Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 23 R 8347/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 R 5129/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Klägers werden das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 13.10.2011 und der Bescheid der Beklagten vom 19.03.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.11.2008, soweit sie den Zeitraum vom 01.07.2005 bis 31.03.2008 betreffen, aufgehoben.
Die außergerichtlichen Kosten des Klägers in beiden Rechtszügen trägt die Beklagte.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten (noch) für die Zeit vom 01.07.2005 bis 31.03.2008 über die (teilweise) Rücknahme der Rentenbewilligung und die Erstattung von Hinterbliebenenrente.
Der im Mai 1945 geborene Kläger war Geschäftsführer der M. K. GmbH (nachfolgend K. GmbH). Als Gesellschafter war er mit 92 % an dieser GmbH beteiligt. Die restlichen 8 % entfielen auf seine Ehefrau. Nach deren Tod im Mai 2002 gingen ihre Anteile auf eine Erbengemeinschaft, bestehend aus dem Kläger und dem gemeinsamen Sohn, über. Das dem Kläger von der K. GmbH monatlich gezahlte Entgelt wurde steuerrechtlich als Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit bewertet. Sein versteuertes Arbeitsentgelt setzte sich aus einer laufenden Gehaltszahlung und der Berücksichtigung der Vorteile aus einer privaten KfZ-Nutzung zusammen. Bei der Beklagten wurde der Kläger nicht als versicherungspflichtiger Arbeitnehmer, sondern als Selbstständiger geführt. Er zahlte freiwillige Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung. Nach dem Tod seiner Ehefrau erzielte der Kläger zudem steuerrechtlich Einkünfte aus Gewerbebetrieb, die aus einer Beteiligung an einer Kommanditgesellschaft, die Räume und Maschinen an die K. GmbH verpachtet hatte, resultierten. Seit Juni 2010 bezieht der Kläger eine Regelaltersrente aus eigener Versicherung.
Anlässlich der Beantragung der Hinterbliebenenrente im Juni 2002 legte der Kläger u.a. den Einkommensteuerbescheid des Finanzamtes E. für das Jahr 2000 sowie seine Lohnabrechnung für Mai 2002 - darin ausgewiesen ein Gehalt in Höhe von 1.431,62 EUR und ein Betrag für die pri-vate KfZ-Nutzung in Höhe von 202,98 EUR, "Gesamt-Brutto" 1.431,62 EUR, "Steuer-Brutto" 1.634,60 EUR - vor. In dem von der Beklagten zur Einkommensabfrage "Bruttoarbeitsent-gelt/Ausbildungsvergütung" bei Hinterbliebenenrenten ausgegebenen Formular R 665 gab er für das Jahr 2002 ein laufendes monatliches Einkommen in Höhe von 1.431,62 EUR an. In diesem Formular wurde u.a. nach der "Höhe des gezahlten Bruttoarbeitsentgelts" gefragt. Dem Kläger wurde eine Hinterbliebenenrente unter Anrechnung des Bruttoarbeitseinkommens, allerdings ohne Berücksichtigung der KfZ-Nutzung und der Einkünfte aus der Kommanditgesellschaft, bewilligt.
Auf nachfolgende Anforderungen, Einkommensnachweise vorzulegen, gab der Kläger unter Einschaltung seines Steuerberaters E. seine Jahreseinkommen jeweils ohne Berücksichtigung der versteuerten KfZ-Nutzung an. Mit Rentenbescheid vom 26.08.2003 berechnete die Beklagte die Hinterbliebenenrente für die Zeit ab 01.07.2003 und mit Rentenbescheid vom 10.08.2005 für die Zeit ab 01.07.2005 neu, die KfZ-Nutzung und die Einkünfte aus der Kommanditgesellschaft blieben wiederum unberücksichtigt.
Im September 2006 erhielt die Beklagte vom Kläger die Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2002 bis 2004, aus denen nicht nur die bislang nicht berücksichtigten Einkünfte aus Gewerbebetrieb (Kommanditgesellschaft), sondern auch Abweichungen zwischen den vom Kläger angegebenen Bruttojahreseinkommen mit den in den Steuerbescheiden berücksichtigten Jahreseinkünften aus nichtselbstständiger Tätigkeit hervorgingen.
In Kenntnis dieser Steuerbescheide nahm die Beklagte mit Bescheid vom 10.04.2007 eine Neu-berechnung der Hinterbliebenenrente ab dem 01.07.2003 unter zusätzlicher Anrechnung der versteuerten Einkünfte aus Gewerbebetrieb vor. Die versteuerten Gebrauchsvorteile aus der KfZ-Nutzung rechnete sie jedoch nach wie vor nicht an. Die zu Grunde gelegten Jahresarbeitsentgelte waren in der Anlage 8 des Bescheids ausgewiesen. Ausdrücklich nahm die Beklagte im Bescheid vom 10.04.2007 den Rentenbescheid vom 26.08.2003 sowie alle Folgebescheide hinsichtlich der Rentenhöhe mit Wirkung ab 01.07.2003 zurück und forderte die Erstattung der entstandenen Überzahlung in Höhe von 2.122,12 EUR. Dieser Bescheid wurde bestandskräftig.
Mit Rentenbescheid vom 22.08.2007 nahm die Beklagte eine Neuberechnung der Hinterbliebe-nenrente ab 01.07.2007 vor und berücksichtigte bei der Einkommensanrechnung wiederum nicht die Vorteile aus der KfZ-Nutzung, die auch vom Kläger bei der Einkommensabfrage im Formular R 665 vom August 2007 nicht angegeben worden waren. Das angerechnete Einkommen wurde in der Anlage 8 des Bescheids dargestellt.
Im Oktober 2007 ging bei der Beklagten der Einkommensteuerbescheid des Klägers für das Jahr 2005 und im Januar 2008 die Lohnsteuerbescheinigung für das Jahr 2006 ein. Erst in diesem Zusammenhang leitete die Beklagte wegen der Differenz zwischen dem versteuerten und dem bislang angerechneten Jahreseinkommen aus nichtselbstständiger Tätigkeit (s.o.) weitere Schritte ein. Der Kläger teilte telefonisch mit, seine Steuerberaterin sei der, von der Beklagten telefonisch bestätigten Auffassung, der geldwerte Vorteil aus der KfZ-Nutzung stelle kein auf die Hinterbliebenenrente anzurechnendes Einkommen dar.
Für den streitgegenständlichen Zeitraum ergaben sich im Einzelnen folgende Differenzen:
Rentenbezugszeitraum Bezugsjahr für d. Ein-kommensanrechnung Angerechnetes Ein-kommen Versteuertes Ein-kommen aus nicht- selbständiger Arbeit 07/05 - 06/06 2004 22.400 EUR 28.814 EUR 07/06 - 06/07 2005 24.200 EUR 33.122 EUR 07/07 - 03/08 2006 25.200 EUR 34.122 EUR
Mit Bescheid vom 19.03.2008 nahm die Beklagte nach Anhörung eine Neuberechnung der Hin-terbliebenenrente ab dem 01.07.2005 vor und berücksichtigte nunmehr bei der Einkommensan-rechnung auch die Vorteile aus der KfZ-Nutzung. Sie nahm die Bescheide vom 10.04.2007 und 22.08.2007 hinsichtlich der Rentenhöhe mit Wirkung ab 01.07.2005 zurück. Auch im Wege des Ermessens hielt sie die Rücknahme für gerechtfertigt. Sie forderte vom Kläger die Erstattung der für die Zeit vom 01.07.2005 bis 30.04.2008 entstandenen Überzahlung in Höhe von 5.833,94 EUR und bewilligte ab Mai 2005 eine geringere laufende Rente. Der gegen die Rückforderung gerichtete Widerspruch des Klägers blieb erfolglos. Im Widerspruchsbescheid vom 12.11.2008 führte die Beklagte aus, der Kläger hätte aus den jeweiligen Anlagen der Bescheide vom 10.04. und 22.08.2007 erkennen müssen, dass das bei den Berechnungen berücksichtigte Einkommen unzutreffend gewesen sei. Die vom Kläger behauptete unzutreffende telefonische Auskunft bezüglich der Anrechnung der versteuerten Nutzung eines KfZ sei nicht aktenkundig, ein Mitverschulden eines Mitarbeiters der Rentenversicherung mithin nicht nachgewiesen. Auch im Wege des Ermessens sei die Rücknahme gerechtfertigt. Das öffentliche Interesse zwinge zu einer sparsamen Haushaltsführung, so dass auf eine Rückforderung nicht verzichtet werden könne. Die Rechtslage sei eindeutig, es liege weder ein (Mit )Verschulden der Deutschen Rentenversicherung Bund vor, noch sei davon auszugehen, dass der Kläger durch die Erstattung in persönliche Not geraten werde.
Deswegen hat der Kläger am 12.12.2008 beim Sozialgericht Stuttgart Klage erhoben und zur Begründung ausgeführt, seine Angaben seien stets über den Steuerberater erfolgt. Die dort zu-ständige Mitarbeiterin R. habe sich bei der Beklagten gerade im Hinblick auf die Berücksichti-gung der KfZ-Nutzung telefonisch informiert und die Auskunft erhalten, sie sei nicht anzugeben. Zudem werde in dem Formular R 665 ausdrücklich nur nach "gezahltem" Entgelt gefragt.
Das Sozialgericht hat die Mitarbeiterin des Steuerberaters E. R. schriftlich unter Belehrung auf die Strafbarkeit einer Falschaussage als Zeugin befragt. Die Zeugin hat angegeben, sie habe das Formblatt R 665 vom Kläger zum Ausfüllen überlassen bekommen. Weil nach der Höhe des gezahlten Bruttoarbeitsentgelt gefragt worden sei, habe sie nur den Betrag des Gehalts ohne die KfZ-Nutzung angegeben. Beim Ausfüllen des Formulars für das Jahr 2006 habe sie deswegen im August 2007 telefonisch bei der Deutschen Rentenversicherung Bund in Berlin nachgefragt. Laut ihrem handschriftlichen Vermerk - s. Bl. 39 SG-Akte - habe sie die Auskunft bekommen, das gezahlte Bruttoarbeitsentgelt sei ohne KfZ-Nutzung anzugeben. Leider habe sie nicht ver-merkt, welche Person ihr die Auskunft gab.
Mit Urteil vom 13.10.2011 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Es hat ausgeführt, dass sich die von der Beklagten im Bescheid vom 19.03.2008 vorgenommene Rücknahme richtiger-weise auf den Bescheid vom 26.08.2003 für die Zeit vom 01.07.2005 bis 30.06.2007 und auf den Bescheid vom 22.08.2007 für die Zeit vom 01.07.2007 bis 30.04.2008 hätte beziehen müssen. Denn bei den Rentenbescheiden vom 10.08.2005 sowie vom 10.04.2007 habe es sich ausschließlich um Aufhebungsbescheide und nicht um Neubewilligungsbescheide gehandelt. Die Nichtberücksichtigung der KfZ-Nutzung habe zu rechtswidrigen Leistungsbewilligungen geführt. Zum Arbeitsentgeltgelt zählten grundsätzlich auch Sachbezüge, also auch die Überlassung eines Betriebs-KfZ zur privaten Nutzung. Die Bescheide vom 26.08.2003 und 22.08.2007 seien insoweit von Anfang an rechtswidrig gewesen. Eine Rücknahme des Bescheides vom 26.08.2003 nach § 45 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) scheitere jedoch daran, dass die Beklagte die Rücknahme nicht innerhalb eines Jahres ab Kenntnis der Tatsachen, die die Rücknahme für die Vergangenheit rechtfertigten, vorgenommen habe. Der Beklagten habe der Einkommenssteuerbescheid für das Jahr 2002, aus dem sich ein höheres Bruttoarbeitsentgelt ergeben habe, im September 2006 vorgelegen. Insoweit sei die Aufhebung der Rentenleistung am 19.03.2008 verfristet gewesen. Allerdings seien die Voraussetzungen für eine Aufhebung gemäß § 48 Abs. 2 Nr. 3 SGB X erfüllt. An der Anwendung dieser Vorschrift zur Aufhebung eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung bei Änderung der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse ändere die Tatsache, dass der Bescheid vom 26.08.2003 von Anfang an rechtswidrig gewesen sei, nichts. Maßgeblich sei, dass sich die Höhe des Bruttoarbeitsentgelts jährlich verändert habe und damit eine wesentliche Änderung vorgelegen habe. Ein atypischer Fall, der die Beklagte zur Ausübung von Ermessen verpflichtete, habe nicht vorgelegen. Insbesondere habe die Beklagte durch die Ausgabe des Formulars R 665 nicht dazu beigetragen, dass fehlerhafte Angaben gemacht worden seien. Das Formular sei verständlich gestaltet und teile unmissverständlich mit, welche Angaben gemacht werden sollten. Da der Beklagten erstmals im Januar 2008 durch die Vorlage der Lohnsteuerbescheinigung für das Jahr 2006 das tatsächlich im Jahr 2006 erzielte Bruttoarbeitsentgelt mitgeteilt worden sei, sei die Aufhebung rechtzeitig erfolgt. Hinsichtlich des Rentenbescheides vom 22.08.2007 hat das Sozialgericht die Voraussetzungen für eine Rücknahme nach § 45 SGB X als erfüllt erachtet. Der Kläger könne sich nicht auf Vertrauen berufen. Er habe grob fahrlässig falsche Angaben hinsichtlich seines Bruttoarbeitsentgelts gemacht. Da in der Lohnsteuerbescheinigung das Bruttoarbeitsentgelt einschließlich der privaten KfZ-Nutzung ausgewiesen werde und auf den monatlichen Verdienstabrechnungen deren Wert sogar separat ausgewiesen sei, sei für den Kläger erkennbar und nachprüfbar gewesen, was zum Bruttoarbeitsentgelt gehöre. Er könne sich nicht darauf berufen, sich auf die Angaben seines Steuerberaters verlassen zu haben. Dessen Verschulden müsse er sich grundsätzlich zurechnen lassen. Auch für das Vorliegen einer Falschauskunft sei er beweispflichtig. Die von der Sachbearbeiterin R. gefertigte Notiz reiche zum Beweis ihrer Aussage nicht aus. Es sei nicht nachprüfbar, ob und mit wem sie telefoniert habe. Die Annahme einer Falschberatung alleine auf Grund ihrer Angaben komme daher nicht in Betracht. Im Formular R 665 werde eindeutig klargestellt, dass immer das tatsächliche Bruttoarbeitsentgelt einzutragen sei. Überdies verstehe die Kammer unter "gezahltem" Bruttoarbeitsentgelt die ge-samte Gegenleistung, die ein Beschäftigter erhalte. Darunter fielen zweifelsfrei auch Sachbezü-ge.
Gegen das ihm am 24.10.2011 zugestellte Urteil hat der Kläger am 23.11.2011 Berufung einge-legt. Auch wenn die Bewilligungsbescheide auf Grund der fehlenden Einbeziehung der privaten Fahrzeugnutzung von Anfang an rechtswidrig gewesen seien, käme eine Rücknahme bzw. Auf-hebung nicht in Betracht. Zu Recht habe das Sozialgericht auf das Verstreichen der Jahresfrist abgestellt. Allerdings sei die sodann erfolgte Heranziehung des § 48 SGB X nicht möglich, da keine Änderung der Verhältnisse eingetreten sei. Im Übrigen berufe er sich auf Vertrauens-schutz. Weder er noch sein Steuerberater habe grob fahrlässig gehandelt. Der Anruf der Zeugin sei schriftlich dokumentiert. Selbst ohne diesen Anruf liege keine grobe Fahrlässigkeit vor. Schließlich habe die Beklagte die KfZ-Nutzung ebenfalls von Anfang an registriert, jedoch nicht beachtet. In ihren Formularen werde ausdrücklich nur nach dem "gezahlten" Bruttoarbeitsentgelt gefragt. Der Kläger hat sein Begehren zuletzt auf die Anfechtung des Ausgangsbescheids, soweit er zum Zeitpunkt seines Erlasses zurückliegende Zeiträume betreffe, eingeschränkt.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 13.10.2011 und den Bescheid der Beklagten vom 19.03.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.11.2008, soweit sie den Zeitraum vom 01.07.2005 bis 31.03.2008 betreffen, aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hält die Entscheidung des Sozialgerichts für zutreffend.
Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.
Wegen der konkret erfolgten, als solche nicht umstrittenen Berechnungen, wird auf den Inhalt der genannten Bescheide, zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz und die vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144, 151 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung des Klä-gers, über die der Senat auf Grund des Einverständnisses der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist begründet.
Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid der Beklagten vom 19.03.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12.11.2008, soweit die Beklagte die Bewilligung von Hinterbliebenenrente der Höhe nach für die Vergangenheit zurücknahm und - nach Neuberechnung der Hinterbliebenenrente - eine Erstattung für den (noch) streitgegenständlichen Zeitraum vom 01.07.2005 bis 31.03.2008 geltend machte. Der Kläger hat diesen Bescheid zutreffend mit der Anfechtungsklage angegriffen. Da er sich - soweit noch angegriffen - als rechtswidrig erweist, hätte das Sozialgericht der Klage insoweit stattgeben müssen.
Zum Regelungsgegenstand des angefochtenen Bescheides vom 19.03.2008 ist zunächst klarzu-stellen, dass die Beklagte zu Recht in diesem Bescheid im Hinblick auf die ausgesprochene Rücknahme der Leistungsbewilligung der Höhe nach auf die vorangegangenen Bescheide vom 10.04.2007 und 22.08.2007 abstellte. Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts ist hinsichtlich des Zeitraumes vom 01.07.2005 bis 30.06.2007 nicht an den weiter zurückliegenden Bescheid vom 26.08.2003 anzuknüpfen. Denn die Beklagte nahm im Bescheid vom 10.04.2007 hinsichtlich der hier alleine streitgegenständlichen Rentenhöhe den Bescheid vom 26.08.2003 vollständig zurück und ersetzte die früheren Berechnungen durch eine umfassende Neuberechnung der Rente (schon) ab Juli 2003. Da der Bescheid vom 10.04.2007 bestandskräftig wurde, kommt dem Bescheid vom 26.08.2003 gemäß § 39 Abs. 2 SGB X - was die Rentenhöhe anbelangt - keine Wirkung mehr zu. Dies hat das Sozialgericht mit seiner Argumentation, im Bescheid vom 10.04.2007 sei keine "Neubewilligung" erfolgt, verkannt.
Anknüpfend daran kommt als Rechtsgrundlage des Bescheides vom 19.03.2008 alleine - wie auch von der Beklagten ausschließlich herangezogen - § 45 SGB X in Betracht. Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts kann hier nicht - auch nicht zum Teil - auf § 48 SGB X abgestellt werden. Denn in Bezug auf die in den Einkommensteuerbescheiden für die Jahre 2004 bis 2006 ausgewiesenen Einkünfte des Klägers ist in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass der wie eben dargestellt maßgeblichen Bescheide vom 10.04.2007 und 22.08.2007 vorlagen, eine Änderung nicht eingetreten. Vielmehr lagen die Arbeitseinkommen der Jahre 2004 bis 2006, die in den Bescheiden vom 10.04.2007 und 22.08.2007 bei der Einkommensanrechnung für die (Neu-)Berechnung der Hinterbliebenenrente für den streitgegenständlichen Zeitraum berücksichtigt wurden bzw. zu berücksichtigen gewesen wären, bereits bei Erlass dieser Bescheide vor. Im Hinblick auf den streitgegenständlichen Zeitraum waren Grundlage der Berechnungen der Beklagte im Rentenbescheid vom 10.04.2007 die Einkünfte des Klägers in den Jahren 2004 und 2005 und hinsichtlich des Rentenbescheides vom 22.08.2007 die Einkünfte aus dem Jahr 2006. Die Einkommen aus dem Jahr 2006 sind dabei nicht etwa deshalb erst später erzielt worden, weil der sie ausweisende Einkommensteuerbescheid erst am 15.02.2008 erging (s. auch LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 18.12.2007, L 10 LW 5/07 in juris).
Nach § 45 Abs. 1 Satz 1 SGB X darf ein - auch unanfechtbar gewordener - begünstigender Ver-waltungsakt, soweit er rechtswidrig ist, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen wer-den.
Auf Grund der - vom Kläger letztlich nicht angefochtenen - Berechnung der monatlichen Rente mit Wirkung ab dem 01.07.2005 steht fest, dass die Rentenbescheide vom 10.04.2007 und 22.08.2007 hinsichtlich der Nichtberücksichtigung der KfZ-Nutzung - was die Höhe der Rente anbelangt - rechtswidrig waren. Dies bestreitet auch der Kläger nicht ernsthaft. Auf die Ausfüh-rungen des Sozialgerichts zur Einbeziehung der privaten KfZ-Nutzung bei der Ermittlung des anzurechnenden Bruttoeinkommens wird zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genom-men.
Eine Rücknahme eines Rentenbescheides ist indessen nicht möglich, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist (§ 45 Abs. 2 Satz 1 SGB X). Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann (Abs. 2 Satz 2). Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nach § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X nicht berufen, soweit er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat (Nr. 1), der Verwaltungsakt auf Angaben be-ruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat (Nr. 2), oder (Nr. 3) er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat. Eine Rücknahme für die Vergangenheit - wie sie hier in Bezug auf die Zeit bis März 2008 streitig ist - ist gemäß § 45 Abs. 4 Satz 1 SGB X nur in den Fällen von Abs. 2 Satz 3 zulässig.
Zutreffend gehen die Beteiligten und das Sozialgericht davon aus, dass vorliegend allein die Nr. 3 - so die Beklagte - bzw. die Nr. 2 - so das Sozialgericht - der genannten Bestimmung als Grundlage für die erfolgte Rücknahme der Rentenbescheide vom 10.04.2007 und 22.08.2007 in Betracht kommen. Allerdings haben das Sozialgericht und die Beklagte die Voraussetzungen dieser Regelungen, nämlich Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis von der Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes (Nr. 3) bzw. grob fahrlässig unrichtige oder unvollständige Angaben (Nr. 2), zu Unrecht bejaht.
Hinweise dafür, dass der Kläger die Rechtswidrigkeit der Bescheide vom 10.04.2007 und 22.08.2007 erkannte, liegen nicht vor. Auch die Beklagte behauptet dies nicht. Der Senat vermag sich aber auch nicht davon zu überzeugen, dass der Kläger zum Zeitpunkt des Erlasses der eben genannten Bescheide zumindest grob fahrlässig die Rechtswidrigkeit der Rentenberechnung hätte erkennen müssen. Grobe Fahrlässigkeit liegt vor (vgl. Steinwedel in KassKomm Sozialversicherungsrecht, § 45 SGB X Rdnr. 39 m.w.N.), wenn der Betroffene die Rechtswidrigkeit auf Grund einfachster und ganz naheliegender Überlegungen hätte erkennen können, wenn also dasjenige unbeachtet blieb, was jedem hätte einleuchten müssen; dabei kommt es auf die persönliche Urteils- und Kritikfähigkeit und das Einsichtsvermögen des Betroffenen an.
Soweit die Beklagte im angefochtenen Widerspruchsbescheid darauf hinwies, dass aus der Anlage 8 der Bescheide vom 10.04.2007 und 22.08.2007 erkennbar war, welches (Jah-res )Arbeitsentgelt aus einem "abhängigen Beschäftigungsverhältnis" bei der Ermittlung des auf die Rente anzurechnenden Einkommens berücksichtigt wurde, trifft dies zwar zu. Insoweit war für den Kläger auch erkennbar, dass das in der Anlage 8 berücksichtigte Arbeitsentgelt nicht mit dem versteuerten Arbeitsentgelt der jeweiligen Jahre übereinstimmte. Aus der Erkennbarkeit dieser Differenz kann jedoch nicht zwangsläufig auf eine grob fahrlässige Unkenntnis des Umstandes, dass hier Entgeltbestandteile zu Unrecht nicht angerechnet wurden, geschlossen werden. Wie bereits ausgeführt und vom Sozialgericht unter Heranziehung der maßgeblichen Rechtsgrundlagen zutreffend dargestellt, war die private KfZ-Nutzung als Einkommensvorteil nicht nur steuerrechtlich, sondern auch bei der Einkommensanrechnung auf die Hinterbliebenenrente zu berücksichtigen. Der Senat geht jedoch nicht davon aus, dass der Kläger dies auf Grund einfachster und ganz naheliegender Überlegungen hätte erkennen können. Dagegen sprechen verschiedene Gesichtspunkte:
Schon bei der erstmaligen Antragsstellung im Juni 2002 legte der Kläger die Gehaltsabrechnung für Mai 2002 vor, aus der für die Beklagte klar ersichtlich eine Bewertung der privaten KfZ-Nutzung mit 202,98 EUR einerseits und eine Überweisung eines Gehalts in Höhe von 1.431,62 EUR andererseits hervorging. Soweit der Kläger in dem im Juli 2002 ausgefüllten Formular R 665 nur die zuletzt genannte Zahlung als monatliches Einkommen (1.431,62 EUR) angab, hätte die Beklagte schon damals anhand der eingereichten Unterlagen erkennen können, dass er die KfZ-Nutzung falsch bewertete. Aus dem Umstand, dass die Beklagte die Einkommensanrechnung gleichwohl ohne Berücksichtigung der KfZ-Nutzung vornahm, konnte der Kläger, der sich mit der rechtlichen Materie nicht in gleicher Weise wie die Beklagte auskennen musste, durchaus schließen, dass dies seine Richtigkeit habe. Zwar hat das Sozialgericht unter Hinweis auf die Regelungen in §§ 14 ff Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) zur Definition von Arbeitsentgelt und sonstigem Einkommen zutreffend auf das generelle Gleichlaufen von Steuer- und Sozialversicherungsrecht hingewiesen. Dass der Gleichklang von Steuer- und Sozialversicherungsrecht jedoch auch Grenzen haben kann, wurde gerade in der Person des Klägers deutlich. Seinen hier streitgegenständlichen, steuerrechtlich als Einkünfte aus nichtselbstständiger Tätigkeit bewerteten Einnahmen stand sozialversicherungsrechtlich gesehen kein abhängiges Beschäftigungsverhältnisses gegenüber. Vor dem Hintergrund, dass der Kläger - im Übrigen völlig zu Recht - steuerrechtlich als Arbeitnehmer, sozialversicherungsrechtlich jedoch als Selbstständiger angesehen wurde, kann nach, wie bereits dargestellt, transparent gemachter Einkommenssituation nicht davon ausgegangen werden, dass ihm - oder jedem anderen - hätte einleuchten müssen, dass die KfZ-Nutzung sozialversicherungsrechtlich zwingend wie im Steuerrecht zu werten gewesen wäre und der Beklagten ein Fehler unterlaufen war.
Dies umso weniger, als die Beklagte auch nach Vorlage der Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2002 bis 2004, anhand derer die Differenzen zwischen den Angaben im Formular R 665 und den versteuerten Einkommen aus nichtselbstständiger Tätigkeit wiederum klar erkennbar waren, im Bescheid vom 10.04.2007, auf den es anknüpfend an die obigen Ausführungen hin-sichtlich einer groben Fahrlässigkeit des Klägers alleine ankommt, die Einkommensanrechnung wieder ohne Berücksichtigung der in den Steuerbescheiden höher ausgewiesenen Einkünfte aus nichtselbstständiger Tätigkeit vornahm. Dies obwohl sich die Beklagte, wie sich aus der Berücksichtigung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb im Zusammenhang mit der Kommanditgesellschaft für den Kläger offensichtlich ergab, mit den Einkommensteuerbescheiden durchaus befasst hatte. Soweit die Beklagte hinsichtlich des Rentenbescheides vom 22.08.2007 betreffend die Neuberechnung ab 01.07.2007 erst im Nachhinein durch die Vorlage der Lohnsteuerbescheinigung und des Einkommensteuerbescheids für das Bezugsjahr 2006 Kenntnis von der Höhe der versteuerten Einkünften aus nichtselbstständiger Tätigkeit erhielt, ändert dies nichts an der Tatsache, dass der Kläger auf Grund der bisher von der Beklagten in vollständiger Kenntnis der Einkünfte vorgenommenen Rentenberechnung nicht erkennen konnte, dass zu berücksichtigende Einnahmen unberücksichtigt blieben.
Eine grobe Fahrlässigkeit lässt sich auch nicht aus dem Anhörungsschreiben vom 21.01.2008 herleiten, da darin zwar auf eine Anrechnung nach dem "steuerlichen Bruttoarbeitslohn" hinge-wiesen, jedoch die hier maßgebliche KfZ-Nutzung mit keinem Wort erwähnt wurde.
Auch die Voraussetzungen von § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X liegen nicht vor.
Der Senat kann sich entgegen der Auffassung des Sozialgerichts auch aus der im Formular R 665 erfolgten Frage nach "gezahltem" Bruttoarbeitsentgelt nicht von einer groben Fahrlässigkeit des Klägers überzeugen. Es ist nachvollziehbar, dass der Kläger, dem allgemeinen Sprachgebrauch entsprechend, bei dem Begriff "Zahlung" vorrangig an die Übergabe von Bargeld bzw. an banktechnische Überweisungen dachte und die Nutzung eines Gebrauchsvorteils (hier: KfZ-Nutzung), auch wenn er um die steuerrechtliche Bewertung Bescheid wusste, nicht als "Zahlung" im Sprachsinn empfand. Schließlich wurde auch in der Lohnabrechnung vom Mai 2002 zwischen einem "Gesamt-Brutto" (ohne KfZ-Nutzung) und einem "Steuer-Brutto" (mit KfZ-Nutzung) unterschieden.
In diesem Zusammenhang ist auf die schriftliche Zeugenaussage der Mitarbeiterin R. einzuge-hen. Soweit diese unter Belehrung über ihre Verpflichtung, auch schriftlich wahrheitsgemäße Angaben zu machen, unter Vorlage eines Formulars R 665 nebst handschriftlichem Vermerk ausgeführt hat, anlässlich einer telefonischen Nachfrage im August 2007 die Information erhal-ten zu haben, die KfZ-Nutzung sei hinsichtlich der Einkommensanrechnung nicht anzugeben, ist der Senat davon überzeugt, dass die Zeugin tatsächlich angerufen und die ihr erteilte Information auch so verstanden hatte. Die fehlende Dokumentation in der Verwaltungsakte spricht nicht gegen die Richtigkeit der Zeugenaussage. Schließlich war die Anfrage der Zeugin R. allgemeiner Art und für die Beantwortung war nicht erforderlich, die schriftliche Akte beizuziehen. Der Senat geht nicht davon aus, dass die Zeugin als Mitarbeiterin eines Steuerberaters den handschriftlichen Vermerk erst im Nachhinein - mit Betrugsabsichten - erstellte. Er ist daher ein wesentlicher Anhaltspunkt dafür, dass der Anruf stattgefunden hat. Auch insoweit lässt sich eine grob fahrlässige Unkenntnis des Klägers also keinesfalls herleiten - im Gegenteil, der Vorgang spricht für den von ihm geltend gemachten Vertrauensschutz.
Schließlich wurden die objektiv unrichtigen bzw. unvollständigen Angaben des Klägers - wie bereits dargestellt - durch die Vorlage der Gehaltsabrechnung für Mai 2002 und die Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2004 bis 2005 betreffend den streitgegenständlichen Zeitraum bis 30.06.2007 vor Erlass des insoweit maßgeblichen Rentenbescheides vom 10.04.2007 ergänzt. Aus diesen Unterlagen hätte die Beklagte ohne weiteres die richtigen bzw. vollständigen Angaben entnehmen können. Soweit vor Erlass des Rentenbescheides vom 22.08.2007 für die Zeit ab 01.07.2007 das gesamte versteuerte Einkommen aus nichtselbstständiger Tätigkeit für die Beklagte - wie eben dargestellt - erst im Nachhinein erkennbar wurde und der Kläger im August 2007 im Formular R 665 wiederum nicht die umfassenden Einnahmen angab, kann angesichts der Vorgeschichte (s. eben), insbesondere der im Bescheid vom 10.04.2007 nicht berücksichtigten Einkünfte aus der KfZ-Nutzung, keine grobe Fahrlässigkeit des Klägers angenommen werden.
Damit erweist sich die Rücknahme der Bescheide vom 10.04.2007 und 22.08.2007 für die Ver-gangenheit als rechtswidrig, so dass auch die auf § 50 Abs. 1 SGB X gestützte Forderung auf Erstattung der überzahlten Rentenbeträge vom 01.07.2005 bis 31.03.2008 keinen Bestand haben kann.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Die Einschränkung des klägerischen Begehrens im Berufungsverfahren (Anfechtung nur hinsichtlich der Rücknahme für die Vergangenheit) hat nur einen Zeitraum von einem Monat betroffen. Angesichts der streitgegenständlich verbliebenen 33 Monate, für die der Kläger voll obsiegt hat, kommt eine sinnvolle Kostenquotelung nicht in Betracht. Zudem hat sich der Kläger inhaltlich nie gegen die Richtigkeit der Neuberechnung der Rente für die Zukunft gewandt.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Die außergerichtlichen Kosten des Klägers in beiden Rechtszügen trägt die Beklagte.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten (noch) für die Zeit vom 01.07.2005 bis 31.03.2008 über die (teilweise) Rücknahme der Rentenbewilligung und die Erstattung von Hinterbliebenenrente.
Der im Mai 1945 geborene Kläger war Geschäftsführer der M. K. GmbH (nachfolgend K. GmbH). Als Gesellschafter war er mit 92 % an dieser GmbH beteiligt. Die restlichen 8 % entfielen auf seine Ehefrau. Nach deren Tod im Mai 2002 gingen ihre Anteile auf eine Erbengemeinschaft, bestehend aus dem Kläger und dem gemeinsamen Sohn, über. Das dem Kläger von der K. GmbH monatlich gezahlte Entgelt wurde steuerrechtlich als Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit bewertet. Sein versteuertes Arbeitsentgelt setzte sich aus einer laufenden Gehaltszahlung und der Berücksichtigung der Vorteile aus einer privaten KfZ-Nutzung zusammen. Bei der Beklagten wurde der Kläger nicht als versicherungspflichtiger Arbeitnehmer, sondern als Selbstständiger geführt. Er zahlte freiwillige Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung. Nach dem Tod seiner Ehefrau erzielte der Kläger zudem steuerrechtlich Einkünfte aus Gewerbebetrieb, die aus einer Beteiligung an einer Kommanditgesellschaft, die Räume und Maschinen an die K. GmbH verpachtet hatte, resultierten. Seit Juni 2010 bezieht der Kläger eine Regelaltersrente aus eigener Versicherung.
Anlässlich der Beantragung der Hinterbliebenenrente im Juni 2002 legte der Kläger u.a. den Einkommensteuerbescheid des Finanzamtes E. für das Jahr 2000 sowie seine Lohnabrechnung für Mai 2002 - darin ausgewiesen ein Gehalt in Höhe von 1.431,62 EUR und ein Betrag für die pri-vate KfZ-Nutzung in Höhe von 202,98 EUR, "Gesamt-Brutto" 1.431,62 EUR, "Steuer-Brutto" 1.634,60 EUR - vor. In dem von der Beklagten zur Einkommensabfrage "Bruttoarbeitsent-gelt/Ausbildungsvergütung" bei Hinterbliebenenrenten ausgegebenen Formular R 665 gab er für das Jahr 2002 ein laufendes monatliches Einkommen in Höhe von 1.431,62 EUR an. In diesem Formular wurde u.a. nach der "Höhe des gezahlten Bruttoarbeitsentgelts" gefragt. Dem Kläger wurde eine Hinterbliebenenrente unter Anrechnung des Bruttoarbeitseinkommens, allerdings ohne Berücksichtigung der KfZ-Nutzung und der Einkünfte aus der Kommanditgesellschaft, bewilligt.
Auf nachfolgende Anforderungen, Einkommensnachweise vorzulegen, gab der Kläger unter Einschaltung seines Steuerberaters E. seine Jahreseinkommen jeweils ohne Berücksichtigung der versteuerten KfZ-Nutzung an. Mit Rentenbescheid vom 26.08.2003 berechnete die Beklagte die Hinterbliebenenrente für die Zeit ab 01.07.2003 und mit Rentenbescheid vom 10.08.2005 für die Zeit ab 01.07.2005 neu, die KfZ-Nutzung und die Einkünfte aus der Kommanditgesellschaft blieben wiederum unberücksichtigt.
Im September 2006 erhielt die Beklagte vom Kläger die Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2002 bis 2004, aus denen nicht nur die bislang nicht berücksichtigten Einkünfte aus Gewerbebetrieb (Kommanditgesellschaft), sondern auch Abweichungen zwischen den vom Kläger angegebenen Bruttojahreseinkommen mit den in den Steuerbescheiden berücksichtigten Jahreseinkünften aus nichtselbstständiger Tätigkeit hervorgingen.
In Kenntnis dieser Steuerbescheide nahm die Beklagte mit Bescheid vom 10.04.2007 eine Neu-berechnung der Hinterbliebenenrente ab dem 01.07.2003 unter zusätzlicher Anrechnung der versteuerten Einkünfte aus Gewerbebetrieb vor. Die versteuerten Gebrauchsvorteile aus der KfZ-Nutzung rechnete sie jedoch nach wie vor nicht an. Die zu Grunde gelegten Jahresarbeitsentgelte waren in der Anlage 8 des Bescheids ausgewiesen. Ausdrücklich nahm die Beklagte im Bescheid vom 10.04.2007 den Rentenbescheid vom 26.08.2003 sowie alle Folgebescheide hinsichtlich der Rentenhöhe mit Wirkung ab 01.07.2003 zurück und forderte die Erstattung der entstandenen Überzahlung in Höhe von 2.122,12 EUR. Dieser Bescheid wurde bestandskräftig.
Mit Rentenbescheid vom 22.08.2007 nahm die Beklagte eine Neuberechnung der Hinterbliebe-nenrente ab 01.07.2007 vor und berücksichtigte bei der Einkommensanrechnung wiederum nicht die Vorteile aus der KfZ-Nutzung, die auch vom Kläger bei der Einkommensabfrage im Formular R 665 vom August 2007 nicht angegeben worden waren. Das angerechnete Einkommen wurde in der Anlage 8 des Bescheids dargestellt.
Im Oktober 2007 ging bei der Beklagten der Einkommensteuerbescheid des Klägers für das Jahr 2005 und im Januar 2008 die Lohnsteuerbescheinigung für das Jahr 2006 ein. Erst in diesem Zusammenhang leitete die Beklagte wegen der Differenz zwischen dem versteuerten und dem bislang angerechneten Jahreseinkommen aus nichtselbstständiger Tätigkeit (s.o.) weitere Schritte ein. Der Kläger teilte telefonisch mit, seine Steuerberaterin sei der, von der Beklagten telefonisch bestätigten Auffassung, der geldwerte Vorteil aus der KfZ-Nutzung stelle kein auf die Hinterbliebenenrente anzurechnendes Einkommen dar.
Für den streitgegenständlichen Zeitraum ergaben sich im Einzelnen folgende Differenzen:
Rentenbezugszeitraum Bezugsjahr für d. Ein-kommensanrechnung Angerechnetes Ein-kommen Versteuertes Ein-kommen aus nicht- selbständiger Arbeit 07/05 - 06/06 2004 22.400 EUR 28.814 EUR 07/06 - 06/07 2005 24.200 EUR 33.122 EUR 07/07 - 03/08 2006 25.200 EUR 34.122 EUR
Mit Bescheid vom 19.03.2008 nahm die Beklagte nach Anhörung eine Neuberechnung der Hin-terbliebenenrente ab dem 01.07.2005 vor und berücksichtigte nunmehr bei der Einkommensan-rechnung auch die Vorteile aus der KfZ-Nutzung. Sie nahm die Bescheide vom 10.04.2007 und 22.08.2007 hinsichtlich der Rentenhöhe mit Wirkung ab 01.07.2005 zurück. Auch im Wege des Ermessens hielt sie die Rücknahme für gerechtfertigt. Sie forderte vom Kläger die Erstattung der für die Zeit vom 01.07.2005 bis 30.04.2008 entstandenen Überzahlung in Höhe von 5.833,94 EUR und bewilligte ab Mai 2005 eine geringere laufende Rente. Der gegen die Rückforderung gerichtete Widerspruch des Klägers blieb erfolglos. Im Widerspruchsbescheid vom 12.11.2008 führte die Beklagte aus, der Kläger hätte aus den jeweiligen Anlagen der Bescheide vom 10.04. und 22.08.2007 erkennen müssen, dass das bei den Berechnungen berücksichtigte Einkommen unzutreffend gewesen sei. Die vom Kläger behauptete unzutreffende telefonische Auskunft bezüglich der Anrechnung der versteuerten Nutzung eines KfZ sei nicht aktenkundig, ein Mitverschulden eines Mitarbeiters der Rentenversicherung mithin nicht nachgewiesen. Auch im Wege des Ermessens sei die Rücknahme gerechtfertigt. Das öffentliche Interesse zwinge zu einer sparsamen Haushaltsführung, so dass auf eine Rückforderung nicht verzichtet werden könne. Die Rechtslage sei eindeutig, es liege weder ein (Mit )Verschulden der Deutschen Rentenversicherung Bund vor, noch sei davon auszugehen, dass der Kläger durch die Erstattung in persönliche Not geraten werde.
Deswegen hat der Kläger am 12.12.2008 beim Sozialgericht Stuttgart Klage erhoben und zur Begründung ausgeführt, seine Angaben seien stets über den Steuerberater erfolgt. Die dort zu-ständige Mitarbeiterin R. habe sich bei der Beklagten gerade im Hinblick auf die Berücksichti-gung der KfZ-Nutzung telefonisch informiert und die Auskunft erhalten, sie sei nicht anzugeben. Zudem werde in dem Formular R 665 ausdrücklich nur nach "gezahltem" Entgelt gefragt.
Das Sozialgericht hat die Mitarbeiterin des Steuerberaters E. R. schriftlich unter Belehrung auf die Strafbarkeit einer Falschaussage als Zeugin befragt. Die Zeugin hat angegeben, sie habe das Formblatt R 665 vom Kläger zum Ausfüllen überlassen bekommen. Weil nach der Höhe des gezahlten Bruttoarbeitsentgelt gefragt worden sei, habe sie nur den Betrag des Gehalts ohne die KfZ-Nutzung angegeben. Beim Ausfüllen des Formulars für das Jahr 2006 habe sie deswegen im August 2007 telefonisch bei der Deutschen Rentenversicherung Bund in Berlin nachgefragt. Laut ihrem handschriftlichen Vermerk - s. Bl. 39 SG-Akte - habe sie die Auskunft bekommen, das gezahlte Bruttoarbeitsentgelt sei ohne KfZ-Nutzung anzugeben. Leider habe sie nicht ver-merkt, welche Person ihr die Auskunft gab.
Mit Urteil vom 13.10.2011 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Es hat ausgeführt, dass sich die von der Beklagten im Bescheid vom 19.03.2008 vorgenommene Rücknahme richtiger-weise auf den Bescheid vom 26.08.2003 für die Zeit vom 01.07.2005 bis 30.06.2007 und auf den Bescheid vom 22.08.2007 für die Zeit vom 01.07.2007 bis 30.04.2008 hätte beziehen müssen. Denn bei den Rentenbescheiden vom 10.08.2005 sowie vom 10.04.2007 habe es sich ausschließlich um Aufhebungsbescheide und nicht um Neubewilligungsbescheide gehandelt. Die Nichtberücksichtigung der KfZ-Nutzung habe zu rechtswidrigen Leistungsbewilligungen geführt. Zum Arbeitsentgeltgelt zählten grundsätzlich auch Sachbezüge, also auch die Überlassung eines Betriebs-KfZ zur privaten Nutzung. Die Bescheide vom 26.08.2003 und 22.08.2007 seien insoweit von Anfang an rechtswidrig gewesen. Eine Rücknahme des Bescheides vom 26.08.2003 nach § 45 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) scheitere jedoch daran, dass die Beklagte die Rücknahme nicht innerhalb eines Jahres ab Kenntnis der Tatsachen, die die Rücknahme für die Vergangenheit rechtfertigten, vorgenommen habe. Der Beklagten habe der Einkommenssteuerbescheid für das Jahr 2002, aus dem sich ein höheres Bruttoarbeitsentgelt ergeben habe, im September 2006 vorgelegen. Insoweit sei die Aufhebung der Rentenleistung am 19.03.2008 verfristet gewesen. Allerdings seien die Voraussetzungen für eine Aufhebung gemäß § 48 Abs. 2 Nr. 3 SGB X erfüllt. An der Anwendung dieser Vorschrift zur Aufhebung eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung bei Änderung der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse ändere die Tatsache, dass der Bescheid vom 26.08.2003 von Anfang an rechtswidrig gewesen sei, nichts. Maßgeblich sei, dass sich die Höhe des Bruttoarbeitsentgelts jährlich verändert habe und damit eine wesentliche Änderung vorgelegen habe. Ein atypischer Fall, der die Beklagte zur Ausübung von Ermessen verpflichtete, habe nicht vorgelegen. Insbesondere habe die Beklagte durch die Ausgabe des Formulars R 665 nicht dazu beigetragen, dass fehlerhafte Angaben gemacht worden seien. Das Formular sei verständlich gestaltet und teile unmissverständlich mit, welche Angaben gemacht werden sollten. Da der Beklagten erstmals im Januar 2008 durch die Vorlage der Lohnsteuerbescheinigung für das Jahr 2006 das tatsächlich im Jahr 2006 erzielte Bruttoarbeitsentgelt mitgeteilt worden sei, sei die Aufhebung rechtzeitig erfolgt. Hinsichtlich des Rentenbescheides vom 22.08.2007 hat das Sozialgericht die Voraussetzungen für eine Rücknahme nach § 45 SGB X als erfüllt erachtet. Der Kläger könne sich nicht auf Vertrauen berufen. Er habe grob fahrlässig falsche Angaben hinsichtlich seines Bruttoarbeitsentgelts gemacht. Da in der Lohnsteuerbescheinigung das Bruttoarbeitsentgelt einschließlich der privaten KfZ-Nutzung ausgewiesen werde und auf den monatlichen Verdienstabrechnungen deren Wert sogar separat ausgewiesen sei, sei für den Kläger erkennbar und nachprüfbar gewesen, was zum Bruttoarbeitsentgelt gehöre. Er könne sich nicht darauf berufen, sich auf die Angaben seines Steuerberaters verlassen zu haben. Dessen Verschulden müsse er sich grundsätzlich zurechnen lassen. Auch für das Vorliegen einer Falschauskunft sei er beweispflichtig. Die von der Sachbearbeiterin R. gefertigte Notiz reiche zum Beweis ihrer Aussage nicht aus. Es sei nicht nachprüfbar, ob und mit wem sie telefoniert habe. Die Annahme einer Falschberatung alleine auf Grund ihrer Angaben komme daher nicht in Betracht. Im Formular R 665 werde eindeutig klargestellt, dass immer das tatsächliche Bruttoarbeitsentgelt einzutragen sei. Überdies verstehe die Kammer unter "gezahltem" Bruttoarbeitsentgelt die ge-samte Gegenleistung, die ein Beschäftigter erhalte. Darunter fielen zweifelsfrei auch Sachbezü-ge.
Gegen das ihm am 24.10.2011 zugestellte Urteil hat der Kläger am 23.11.2011 Berufung einge-legt. Auch wenn die Bewilligungsbescheide auf Grund der fehlenden Einbeziehung der privaten Fahrzeugnutzung von Anfang an rechtswidrig gewesen seien, käme eine Rücknahme bzw. Auf-hebung nicht in Betracht. Zu Recht habe das Sozialgericht auf das Verstreichen der Jahresfrist abgestellt. Allerdings sei die sodann erfolgte Heranziehung des § 48 SGB X nicht möglich, da keine Änderung der Verhältnisse eingetreten sei. Im Übrigen berufe er sich auf Vertrauens-schutz. Weder er noch sein Steuerberater habe grob fahrlässig gehandelt. Der Anruf der Zeugin sei schriftlich dokumentiert. Selbst ohne diesen Anruf liege keine grobe Fahrlässigkeit vor. Schließlich habe die Beklagte die KfZ-Nutzung ebenfalls von Anfang an registriert, jedoch nicht beachtet. In ihren Formularen werde ausdrücklich nur nach dem "gezahlten" Bruttoarbeitsentgelt gefragt. Der Kläger hat sein Begehren zuletzt auf die Anfechtung des Ausgangsbescheids, soweit er zum Zeitpunkt seines Erlasses zurückliegende Zeiträume betreffe, eingeschränkt.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 13.10.2011 und den Bescheid der Beklagten vom 19.03.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.11.2008, soweit sie den Zeitraum vom 01.07.2005 bis 31.03.2008 betreffen, aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hält die Entscheidung des Sozialgerichts für zutreffend.
Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.
Wegen der konkret erfolgten, als solche nicht umstrittenen Berechnungen, wird auf den Inhalt der genannten Bescheide, zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz und die vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144, 151 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung des Klä-gers, über die der Senat auf Grund des Einverständnisses der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist begründet.
Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid der Beklagten vom 19.03.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12.11.2008, soweit die Beklagte die Bewilligung von Hinterbliebenenrente der Höhe nach für die Vergangenheit zurücknahm und - nach Neuberechnung der Hinterbliebenenrente - eine Erstattung für den (noch) streitgegenständlichen Zeitraum vom 01.07.2005 bis 31.03.2008 geltend machte. Der Kläger hat diesen Bescheid zutreffend mit der Anfechtungsklage angegriffen. Da er sich - soweit noch angegriffen - als rechtswidrig erweist, hätte das Sozialgericht der Klage insoweit stattgeben müssen.
Zum Regelungsgegenstand des angefochtenen Bescheides vom 19.03.2008 ist zunächst klarzu-stellen, dass die Beklagte zu Recht in diesem Bescheid im Hinblick auf die ausgesprochene Rücknahme der Leistungsbewilligung der Höhe nach auf die vorangegangenen Bescheide vom 10.04.2007 und 22.08.2007 abstellte. Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts ist hinsichtlich des Zeitraumes vom 01.07.2005 bis 30.06.2007 nicht an den weiter zurückliegenden Bescheid vom 26.08.2003 anzuknüpfen. Denn die Beklagte nahm im Bescheid vom 10.04.2007 hinsichtlich der hier alleine streitgegenständlichen Rentenhöhe den Bescheid vom 26.08.2003 vollständig zurück und ersetzte die früheren Berechnungen durch eine umfassende Neuberechnung der Rente (schon) ab Juli 2003. Da der Bescheid vom 10.04.2007 bestandskräftig wurde, kommt dem Bescheid vom 26.08.2003 gemäß § 39 Abs. 2 SGB X - was die Rentenhöhe anbelangt - keine Wirkung mehr zu. Dies hat das Sozialgericht mit seiner Argumentation, im Bescheid vom 10.04.2007 sei keine "Neubewilligung" erfolgt, verkannt.
Anknüpfend daran kommt als Rechtsgrundlage des Bescheides vom 19.03.2008 alleine - wie auch von der Beklagten ausschließlich herangezogen - § 45 SGB X in Betracht. Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts kann hier nicht - auch nicht zum Teil - auf § 48 SGB X abgestellt werden. Denn in Bezug auf die in den Einkommensteuerbescheiden für die Jahre 2004 bis 2006 ausgewiesenen Einkünfte des Klägers ist in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass der wie eben dargestellt maßgeblichen Bescheide vom 10.04.2007 und 22.08.2007 vorlagen, eine Änderung nicht eingetreten. Vielmehr lagen die Arbeitseinkommen der Jahre 2004 bis 2006, die in den Bescheiden vom 10.04.2007 und 22.08.2007 bei der Einkommensanrechnung für die (Neu-)Berechnung der Hinterbliebenenrente für den streitgegenständlichen Zeitraum berücksichtigt wurden bzw. zu berücksichtigen gewesen wären, bereits bei Erlass dieser Bescheide vor. Im Hinblick auf den streitgegenständlichen Zeitraum waren Grundlage der Berechnungen der Beklagte im Rentenbescheid vom 10.04.2007 die Einkünfte des Klägers in den Jahren 2004 und 2005 und hinsichtlich des Rentenbescheides vom 22.08.2007 die Einkünfte aus dem Jahr 2006. Die Einkommen aus dem Jahr 2006 sind dabei nicht etwa deshalb erst später erzielt worden, weil der sie ausweisende Einkommensteuerbescheid erst am 15.02.2008 erging (s. auch LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 18.12.2007, L 10 LW 5/07 in juris).
Nach § 45 Abs. 1 Satz 1 SGB X darf ein - auch unanfechtbar gewordener - begünstigender Ver-waltungsakt, soweit er rechtswidrig ist, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen wer-den.
Auf Grund der - vom Kläger letztlich nicht angefochtenen - Berechnung der monatlichen Rente mit Wirkung ab dem 01.07.2005 steht fest, dass die Rentenbescheide vom 10.04.2007 und 22.08.2007 hinsichtlich der Nichtberücksichtigung der KfZ-Nutzung - was die Höhe der Rente anbelangt - rechtswidrig waren. Dies bestreitet auch der Kläger nicht ernsthaft. Auf die Ausfüh-rungen des Sozialgerichts zur Einbeziehung der privaten KfZ-Nutzung bei der Ermittlung des anzurechnenden Bruttoeinkommens wird zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genom-men.
Eine Rücknahme eines Rentenbescheides ist indessen nicht möglich, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist (§ 45 Abs. 2 Satz 1 SGB X). Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann (Abs. 2 Satz 2). Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nach § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X nicht berufen, soweit er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat (Nr. 1), der Verwaltungsakt auf Angaben be-ruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat (Nr. 2), oder (Nr. 3) er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat. Eine Rücknahme für die Vergangenheit - wie sie hier in Bezug auf die Zeit bis März 2008 streitig ist - ist gemäß § 45 Abs. 4 Satz 1 SGB X nur in den Fällen von Abs. 2 Satz 3 zulässig.
Zutreffend gehen die Beteiligten und das Sozialgericht davon aus, dass vorliegend allein die Nr. 3 - so die Beklagte - bzw. die Nr. 2 - so das Sozialgericht - der genannten Bestimmung als Grundlage für die erfolgte Rücknahme der Rentenbescheide vom 10.04.2007 und 22.08.2007 in Betracht kommen. Allerdings haben das Sozialgericht und die Beklagte die Voraussetzungen dieser Regelungen, nämlich Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis von der Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes (Nr. 3) bzw. grob fahrlässig unrichtige oder unvollständige Angaben (Nr. 2), zu Unrecht bejaht.
Hinweise dafür, dass der Kläger die Rechtswidrigkeit der Bescheide vom 10.04.2007 und 22.08.2007 erkannte, liegen nicht vor. Auch die Beklagte behauptet dies nicht. Der Senat vermag sich aber auch nicht davon zu überzeugen, dass der Kläger zum Zeitpunkt des Erlasses der eben genannten Bescheide zumindest grob fahrlässig die Rechtswidrigkeit der Rentenberechnung hätte erkennen müssen. Grobe Fahrlässigkeit liegt vor (vgl. Steinwedel in KassKomm Sozialversicherungsrecht, § 45 SGB X Rdnr. 39 m.w.N.), wenn der Betroffene die Rechtswidrigkeit auf Grund einfachster und ganz naheliegender Überlegungen hätte erkennen können, wenn also dasjenige unbeachtet blieb, was jedem hätte einleuchten müssen; dabei kommt es auf die persönliche Urteils- und Kritikfähigkeit und das Einsichtsvermögen des Betroffenen an.
Soweit die Beklagte im angefochtenen Widerspruchsbescheid darauf hinwies, dass aus der Anlage 8 der Bescheide vom 10.04.2007 und 22.08.2007 erkennbar war, welches (Jah-res )Arbeitsentgelt aus einem "abhängigen Beschäftigungsverhältnis" bei der Ermittlung des auf die Rente anzurechnenden Einkommens berücksichtigt wurde, trifft dies zwar zu. Insoweit war für den Kläger auch erkennbar, dass das in der Anlage 8 berücksichtigte Arbeitsentgelt nicht mit dem versteuerten Arbeitsentgelt der jeweiligen Jahre übereinstimmte. Aus der Erkennbarkeit dieser Differenz kann jedoch nicht zwangsläufig auf eine grob fahrlässige Unkenntnis des Umstandes, dass hier Entgeltbestandteile zu Unrecht nicht angerechnet wurden, geschlossen werden. Wie bereits ausgeführt und vom Sozialgericht unter Heranziehung der maßgeblichen Rechtsgrundlagen zutreffend dargestellt, war die private KfZ-Nutzung als Einkommensvorteil nicht nur steuerrechtlich, sondern auch bei der Einkommensanrechnung auf die Hinterbliebenenrente zu berücksichtigen. Der Senat geht jedoch nicht davon aus, dass der Kläger dies auf Grund einfachster und ganz naheliegender Überlegungen hätte erkennen können. Dagegen sprechen verschiedene Gesichtspunkte:
Schon bei der erstmaligen Antragsstellung im Juni 2002 legte der Kläger die Gehaltsabrechnung für Mai 2002 vor, aus der für die Beklagte klar ersichtlich eine Bewertung der privaten KfZ-Nutzung mit 202,98 EUR einerseits und eine Überweisung eines Gehalts in Höhe von 1.431,62 EUR andererseits hervorging. Soweit der Kläger in dem im Juli 2002 ausgefüllten Formular R 665 nur die zuletzt genannte Zahlung als monatliches Einkommen (1.431,62 EUR) angab, hätte die Beklagte schon damals anhand der eingereichten Unterlagen erkennen können, dass er die KfZ-Nutzung falsch bewertete. Aus dem Umstand, dass die Beklagte die Einkommensanrechnung gleichwohl ohne Berücksichtigung der KfZ-Nutzung vornahm, konnte der Kläger, der sich mit der rechtlichen Materie nicht in gleicher Weise wie die Beklagte auskennen musste, durchaus schließen, dass dies seine Richtigkeit habe. Zwar hat das Sozialgericht unter Hinweis auf die Regelungen in §§ 14 ff Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) zur Definition von Arbeitsentgelt und sonstigem Einkommen zutreffend auf das generelle Gleichlaufen von Steuer- und Sozialversicherungsrecht hingewiesen. Dass der Gleichklang von Steuer- und Sozialversicherungsrecht jedoch auch Grenzen haben kann, wurde gerade in der Person des Klägers deutlich. Seinen hier streitgegenständlichen, steuerrechtlich als Einkünfte aus nichtselbstständiger Tätigkeit bewerteten Einnahmen stand sozialversicherungsrechtlich gesehen kein abhängiges Beschäftigungsverhältnisses gegenüber. Vor dem Hintergrund, dass der Kläger - im Übrigen völlig zu Recht - steuerrechtlich als Arbeitnehmer, sozialversicherungsrechtlich jedoch als Selbstständiger angesehen wurde, kann nach, wie bereits dargestellt, transparent gemachter Einkommenssituation nicht davon ausgegangen werden, dass ihm - oder jedem anderen - hätte einleuchten müssen, dass die KfZ-Nutzung sozialversicherungsrechtlich zwingend wie im Steuerrecht zu werten gewesen wäre und der Beklagten ein Fehler unterlaufen war.
Dies umso weniger, als die Beklagte auch nach Vorlage der Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2002 bis 2004, anhand derer die Differenzen zwischen den Angaben im Formular R 665 und den versteuerten Einkommen aus nichtselbstständiger Tätigkeit wiederum klar erkennbar waren, im Bescheid vom 10.04.2007, auf den es anknüpfend an die obigen Ausführungen hin-sichtlich einer groben Fahrlässigkeit des Klägers alleine ankommt, die Einkommensanrechnung wieder ohne Berücksichtigung der in den Steuerbescheiden höher ausgewiesenen Einkünfte aus nichtselbstständiger Tätigkeit vornahm. Dies obwohl sich die Beklagte, wie sich aus der Berücksichtigung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb im Zusammenhang mit der Kommanditgesellschaft für den Kläger offensichtlich ergab, mit den Einkommensteuerbescheiden durchaus befasst hatte. Soweit die Beklagte hinsichtlich des Rentenbescheides vom 22.08.2007 betreffend die Neuberechnung ab 01.07.2007 erst im Nachhinein durch die Vorlage der Lohnsteuerbescheinigung und des Einkommensteuerbescheids für das Bezugsjahr 2006 Kenntnis von der Höhe der versteuerten Einkünften aus nichtselbstständiger Tätigkeit erhielt, ändert dies nichts an der Tatsache, dass der Kläger auf Grund der bisher von der Beklagten in vollständiger Kenntnis der Einkünfte vorgenommenen Rentenberechnung nicht erkennen konnte, dass zu berücksichtigende Einnahmen unberücksichtigt blieben.
Eine grobe Fahrlässigkeit lässt sich auch nicht aus dem Anhörungsschreiben vom 21.01.2008 herleiten, da darin zwar auf eine Anrechnung nach dem "steuerlichen Bruttoarbeitslohn" hinge-wiesen, jedoch die hier maßgebliche KfZ-Nutzung mit keinem Wort erwähnt wurde.
Auch die Voraussetzungen von § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X liegen nicht vor.
Der Senat kann sich entgegen der Auffassung des Sozialgerichts auch aus der im Formular R 665 erfolgten Frage nach "gezahltem" Bruttoarbeitsentgelt nicht von einer groben Fahrlässigkeit des Klägers überzeugen. Es ist nachvollziehbar, dass der Kläger, dem allgemeinen Sprachgebrauch entsprechend, bei dem Begriff "Zahlung" vorrangig an die Übergabe von Bargeld bzw. an banktechnische Überweisungen dachte und die Nutzung eines Gebrauchsvorteils (hier: KfZ-Nutzung), auch wenn er um die steuerrechtliche Bewertung Bescheid wusste, nicht als "Zahlung" im Sprachsinn empfand. Schließlich wurde auch in der Lohnabrechnung vom Mai 2002 zwischen einem "Gesamt-Brutto" (ohne KfZ-Nutzung) und einem "Steuer-Brutto" (mit KfZ-Nutzung) unterschieden.
In diesem Zusammenhang ist auf die schriftliche Zeugenaussage der Mitarbeiterin R. einzuge-hen. Soweit diese unter Belehrung über ihre Verpflichtung, auch schriftlich wahrheitsgemäße Angaben zu machen, unter Vorlage eines Formulars R 665 nebst handschriftlichem Vermerk ausgeführt hat, anlässlich einer telefonischen Nachfrage im August 2007 die Information erhal-ten zu haben, die KfZ-Nutzung sei hinsichtlich der Einkommensanrechnung nicht anzugeben, ist der Senat davon überzeugt, dass die Zeugin tatsächlich angerufen und die ihr erteilte Information auch so verstanden hatte. Die fehlende Dokumentation in der Verwaltungsakte spricht nicht gegen die Richtigkeit der Zeugenaussage. Schließlich war die Anfrage der Zeugin R. allgemeiner Art und für die Beantwortung war nicht erforderlich, die schriftliche Akte beizuziehen. Der Senat geht nicht davon aus, dass die Zeugin als Mitarbeiterin eines Steuerberaters den handschriftlichen Vermerk erst im Nachhinein - mit Betrugsabsichten - erstellte. Er ist daher ein wesentlicher Anhaltspunkt dafür, dass der Anruf stattgefunden hat. Auch insoweit lässt sich eine grob fahrlässige Unkenntnis des Klägers also keinesfalls herleiten - im Gegenteil, der Vorgang spricht für den von ihm geltend gemachten Vertrauensschutz.
Schließlich wurden die objektiv unrichtigen bzw. unvollständigen Angaben des Klägers - wie bereits dargestellt - durch die Vorlage der Gehaltsabrechnung für Mai 2002 und die Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2004 bis 2005 betreffend den streitgegenständlichen Zeitraum bis 30.06.2007 vor Erlass des insoweit maßgeblichen Rentenbescheides vom 10.04.2007 ergänzt. Aus diesen Unterlagen hätte die Beklagte ohne weiteres die richtigen bzw. vollständigen Angaben entnehmen können. Soweit vor Erlass des Rentenbescheides vom 22.08.2007 für die Zeit ab 01.07.2007 das gesamte versteuerte Einkommen aus nichtselbstständiger Tätigkeit für die Beklagte - wie eben dargestellt - erst im Nachhinein erkennbar wurde und der Kläger im August 2007 im Formular R 665 wiederum nicht die umfassenden Einnahmen angab, kann angesichts der Vorgeschichte (s. eben), insbesondere der im Bescheid vom 10.04.2007 nicht berücksichtigten Einkünfte aus der KfZ-Nutzung, keine grobe Fahrlässigkeit des Klägers angenommen werden.
Damit erweist sich die Rücknahme der Bescheide vom 10.04.2007 und 22.08.2007 für die Ver-gangenheit als rechtswidrig, so dass auch die auf § 50 Abs. 1 SGB X gestützte Forderung auf Erstattung der überzahlten Rentenbeträge vom 01.07.2005 bis 31.03.2008 keinen Bestand haben kann.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Die Einschränkung des klägerischen Begehrens im Berufungsverfahren (Anfechtung nur hinsichtlich der Rücknahme für die Vergangenheit) hat nur einen Zeitraum von einem Monat betroffen. Angesichts der streitgegenständlich verbliebenen 33 Monate, für die der Kläger voll obsiegt hat, kommt eine sinnvolle Kostenquotelung nicht in Betracht. Zudem hat sich der Kläger inhaltlich nie gegen die Richtigkeit der Neuberechnung der Rente für die Zukunft gewandt.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
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