L 1 KR 41/09

Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
1
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 2 KR 553/07
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 1 KR 41/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
D ie Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 24. Juni 2009 wird zurückgewiesen. Die Beklagte trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin wendet sich gegen ihre Erfassung nach dem Gesetz über die Sozialversicherung der selbständigen Künstler und Publizisten (Künstlersozialversicherungsgesetz, KSVG).

Die Beklagte führte bei der Klägerin ab September 2005 eine Betriebsprüfung durch und stellte mit Bescheid vom 18. Dezember 2006 die Abgabepflicht der Klägerin fest. Wörtlich hieß es dort:

"Nach § 24 Künstlersozialversicherungsgesetz (KSVG) betreiben Sie ein abgabepflichtiges Unternehmen.

BEGRÜNDUNG

Die grundsätzliche Abgabepflicht ist festzustellen gemäß § 24 Abs. 1 S. 2 KSVG, weil Sie Werbung oder Öffentlichkeitsarbeit für das eigene Unternehmen betreiben und dabei nicht nur gelegentlich Aufträge an selbständige Künstler oder Publizisten erteilen. Bitte beachten Sie, dass diese Entscheidung über die grundsätzliche Abgabepflicht noch nichts darüber aussagt, ob auch eine Künstlersozialabgabe zu zahlen ist. Die Feststellung der Abgabepflicht verpflichtet Sie allerdings zur Abgabe der jährlichen Entgeltmeldungen. Dies gilt auch dann, wenn keine Entgelte an selbständige Künstler und Publizisten gezahlt werden. Nähere Erläuterungen entnehmen Sie bitte den nachfolgenden Hinweisen und den anliegenden Informationen."

Es folgten Hinweise zum Meldeverfahren.

Ihren am 19. Januar 2007 erhobenen Widerspruch begründete die Klägerin zunächst damit, sie sei kein Unternehmen, das Werbung oder Öffentlichkeitsarbeit betreibe, sondern erfülle Aufgaben der Daseinsvorsorge. Sie erteile auch nicht öfter als nur gelegentlich Aufträge an selbständige Künstler und Publizisten. Auch die vom Bundesverfassungsgericht geforderte symbiotische Beziehung zwischen ihr und den Künstlern und Publizisten bestehe nicht.

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Bescheid vom 6. August 2007 zurück: Der Tatbestand des § 24 Abs. 1 Satz 2 KSVG sei erfüllt, da die Klägerin beispielsweise Webdesigner und einzelkaufmännisch tätige Werbeagenturen mit der Gestaltung ihres Internetauftritts beauftragt habe. Allein nach den von der Klägerin vorgelegten unvollständigen Unterlagen seien im Jahr 2002 mehr als zehn solcher Aufträge festzustellen, wobei die entsprechenden Rechnungen bezeichnenderweise an den Referenten für Öffentlichkeitsarbeit adressiert gewesen seien. Dass die Klägerin Aufgaben der Daseinsvorsorge erfülle, sei nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts unbeachtlich. Weiterhin bestehe eine grundsätzliche Abgabenpflicht nach § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 KSVG. Beispielhaft werde auf Zuwendungen für die Fertigung von Katalogen verwiesen.

Hiergegen hat die Klägerin am 9. September 2007 Klage erhoben. Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 24. Juni 2009 (der Beklagten zugegangen am 30. Juli 2009) die angefochtenen Bescheide aufgehoben. Die Voraussetzungen von § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 KSVG lägen nicht vor, da die Klägerin nicht zu den typischen Verwertern künstlerischer oder publizistischer Werke, den sog. Vermarktern, gehöre. Auch aus § 24 Abs. 1 Satz 2 KSVG ergebe sich angesichts der seltenen Auftragserteilungen an Dritte keine Abgabepflicht. Die Voraussetzungen des § 24 Abs. 2 KSVG seien ebenfalls nicht erfüllt, da die Klägerin nur vereinzelt als Veranstalterin in Erscheinung getreten sei und selbstständige Künstler beauftragt habe.

Die Beklagte hat am 14. August 2009 Berufung eingelegt. Sie führt aus, die Klägerin unterliege nach § 24 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 2, 3, 7 und 9 KSVG sowie nach § 24 Abs. 1 Satz 2 KSVG der Abgabepflicht. Sie habe in den Jahren 2000 bis 2005 jeweils fünfstellige Beträge an Künstler und Publizisten im Rahmen von Werkverträgen oder auf Rechnung geleistet, wobei Zuwendungen nicht berücksichtigt worden seien. Betroffen gewesen seien die Bereiche Kulturförderung, Betrieb des H. Jugendorchesters (nebst musikalischer Ausbildung der Mitglieder) sowie Werbung und Öffentlichkeitsarbeit.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 24. Juni 2009 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt die angegriffene Entscheidung. Sie führt aus, wesentlicher Zweck sei aus ihrer Sicht nicht die "Herbeiführung entgeltlicher künstlerischer oder publizistischer Leistungen auf der Grundlage zweiseitiger Verträge". Zu ihren Pflichtaufgabe gehöre nicht die Kulturförderung, sondern die Kulturpolitik. Sie sei nicht nach § 24 Abs. 1 Satz 2 KSVG abgabenpflichtig, da sie keine Werbung oder Öffentlichkeitsarbeit für eigene Belange betreibe, sondern das kulturelle Leben fördere. Der Tatbestand des § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 KSVG sei nicht erfüllt, da sie keinen eigenen wirtschaftlichen Vorteil verfolge. Für § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 KSVG fehle es an einer symbiotischen Beziehung zu den selbständigen Künstlern oder Publizisten.

Der Senat hat am 30. August 2012 über die Berufung mündlich verhandelt. Auf das Sitzungsprotokoll wird verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Prozessakte sowie die Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen.

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Entscheidungsgründe:

Die Berufung hat keinen Erfolg. Sie ist statthaft und auch ansonsten zulässig, jedoch unbegründet. Das Sozialgericht hat den angefochtenen Bescheid der Beklagten im Ergebnis zu Recht aufgehoben, denn er ist wegen Verstoß gegen das Bestimmtheitsgebot rechtswidrig. Auf die vom Sozialgericht aufgeworfene Frage nach seiner materiellen Rechtmäßigkeit kommt es daher nicht an.

Gegenstand des angefochtenen Bescheides ist die Feststellung der Abgabepflicht dem Grunde nach, die als Grundlage späterer Forderungsbescheide dient. Nicht Gegenstand des Verfahrens sind auf dem Erfassungsbescheid beruhende Abrechnungsbescheide (BSG, Urteil vom 7.7.2005, B 3 KR 7/04 R, unter Hinweis auf BSG, Urteil vom 16.4.1998, B 3 KR 5/97 R).

Die Mittel für die Künstlersozialversicherung werden gem. § 14 KSVG zur Hälfte durch Beitragsanteile der Versicherten und zur Hälfte durch die Künstlersozialabgabe (§§ 23 bis 26 KSVG) und einen Bundeszuschuss aufgebracht. Hierzu stellt die Künstlersozialkasse in einem ersten Schritt die Abgabepflicht dem Grunde nach durch den sog. Erfassungsbescheid fest. Zweck des Erfassungsbescheides ist es, Klarheit darüber zu schaffen, ob Unternehmen der Abgabepflicht unterliegen, und zugleich der Künstlersozialkasse zu einer zuverlässigen Übersicht über den Kreis der grundsätzlich abgabepflichtigen Unternehmen zu verhelfen (BSG, Urteil vom 7.7.2005, B 3 KR 7/04 R). Die wesentlichen Rechtsfolgen der Erfassung eines Unternehmens in der Künstlersozialversicherung sind - wie auch das Bundessozialgericht festgestellt hat (Urteil vom 20.7.1994, 3/12 RK 49/92) - die Verpflichtung zur jährlichen Meldung der an selbständige Künstler und Publizisten gezahlten Entgelte (§ 27 KSVG), zur Führung von Aufzeichnungen hierüber (§ 28 KSVG) und zu entsprechender Auskunft sowie zur Vorlage von Unterlagen (§ 29 KSVG).

Der angefochtene Erfassungsbescheid der Beklagten ist unter Zugrundelegung der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urteil vom 21. Juni 2012, B 3 KS 2/11 R), der der Senat folgt, mangels hinreichender Bestimmtheit (§ 36a Satz 1 KSVG i.V.m. § 33 Abs. 1 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch, SGB X) formell rechtswidrig.

Das Bundessozialgericht hat zunächst offengelassen, ob die Beklagte verpflichtet ist, schon im Erfassungsbescheid den abgabepflichtigen Tätigkeitsbereich näher zu konkretisieren, wenn Zweifel verbleiben, welche Tätigkeitsbereiche des abgabepflichtigen Unternehmens dem im Bescheid genannten Abgabetatbestand des § 24 KSVG zuzuordnen sind, ob dies jedenfalls auf Antrag erfolgen muss oder ob sie diese Entscheidung dem Betragsverfahren vorbehalten darf (BSG, Urteil vom 20.7.1994, 3/12 RK 49/92). In einer späteren Entscheidung (Urteil vom 10.10.2000, B 3 KR 31/99 R) hat das Bundessozialgericht den Erfassungsbescheid als unternehmensbezogen und gegenständlich qualifiziert und hierzu ausgeführt, der Verfügungssatz eines solchen Bescheides enthalte "nicht lediglich die Feststellung, dass ein bestimmter Unternehmer der Abgabepflicht nach § 24 KSVG unterliegt, sondern vielmehr die Feststellung, dass ein bestimmter Unternehmer der Abgabepflicht nach § 24 KSVG wegen des Betriebs eines konkreten, von § 24 KSVG erfassten Unternehmens unterliegt." Auch die Frage der Einheitlichkeit eines Unternehmens (bzw. der isolierten Abgabepflicht bestimmter selbständiger Unternehmensteile) kann insoweit zum Tragen kommen (BSG, Urteil vom 12.11.2003, B 3 KR 39/02 R). Hierauf aufbauend hat das Hessische LSG entschieden, dass sich die Bestimmung der abgabenpflichtigen Tätigkeitsbereiche letztlich erst aus der Zuordnung bestimmter Entgelte zu den jeweiligen Tätigkeiten im Beitragsbescheid ergebe und somit dem Abrechnungsbescheid vorbehalten bleibe (Hessisches LSG, Urteil vom 7.12.2005, L 14 Kr 385/95). In seinem Urteil vom 21. Juni 2012 hat das Bundessozialgericht sodann die Anforderungen an die Bestimmtheit des Erfassungsbescheides konkretisiert. Das Bundessozialgericht führt wörtlich aus:

"Grundsätzlich ist zwar der auf der Grundlage von § 24 KSVG ergehende Erfassungsbescheid unternehmensbezogen, dh er stuft ein bestimmtes Unternehmen insgesamt als nach § 24 KSVG dem Grunde nach abgabepflichtig ein, stellt also gewissermaßen eine "rechtliche Eigenschaft" des Unternehmens fest, und regelt als Konsequenz dieser rechtlichen Qualifikation die Abgabepflicht des Inhabers des Unternehmens (BSG SozR 3-5425 § 24 Nr 20 S 126 f). Eine Differenzierung nach abgabepflichtigen Tätigkeitsbereichen ist dagegen aufgrund der durch die Systematik des KSVG vorgegebenen Unterscheidung zwischen dem Erfassungsbescheid, der auf einer ersten Stufe über die Abgabepflicht dem Grunde nach entscheidet, und dem Abgabebescheid, der die abgabepflichtigen Entgelte und die sich daraus ergebende Höhe der Abgabe festlegt, im Regelfall erst in Letzterem vorzunehmen. Da aber andererseits die Abgabetatbestände des § 24 KSVG tätigkeitsbezogen formuliert sind (vgl auch BSG SozR 3-5425 § 24 Nr 7 S 37 f), muss bereits aus dem Erfassungsbescheid klar hervorgehen, ob Gegenstand der Prüfung der Abgabepflicht das gesamte Tätigkeitsspektrum eines Unternehmens ist oder ob nur einzelne Tätigkeitsbereiche bewertet wurden. Diese Notwendigkeit besteht umso eher, je vielfältiger und ausdifferenzierter das Tätigkeitsspektrum eines Unternehmens ist - insbesondere aber dann, wenn ein Unternehmen über mehrere organisatorisch abgrenzbare Tätigkeitsbereiche verfügt (offengelassen in BSG SozR 3-5425 § 24 Nr 7 S 39). In solchen Fällen muss der Erfassungsbescheid konkret erkennen lassen, für welche Tätigkeitsbereiche die Abgabepflicht bejaht worden ist (vgl BSG SozR 3-5425 § 24 Nr 15 S 92). Dies gebietet nicht nur die dem Erfassungsbescheid zukommende Zweckbestimmung, sondern auch der Bestimmtheitsgrundsatz (§ 33 SGB X).

Der Erfassungsbescheid bildet die rechtliche Grundlage für den Abgabebescheid, ist mithin für diesen vorgreiflich. In der Regel schafft erst eine - positive oder negative - Entscheidung über die Zugehörigkeit zum abgabepflichtigen Personenkreis für die Beteiligten Klarheit darüber, ob gezahlte Entgelte der Abgabepflicht unterliegen. Diesem Zweck wird der Erfassungsbescheid nur gerecht, wenn der unternehmensbezogene Lebenssachverhalt, für den die Abgabepflicht dem Grunde nach bejaht wird, aus dem Bescheid ersichtlich ist. Andernfalls ist der Adressat eines Erfassungsbescheides nicht in der Lage, den an die Abgabepflicht dem Grunde nach geknüpften gesetzlichen Mitwirkungs- und Nebenpflichten (§§ 27 ff KSVG) nachzukommen. Denn der Umfang dieser gesetzlichen Aufzeichnungs-, Auskunfts- und Meldepflichten wird zwangsläufig mit der Entscheidung über die Abgabepflicht dem Grunde nach festgelegt: Zahlungen an Künstler oder Publizisten im Rahmen der Tätigkeit eines dem Grunde nach abgabepflichtigen Unternehmens, die nicht zu den in § 24 KSVG aufgezählten Tätigkeitsbereichen gehören, müssen vom Unternehmer weder aufgezeichnet noch der KSK gemeldet werden (BSG SozR 3-5425 § 24 Nr 7 S 37 f - Rundfunkanstalt). Wird bei einem Unternehmen, das über ein breites, ausdifferenziertes Betätigungsfeld mit abgrenzbaren Tätigkeitsbereichen verfügt, keine entsprechende Konkretisierung der von der Abgabepflicht erfassten Tätigkeiten vorgenommen, fehlt dem Erfassungsbereich ggf die nach § 33 SGB X erforderliche hinreichende Bestimmtheit. Die Konkretisierung trägt in diesen Fällen den Interessen aller am KSVG-Rechtsverhältnis Beteiligten Rechnung und dient darüber hinaus der Optimierung des Melde- und Abgabeverfahrens. Unternehmen, die ein differenziertes und vielschichtiges Tätigkeitsspektrum aufweisen, sind auf eine solche Konkretisierung der von der Abgabepflicht dem Grunde nach erfassten Tätigkeitsbereiche angewiesen, um den sich hieraus ergebenden Mitwirkungs- und Nebenpflichten nachkommen zu können und ein ordnungswidriges Verhalten zu vermeiden (vgl § 36 Abs 2 KSVG). Die KSK wird hierdurch nicht in der Wahrnehmung ihrer gesetzlichen Aufgaben einschränkt, da sie selbst über den Umfang des Prüfungsverfahrens vor Erlass eines Abgabebescheides und damit auch über den Gegenstand eines nachfolgenden gerichtlichen Verfahrens entscheidet. Ergeben sich nach dem Abschluss eines Verwaltungsverfahrens Anhaltspunkte für weitere abgabepflichtige, aber organisationsmäßig abgrenzbare Tätigkeitsbereiche des betreffenden Unternehmens, bleibt es der KSK unbenommen, insoweit ein neues - ergänzendes - Verwaltungsverfahren einzuleiten.

Im vorliegenden Fall musste bereits im Erfassungsbescheid der von der Abgabepflicht dem Grunde nach erfasste Tätigkeitsbereich näher umschrieben werden, um von einer hinreichenden Bestimmtheit des Bescheides ausgehen zu können, weil die Kunst- und Kulturförderung des Landes B. eine Vielzahl unterschiedlicher, aber organisationsmäßig abgrenzbarer Wirkungskreise umfasst. Das Land ist Betreiber zahlreicher kultureller und musealer Einrichtungen und betreut eine Vielzahl kultureller Projekte. Aufgrund dieser Aufgabenvielfalt sind für einzelne thematisch abgrenzbare Bereiche innerhalb der für Kultur zuständigen Abteilung der Senatskanzlei organisatorisch abgrenzbare Verwaltungseinheiten (Referate) gebildet worden. So besteht etwa für Angelegenheiten der Förderung von Künstlerinnen und Künstlern, Projekten und Freien Gruppen ein eigenständiges Fachreferat (Abteilung V Referat D - Organigramm der Senatskanzlei, Stand 04/2012), während zB für Angelegenheiten der Einrichtungsförderung (für Bühnen, Orchester usw) ein anderes Fachreferat zuständig ist (Abteilung V Referat B - aaO). Diese einem Fachreferat zugewiesenen Tätigkeitsbereiche der Kulturförderung können jeweils den Gegenstand eines gesonderten Prüfungsverfahrens nach § 24 KSVG bilden. Dem hat die Beklagte in dem angefochtenen Bescheid/Widerspruchsbescheid im Ergebnis selbst Rechnung getragen, weil sie sich allein auf die durch den Kläger - seinerzeit noch im Ausstellungsraum "KunstBank" - durchgeführte Veranstaltung öffentlicher Ausstellungen mit Werken geförderter Stipendiaten aus dem Bereich der Bildenden Kunst gestützt hat."

Der Senat schließt sich diesen Erwägungen nach eigener Prüfung an. Den sich hieraus ergebenden Anforderungen wird der angefochtene Bescheid nicht gerecht. Der Erfassungsbescheid vom 18. Dezember 2006 erschöpft sich in der lapidaren Feststellung, die Klägerin betreibe ein abgabepflichtiges Unternehmen, und grenzt dies weder nach Tätigkeitsbereichen noch nach Betriebsteilen ein. Auch der Widerspruchsbescheid enthält keine näheren Eingrenzungen, die es für die Klägerin erkennbar machen, auf welche thematisch abgrenzbaren Bereiche sich die Erfassung und die sich aus ihr ergebenden Pflichten beziehen sollen. Die Beklagte führt insoweit zunächst aus, der Tatbestand aus § 24 Abs. 1 Satz 2 KSVG sei erfüllt, da "beispielsweise für den Internetauftritt der Kulturbehörde entsprechende Aufträge an Webdesigner bzw. einzelkaufmännisch geführte Werbeagenturen" erteilt worden seien. Weiter heißt es im Widerspruchsbescheid, es bestehe "die grundsätzliche Abgabepflicht gem. § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 KSVG", insoweit werde "beispielhaft auf die Zuwendungen an selbständige Künstler/Publizisten für die Fertigung von Katalogen" verwiesen. Es folgen zu beiden Punkten abstrakte Darlegungen, die im Wesentlichen die damals vorliegende Rechtsprechung des Bundessozialgerichts wiedergeben. Den Anforderungen an die inhaltliche Bestimmtheit ist hiermit schon deswegen nicht genügt, weil das Aufgabenfeld der Klägerin – ähnlich dem des Landes B. in dem vom Bundessozialgericht entschiedenen Fall – strukturell und organisatorisch komplex ist. Eine kurze, ausdrücklich beispielhaft gemeinte Aufzählung abgabepflichtiger Aktivitäten der Klägerin genügt angesichts dessen nicht. Insbesondere kommt an diesem Punkt zum Tragen, dass die verschiedenen kulturellen und musealen Einrichtungen in unterschiedlicher organisatorischer Form beitrieben werden. Das Philharmonische Staatsorchester, die Musikhalle und das Planetarium sind Landesbetriebe, während die drei Staatstheater, die Stiftung H. Bücherhallen, die Museumsstiftungen und die FilmFörderung H. GmbH organisatorisch (stärker) verselbständigt, wirtschaftlich indes weit überwiegend von den Zuwendungen der Klägerin abhängig sind. Somit lassen die angefochtenen Entscheidungen der Beklagten aber insbesondere nicht erkennen, ob sich die unmittelbar aus dem Erfassungsbescheid ergebenden Pflichten auch auf die organisatorisch "ausgegliederten" Aufgabenbereiche erstrecken. Eine derartige Bestimmung kann auch nicht "erst" dem Abrechnungsverfahren überlassen bleiben. Zwar bestimmt ein Erfassungsbescheid nicht die Höhe der Abgabe, wohl aber die inhaltliche Reichweite der die Abgabepflicht flankierenden Pflichten des Unternehmers aus den §§ 27 bis 29 KSVG (vgl. BSG, Urteil vom 20.7.1994, 3/12 RK 49/92; BSG, Urteile vom 7.7.2005, B 3 KR 7/04 R und B 3 KR 29/04 R).

Eine andere, einschränkende Auslegung des angefochtenen Bescheides war auch – anders als in dem vom Bundessozialgericht entschiedenen Fall – nicht unter Berücksichtigung des objektiven Empfängerhorizontes geboten. Insbesondere verbietet es sich, zwischenzeitlich ergangene Abrechnungsbescheide insoweit als Auslegungshilfe heranzuziehen, denn diese "ergänzen" die angefochtenen Entscheidungen nicht, sondern beruhen umgekehrt auf ihnen.

Eine Heilung dieses Bestimmtheitsmangels nach§ 36a Satz 1 KSVG i.V.m. den §§ 41, 42 SGB X kommt aus rechtlichen Gründen nicht in Betracht (BSG, Urteil vom 13.7.2006, B 7a AL 24/05 R). Eine Ersetzung durch einen hinreichend bestimmten Verwaltungsakt (zu dieser Möglichkeit BVerwG, Urteil vom 14. Dezember 1990, 7 C 5/90) hat nicht stattgefunden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Gründe für eine Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.

&8195;
Rechtskraft
Aus
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