L 3 AL 5028/11

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 16 AL 103/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 AL 5028/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 19. Oktober 2011 wird zurückgewiesen.

2. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger wendet sich gegen die Feststellung einer Sperrzeit und die damit verbundene Zurücknahme eines Bewilligungsbescheids über Arbeitslosengeld (Alg).

Der am 10.07.1974 geborene Kläger war ab dem 01.10.2007 als Pannendienstfahrer bei der L GmbH in B. in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis versicherungspflichtig beschäftigt. Am 19.11.2009 meldete er sich bei der Beklagten arbeitslos und beantragte Alg ab dem 01.12.2009. Er gab an, die L GmbH habe ihm am 16.11.2009 aus wirtschaftlichen Gründen mündlich zum 30.11.2009 gekündigt. Er strebe eine Tätigkeit im bisherigen Beruf, alternativ als Reifenmonteur, an. In dem Antrag gab er an, er könne aus gesundheitlichen Gründen nur noch zeitlich eingeschränkt arbeiten. Durch eine von der Steuerberaterin der L GmbH ausgestellte Arbeitsbescheinigung wurde zunächst eine schriftliche arbeitgeberseitige Kündigung ohne vertragswidriges Verhalten des Klägers zum 30.11.2009 bestätigt. Die Beklagte bewilligte mit Bescheid vom 02.12.2009 Alg ab dem 01.12.2009 für 360 Tage mit einem täglichen Leistungssatz von EUR 20,90.

Am 01.12.2009 rief die Steuerberaterin der L GmbH bei der Beklagten an und bat um Rückruf. Sie teilte dann mit, die Arbeitsbescheinigung sei falsch, ihr hätten Informationen gefehlt. Der Geschäftsführer der L GmbH, der spätere Zeuge L, teilte der Beklagten am 02.12.2009 mit, der Kläger habe am 19.11.2009 selbst mündlich gekündigt und sei nicht mehr zur Arbeit erschienen. Bis zum 30.11.2009 seien restliche Urlaubstage abgerechnet worden.

Mit Bescheid vom 03.12.2009 änderte die Beklagte die Bewilligung ab und gewährte dem Kläger für die Zeit bis zum 22.02.2010 vorläufig kein Alg.

Unter demselben Datum hörte sie den Kläger zu den Voraussetzungen einer Sperrzeit an. Der Kläger teilte unter dem 09.12.2009 zunächst mit, er habe kürzlich einen zweiten Bandscheibenvorfall erlitten und seiner Beschäftigung daher nicht mehr hundertprozentig nachkommen können. Außerdem habe er erfahren, dass man mit einem Eintrag im polizeilichen Führungszeugnis nicht im Abschleppdienst arbeiten dürfe. Wegen seines LWS-Syndroms habe er verschiedene Ärzte besucht und mit seinem Anwalt habe er wegen des Führungszeugnisses gesprochen. Mit einem weiteren Schreiben vom 09.12.2009 teilte der Kläger der Beklagten mit, er habe vor einiger Zeit mit seinem Arbeitgeber privat über gewisse Probleme in der Firma gesprochen. Ihm sei dabei eine arbeitsbedingte Kündigung zugesagt worden. Der Arbeitgeber sei mit seiner - des Klägers - Tätigkeit zufrieden gewesen. Diesem Schreiben legte der Kläger einen Auszug aus dem Bundeszentralregister vom 29.09.2009 vor, aus dem sich eine Verurteilung im Strafbefehlsverfahren vom 21.06.2007 wegen Bedrohung zu einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen ergab. Ferner reichte er unter anderem den Arztbrief des Orthopäden Dr. N. vom 25.07.2007 (Diagnose: WS-Syndrom, Therapie: Rückenschwimmen, Akupunktur) vor.

Unter dem 14.12.2009 erließ die Beklagte zwei Bescheide. Zum einen stellte sie eine Sperrzeit vom 01.12.2009 bis 22.02.2010 fest, weil der Kläger sein Beschäftigungsverhältnis bei der L GmbH selbst gelöst habe. Zum anderen änderte sie erneut den Bewilligungsbescheid ab. Sie stellte fest, für die Zeit vom 01.12.2009 bis zum 22.02.2010 bestehe kein Anspruch auf Alg. In einem Schreiben vom 15.12.2009 teilte die Beklagte mit, ein wichtiger Grund für die Arbeitsaufgabe liege nicht vor. Ob die Arbeit trotz des Eintrags im Führungszeugnis hätte weitergeführt werden könne, habe allein der Entscheidungsbefugnis des Arbeitgebers oblegen. Die vorgelegten Atteste, die überwiegend aus dem Jahre 2007 stammten, belegten keine ausreichenden Gründe für eine Arbeitsaufgabe aus gesundheitlichen Gründen. Es sei beabsichtigt, die Bewilligung von Alg - erst - ab dem 07.12.2009 zurückzunehmen, weil ab diesem Datum Vertrauensschutz nicht anzunehmen sei. Entsprechend dieser Ankündigung erließ die Beklagte unter dem 21.12.2009 einen Bescheid über die Rücknahme der Alg-Bewilligung ab dem 07.12.2009 und kündigte an, für die Zeit vom 01. bis 06.12.2009 EUR 125,40 Alg auszuzahlen.

Im Widerspruchsverfahren trug der Kläger vor, ein Mitarbeiter der L GmbH habe ihm gesagt, eine Beschäftigung sei wegen des Eintrags nicht möglich, da der Abschleppdienst Absprachen mit der Stadt (Ortspolizeibehörde) und der Polizei habe, keine Mitarbeiter mit Einträgen einzusetzen. Sein Chef (der Zeuge L) habe ihm daher eine betriebsbedingte Kündigung zugesagt. Im Vertrauen auf diese Zusage habe er - der Kläger - seinen Arbeitsplatz verlassen. Ferner legte der Kläger das Attest des Allgemeinmediziners Dr. T. vom 18.12.2009 vor, wonach sich der Kläger seit Anfang November wegen eines akuten Schubs eines chronisch rezidivierenden WS-Leidens in ärztlicher und physiotherapeutischer Behandlung befinde.

Die Beklagte erließ den zurückweisenden Widerspruchsbescheid vom 23.12.2009. Der Kläger habe trotz des Eintrags im Führungszeugnis eine eventuelle Kündigung durch den Arbeitgeber abwarten müssen; ob diese erfolgt wäre, sei zweifelhaft, nachdem der Kläger wegen des Eintrags nur nicht für öffentlich-rechtliche Auftraggeber hätte eingesetzt werden können. Auch datiere der fragliche Eintrag bereits vom 21.06.2007, sodass jedenfalls eine Kündigung zum jetzigen Zeitpunkt nicht gerechtfertigt gewesen sei. Das LWS-Leiden sei zwar behandlungsbedürftig. Jedoch sei dem Kläger seinetwegen offenbar keine Arbeitsaufgabe angeraten worden. Auch strebe er weiterhin eine Tätigkeit als Kraftfahrer an und habe sich bereits auf eine Aushilfstätigkeit als Busfahrer beworben.

Am 11.01.2010 hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben. Er hat vorgetragen, der Zeuge L habe ihm - de, Kläger - wegen wiederholter Arbeitsunfähigkeitszeiten wegen anhaltender Rückenbeschwerden und wegen des Eintrags im Führungszeugnis in einem Gespräch einige Tage vor dem 19.11.2009 mündlich gekündigt. Er sei wegen dieser Gründe auch tatsächlich nicht mehr einsatzfähig gewesen. Er habe wegen Protusionen der Bandscheiben an den Wirbelsäulensegmenten L3/4, L4/5 und L5/S1 und wegen Spondylarthrose nicht mehr heben und tragen und daher z. B. bei Bergungsarbeiten nicht mehr arbeiten können. Von dem Eintrag im Führungszeugnis habe er - erst - im Oktober 2009 erfahren. Er habe im November den Zeugen L darüber unterrichtet. Daraufhin habe ihm der Zeuge L in einem Gespräch unmissverständlich mitgeteilt, er werde ihn nicht weiterbeschäftigen.

Das SG hat den Zeugen L schriftlich vernommen. Dieser hat unter dem 10.03.2010 mitgeteilt, der Kläger habe gekündigt; er - der Zeuge - hätte dem Kläger nicht gekündigt. Seine Steuerberaterin hat ferner in einer beigefügten Stellungnahme mitgeteilt, der Kläger selbst habe ihr bei Vorlage der Arbeitsbescheinigung mitgeteilt, es sei mit einem Mitarbeiter der L GmbH (Herrn O.) abgesprochen, dass eine Kündigung durch den Arbeitgeber zum 30.11.2009 bescheinigt werden solle. Erst später habe sie, die Steuerberaterin, von dem Zeugen L erfahren, eine solche Absprache gebe es nicht und der Kläger habe gekündigt.

Ferner hat das SG die Hausärztin des Klägers, Fachärztin für Allgemeinmedizin Dr. T., schriftlich als sachverständige Zeugin vernommen. Diese hat unter dem 26.07.2010 mitgeteilt, der Kläger habe sich erstmals am 05.11.2009 und nach Abschluss der Behandlung erneut am 05.11.2009 bei ihr vorgestellt. Es sei ein LWS-Syndrom mit Ischialgien und Dysästhesien im rechten Bein, am Ende der Behandlung außerdem ein HWS-Syndrom mit starken Verspannungen der Schulter- und Nackenmuskulatur diagnostiziert worden. Die Leistungsfähigkeit des Klägers als Pannenfahrer sei sicherlich eingeschränkt gewesen, dies komme auch durch die - von ihr - ausgestellten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen zum Ausdruck. Dr. T. hat ferner den Un¬tersuchungsbericht des Facharztes für Orthopädie Dr. P. vom 14.07.2010 vorgelegt, auf den verwiesen wird.

Auf Anfrage des SG hat die Krankenkasse des Klägers, die AOK Baden-Württemberg, das Vorerkrankungsverzeichnis vorgelegt. Darin waren zuletzt Zeiten der Arbeitsunfähigkeit vom 30.07.2007 bis 30.09.2007 wegen Kreuzschmerz und Spinalstenose, vom 09.09.2008 bis 10.09.2008 wegen einer Schulterprellung, vom 14.10.2009 bis 23.10.2009 wegen Kreuzschmerz und Radikulopathie sowie vom 04.11.2009 bis 13.11.2009 wegen Radikulopathie im Lumbalbereich und Ischialgie verzeichnet.

In der Zeit vom 12.04.2010 bis zum 31.07.2010 war der Kläger erneut in Vollzeit als Pannendienstfahrer bei der M. Autoservice GmbH beschäftigt (Arbeitsbescheinigung vom 11.08.2010). Aus dieser Tätigkeit meldete er sich am 04.08.2010 erneut arbeitslos. Allerdings war er bis Ende November 2010 weiterhin nebenberuflich für 10 Stunden pro Woche als Pannenfahrer bei der M. GmbH tätig. Die Beklagte bewilligte dem Kläger daraufhin mit Bescheid vom 24.08.2010 restliches Alg für noch 223 Tage, wobei sie ein Ruhen des Anspruchs wegen Urlaubsabgeltung bis zum 10.08.2010 berücksichtigte. Die Nebeneinkünfte aus der Tätigkeit bei der M. GmbH wurden angerechnet.

Hierzu vom SG angehört, hat der Kläger mitgeteilt, die Wiederaufnahme einer Tätigkeit als Pannendienstfahrer sei auf Kosten der Restgesundheit erfolgt. Er habe auch die Tätigkeit bei der M. GmbH verloren, nachdem seine Rückenprobleme wieder aufgetreten seien und er wiederum - nur - bedingt einsatzfähig gewesen sei.

Auf Anfrage des SG hat die M. GmbH, Frau A., unter dem 19.07.2011 mitgeteilt, der Kläger sei bereits vom 01.03. bis 09.04.2010 geringfügig, dann vom 12.04. bis 31.07.2010 sozial-versicherungspflichtig und vom 01.08. bis 31.12.2010 erneut geringfügig als Abschleppfahrer beschäftigt gewesen. Das sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnis sei ohne An-gabe von Gründen in der Probezeit gekündigt worden. Gesundheitliche Gründe hätten dabei keine Rolle gespielt. Ungewöhnliche Fehlzeiten hätten nicht festgestellt werden können.

Auf der Grundlage eines Gutachtens ihres Ärztlichen Dienstes nach Aktenlage vom 26.08.2010, das dem Kläger eine Minderbelastbarkeit der Wirbelsäule attestiert, stellte die Beklagte dem Kläger einen Bildungsgutschein für eine Qualifizierung zum technischen Hauswart aus. Die entsprechende, auf ein Jahr angelegte Weiterbildungsmaßnahme trat der Kläger am 03.02.2011 an.

In der mündlichen Verhandlung vor dem SG am 19.10.2011 hat der Kläger vorgetragen, es sei mit dem Zeugen L abgesprochen gewesen, dass dieser ihn - den Kläger - wegen der Rückenprobleme kündigen werde. Jedoch habe sich der Zeuge zunächst um Ersatz bemühen und erst danach kündigen wollen. Als dann die Sache mit dem Führungszeugnis dazugekommen sei, sei es für ihn - den Kläger - zu viel geworden und er habe gekündigt, weil er eine Kündigung durch den Arbeitgeber nicht mehr habe abwarten wollen. Ferner hat der Kläger im Termin eine Bescheinigung der L GmbH vom 10.09.2011 vorgelegt, wonach der Kläger selbst gekündigt habe, nachdem er sich mehrfach über starke Rückenschmerzen beklagt und so seine Arbeit nicht vollständig habe ausüben können.

Mit Urteil vom 19.10.2011 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Beklagte habe zu Recht eine Sperrzeit vom 01.12.2009 bis 22.02.2010 festgestellt und zutreffend zur Umsetzung des Sperrzeitbescheids den Änderungsbescheid vom 14.12.2009 und den Rücknahmebescheid vom 21.12.2009 erlassen.

Der Kläger habe, wie er nunmehr selbst eingeräumt habe, das Beschäftigungsverhältnis bei der L GmbH selbst beendet und sich dadurch versicherungswidrig verhalten.

Er habe hierbei grob fahrlässig gehandelt, denn eine konkrete Aussicht auf eine unmittelbar anschließende Beschäftigung habe nicht bestanden und werde auch nicht behauptet.

Ein wichtiger Grund für die Eigenkündigung habe nicht bestanden. Der Eintrag im Führungszeugnis, den der Kläger nach seinen Angaben erst im November 2009 bemerkt habe, sei kein solcher Grund gewesen. Es sei allein Aufgabe des Arbeitgebers gewesen, zu entscheiden, ob der Kläger mit diesem Eintrag weiterhin ausreichend einsatzfähig sei und ggfs. arbeitsrechtliche Konsequenzen hieraus zu ziehen. Für den Kläger habe zu jenem Zeitpunkt deswegen kein Grund für eine Kündigung bestanden, insbesondere habe er keiner arbeitgeberseitigen Kündigung, die nicht einmal konkret gedroht habe, vorgreifen dürfen. Auch aus gesundheitlichen Gründen sei dem Kläger die Fortsetzung des Beschäftigungsverhältnisses zumutbar gewesen. Dr. T. habe in ihrer Aussage vom 26.07.2010 als Therapiemöglichkeiten gezieltes Muskeltraining empfohlen. Der Kläger sei nach den Arbeitsunfähigkeitszeiten vom 14. bis 23.10.2009 und vom 04. bis 13.11.2009 gerade wieder gesundet gewesen. Auch ließen sich dem Vorerkrankungsverzeichnis keine längeren Arbeitsunfähigkeitszeiten entnehmen; der Kläger habe zuletzt im Jahre 2007 an Rückenproblemen gelitten und gleichwohl die Tätigkeit bei der L GmbH am 01.10.2007 aufgenommen. Es sei auch zu berücksichtigen, dass der Kläger im Jahre 2010 erneut als Pannendienstfahrer tätig war, und dies sogar für 42 statt wie zuvor bei der L GmbH für 35 (ggfs. 25) Stunden wöchentlich. Der neue Arbeitgeber habe auch gesund-heitliche Gründe als Anlass für die Kündigung verneint. Eine überobligatorische Arbeit auf Kosten der Restgesundheit lasse sich daraus nicht entnehmen. Auch habe der Kläger am 26.11.2009 bei der Beklagten eine Tätigkeit im alten Beruf als Ziel genannt.

Am 18.11.2011 hat der Kläger Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegt. Er trägt vor, es sei ihm aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr zuzumuten gewesen, die Tätigkeit für die L GmbH fortzusetzen. Dies habe die Beklagte in dem Gutachten ihres Ärztlichen Dienstes vom 26.08.2010 selbst bestätigt. Dass der Eintrag im Führungszeugnis letzter Anlass für die Kündigung gewesen sei, zeige auch, dass der Leidensdruck bereits zuvor zu hoch gewesen sei. Hilfsweise beruft sich der Kläger darauf, die Sperrzeit sei auf drei Wochen zu verkürzen, da die L GmbH das Beschäftigungsverhältnis binnen weniger Tage, jedenfalls binnen weniger als sechs Wochen von sich aus beendet hätte. Höchst hilfsweise trägt der Kläger vor, die Sperrzeit sei auf sechs Wochen zu verkürzen, denn da er in seiner Erkrankung bzw. dem Eintrag in seinem Führungszeugnis einen wichtigen Grund für die Eigenkündigung gesehen habe, sei eine zwölfwöchige Sperrzeit eine unzumutbare Härte.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 19. Oktober 2011 und die Bescheide der Beklagten vom 14. Dezember 2009 und 21. Dezember 2009 in Gestalt des Wider-spruchsbescheids vom 23. Dezember 2009 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angegriffene Urteil und ihre Entscheidungen.

Der Kläger hat Befundberichte der Radiologischen Klinik B., Dr. M., vom 13.11.2009 und des Krankengymnasten und Physiotherapeuten D. vom 12.09.2011, auf die verwiesen wird.

Der Berichterstatter des Senats hat den Kläger erneut persönlich angehört und Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung des Zeugen L. Wegen des Ergebnisses von Anhörung und Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der nichtöffentlichen Sitzung vom 02.03.2012 verwiesen.

Der Kläger hat sich mit Schriftsatz vom 30.03.2012, die Beklagte hat sich unter dem 13.06.2011 mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten sowie auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

1. Der Senat entscheidet über die Berufung des Klägers nach § 153 Abs. 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) im Einvernehmen mit beiden Beteiligten ohne mündliche Verhandlung.

2. Die Berufung ist zulässig. Sie war insbesondere nicht nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG zulassungsbedürftig. Der Kläger ist aus dem angegriffenen Urteil um mehr als EUR 750,00 beschwert. Er wendet sich gegen eine Sperrzeit, die zu einem Ruhen seines Anspruchs auf Alg für zwölf Wochen (84 Tage) und zur Minderung dieses Anspruchs um 90 Tage führt (§ 128 Abs. 1 Nr. 4 Halbsatz 2 Drittes Buch Sozialgesetzbuch [SGB III] a.F. [entsprechend § 148 Abs. 1 Nr. 4 Halbsatz 2 SGB III n.F.]). Bei einem täglichen Leistungssatz von EUR 20,90 beträgt die Beschwer daher EUR 1.881,00.

3. Die Berufung ist aber nicht begründet. Zu Recht hat das SG die Klage des Klägers als unbegründet abgewiesen. Die angegriffenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig.

a) Der Kläger hat zulässigerweise nur eine isolierte Anfechtungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 Var. 1 SGG) erhoben. Nachdem ihm die Beklagte mit Bescheid 02.12.2009 zunächst Alg ohne Berücksichtigung einer Sperrzeit bewilligt hatte, kann der Kläger mit einer bloßen Aufhebung des Sperrzeitbescheids und der Aufhebungs- und Rücknahmebescheide vom 14. und 21.12.2009 sein Ziel erreichen, auch für die Zeit vom 01.12.2009 (bzw. 07.12.2009) bis zum 22.02.2010 Alg zu erhalten. Eines separaten Leistungsantrags (§ 54 Abs. 4 SGG) bedarf es dazu nicht.

b) Die Klage ist unbegründet.

aa) Die Beklagte hat zu Recht eine Sperrzeit von zwölf Wochen für die Zeit vom 01.12.2009 bis zum 22.02.2010 festgestellt.

(1) Das SG hat in dem angegriffenen Urteil zutreffend die Voraussetzungen für die Feststellung einer Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe als versicherungswidrigen Verhaltens ohne wichtigen Grund (§ 144 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 1 SGB III a.F.), für die Dauer der Sperrzeit und die Voraussetzungen einer Verkürzung auf drei oder sechs Wochen (§ 144 Abs. 3 Sätze 1 und 2 SGB III) dargelegt. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf jene Ausführungen ver-wiesen (§ 153 Abs. 2 SGG).

(2) Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung vor dem SG selbst eingeräumt, sein Arbeitsverhältnis bei der L GmbH durch eine Eigenkündigung selbst beendet zu haben (§ 144 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Var. 1 SGB III a.F.). Es kann offen bleiben, ob die hierfür zivilrechtliche Kündigungserklärung bereits - konkludent - in dem Fernbleiben von der Arbeit am 19.11.2009 lag. Zumindest die Aussage des Klägers in dem einige Tage später stattgefundenen Telefonat mit dem Zeugen L, er - der Kläger - werde nicht wieder zur Arbeit erscheinen, weil er es nicht mehr ausgehalten habe, ist als Kündigungserklärung zu werten. Dass diese Kündigungserklärung nicht schriftlich erfolgte und daher zivilrechtlich womöglich wirkungslos war, ist unerheblich. Der Kläger und der Zeuge L haben das Arbeitsverhältnis im Anschluss an die Kündigung einvernehmlich als beendet betrachtet. In diesem Einvernehmen des Zeugen L kann ggfs. auch der Abschluss eines Aufhebungsvertrags gesehen werden.

(3) Eine unmittelbar anschließende andere Beschäftigung ab dem 01.12.2009 hatte der Kläger nicht konkret in Aussicht, weswegen er durch seine Eigenkündigung seine Arbeitslosigkeit zumindest grob fahrlässig selbst verursacht hat.

(4) Ein wichtiger Grund für die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses durch den Kläger bestand nicht. Ein solcher Grund muss objektiv vorliegen, um eine Sperrzeit zu hindern, es reicht nicht aus, dass der Versicherte einen solchen irrtümlich annimmt (Karmanski, in: Niesel/Brand, SGB III, 5. Aufl. 2010, § 144 Rn. 122). Ferner muss der wichtige Grund die Auflösung des Beschäftigungsverhältnisses auch in dem konkreten Zeitpunkt rechtfertigen, es reicht nicht aus, dass in Zukunft ein solcher Grund bestehen wird (Karmanski, a.a.O., Rn. 126).

(aa) Ein wichtiger Grund im Sinne von § 144 Abs. 1 Satz 1 SGB III a.F. für eine Eigen-kündigung liegt auch vor, wenn der Arbeitgeber des Versicherten eine fristgemäße, sozial gerechtfertigte Kündigung androht, für die der Versicherte keinen Anlass gegeben hat.

Hierbei ist es dem Versicherten grundsätzlich im Interesse der Versichertengemeinschaft zuzumuten, die Arbeitgeberkündigung abzuwarten (Karmanski, a.a.O., Rn. 130 m.w.N.). Eine Ausnahme besteht nur, wenn der Versicherte durch eine Eigenkündigung Nachteile durch die angedrohte Arbeitgeberkündigung abwenden kann und will, etwa Nachteile im beruflichen Fortkommen, wozu im Einzelfalls auch ein sozialer Ansehensverlust durch die Hinnahme einer Arbeitgeberkündigung zählen kann (Karmanski, a.a.O., Rn. 131 m.w.N.). Notwendig in diesen Fällen ist ferner, dass die angedrohte Arbeitgeberkündigung - im Wesentlichen - rechtmäßig gewesen wäre, sodass sich der Versicherte nicht mit Aussicht auf Erfolg gegen sie hätten wenden können (Karmanski, a.a.O., Rn. 131). Nur in seltenen Ausnahmefällen, etwa bei einem besonders verwerflichen Verhalten des Arbeitgebers, kann auch eine angedrohte rechtswidrige Arbeitgeberkündigung ein wichtiger Grund für eine Eigenkündigung sein (Karmanski, a.a.O., Rn. 130).

Eine solche Androhung einer ggfs. rechtmäßigen Arbeitgeberkündigung konnte nicht festgestellt werden. Bereits das SG hatte aus der schriftlichen Aussage des Zeugen L vom 13.04.2010 zutreffend entnommen, dass dieser dem Kläger nicht gekündigt hätte. Dies hat die uneidliche Aussage des Zeugen vor dem Berichterstatter des Senats am 12.03.2012 bestätigt. Der Zeuge hat bekundet, ihm sei bekannt gewesen, dass der Kläger gelegentlich Rückenprobleme gehabt habe. Er sei dann durchaus einen halben Tag zu Hause geblieben. Er - der Zeuge - sei dabei flexibel gewesen, da auch der Kläger flexibel gewesen sei, z. B. sonntags gearbeitet habe. Dr Kläger sei vergesslich gewesen, man habe ihm Vieles aufschreiben müssen. Er - der Zeuge - habe durchaus gesagt, dass der Kläger eine andere Stelle annehmen könne, wenn er etwas finde oder es nicht mehr gehe. Es sei aber kein Druck aufgebaut worden. Der Eintrag im Führungszeugnis sei ihm - dem Zeugen - bekannt gewesen. Es sei so gewesen, dass die Rahmenverträge mit der Polizei den Einsatz solcher Mitarbeiter im Prinzip ausgeschlossen hätten. Als kleiner Betrieb hätte die L GmbH Schwierigkeiten gehabt, einen Mitarbeiter mit Eintrag zu beschäftigen. Der Kläger sei plötzlich nicht mehr zur Arbeit erschienen. Er habe sich erst Tage danach telefonisch gemeldet, er habe gesagt, es sei nicht mehr gegangen. Er habe auf seinen Rücken hingewiesen. Zuvor habe er nicht gesagt, die Schmerzen seien schlimmer gewesen oder er könne nicht mehr arbeiten. Nach diesen Aussagen des Zeugen, an denen zu zweifeln der Senat keinen Anlass sieht, bestand für den Kläger bei den Gesprächen zwischen ihm und dem Zeugen kein Anlass anzunehmen, dass kurzfristig und konkret eine Arbeitgeberkündigung gedroht hätte, die eine Eigenkündigung zu jenem Zeitpunkt gerechtfertigt hätte. Der Zeuge hatte dem Kläger lediglich anheimgestellt, sich ggfs. auf andere Stellen zu bewerben, wenn die Tätigkeit bei der L GmbH - aus Sicht des Klägers - nicht mehr zu schaffen sei. Auch die Vergesslichkeit, die der Zeuge als bislang nicht bekannten Punkt in seiner Aussage angegeben hat, war aus seiner Sicht kein Grund für eine Kündigung. Dass eine Arbeitgeberkündigung nicht drohte, kann abschließend aus der Aussage des Zeugen entnommen werden, er habe sich sehr über das Fernbleiben des Klägers von der Arbeit geärgert, weil er gerade Aufträge gehabt habe.

(bb) Gesundheitliche Gründe rechtfertigten die Eigenkündigung des Klägers am 19.11.2009 ebenfalls nicht.

Gesundheitliche Gründe rechtfertigen dann eine Eigenkündigung, wenn dem Versicherten auch nur die vorübergehende Weiterführung der Tätigkeit bis zur Erlangung einer anderen, besser geeigneten Stelle, nicht zugemutet werden kann (vgl. Karmanski, a.a.O., Rn. 129, 133). So ist ein Versicherter z. B. gehalten, zunächst die einschränkenden Gründe zu beseitigen, etwa eine zumutbare Behandlung zu durchlaufen oder auf eine innerbetriebliche Umsetzung auf einen geeigneten Arbeitsplatz zu drängen.

Ebenso wie das SG ist der Senat davon überzeugt, dass der Kläger in diesem Sinne seine Tätigkeit zumindest vorübergehend weiter hätte ausüben können. Sie war ihm nicht unzumutbar. Zwar hatte er kurz vor der Arbeitsaufgabe an einem LWS-Syndrom mit ausstrahlenden Schmerzen ins rechte Bein gelitten. Dies hat u. a. der Krankengymnast und Physiotherapeut D. unter dem 12.09.2011 bescheinigt. Auch Dr. T. hat in ihrer schriftlichen Zeugenaussage vom 26.07.2010 bekundet, dass bereits bei der ersten Vorstellung am 05.11.2009 ein LWS-Syndrom mit Ischialgie und Dysästhesien im rechten Bein vorgelegen habe. Der entsprechende Befund von Dr. P. kann allerdings zur Beurteilung der Beschwerden des Klägers im November 2009 nichts beitragen, denn dort hatte sich der Kläger erst am 14.07.2010 vorgestellt. Diese Beschwerde waren jedoch nicht so gravierend, dass sie den Kläger genötigt hätten, zu dem streitigen Zeitpunkt am 19.11.2009 seine Stelle aufzugeben. Die Arbeitsunfähigkeit wegen der Beschwerden Anfang November hatte der Kläger nach dem Vorerkrankungsverzeichnis der AOK gerade beendet, er war nicht weiter krankgeschrieben. Der radiologische Bericht von Dr. M. vom 13.11.2009 beschreibt nur - noch - minimale Bandscheibenprotusionen an den drei auch vom Kläger genannten Segmenten, jedoch ohne kompressive Wirkung bei allenfalls leichter Irritation der Wurzel S1 sowie eine normale Weite des Spinalkanals. Dass die Beschwerden nicht erheblich waren, entnimmt der Senat auch dem eigenen Verhalten des Klägers. Dieser hat nach seiner Vorstellung bei Dr. T. am 05.11.2009 keine weitere ärztliche Behandlung in Anspruch genommen. Er hat ferner bei der Arbeitslosmeldung bei der Beklagten den Wunsch bekundet, weiterhin als Kraftfahrer tätig zu sein. Entsprechend diesem Wunsch hat er dann auch ab Januar 2010 - zunächst nebenberuflich - eine solche Tätigkeit wieder aufgenommen. Die entsprechende sozialversicherungspflichtige Stelle wurde später, im Sommer 2010, nicht gesundheitsbedingt gekündigt, vielmehr hat sie der Kläger nebenberuflich weiter¬geführt. Zu berücksichtigen ist auch, dass kein Arzt dem Kläger eine Aufgabe seiner Tätigkeit zur Vermeidung gesundheitlicher Schäden angeraten hat. Vor diesem Hintergrund kann nicht festgestellt werden, dass sich die gesundheitlichen Beschwerden, die der Kläger regelmäßig seit längerem hatte, die aber seiner Tätigkeit bei der L GmbH nicht entgegengestanden hatten, Mitte November 2009 so verstärkt hätten, dass er diese Tätigkeit nunmehr zügig hätte aufgeben müssen.

(cc) Die Befürchtung des Klägers, wegen des Eintrags im Bundeszentralregister nicht mehr bei der L GmbH arbeiten zu können, rechtfertigte ebenfalls keine Eigenkündigung zum 19.11.2009. Der Eintrag hatte bereits seit langem vorgelegen, denn die ihm zu Grunde liegende Verurteilung stammte vom 21.06.2007 und war am 24.07.2008 rechtskräftig geworden. Der Eintrag hatte also auch der bisherigen Tätigkeit bei der L GmbH ab Oktober 2007 nicht entgegengestanden. Außerdem hatte der Zeuge L dem Kläger auch wegen dieses Eintrags keine Arbeit¬geberkündigung angedroht, der der Kläger ggfs. mit einer Eigenkündigung hätte zuvorkommen dürfen, obwohl er nach seinen Angaben bei seiner Vernehmung um den Eintrag und auch die zu Grunde liegende Straftat wusste.

(5) Die zwölfwöchige Dauer der Sperrzeit (§ 144 Abs. 3 Satz 1 SGB III a.F.) war nicht zu verringern.

Eine Verringerung auf drei oder sechs Wochen nach § 144 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 oder Nr. 2 Buchstabe a SGB III a.F. setzt voraus, dass das Beschäftigungsverhältnis des Versicherten auch ohne die Eigenkündigung binnen sechs bzw. zwölf Wochen ohne Eintritt einer Sperrzeit geendet hätte. Diese Regelungen betreffen vor allem befristete Beschäftigungsverhältnisse, zu denen dasjenige des Klägers aber nicht gehörte. Ferner ist nicht davon auszugehen, dass der Zeuge L das Beschäftigungsverhältnis mit dem Kläger in den genannten Zeiträumen arbeitgeberseitig beendet hätte. Wie seine Aussage ergeben hat, wusste er um die gesundheitlichen Probleme und den Eintrag im Führungszeugnis. Gleichwohl hat er keinen Anlass gesehen, dem Kläger zu kündigen. Er hat ferner bekundet, mit der Arbeit des Klägers trotz der gelegentlichen Fehlzeiten zufrieden gewesen zu sein, da dieser "flexibel", z. B. auch sonntags, gearbeitet habe. Entsprechend war er auch erzürnt, als der Kläger der Arbeit ferngeblieben war.

Eine Verringerung auf sechs Wochen ist nach § 144 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 Buchstabe b SGB III a.F. auch möglich, wenn die zwölfwöchige Sperrzeit für den Versicherten "nach den für ihren Eintritt maßgebende Tatsachen" eine besondere Härte bedeuten würde. Es sind dies Fälle, in denen die zwölf Wochen nach den Umständen des Einzelfalls eine unverhältnismäßige Belastung darstellen würden. Relevant sind aber nur Umstände, die in einem ursächlichen Zusammenhang mit der Sperrzeit stehen. Umstände außerhalb dieses Bereichs, etwa eine besondere persönliche oder wirtschaftliche Betroffenheit, sind dagegen irrelevant (Karmanski, a.a.O., Rn. 160 f.). Ein relevanter Umstand in diesem Sinne kann vorliegen, wenn sich der Versicherte über das Vorliegen der Sperrzeitvoraussetzungen geirrt hat, also sein Verhalten selbst nicht für versicherungswidrig im Sinne von § 144 Abs. 1 Satz 2 SGB III a.F. hielt oder zu Unrecht von einem wichtigen Grund im Sinne von § 144 Abs. 1 Satz 1 SGB III a.F. ausging. Dies gilt aber nur dann, wenn dieser Irrtum unverschuldet war und durch die konkrete Auskunft einer hiermit vertrauten Stelle hervorgerufen oder gestützt worden ist. Dies ist in der erster Linie die Bundesagentur. Nur in Ausnahmefällen kann auch die falsche Auskunft des - öffentlichen - Arbeitgebers zu einer besonderen Härte führen (Karmanski, a.a.O., Rn. 164 m.w.N.). Bei dem Kläger nun fehlen diese Voraussetzungen. Er hatte vor der Beendigung des Beschäfti¬gungsverhältnisses am 19.11.2009 keine Auskunft der Beklagten eingeholt. Und eine Falsch¬beratung durch eine andere Stelle ist weder vorgetragen noch ersichtlich.

(6) Gegen die Feststellung der Lage der Sperrzeit ab dem 01.12.2009 ist nichts vorgebracht oder ersichtlich (§ 144 Abs. 2 Satz 1 SGB III a.F.).

bb) Wegen des Eintritts einer Sperrzeit ab dem 01.12.2009 war der Bewilligungsbescheid vom 02.12.2009 bereits bei seinem Erlass rechtswidrig, soweit er dem Kläger bis zum 22.02.2010 Alg gewährt hatte. Die Beklagte war daher nach § 45 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) befugt, ihn zurückzunehmen.

Für die Zeit ab Bekanntgabe des Bescheids vom 14.12.2009, der insoweit bereits eine Teil-Rücknahme darstellte, handelte es sich um eine Rücknahme für die Zukunft, der schutzwürdiges Vertrauen des Klägers im Sinne von § 45 Abs. 2 Sätze 1 und 2 SGB X nicht entgegenstand, da er das bewillige Alg insoweit noch nicht erhalten hatte.

Für die Zeit vor der Bekanntgabe jenes Bescheids lag eine Rücknahme für die Vergangenheit vor. Insoweit setzte die Rücknahme nach § 45 Abs. 4 Satz 1 SGB X voraus, dass einer der in § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X genannten Gründe vorlag. In diesem Fall war die Beklagte nach § 330 Abs. 2 SGB III zur Rücknahme für die Vergangenheit nicht nur befugt, sondern auch verpflichtet. Die Beklagte hat angenommen, der Kläger habe spätestens am 06.12.2009, als ihm der erste Änderungsbescheid vom 03.12.2009 bekannt wurde, im Sinne von § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X gewusst oder in Folge grober Fahrlässigkeit nicht gewusst, dass ihm für die Zeit ab dem 01.12.2009 zu Unrecht Alg bewilligt worden war. Entsprechend hat die Beklagte die Leistungsbewilligung erst ab dem 07.12.2009 zurückgenommen. Dagegen ist nichts einzu-wenden. Bereits der erste Änderungsbescheid vom 03.12.2009 hatte dem Kläger klargemacht, dass die Beklagte die Voraussetzungen einer Sperrzeit prüfte.

4. Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens beruht auf § 193 SGG.

5. Gründe für eine Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
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