und 22. November 2007 (II/2006) wies die Beklagte die Widersprüche zurück. Alle Leistungen seien entsprechend den Regelungen des HVV vergütet worden. Dieser verstoße nicht gegen höherrangiges Recht.
Das Sozialgericht (SG) Potsdam hat nach Verbindung der Klagen - S 1 KA 154/07 – (IV/2005), - S 1 KA 185/07 – (I/2006) und – S 1 KA 190/07 (II/2006) – zum Verfahren – S 1 KA 109/07 – (III/2005) die auf Aufhebung der angefochtenen Bescheide und Verpflichtung der Beklagten zur Neubescheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts gerichteten Klagen mit Urteil vom 10. November 2010 abgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt: Die Klagen seien nicht begründet. Die angegriffenen Honorarbescheide seien rechtmäßig. Der von der Beklagten angewandte HVV verstoße nicht gegen höherrangiges Recht und stehe insbesondere im Einklang mit § 85 Abs. 4 Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Krankenversicherung – (SGB V) in der hier anwendbaren Fassung vom 14. November 2003 (BGBl I 2190) und dem Beschluss des Bewertungsausschusses vom 29. Oktober 2004. Die unter das Regelleistungsvolumen (RLV) fallenden Leistungen seien der Klägerin im Primärkassenbereich mit 4,01 Cent und im Ersatzkassenbereich letztlich mit bis 4,31 Cent vergütet worden. Der darüber hinaus angeforderte Leistungsbedarf sei entsprechend den Regelungen des HVV in Umsetzung von § 85 Abs. 4 Satz 8 SGB V honoriert worden. Der einheitliche untere Punktwert sei nicht zu beanstanden. Eine Verpflichtung der Beklagten zur Auszahlung eines festen Punktwertes i.H.v. 5,11 Cent habe nicht bestanden.
Mit der Berufung verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie trägt vor: Der nicht unter das RLV fallende Leistungsbedarf müsse entsprechend § 85 Abs. 4 Satz 8 SGB V mit abgestaffelten Punktwerten, d.h. mit mindestens zwei Punktwertgruppen, vergütet werden. Die dem entgegen stehenden Regelungen des HVV seien rechtswidrig. Auch die tatsächliche Höhe der Restpunktwerte verletze offenkundig den Grundsatz einer angemessenen Vergütung. Sie führe letztlich zu einer Leistungserbringung "zum Nulltarif". Die Regelung des § 10 Abs. 4 HVV entspreche nicht den vom Bundessozialgericht (BSG) entwickelten Anforderungen für unterdurchschnittlich abrechnenden Praxen.
Sie beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 10. November 2010 und die Bescheide der Beklagten vom 26. Januar 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Mai 2007, vom 27. April 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. September 2007, vom 27. Juli 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. November 2007 und vom 26. Oktober 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. November 2007 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, sie hinsichtlich ihres Vergütungsanspruchs für die Quartale III und IV/2005 sowie I und II/2006 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Im Übrigen handele es sich bei der Praxis der Klägerin, sowohl was die Patientenzahl als auch das Honorar betrifft, nicht um eine unterdurchschnittliche Praxis.
Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf deren vorbereitende Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Der Verwaltungsvorgang der Beklagten und die Gerichtsakte haben vorgelegen und sind Gegenstand der Beratung gewesen.
II.
Der Senat hat gemäß § 153 Abs. 4 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) die Berufung der Klägerin durch Beschluss zurückweisen können, weil er dieses Rechtsmittel einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich gehalten hat. Die Beteiligten sind hierzu vorher gehört worden (§ 153 Abs. 4 Satz 2 SGG).
Die Berufung der Klägerin, mit der sie ihre statthaften kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen in Gestalt von Bescheidungsklagen weiter verfolgt, ist nicht begründet. Die Beklagte hat die einschlägigen Bestimmungen des hier anwendbaren HVV vom 19. Mai 2005, gültig ab 1. April 2005, modifiziert durch den Beschluss der Vertreterversammlung vom 17. Februar 2006 und die Richtlinie zur Auslegung des HVV (RiLiHVV) vom 22. Juni 2005, gültig ab 1. April 2005, zutreffend angewandt. Diese verstoßen nicht gegen höherrangiges Recht.
Rechtsgrundlage für Honorarverteilungsbestimmungen ist § 85 Abs. 4 SGB V in der ab 1. Januar 2005 geltenden, hier anzuwendenden Fassung (im Folgenden ohne Zusatz zitiert). Danach verteilt die Kassenärztliche Vereinigung (KV) die Gesamtvergütungen an die Vertragsärzte; in der vertragsärztlichen Versorgung verteilt sie die Gesamtvergütung getrennt für die Bereiche der hausärztlichen und der fachärztlichen Versorgung (§ 73 SGB V). Sie wendet dabei ab dem 1. Juli 2004 den mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Verbänden der Ersatzkassen erstmalig bis zum 30. April 2004 gemeinsam und einheitlich zu vereinbarenden Verteilungsmaßstab an. Bei der Verteilung der Gesamtvergütung sind Art und Umfang der Leistungen der Vertragsärzte zu Grunde zu legen; dabei ist jeweils für die von den Krankenkassen einer Kassenart gezahlten Vergütungsbeträge ein Punktwert in gleicher Höhe festzulegen. Der Verteilungsmaßstab hat sicherzustellen, dass die Gesamtvergütungen gleichmäßig auf das gesamte Jahr verteilt werden. Der Verteilungsmaßstab hat Regelungen zur Verhinderung einer übermäßigen Ausdehnung der Tätigkeit des Vertragsarztes vorzusehen. Insbesondere sind arztgruppenspezifische Grenzwerte festzulegen, bis zu denen die von einer Arztpraxis erbrachten Leistungen mit festen Punktwerten zu vergüten sind (Regelleistungsvolumina). Für den Fall der Überschreitung der Grenzwerte ist vorzusehen, dass die den Grenzwert überschreitende Leistungsmenge mit abgestaffelten Punktwerten vergütet wird (§ 85 Abs. 4 Sätze 1 bis 8 SGB V). Der Bewertungsausschuss bestimmt Kriterien zur Verteilung der Gesamtvergütungen, insbesondere zur Festlegung der Vergütungsanteile für die hausärztliche und die fachärztliche Versorgung; er bestimmt ferner den Inhalt der nach § 85 Abs. 4 Satz 4, 6, 7 und 8 SGB V zu treffenden Regelungen (vgl. § 85 Abs. 4a SGB V). Dieser Verpflichtung ist der Bewertungsausschuss mit dem Beschluss vom 29. Oktober 2004 zur Festlegung von RLV durch die KVen gemäß § 85 Abs. 4 SGB V m.W.v. 1. Januar 2005 (Deutsches Ärzteblatt 101, Ausgabe 46 vom 12. November 2004; BRLV) nachgekommen, dessen Inhalt Bestandteil des hier anzuwendenden HVV ist. Die KVen und die seit 1. Juli 2004 als Vertragspartner beteiligten Krankenkassen haben bei der Ausformung des Honorarverteilungsmaßstabs einen Gestaltungsspielraum. Zu beachten sind dabei allerdings insbesondere das in § 85 Abs. 4 Satz 3 SGB V angesprochene Gebot leistungsproportionaler Verteilung des Honorars sowie der aus Art. 12 Abs. 1 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) herzuleitende Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit (vgl. st Rspr. des BSG, SozR 4-2500 § 72 Nr. 2). Das bedeutet indessen nicht, dass gleiche Leistungen stets gleich vergütet werden müssen. Beide Prinzipien stellen vielmehr nur Grundsätze dar, von denen aus sachlichem Grund abgewichen werden darf. Die Bildung von Honorarkontingenten für die einzelnen Arztgruppen ist daher rechtmäßig. Dabei können Arztgruppen, die gewisse Ähnlichkeiten aufweisen, getrennt geführt oder zu einer einheitlichen Gruppe zusammengefasst werden (vgl. BSG SozR 4-2500 § 85 Nr. 40). Die sachliche Rechtfertigung für die Bildung von Honorartöpfen folgt aus dem Bestreben, dass die in § 85 Abs. 3 bis 3e SGB V normierten Obergrenzen für Erhöhungen der Gesamtvergütungen sich in den verschiedenen Arztgruppen bzw. Leistungsbereichen gleichmäßig auswirken und nicht die Anteile einzelner Arztgruppen an den Gesamtvergütungen verringert werden, weil andere Gruppen durch Mengenausweitungen ihre Anteile absichern oder sogar vergrößern. Dadurch werden die Punktwerte in den einzelnen Leistungsbereichen stabilisiert, sodass die Ärzte ihre vertragsärztlichen Einnahmen sicherer kalkulieren können. Der Zuordnung zu einem Honorarkontingent steht nicht entgegen, dass Leistungen betroffen sind, die überweisungsgebunden sind (vgl. BSG SozR 4-2500 § 85 Nr. 24). Ein Honorartopf kann auch Leistungen erfassen, die einer Mengenausweitung nicht zugänglich sind. Die Zuordnung zu einem Honorarkontingent wird auch nicht ohne weiteres dadurch rechtswidrig, dass die Leistungsmengen erkennbar durch andere Ärzte und deren Überweisungsaufträge ausgeweitet werden und dadurch ein Punktwertverfall eintritt. Bei der Bildung von Honorarkontingenten kann grundsätzlich an die Verhältnisse in einem früheren Quartal angeknüpft werden (vgl. zum Ganzen BSG, Urteil vom 23. März 2011 – B 6 KA 6/10 – juris – mit umfangreichen Nachweisen aus der Rspr. des BSG).
Für die Arztgruppe, der die Klägerin in den streitigen Quartalen angehörte (Fachärzte für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde vgl. Anlage 1 zum HVV), galt gemäß § 10 Abs. 1 HVV ein fallzahlabhängiges RLV, innerhalb dessen feste Punktwerte (vgl. § 85 Abs. 4 Satz 7 SGB V) vergütet wurden. Das kassenartenspezifische RLV errechnete sich aus der Multiplikation der kassenartenübergreifenden und arztgruppenspezifischen Grenzfallpunktzahl (GFPZ) mit der kassenartenspezifischen Grenzfallzahl und dem individuellen Anteil an ambulant kurativen Behandlungsfällen einer Kassenart zur Gesamtfallzahl unter Berücksichtigung des praxisindividuellen Korrekturfaktors (KF) nach § 10 Abs. 4 HVV, der sich bei der Klägerin vorliegend auf 1,25 belief (Verhältnis der individuellen Zahl der Behandlungsfälle gemäß § 10 Abs. 1 HVV zur durchschnittlichen Fallzahl der entsprechenden Arztgruppe gemäß Anlage 1 im Basiszeitraum IV/03 bis III/04). Die arztgruppenspezifische GFPZ betrug für die einschlägige Arztgruppe 900 Punkte. Hieraus ergab sich das von der Beklagten zutreffend ermittelte RLV im Quartal III/2005 für den Primärkassenbereich von 357.300 (397 x 900) und für den Ersatzkassenbereich von 430.200 Punkten (478 x 900). Die Berechnung des RLV für die übrigen Quartale ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Die dem RLV unterfallenden Leistungen der Klägerin wurden mit den festen Punktwerten nach § 7 Abs. 3 HVV vergütet (Primärkassenbereich 4,1 Cent, Ersatzkassenbereich mindestens 4,1 Cent, höchstens 4,5 Cent, ausgezahlt 4,13 Cent bis 4,31 Cent). Eine Erhöhung des KF gemäß § 10 Abs. 4 letzter Satz HVV i.V.m. Abschnitt C Nr. 1.1. und B Abs. 3 RiLiHVV hatte nicht zu erfolgen. Auch eine Anhebung des KF bzw. der GFPZ nach den Regelungen der RiLiHVV bzw. des HVV wegen Praxisbesonderheiten scheidet aus. Auf die zutreffenden Ausführungen in den angefochtenen Widerspruchsbescheiden verweist der Senat insoweit gemäß § 136 Abs. 3 SGG.
Der hier anwendbare HVV genügt auch den Vorgaben des BRLV. Auf die zutreffenden Ausführungen in dem angefochtenen Urteil wird insoweit gemäß § 153 Abs. 2 SGG verwiesen (S 9 Absatz 3 Zeile 1 bis S 13 Absatz 1 letzte Zeile).
Entgegen der Auffassung der Klägerin war die Beklagte auch nicht verpflichtet, für die dem RLV unterfallenden Leistungen einen festen Punktwert von 5,11 Cent in Ansatz zu bringen. Das BSG hatte zwar hierzu für Fälle aus der Zeit bis Ende 1998 entschieden, dass die ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Vertragsärzte und die im Delegationsverfahren tätigen Psychotherapeuten im Rahmen der Honorarverteilung im Hinblick auf den von der Beklagten zu beachtenden Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit grundsätzlich einen Anspruch auf Honorierung der zeitgebundenen und genehmigungsbedürftigen psychotherapeutischen Leistungen nach Abschnitt G IV des EBM aF mit einem Punktwert von 10 Pfennig (= 5,11 Cent) haben (vgl Urteile vom 25. August 1999 - B 6 KA 14/98 R = SozR 3-2500 § 85 Nr. 33, vom 12. September 2001 - B 6 KA 58/00 R = SozR 3-2500 § 85 Nr. 41, vom 6. November 2002 - B 6 KA 21/02 R = SozR 3-2500 § 85 Nr. 49 sowie vom 28. Januar 2004 - B 6 KA 52/03 R = SozR 4-2500 § 85 Nr. 8, jeweils m.w.N.). Demgemäß sieht § 85 Abs. 4 Satz 4 SGB V nunmehr auch ausdrücklich vor, dass u.a. ausschließlich psychotherapeutisch tätige Ärzte je Zeiteinheit angemessen zu vergüten sind. Die Klägerin gehört aber nicht zu dieser Arztgruppe.
Auch die Vergütungen der das RLV in den in Rede stehenden Quartalen übersteigenden Überschreitungsleistungen sind nicht zu beanstanden. Sie beruhen auf § 13 Abs. 2 HVV i.V.m. § 7 Abs. 3 HVV bzw. § 8 Abs. 4 HVV. Entgegen der Auffassung der Klägerin schreibt das Gesetz in § 85 Abs. 4 Satz 8 SGB VI nicht vor, dass die abgestaffelte Restpunktmenge aus mindestens zwei Punktgruppen bestehen muss. Es besteht im Hinblick auf die Deckelung der Gesamtvergütung auch kein Anspruch auf eine "Mindestvergütung" der Restpunktmenge; vielmehr richtet sich diese durchweg danach, welche festen Punktwerte im RLV zu vergüten sind. Nach der Rechtsprechung des BSG, die der Senat seiner Entscheidung zugrunde legt, sind Regelungen in Honorarverteilungsbestimmungen nicht zu beanstanden, die darauf abzielen, die Honoraranforderungen in Übereinstimmung mit dem Gesamtvergütungsvolumen zu bringen, wenn dieses nicht ausreicht, um die von den Vertragszahnärzten erbrachten Leistungen mit den vollen - in den Vereinbarungen mit den Krankenkassen vorgesehenen - Punktwerten zu vergüten (vgl. BSG, Urteil vom 8. Februar 2006 – B 6 KA 25/05 R = SozR 4-2500 § 85 Nr. 23 m.w.N.).
Ein aus dem Gebot einer angemessenen Vergütung herzuleitender Anspruch auf Höherbewertung bestimmter Leistungen oder Leistungskomplexe besteht nicht (BSG, Urteil vom 7. Februar 1996 – 6 RKa 6/95 - juris). Allgemein gilt hier, dass der Anspruch eines Vertragsarztes auf Honorarteilhabe aus § 72 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 85 Abs. 4 Satz 1 SGB V unter der Geltung begrenzter Gesamtvergütungen sich erst durch sämtliche, einem bestimmten Leistungsbereich zuzuordnende Honorarkontingente und die für diese Honorarkontingente berechneten Verteilungspunktwerte zu einem der Höhe nach individualisierten Honoraranspruch konkretisiert. Die isolierte Betrachtung einzelner Honorarkontingente und der dafür auszuzahlenden Punktwerte hingegen kann die tatsächliche Höhe der Vergütung einer Arztgruppe für deren vertragsärztliche Leistungen regelmäßig nur unzureichend widerspiegeln.
Der Schutz des Art. 12 Abs. 1 Grundgesetz (GG) umfasst grundsätzlich den Anspruch des Arztes auf Honorierung seiner vertragsärztlichen Tätigkeit ( vgl. BVerfGE 88, 145, 159; 101, 331, 346) Dieser Schutz kann jedoch gemäß Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG auf gesetzlicher Grundlage eingeschränkt werden, wie das hier durch die Regelungen des § 72 Abs. 2 und des § 85 Abs. 3 SGB V erfolgt ist. Diese ergeben spezifisch vertragsarztrechtliche Begrenzungen der Honorierung. Die Vorschrift des § 85 Abs. 3 SGB V enthält Vorgaben für die Bemessung der Gesamtvergütungen und die Zuweisung dieser Aufgabe an die dort genannten Vertragsparteien. Das so festgelegte Gesamtvergütungsvolumen haben die KVen und die Krankenkassenverbände zu beachten, wenn sie gemäß § 72 Abs. 2 SGB V ("im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften und der Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses" bzw. früher: des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen) die weiteren Regelungen für die vertragsärztliche Versorgung treffen. Dabei haben sie zwei Ziele zu realisieren. Sie müssen zum einen eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung unter Berücksichtigung des allgemein anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse gewährleisten und zum anderen für eine angemessene Vergütung der ärztlichen Leistungen Sorge tragen. Die unter Umständen bestehenden Schwierigkeiten, im Rahmen des begrenzten Gesamtvergütungsvolumens diesen beiden Zielen zugleich in vollem Umfang gerecht zu werden, können es notwendig machen, diese in einen verhältnismäßigen Ausgleich zueinander zu bringen. Hierfür hat der Gesetzgeber des SGB V ineinander greifende Zuständigkeiten verschiedener Institutionen vorgesehen. Die Festlegung der Angemessenheit einer Vergütung ist vorrangig den Kompetenzen von Bewertungsausschuss (§ 87 SGB V - Bestimmung von Inhalt und Punktzahlen der abrechenbaren Leistungen), Gesamtvertragsparteien (§ 85 Abs. 3 SGB V - Bemessung der Gesamtvergütungen; § 85 Abs. 4 Satz 2 SGB V -Honorarverteilungsmaßstab) und KVen (§ 85 Abs. 4 SGB V - Verteilung der Gesamtvergütungen) überantwortet (vgl. BSGE 93, 258). Der danach erforderliche Ausgleich zwischen dem Ziel der Gewährung angemessener Vergütungen und dem besonders hochrangigen Ziel der Gewährleistung einer ordnungsgemäßen Versorgung ist - erst - dann nicht mehr verhältnismäßig (mit der Folge eines Anspruchs der Ärzte auf höheres Honorar bzw. eine Honorarstützung aus dem Gesichtspunkt angemessener Vergütung), wenn in einem - fachlichen und/oder örtlichen - Teilbereich kein ausreichender finanzieller Anreiz mehr besteht, vertragsärztlich tätig zu werden, und dadurch in diesem Bereich die Funktionsfähigkeit der vertragsärztlichen Versorgung gefährdet ist (BSG aaO, st Rspr.). Greifbare Anhaltspunkte dafür, dass die von der Klägerin angeführten Honorarrückgänge die Funktionsfähigkeit der vertragsärztlichen Versorgung im hals-nasen-ohrenärztlichen Bereich gefährdet haben könnten, liegen indes nicht vor.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 SGG i.V.m. §§ 154 Abs. 1 und 2 Verwaltungsgerichtsordnung und entspricht dem Ergebnis des Rechtsstreits.
Gründe für eine Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nrn. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 197a Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 SGG i.V.m. §§ 52 Abs. 2, 63 Gerichtskostengesetz. Der Beschluss über die Streitwertfestsetzung ist unanfechtbar.
Gründe:
I.
Streitig ist eine höhere Vergütung der Klägerin aus vertragsärztlicher Tätigkeit für die Quartale III und IV/2005 sowie I und II/2006.
Die Klägerin ist seit 1. Juli 2000 als Fachärztin für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde mit Sitz in W zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen.
Mit Honorarbescheiden vom 26. Januar 2006 (III/2005), 27. April 2006 (IV/2005), 27. Juli 2006 (I/2006) und 26. Oktober 2006 (II/2005) bewilligte die beklagte Kassenärztliche Vereinigung (KV) der Klägerin für das Quartal III/2005 ein Gesamthonorar vor Abzug von Praxisgebühr und Verwaltungskosten i.H.v. 34.286,88 EUR (1.230 Behandlungsfälle), für das Quartal IV/2005 i.H.v. 36.176,65 EUR (1.220 Behandlungsfälle), für das Quartal I/2006 i.H.v. 35.664,41 EUR (1.380 Behandlungsfälle) und für das Quartal II/2006 i.H.v. 35.270,13 EUR (1.302 Behandlungsfälle). Wegen der Einzelheiten wird auf die Honorarbescheide nebst Anlagen Bezug genommen. Mit ihren Widersprüchen wandte sich die Klägerin gegen den ab 1. April 2005 geltenden und den Abrechnungen zugrunde liegenden Honorarverteilungsvertrag (HVV) der Beklagten und der Krankenkassen vom 19. Mai 2005. Mit Widerspruchsbescheiden vom 30. Mai 2007 (III/2005), 6. September 2007 (IV/2005), 14. November 2007 (I/2006) und 22. November 2007 (II/2006) wies die Beklagte die Widersprüche zurück. Alle Leistungen seien entsprechend den Regelungen des HVV vergütet worden. Dieser verstoße nicht gegen höherrangiges Recht.
Das Sozialgericht (SG) Potsdam hat nach Verbindung der Klagen - S 1 KA 154/07 – (IV/2005), - S 1 KA 185/07 – (I/2006) und – S 1 KA 190/07 (II/2006) – zum Verfahren – S 1 KA 109/07 – (III/2005) die auf Aufhebung der angefochtenen Bescheide und Verpflichtung der Beklagten zur Neubescheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts gerichteten Klagen mit Urteil vom 10. November 2010 abgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt: Die Klagen seien nicht begründet. Die angegriffenen Honorarbescheide seien rechtmäßig. Der von der Beklagten angewandte HVV verstoße nicht gegen höherrangiges Recht und stehe insbesondere im Einklang mit § 85 Abs. 4 Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Krankenversicherung – (SGB V) in der hier anwendbaren Fassung vom 14. November 2003 (BGBl I 2190) und dem Beschluss des Bewertungsausschusses vom 29. Oktober 2004. Die unter das Regelleistungsvolumen (RLV) fallenden Leistungen seien der Klägerin im Primärkassenbereich mit 4,01 Cent und im Ersatzkassenbereich letztlich mit bis 4,31 Cent vergütet worden. Der darüber hinaus angeforderte Leistungsbedarf sei entsprechend den Regelungen des HVV in Umsetzung von § 85 Abs. 4 Satz 8 SGB V honoriert worden. Der einheitliche untere Punktwert sei nicht zu beanstanden. Eine Verpflichtung der Beklagten zur Auszahlung eines festen Punktwertes i.H.v. 5,11 Cent habe nicht bestanden.
Mit der Berufung verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie trägt vor: Der nicht unter das RLV fallende Leistungsbedarf müsse entsprechend § 85 Abs. 4 Satz 8 SGB V mit abgestaffelten Punktwerten, d.h. mit mindestens zwei Punktwertgruppen, vergütet werden. Die dem entgegen stehenden Regelungen des HVV seien rechtswidrig. Auch die tatsächliche Höhe der Restpunktwerte verletze offenkundig den Grundsatz einer angemessenen Vergütung. Sie führe letztlich zu einer Leistungserbringung "zum Nulltarif". Die Regelung des § 10 Abs. 4 HVV entspreche nicht den vom Bundessozialgericht (BSG) entwickelten Anforderungen für unterdurchschnittlich abrechnenden Praxen.
Sie beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 10. November 2010 und die Bescheide der Beklagten vom 26. Januar 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Mai 2007, vom 27. April 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. September 2007, vom 27. Juli 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. November 2007 und vom 26. Oktober 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. November 2007 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, sie hinsichtlich ihres Vergütungsanspruchs für die Quartale III und IV/2005 sowie I und II/2006 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Im Übrigen handele es sich bei der Praxis der Klägerin, sowohl was die Patientenzahl als auch das Honorar betrifft, nicht um eine unterdurchschnittliche Praxis.
Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf deren vorbereitende Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Der Verwaltungsvorgang der Beklagten und die Gerichtsakte haben vorgelegen und sind Gegenstand der Beratung gewesen.
II.
Der Senat hat gemäß § 153 Abs. 4 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) die Berufung der Klägerin durch Beschluss zurückweisen können, weil er dieses Rechtsmittel einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich gehalten hat. Die Beteiligten sind hierzu vorher gehört worden (§ 153 Abs. 4 Satz 2 SGG).
Die Berufung der Klägerin, mit der sie ihre statthaften kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen in Gestalt von Bescheidungsklagen weiter verfolgt, ist nicht begründet. Die Beklagte hat die einschlägigen Bestimmungen des hier anwendbaren HVV vom 19. Mai 2005, gültig ab 1. April 2005, modifiziert durch den Beschluss der Vertreterversammlung vom 17. Februar 2006 und die Richtlinie zur Auslegung des HVV (RiLiHVV) vom 22. Juni 2005, gültig ab 1. April 2005, zutreffend angewandt. Diese verstoßen nicht gegen höherrangiges Recht.
Rechtsgrundlage für Honorarverteilungsbestimmungen ist § 85 Abs. 4 SGB V in der ab 1. Januar 2005 geltenden, hier anzuwendenden Fassung (im Folgenden ohne Zusatz zitiert). Danach verteilt die Kassenärztliche Vereinigung (KV) die Gesamtvergütungen an die Vertragsärzte; in der vertragsärztlichen Versorgung verteilt sie die Gesamtvergütung getrennt für die Bereiche der hausärztlichen und der fachärztlichen Versorgung (§ 73 SGB V). Sie wendet dabei ab dem 1. Juli 2004 den mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Verbänden der Ersatzkassen erstmalig bis zum 30. April 2004 gemeinsam und einheitlich zu vereinbarenden Verteilungsmaßstab an. Bei der Verteilung der Gesamtvergütung sind Art und Umfang der Leistungen der Vertragsärzte zu Grunde zu legen; dabei ist jeweils für die von den Krankenkassen einer Kassenart gezahlten Vergütungsbeträge ein Punktwert in gleicher Höhe festzulegen. Der Verteilungsmaßstab hat sicherzustellen, dass die Gesamtvergütungen gleichmäßig auf das gesamte Jahr verteilt werden. Der Verteilungsmaßstab hat Regelungen zur Verhinderung einer übermäßigen Ausdehnung der Tätigkeit des Vertragsarztes vorzusehen. Insbesondere sind arztgruppenspezifische Grenzwerte festzulegen, bis zu denen die von einer Arztpraxis erbrachten Leistungen mit festen Punktwerten zu vergüten sind (Regelleistungsvolumina). Für den Fall der Überschreitung der Grenzwerte ist vorzusehen, dass die den Grenzwert überschreitende Leistungsmenge mit abgestaffelten Punktwerten vergütet wird (§ 85 Abs. 4 Sätze 1 bis 8 SGB V). Der Bewertungsausschuss bestimmt Kriterien zur Verteilung der Gesamtvergütungen, insbesondere zur Festlegung der Vergütungsanteile für die hausärztliche und die fachärztliche Versorgung; er bestimmt ferner den Inhalt der nach § 85 Abs. 4 Satz 4, 6, 7 und 8 SGB V zu treffenden Regelungen (vgl. § 85 Abs. 4a SGB V). Dieser Verpflichtung ist der Bewertungsausschuss mit dem Beschluss vom 29. Oktober 2004 zur Festlegung von RLV durch die KVen gemäß § 85 Abs. 4 SGB V m.W.v. 1. Januar 2005 (Deutsches Ärzteblatt 101, Ausgabe 46 vom 12. November 2004; BRLV) nachgekommen, dessen Inhalt Bestandteil des hier anzuwendenden HVV ist. Die KVen und die seit 1. Juli 2004 als Vertragspartner beteiligten Krankenkassen haben bei der Ausformung des Honorarverteilungsmaßstabs einen Gestaltungsspielraum. Zu beachten sind dabei allerdings insbesondere das in § 85 Abs. 4 Satz 3 SGB V angesprochene Gebot leistungsproportionaler Verteilung des Honorars sowie der aus Art. 12 Abs. 1 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) herzuleitende Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit (vgl. st Rspr. des BSG, SozR 4-2500 § 72 Nr. 2). Das bedeutet indessen nicht, dass gleiche Leistungen stets gleich vergütet werden müssen. Beide Prinzipien stellen vielmehr nur Grundsätze dar, von denen aus sachlichem Grund abgewichen werden darf. Die Bildung von Honorarkontingenten für die einzelnen Arztgruppen ist daher rechtmäßig. Dabei können Arztgruppen, die gewisse Ähnlichkeiten aufweisen, getrennt geführt oder zu einer einheitlichen Gruppe zusammengefasst werden (vgl. BSG SozR 4-2500 § 85 Nr. 40). Die sachliche Rechtfertigung für die Bildung von Honorartöpfen folgt aus dem Bestreben, dass die in § 85 Abs. 3 bis 3e SGB V normierten Obergrenzen für Erhöhungen der Gesamtvergütungen sich in den verschiedenen Arztgruppen bzw. Leistungsbereichen gleichmäßig auswirken und nicht die Anteile einzelner Arztgruppen an den Gesamtvergütungen verringert werden, weil andere Gruppen durch Mengenausweitungen ihre Anteile absichern oder sogar vergrößern. Dadurch werden die Punktwerte in den einzelnen Leistungsbereichen stabilisiert, sodass die Ärzte ihre vertragsärztlichen Einnahmen sicherer kalkulieren können. Der Zuordnung zu einem Honorarkontingent steht nicht entgegen, dass Leistungen betroffen sind, die überweisungsgebunden sind (vgl. BSG SozR 4-2500 § 85 Nr. 24). Ein Honorartopf kann auch Leistungen erfassen, die einer Mengenausweitung nicht zugänglich sind. Die Zuordnung zu einem Honorarkontingent wird auch nicht ohne weiteres dadurch rechtswidrig, dass die Leistungsmengen erkennbar durch andere Ärzte und deren Überweisungsaufträge ausgeweitet werden und dadurch ein Punktwertverfall eintritt. Bei der Bildung von Honorarkontingenten kann grundsätzlich an die Verhältnisse in einem früheren Quartal angeknüpft werden (vgl. zum Ganzen BSG, Urteil vom 23. März 2011 – B 6 KA 6/10 – juris – mit umfangreichen Nachweisen aus der Rspr. des BSG).
Für die Arztgruppe, der die Klägerin in den streitigen Quartalen angehörte (Fachärzte für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde vgl. Anlage 1 zum HVV), galt gemäß § 10 Abs. 1 HVV ein fallzahlabhängiges RLV, innerhalb dessen feste Punktwerte (vgl. § 85 Abs. 4 Satz 7 SGB V) vergütet wurden. Das kassenartenspezifische RLV errechnete sich aus der Multiplikation der kassenartenübergreifenden und arztgruppenspezifischen Grenzfallpunktzahl (GFPZ) mit der kassenartenspezifischen Grenzfallzahl und dem individuellen Anteil an ambulant kurativen Behandlungsfällen einer Kassenart zur Gesamtfallzahl unter Berücksichtigung des praxisindividuellen Korrekturfaktors (KF) nach § 10 Abs. 4 HVV, der sich bei der Klägerin vorliegend auf 1,25 belief (Verhältnis der individuellen Zahl der Behandlungsfälle gemäß § 10 Abs. 1 HVV zur durchschnittlichen Fallzahl der entsprechenden Arztgruppe gemäß Anlage 1 im Basiszeitraum IV/03 bis III/04). Die arztgruppenspezifische GFPZ betrug für die einschlägige Arztgruppe 900 Punkte. Hieraus ergab sich das von der Beklagten zutreffend ermittelte RLV im Quartal III/2005 für den Primärkassenbereich von 357.300 (397 x 900) und für den Ersatzkassenbereich von 430.200 Punkten (478 x 900). Die Berechnung des RLV für die übrigen Quartale ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Die dem RLV unterfallenden Leistungen der Klägerin wurden mit den festen Punktwerten nach § 7 Abs. 3 HVV vergütet (Primärkassenbereich 4,1 Cent, Ersatzkassenbereich mindestens 4,1 Cent, höchstens 4,5 Cent, ausgezahlt 4,13 Cent bis 4,31 Cent). Eine Erhöhung des KF gemäß § 10 Abs. 4 letzter Satz HVV i.V.m. Abschnitt C Nr. 1.1. und B Abs. 3 RiLiHVV hatte nicht zu erfolgen. Auch eine Anhebung des KF bzw. der GFPZ nach den Regelungen der RiLiHVV bzw. des HVV wegen Praxisbesonderheiten scheidet aus. Auf die zutreffenden Ausführungen in den angefochtenen Widerspruchsbescheiden verweist der Senat insoweit gemäß § 136 Abs. 3 SGG.
Der hier anwendbare HVV genügt auch den Vorgaben des BRLV. Auf die zutreffenden Ausführungen in dem angefochtenen Urteil wird insoweit gemäß § 153 Abs. 2 SGG verwiesen (S 9 Absatz 3 Zeile 1 bis S 13 Absatz 1 letzte Zeile).
Entgegen der Auffassung der Klägerin war die Beklagte auch nicht verpflichtet, für die dem RLV unterfallenden Leistungen einen festen Punktwert von 5,11 Cent in Ansatz zu bringen. Das BSG hatte zwar hierzu für Fälle aus der Zeit bis Ende 1998 entschieden, dass die ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Vertragsärzte und die im Delegationsverfahren tätigen Psychotherapeuten im Rahmen der Honorarverteilung im Hinblick auf den von der Beklagten zu beachtenden Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit grundsätzlich einen Anspruch auf Honorierung der zeitgebundenen und genehmigungsbedürftigen psychotherapeutischen Leistungen nach Abschnitt G IV des EBM aF mit einem Punktwert von 10 Pfennig (= 5,11 Cent) haben (vgl Urteile vom 25. August 1999 - B 6 KA 14/98 R = SozR 3-2500 § 85 Nr. 33, vom 12. September 2001 - B 6 KA 58/00 R = SozR 3-2500 § 85 Nr. 41, vom 6. November 2002 - B 6 KA 21/02 R = SozR 3-2500 § 85 Nr. 49 sowie vom 28. Januar 2004 - B 6 KA 52/03 R = SozR 4-2500 § 85 Nr. 8, jeweils m.w.N.). Demgemäß sieht § 85 Abs. 4 Satz 4 SGB V nunmehr auch ausdrücklich vor, dass u.a. ausschließlich psychotherapeutisch tätige Ärzte je Zeiteinheit angemessen zu vergüten sind. Die Klägerin gehört aber nicht zu dieser Arztgruppe.
Auch die Vergütungen der das RLV in den in Rede stehenden Quartalen übersteigenden Überschreitungsleistungen sind nicht zu beanstanden. Sie beruhen auf § 13 Abs. 2 HVV i.V.m. § 7 Abs. 3 HVV bzw. § 8 Abs. 4 HVV. Entgegen der Auffassung der Klägerin schreibt das Gesetz in § 85 Abs. 4 Satz 8 SGB VI nicht vor, dass die abgestaffelte Restpunktmenge aus mindestens zwei Punktgruppen bestehen muss. Es besteht im Hinblick auf die Deckelung der Gesamtvergütung auch kein Anspruch auf eine "Mindestvergütung" der Restpunktmenge; vielmehr richtet sich diese durchweg danach, welche festen Punktwerte im RLV zu vergüten sind. Nach der Rechtsprechung des BSG, die der Senat seiner Entscheidung zugrunde legt, sind Regelungen in Honorarverteilungsbestimmungen nicht zu beanstanden, die darauf abzielen, die Honoraranforderungen in Übereinstimmung mit dem Gesamtvergütungsvolumen zu bringen, wenn dieses nicht ausreicht, um die von den Vertragszahnärzten erbrachten Leistungen mit den vollen - in den Vereinbarungen mit den Krankenkassen vorgesehenen - Punktwerten zu vergüten (vgl. BSG, Urteil vom 8. Februar 2006 – B 6 KA 25/05 R = SozR 4-2500 § 85 Nr. 23 m.w.N.).
Ein aus dem Gebot einer angemessenen Vergütung herzuleitender Anspruch auf Höherbewertung bestimmter Leistungen oder Leistungskomplexe besteht nicht (BSG, Urteil vom 7. Februar 1996 – 6 RKa 6/95 - juris). Allgemein gilt hier, dass der Anspruch eines Vertragsarztes auf Honorarteilhabe aus § 72 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 85 Abs. 4 Satz 1 SGB V unter der Geltung begrenzter Gesamtvergütungen sich erst durch sämtliche, einem bestimmten Leistungsbereich zuzuordnende Honorarkontingente und die für diese Honorarkontingente berechneten Verteilungspunktwerte zu einem der Höhe nach individualisierten Honoraranspruch konkretisiert. Die isolierte Betrachtung einzelner Honorarkontingente und der dafür auszuzahlenden Punktwerte hingegen kann die tatsächliche Höhe der Vergütung einer Arztgruppe für deren vertragsärztliche Leistungen regelmäßig nur unzureichend widerspiegeln.
Der Schutz des Art. 12 Abs. 1 Grundgesetz (GG) umfasst grundsätzlich den Anspruch des Arztes auf Honorierung seiner vertragsärztlichen Tätigkeit ( vgl. BVerfGE 88, 145, 159; 101, 331, 346) Dieser Schutz kann jedoch gemäß Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG auf gesetzlicher Grundlage eingeschränkt werden, wie das hier durch die Regelungen des § 72 Abs. 2 und des § 85 Abs. 3 SGB V erfolgt ist. Diese ergeben spezifisch vertragsarztrechtliche Begrenzungen der Honorierung. Die Vorschrift des § 85 Abs. 3 SGB V enthält Vorgaben für die Bemessung der Gesamtvergütungen und die Zuweisung dieser Aufgabe an die dort genannten Vertragsparteien. Das so festgelegte Gesamtvergütungsvolumen haben die KVen und die Krankenkassenverbände zu beachten, wenn sie gemäß § 72 Abs. 2 SGB V ("im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften und der Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses" bzw. früher: des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen) die weiteren Regelungen für die vertragsärztliche Versorgung treffen. Dabei haben sie zwei Ziele zu realisieren. Sie müssen zum einen eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung unter Berücksichtigung des allgemein anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse gewährleisten und zum anderen für eine angemessene Vergütung der ärztlichen Leistungen Sorge tragen. Die unter Umständen bestehenden Schwierigkeiten, im Rahmen des begrenzten Gesamtvergütungsvolumens diesen beiden Zielen zugleich in vollem Umfang gerecht zu werden, können es notwendig machen, diese in einen verhältnismäßigen Ausgleich zueinander zu bringen. Hierfür hat der Gesetzgeber des SGB V ineinander greifende Zuständigkeiten verschiedener Institutionen vorgesehen. Die Festlegung der Angemessenheit einer Vergütung ist vorrangig den Kompetenzen von Bewertungsausschuss (§ 87 SGB V - Bestimmung von Inhalt und Punktzahlen der abrechenbaren Leistungen), Gesamtvertragsparteien (§ 85 Abs. 3 SGB V - Bemessung der Gesamtvergütungen; § 85 Abs. 4 Satz 2 SGB V -Honorarverteilungsmaßstab) und KVen (§ 85 Abs. 4 SGB V - Verteilung der Gesamtvergütungen) überantwortet (vgl. BSGE 93, 258). Der danach erforderliche Ausgleich zwischen dem Ziel der Gewährung angemessener Vergütungen und dem besonders hochrangigen Ziel der Gewährleistung einer ordnungsgemäßen Versorgung ist - erst - dann nicht mehr verhältnismäßig (mit der Folge eines Anspruchs der Ärzte auf höheres Honorar bzw. eine Honorarstützung aus dem Gesichtspunkt angemessener Vergütung), wenn in einem - fachlichen und/oder örtlichen - Teilbereich kein ausreichender finanzieller Anreiz mehr besteht, vertragsärztlich tätig zu werden, und dadurch in diesem Bereich die Funktionsfähigkeit der vertragsärztlichen Versorgung gefährdet ist (BSG aaO, st Rspr.). Greifbare Anhaltspunkte dafür, dass die von der Klägerin angeführten Honorarrückgänge die Funktionsfähigkeit der vertragsärztlichen Versorgung im hals-nasen-ohrenärztlichen Bereich gefährdet haben könnten, liegen indes nicht vor.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 SGG i.V.m. §§ 154 Abs. 1 und 2 Verwaltungsgerichtsordnung und entspricht dem Ergebnis des Rechtsstreits.
Gründe für eine Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nrn. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 197a Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 SGG i.V.m. §§ 52 Abs. 2, 63 Gerichtskostengesetz. Der Beschluss über die Streitwertfestsetzung ist unanfechtbar.
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