Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 2 U 56/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 U 1317/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 11. Dezember 2009 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat auch die außergerichtlichen Kosten der Klägerin im Berufungsverfahren zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Ehemann der Klägerin, Versicherter (V.), am 18. August 2008 einen in der gesetzlichen Unfallversicherung versicherten Arbeitsunfall erlitten hat.
Der 1949 geborene V. erlitt am 18. August 2008, einem Montag, um etwa 12.59 Uhr auf der Autobahn (AB) A 6 von Mannheim kommend und in Richtung Heilbronn fahrend nach der (gesperrten) Ausfahrt Schwetzingen/Hockenheim und vor dem AB-Dreieck Hockenheim bei km 580,7 einen Unfall, als er mit seinem PKW (Ford Focus) ungebremst auf einen vorausfahrenden LKW (Silo-Auflieger mit Tank) auffuhr. Der Sattelschlepper fuhr mit einer Geschwindigkeit von ca. 80 km/h. Es bestand eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf 120 km/h in diesem Bereich der A 6. Gemäß dem beigezogenen Unfallgutachten war V. mit seinem PKW auf der rechten von zwei Richtungsfahrspuren in längsachsenparalleler Stellung auf das Heck des vor ihm befindlichen Siloanhängers ohne erkennbare Einleitung einer Abwehrhandlung aufgefahren. Bei der technischen Untersuchung des PKW des V. hatten sich keine Hinweise auf vor dem Unfallgeschehen vorhandene Mängel oder Spuren einer Fremdeinwirkung ergeben.
Bei dem Unfall erlitt V. schwerste Schädelhirnverletzungen, an deren Folgen er am 19. August 2008 verstarb.
V. wohnte mit der Klägerin in Heidelberg am M. 35 und war bei der Firma E. Südwest in H. als Mitarbeiter im Leergutlager beschäftigt. Sein Sohn und dessen Ehefrau wohnten in H. in der H.-B.-Straße 111. Am Unfalltag hatte V. gemäß der Unfallanzeige der Arbeitgeberin (Niederlassung H.) vom 21. August 2008 seine Arbeit um 3.00 Uhr begonnen und um 12.38 Uhr beendet.
Nach Routenplaner beträgt die Fahrstrecke zwischen Arbeitsstätte und der Familienwohnung in Heidelberg - bei Benutzung der AB (von Heddesheim nach Süden auf der A 5 über das AB-Kreuz Heidelberg hinweg bis zur Ausfahrt Heidelberg/Schwetzingen) - 23,5 km und die Fahrzeit hierfür ca. 18 Minuten.
Eine mögliche Fahrstrecke zur Wohnung des Sohnes beträgt - bei Benutzung der AB (von Heddesheim nach Süden auf der A 5 über das AB-Kreuz Heidelberg hinweg und an der Ausfahrt Heidelberg/Schwetzingen vorbei bis zur Ausfahrt Walldorf/Wiesloch und dann nach Hockenheim) - 31,4 km und die Fahrzeit dafür ca. 24 Minuten. Eine alternative Fahrstrecke zur Wohnung des Sohnes in Hockenheim führt bei Benutzung der AB von Heddesheim über die A 5 nach Süden bis zum AB-Kreuz Heidelberg, dann von dort über die A 656 in nordwestlicher Richtung auf die A 6 von dort auf dieser nach Süden Richtung Hockenheim bzw. Heilbronn bis zur Ausfahrt Schwetzingen/Hockenheim und dann nach Hockenheim. Die Fahrstrecke hierfür beträgt 37,6 km, die Fahrzeit ca. 27 Minuten. Die Ausfahrt Schwetzingen/Hockenheim war vom 4. bis 27. August 2008 allerdings wegen Baumaßnahmen gesperrt. Es bestand jedoch insoweit die Möglichkeit, eine Behelfsausfahrt am Rasthof am Hockenheimring West, der nahe der H.-B.-Str. 111 gelegen ist (Routenplaner und Stadtplan Hockenheim) und wodurch die Fahrt durch Hockenheim entfallen wäre und sich der Weg etwas verkürzt hätte, oder - unter Verlängerung der Fahrstrecke - nach der gesperrten Ausfahrt ab dem Dreieck Hockenheim die A 61 Richtung Speyer und dort die Abfahrt Hockenheim zu nehmen. Der Unfall ereignete sich auf der A 6 nach Passieren der gesperrten Ausfahrt. Wegen der Einzelheiten wird u.a. auch auf die Straßenpläne Blatt 18 und 19 in der Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen.
Am 21. August 2008 gab Frau Ganter, Mitarbeiterin der Firma E. in Offenburg, bei einem Telefonat an, V. habe von der Arbeit zu seinem Sohn fahren wollen. Es habe sich nicht um den üblichen Arbeitsweg gehandelt. Unter dem 31. August 2008 erklärte die Klägerin, der Unfall habe sich auf dem Weg von der Arbeit zu ihrem Sohn ereignet. V. habe sich bei dem beabsichtigten Besuch länger als zwei Stunden dort aufhalten wollen.
Die Beklagte lehnte die Anerkennung des Ereignisses als Arbeitsunfall mit Bescheid vom 18. September 2008 ab, da V. die Autobahn gewechselt habe, um aus privaten Gründen seinen Sohn in Hockenheim zu besuchen, und sich nicht mehr auf dem direkten Weg nach Hause befunden habe. Der gewöhnliche direkte Weg habe 23,5 km und der am Unfalltag gewählte Weg habe 37,6 km betragen. Der aus privaten Gründen gewählte Weg stehe in keinem angemessenen Verhältnis zu dem üblichen, direkten Nachhauseweg, weswegen ein innerer ursächlicher Zusammenhang mit der betrieblichen Tätigkeit nicht vorgelegen habe.
Dagegen erhob die Klägerin am 29. September 2008 Widerspruch und machte geltend, V. habe sich zwar nicht auf dem Weg von der Arbeitsstätte zu seiner Wohnung befunden, doch der Weg zu seinem Sohn habe wesentlich dazu gedient, von dem Ort der versicherten Tätigkeit zurückzukehren. V. habe zur Wohnung des Sohnes fahren wollen, um seine Tätigkeit zu beenden und sich zunächst von seiner Arbeit auszuruhen, was er des Öfteren gemacht habe. Er habe dann meistens ein paar Stunden geschlafen bis der Sohn selbst von seiner Arbeit nach Hause gekommen sei. Der Aufenthalt am "dritten Ort", der Wohnung des Sohnes, habe der Beendigung der Arbeit gedient. Der innere Zusammenhang auf dem Weg zum "dritten Ort" bestehe nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG), wenn der beabsichtigte Aufenthalt betriebsdienliche Motive gehabt hätte, auch wenn dieser Weg nicht mehr in einem angemessenen Verhältnis zum regelmäßig zurückgelegten Weg stehe. Im Übrigen stehe ein aus eigenwirtschaftlichen Gründen gewählter Weg zu einem "dritten Ort" auch unter Versicherungsschutz, wenn seine Länge in einem angemessenen Verhältnis zum üblichen Weg zur Wohnung stehe. Die Verlängerung des Weges durch Aufsuchen des "dritten Ortes" um 14,1 km sei im Verhältnis nicht unangemessen. V. sei am Unfalltag nicht bei der Ausfahrt Hockenheim/Schwetzingen abgefahren, weil diese Anschlussstelle A 6/B 36, in dieser Zeit auf Grund umfangreicher Baumaßnahmen voll gesperrt gewesen sei. Er habe daher entweder die örtliche Umleitung über die A 61, Anschlussstelle Hockenheim, oder - als schnellste Verbindung - eine Behelfsausfahrt am Rasthof Hockenheim nehmen können. Damit habe V. den direkten Weg zum "dritten Ort" genommen. Auch das Schleswig-Holsteinische Landessozialgericht (LSG) habe in einem Fall, in dem der Weg "zum" dritten Ort länger gewesen sei, Versicherungsschutz angenommen und eine prozentuale Verlängerung von 80% (45 km vom "dritten Ort" anstatt 25 km von der Wohnung) als nicht ungewöhnlich lang und versichert erachtet. Wie dort ausgeführt, berücksichtige die neuere Rechtsprechung des BSG zwar weiterhin die Entfernungen, messe aber ausdrücklich nicht mehr allein ihnen eine entscheidende Bedeutung bei. Auch nach einer Entscheidung des BSG vom 27. August 1987 sei eine Begrenzung allein nach einem bestimmten vielfachen der regelmäßig vom häuslichen Bereich zum Ort der Tätigkeit zurückgelegten Wegstrecke kein geeignetes Kriterium. Bei der hier gewählten Verlängerung des Arbeitsweges um 14,1 km betrage der zeitliche Mehraufwand gerade 9 Minuten. V. habe sich in der Wohnung des Sohnes zunächst von der Arbeit ausruhen wollen. Dieser sei in der Regel um 17.00 Uhr zuhause, weswegen V. eine Ruhezeit von nahezu vier Stunden zur Regeneration hätte nutzen können. Die gesetzliche Regelung verlange nur, dass die Arbeitsstätte Ziel oder Ausgangspunkt des Weges sei. Ein Arbeitnehmer müsse nicht in die eigene Wohnung fahren, um seine Tätigkeit zu beenden. Der Weg von V. sei maßgeblich davon bestimmt gewesen, seinen Arbeitsplatz zu verlassen.
Der Widerspruchsausschuss der Beklagten wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 11. Dezember 2008 zurück. V. habe sich zum Unfallzeitpunkt aus eigenwirtschaftlichen Gründen nicht auf dem direkten Weg zwischen Arbeitsstätte und seiner Wohnung befunden. Er habe den Weg aus privaten Gründen verlassen, um zu der Wohnung des Sohnes in Hockenheim zu fahren. Schon ohne Berücksichtigung straßenbaulicher Maßnahmen liege eine prozentuale Wegeverlängerung von 60 % vor, welche in keinem angemessenen Verhältnis zum eigentlichen direkten Weg stehe.
Deswegen hat die Klägerin am 08. Januar 2009 Klage beim Sozialgericht Mannheim (SG) erhoben und ergänzend u.a. ausgeführt, V. habe sich deshalb zur Wohnung des Sohnes begeben wollen, da er sich dort ungestört bis zu vier Stunden habe erholen können, was in der eigenen Wohnung nicht uneingeschränkt möglich gewesen sei. Er hätte wegen einer Urlaubsvertretung drei Wochen Nachtschicht arbeiten sollen und habe bereits eine Woche davon hinter sich gehabt. In dieser Woche sei es ihm in seiner Wohnung wegen der Geräuschkulisse nicht gelungen, nach der Schicht richtig zu schlafen.
Die Beklagte hat geltend gemacht, V. habe sich nicht auf einem versicherten Weg befunden. Zwar könne auch der Weg zum sogenannten "dritten Ort" unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stehen. Die Wahl eines anderen Ortes als des Wohnortes aus persönlichen Motiven sei dann unschädlich, wenn die Länge des dadurch bedingten Weges in angemessenem Verhältnis zum Weg von und zur Wohnung stehe, also wenn der Weg zum "dritten Ort" unter Berücksichtigung der Verkehrsauffassung nach Länge und Dauer sich nicht erheblich vom direkten Weg unterscheide. Trotz des angegebenen Erholungsbedürfnisses als Grund für den Besuch beim Sohn, weil bei der eigentlichen Wohnung in Heidelberg eine Baustelle gewesen sei, eine Gaststätte mit Außenbewirtschaftung betrieben werde und die Klägerin mit Hausarbeiten beschäftigt gewesen sei, sei der Besuch des Sohnes dem privaten eigenwirtschaftlichen Bereich zuzurechnen. Ohne Berücksichtigung straßenbaulicher Maßnahmen liege eine prozentuale Wegverlängerung von 60 % vor, was in keinem angemessenen Verhältnis zum direkten Nachhausweg mehr stehe.
Das SG hat den Sohn von V. und der Klägerin als Zeugen vernommen. Er hat angegeben, zum Unfallzeitpunkt sei er selbst bei der Arbeit gewesen. Mit V. habe er vorher besprochen, dass dieser mittags in seine Wohnung gehen könne, um sich auszuruhen. Die Wohnung seiner Eltern befinde sich im 7. Stock. In dem Hof vor dem Haus spielten häufig Kinder. Daneben sei eine Bushaltestelle. Es führe eine Hauptverkehrsstraße vorbei und es befinde sich dort auch eine Gaststätte mit Außenbewirtschaftung. V. habe wohl schon eine Woche Nachtschicht hinter sich gehabt und sei mit der Situation am Wohnort nicht recht zufrieden gewesen, weswegen er ihm die Nutzung der Wohnung angeboten habe. V. habe auch generell einen Schlüssel zu seiner Wohnung gehabt. Ein fester Termin sei nicht ausgemacht gewesen, man habe dies nur als Möglichkeit und Alternative in den Raum gestellt. V. sei auch bereits ein bis zwei Mal vorher, vielleicht ein Jahr vorher, jedenfalls längere Zeit vor dem Unfall, in seiner Wohnung gewesen. V. habe auch nur ganz selten Nachtschicht gehabt. Er habe dies V. angeboten, weil er selbst und auch seine Ehefrau bei der Arbeit gewesen seien, so dass in seiner Wohnung Ruhe geherrscht habe. Bei normalem Verlauf wäre er zwischen 17.00 Uhr und 17.30 Uhr in seine Wohnung gekommen. Seine Frau habe an diesem Tag Bereitschaftsdienst im Klinikum Mannheim gehabt und wäre die Nacht weggewesen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.
Mit Urteil vom 11. Dezember 2009 hat das SG festgestellt, dass der Tod des V. Folge eines Arbeitsunfalles sei. Die Klage sei als Feststellungsklage zulässig. Die - näher dargelegten - Voraussetzungen eines Arbeitsunfalles (§ 8 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch [SGB VII]) seien erfüllt. V. habe sich auf dem Weg von der Arbeitsstätte zur Wohnung seines Sohnes auf einem versicherten Weg befunden. Es bestünden keine Zweifel, das V. sich zum Unfallzeitpunkt auf dem nächstmöglichen Weg von der Arbeitsstätte zur Wohnung des Sohnes befunden habe, was sich aus den Angaben der Klägerin wie auch des Zeugen ergeben habe. Der Weg zur Wohnung des Sohnes sei zwar länger gewesen als zur eigenen Wohnung, doch stehe dies dem Versicherungsschutz nicht entgegen. Es bestehe kein Zweifel, dass V. den Weg deshalb gewählt habe, weil er die Absicht gehabt habe, sich - wie bereits mehrfach davor - in der Wohnung des Sohnes nach der Nachtschicht zu erholen. Damit sei der Weg von der Handlungstendenz Rückkehr von der Arbeit geprägt gewesen. Zwar müsse der dann gewählte konkrete Weg in einem angemessenen Verhältnis zu dem üblichen Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit stehen. Die Angemessenheit beurteile sich nach der allgemeinen Verkehrsanschauung. Angemessen sei ein Weg dann, wenn sich Länge oder Dauer nicht erheblich vom üblichen unterschieden. Eine weitergehende Aufstellung von Regeln, die mathematischen Angemessenheitsformeln gleichkämen, sei nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 06. Januar 2006, B 2 U 372/05 B) nicht zulässig. Den bloßen Entfernungen komme nicht das wesentliche Gewicht bei der Beurteilung der Angemessenheit des Weges zu, vielmehr seien die Umstände des Einzelfalles stärker zu gewichten. Von Bedeutung sei deshalb auch, ob an dem "dritten Ort" Tätigkeiten verrichtet werden sollten, die in keinerlei Bezug zur versicherten Tätigkeit mehr gestanden hätten oder ob es sich um Verrichtungen gehandelt habe, die zumindest mittelbar auch dem Betrieb zugutekommen sollten. Vorliegend sei die Handlungstendenz von V. davon geprägt gewesen, sich von den Anstrengungen der Nachtschicht zu erholen, was starke betriebsbezogene Umstände aufweise. Die Wahl des Weges zur Wohnung des Sohnes sei deshalb auch unter Berücksichtigung der Rechtsprechung durch eine besondere Beziehung zur versicherten Tätigkeit geprägt gewesen. Dies rechtfertige es, die rechnerische Verlängerung des Weges um ca. 60% noch als angemessen einzustufen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das schriftliche Urteil verwiesen.
Gegen das ihr am 08. März 2010 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 18. März 2010 Berufung eingelegt. V. habe sich nicht auf einem versicherten Weg befunden. Weder ergäben sich betriebliche Motive für einen Aufenthalt am "dritten Ort", noch sei die Verlängerung der Wegstrecke um 60 % angemessen. Dass das Aufsuchen der Wohnung des Sohnes vorrangig von dem Bedürfnis geprägt gewesen sei, sich von der Nachtschicht auszuruhen, sei weder belegt, noch erheblich. Nach der Rechtsprechung des BSG rechtfertigten allgemeine Überlegungen zur Betriebsdienlichkeit wegen Regenerierung der Arbeitskraft es mangels gesetzlicher Grundlage nicht, den Weg eines Nachtschichtarbeiters nach der Arbeit zur Wohnung seines Bruders als Schlafort als versichert anzusehen, wenn in seiner eigenen Wohnung wegen nötiger Bauarbeiten ein Schlaf nicht möglich sei. Erst recht könne Versicherungsschutz nicht hergestellt werden, wenn - wie hier - eine besondere Lärmbelastung in der eigenen Wohnung nicht vorliege. Die angeführten Umstände rechtfertigten die Annahme einer besonderen Lärmbelastung nicht. Das eventuell vorgesehene Ausruhen sei kein Grund gewesen, die Wohnung des Sohnes aufzusuchen. Die Motive für den Besuch seien rein eigenwirtschaftlicher Natur gewesen. Die Verlängerung der sonst üblichen Wegstrecke sei unangemessen und mangels weiterer relevanter Umstände nicht mehr vom Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung umfasst. Es möge zutreffen, dass die Rechtsprechung diesbezüglich unübersichtlich geworden sei. Bei den von Klägerseite zitierten Urteilen seien aber durchweg Besonderheiten zu beachten gewesen, die es hätten gerechtfertigt erscheinen lassen, Versicherungsschutz auch dann noch anzunehmen, wenn die übliche Wegstrecke um ein mehrfaches überschritten worden sei, beispielsweise das Bemühen, nicht zu spät zur Arbeit zu kommen. Solche Umstände fehlten hier. Am 31. Mai 1996 habe das BSG Unfallversicherungsschutz eines Arbeitnehmers auf dem Weg zum Haus seiner Verwandten verneint. Zudem sei es angebracht, auch die Rechtsprechung zum Problemkreis Umweg/Abweg heranzuziehen, bei der das BSG die Verlängerung des Gesamtweges als erheblich betrachtet und daher Versicherungsschutz verneint habe. Es bestehe kein sachlicher Grund, noch deutlich längere Wege von der Arbeitsstelle nur deswegen unter Versicherungsschutz zu stellen, weil das Ziel des Weges eben nicht die eigene Wohnung sei, die der Gesetzgeber bei Wegeunfällen vorrangig im Auge gehabt habe. Die Heranziehung des Urteils des BSG vom 12. Mai 2009 sei nicht allein deswegen abzulehnen, weil es sich dort um zwei getrennte Wege gehandelt habe. Entscheidend sei, dass das BSG eine betriebsbedingte Notwendigkeit für die Regeneration an einem Ort außerhalb der eigenen Wohnung verneint habe.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 11. Dezember 2009 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Klägerin trägt im Wesentlichen vor, die Fahrt des V. zur Wohnung des Sohnes sei vorwiegend von dem Bedürfnis geprägt gewesen, sich von der Nachtschicht zu erholen, was V. ihr gegenüber angedeutet und zuvor auch bereits gemacht habe. V. habe sich zum Zeitpunkt des Unfalles kurz vor der nächsten Ausfahrt zum Wohnort des Sohnes befunden. Es könnten keine ernsthaften Zweifel bestehen, dass Zweck der Fahrt gewesen sei, die Wohnung des Sohnes aufzusuchen, um sie als Schlafmöglichkeit zu nutzen. Ein weiterer eigenwirtschaftlicher Zweck habe nicht vorgelegen. Die Wegeverlängerung mache hier eine Mehrfahrtzeit von 10 Minuten aus, was dem Versicherungsschutz nicht entgegen stehe. Das von der Beklagten zitierte Urteil des BSG vom 12. Mai 2009 sei zu einem anderen Sachverhalt ergangen, denn jener Kläger habe den Arbeitsweg zur eigenen Wohnung bereits beendet gehabt und sei dann nach kurzer Pause aufgebrochen, um sich in der Wohnung des Bruders zu erholen. Damit habe es sich um zwei Fahrten gehandelt. In diesem Urteil habe das BSG im Übrigen klargestellt, dass grundsätzlich auch der Weg zu einem "dritten Ort" geschützt sei. Es habe bei seiner Entscheidung lediglich festgestellt, dass allgemeine Erwägungen zur Betriebsdienlichkeit wegen Regenerierung der Arbeitskraft nicht geeignet seien, eine Wegstrecke, die erst nach erfolgter Rückkehr nach Hause angetreten werde, als versichert anzusehen. Die Rechtsprechung zur Problematik "Umweg/Abweg" sei auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar. Ein Versicherter könne den "dritten Ort" frei wählen, sofern er im Vergleich zum Arbeitsweg verhältnismäßig sei, was hier der Fall gewesen sei. Von einem Weg zum "dritten Ort" sei auszugehen, wenn der Aufenthalt dort zwei Stunden überstiegen hätte bzw. übersteige. Hier habe V. sich mehr als zwei Stunden ausruhen wollen. Erst dann wäre sein Sohn eingetroffen. Wie sich aus der Rechtsprechung ergebe, sei das Aufsuchen eines "dritten Ortes", um sich dort von einer Nachtschicht auszuruhen, ein sachgerechter, mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängender Grund.
Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz und die vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Berufung der Beklagten, über die der Senat auf Grund des Einverständnisses der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist unbegründet. Das SG hat zu Recht festgestellt, dass es sich bei dem Unfall des V. vom 18. August 2008 um einen in der gesetzlichen Unfallversicherung versicherten Arbeitsunfall im Sinne eines Wegeunfalles gehandelt hat.
Mit seiner allein von der Beklagten angefochtenen Entscheidung hat das SG das Begehren der Klägerin, die gemäß der Sitzungsniederschrift die Anerkennung des Unfallereignisses als Arbeitsunfall begehrt hat, auf Grund der insoweit nicht in der Niederschrift festgehaltenen Erklärungen noch vertretbar als Antrag auf Feststellung, dass der Tod des V. Folge eines Arbeitsunfalles ist, ausgelegt bzw. verstanden. Beides, sowohl die Feststellung, dass der Tod Folge eines Arbeitsunfalles ist, wie auch, dass der Unfallversicherungsträger verurteilt wird, ein Ereignis als Arbeitsunfall anzuerkennen, kann mit der Klage begehrt werden. Die Klägerin wendet sich vorliegend auch nicht dagegen, dass das SG in entsprechender Auslegung der Angaben in der mündlichen Verhandlung ihr Begehren als Feststellungsklage verstanden hat. Dieses Begehren kann auch gemäß §§ 54 Abs. 1, 55 Abs. 1 Nr. 3 SGG zulässig mit der kombinierten Anfechtungs- und Festellungsklage verfolgt werden.
Gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit. Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (§ 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Zur Anerkennung bzw. Feststellung eines Arbeitsunfalles ist in der Regel erforderlich, dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang), diese Verrichtung zu dem zeitlich begrenzten von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis (Unfallereignis) geführt (Unfallkausalität) und das Unfallereignis einen Gesundheit(erst)-Schaden oder den Tod des Versicherten verursacht hat (haftungsbegründende Kausalität).
Zu den versicherten Tätigkeiten zählt nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII auch das Zurücklegen des mit der nach den §§ 2, 3 und 6 SGB VII versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit. Es muss ein sachlicher Zusammenhang des Weges mit der eigentlichen versicherten Tätigkeit bestehen. Dies ist dann der Fall, wenn der Weg wesentlich zu dem Zweck zurückgelegt wird, den Ort der Tätigkeit zu erreichen oder nach deren Beendigung zu verlassen. Hierbei ist es nicht erforderlich, dass der eingeschlagene Weg von der Arbeitsstätte zum häuslichen Bereich (Familienwohnung) des Versicherten führt, vielmehr kann auch ein so genannter "dritter Ort" aufgesucht werden. Der innere Zusammenhang setzt insofern voraus, dass der Weg, den der Versicherte zurückgelegt, wesentlich dazu dient, den Ort der Tätigkeit oder nach deren Beendigung - in der Regel - die eigene Wohnung oder einen anderen Endpunkt des Weges ("dritter Ort") von dem Ort der Tätigkeit zu erreichen. Wenn nicht der häusliche Bereich, sondern ein "dritter Ort" Endpunkt des von dem Ort der Tätigkeit angetretenen Weges ist, ist für den inneren Zusammenhang entscheidend, ob dieser Weg noch von dem Vorhaben des Versicherten rechtlich wesentlich geprägt ist, vom Ort der versicherten Tätigkeit zurückzukehren (vgl. dazu u.a. BSG, Urteil vom 2. Mai 2001, B 2 33/00 R, und vom 12. Mai 2009, B 2 11/08 R, jeweils m.w.N.). Dabei ist zu berücksichtigen, dass ein nicht von oder nach der Wohnung angetretener Weg nach Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung grundsätzlich unter Berücksichtigung aller Umstände des jeweiligen Einzelfalls in einem angemessenen Verhältnis zu dem üblichen Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit stehen muss. Die Beurteilung dieser Angemessenheit ist nach der Verkehrsanschauung vorzunehmen. Maßgebend ist dabei die Handlungstendenz des Versicherten, nämlich, ob die anhand objektiver Umstände zu beurteilende Handlungstendenz des Versicherten beim Zurücklegen des Weges darauf gerichtet war, nach Beendigung der Haupttätigkeit in seinen Privatbereich zurückzukehren. Nur dann steht das Handeln im sachlichen Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit (vgl. u.a. BSG, Urteil vom 2. Mai 2009, B 2 11/08 R, m.w.N.).
Hat die frühere Rechtsprechung des BSG noch stärker auf die unterschiedlichen Entfernungen zwischen der Wohnung und der Arbeitsstätte sowie zwischen dem "dritten Ort" und der Arbeitsstätte abgestellt, berücksichtigt die neuere Rechtsprechung des BSG zwar weiterhin die entsprechenden Entfernungen, misst ihnen aber ausdrücklich nicht die allein entscheidende Bedeutung zu und verlangt, dass alle Umstände des jeweiligen Einzelfalles stärker zu berücksichtigen sind. Als derartige Umstände sind insbesondere zu berücksichtigen, ob am "dritten Ort" Verrichtungen des täglichen Lebens erledigt werden sollen, die keinerlei Bezug zur versicherten Tätigkeit an sich haben, oder ob es sich um Verrichtungen handelt, die zumindest mittelbar auch dem Betrieb zu gute kommen sollen, wobei diese betriebsbezogenen Umstände zwar nicht die Beurteilung der Angemessenheit des Weges vom "dritten Ort" beeinflussen, ihn jedoch im Sinne einer Betriebsdringlichkeit prägen können. Das BSG hat hierzu zusammenfassend ausgeführt (vgl. BSG, Urteil vom 2. Mai 2001,a.a.O m.w.N.): "Wege zum Ort der Tätigkeit, die nach einer rein eigenwirtschaftlichen Verrichtung vom dritten Ort angetreten werden, stehen unter Versicherungsschutz, wenn die Länge des Weges in einem angemessenen Verhältnis zu dem üblicherweise zur Arbeitsstätte zurückgelegten Weg steht. Das gilt auch für Wege vom Ort der Tätigkeit zu einem dritten Ort. Ist der Weg zum oder vom dritten Ort unverhältnismäßig, unangemessen länger als von der Wohnung zum oder vom Ort der Tätigkeit, wird die erheblich längere Wegstrecke grundsätzlich nicht durch die beabsichtigte oder beendete betriebliche Tätigkeit geprägt, sondern durch die eigenwirtschaftlichen Verrichtung am dritten Ort. Hat dagegen der Aufenthalt am dritten Ort betriebsdienliche Motive, war er also - aus der Sicht des Versicherten - dem Betrieb zu dienen bestimmt, ist der innere Zusammenhang auf dem Weg dann - eher - anzunehmen, auch wenn dieser Weg nicht mehr in einem angemessenen Verhältnis zum regelmäßig zurückgelegten Weg steht. Die erforderliche Prägung des Weges durch betriebsdienliche Zwecke wird umso eher anzunehmen sein, je näher die beabsichtigte oder schon vollzogene Verrichtung am dritten Ort der eigentlichen versicherten Tätigkeit steht." Diese Rechtsprechung hat auch durch das Urteil des BSG vom 12. Mai 2009, B 2 U 11/08 R, keine Änderung erfahren. Der erkennende Senat schließt sich dieser Rechtsprechung auch an.
Gemessen daran stand V. bei der Fahrt, auf der sich der Unfall, der zu seinem Tod führte, auch unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung.
Der Senat stellt hier zunächst fest, dass V. sich nach dem Ergebnis der Ermittlungen und der Aktenlage bei dem Unfall auf dem Weg zur Wohnung seines Sohnes in Hockenheim befand. Dass er die Absicht hatte, einen anderen Ort als die Wohnung des Sohnes aufzusuchen, ist spekulativ und es bestehen hierfür keinerlei objektive Anhaltspunkte. Im Übrigen war er, wie auch der Sohn als Zeuge vor dem SG ausgesagt hat, im Besitz eines Wohnungsschlüssels und hatte ihm sein Sohn auch angeboten, sich - wie schon früher geschehen - in dessen Wohnung alleine gerade zu Erholungszwecken nach der Nachtschicht aufzuhalten. Damit befand sich V., als sich der Unfall ereignete, bei seiner Fahrt von seiner Arbeitsstätte nicht auf dem Weg zu seiner Familienwohnung in Heidelberg, sondern auf dem Weg zu einem sogenannten "dritten Ort", der Wohnung seines Sohnes in Hockenheim.
Zur Überzeugung des Senats wollte V. die Wohnung seines Sohnes in Hockenheim am Unfalltag, Montag, den 18. August 2008, aufsuchen, um sich dort mehrere, jedenfalls mehr als zwei Stunden, von der Arbeit zu erholen, nachdem er schon eine Woche Nachtschicht hinter sich hatte und in der eigenen Wohnung in Heidelberg auf Grund der Lärmbelastung durch die äußeren Gegebenheiten nicht die nötige Ruhe gefunden hatte. Wie der vom SG als Zeuge vernommene Sohn bestätigt hat, hat V. die Lärmeinwirkung in der eigenen Wohnung in Heidelberg als für die Zeiten der Nachtarbeit belastend empfunden, weil er sich durch sie nicht ausreichend erholen konnte. Zudem hatte er erst eine von vorgesehenen drei Wochen mit Urlaubsvertretung und Nachtschicht absolviert. Mit seinem Sohn hatte er auch besprochen, dass er dessen Wohnung zu Erholungszwecken nach der Nachtschicht nutzen konnte, was hier der Fall war, weil sowohl der Sohn als auch dessen Ehefrau nicht zuhause waren. V. wäre auch mindestens zwei Stunden in der Wohnung verblieben, denn der Sohn wäre erst um etwa 17.00 Uhr zurückgekommen. Wie der vom SG als Zeuge vernommene Sohn bestätigt hat, hatte V. von diesem Angebot auch früher, mindestens ein- oder zweimal Gebrauch gemacht. Der Senat hegt insofern keinen Zweifel, dass V. die Wohnung seines Sohnes am Unfalltag aufsuchen wollte, um sich ohne Ruhestörung von den Belastungen seiner versicherten beruflichen Tätigkeit zu erholen. Damit lagen die nach der Rechtsprechung für die Begründung von Versicherungsschutz zu fordernden betriebsdienlichen Motive vor, denn V. hätte nach dem Unfalltag, einem Montag, weiter Nacht- bzw. Frühschicht verrichten müssen, für die er hinreichend ausgeruht sein wollte.
Im Übrigen war V. - auch unter Heranziehung des Vergleiches der Entfernungen zwischen der Familienwohnung und der Arbeitsstätte einerseits und der Entfernung zwischen der Wohnung seines Sohnes in Hockenheim und der Arbeitsstätte andererseits - ohne Verlust des Versicherungsschutzes befugt, die Wohnung seines Sohnes aufzusuchen. Die Entfernungen, auf die - wie dargelegt - nicht ausschließlich abzustellen ist, stehen zur Überzeugung des Senats dem Versicherungsschutz nicht entgegen. Zwar betragen die schnellste Fahrstrecke zwischen Arbeitsstätte und der Familienwohnung in Heidelberg 23,5 km und die Fahrzeit hierfür ca. 18 Minuten und die gewählte Fahrstrecke zur Wohnung des Sohnes in Hockenheim 37,6 km sowie die Fahrzeit ca. 27 Minuten, doch schließt diese Differenz hier das Fortbestehen des Versicherungsschutzes nicht aus. Die Verlängerung des Weges um 14,1 km überschreitet das Maß dessen, was zum Verlust des Versicherungsschutzes führen würde, noch nicht, nachdem es einem Versicherten grundsätzlich frei steht, den Ort der Beendigung seiner versicherten Tätigkeit frei zu wählen. Die Grenze der noch angemessenen Entfernung, die nicht mathematisch festzulegen ist (vgl. BSG, Beschluss vom 6. Januar 2006, B 2 U 372/05 B), ist vorliegend unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles zur Überzeugung des Senats nicht überschritten. Sie kann sich insbesondere nicht eng an der Entfernung zwischen Familienwohnung und Arbeitsstätte orientieren, da ansonsten von der Arbeitsstätte ein "dritter Ort" versichert nur in einem Umkreis entsprechend der Entfernung von Familienwohnung und Arbeitsstätte aufgesucht werden könnte, was sich so aus der gesetzlichen Regelung nicht ableiten lässt. Im Übrigen hat das BSG auch mit Urteil vom 19. Oktober 1982, 2 RU 7/81, in NJW 1983, 2286f, in einem dem vorliegenden Fall vergleichbaren Sachverhalt, bei dem der Versicherte zur Erholung von der Nachtschicht nicht seine 3 km vom Ort der versicherten Tätigkeit entfernte Wohnung, sondern seinen 18 km entfernt stehenden Wohnwagen aufsuchte, Versicherungsschutz auf dem dabei zurückgelegten Weg bejaht.
Etwas anderes folgt auch nicht daraus, dass sich der Weg zur Wohnung des Sohnes in Hockenheim durch Sperrung der Ausfahrt Schwetzingen/Hockenheim wegen Baumaßnahmen veränderte, da solche Umstände den Versicherungsschutz bei grundsätzlich befugtem Aufsuchen des "dritten Ortes" nicht entgegenstehen. Im Übrigen hätte sich die Fahrstrecke zur Wohnung des Sohnes unter Benutzung der Behelfsausfahrt an der Raststätte Hockenheim West verkürzt, da diese Raststätte unmittelbar im Bereich der Wohnung des Sohnes lag, was sich auch aus dem Stadtplan Hockenheim und dem Routenplaner ergibt. Eine (weitere) Verlängerung des Weges wäre mit der Baustellensituation jedenfalls nicht verbunden gewesen. Gleichfalls steht dem Versicherungsschutz nicht entgegen, dass V. die Wohnung auf der Alternativroute AB A 5 und die Ausfahrt Walldorf/Wiesloch auf kürzerem Weg hätte erreichen können (31,4 km und 24 Minuten statt 37,6 km und 27 Minuten), da angesichts dessen, dass dann ein Teil der Strecke über die Landstraße geführt hätte, im Hinblick auf die Fahrzeit auch die Fahrt wesentlich über die AB A 6 gewählt werden konnte, ohne den Versicherungsschutz zu verlieren.
Der Fall ist auch nicht dem von der Beklagten zitierten Fall in der Entscheidung des BSG vom 12. Mai 2009, B 2 U 11/08 R vergleichbar, denn tragend für diese Entscheidung war, dass der Versicherte bereits seine Familienwohnung erreicht gehabt hatte und damit der Weg zur Beendigung der versicherten Tätigkeit abgeschlossen war. Die Beklagte kann sich auch nicht mit Erfolg auf die Entscheidung des BSG vom 31. Mai 1996, 2 RU 28/95, in SozR 3-2200 § 550 Nr. 13, berufen, denn in diesem Fall betrug die Entfernung zwischen dem Ort der versicherten Tätigkeit und dem aus rein privaten Zwecken aufgesuchten Ort in Polen 350 km und zwischen dem Ort der versicherten Tätigkeit und dem Ort, an dem sich der Versicherte während seiner (vorübergehenden) Montagetätigkeit aufgehalten hat, 3 km, so dass dies dem vorliegenden Fall der Klägerin nicht vergleichbar ist.
Im Übrigen hat das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils zutreffend die rechtlichen Grundlagen für die von der Klägerin beanspruchte Feststellung berücksichtigt und ebenso zutreffend ausgeführt, dass V. auf dem Weg zur Wohnung seines Sohnes, auf dem sich der Unfall ereignet hat, unter Versicherungsschutz stand, weswegen es sich um einen versicherten Arbeitsunfall gehandelt hat. Der Senat schließt sich dem nach eigener Überprüfung und unter Berücksichtigung des Vorbringens im Berufungsverfahren nach eigener Überprüfung im Übrigen an und sieht deshalb gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab.
Damit steht zur Überzeugung des Senats fest, dass der gewählte Weg zum "dritten Ort" hier unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles nicht "unverhältnismäßig" länger als der Weg zur Familienwohnung gewesen ist.
Da das SG somit zu Recht festgestellt hat, dass der Tod des V. Folge des Arbeitsunfalls vom 18. August 2008 ist, weist der Senat die Berufung zurück. Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Die Beklagte hat auch die außergerichtlichen Kosten der Klägerin im Berufungsverfahren zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Ehemann der Klägerin, Versicherter (V.), am 18. August 2008 einen in der gesetzlichen Unfallversicherung versicherten Arbeitsunfall erlitten hat.
Der 1949 geborene V. erlitt am 18. August 2008, einem Montag, um etwa 12.59 Uhr auf der Autobahn (AB) A 6 von Mannheim kommend und in Richtung Heilbronn fahrend nach der (gesperrten) Ausfahrt Schwetzingen/Hockenheim und vor dem AB-Dreieck Hockenheim bei km 580,7 einen Unfall, als er mit seinem PKW (Ford Focus) ungebremst auf einen vorausfahrenden LKW (Silo-Auflieger mit Tank) auffuhr. Der Sattelschlepper fuhr mit einer Geschwindigkeit von ca. 80 km/h. Es bestand eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf 120 km/h in diesem Bereich der A 6. Gemäß dem beigezogenen Unfallgutachten war V. mit seinem PKW auf der rechten von zwei Richtungsfahrspuren in längsachsenparalleler Stellung auf das Heck des vor ihm befindlichen Siloanhängers ohne erkennbare Einleitung einer Abwehrhandlung aufgefahren. Bei der technischen Untersuchung des PKW des V. hatten sich keine Hinweise auf vor dem Unfallgeschehen vorhandene Mängel oder Spuren einer Fremdeinwirkung ergeben.
Bei dem Unfall erlitt V. schwerste Schädelhirnverletzungen, an deren Folgen er am 19. August 2008 verstarb.
V. wohnte mit der Klägerin in Heidelberg am M. 35 und war bei der Firma E. Südwest in H. als Mitarbeiter im Leergutlager beschäftigt. Sein Sohn und dessen Ehefrau wohnten in H. in der H.-B.-Straße 111. Am Unfalltag hatte V. gemäß der Unfallanzeige der Arbeitgeberin (Niederlassung H.) vom 21. August 2008 seine Arbeit um 3.00 Uhr begonnen und um 12.38 Uhr beendet.
Nach Routenplaner beträgt die Fahrstrecke zwischen Arbeitsstätte und der Familienwohnung in Heidelberg - bei Benutzung der AB (von Heddesheim nach Süden auf der A 5 über das AB-Kreuz Heidelberg hinweg bis zur Ausfahrt Heidelberg/Schwetzingen) - 23,5 km und die Fahrzeit hierfür ca. 18 Minuten.
Eine mögliche Fahrstrecke zur Wohnung des Sohnes beträgt - bei Benutzung der AB (von Heddesheim nach Süden auf der A 5 über das AB-Kreuz Heidelberg hinweg und an der Ausfahrt Heidelberg/Schwetzingen vorbei bis zur Ausfahrt Walldorf/Wiesloch und dann nach Hockenheim) - 31,4 km und die Fahrzeit dafür ca. 24 Minuten. Eine alternative Fahrstrecke zur Wohnung des Sohnes in Hockenheim führt bei Benutzung der AB von Heddesheim über die A 5 nach Süden bis zum AB-Kreuz Heidelberg, dann von dort über die A 656 in nordwestlicher Richtung auf die A 6 von dort auf dieser nach Süden Richtung Hockenheim bzw. Heilbronn bis zur Ausfahrt Schwetzingen/Hockenheim und dann nach Hockenheim. Die Fahrstrecke hierfür beträgt 37,6 km, die Fahrzeit ca. 27 Minuten. Die Ausfahrt Schwetzingen/Hockenheim war vom 4. bis 27. August 2008 allerdings wegen Baumaßnahmen gesperrt. Es bestand jedoch insoweit die Möglichkeit, eine Behelfsausfahrt am Rasthof am Hockenheimring West, der nahe der H.-B.-Str. 111 gelegen ist (Routenplaner und Stadtplan Hockenheim) und wodurch die Fahrt durch Hockenheim entfallen wäre und sich der Weg etwas verkürzt hätte, oder - unter Verlängerung der Fahrstrecke - nach der gesperrten Ausfahrt ab dem Dreieck Hockenheim die A 61 Richtung Speyer und dort die Abfahrt Hockenheim zu nehmen. Der Unfall ereignete sich auf der A 6 nach Passieren der gesperrten Ausfahrt. Wegen der Einzelheiten wird u.a. auch auf die Straßenpläne Blatt 18 und 19 in der Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen.
Am 21. August 2008 gab Frau Ganter, Mitarbeiterin der Firma E. in Offenburg, bei einem Telefonat an, V. habe von der Arbeit zu seinem Sohn fahren wollen. Es habe sich nicht um den üblichen Arbeitsweg gehandelt. Unter dem 31. August 2008 erklärte die Klägerin, der Unfall habe sich auf dem Weg von der Arbeit zu ihrem Sohn ereignet. V. habe sich bei dem beabsichtigten Besuch länger als zwei Stunden dort aufhalten wollen.
Die Beklagte lehnte die Anerkennung des Ereignisses als Arbeitsunfall mit Bescheid vom 18. September 2008 ab, da V. die Autobahn gewechselt habe, um aus privaten Gründen seinen Sohn in Hockenheim zu besuchen, und sich nicht mehr auf dem direkten Weg nach Hause befunden habe. Der gewöhnliche direkte Weg habe 23,5 km und der am Unfalltag gewählte Weg habe 37,6 km betragen. Der aus privaten Gründen gewählte Weg stehe in keinem angemessenen Verhältnis zu dem üblichen, direkten Nachhauseweg, weswegen ein innerer ursächlicher Zusammenhang mit der betrieblichen Tätigkeit nicht vorgelegen habe.
Dagegen erhob die Klägerin am 29. September 2008 Widerspruch und machte geltend, V. habe sich zwar nicht auf dem Weg von der Arbeitsstätte zu seiner Wohnung befunden, doch der Weg zu seinem Sohn habe wesentlich dazu gedient, von dem Ort der versicherten Tätigkeit zurückzukehren. V. habe zur Wohnung des Sohnes fahren wollen, um seine Tätigkeit zu beenden und sich zunächst von seiner Arbeit auszuruhen, was er des Öfteren gemacht habe. Er habe dann meistens ein paar Stunden geschlafen bis der Sohn selbst von seiner Arbeit nach Hause gekommen sei. Der Aufenthalt am "dritten Ort", der Wohnung des Sohnes, habe der Beendigung der Arbeit gedient. Der innere Zusammenhang auf dem Weg zum "dritten Ort" bestehe nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG), wenn der beabsichtigte Aufenthalt betriebsdienliche Motive gehabt hätte, auch wenn dieser Weg nicht mehr in einem angemessenen Verhältnis zum regelmäßig zurückgelegten Weg stehe. Im Übrigen stehe ein aus eigenwirtschaftlichen Gründen gewählter Weg zu einem "dritten Ort" auch unter Versicherungsschutz, wenn seine Länge in einem angemessenen Verhältnis zum üblichen Weg zur Wohnung stehe. Die Verlängerung des Weges durch Aufsuchen des "dritten Ortes" um 14,1 km sei im Verhältnis nicht unangemessen. V. sei am Unfalltag nicht bei der Ausfahrt Hockenheim/Schwetzingen abgefahren, weil diese Anschlussstelle A 6/B 36, in dieser Zeit auf Grund umfangreicher Baumaßnahmen voll gesperrt gewesen sei. Er habe daher entweder die örtliche Umleitung über die A 61, Anschlussstelle Hockenheim, oder - als schnellste Verbindung - eine Behelfsausfahrt am Rasthof Hockenheim nehmen können. Damit habe V. den direkten Weg zum "dritten Ort" genommen. Auch das Schleswig-Holsteinische Landessozialgericht (LSG) habe in einem Fall, in dem der Weg "zum" dritten Ort länger gewesen sei, Versicherungsschutz angenommen und eine prozentuale Verlängerung von 80% (45 km vom "dritten Ort" anstatt 25 km von der Wohnung) als nicht ungewöhnlich lang und versichert erachtet. Wie dort ausgeführt, berücksichtige die neuere Rechtsprechung des BSG zwar weiterhin die Entfernungen, messe aber ausdrücklich nicht mehr allein ihnen eine entscheidende Bedeutung bei. Auch nach einer Entscheidung des BSG vom 27. August 1987 sei eine Begrenzung allein nach einem bestimmten vielfachen der regelmäßig vom häuslichen Bereich zum Ort der Tätigkeit zurückgelegten Wegstrecke kein geeignetes Kriterium. Bei der hier gewählten Verlängerung des Arbeitsweges um 14,1 km betrage der zeitliche Mehraufwand gerade 9 Minuten. V. habe sich in der Wohnung des Sohnes zunächst von der Arbeit ausruhen wollen. Dieser sei in der Regel um 17.00 Uhr zuhause, weswegen V. eine Ruhezeit von nahezu vier Stunden zur Regeneration hätte nutzen können. Die gesetzliche Regelung verlange nur, dass die Arbeitsstätte Ziel oder Ausgangspunkt des Weges sei. Ein Arbeitnehmer müsse nicht in die eigene Wohnung fahren, um seine Tätigkeit zu beenden. Der Weg von V. sei maßgeblich davon bestimmt gewesen, seinen Arbeitsplatz zu verlassen.
Der Widerspruchsausschuss der Beklagten wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 11. Dezember 2008 zurück. V. habe sich zum Unfallzeitpunkt aus eigenwirtschaftlichen Gründen nicht auf dem direkten Weg zwischen Arbeitsstätte und seiner Wohnung befunden. Er habe den Weg aus privaten Gründen verlassen, um zu der Wohnung des Sohnes in Hockenheim zu fahren. Schon ohne Berücksichtigung straßenbaulicher Maßnahmen liege eine prozentuale Wegeverlängerung von 60 % vor, welche in keinem angemessenen Verhältnis zum eigentlichen direkten Weg stehe.
Deswegen hat die Klägerin am 08. Januar 2009 Klage beim Sozialgericht Mannheim (SG) erhoben und ergänzend u.a. ausgeführt, V. habe sich deshalb zur Wohnung des Sohnes begeben wollen, da er sich dort ungestört bis zu vier Stunden habe erholen können, was in der eigenen Wohnung nicht uneingeschränkt möglich gewesen sei. Er hätte wegen einer Urlaubsvertretung drei Wochen Nachtschicht arbeiten sollen und habe bereits eine Woche davon hinter sich gehabt. In dieser Woche sei es ihm in seiner Wohnung wegen der Geräuschkulisse nicht gelungen, nach der Schicht richtig zu schlafen.
Die Beklagte hat geltend gemacht, V. habe sich nicht auf einem versicherten Weg befunden. Zwar könne auch der Weg zum sogenannten "dritten Ort" unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stehen. Die Wahl eines anderen Ortes als des Wohnortes aus persönlichen Motiven sei dann unschädlich, wenn die Länge des dadurch bedingten Weges in angemessenem Verhältnis zum Weg von und zur Wohnung stehe, also wenn der Weg zum "dritten Ort" unter Berücksichtigung der Verkehrsauffassung nach Länge und Dauer sich nicht erheblich vom direkten Weg unterscheide. Trotz des angegebenen Erholungsbedürfnisses als Grund für den Besuch beim Sohn, weil bei der eigentlichen Wohnung in Heidelberg eine Baustelle gewesen sei, eine Gaststätte mit Außenbewirtschaftung betrieben werde und die Klägerin mit Hausarbeiten beschäftigt gewesen sei, sei der Besuch des Sohnes dem privaten eigenwirtschaftlichen Bereich zuzurechnen. Ohne Berücksichtigung straßenbaulicher Maßnahmen liege eine prozentuale Wegverlängerung von 60 % vor, was in keinem angemessenen Verhältnis zum direkten Nachhausweg mehr stehe.
Das SG hat den Sohn von V. und der Klägerin als Zeugen vernommen. Er hat angegeben, zum Unfallzeitpunkt sei er selbst bei der Arbeit gewesen. Mit V. habe er vorher besprochen, dass dieser mittags in seine Wohnung gehen könne, um sich auszuruhen. Die Wohnung seiner Eltern befinde sich im 7. Stock. In dem Hof vor dem Haus spielten häufig Kinder. Daneben sei eine Bushaltestelle. Es führe eine Hauptverkehrsstraße vorbei und es befinde sich dort auch eine Gaststätte mit Außenbewirtschaftung. V. habe wohl schon eine Woche Nachtschicht hinter sich gehabt und sei mit der Situation am Wohnort nicht recht zufrieden gewesen, weswegen er ihm die Nutzung der Wohnung angeboten habe. V. habe auch generell einen Schlüssel zu seiner Wohnung gehabt. Ein fester Termin sei nicht ausgemacht gewesen, man habe dies nur als Möglichkeit und Alternative in den Raum gestellt. V. sei auch bereits ein bis zwei Mal vorher, vielleicht ein Jahr vorher, jedenfalls längere Zeit vor dem Unfall, in seiner Wohnung gewesen. V. habe auch nur ganz selten Nachtschicht gehabt. Er habe dies V. angeboten, weil er selbst und auch seine Ehefrau bei der Arbeit gewesen seien, so dass in seiner Wohnung Ruhe geherrscht habe. Bei normalem Verlauf wäre er zwischen 17.00 Uhr und 17.30 Uhr in seine Wohnung gekommen. Seine Frau habe an diesem Tag Bereitschaftsdienst im Klinikum Mannheim gehabt und wäre die Nacht weggewesen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.
Mit Urteil vom 11. Dezember 2009 hat das SG festgestellt, dass der Tod des V. Folge eines Arbeitsunfalles sei. Die Klage sei als Feststellungsklage zulässig. Die - näher dargelegten - Voraussetzungen eines Arbeitsunfalles (§ 8 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch [SGB VII]) seien erfüllt. V. habe sich auf dem Weg von der Arbeitsstätte zur Wohnung seines Sohnes auf einem versicherten Weg befunden. Es bestünden keine Zweifel, das V. sich zum Unfallzeitpunkt auf dem nächstmöglichen Weg von der Arbeitsstätte zur Wohnung des Sohnes befunden habe, was sich aus den Angaben der Klägerin wie auch des Zeugen ergeben habe. Der Weg zur Wohnung des Sohnes sei zwar länger gewesen als zur eigenen Wohnung, doch stehe dies dem Versicherungsschutz nicht entgegen. Es bestehe kein Zweifel, dass V. den Weg deshalb gewählt habe, weil er die Absicht gehabt habe, sich - wie bereits mehrfach davor - in der Wohnung des Sohnes nach der Nachtschicht zu erholen. Damit sei der Weg von der Handlungstendenz Rückkehr von der Arbeit geprägt gewesen. Zwar müsse der dann gewählte konkrete Weg in einem angemessenen Verhältnis zu dem üblichen Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit stehen. Die Angemessenheit beurteile sich nach der allgemeinen Verkehrsanschauung. Angemessen sei ein Weg dann, wenn sich Länge oder Dauer nicht erheblich vom üblichen unterschieden. Eine weitergehende Aufstellung von Regeln, die mathematischen Angemessenheitsformeln gleichkämen, sei nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 06. Januar 2006, B 2 U 372/05 B) nicht zulässig. Den bloßen Entfernungen komme nicht das wesentliche Gewicht bei der Beurteilung der Angemessenheit des Weges zu, vielmehr seien die Umstände des Einzelfalles stärker zu gewichten. Von Bedeutung sei deshalb auch, ob an dem "dritten Ort" Tätigkeiten verrichtet werden sollten, die in keinerlei Bezug zur versicherten Tätigkeit mehr gestanden hätten oder ob es sich um Verrichtungen gehandelt habe, die zumindest mittelbar auch dem Betrieb zugutekommen sollten. Vorliegend sei die Handlungstendenz von V. davon geprägt gewesen, sich von den Anstrengungen der Nachtschicht zu erholen, was starke betriebsbezogene Umstände aufweise. Die Wahl des Weges zur Wohnung des Sohnes sei deshalb auch unter Berücksichtigung der Rechtsprechung durch eine besondere Beziehung zur versicherten Tätigkeit geprägt gewesen. Dies rechtfertige es, die rechnerische Verlängerung des Weges um ca. 60% noch als angemessen einzustufen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das schriftliche Urteil verwiesen.
Gegen das ihr am 08. März 2010 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 18. März 2010 Berufung eingelegt. V. habe sich nicht auf einem versicherten Weg befunden. Weder ergäben sich betriebliche Motive für einen Aufenthalt am "dritten Ort", noch sei die Verlängerung der Wegstrecke um 60 % angemessen. Dass das Aufsuchen der Wohnung des Sohnes vorrangig von dem Bedürfnis geprägt gewesen sei, sich von der Nachtschicht auszuruhen, sei weder belegt, noch erheblich. Nach der Rechtsprechung des BSG rechtfertigten allgemeine Überlegungen zur Betriebsdienlichkeit wegen Regenerierung der Arbeitskraft es mangels gesetzlicher Grundlage nicht, den Weg eines Nachtschichtarbeiters nach der Arbeit zur Wohnung seines Bruders als Schlafort als versichert anzusehen, wenn in seiner eigenen Wohnung wegen nötiger Bauarbeiten ein Schlaf nicht möglich sei. Erst recht könne Versicherungsschutz nicht hergestellt werden, wenn - wie hier - eine besondere Lärmbelastung in der eigenen Wohnung nicht vorliege. Die angeführten Umstände rechtfertigten die Annahme einer besonderen Lärmbelastung nicht. Das eventuell vorgesehene Ausruhen sei kein Grund gewesen, die Wohnung des Sohnes aufzusuchen. Die Motive für den Besuch seien rein eigenwirtschaftlicher Natur gewesen. Die Verlängerung der sonst üblichen Wegstrecke sei unangemessen und mangels weiterer relevanter Umstände nicht mehr vom Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung umfasst. Es möge zutreffen, dass die Rechtsprechung diesbezüglich unübersichtlich geworden sei. Bei den von Klägerseite zitierten Urteilen seien aber durchweg Besonderheiten zu beachten gewesen, die es hätten gerechtfertigt erscheinen lassen, Versicherungsschutz auch dann noch anzunehmen, wenn die übliche Wegstrecke um ein mehrfaches überschritten worden sei, beispielsweise das Bemühen, nicht zu spät zur Arbeit zu kommen. Solche Umstände fehlten hier. Am 31. Mai 1996 habe das BSG Unfallversicherungsschutz eines Arbeitnehmers auf dem Weg zum Haus seiner Verwandten verneint. Zudem sei es angebracht, auch die Rechtsprechung zum Problemkreis Umweg/Abweg heranzuziehen, bei der das BSG die Verlängerung des Gesamtweges als erheblich betrachtet und daher Versicherungsschutz verneint habe. Es bestehe kein sachlicher Grund, noch deutlich längere Wege von der Arbeitsstelle nur deswegen unter Versicherungsschutz zu stellen, weil das Ziel des Weges eben nicht die eigene Wohnung sei, die der Gesetzgeber bei Wegeunfällen vorrangig im Auge gehabt habe. Die Heranziehung des Urteils des BSG vom 12. Mai 2009 sei nicht allein deswegen abzulehnen, weil es sich dort um zwei getrennte Wege gehandelt habe. Entscheidend sei, dass das BSG eine betriebsbedingte Notwendigkeit für die Regeneration an einem Ort außerhalb der eigenen Wohnung verneint habe.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 11. Dezember 2009 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Klägerin trägt im Wesentlichen vor, die Fahrt des V. zur Wohnung des Sohnes sei vorwiegend von dem Bedürfnis geprägt gewesen, sich von der Nachtschicht zu erholen, was V. ihr gegenüber angedeutet und zuvor auch bereits gemacht habe. V. habe sich zum Zeitpunkt des Unfalles kurz vor der nächsten Ausfahrt zum Wohnort des Sohnes befunden. Es könnten keine ernsthaften Zweifel bestehen, dass Zweck der Fahrt gewesen sei, die Wohnung des Sohnes aufzusuchen, um sie als Schlafmöglichkeit zu nutzen. Ein weiterer eigenwirtschaftlicher Zweck habe nicht vorgelegen. Die Wegeverlängerung mache hier eine Mehrfahrtzeit von 10 Minuten aus, was dem Versicherungsschutz nicht entgegen stehe. Das von der Beklagten zitierte Urteil des BSG vom 12. Mai 2009 sei zu einem anderen Sachverhalt ergangen, denn jener Kläger habe den Arbeitsweg zur eigenen Wohnung bereits beendet gehabt und sei dann nach kurzer Pause aufgebrochen, um sich in der Wohnung des Bruders zu erholen. Damit habe es sich um zwei Fahrten gehandelt. In diesem Urteil habe das BSG im Übrigen klargestellt, dass grundsätzlich auch der Weg zu einem "dritten Ort" geschützt sei. Es habe bei seiner Entscheidung lediglich festgestellt, dass allgemeine Erwägungen zur Betriebsdienlichkeit wegen Regenerierung der Arbeitskraft nicht geeignet seien, eine Wegstrecke, die erst nach erfolgter Rückkehr nach Hause angetreten werde, als versichert anzusehen. Die Rechtsprechung zur Problematik "Umweg/Abweg" sei auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar. Ein Versicherter könne den "dritten Ort" frei wählen, sofern er im Vergleich zum Arbeitsweg verhältnismäßig sei, was hier der Fall gewesen sei. Von einem Weg zum "dritten Ort" sei auszugehen, wenn der Aufenthalt dort zwei Stunden überstiegen hätte bzw. übersteige. Hier habe V. sich mehr als zwei Stunden ausruhen wollen. Erst dann wäre sein Sohn eingetroffen. Wie sich aus der Rechtsprechung ergebe, sei das Aufsuchen eines "dritten Ortes", um sich dort von einer Nachtschicht auszuruhen, ein sachgerechter, mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängender Grund.
Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz und die vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Berufung der Beklagten, über die der Senat auf Grund des Einverständnisses der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist unbegründet. Das SG hat zu Recht festgestellt, dass es sich bei dem Unfall des V. vom 18. August 2008 um einen in der gesetzlichen Unfallversicherung versicherten Arbeitsunfall im Sinne eines Wegeunfalles gehandelt hat.
Mit seiner allein von der Beklagten angefochtenen Entscheidung hat das SG das Begehren der Klägerin, die gemäß der Sitzungsniederschrift die Anerkennung des Unfallereignisses als Arbeitsunfall begehrt hat, auf Grund der insoweit nicht in der Niederschrift festgehaltenen Erklärungen noch vertretbar als Antrag auf Feststellung, dass der Tod des V. Folge eines Arbeitsunfalles ist, ausgelegt bzw. verstanden. Beides, sowohl die Feststellung, dass der Tod Folge eines Arbeitsunfalles ist, wie auch, dass der Unfallversicherungsträger verurteilt wird, ein Ereignis als Arbeitsunfall anzuerkennen, kann mit der Klage begehrt werden. Die Klägerin wendet sich vorliegend auch nicht dagegen, dass das SG in entsprechender Auslegung der Angaben in der mündlichen Verhandlung ihr Begehren als Feststellungsklage verstanden hat. Dieses Begehren kann auch gemäß §§ 54 Abs. 1, 55 Abs. 1 Nr. 3 SGG zulässig mit der kombinierten Anfechtungs- und Festellungsklage verfolgt werden.
Gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit. Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (§ 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Zur Anerkennung bzw. Feststellung eines Arbeitsunfalles ist in der Regel erforderlich, dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang), diese Verrichtung zu dem zeitlich begrenzten von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis (Unfallereignis) geführt (Unfallkausalität) und das Unfallereignis einen Gesundheit(erst)-Schaden oder den Tod des Versicherten verursacht hat (haftungsbegründende Kausalität).
Zu den versicherten Tätigkeiten zählt nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII auch das Zurücklegen des mit der nach den §§ 2, 3 und 6 SGB VII versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit. Es muss ein sachlicher Zusammenhang des Weges mit der eigentlichen versicherten Tätigkeit bestehen. Dies ist dann der Fall, wenn der Weg wesentlich zu dem Zweck zurückgelegt wird, den Ort der Tätigkeit zu erreichen oder nach deren Beendigung zu verlassen. Hierbei ist es nicht erforderlich, dass der eingeschlagene Weg von der Arbeitsstätte zum häuslichen Bereich (Familienwohnung) des Versicherten führt, vielmehr kann auch ein so genannter "dritter Ort" aufgesucht werden. Der innere Zusammenhang setzt insofern voraus, dass der Weg, den der Versicherte zurückgelegt, wesentlich dazu dient, den Ort der Tätigkeit oder nach deren Beendigung - in der Regel - die eigene Wohnung oder einen anderen Endpunkt des Weges ("dritter Ort") von dem Ort der Tätigkeit zu erreichen. Wenn nicht der häusliche Bereich, sondern ein "dritter Ort" Endpunkt des von dem Ort der Tätigkeit angetretenen Weges ist, ist für den inneren Zusammenhang entscheidend, ob dieser Weg noch von dem Vorhaben des Versicherten rechtlich wesentlich geprägt ist, vom Ort der versicherten Tätigkeit zurückzukehren (vgl. dazu u.a. BSG, Urteil vom 2. Mai 2001, B 2 33/00 R, und vom 12. Mai 2009, B 2 11/08 R, jeweils m.w.N.). Dabei ist zu berücksichtigen, dass ein nicht von oder nach der Wohnung angetretener Weg nach Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung grundsätzlich unter Berücksichtigung aller Umstände des jeweiligen Einzelfalls in einem angemessenen Verhältnis zu dem üblichen Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit stehen muss. Die Beurteilung dieser Angemessenheit ist nach der Verkehrsanschauung vorzunehmen. Maßgebend ist dabei die Handlungstendenz des Versicherten, nämlich, ob die anhand objektiver Umstände zu beurteilende Handlungstendenz des Versicherten beim Zurücklegen des Weges darauf gerichtet war, nach Beendigung der Haupttätigkeit in seinen Privatbereich zurückzukehren. Nur dann steht das Handeln im sachlichen Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit (vgl. u.a. BSG, Urteil vom 2. Mai 2009, B 2 11/08 R, m.w.N.).
Hat die frühere Rechtsprechung des BSG noch stärker auf die unterschiedlichen Entfernungen zwischen der Wohnung und der Arbeitsstätte sowie zwischen dem "dritten Ort" und der Arbeitsstätte abgestellt, berücksichtigt die neuere Rechtsprechung des BSG zwar weiterhin die entsprechenden Entfernungen, misst ihnen aber ausdrücklich nicht die allein entscheidende Bedeutung zu und verlangt, dass alle Umstände des jeweiligen Einzelfalles stärker zu berücksichtigen sind. Als derartige Umstände sind insbesondere zu berücksichtigen, ob am "dritten Ort" Verrichtungen des täglichen Lebens erledigt werden sollen, die keinerlei Bezug zur versicherten Tätigkeit an sich haben, oder ob es sich um Verrichtungen handelt, die zumindest mittelbar auch dem Betrieb zu gute kommen sollen, wobei diese betriebsbezogenen Umstände zwar nicht die Beurteilung der Angemessenheit des Weges vom "dritten Ort" beeinflussen, ihn jedoch im Sinne einer Betriebsdringlichkeit prägen können. Das BSG hat hierzu zusammenfassend ausgeführt (vgl. BSG, Urteil vom 2. Mai 2001,a.a.O m.w.N.): "Wege zum Ort der Tätigkeit, die nach einer rein eigenwirtschaftlichen Verrichtung vom dritten Ort angetreten werden, stehen unter Versicherungsschutz, wenn die Länge des Weges in einem angemessenen Verhältnis zu dem üblicherweise zur Arbeitsstätte zurückgelegten Weg steht. Das gilt auch für Wege vom Ort der Tätigkeit zu einem dritten Ort. Ist der Weg zum oder vom dritten Ort unverhältnismäßig, unangemessen länger als von der Wohnung zum oder vom Ort der Tätigkeit, wird die erheblich längere Wegstrecke grundsätzlich nicht durch die beabsichtigte oder beendete betriebliche Tätigkeit geprägt, sondern durch die eigenwirtschaftlichen Verrichtung am dritten Ort. Hat dagegen der Aufenthalt am dritten Ort betriebsdienliche Motive, war er also - aus der Sicht des Versicherten - dem Betrieb zu dienen bestimmt, ist der innere Zusammenhang auf dem Weg dann - eher - anzunehmen, auch wenn dieser Weg nicht mehr in einem angemessenen Verhältnis zum regelmäßig zurückgelegten Weg steht. Die erforderliche Prägung des Weges durch betriebsdienliche Zwecke wird umso eher anzunehmen sein, je näher die beabsichtigte oder schon vollzogene Verrichtung am dritten Ort der eigentlichen versicherten Tätigkeit steht." Diese Rechtsprechung hat auch durch das Urteil des BSG vom 12. Mai 2009, B 2 U 11/08 R, keine Änderung erfahren. Der erkennende Senat schließt sich dieser Rechtsprechung auch an.
Gemessen daran stand V. bei der Fahrt, auf der sich der Unfall, der zu seinem Tod führte, auch unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung.
Der Senat stellt hier zunächst fest, dass V. sich nach dem Ergebnis der Ermittlungen und der Aktenlage bei dem Unfall auf dem Weg zur Wohnung seines Sohnes in Hockenheim befand. Dass er die Absicht hatte, einen anderen Ort als die Wohnung des Sohnes aufzusuchen, ist spekulativ und es bestehen hierfür keinerlei objektive Anhaltspunkte. Im Übrigen war er, wie auch der Sohn als Zeuge vor dem SG ausgesagt hat, im Besitz eines Wohnungsschlüssels und hatte ihm sein Sohn auch angeboten, sich - wie schon früher geschehen - in dessen Wohnung alleine gerade zu Erholungszwecken nach der Nachtschicht aufzuhalten. Damit befand sich V., als sich der Unfall ereignete, bei seiner Fahrt von seiner Arbeitsstätte nicht auf dem Weg zu seiner Familienwohnung in Heidelberg, sondern auf dem Weg zu einem sogenannten "dritten Ort", der Wohnung seines Sohnes in Hockenheim.
Zur Überzeugung des Senats wollte V. die Wohnung seines Sohnes in Hockenheim am Unfalltag, Montag, den 18. August 2008, aufsuchen, um sich dort mehrere, jedenfalls mehr als zwei Stunden, von der Arbeit zu erholen, nachdem er schon eine Woche Nachtschicht hinter sich hatte und in der eigenen Wohnung in Heidelberg auf Grund der Lärmbelastung durch die äußeren Gegebenheiten nicht die nötige Ruhe gefunden hatte. Wie der vom SG als Zeuge vernommene Sohn bestätigt hat, hat V. die Lärmeinwirkung in der eigenen Wohnung in Heidelberg als für die Zeiten der Nachtarbeit belastend empfunden, weil er sich durch sie nicht ausreichend erholen konnte. Zudem hatte er erst eine von vorgesehenen drei Wochen mit Urlaubsvertretung und Nachtschicht absolviert. Mit seinem Sohn hatte er auch besprochen, dass er dessen Wohnung zu Erholungszwecken nach der Nachtschicht nutzen konnte, was hier der Fall war, weil sowohl der Sohn als auch dessen Ehefrau nicht zuhause waren. V. wäre auch mindestens zwei Stunden in der Wohnung verblieben, denn der Sohn wäre erst um etwa 17.00 Uhr zurückgekommen. Wie der vom SG als Zeuge vernommene Sohn bestätigt hat, hatte V. von diesem Angebot auch früher, mindestens ein- oder zweimal Gebrauch gemacht. Der Senat hegt insofern keinen Zweifel, dass V. die Wohnung seines Sohnes am Unfalltag aufsuchen wollte, um sich ohne Ruhestörung von den Belastungen seiner versicherten beruflichen Tätigkeit zu erholen. Damit lagen die nach der Rechtsprechung für die Begründung von Versicherungsschutz zu fordernden betriebsdienlichen Motive vor, denn V. hätte nach dem Unfalltag, einem Montag, weiter Nacht- bzw. Frühschicht verrichten müssen, für die er hinreichend ausgeruht sein wollte.
Im Übrigen war V. - auch unter Heranziehung des Vergleiches der Entfernungen zwischen der Familienwohnung und der Arbeitsstätte einerseits und der Entfernung zwischen der Wohnung seines Sohnes in Hockenheim und der Arbeitsstätte andererseits - ohne Verlust des Versicherungsschutzes befugt, die Wohnung seines Sohnes aufzusuchen. Die Entfernungen, auf die - wie dargelegt - nicht ausschließlich abzustellen ist, stehen zur Überzeugung des Senats dem Versicherungsschutz nicht entgegen. Zwar betragen die schnellste Fahrstrecke zwischen Arbeitsstätte und der Familienwohnung in Heidelberg 23,5 km und die Fahrzeit hierfür ca. 18 Minuten und die gewählte Fahrstrecke zur Wohnung des Sohnes in Hockenheim 37,6 km sowie die Fahrzeit ca. 27 Minuten, doch schließt diese Differenz hier das Fortbestehen des Versicherungsschutzes nicht aus. Die Verlängerung des Weges um 14,1 km überschreitet das Maß dessen, was zum Verlust des Versicherungsschutzes führen würde, noch nicht, nachdem es einem Versicherten grundsätzlich frei steht, den Ort der Beendigung seiner versicherten Tätigkeit frei zu wählen. Die Grenze der noch angemessenen Entfernung, die nicht mathematisch festzulegen ist (vgl. BSG, Beschluss vom 6. Januar 2006, B 2 U 372/05 B), ist vorliegend unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles zur Überzeugung des Senats nicht überschritten. Sie kann sich insbesondere nicht eng an der Entfernung zwischen Familienwohnung und Arbeitsstätte orientieren, da ansonsten von der Arbeitsstätte ein "dritter Ort" versichert nur in einem Umkreis entsprechend der Entfernung von Familienwohnung und Arbeitsstätte aufgesucht werden könnte, was sich so aus der gesetzlichen Regelung nicht ableiten lässt. Im Übrigen hat das BSG auch mit Urteil vom 19. Oktober 1982, 2 RU 7/81, in NJW 1983, 2286f, in einem dem vorliegenden Fall vergleichbaren Sachverhalt, bei dem der Versicherte zur Erholung von der Nachtschicht nicht seine 3 km vom Ort der versicherten Tätigkeit entfernte Wohnung, sondern seinen 18 km entfernt stehenden Wohnwagen aufsuchte, Versicherungsschutz auf dem dabei zurückgelegten Weg bejaht.
Etwas anderes folgt auch nicht daraus, dass sich der Weg zur Wohnung des Sohnes in Hockenheim durch Sperrung der Ausfahrt Schwetzingen/Hockenheim wegen Baumaßnahmen veränderte, da solche Umstände den Versicherungsschutz bei grundsätzlich befugtem Aufsuchen des "dritten Ortes" nicht entgegenstehen. Im Übrigen hätte sich die Fahrstrecke zur Wohnung des Sohnes unter Benutzung der Behelfsausfahrt an der Raststätte Hockenheim West verkürzt, da diese Raststätte unmittelbar im Bereich der Wohnung des Sohnes lag, was sich auch aus dem Stadtplan Hockenheim und dem Routenplaner ergibt. Eine (weitere) Verlängerung des Weges wäre mit der Baustellensituation jedenfalls nicht verbunden gewesen. Gleichfalls steht dem Versicherungsschutz nicht entgegen, dass V. die Wohnung auf der Alternativroute AB A 5 und die Ausfahrt Walldorf/Wiesloch auf kürzerem Weg hätte erreichen können (31,4 km und 24 Minuten statt 37,6 km und 27 Minuten), da angesichts dessen, dass dann ein Teil der Strecke über die Landstraße geführt hätte, im Hinblick auf die Fahrzeit auch die Fahrt wesentlich über die AB A 6 gewählt werden konnte, ohne den Versicherungsschutz zu verlieren.
Der Fall ist auch nicht dem von der Beklagten zitierten Fall in der Entscheidung des BSG vom 12. Mai 2009, B 2 U 11/08 R vergleichbar, denn tragend für diese Entscheidung war, dass der Versicherte bereits seine Familienwohnung erreicht gehabt hatte und damit der Weg zur Beendigung der versicherten Tätigkeit abgeschlossen war. Die Beklagte kann sich auch nicht mit Erfolg auf die Entscheidung des BSG vom 31. Mai 1996, 2 RU 28/95, in SozR 3-2200 § 550 Nr. 13, berufen, denn in diesem Fall betrug die Entfernung zwischen dem Ort der versicherten Tätigkeit und dem aus rein privaten Zwecken aufgesuchten Ort in Polen 350 km und zwischen dem Ort der versicherten Tätigkeit und dem Ort, an dem sich der Versicherte während seiner (vorübergehenden) Montagetätigkeit aufgehalten hat, 3 km, so dass dies dem vorliegenden Fall der Klägerin nicht vergleichbar ist.
Im Übrigen hat das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils zutreffend die rechtlichen Grundlagen für die von der Klägerin beanspruchte Feststellung berücksichtigt und ebenso zutreffend ausgeführt, dass V. auf dem Weg zur Wohnung seines Sohnes, auf dem sich der Unfall ereignet hat, unter Versicherungsschutz stand, weswegen es sich um einen versicherten Arbeitsunfall gehandelt hat. Der Senat schließt sich dem nach eigener Überprüfung und unter Berücksichtigung des Vorbringens im Berufungsverfahren nach eigener Überprüfung im Übrigen an und sieht deshalb gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab.
Damit steht zur Überzeugung des Senats fest, dass der gewählte Weg zum "dritten Ort" hier unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles nicht "unverhältnismäßig" länger als der Weg zur Familienwohnung gewesen ist.
Da das SG somit zu Recht festgestellt hat, dass der Tod des V. Folge des Arbeitsunfalls vom 18. August 2008 ist, weist der Senat die Berufung zurück. Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
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