L 10 AL 41/09

Land
Freistaat Thüringen
Sozialgericht
Thüringer LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Meiningen (FST)
Aktenzeichen
S 13 AL 189/06
Datum
2. Instanz
Thüringer LSG
Aktenzeichen
L 10 AL 41/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Meiningen vom 18. Juli 2008 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist die Gewährung von Berufsausbildungsbeihilfe.

Die Klägerin beantragte am 24. August 2005 die Zahlung von Berufsausbildungsbeihilfe und gab hierbei als Bezeichnung der Ausbildungsstätte "Schule für Gesundheit und Soziales" in Meiningen an. Am 1. September 2004 schloss sie mit dem Fachkrankenhaus für Psychiatrie und Neurologie H. (Krankenhaus) einen Ausbildungsvertrag für den Beruf der Gesundheits- und Kranken-pflegerin nach dem Krankenpflegegesetz vom 16. Juli 2003 (in seiner jeweiligen Fassung in Verbindung mit der Ausbildungs- und Prüfungsordnung für die Berufe in der Krankenpflege vom 10. November 2003 in der jeweiligen Fassung). Der zwischen der Klägerin und dem Krankenhaus abgeschlossene Berufsausbildungsvertrag zur Gesundheits- und Krankenpflege-rin wurde nicht in das Verzeichnis der Berufsausbildungsverhältnisse eingetragen. Die Ausbildung begann am 1. September 2004 und dauerte drei Jahre (§ 2 des Ausbildungs-vertrages). Die Klägerin war verpflichtet, die Teile der Ausbildung, die in einer anderen Ein-richtung durchgeführt werden, außerhalb des Ausbildungsbetriebes abzuleisten (§ 4 des Aus-bildungsvertrages). Während der praktischen und der theoretischen Ausbildung habe sie eine eigene Wohnung bzw. ein eigenes Zimmer.

Die Beklagte lehnte den Antrag ab. Nach § 60 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch (SGB III) sei eine berufliche Ausbildung förderungsfähig, wenn sie in einem nach dem Berufsbildungs-gesetz, der Handwerksordnung oder dem Seemannsgesetz staatlich anerkannten Ausbildungs-beruf betrieblich oder außerbetrieblich durchgeführt werde und der dafür vorgeschriebene Berufsausbildungsvertrag abgeschlossen worden sei. Dies treffe auf den Ausbildungsberuf der Gesundheits- und Krankenpflegerin nicht zu (Bescheid vom 19. September 2005).

Den Widerspruch hiergegen wies die Beklagte als unbegründet zurück. Bei dem Ausbil-dungsgang der Gesundheits- und Krankenpflegerin handele es sich um eine bundesweit ein-heitlich geregelte schulische Ausbildung an Berufsfachschulen für Krankenpflege (Wider-spruchsbescheid vom 9. Januar 2006).

Die Klägerin hat hiergegen am 31. Januar 2006 Klage erhoben.

Das Sozialgericht hat die Klage mit dem Antrag, den Bescheid der Beklagten vom 19. Sep-tember 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheid vom 9. Januar 2006 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, über ihren Antrag unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden, abgewiesen. Bei der von der Klägerin begonnenen Ausbildung zur Gesundheits- und Krankenpflegerin handele es sich nicht um eine - hier allein in Betracht zu ziehende - nach dem Berufsbildungsgesetz staatlich anerkannte Ausbildung. Nach § 4 Abs. 1 des Berufsbildungsgesetzes (BBiG) könne das Bundesministerium für Wirtschaft und Ar-beit oder das sonst zuständige Ministerium im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Bildung und Forschung als Grundlage für eine geordnete und einheitliche Berufsausbildung durch Rechtsverordnung Ausbildungsberufe staatlich anerkennen und hierfür Ausbildungs-ordnungen erlassen. Eine solche staatliche Anerkennung nach § 4 Abs. 1 BBiG liege aber für die Ausbildungsgänge in der Gesundheits- und Krankenpflege nicht vor. Diese Berufe seien vielmehr abschließend im Krankenpflegegesetz geregelt, ohne dass Raum für eine ergänzende Anwendung des BBiG bestehe. Denn nach § 22 des Krankenpflegegesetzes finde das BBiG für die Ausbildung zu den in diesem Gesetz geregelten Berufen nach dem ausdrücklichen gesetzgeberischen Willen keine Anwendung. Die im Krankenpflegegesetz geregelte Ausbil-dung habe der Gesetzgeber demgegenüber nicht ausdrücklich in § 60 SGB III als förderungs-fähige berufliche Ausbildung erwähnt. Auf Grund der enumerativen Aufzählung der förde-rungsfähigen Ausbildungen zähle die von der Klägerin aufgenommene Ausbildung nicht zu den förderungsfähigen Ausbildungen im Sinne des Gesetzes. Unter der Geltung des Arbeits-förderungsgesetzes habe es für einen entsprechenden Ausschluss zwar an einer wirksamen gesetzlichen Grundlage gefehlt, weil sich dieser Ausschluss nur aus der Anordnung des Ver-waltungsrates der Bundesanstalt für Arbeit über die individuelle Förderung der beruflichen Ausbildung ergeben habe. Eine entsprechende gesetzliche Grundlage sei allerdings mit § 60 Abs. 1 SGB III geschaffen worden. Auch folge nichts anderes aus der Regelung des § 107 BBiG. Selbst wenn aus dieser Regelung folge, dass Heil- und Heilhilfsberufe als anerkannte Ausbildungsberufe mit der Anspruchsfolge aus §§ 59, 60 SGB III gelten müssten, könne dies aber vorliegend keine Bedeutung haben, weil die Regelung mit Wirkung zum 31. März 2005 ersatzlos gestrichen worden sei. Im Übrigen habe die Klägerin einen Anspruch nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetzes gehabt (Urteil vom 18. Juli 2008, der Klägerin am 16. Dezember 2008 zugestellt).

Die Klägerin hat hiergegen am 16. Januar 2009 Berufung eingelegt. Es treffe zwar zu, dass nach § 22 Krankenpflegegesetz das BBiG für die Ausbildung zu den in diesem Gesetz gere-gelten Berufen keine Anwendung finden würde. Die Folgerung, dass diese Ausbildung dem-nach nicht zu den förderungsfähigen Ausbildungen im Sinne von § 60 SGB III gehöre, sei aber ausweislich der Kommentarliteratur (unter Hinweis auf Fuchsloch in Gagel, § 60 Rdnr. 8; Stratmann in Niesel, § 60 Rdnr. 4; Wagner in Nomos, § 60 Rdnr. 32 f.). nicht zutreffend.

Die Klägerin beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Meiningen vom 18. Juli 2008 und den Bescheid vom 19. September 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. Januar 2006 auf-zuheben und die Beklagte zu verurteilen, Berufsausbildungsbeihilfe zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird Bezug genommen auf die Verwaltungsakte der Beklag-ten und die Gerichtsakte, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist unbegründet.

Die Bescheide der Beklagten sind in der Sache nicht zu beanstanden. Denn die Klägerin hat keinen Anspruch auf die begehrte Berufsausbildungsbeihilfe. Nach § 59 SGB III in der hier maßgebenden Fassung haben Anspruch darauf Auszubildende während einer beruflichen Ausbildung oder einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme, wenn 1. die berufliche Ausbildung oder die berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme förderfähig ist, 2. sie zum förderungsfähigen Personenkreis gehören und die sonstigen persönlichen Voraus-setzungen für eine Förderung erfüllt sind und 3. ihnen die erforderlichen Mittel zur Deckung des Bedarfs für den Lebensunterhalt, die Fahr-kosten, die sonstigen Aufwendungen und die Lehrgangskosten (Gesamtbedarf) nicht ander-weitig zur Verfügung stehen. Daneben muss die Ausbildung selbst nach § 60 Abs. 1 SGB III (in der hier maßgebenden, vom 1. Januar 1998 bis zum 29. August 2008 geltenden Fassung) förderfähig sein. Eine berufliche Ausbildung ist förderfähig, wenn sie in einem nach dem Berufsbildungsge-setz, der Handwerksordnung oder dem Seemannsgesetz staatlich anerkannten Ausbildungsbe-ruf betrieblich oder außerbetrieblich durchgeführt wird und der dafür vorgeschriebene Be-rufsausbildungsvertrag abgeschlossen worden ist. Demnach muss es sich um eine Ausbildung handeln, die zum einen nach den Bestimmungen des Berufsbildungsgesetzes durchgeführt wird. Außerdem ist ein Ausbildungsvertrag mit dem Eintragungsvermerk der zuständigen Kammer vorzulegen, der bestätigt, dass die Ausbildung im Ausbildungsverzeichnis der Kammer auf-genommen ist (vgl. LSG Sachsen vom 10. November 2011 - L 3 AL 60/10). Entgegen der Ansicht der Klägerin genügt es für die Förderungsfähigkeit nicht, dass die ge-wählte Ausbildung zu einem anerkannten beruflichen Abschluss führt (vgl. BSG vom 18. August 2005 – B 7a/7 AL 100/04 R). Sie muss vielmehr auch in den vom Berufsbildungsgesetz vorgeschriebenen Formen durchge-führt werden (so bereits BSG vom 23. Mai 1990 – 9b/7 RAr 18/89SozR 3-4100 § 40 Nr. 2; vgl. LSG Sachsen vom 10. November 2011 - L 3 AL 60/10). Durch die Aufnahme des Berufsausbildungsverhältnisses in das nach § 34 BBiG (in der seit 1. April 2005 geltenden Fassung) einzurichtende und zu führende Verzeichnis entscheidet die hierfür zuständige Stelle, ob eine Ausbildung der durch das Berufsbildungsgesetz vorge-schriebenen Form entspricht (vgl. BSG vom 18. August 2005 – B 7a/7 AL 100/04 R). Wird das einer Ausbildung dienende Rechtsverhältnis, mithin der Berufsausbildungsvertrag, nicht in das Verzeichnis der Berufsausbildungsverhältnisse eingetragen, so bewirkt dies für Gerichte, andere Behörden und Dritte, dass die sich daraus ergebenden Rechtsfolgen für Sozi-algerichte, die Beklagte und die Parteien des Ausbildungsverhältnisses bindend sind. Die Beklagte und die Gerichte sind an die Nichteintragung des Ausbildungsverhältnisses in das Verzeichnis nach § 34 BBiG gebunden. Eine Überprüfung der inhaltlichen Übereinstim-mung der betrieblichen Ausbildung mit den Vorschriften des Berufsbildungsgesetzes und der jeweiligen Ausbildungsordnung steht der Beklagten im Rahmen der Entscheidung über die Berufsausbildungsbeihilfe und damit den Sozialgerichten grundsätzlich nicht zu (BSG, a. a. O.). Unstreitig ist der zwischen der Klägerin und dem Krankenhaus abgeschlossene Berufsausbil-dungsvertrag zur Gesundheits- und Krankenpflegerin nicht in das Verzeichnis der Berufsaus-bildungsverhältnisse eingetragen. Der Einwand der Klägerin, das Vertragsverhältnis ähnele einem Ausbildungsverhältnis im Sinne des Berufsbildungsgesetzes, ist daher allein aus diesen Gründen ebenso unbeachtlich wie das Argument, es handele sich um eine berufliche Ausbildung. Es ist sachgerecht, wenn Leistungen für eine berufliche Ausbildung an die Voraussetzung geknüpft sind, dass die Ausbildung nach Maßgabe des Berufsbildungsgesetzes erfolgt. Dies verstößt nicht gegen Artikel 3 des Grundgesetzes, wie das Bundessozialgericht ebenfalls be-reits ausgeführt hat (vgl. BSG, a. a. O., Rdnr. 20). Für das hier gefundene Ergebnis spricht auch, dass § 60 Abs. 1 SGB III ab dem 1. Januar 2009 um Ausbildungen nach dem Altenpflegegesetz, die betrieblich durchgeführt werden, erweitert wurde und ausweislich der Materialien die Ausbildungen nach dem Krankenpflege-gesetz und dem Hebammengesetz nicht gleichgestellt werden sollten (vgl. BT-Drucks 16/10801, S. 35). Die Kostenentscheidung beruht auf der Anwendung der Vorschrift des § 193 Abs. 1 des Sozi-algerichtsgesetzes (SGG). Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, weil ihre gesetzlichen Voraussetzungen nicht vorliegen (vgl. § 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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