Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 1 U 1018/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 U 1359/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 04.12.2009 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Verletztenrente des Klägers nach einem höheren Jahresarbeitsverdienst (JAV) zu berechnen ist.
Der am 1978 geborene Kläger studierte nach dem Ablegen der Allgemeinen Hochschulreife an der Universität M. im Studiengang Volkswirtschaftslehre und schloss dieses Studium mit dem akademischen Grad Diplom-Volkswirt ab (vgl. Diplom der Universität M. vom 15.10.2002; Bl. 227 VerwA). Von April 2003 bis März 2007 war er als Promotionsstudent an der Johann W. G.-Universität F. am M. eingeschrieben. Nach Einreichung seiner Dissertation am 31.05.2006 legte er am 18.01.2007 erfolgreich die mündliche Prüfung ab (vgl. Urkunde der Johann W. G.-Universität F. am M. vom 18.01.2007, Bl. 226 VerwA). Einkommen aus Erwerbstätigkeiten erzielte der Kläger bis zu diesem Zeitpunkt nicht. Seinen Lebensunterhalt bestritt er mit Zuwendungen seiner Eltern und seiner Großmutter.
Am 11.07.2006 erlitt der Kläger auf dem Weg zur Universität zu einem Seminar einen Ver-kehrsunfall, bei dem er sich eine LWK-III-Fraktur sowie eine distale Radiusfraktur links zuzog.
Mit Bescheid vom 02.10.2007 anerkannte die Beklagte den Unfall vom 11.07.2006 als Arbeits-unfall und gewährte dem Kläger Verletztenrente als vorläufige Entschädigung ab 12.07.2006. Den der Berechnung der Rente zu Grunde gelegten JAV setzte sie gemäß § 85 Abs. 1 Nr. 2 des Siebten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB VII) mit 17.640,00 EUR fest (Mindest-JAV). Im Wi-derspruchsverfahren machte der Kläger geltend, mit diesem JAV habe sich die Beklagte "um mehrere Etagen vergriffen". In der Phase der Promotion sei als JAV eine Vergütung nach BAT IIa zu Grunde zu legen, wie sie auch von am Lehrstuhl angestellten Doktoranden bezogen werde, bis zum 30.09.2006 mithin ein Betrag in Höhe von 39.991,75 EUR. Wegen der durch die Promotion hinzu gewonnenen Kenntnisse sei hiernach von einem erzielbaren Einstiegsgehalt von 50.000,00 EUR auszugehen.
Mit Bescheid vom 14.03.2008 lehnte die Beklagte einen Anspruch auf Neufeststellung des JAV gemäß § 90 Abs. 1 SGB VII ab und setzte den vorläufig festgesetzten JAV von 17.640,00 EUR nach § 85 Abs. 1 Nr. 2 SGB VII endgültig fest. Gleichzeitig verneinte sie eine erhebliche Unbilligkeit nach § 87 SGB VII für diesen Mindest-JAV. Zur Begründung führte sie aus, § 90 Abs. 1 SGB VII komme nicht zur Anwendung, da der Kläger seinen Unfall nicht während seiner Schul- und Berufsausbildung erlitten habe. Diese sei mit Abschluss des Studiums zum Volkswirt und Ablegung des Diploms am 15.10.2002 abgeschlossen gewesen. Das anschließende Promotionsstudium zähle nicht mehr zur Ausbildung im Sinne dieser Regelung, vielmehr handele es sich um eine berufliche Weiterbildung. Die Feststellung des Mindest-JAV gemäß § 85 SGB VII sei im Sinne des § 87 SGB VII auch nicht in erheblichem Maße unbillig. Dies sei nur dann der Fall, wenn dieser von der Zielsetzung der im Einzelfall anzuwendenden Berechnungsvorschrift erheblich abweiche und für den Verletzten einen deutlichen Nachteil bringe. Entscheidend seien die Verhältnisse und die Lebensstellung bis zum Unfallzeitpunkt. Da der Kläger vor dem Unfall kein Erwerbseinkommen erzielt und seinem Studium vollzeitlich nachgegangen sei, hätten sich durch bzw. nach dem Unfall die wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse nicht wesentlich verändert. Das nach dem Unfall eventuell zu erwartende höhere Entgelt könne nicht berücksichtigt werden.
Im Widerspruchsverfahren machte der Kläger geltend, in seinem Fall sei die Zugrundelegung des Mindest-JAV in erheblichem Maße unbillig. Während nach § 87 SGB VII bei der Unbillig-keitsprüfung insbesondere Ausbildung, Fähigkeiten, Lebensstellung und Tätigkeit des Betroffe-nen zu berücksichtigen seien, habe die Beklagte drei dieser Merkmale vollständig ignoriert. Insbesondere habe sie das Merkmal Lebensstellung ausschließlich auf die Einkommensverhältnisse reduziert und damit seine soziale Lebenssituation übersehen. Er legte den Ablauf seiner Ausbildung dar sowie seine konkreten Fähigkeiten, die sich großenteils aus dem Gang der Ausbildung ergeben hätten. Zusätzlich verfüge er über gute Sprachkenntnisse in den alten Sprachen sowie in den modernen Fremdsprachen Englisch, Französisch, Italienisch und Spanisch. Seine Team-fähigkeit und Kommunikationsfähigkeit zeige sich in seinem Ehrenamt als Kirchenältester und bei seinem Hobby, der Gitarrenmusik, im gemeinschaftlichen Spiel im Ensemble. Zu seiner Lebensstellung gehöre nicht nur, dass er vor dem Unfall kein Arbeitseinkommen erzielt habe, sondern auch das auf seinen Vater angemeldete und ihm zur eigenen Verfügung stehende Fahrzeug Golf V des Baujahres 2004. Auch sei er von November 2002 bis Juli 2006 aktives Mitglied im Golfclub Deutsche W. in D. gewesen und habe sich seit Mai 2004 als Beisitzer im Vorstand des Ehemaligenvereins seines Gymnasiums ehrenamtlich engagiert. Mit seinem Gitarrenquartett habe er Preise beim Jugendwettbewerb "Jugend musiziert" errungen und besitze als begabter Hobbymusiker eine hochwertige Gitarre mit einem Versicherungswert von 7.000,00 DM. Einen solchen Lebensstil hätte er mit dem zu Grunde gelegten JAV vor dem Unfall nicht bezahlen können. Finanziert worden sei dieser durch seine Eltern und seine Großmutter durch das Stellen einer Wohnung und durch finanzielle sowie materielle Zuwendungen. Im Rahmen seiner Tätigkeit habe er unmittelbar vor dem Unfall zudem auf bildungsökonomischem Gebiet geforscht, weshalb er wegen der Vergleichbarkeit seiner forschenden Tätigkeit mit der von angestellten Doktoranden weiterhin eine Vergütung nach BAT IIa als Grundlage für den JAV für angemessen halte. Dieser sei ab 21.01.2007 bis zur Vollendung seines 30. Lebensjahres mit 41.431,47 EUR festzusetzen. Soweit die Beklagte sein Promotionsstudium nicht als Ausbildung werte, seien die hierzu in der Vergangenheit ergangenen Urteile mit dem modernen tertiären Ausbildungssystem bestehend aus Bachelor, Master und Promotion nicht mehr vereinbar.
Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 13.03.2009 und der weiteren Begrün-dung zurückgewiesen, die Zeit vor seinem Unfall sei durch eine längere Zeit ohne Erwerbsein-kommen geprägt gewesen, weshalb sich die Zugrundelegung des Mindest-JAV nicht als in er-heblichem Maße unbillig darstelle. Die beschriebenen Fähigkeiten während des Studiums und der Promotion sowie das umfangreiche Engagement im privaten bzw. ehrenamtlichen Lebensbereich könne nicht JAV-erhöhend berücksichtigt werden, da hieraus tatsächlich bis zum Unfallzeitpunkt keine Einkünfte erzielt worden seien. Nach dem grundsätzlichen Zweck der Festsetzung des JAV als Basis von Erwerbsersatzeinkommensleistungen könnten nur solche Einkünfte berücksichtigt werden, die mit der Ausübung einer Erwerbstätigkeit in Zusammenhang stehen.
Am 30.03.2009 hat der Kläger dagegen beim Sozialgericht Mannheim (SG) Klage erhoben und im Wesentlichen sein bisheriges Vorbringen wiederholt und gerügt, die Beklagte erkenne im Hinblick auf seine Lebensstellung zu Unrecht nur monetäre Ströme aus Arbeitseinkommen an. Dabei übersehe sie, dass sein Lebensstil nicht mit dem sich aus dem Mindest-JAV errechnenden Einkommen von ca. 1.000,00 EUR monatlich finanzierbar gewesen wäre.
Mit Urteil vom 04.12.2009 hat das SG die auf Bemessung des JAV mit 39.991,75 EUR und bei Berücksichtigung einer tariflichen Lohnsteigerung ab 21.01.2007 mit 41.431,47 EUR gerichtete Klage abgewiesen. Unter Hinweis auf die umfangreiche Rechtsprechung zur Berufsausbildung im Sinne des § 90 SGB VII (u.a. BSG, Urteil vom 30.10.1991, 2 RU 61/90) hat es ausführlich begründet, weshalb das Promotionsstudium des Klägers keine solche Berufsausbildung darstelle. Im Hinblick auf die vom Kläger geltend gemachte Unbilligkeit des Mindest-JAV hat es dargelegt, dass der Kläger in seinem bisherigen Leben zu keinem Zeitpunkt Arbeitseinkommen erzielt habe, das nur annähernd den herangezogenen Mindest-JAV in Höhe von 17.640,00 EUR erreichte. Es sei daher auch unerheblich, dass der Kläger in den Jahren vor dem Unfall in erheblichem Umfang vergönnungsweise Leistungen Dritter, die kein Arbeitseinkommen im Sinne des § 82 SGB VII darstellten und allein auf Grund des Unfallgeschehens auch nicht weggefallen seien, erhalten habe. Berücksichtigungsfähig seien nämlich ausschließlich Einkünfte, die mit der Ausübung einer Erwerbstätigkeit in Zusammenhang stünden. Nur diese seien für die Bestimmung des Lebensstandards entscheidend. Sinn und Zweck des § 87 SGB VII sei es, von der normalen Entgeltsituation abweichende Härten aufzufangen. Von solchen könne dann nicht ausgegangen werden, wenn zu keinem Zeitpunkt Einnahmen erzielt worden seien.
Gegen das ihm am 05.03.2010 zugestellte Urteil hat der Kläger am 22.03.2010 beim Landessozialgericht (LSG) Berufung eingelegt und geltend gemacht, das SG irre, wenn es im Rahmen des § 87 SGB VII ausschließlich Einkünfte i.V.m. der Ausübung einer Erwerbstätigkeit für berücksichtigungsfähig halte. Insoweit bezieht er sich auf das Urteil des BSG vom 18.03.2003, B 2 U 15/02 R, wonach die Anwendbarkeit des § 87 SGBVII gerade nicht die Ausübung einer Erwerbstätigkeit vor dem Versicherungsfall voraussetze. Diese Vorschrift solle atypische Fallkonstellationen erfassen und ausgerichtet am "Lebensstandard" des Versicherten für diesen zu einer "billigen" Lösung führen. Deshalb sei es grundsätzlich nicht ausgeschlossen, unter "Lebensstellung" im Sinne des § 87 Abs. 2 SGB VII den durch sämtliche Einkünfte bestimmten (geprägten) sozialen Status einer Person zu verstehen, ohne dass die betreffende Person im relevanten Zeitraum Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen bezogen haben braucht. Da dies für auf privatrechtlicher Grundlage bezogene Renten und Versorgungsleistungen zutreffe, habe entsprechendes auch für die Zuwendungen seiner Angehörigen zu gelten. Entsprechend seiner - im Einzelnen dargelegten - monatlichen Lebenshaltungskosten in Höhe von 2.081,73 EUR, errechne sich ein jährliches Bruttoarbeitsentgelt von ca. 42.120,00 EUR. Da der festgesetzte JAV weniger als die Hälfte dieses Betrages ausmache, sei der Mindest-JAV in erheblichem Maße unbillig. Gestützt werde seine Auffassung auch durch die Funktion der Verletztenrente, die dem Ausgleich des durch den Versicherungsfall bedingten abstrakten Schadens im Erwerbseinkommen diene. Dieser abstrakt bemessene Verlust von Erwerbsmöglichkeiten impliziere die Berücksichtigung der vorangegangenen universitären Ausbildung. Schließlich dürfe er nicht schlechter gestellt werden als ein Student, bei dem der Leistungsfall während des zum Diplom führenden Studiums eintrete.
Der Kläger beantragt sachdienlich gefasst,
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 04.12.2009 aufzuheben und die Be-klagte unter Abänderung des Bescheids vom 14.03.2008 in der Gestalt des Wider-spruchsbescheids vom 13.03.2009 zu verurteilen, das Verletztengeld ab 12.07.2006 unter Zugrundelegung eines Jahresarbeitsverdienstes von 39.991,75 EUR und ab 21.01.2007 von 41.431,47 EUR zu berechnen, hilfsweise über den Antrag des Klägers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für richtig.
Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Akten beider Rechtszüge Bezug genom-men.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 153 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte und gemäß §§ 143, 144 SGG statthafte Berufung des Klägers, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist zulässig; sie ist jedoch nicht begründet.
Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn der Bescheid der Beklagten vom 14.03.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13.03.2009 ist rechtmäßig und verletzt den Klä-ger nicht in seinen Rechten. Soweit die Beklagte der Berechnung der Verletztenrente den Min-dest-JAV zu Grunde gelegt hat, entspricht dies den maßgeblichen gesetzlichen Vorschriften und ist nicht zu beanstanden. Insbesondere ist der JAV nicht nach § 87 SGB VII nach billigem Ermessen festzusetzen.
Gegenstand des Rechtsstreits ist allein noch der Bescheid vom 14.03.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13.03.2009, mit dem die Beklagte den JAV endgültig festsetzte. Denn diese Entscheidung ersetzte die vorangegangene mit Bescheid vom 02.10.2007 erfolgte vorläufige Festsetzung (§ 39 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches - SGB X). Insoweit hat der Senat den Antrag des Klägers sachdienlich gefasst.
Rechtsgrundlage für die Festsetzung des JAV sind die §§ 81 ff. SGB VII. Entsprechend gelten gemäß § 81 SGB VII die Vorschriften des Dritten Abschnitts (§§ 82 bis 93 SG&61506; VII) für Leis-tungen in Geld, die nach dem JAV bemessen werden, mithin auch für die dem Kläger bewilligte Verletztenrente. Dabei ist der JAV gemäß § 82 Abs. 1 Satz 1 SGB VII der Gesamtbetrag der Arbeitsentgelte (§ 14 des Vierten Buches des Sozialgesetzbuchs - SGB IV) und Arbeitseinkom-men (§ 15 SGB IV) des Versicherten in den zwölf Kalendermonaten vor dem Monat, in dem der Versicherungsfall eingetreten ist. Zum Arbeitsentgelt nach Satz 1 gehört auch das Arbeitsentgelt, auf das ein nach den zwölf Kalenderwochen abgeschlossener Tarifvertrag dem Versicherten rückwirkend einen Anspruch einräumt (Satz 2).
Nach § 85 Abs. 1 SGB VII beträgt der JAV mindestens (1.) für Versicherte, die im Zeitpunkt des Versicherungsfalls das 15., aber noch nicht das 18. Lebensjahr vollendet haben, 40 vom Hundert, (2) für Versicherte, die im Zeitpunkt des Versicherungsfalls das 18. Lebensjahr vollendet haben, 60 vom Hundert der im Zeitpunkt des Versicherungsfalls maßgeblichen Bezugsgröße.
Tritt der Versicherungsfall vor Beginn der Schulausbildung oder während einer Schul- oder Berufsausbildung des Versicherten ein, wird, wenn es für den Versicherten günstiger ist, der JAV von dem Zeitpunkt an neu festgesetzt, in dem die Ausbildung ohne den Versicherungsfall voraussichtlich beendet worden wäre (§ 90 Abs. 1 Satz 1 SGB VII). Nach Satz 2 der Regelung wird der Neufestsetzung das Entgelt zu Grunde gelegt, das in diesem Zeitpunkt für Personen gleicher Ausbildung und gleichen Alters durch Tarifvertrag vorgesehen ist; besteht keine tarifliche Regelung, ist das Arbeitsentgelt maßgebend, das für derartige Tätigkeiten am Beschäftigungsort der Versicherten gilt.
Ist ein nach der Regelberechnung, nach den Vorschriften bei Berufskrankheiten, den Vorschrif-ten für Kinder oder nach der Regelung über den Mindest-JAV festgesetzter JAV in erheblichem Maße unbillig, so wird er gemäß § 87 SGB VII nach billigem Ermessen im Rahmen von Min-dest- und Höchst-JAV festgesetzt. Nach Satz 2 der Regelung werden hierbei insbesondere die Fähigkeiten, die Ausbildung, die Lebensstellung und die Tätigkeit des Versicherten im Zeitpunkt des Versicherungsfalls berücksichtigt.
Auf der Grundlage dieser gesetzlichen Vorschriften hat das SG zutreffend entschieden, dass die Beklagte der Berechnung der Verletztenrente des Klägers zutreffend den Mindest-JAV gemäß § 85 Abs. 1 Nr. 2 SGB VII zu Grunde legte und zum einen im Hinblick auf § 90 Abs. 1 SGB VII nach erfolgreichem Abschluss der Dissertation keine Neuberechnung des JAV zu erfolgen hat und dieser zum anderen auch nicht gemäß § 87 SGB VII nach billigem Ermessen festzusetzen ist. Zur Begründung verweist der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen gemäß § 153 Abs. 2 SGG auf die entsprechenden Ausführungen des SG in der angefochtenen Entscheidung.
Soweit der Kläger im Berufungsverfahren geltend macht, die Beklagte und mit ihr das SG gin-gen zu Unrecht davon aus, dass ausschließlich Einkünfte berücksichtigungsfähig seien, die mit der Ausübung einer Erwerbstätigkeit im Zusammenhang stehen, nicht aber der von ihm erreichte und näher dargelegte Lebensstandard, und sich hierin durch das Urteil des BSG vom 18.03.2003 (a.a.O.) bestätigt sieht, vermag der Senat die vom Kläger aus dieser Entscheidung gezogene Schlussfolgerung nicht zu teilen. Zwar hat das BSG sich im Rahmen dieser Entscheidung zu dem Rechtsbegriff "Lebensstellung" geäußert, jedoch lag jenem Verfahren ein Sachverhalt zu Grunde, der mit dem vorliegenden in keiner Weise vergleichbar ist. Kläger jenes Verfahrens waren die Hinterbliebenen eines im Rahmen einer ehrenamtlichen Tätigkeit nach einem Raubüberfall an Herzversagen verstorbenen ehemaligen Bankangestellten, der Erwerbsunfähigkeitsrente von der früheren Bundesanstalt für Angestellte (BfA), eine Rente vom Beamtenversicherungsverein des D. Bank- und Bankiergewerbes aG sowie Zusatzversorgungsleistungen von der B. Bank bezog, also ausschließlich Leistungen, die ihre Grundlage in einem früher ausgeübten Beschäftigungsverhältnis hatten. Hierzu hat das BSG entschieden, dass das Gesetz in § 88 SGB VII, der die Erhöhung des Jahresarbeitsverdienstes für Hinterbliebene regelt, selbst ausdrücklich die Möglichkeit eröffnet, in bestimmten Einzelfällen auch Sozialleistungen zum Gegenstand der JAV-Berechnung zu machen. Daher seien Sozialleistungen, wie etwa Renten, Leistungen der Arbeitsverwaltung u.ä. durchaus - wenn auch nicht im Rahmen des § 82 Abs. 1 SGB VII - als Einkünfte anzusehen und könnten unter bestimmten Voraussetzungen im Wege des § 87 SGB VII zur Bestimmung des JAV herangezogen werden, wenn sie durch den Eintritt des Versicherungsfalls wegfallen und etwa den Hinterbliebenen nicht mehr zur Verfügung stehen. Dies gelte auch für auf privatrechtlicher Grundlage bezogene Renten und Versorgungsleistungen.
Da Grundlage der Lebensstellung des Klägers keine Sozialleistungen der oben beschriebenen Art waren, die in Rede stehenden freiwilligen Unterhaltsleistungen der Eltern und der Großmutter des Klägers nicht durch den erlittenen Unfall weggefallen sind und vorliegend ohnehin nicht um eine Hinterbliebenenrente gestritten wird, was die Anwendung des § 88 SGB VII bereits ausschließt, sieht der Senat keine Gesichtspunkte, die es rechtfertigen könnten, aus dem herangezogenen Urteil eine für den Kläger günstigere Entscheidung abzuleiten. Die Lebensstellung des Klägers in dem Jahr vor Eintritt des Arbeitsunfalls war geprägt durch freiwillige Unterhaltsleistungen von Familienangehörigen; diese haben durch den Eintritt des Versicherungsfalls keine Änderung erfahren. Daher ist nicht ersichtlich, weshalb die Festsetzung das Mindest-JAV in erheblichem Maße unbillig sein soll.
Eine für sich günstigere Entscheidung kann der Kläger letztlich auch nicht aus der Funktion der Verletztenrente herleiten. Soweit er meint, dass der auszugleichende abstrakt bemessene Verlust von Erwerbsmöglichkeiten die Berücksichtigung seiner universitären Ausbildung impliziere, verkennt er, dass Maßstab für die Bemessung des Verlustes an Erwerbsmöglichkeiten der allgemeine Arbeitsmarkt ist und die Minderung der Erwerbsfähigkeit gerade nicht unter Berücksichtigung der konkret ausgeübten Tätigkeit, sondern ganz abstrakt nach dem Verlust aller Möglichkeiten, auf dem Arbeitsmarkt Erwerbseinkommen zu erzielen, bemessen wird. Für den Verlust an Erwerbsmöglichkeiten ist der individuelle Werdegang des Klägers und damit auch seine konkrete berufliche Ausbildung aber ohne Belang.
Soweit der Kläger wiederum geltend macht, nicht schlechter gestellt werden zu dürfen, als ein Student, der während seines Studiums einen Arbeitsunfall erleidet, hat sich das SG hierzu bereits geäußert, weshalb der Senat auf die diesbezüglichen Darlegungen des SG Bezug nimmt.
Im Ergebnis ist somit der von der Beklagten festgesetzte (Mindest-)JAV nicht zu beanstanden. Damit ist weder dem Hauptantrag des Klägers (Verurteilung der Beklagten zur Festsetzung eines konkreten höheren JAV) noch dem Hilfsantrag (Verurteilung der Beklagten zur Neufestsetzung des JAV unter Ausübung pflichtgemäßen Ermessens gemäß § 87 SGB VII) stattzugeben.
Da die Berufung des Klägers nach alledem keinen Erfolg haben kann, ist diese zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Für die Zulassung der Revision besteht keine Veranlassung.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Verletztenrente des Klägers nach einem höheren Jahresarbeitsverdienst (JAV) zu berechnen ist.
Der am 1978 geborene Kläger studierte nach dem Ablegen der Allgemeinen Hochschulreife an der Universität M. im Studiengang Volkswirtschaftslehre und schloss dieses Studium mit dem akademischen Grad Diplom-Volkswirt ab (vgl. Diplom der Universität M. vom 15.10.2002; Bl. 227 VerwA). Von April 2003 bis März 2007 war er als Promotionsstudent an der Johann W. G.-Universität F. am M. eingeschrieben. Nach Einreichung seiner Dissertation am 31.05.2006 legte er am 18.01.2007 erfolgreich die mündliche Prüfung ab (vgl. Urkunde der Johann W. G.-Universität F. am M. vom 18.01.2007, Bl. 226 VerwA). Einkommen aus Erwerbstätigkeiten erzielte der Kläger bis zu diesem Zeitpunkt nicht. Seinen Lebensunterhalt bestritt er mit Zuwendungen seiner Eltern und seiner Großmutter.
Am 11.07.2006 erlitt der Kläger auf dem Weg zur Universität zu einem Seminar einen Ver-kehrsunfall, bei dem er sich eine LWK-III-Fraktur sowie eine distale Radiusfraktur links zuzog.
Mit Bescheid vom 02.10.2007 anerkannte die Beklagte den Unfall vom 11.07.2006 als Arbeits-unfall und gewährte dem Kläger Verletztenrente als vorläufige Entschädigung ab 12.07.2006. Den der Berechnung der Rente zu Grunde gelegten JAV setzte sie gemäß § 85 Abs. 1 Nr. 2 des Siebten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB VII) mit 17.640,00 EUR fest (Mindest-JAV). Im Wi-derspruchsverfahren machte der Kläger geltend, mit diesem JAV habe sich die Beklagte "um mehrere Etagen vergriffen". In der Phase der Promotion sei als JAV eine Vergütung nach BAT IIa zu Grunde zu legen, wie sie auch von am Lehrstuhl angestellten Doktoranden bezogen werde, bis zum 30.09.2006 mithin ein Betrag in Höhe von 39.991,75 EUR. Wegen der durch die Promotion hinzu gewonnenen Kenntnisse sei hiernach von einem erzielbaren Einstiegsgehalt von 50.000,00 EUR auszugehen.
Mit Bescheid vom 14.03.2008 lehnte die Beklagte einen Anspruch auf Neufeststellung des JAV gemäß § 90 Abs. 1 SGB VII ab und setzte den vorläufig festgesetzten JAV von 17.640,00 EUR nach § 85 Abs. 1 Nr. 2 SGB VII endgültig fest. Gleichzeitig verneinte sie eine erhebliche Unbilligkeit nach § 87 SGB VII für diesen Mindest-JAV. Zur Begründung führte sie aus, § 90 Abs. 1 SGB VII komme nicht zur Anwendung, da der Kläger seinen Unfall nicht während seiner Schul- und Berufsausbildung erlitten habe. Diese sei mit Abschluss des Studiums zum Volkswirt und Ablegung des Diploms am 15.10.2002 abgeschlossen gewesen. Das anschließende Promotionsstudium zähle nicht mehr zur Ausbildung im Sinne dieser Regelung, vielmehr handele es sich um eine berufliche Weiterbildung. Die Feststellung des Mindest-JAV gemäß § 85 SGB VII sei im Sinne des § 87 SGB VII auch nicht in erheblichem Maße unbillig. Dies sei nur dann der Fall, wenn dieser von der Zielsetzung der im Einzelfall anzuwendenden Berechnungsvorschrift erheblich abweiche und für den Verletzten einen deutlichen Nachteil bringe. Entscheidend seien die Verhältnisse und die Lebensstellung bis zum Unfallzeitpunkt. Da der Kläger vor dem Unfall kein Erwerbseinkommen erzielt und seinem Studium vollzeitlich nachgegangen sei, hätten sich durch bzw. nach dem Unfall die wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse nicht wesentlich verändert. Das nach dem Unfall eventuell zu erwartende höhere Entgelt könne nicht berücksichtigt werden.
Im Widerspruchsverfahren machte der Kläger geltend, in seinem Fall sei die Zugrundelegung des Mindest-JAV in erheblichem Maße unbillig. Während nach § 87 SGB VII bei der Unbillig-keitsprüfung insbesondere Ausbildung, Fähigkeiten, Lebensstellung und Tätigkeit des Betroffe-nen zu berücksichtigen seien, habe die Beklagte drei dieser Merkmale vollständig ignoriert. Insbesondere habe sie das Merkmal Lebensstellung ausschließlich auf die Einkommensverhältnisse reduziert und damit seine soziale Lebenssituation übersehen. Er legte den Ablauf seiner Ausbildung dar sowie seine konkreten Fähigkeiten, die sich großenteils aus dem Gang der Ausbildung ergeben hätten. Zusätzlich verfüge er über gute Sprachkenntnisse in den alten Sprachen sowie in den modernen Fremdsprachen Englisch, Französisch, Italienisch und Spanisch. Seine Team-fähigkeit und Kommunikationsfähigkeit zeige sich in seinem Ehrenamt als Kirchenältester und bei seinem Hobby, der Gitarrenmusik, im gemeinschaftlichen Spiel im Ensemble. Zu seiner Lebensstellung gehöre nicht nur, dass er vor dem Unfall kein Arbeitseinkommen erzielt habe, sondern auch das auf seinen Vater angemeldete und ihm zur eigenen Verfügung stehende Fahrzeug Golf V des Baujahres 2004. Auch sei er von November 2002 bis Juli 2006 aktives Mitglied im Golfclub Deutsche W. in D. gewesen und habe sich seit Mai 2004 als Beisitzer im Vorstand des Ehemaligenvereins seines Gymnasiums ehrenamtlich engagiert. Mit seinem Gitarrenquartett habe er Preise beim Jugendwettbewerb "Jugend musiziert" errungen und besitze als begabter Hobbymusiker eine hochwertige Gitarre mit einem Versicherungswert von 7.000,00 DM. Einen solchen Lebensstil hätte er mit dem zu Grunde gelegten JAV vor dem Unfall nicht bezahlen können. Finanziert worden sei dieser durch seine Eltern und seine Großmutter durch das Stellen einer Wohnung und durch finanzielle sowie materielle Zuwendungen. Im Rahmen seiner Tätigkeit habe er unmittelbar vor dem Unfall zudem auf bildungsökonomischem Gebiet geforscht, weshalb er wegen der Vergleichbarkeit seiner forschenden Tätigkeit mit der von angestellten Doktoranden weiterhin eine Vergütung nach BAT IIa als Grundlage für den JAV für angemessen halte. Dieser sei ab 21.01.2007 bis zur Vollendung seines 30. Lebensjahres mit 41.431,47 EUR festzusetzen. Soweit die Beklagte sein Promotionsstudium nicht als Ausbildung werte, seien die hierzu in der Vergangenheit ergangenen Urteile mit dem modernen tertiären Ausbildungssystem bestehend aus Bachelor, Master und Promotion nicht mehr vereinbar.
Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 13.03.2009 und der weiteren Begrün-dung zurückgewiesen, die Zeit vor seinem Unfall sei durch eine längere Zeit ohne Erwerbsein-kommen geprägt gewesen, weshalb sich die Zugrundelegung des Mindest-JAV nicht als in er-heblichem Maße unbillig darstelle. Die beschriebenen Fähigkeiten während des Studiums und der Promotion sowie das umfangreiche Engagement im privaten bzw. ehrenamtlichen Lebensbereich könne nicht JAV-erhöhend berücksichtigt werden, da hieraus tatsächlich bis zum Unfallzeitpunkt keine Einkünfte erzielt worden seien. Nach dem grundsätzlichen Zweck der Festsetzung des JAV als Basis von Erwerbsersatzeinkommensleistungen könnten nur solche Einkünfte berücksichtigt werden, die mit der Ausübung einer Erwerbstätigkeit in Zusammenhang stehen.
Am 30.03.2009 hat der Kläger dagegen beim Sozialgericht Mannheim (SG) Klage erhoben und im Wesentlichen sein bisheriges Vorbringen wiederholt und gerügt, die Beklagte erkenne im Hinblick auf seine Lebensstellung zu Unrecht nur monetäre Ströme aus Arbeitseinkommen an. Dabei übersehe sie, dass sein Lebensstil nicht mit dem sich aus dem Mindest-JAV errechnenden Einkommen von ca. 1.000,00 EUR monatlich finanzierbar gewesen wäre.
Mit Urteil vom 04.12.2009 hat das SG die auf Bemessung des JAV mit 39.991,75 EUR und bei Berücksichtigung einer tariflichen Lohnsteigerung ab 21.01.2007 mit 41.431,47 EUR gerichtete Klage abgewiesen. Unter Hinweis auf die umfangreiche Rechtsprechung zur Berufsausbildung im Sinne des § 90 SGB VII (u.a. BSG, Urteil vom 30.10.1991, 2 RU 61/90) hat es ausführlich begründet, weshalb das Promotionsstudium des Klägers keine solche Berufsausbildung darstelle. Im Hinblick auf die vom Kläger geltend gemachte Unbilligkeit des Mindest-JAV hat es dargelegt, dass der Kläger in seinem bisherigen Leben zu keinem Zeitpunkt Arbeitseinkommen erzielt habe, das nur annähernd den herangezogenen Mindest-JAV in Höhe von 17.640,00 EUR erreichte. Es sei daher auch unerheblich, dass der Kläger in den Jahren vor dem Unfall in erheblichem Umfang vergönnungsweise Leistungen Dritter, die kein Arbeitseinkommen im Sinne des § 82 SGB VII darstellten und allein auf Grund des Unfallgeschehens auch nicht weggefallen seien, erhalten habe. Berücksichtigungsfähig seien nämlich ausschließlich Einkünfte, die mit der Ausübung einer Erwerbstätigkeit in Zusammenhang stünden. Nur diese seien für die Bestimmung des Lebensstandards entscheidend. Sinn und Zweck des § 87 SGB VII sei es, von der normalen Entgeltsituation abweichende Härten aufzufangen. Von solchen könne dann nicht ausgegangen werden, wenn zu keinem Zeitpunkt Einnahmen erzielt worden seien.
Gegen das ihm am 05.03.2010 zugestellte Urteil hat der Kläger am 22.03.2010 beim Landessozialgericht (LSG) Berufung eingelegt und geltend gemacht, das SG irre, wenn es im Rahmen des § 87 SGB VII ausschließlich Einkünfte i.V.m. der Ausübung einer Erwerbstätigkeit für berücksichtigungsfähig halte. Insoweit bezieht er sich auf das Urteil des BSG vom 18.03.2003, B 2 U 15/02 R, wonach die Anwendbarkeit des § 87 SGBVII gerade nicht die Ausübung einer Erwerbstätigkeit vor dem Versicherungsfall voraussetze. Diese Vorschrift solle atypische Fallkonstellationen erfassen und ausgerichtet am "Lebensstandard" des Versicherten für diesen zu einer "billigen" Lösung führen. Deshalb sei es grundsätzlich nicht ausgeschlossen, unter "Lebensstellung" im Sinne des § 87 Abs. 2 SGB VII den durch sämtliche Einkünfte bestimmten (geprägten) sozialen Status einer Person zu verstehen, ohne dass die betreffende Person im relevanten Zeitraum Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen bezogen haben braucht. Da dies für auf privatrechtlicher Grundlage bezogene Renten und Versorgungsleistungen zutreffe, habe entsprechendes auch für die Zuwendungen seiner Angehörigen zu gelten. Entsprechend seiner - im Einzelnen dargelegten - monatlichen Lebenshaltungskosten in Höhe von 2.081,73 EUR, errechne sich ein jährliches Bruttoarbeitsentgelt von ca. 42.120,00 EUR. Da der festgesetzte JAV weniger als die Hälfte dieses Betrages ausmache, sei der Mindest-JAV in erheblichem Maße unbillig. Gestützt werde seine Auffassung auch durch die Funktion der Verletztenrente, die dem Ausgleich des durch den Versicherungsfall bedingten abstrakten Schadens im Erwerbseinkommen diene. Dieser abstrakt bemessene Verlust von Erwerbsmöglichkeiten impliziere die Berücksichtigung der vorangegangenen universitären Ausbildung. Schließlich dürfe er nicht schlechter gestellt werden als ein Student, bei dem der Leistungsfall während des zum Diplom führenden Studiums eintrete.
Der Kläger beantragt sachdienlich gefasst,
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 04.12.2009 aufzuheben und die Be-klagte unter Abänderung des Bescheids vom 14.03.2008 in der Gestalt des Wider-spruchsbescheids vom 13.03.2009 zu verurteilen, das Verletztengeld ab 12.07.2006 unter Zugrundelegung eines Jahresarbeitsverdienstes von 39.991,75 EUR und ab 21.01.2007 von 41.431,47 EUR zu berechnen, hilfsweise über den Antrag des Klägers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für richtig.
Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Akten beider Rechtszüge Bezug genom-men.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 153 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte und gemäß §§ 143, 144 SGG statthafte Berufung des Klägers, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist zulässig; sie ist jedoch nicht begründet.
Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn der Bescheid der Beklagten vom 14.03.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13.03.2009 ist rechtmäßig und verletzt den Klä-ger nicht in seinen Rechten. Soweit die Beklagte der Berechnung der Verletztenrente den Min-dest-JAV zu Grunde gelegt hat, entspricht dies den maßgeblichen gesetzlichen Vorschriften und ist nicht zu beanstanden. Insbesondere ist der JAV nicht nach § 87 SGB VII nach billigem Ermessen festzusetzen.
Gegenstand des Rechtsstreits ist allein noch der Bescheid vom 14.03.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13.03.2009, mit dem die Beklagte den JAV endgültig festsetzte. Denn diese Entscheidung ersetzte die vorangegangene mit Bescheid vom 02.10.2007 erfolgte vorläufige Festsetzung (§ 39 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches - SGB X). Insoweit hat der Senat den Antrag des Klägers sachdienlich gefasst.
Rechtsgrundlage für die Festsetzung des JAV sind die §§ 81 ff. SGB VII. Entsprechend gelten gemäß § 81 SGB VII die Vorschriften des Dritten Abschnitts (§§ 82 bis 93 SG&61506; VII) für Leis-tungen in Geld, die nach dem JAV bemessen werden, mithin auch für die dem Kläger bewilligte Verletztenrente. Dabei ist der JAV gemäß § 82 Abs. 1 Satz 1 SGB VII der Gesamtbetrag der Arbeitsentgelte (§ 14 des Vierten Buches des Sozialgesetzbuchs - SGB IV) und Arbeitseinkom-men (§ 15 SGB IV) des Versicherten in den zwölf Kalendermonaten vor dem Monat, in dem der Versicherungsfall eingetreten ist. Zum Arbeitsentgelt nach Satz 1 gehört auch das Arbeitsentgelt, auf das ein nach den zwölf Kalenderwochen abgeschlossener Tarifvertrag dem Versicherten rückwirkend einen Anspruch einräumt (Satz 2).
Nach § 85 Abs. 1 SGB VII beträgt der JAV mindestens (1.) für Versicherte, die im Zeitpunkt des Versicherungsfalls das 15., aber noch nicht das 18. Lebensjahr vollendet haben, 40 vom Hundert, (2) für Versicherte, die im Zeitpunkt des Versicherungsfalls das 18. Lebensjahr vollendet haben, 60 vom Hundert der im Zeitpunkt des Versicherungsfalls maßgeblichen Bezugsgröße.
Tritt der Versicherungsfall vor Beginn der Schulausbildung oder während einer Schul- oder Berufsausbildung des Versicherten ein, wird, wenn es für den Versicherten günstiger ist, der JAV von dem Zeitpunkt an neu festgesetzt, in dem die Ausbildung ohne den Versicherungsfall voraussichtlich beendet worden wäre (§ 90 Abs. 1 Satz 1 SGB VII). Nach Satz 2 der Regelung wird der Neufestsetzung das Entgelt zu Grunde gelegt, das in diesem Zeitpunkt für Personen gleicher Ausbildung und gleichen Alters durch Tarifvertrag vorgesehen ist; besteht keine tarifliche Regelung, ist das Arbeitsentgelt maßgebend, das für derartige Tätigkeiten am Beschäftigungsort der Versicherten gilt.
Ist ein nach der Regelberechnung, nach den Vorschriften bei Berufskrankheiten, den Vorschrif-ten für Kinder oder nach der Regelung über den Mindest-JAV festgesetzter JAV in erheblichem Maße unbillig, so wird er gemäß § 87 SGB VII nach billigem Ermessen im Rahmen von Min-dest- und Höchst-JAV festgesetzt. Nach Satz 2 der Regelung werden hierbei insbesondere die Fähigkeiten, die Ausbildung, die Lebensstellung und die Tätigkeit des Versicherten im Zeitpunkt des Versicherungsfalls berücksichtigt.
Auf der Grundlage dieser gesetzlichen Vorschriften hat das SG zutreffend entschieden, dass die Beklagte der Berechnung der Verletztenrente des Klägers zutreffend den Mindest-JAV gemäß § 85 Abs. 1 Nr. 2 SGB VII zu Grunde legte und zum einen im Hinblick auf § 90 Abs. 1 SGB VII nach erfolgreichem Abschluss der Dissertation keine Neuberechnung des JAV zu erfolgen hat und dieser zum anderen auch nicht gemäß § 87 SGB VII nach billigem Ermessen festzusetzen ist. Zur Begründung verweist der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen gemäß § 153 Abs. 2 SGG auf die entsprechenden Ausführungen des SG in der angefochtenen Entscheidung.
Soweit der Kläger im Berufungsverfahren geltend macht, die Beklagte und mit ihr das SG gin-gen zu Unrecht davon aus, dass ausschließlich Einkünfte berücksichtigungsfähig seien, die mit der Ausübung einer Erwerbstätigkeit im Zusammenhang stehen, nicht aber der von ihm erreichte und näher dargelegte Lebensstandard, und sich hierin durch das Urteil des BSG vom 18.03.2003 (a.a.O.) bestätigt sieht, vermag der Senat die vom Kläger aus dieser Entscheidung gezogene Schlussfolgerung nicht zu teilen. Zwar hat das BSG sich im Rahmen dieser Entscheidung zu dem Rechtsbegriff "Lebensstellung" geäußert, jedoch lag jenem Verfahren ein Sachverhalt zu Grunde, der mit dem vorliegenden in keiner Weise vergleichbar ist. Kläger jenes Verfahrens waren die Hinterbliebenen eines im Rahmen einer ehrenamtlichen Tätigkeit nach einem Raubüberfall an Herzversagen verstorbenen ehemaligen Bankangestellten, der Erwerbsunfähigkeitsrente von der früheren Bundesanstalt für Angestellte (BfA), eine Rente vom Beamtenversicherungsverein des D. Bank- und Bankiergewerbes aG sowie Zusatzversorgungsleistungen von der B. Bank bezog, also ausschließlich Leistungen, die ihre Grundlage in einem früher ausgeübten Beschäftigungsverhältnis hatten. Hierzu hat das BSG entschieden, dass das Gesetz in § 88 SGB VII, der die Erhöhung des Jahresarbeitsverdienstes für Hinterbliebene regelt, selbst ausdrücklich die Möglichkeit eröffnet, in bestimmten Einzelfällen auch Sozialleistungen zum Gegenstand der JAV-Berechnung zu machen. Daher seien Sozialleistungen, wie etwa Renten, Leistungen der Arbeitsverwaltung u.ä. durchaus - wenn auch nicht im Rahmen des § 82 Abs. 1 SGB VII - als Einkünfte anzusehen und könnten unter bestimmten Voraussetzungen im Wege des § 87 SGB VII zur Bestimmung des JAV herangezogen werden, wenn sie durch den Eintritt des Versicherungsfalls wegfallen und etwa den Hinterbliebenen nicht mehr zur Verfügung stehen. Dies gelte auch für auf privatrechtlicher Grundlage bezogene Renten und Versorgungsleistungen.
Da Grundlage der Lebensstellung des Klägers keine Sozialleistungen der oben beschriebenen Art waren, die in Rede stehenden freiwilligen Unterhaltsleistungen der Eltern und der Großmutter des Klägers nicht durch den erlittenen Unfall weggefallen sind und vorliegend ohnehin nicht um eine Hinterbliebenenrente gestritten wird, was die Anwendung des § 88 SGB VII bereits ausschließt, sieht der Senat keine Gesichtspunkte, die es rechtfertigen könnten, aus dem herangezogenen Urteil eine für den Kläger günstigere Entscheidung abzuleiten. Die Lebensstellung des Klägers in dem Jahr vor Eintritt des Arbeitsunfalls war geprägt durch freiwillige Unterhaltsleistungen von Familienangehörigen; diese haben durch den Eintritt des Versicherungsfalls keine Änderung erfahren. Daher ist nicht ersichtlich, weshalb die Festsetzung das Mindest-JAV in erheblichem Maße unbillig sein soll.
Eine für sich günstigere Entscheidung kann der Kläger letztlich auch nicht aus der Funktion der Verletztenrente herleiten. Soweit er meint, dass der auszugleichende abstrakt bemessene Verlust von Erwerbsmöglichkeiten die Berücksichtigung seiner universitären Ausbildung impliziere, verkennt er, dass Maßstab für die Bemessung des Verlustes an Erwerbsmöglichkeiten der allgemeine Arbeitsmarkt ist und die Minderung der Erwerbsfähigkeit gerade nicht unter Berücksichtigung der konkret ausgeübten Tätigkeit, sondern ganz abstrakt nach dem Verlust aller Möglichkeiten, auf dem Arbeitsmarkt Erwerbseinkommen zu erzielen, bemessen wird. Für den Verlust an Erwerbsmöglichkeiten ist der individuelle Werdegang des Klägers und damit auch seine konkrete berufliche Ausbildung aber ohne Belang.
Soweit der Kläger wiederum geltend macht, nicht schlechter gestellt werden zu dürfen, als ein Student, der während seines Studiums einen Arbeitsunfall erleidet, hat sich das SG hierzu bereits geäußert, weshalb der Senat auf die diesbezüglichen Darlegungen des SG Bezug nimmt.
Im Ergebnis ist somit der von der Beklagten festgesetzte (Mindest-)JAV nicht zu beanstanden. Damit ist weder dem Hauptantrag des Klägers (Verurteilung der Beklagten zur Festsetzung eines konkreten höheren JAV) noch dem Hilfsantrag (Verurteilung der Beklagten zur Neufestsetzung des JAV unter Ausübung pflichtgemäßen Ermessens gemäß § 87 SGB VII) stattzugeben.
Da die Berufung des Klägers nach alledem keinen Erfolg haben kann, ist diese zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Für die Zulassung der Revision besteht keine Veranlassung.
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