L 2 EG 9/08

Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Kindergeld-/Erziehungsgeldangelegenheiten
Abteilung
2
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 10 EG 10/05
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 2 EG 9/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 30. April 2008 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist ein Anspruch der Klägerin auf Erziehungsgeld. Die am XXXXX 1975 in A. geborene Klägerin besitzt die i. Staatsangehörigkeit. Am 14. April 2005 beantragte sie bei der Beklagten Erziehungsgeld für den 13. bis 24. Lebensmonat ihrer am XXXXX 2003 in Hamburg geborenen Tochter M. Sie legte ein von der Freien und Hansestadt Hamburg (Behörde für Inneres) am 18. Mai 2005 ausgestelltes Ausweisersatzdokument vor, demzufolge ihre Abschiebung bis zum 18. Juli 2005 ausgesetzt sei, die Duldung nur der Vorbereitung der Abschiebung diene und ihr eine selbständige Erwerbstätigkeit sowie die Arbeitsaufnahme nicht gestattet seien. Des Weiteren ist dort ausdrücklich vermerkt, die Aussetzung der Abschiebung beinhalte keinen Aufenthaltstitel; der Inhaber sei ausreisepflichtig. Mit Bescheid vom 14. April 2005 lehnte die Beklagte den Antrag auf Erziehungsgeld mit der Begründung ab, Ausländer, die wie die Klägerin nicht die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedsstaates der Europäischen Union oder eines der Vertragsstaaten des Europäischen Wirtschaftsraumes (EU-/EWR-Bürger) besäßen, müssten zur Begründung eines Anspruchs auf Erziehungsgeld gemäß § 1 Abs. 6 Nr. 1 des Gesetzes über die Gewährung von Erziehungsgeld und Erziehungsurlaub (Bundeserziehungsgeldgesetz - BErzGG) im Besitz einer Niederlassungserlaubnis oder einer der im BErzGG aufgeführten besonderen Aufenthaltserlaubnisse sein. Dies sei bei der Klägerin nicht der Fall, weil ihr lediglich die Aussetzung ihrer Abschiebung (Duldung) erteilt worden sei. Mit ihrem am 9. Mai 2005 eingegangenen Widerspruch machte die Klägerin geltend, nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Gewährung von Erziehungsgeld an Ausländer (Beschluss vom 6. Juli 2004 – 1 BvR 2515/95) verstoße es gegen das Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 Grundgesetz (GG), wenn Ausländer vom Erziehungsgeld ausgeschlossen würden, die absehbar dauerhaft in Deutschland bleiben würden oder jedenfalls die Möglichkeit hätten, dauerhaft in Deutschland zu bleiben. So verhalte es sich hier, denn ihre Tochter Mai besitze die deutsche Staatsangehörigkeit und werde deshalb dauerhaft in Deutschland bleiben. Da eine Trennung von Mutter und Kind gemäß Art. 6 GG verfassungswidrig wäre, werde auch sie – die Klägerin – dauerhaft in Deutschland bleiben. Während des Widerspruchsverfahrens erteilte das Einwohnerzentralamt der Beklagten der Klägerin am 20. September 2005 aufgrund des vom H. Oberverwaltungsgericht im Verfahren 4 Bf 161/05 mit Beschluss vom 9. Juni 2005 vorgeschlagenen Vergleichs zur Ausübung der Personensorge für ihre Tochter M. eine Aufenthaltserlaubnis gemäß § 25 Abs. 5 des seit dem 1. Januar 2005 geltenden Aufenthaltsgesetzes (AufenthG). Das Oberverwaltungsgericht hatte in seinem Beschluss darauf hingewiesen, dass die Klägerin eine Aufenthaltserlaubnis nach § 28 Abs. 1 Nr. 3 AufenthG (Familiennachzug zu Deutschen) schon wegen ihrer unverändert bestandskräftigen Ausweisung durch Verfügung vom 15. Februar 2000 nicht beanspruchen könne. Mit Widerspruchsbescheid vom 14. Oktober 2005 wies die Beklagte den Widerspruch mit der Begründung zurück, die Klägerin besitze nicht den zur Begründung des verfolgten Anspruchs erforderlichen Aufenthaltstitel. Zwar sei die Klägerin seit dem 20. September 2005 im Besitz einer bis zum 20. März 2006 gültigen Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG. Eine solche falle jedoch nicht unter die Regelung des § 1 Abs. 6 S. 2 BErzGG. Für den Anspruch auf Erziehungsgeld komme es entgegen der Erwartung der Klägerin nicht darauf an, welche Staatsangehörigkeit das Kind besitze, sondern allein auf den ausländerrechtlichen Status der Person, die Erziehungsgeld beanspruche. Auch der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts zum 6. Juli 2004 habe keine Auswirkungen auf die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides, denn das Bundesverfassungsgericht habe in seiner Entscheidung ausdrücklich nicht festgestellt, dass § 1 Abs. 6 S. 2 Nr. 3 BErzGG verfassungswidrig sei. Mit diesem Beschluss habe das Bundesverfassungsgericht § 1 Abs. 1a S. 1 BErzGG in der Fassung des Gesetzes zur Umsetzung des föderalen Konsolidierungsprogrammes - FKWG - vom 23. Juni 1993 für unvereinbar mit dem Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG erklärt und gleichzeitig den Gesetzgeber aufgefordert, bis zum 1. Januar 2006 eine verfassungsgemäße Neuregelung zu treffen. § 1 Abs. 6 S. 2 Nr. 3 BErzGG sei in den Fassungen des Dritten Gesetzes zur Änderung des Bundeserziehungsgeldgesetzes vom 12. Oktober 2000 und des Zuwanderungsgesetzes vom 30. Juli 2004 zwar als Nachfolgeregelung anzusehen. Das Bundesverfassungsgericht habe diese jedoch nicht ausdrücklich von seiner Feststellung umfasst. Daher sei die Norm der Nachfolgeregelung weiterhin anwendbar. Die Nachfolgeregelung zu § 1 Abs. 1a S. 1 BErzGG 1993 müsse nicht abgewartet werden. Mit ihrer am 23. November 2005 erhobenen Klage hat die Klägerin ihr Begehren unter Hinweis auf ihre Ausführungen im Verwaltungsverfahren weiterverfolgt. Sie hat betont, dass sie eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG besitze. Die Ablehnung ihres Anspruchs sei mit den Gewährleistungen der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) nicht vereinbar; der Rechtsstreit müsse deshalb gemäß Art. 100 Abs. 2 GG dem Bundesverfassungsgericht vorgelegt werden. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (Urteil vom 25. Oktober 2005 in Sachen Okpisz./. Bundesrepublik Deutschland – Individualbeschwerde 59140/00) verstoße es gegen das Diskriminierungsverbot aus Art. 14 der EMRK in Verbindung mit dem Recht auf Familienleben aus Art. 8 EMRK, wenn Ausländer beim Kindergeldbezug in Abhängigkeit davon, ob sie über eine dauerhafte Aufenthaltsgenehmigung verfügten oder nicht, ungleich behandelt würden. Dasselbe müsse auch für eine so motivierte Ungleichbehandlung von Ausländern bei der Gewährung von Erziehungsgeld gelten, wie sie hier erfolge. Deutsche Gerichte hätten die EMRK wie anderes Gesetzesrecht des Bundes im Rahmen der methodisch vertretbaren Auslegung zu beachten und anzuwenden. Das Sozialgericht hat die Klage durch das Urteil vom 30. April 2008 abgewiesen. Es hat ausgeführt, die Klägerin habe für die strittige Zeit keinen Anspruch auf Erziehungsgeld, weil sie in dieser Zeit keinen der Unterhaltstitel besessen habe, die Ausländer ohne die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedsstaates der Europäischen Union oder eines der Vertragsstaaten des Europäischen Wirtschaftsraumes gemäß § 1 Abs. 6 Nrn. 1 bis 3 BErzGG zur Begründung eines solchen Anspruchs benötigten. Eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG habe sie erst seit dem 20. September 2005 und damit nach Ablauf des maximalen Bezugszeitraums besessen. Auch ein früherer Besitz dieser Aufenthaltserlaubnis würde nicht dazu geführt haben, dass die Klägerin für die Zeit ab dem Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Hamburg vom 9. Juni 2005 Erziehungsgeld hätte beanspruchen können, denn daneben wäre zur Begründung eines Anspruchs auf Erziehungsgeld erforderlich gewesen, dass sich der betroffene Ausländer mindestens drei Jahre rechtmäßig, gestattet oder geduldet im Bundesgebiet aufhalte und im Bundesgebiet berechtigt erwerbstätig sei, laufende Geldleistungen nach dem Sozialgesetzbuch Drittes Buch – Arbeitsförderung (SGB III) beziehe oder Elternzeit in Anspruch nehme (§ 1 Abs. 6 Nr. 3 BErzGG). Es könne dahinstehen, ob sich die Klägerin überhaupt drei Jahre geduldet im Bundesgebiet aufgehalten habe, denn immerhin sei dem Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Hamburg vom 9. Juni 2005 zu entnehmen, dass sie am 15. Februar 2000 ausgewiesen worden sei. Die Klägerin sei nämlich nicht im Bundesgebiet berechtigt erwerbstätig gewesen, habe keine Leistungen nach dem SGB III bezogen und auch keine Elternzeit in Anspruch genommen, da sie in keinem Beschäftigungsverhältnis gestanden habe, in welchem sie Elternzeit hätte in Anspruch nehmen können. Eine Beschäftigung sei der Klägerin nach den aufenthaltsrechtlichen Bestimmungen erst seit dem 20. März 2006 erlaubt gewesen. Eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nach Art. 100 Abs. 2 GG sei nicht einzuholen gewesen. Durch dessen Urteil vom 14. Oktober 2004 (2 BvR 1481/04) sei bereits geklärt, dass die Gewährleistungen der EMRK und die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte von den Gerichten im Rahmen der methodisch vertretbaren Gesetzesauslegung im Sinne ihrer Bindung an Recht und Gesetz zu beachten seien. Gegen dieses Gebot sei aber nicht verstoßen worden, denn in § 1 Abs. 6 BErzGG in der seit 19. Dezember 2006 geltenden Fassung liege kein Verstoß gegen Bestimmungen der EMRK und ihrer Zusatzprotokolle. Die Versagung von Erziehungsgeld stelle im Falle der Klägerin keine unzulässige Diskriminierung im Sinne von Art. 14 EMRK oder eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes aus Art. 3 GG dar, weil sie nicht nur an das Fehlen eines bestimmten Aufenthaltstitels anknüpfe, sondern an die fehlende Berechtigung, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Da die Klägerin Sozialleistungen zur Sicherstellung ihres Lebensunterhalts für sich und ihre Tochter erhalten habe und deshalb durch die Versagung von Erziehungsgeld nicht an deren Betreuung gehindert gewesen sei, sei auch ihr Recht auf Familienleben im Sinne von Art. 8 Abs. 1 EMRK nicht beeinträchtigt worden. Weiter habe die Klägerin auch nicht berechtigt erwarten dürfen, dass ihr in der strittigen Zeit Erziehungsgeld gewährt werde, so dass auch ein Verstoß gegen Art. 1 des ersten Zusatzprotokolls zur EMRK ausscheide. Darüber hinaus stelle das ausschließlich aus Steuermitteln finanzierte Erziehungsgeld auch kein Eigentum im Sinne dieser Norm dar. Schließlich sei auch ein Verstoß gegen über– oder zwischenstaatliches Recht nicht festzustellen.

Gegen das ihr am 3. Juni 2008 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 3. Juli 2008 Berufung eingelegt. Sie hält an dem im Verfahren vor dem Sozialgericht vertretenen Rechtsstandpunkt zu dem von der Beklagten angenommenen Ausschluss von der Erziehungsgeldberechtigung fest. Ergänzend verweist sie auf die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 8. März 2011 in der Sache Z. (Aktenzeichen C-34/09). Diese stütze ihren Rechtsstandpunkt, dass ihr das geltend gemachte Erziehungsgeld auch deshalb zustehe, weil ihr Kind M. als Unionsbürgerin anzusehen sei und ihr – der Klägerin – deshalb weder das Aufenthaltsrecht noch die Arbeitsberechtigung habe verweigert werden dürfen. Die Klägerin beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 30. April 2008 sowie den Bescheid der Beklagten vom 14. April 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Oktober 2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin Erziehungsgeld für das zweite Lebensjahr ihrer am XXXXX 2003 geborenen Tochter M. zu bewilligen, hilfsweise, den Rechtsstreit nach Art. 100 Abs. 2 GG dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung vorzulegen, hilfsweise, den Rechtsstreit dem Gerichtshof der Europäischen Union mit folgender Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen: Stellt auch der Betreuungsunterhalt einen Unterhalt im Sinne des Urteilstenors der Entscheidung Z. vom 8. März 2011 (C-34/09) dar? Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird ergänzend Bezug genommen auf den Inhalt der in der Sitzungsniederschrift aufgeführten Akten, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die statthafte und auch sonst zulässige Berufung ist unbegründet. Das Sozialgericht hat die von der Klägerin auf die Gewährung von Erziehungsgeld für das zweite Lebensjahr ihrer am XXXXX 2003 geborenen Tochter M. gerichtete Klage zu Recht abgewiesen. Zutreffend hat es festgestellt, dass die Klägerin während dieses Zeitraums die in § 1 Abs. 6 BErzGG in der hier einschlägigen Fassung des Gesetzes zur Anspruchsberechtigung von Ausländern wegen Kindergeld, Erziehungsgeld und Unterhaltsvorschuss (AuslAnsprG) vom 13. Dezember 2006 (BGBl. 2006, 2915 – künftig BErzGG 2006) formulierten Anspruchsvoraussetzungen nicht erfüllte und dass diese gesetzlichen Regelungen mit den Gewährleistungen der EMRK vereinbar sind. Der Senat hält die diesbezüglichen Ausführungen des Sozialgerichts für überzeugend und nimmt vollen Umfangs auf sie Bezug (§ 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG). Die Anwendbarkeit dieser Bestimmung folgt, wie das Sozialgericht zutreffend festgestellt hat, aus § 24 Abs. 3 BErzGG 2006. Dieser Bestimmung zufolge ist § 1 Abs. 6 BErzGG in der am 19. Dezember 2006 geltenden Fassung in Fällen, in denen wie im Falle der Klägerin eine Entscheidung über den Anspruch auf Erziehungsgeld für einen Bezugszeitraum zwischen dem 27. Juni 1993 und dem 18. Dezember 2006 noch nicht bestandskräftig geworden ist, anzuwenden, wenn dies für die Erziehungsgeld beantragende Person günstiger ist. Auch diese Voraussetzung ist im vorliegenden Fall erfüllt, denn die Anwendung von § 1 Abs. 6 BErzGG 2006 ist für die Klägerin günstiger als die Anwendung der bei Beginn des zweiten Lebensjahres des Kindes geltenden und damit anderenfalls gemäß § 1 Abs. 1 Satz 2 BErzGG maßgeblichen Fassung des § 1 Abs. 6 BErzGG in der Fassung der Bekanntmachung vom 7. Dezember 2001 (BGBl. I S. 3358), die in der Zeit vom 1. Januar 2002 bis 31. Dezember 2004 gegolten hat (BErzGG 2002). Nach dieser Vorschrift erhält ein Ausländer, der wie die Klägerin nicht die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines der Vertragsstaaten des Europäischen Wirtschaftsraums besitzt, Erziehungsgeld, wenn 1. er eine Aufenthaltsberechtigung oder Aufenthaltserlaubnis besitzt, 2. er unanfechtbar als Asylberechtigter anerkannt ist oder 3. das Vorliegen der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 des Ausländergesetzes unanfechtbar festgestellt worden ist (Satz 1). Maßgebend ist der Monat, in dem die Voraussetzungen des Satzes 2 eintreten (Satz 2). Im Fall der Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis oder der Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung wird Erziehungsgeld rückwirkend (§ 4 Abs. 2 Satz 3) bewilligt, wenn der Aufenthalt nach § 69 Abs. 3 des Ausländergesetzes als erlaubt gegolten hat (Satz 3). Diese Bestimmung würde für die strittige Zeit wegen der fehlenden Aufenthaltsberechtigung oder -erlaubnis offenkundig keinen Anspruch der Klägerin auf Erziehungsgeld für ihre Tochter M. begründen. Im Vergleich zu ihr ist die jüngere Regelung die günstigere, auch wenn sie der Klägerin zu keinem Anspruch verhilft. Abgesehen davon, dass § 1 Abs. 6 Nr. 2 Buchstabe c) BErzGG 2006 zugunsten von Inhabern einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG, wie sie der Klägerin - wenn auch erst nach Ablauf des relevanten Zeitraums - erteilt wurde, über die Vorgängervorschrift insoweit hinausgeht, als er ihnen immerhin unter bestimmten weiteren Voraussetzungen (§ 1 Abs. 6 Nr. 3 BErzGG 2006) den Zugang zu einer Anspruchsberechtigung eröffnet, während nach § 1 Abs. 6 BErzGG 2002 für diesen Personenkreis ein Anspruch auf Erziehungsgeld gänzlich ausgeschlossen ist, ist Folgendes zu bedenken: Wollte man § 1 Abs. 6 BErzGG 2006 im Rahmen des § 24 Abs. 3 BErzGG 2006 nur dann als günstiger ansehen, wenn er tatsächlich zu einem Anspruch verhilft, wäre seine Anwendung auch dann ausgeschlossen, wenn sich sowohl nach der älteren als auch der jüngeren Vorschrift kein Anspruch ergäbe. Dieses Ergebnis widerspricht jedoch der Intention des Gesetzgebers, in offenen Übergangsfällen die Anwendbarkeit der - vom Gesetzgeber selbst als verfassungswidrig angesehenen (vgl. BT-Drucks 16/1368 S. 1) - Vorgängerregelungen durch eine aus seiner Sicht verfassungsgemäße Regelung zu ersetzen. Nur dort also, wo bereits die Anwendung der einschlägigen früheren Vorschrift einen Erziehungsgeldanspruch begründet, kommt § 1 Abs. 6 BErzGG 2006 mithin nach der Übergangsvorschrift nicht zur Anwendung (BSG 10. Senat Vorlagebeschluss vom 3. Dezember 2009 - Aktenzeichen: B 10 EG 5/08 R – juris mit weiteren Nachweisen). Der Anwendbarkeit von § 1 Abs. 6 BErzGG 2006 steht nicht entgegen, dass das BVerfG in seiner Entscheidung vom 6. Juli 2004 die Unvereinbarkeit von § 1 Abs. 1a BErzGG 1993 mit Art 3 Abs. 1 GG ausgesprochen und angeordnet hatte, dass, sofern der Gesetzgeber die verfassungswidrige Regelung nicht bis zum 1. Januar 2006 durch eine Neuregelung ersetzt, auf noch nicht bestands- oder rechtskräftig abgeschlossene Verfahren das bis zum 26. Juni 1993 geltende Recht anzuwenden sei. Abgesehen davon, dass die Klägerin dadurch nicht besser gestellt wäre, weil § 1 Abs. 1 Satz 2 BErzGG in der Fassung des Gesetzes zur Neuregelung des Ausländergesetzes vom 9. Juli 1990 (BGBl. I S. 1354) den Anspruch eines Ausländers auf Erziehungsgeld an den Besitz eines Aufenthaltstitels - zumindest einer Aufenthaltsbefugnis – knüpfte, kann die Entscheidung des BVerfG vom 6. Juli 2004 (a.a.O.) angesichts ihres begrenzten Entscheidungsumfangs und der entsprechend eingeschränkten Gesetzeskraft nicht auch Gesetzeskraft für den vorliegenden Fall beanspruchen. Das BVerfG hat in dem zitierten Beschluss dem Gesetzgeber zwar in der Tat aufgegeben, die verfassungswidrige Norm bis zum 1. Januar 2006 durch eine Neuregelung zu ersetzen, und hat für den Fall der nicht fristgerechten Umsetzung die Anwendung des bis zum 26. Juni 1993 geltenden Rechts auf die noch offenen Fälle angeordnet. Diese Sanktion konnte aber nur die Fälle erfassen, die der für verfassungswidrig erklärten Regelung unterlagen. Die gemäß § 31 Abs. 2 BVerfGG mit Gesetzeskraft versehene Entscheidungsformel des Beschlusses lautet - soweit hier von Interesse - wie folgt: 1. § 1 Absatz 1a Satz 1 BErzGG i.d.F. ( ) vom 23.6.1993 ( ) war mit Art 3 Abs. 1 GG unvereinbar. 2. Ersetzt der Gesetzgeber die verfassungswidrige Regelung nicht bis zum 1.1.2006 durch eine Neuregelung, ist auf noch nicht abgeschlossene Verfahren das bis zum 26.6.1993 geltende Recht anzuwenden." Unter Nr. 1 des Tenors ist also die Unvereinbarkeitserklärung auf eine ganz bestimmte Fassung des § 1 Abs. 1a Satz 1 BErzGG bezogen worden, nämlich auf diejenige vom 23. Juni 1993, die am 27. Juni 1993 in Kraft getreten ist. Daher sind "noch nicht abgeschlossene Verfahren" im Sinne der Nr. 2 des Tenors allein solche, in denen Erziehungsgeldansprüche nach eben dieser Vorschrift des § 1 Abs. 1a Satz 1 BErzGG 1993 zu beurteilen sind. Die Sanktion betrifft dagegen nicht diejenigen Fälle, in denen spätere Fassungen des BErzGG zur Anwendung kommen. Das ergibt sich im Übrigen nicht nur aus dem Inhalt des Tenors. Vielmehr folgt dies ausdrücklich auch aus den Entscheidungsgründen. Das BVerfG hat darin ausgeführt, dass § 1 Abs. 6 Satz 2 Nr. 3 BErzGG in den Fassungen des Dritten Gesetzes zur Änderung des BErzGG vom 12. Oktober 2000 sowie des Zuwanderungsgesetzes vom 30. Juli 2004 nicht in die Unvereinbarkeitserklärung einzubeziehen gewesen seien, weil diese Regelungen den Kreis der Berechtigten weiter gefasst hätten als die angegriffene Vorschrift. Es hat daher über diese Nachfolgeregelungen nicht selbst entschieden, sondern die Überprüfung der Verfassungsmäßigkeit insoweit dem Gesetzgeber überlassen. Die damit ausdrücklich nur für § 1 Abs. 1a Satz 1 BErzGG 1993 geltende Sanktion des BVerfG können die Gerichte nicht in eigener Zuständigkeit auf § 1 Abs. 6 BErzGG 2006 übertragen. Dies fällt ausschließlich in die Kompetenz des BVerfG im Rahmen der ihm obliegenden verfassungsrechtlichen Prüfung (wie hier auch LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 19. Juni 2009 - L 13 EG 4/09 - juris; ebenso Bundesfinanzhof (BFH), Urteil vom 22. November 2007 - III R 54/02 - BFHE 220, 45 ff zur gleich gelagerten Problematik im Kindergeldrecht). Auch das BVerfG könnte im Übrigen - von einstweiligen Regelungen abgesehen - nicht die Anwendung von Normen untersagen, die es nicht für verfassungswidrig erklärt hat (vgl. dazu allgemein M. Graßhof in Umbach/Clemens/Dollinger, BVerfGG, 2. Aufl. 2005, § 78 RdNr. 76 ff; BSG im o. g. Vorlagebeschluss vom 3. Dezember 2009 - Aktenzeichen: B 10 EG 5/08 R). Ausgangspunkt des § 1 Abs. 6 BErzGG 2006 ist, dass ein nicht freizügigkeitsberechtigter Ausländer nur dann einen Leistungsanspruch auf Erziehungsgeld hat, wenn er einen zur Erwerbstätigkeit berechtigenden Aufenthaltstitel besitzt, aufgrund dessen zu erwarten ist, dass er sich dauerhaft in Deutschland aufhält. Diese beiden Kernpunkte der gesetzlichen Regelung sind seit jeher Bestandteil des Erziehungs- und Elterngeldrechts in der Bundesrepublik Deutschland gewesen. Ansprüche auf Erziehungsgeld sollten Ausländer, die nicht die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats der EU bzw. ihrer Vorgängerinnen oder eines insoweit gleichgestellten Staates besaßen, grundsätzlich nur dann haben, wenn nach ihrem Aufenthaltsstatus ein dauerhafter Aufenthalt zu erwarten war und die Leistung ihren eigentlichen Zweck erfüllen konnte, Eltern die Betreuung ihrer Kinder in einer bestimmten Zeit nach der Geburt durch Verzicht auf eine Erwerbstätigkeit oder deren Einschränkung zu ermöglichen (vgl. zur Gesetzesgeschichte des BErzGG ausführlich BSG, 10. Senat Vorlagebeschluss vom 3. Dezember 2009 - Aktenzeichen: B 10 EG 5/08 R, juris). Schon diese Grundvoraussetzungen für einen Anspruch auf Erziehungsgeld hat die Klägerin während der strittigen Zeit nicht erfüllt: Weder war sie im Besitz eines hinreichenden Aufenthaltstitels, noch war ihr die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit gestattet. Bis zur Erteilung der Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG mit Wirkung ab 20. September 2005 besaß sie keinerlei Aufenthaltstitel und war sie grundsätzlich ausreisepflichtig. Ihr Aufenthalt war geduldet, ihre Abschiebung lediglich befristet ausgesetzt, so dass von einer Verfestigung des Aufenthalts noch keine Rede sein konnte. Die Aussetzung der Abschiebung war außerdem mit der Auflage verbunden, dass ihr die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit nicht gestattet war. Wie das Sozialgericht zutreffend festgestellt hat, ist es für den Anspruch der Klägerin auf Erziehungsgeld unerheblich, ob die Klägerin während des zweiten Lebensjahres ihrer Tochter, um das es hier geht, einen Rechtsanspruch auf einen auch zur Erwerbstätigkeit berechtigenden Aufenthaltstitel hatte; entscheidend ist vielmehr allein, ab wann der Berechtigte tatsächlich im Besitz eines solchen Titels ist. Das Gesetz knüpft den Erziehungsgeldanspruch an den formalen Verwaltungsakt der Erteilung des Aufenthaltstitels (vgl. schon Urteil des Bundessozialgerichts zum 20. Dezember 1990 - Az. 4 REg 10/90, SozR 3-7833 § 1 Nr.3). Durch die Formulierung, dass der Ausländer im Besitz des maßgeblichen Aufenthaltstitels sein muss, ist klargestellt, dass das Erziehungsgeld frühestens von diesem Zeitpunkt an bezogen werden kann. Selbst wenn im Aufenthaltstitel eine Rückwirkung angeordnet worden ist, lässt die Erteilung des Titels den Anspruch auf Erziehungsgeld erst für die Zukunft entstehen (vgl. Urteil des Bundessozialgerichts vom 9. Februar 1994 - Az. 14/14b REg 9/93,a.a.O. Nr 12). Aus diesem Grund vermag auch die von der Klägerin herangezogene Entscheidung der Großen Kammer des EuGH vom 8. März 2011 in der Rechtssache Z. (C 34-09, NVwZ 2011, S. 545 und juris) keinen Anspruch der Klägerin auf Erziehungsgeld zu begründen. Hiernach mag die Klägerin zwar schon in der strittigen Zeit einen Anspruch auf Erteilung eines zur Erwerbstätigkeit berechtigenden Aufenthaltstitels gehabt haben; besessen hat sie ihn indessen nicht. Es besteht kein Anlass, den Rechtsstreit gemäß Art. 100 Abs. 1 GG auszusetzen und die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Frage der Verfassungsmäßigkeit des § 1 Abs. 6 BErzGG 2006 einzuholen. Der Senat hat keine Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit dieser Norm. Mit der Formulierung der beiden o. g. Grundvoraussetzungen für einen Anspruch auf Erziehungsgeld hat sich der Gesetzgeber durchaus im Rahmen des vom Bundesverfassungsgericht für zulässig Erachteten bewegt. Dieses hat den vom Gesetzgeber stets verfolgten Grundsatz, dass ausländische Staatsangehörige nur dann Erziehungsgeld erhalten sollen, wenn sie sich voraussichtlich dauerhaft in Deutschland aufhalten, in seinem bereits mehrfach zitierten Beschluss vom 6. Juli 2004 ausdrücklich für legitim erachtet. Vor allem aber hat es ausdrücklich für vereinbar mit Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) befunden, dass der Gesetzgeber die Ausländer vom Erziehungsgeldbezug ausschließt, die aus Rechtsgründen ohnehin keiner Erwerbstätigkeit nachgehen dürfen. Die Gewährung einer Sozialleistung, die den Eltern einen Anreiz zum Verzicht auf eine Erwerbstätigkeit geben wolle, verfehle ihr Ziel, wenn eine solche Erwerbstätigkeit demjenigen Elternteil, der zur Betreuung des Kindes bereit ist, rechtlich nicht erlaubt sei. Die beim Bundesverfassungsgericht aufgrund der drei Vorlagebeschlüsse des Bundessozialgerichts vom 3. Dezember 2009 (B 10 EG 5 bis 7/08 R) anhängigen Vorlageverfahren 1 BvL 2/10, 3/10 und 4/10 sind für dieses Verfahren nicht vorgreiflich, denn sie beschäftigen sich mit der hier irrelevanten Frage, ob der Anspruch auf Erziehungsgeld von Inhabern einer nach § 25 AufenthG aus humanitären Gründen erteilten Aufenthaltserlaubnis davon abhängig gemacht werden darf, dass sie im Bundesgebiet erwerbstätig sind oder laufende Geldleistungen nach dem SGB III in Anspruch nehmen oder Elternzeit in Anspruch nehmen. Zutreffend hat das Sozialgericht auch die von der Klägerin wegen der behaupteten Verstöße gegen Art. 8 und Art. 14 der EMRK beantragte Vorlage des Rechtsstreits an das Bundesverfassungsgericht gemäß Art. 100 Abs. 2 GG abgelehnt. Dieser Norm zufolge hat das Gericht die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes einzuholen, wenn in einem Rechtsstreit zweifelhaft ist, ob eine Regel des Völkerrechtes Bestandteil des Bundesrechtes ist und ob sie unmittelbar Rechte und Pflichten für den Einzelnen erzeugt. Sie kommt hier schon deshalb nicht zum Zuge, weil Prüfungsgegenstand eines solchen Verfahrens lediglich ist, ob eine allgemeine Regel des Völkerrechts (Art 25 GG) als Bundesrecht existiert und ob sie für den Einzelnen Rechte und Pflichten erzeugt. Einer solchen Prüfung bedarf es hier nicht weil, weil die EMRK schon kraft gesetzlicher Übernahme im Rang eines Bundesgesetzes gilt, nicht als allgemeine Regel des Völkerrechts. Schließlich besteht auch kein Anlass, den Rechtsstreit dem Gerichtshof der Europäischen Union zur Vorabentscheidung über die von der Klägerin formulierte Frage im Hinblick auf die Entscheidung dieses Gerichtshofs in der Sache Z. vom 8. März 2011 (C-34/09, a.a.O) vorzulegen. Für die hier zu treffende Entscheidung ist irrelevant, ob Betreuungsunterhalt einen Unterhalt im Sinne des Urteilstenors dieser Entscheidung darstellt.

Die Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten beruht auf § 193 SGG und trägt dem Ausgang des Verfahrens Rechnung. Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, weil hierfür eine Veranlassung im Sinne des § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG nicht bestanden hat.
Rechtskraft
Aus
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