S 14 SO 3817/12 ER

Land
Freistaat Thüringen
Sozialgericht
SG Gotha (FST)
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
14
1. Instanz
SG Gotha (FST)
Aktenzeichen
S 14 SO 3817/12 ER
Datum
2. Instanz
Thüringer LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
1. Es wird im Wege der einstweiligen Anordnung festgestellt, dass die Beigelade-ne zu 2. dem Grunde nach verpflichtet ist, dem Antragsteller nach Haftentlassung Leistungen für eine stationäre Entwöhnungsbehandlung zu gewähren. 2. Der Antrag gegen den Antragsgegner wird abgelehnt. 3. Die Beigeladene zu 2. trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des An-tragstellers.

Gründe:

Die Beteiligten streiten im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes um die Gewährung von Leistungen einer stationären Entwöhnungsmaßnahme. Der 1980 geborene, drogenabhängige Antragsteller stammt aus Georgien. Seit 1996 lebt der Antragsteller in der Bundesrepublik Deutschland. Vor seiner Inhaftierung am 25.11.2006 war er arbeitslos gemeldet. Er ist seinem am 12.12.2003 geborenen Sohn unterhaltsverpflichtet. Zuletzt war er bei der Beigeladenen zu 2 nach § 264 SGB V krankenversichert. Der Anspruch gegen die Beigeladene zu 2. ruht jedoch gem. § 16 Abs. 1 Nr. 4 SGB V. Seit 25.11.2006 befindet er sich in Strafhaft in der JVA T. und erhält dort Gesundheitsversor-gung. Zeitpunkt zur Haftentlassung nach 2/3 der Strafverbüßung war am 15.11.2011. Ein An-trag auf eine Haftentlassung zum Zweidrittelzeitpunkt nach § 57 Strafgesetzbuch (StGB) bzw. die Zurückstellung der Strafvollstreckung nach § 35 des Gesetzes über den Verkehr mit Be-täubungsmitteln (BtMG) ist noch nicht gestellt worden. Nach Auffassung des Antragstellers ist dies erst möglich, wenn die vorliegend begehrte Kostenübernahme besteht. Der Antragsteller beantragte mit Schreiben vom 17.05.2011 über die SIT - Suchthilfe in Thü-ringen- bei der DRV (Beigeladene zu 1.) unter Verweis auf einen Sozialbericht vom 16.05.2011 sowie ein ärztliches Attest über Drogenabhängigkeit, Hepatitis C und ein chroni-sches Schmerzsyndrom stationäre Leistungen zur medizinischen Rehabilitation für Abhän-gigkeitskranke. Die Beigeladene zu 1. übersandte den Antrag (Eingang 18.05.2011) an die A. P. (im Weiteren Beigeladene zu 2.), wo dieser am 26.05.2011 einging. Diese sandte dem An-tragsteller seinen Antrag zurück, da das Versicherungsverhältnis mit der Beigeladenen zu 2. ruhe. Über den Antrag könne erst entschieden werden, wenn das Versicherungsverhältnis mit dem Antragsteller bestehe und dieses nicht mehr ruhe. Daraufhin stellte der Antragsteller beim Antragsgegner den Antrag auf Gewährung stationärer Leistungen zur medizinischen Rehabilitation für Abhängigkeitskranke nach §§ 53,54 SGB XII. Der Antragsgegner lehnte den Antrag mit Bescheid vom 08.08.2011 ab. Der Antragsteller habe keinen Anspruch gegen den Antragsgegner. Er hätte gegen die Beigeladene zu 2. recht-lich vorgehen müssen, denn diese hatte gem. § 14 SGB IX als zweitangegangener Träger endgültig über den Antrag zu entscheiden. Ein weiterer Antrag bei einem weiteren Träger sei nicht zulässig. Hiergegen legte der Antragsteller am 06.09.2011 Widerspruch ein, der mit Widerspruchsbescheid des Antragsgegners vom 11.04.2012 als unbegründet zurückgewiesen wurde. Darauf wird wegen der Einzelheiten verwiesen. Gegen den Widerspruchsbescheid erhob der Antragsteller am 16.05.2012 beim SG Altenburg Klage. Dieses verwies den Rechtstreit mit Beschluss vom 13.06.2012 an das SG Gotha (Az. S 14 SO 3818/12). Über diese wurde noch nicht entschieden. Am 16.05.2012 hat der Antragsteller beim Sozialgericht Altenburg einstweiligen Rechts-schutz gegen den Antragsgegner beantragt. Mit Beschluss vom 13.06.2012 verwies das Sozi-algericht Altenburg den Rechtsstreit an das SG Gotha (Az. S 14 SO 3817/12 ER). Mit Beschluss vom 05.07.2012 hat das erkennende Gericht die A. P. (Beigeladene zu 2.) und die DRV (Beigeladene zu 1.) nach § 75 Abs. 2 SGG zum Verfahren beigeladen. Der Antragsteller beantragt sinngemäß, im Wege der einstweiligen Anordnung festzustellen, dass der Antragsgegner oder einer der Beigeladen dem Grunde nach verpflichtet ist, dem Antragsteller Leis-tungen in Form einer Zusage für eine stationäre Entwöhnungsbehandlung nach Haftentlassung zu gewähren. Der Antragsgegner beantragt, den Antrag abzulehnen. Die Beigeladene zu 1. äußerte sich nicht im Verfahren. Die Beigeladene zu 2. teilt mit, dass der Antrag mangels Rechtschutzbedürfnisses unzulässig sei. Der Antragsteller habe noch keinen Antrag auf vorzeitige Haftentlassung gestellt. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und den Verwaltungsvorgang der Antragsgegnerin verwiesen, der bei der Entscheidung vorgele-gen hat.

II.

Der Antrag (Verpflichtung zur Erteilung einer Kostenzusicherung) zielt nach verständiger Würdigung des Vortrags (vgl. § 123 Sozialgerichtsgesetz – SGG) darauf, im Wege des einst-weiligen Rechtsschutzes festzustellen, dass entweder der Antragsgegner oder einer der Beige-ladenen bei Haftentlassung zur Gewährung einer stationären Entwöhnungsbehandlung für den Antragsteller verpflichtet ist. Infolge der Beiladung nach § 75 Abs. 2 SGG kann die Feststellung der Kostentragungspflicht auch gegenüber einer der Beigeladenen erfolgen (vgl. Abs. 5 der Vorschrift, dazu Meyer-Ladewig/Keller/Leiterer, Komm. zum SGG, Rz. 18 ff. zu § 75). Der so ausgelegte Antrag ist statthaft und hinsichtlich der Beigeladenen zu 2. begründet. Statthaft ist der Antrag nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG. In der Hauptsache handelt es sich um einen Feststellungsantrag gem. § 55 Abs. 1 SGG. Das erforderliche Feststellungsinteresse des Antragstellers folgt aus dem Umstand, dass der Antragsgegner bzw. die Beigeladenen zu 1. und 2. die für die vorzeitige Entlassung aus der Strafhaft erforderliche Kostenzusage für die stationäre Drogenentwöhnung abgelehnt haben, die daher durch gerichtliche Feststellung ersetzt werden muss. Solange die Strafhaft andauert, hat er allein einen Anspruch gegenüber der Justizvollzugsanstalt auf Heilbehandlung. Die Entscheidung, ob der Antragsteller zum Zwecke einer stationären Entwöhnung zum Zweidrit-telzeitpunkt (bzw. sobald die notwendigen Unterlagen der Anstalt und des Antragstellers vor-liegen) aus der Haft zu entlassen ist, obliegt der zuständigen Strafvollstreckungskammer. Der Antrag hat auch in der Sache gegen die Beigeladene zu 2. Erfolg. Einstweilige Anordnungen sind zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint ( § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG). Der durch den beantragten vorläu-figen Rechtsschutz zu sichernde Anspruch (Anordnungsanspruch) und die Notwendigkeit seiner vorläufigen Sicherung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen ( § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. §§ 920 Abs. 2, 294 Zivilprozessordnung). Der Antragsteller hat glaubhaft gemacht, einen Anspruch auf die begehrte Feststellung zu haben. Denn die Beigeladene zu 2. ist nach den derzeit vorliegenden Erkenntnissen verpflich-tet, dem Antragsteller nach Haftentlassung die begehrten Leistungen der medizinischen Re-habilitation nach § 26 SGB IX, §§ 11 Abs. 2, 40 Abs. 2 SGB V zu gewähren. Dies folgt dar-aus, dass die Beigeladene zu 2. dem Antragsteller ab dem Zeitpunkt der Entlassung aus der Haft Krankenversicherungsschutz zu gewähren hat und der Antragsteller nach überwiegender Wahrscheinlichkeit Leistungen der stationären Rehabilitation gem. § 40 Abs. 2 SGB V bean-spruchen kann (vgl. auch SG Hamburg, Beschluss vom 13.10.2008, S 48 KR 1093/08 ER). Rechtsgrundlage für die Verurteilung der Beigeladenen zu 2. ist § 14 SGB IX. Nach dieser Vorschrift muss der Träger, der den Antrag - rechtzeitig weitergeleitet- erhalten hat, über die-sen entscheiden und ist dann auch für die Leistungsgewährung zuständig. Hauptanliegen des SGB IX ist es nämlich, die Koordination der Leistungen und die Koopera-tion der Leistungsträger durch wirksame Instrumente wie das des § 14 SGB IX sicherzustel-len (BT-Drucks. 14/5074, S. 95). Die konkrete Zielsetzung des § 14 SGB IX ist dabei, dass Streitigkeiten über die Zuständigkeitsfragen bei ungeklärter Zuständigkeit nicht mehr zu Las-ten der Leistungsempfängers bzw. der Schnelligkeit und Qualität der Leistungserbringung gehen. Dadurch bleibt aber die Zuständigkeit der gegliederten Sozialversicherung unberührt, lediglich das Verfahren wird durch eine rasche Zuständigkeitserklärung verkürzt (vgl. BSG SozR 4-3250 § 14 Nr. 1). Das gilt entsprechend für den Träger, dem wie vorliegend ein Antrag im Verfahren nach Abs. 1 Satz 2 zugeleitet worden ist (Abs. 2 Satz 3). Nach Abs. 2 Satz 5 hat der Rehabilitationsträ-ger, an den weitergeleitet wurde, unverzüglich mit dem nach seiner Meinung nach zuständi-gen Rehabilitationsträger zu klären, von wem und in welcher Weise über den Antrag inner-halb der Fristen nach den Sätzen 2 und 4 entschieden wird, und den Antragsteller hierüber zu unterrichten. Nach der Gesetzesbegründung soll dadurch klargestellt werden, dass der Rehabi-litationsträger, an den weitergeleitet wurde, einen Bescheid zu erlassen hat (BT-Drucks. 15/1783 S. 13). Eine Weiterleitung an einen anderen Rehabilitationsträger kommt somit nicht mehr in Be-tracht (BSG SozR 4-3250 § 14 Nr 1). Dies ist auch in § 3 Abs. 1 Satz 1 der Gemeinsamen Empfehlungen zur Zuständigkeitserklärung so geregelt, wonach die Weiterleitung eines An-trags grundsätzlich nur einmal möglich ist. Wenn der Rehabilitationsträger daher den Antrag entgegen § 14 SGB IX nicht weitergeleitet hat, muss er zunächst die Leistung erbringen und kann dann ggf. die Leistung nach Abs. 4 der Vorschrift erstattet verlangen. Das beruht darauf, dass § 14 SGB IX dem Bedürfnis Rechnung tragen soll, im Interesse Be-hinderter und von Behinderung bedrohter Menschen durch rasche Klärung von Zuständigkei-ten den Nachteilen des gegliederten Systems entgegenzuwirken. § 14 SGB IX enthält deshalb für Leistungen zur Teilhabe eine für die Rehabilitationsträger abschließende Regelung, die den allgemeinen Regelungen zur vorläufigen Zuständigkeit oder Leistungserbringung im Ers-ten Buch und den Leistungsgesetzen der Rehabilitationsträger vorgeht und alle Fälle der Fest-stellung der Leistungszuständigkeit erfasst. Ziel ist mithin, durch das auf Beschleunigung gerichtete Zuständigkeitserklärungsverfahren die möglichst schnelle Leistungserbringung zu sichern (BT-Drucks. 14/5047 S. 102). Andern-falls wäre die Zielsetzung, im Interesse behinderter Menschen eine rasche Klärung der Zu-ständigkeit zu bewirken und somit eine möglichst schnelle Leistungserbringung zu sichern, nicht erreicht. Die endgültige Klärung der Zuständigkeit muss daher dem Erstattungsverfahren nach § 106 SGB XII vorbehalten bleiben. Das SGB IX ist auch grundsätzlich auf den vorliegenden Fall anwendbar, da der Kläger nach seinem Krankheitsbild als jahrelang Drogenabhängiger von einer Behinderung im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 2 SGB IX bedroht ist. Seine Abhängigkeit hat nicht nur zu gesundheitlichen Folgeschäden geführt, sondern er war bislang nicht in der Lage seinen oder den Kindesunter-halt durch Arbeit zu finanzieren. Somit ist seine Teilhabe am Leben in Gemeinschaft gefähr-det. Die Prognose nach § 2 Abs. 1 Satz 2 SGB IX setzt nämlich nur eine Abweichung von dem für das Lebensalter typischen Zustand voraus, wobei der Grad der Wahrscheinlichkeit, mit dem eine Behinderung drohen muss, nicht geregelt ist, sondern von der Schwere der dro-henden Beeinträchtigung abhängt (Welti, a.a ...0. § 2 Rdnr. 34 ff.). Des Weiteren liegen die Voraussetzungen des § 14 Abs. 2 SGB IX bei der Beigeladenen Zif-fer 2 unstreitig vor. Die DRV Mitteldeutschland hat nach dem Antragseingang vom 18.05.2011 innerhalb der zweiwöchigen Antragsfrist des § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IX mit Be-scheid vom 19.05.2011 festgestellt, dass sie für die beantragte Leistung der medizinischen Rehabilitation wegen Nichterfüllung der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht zuständig ist und ihn deswegen am 26.05.2011 an die Beigeladene zu 2. weitergeleitet. Die Beigeladene zu 2. hatte dementsprechend den Rehabilitationsbedarf des Antragstellers unverzüglich festzustellen gehabt. Das Berufen der Beigeladenen zu 2. darauf, dass der Antragsteller bei Antragstellung nicht Mitglied bei ihr war und das frühere Versicherungsverhältnis ruhe, ist nicht zielführend. Der Antragsteller wird mit der Haftentlassung entweder nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V kranken-versicherungspflichtig und durch Ausübung seines Wahlrechts nach § 173 Abs. 1 i. V. m. § 175 Abs. 1 Satz 1 SGB V Mitglied der Beigeladenen zu 2. oder aber die Beigeladene zu 2. ist als nach § 264 Abs. 3 SGB V gewählte Krankenkasse gemäß § 264 Abs. 2 SGB V zur Über-nahme der Krankenbehandlungskosten verpflichtet. Sie war vor der Haft für ihn zuständig und er hat seine Wahl durch die Antragstellung bei der Beigeladenen zu 2. bekräftigt. Der Antragsteller hat darüber hinaus auch glaubhaft gemacht, einen Anspruch auf Gewährung einer stationären Entwöhnungsbehandlung zu haben. Nach § 40 Abs. 2 SGB V kann die Krankenkasse stationäre Rehabilitation mit Unterkunft und Verpflegung in einer Rehabilitationseinrichtung erbringen, sofern eine Leistung nach Abs. 1 nicht ausreicht. Wie sich aus diesem Verweis auf § 40 Abs. 1 SGB V sowie der dortigen Be-zugnahme auf § 11 Abs. 2 SGB V ergibt, setzt der geltend gemacht Anspruch tatbestandlich u. a. voraus, dass die begehrte Maßnahme aus medizinischen Gründen erforderlich ist, um eine Behinderung oder Pflegebedürftigkeit abzuwenden, zu beseitigen, zu mindern, aus-zugleichen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder ihre Folgen zu mildern. Ferner ist not-wendig, dass die vorgenannten Ziele nicht bereits durch eine ambulante Rehabilitation er-reicht werden können, die ihrerseits nur dann erbracht werden darf, wenn eine ambulante Krankenbehandlung nicht ausreicht. Diese tatbestandlichen Voraussetzungen liegen im Falle des suchtkranken und damit i. S. v. § 2 Abs. 1 SGB IX seelisch behinderten Antragstellers mit überwiegender Wahrscheinlichkeit vor. Ambulante Krankenbehandlung – also Einzelleistungen nach den §§ 27 ff. SGB V –, um die in § 11 Abs. 2 SGB V beschriebenen Ziele zu erreichen, kommt im Falle des Antragstel-lers nicht in Betracht. Bereits im Sozialbericht des SIT wird davon ausgegangen, dass eine ambulante Therapie wegen der Gefahr, wieder rückfällig in Bezug auf Drogenkonsum zu wer-den, keinen Erfolg verspricht. Zudem ist die Zurückstellung der Strafe gem. § 35 BtmG an die Bedingung der unmittelbar anschließenden stationären Therapie geknüpft. Der Antragsteller erfüllt damit in dieser Situation mehrere der in Ziff. 2 der zwischen den Spitzenverbänden der Krankenkassen und dem Verband Deutscher Rentenversicherungsträger sowie dem Gesamt-verband der landwirtschaftlichen Alterskassen getroffenen "Vereinbarung Abhängigkeitser-krankungen" vom 04.05.2001 aufgeführten Kriterien für eine stationäre Entwöhnung (Quelle: Internetseiten des VdEK, http://www.vdek.com/). Die Leistung ist nach summarischer Prüfung auch aus medizinischen Gründen erforderlich. Dies ist der Fall, wenn die bestehenden Funktionseinschränkungen oder Beeinträchtigungen der Beeinflussung durch die Mittel der medizinischen Rehabilitation zugänglich sind und die in Betracht kommende Leistung eine gewisse Aussicht auf Erfolg verspricht. Nach dem vor-liegenden Sozialbericht des SIT vom 16.05.2011 ist davon auszugehen, dass durch eine Suchtentwöhnungstherapie eine erfolgreiche Rehabilitation i. S. d. § 10 Sechstes Buch Sozi-algesetzbuch möglich ist. Dies genügt, um vorliegend auch im Rahmen der Leistungen und Ziele des § 40 Abs. 2 SGB V von einer hinreichenden Erfolgsaussicht der stationären Rehabi-litationsmaßnahme auszugehen. Soweit der Antragsgegner und die Beigeladene zu 2. die Mo-tivation des Antragstellers zur Entwöhnungsbehandlung unter Hinweis auf abgebrochene Ent-wöhnungen bezweifelt, handelt es sich um Vermutungen, die im Widerspruch zum Bericht des SIT stehen. Zudem ist zu berücksichtigen, dass einem Abbruch der Therapie der Widerruf der Strafaussetzung nach § 57 Abs. 5 Satz 1 i. V. m. § 56f Abs. 1 StGB bzw. der Zurückstel-lung der Strafe gem. § 35 f BtMG folgt. Aber auch ein Anordnungsgrund liegt für den Antragsteller vor. Das Beschleunigungsinteres-se liegt zwar nicht etwa in dem Interesse des Antragstellers, vorzeitig aus der Haft entlassen zu werden bzw. die Reststrafe zur Bewährung ausgesetzt zu bekommen, denn dies mag zwar im Interesse des Antragstellers liegen, hat jedoch mit dem streitgegenständlichen Verhältnis nichts zu tun. Allerdings liegt Dringlichkeit diesbezüglich vor, als dass das Gericht nicht er-kennen kann, inwieweit der Zuständigkeitsstreit der Beteiligten auf andere Weise im Rehabi-litationsinteresse des Antragstellers vorzeitig geklärt werden könnte. Während die Beigelade-ne zu 2. offensichtlich jegliche Leistungen für den Antragsteller ablehnt, solange er inhaftiert ist und, wie selbst vorgetragen, nicht bereit ist, etwa einen vorläufigen oder aufschiebend be-dingten positiven Leistungsbescheid zu erlassen, weigert sich auch der Antragsgegner über-haupt Leistungen zu erbringen. Es liegt jedoch im nachvollziehbaren und berechtigten Interesse des Antragstellers, unmittel-bar nach seiner Haftentlassung, wann immer diese auch stattfindet, mit einer Therapie begin-nen zu können. Eine Entscheidung im Hauptsacheverfahren käme zu spät. Das Verstreichen des Zweidrittelzeitpunkts ist für die Eilbedürftigkeit ohne Bedeutung. Denn die Entlassung des Antragstellers aus der Haft kann veranlasst werden, wenn Kosten- und Platzzusage vor-liegen. Dies ist hier für die Entscheidung von Interesse. Nicht folgt die Kammer der von der Beigeladenen zu 2. unter Berufung auf die Entscheidung des LSG Baden-Württemberg vom 25.01.2012 (Az. L 5 KR 3182/11) vorgetragenen Auffassung, es müsse zunächst ein Antrag auf Strafaussetzung bei den Strafvollstreckungsbehörden gestellt werden, bevor ein Rechts-schutzbedürfnis für einen Antrag, wie den vorliegenden bestehe. Der Anordnungsgrund und damit ein Rechtsschutzbedürfnis für den Antrag ist, wie dargestellt, darin zu sehen, als dass das Gericht nicht erkennen kann, inwieweit der Zuständigkeitsstreit der Beteiligten auf andere Weise im Interesse des Antragstellers vorzeitig geklärt werden könnte Insoweit war dem Antrag stattzugeben. Im Übrigen war er abzulehnen. Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG und folgt dem Ausgang des Rechtsstreits. Einen Kostenausgleich kann die Beigeladene zu 1. nicht gel-tend machen, da sie sich nicht mit einer Antragstellung am Verfahren beteiligt hat.
Rechtskraft
Aus
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