Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
13
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 33 VM 10/06
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 13 VM 38/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 11. Oktober 2011 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Tenor des Urteils wie folgt neu gefasst wird: Der Beklagte wird unter Abänderung des Bescheides vom 11. Januar 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. Januar 2006 verurteilt, eine posttraumatische Belastungsstörung als Schädigungsfolge nach dem Strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetz anzuerkennen und dem Kläger eine Beschädigtenrente entsprechend einem Grad der Schädigungsfolgen von 40 ab dem 1. Juli 2002 zu gewähren. Außergerichtliche Kosten sind für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Anerkennung einer Herzerkrankung als weitere Schädigungsfolge einer erlittenen Haft in der ehemaligen DDR sowie die Gewährung einer Beschädigtenrente nach einem Grad der Schädigungsfolgen (GdS) von 60 auf der Grundlage des Strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetzes (StrRehaG) i. V. m. dem Bundesversorgungsgesetz (BVG).
Der 1944 geborene Kläger ist Dipl.-Ingenieur für Bauwesen und war zuletzt bei der obersten Bauaufsicht in der Senatsverwaltung tätig. Seit Mai 2007 ist der Kläger Rentenbezieher.
Aufgrund des Urteils des Kreisgerichts B-P vom 11. Juli 1980 (Az: 611 S 338/80; 211-68-80) wurde der Kläger wegen Vorbereitung zum ungesetzlichen Grenzübertritt im schweren Fall zu einer Freiheitsstrafe von 3 Jahren und 6 Monaten verurteilt, nachdem er versucht hatte, die ehemalige DDR mit seiner früheren Lebensgefährtin mit einem Schiff von S über die Ostsee illegal zu verlassen. Der Kläger befand sich deswegen zunächst in Haft in der ehemaligen Volksrepublik P und wurde sodann an die Staatssicherheit übergeben. Er befand sich daraufhin in der Zeit vom 27. November 1979 bis zum 2. April 1981 in Haft in der DDR. Der Rest der Strafe wurde ausgesetzt, da der Kläger von der Bundesrepublik Deutschland "freigekauft" wurde, in die er am 2. April 1981 einreiste.
Mit Bescheinigung vom 29. Mai 1981 (Az: VII C 315-4635/190-7929) nach § 10 Abs. 4 des Häftlingshilfegesetzes (HHG) wurde festgestellt, dass der Kläger wegen des erlittenen Gewahrsams in der DDR die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Nr. 1 HHG erfülle und dass Ausschlussgründe gemäß § 2 HHG nicht vorliegen. Mit Beschluss des Landgerichts B vom 10. Februar 1992 (Az: (550 Rh) 3 Js 518/91 (2150/91)) wurde das Urteil des Kreisgerichts P vom 11. Juli 1980 aufgehoben und der Kläger für die Haftzeit in der DDR rehabilitiert.
Auf den sinngemäßen Antrag des Klägers auf Feststellung von Schädigungsfolgen und Versorgung nach dem StrRehaG/HHG i. V. m. dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) vom 12. Juli 2002 ließ der Beklagte den Kläger durch den Arzt für Chirurgie Dr. O und den Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. D begutachten. Der Einschätzung des Dr. D folgend anerkannte der Beklagte mit Bescheid vom 11. Januar 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. Januar 2006 nach dem StrRehaG eine posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) als Schädigungsfolge der erlittenen Strafhaft und gewährte dem Kläger deswegen eine Beschädigtenrente entsprechend einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) – seit dem 21. Dezember 2007 GdS – von 30 ab dem 1. Juli 2002. Die bestehenden internistischen (Schlafapnoe) sowie orthopädischen Leiden seien demgegenüber nicht haftbedingt.
Der Kläger hat am 26. Januar 2006 Klage vor dem Sozialgericht Berlin erhoben, mit der er insbesondere auch die Höherbewertung seiner psychischen Erkrankung sowie der seit Oktober 2006 festgestellten Herzerkrankung (Herzrhythmusstörungen, kombinierter Herzklappenfehler), die zur Implantation eines Herzschrittmachers am 28. Juni 2007 führte, geltend gemacht hat.
Das Sozialgericht hat zur weiteren Sachaufklärung den Facharzt für Innere Medizin Dr. Sl mit der Erstattung eines Sachverständigengutachtens beauftragt. Dieser stellte nach körperlicher Untersuchung des Klägers vom 12. September 2008 in seinem Gutachten vom 16. September 2008 nebst ergänzender Stellungnahme vom 18. Februar 2009 fest, dass eine bestehende PTBS ursächlich auf die Haft zurückzuführen sei. Sowohl die bestehende Schlafapnoe als auch die bestehenden Herzrhythmusstörungen seien mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit anlagebedingt. Nach dem Stand der medizinischen Kenntnisse scheide eine Kausalität von Herzrhythmusstörungen und den psychischen Folgen einer Haft aus. Auf Antrag des Klägers hat das Sozialgericht gemäß § 109 SGG die Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. E mit der Erstattung eines Gutachtens beauftragt. In ihrem nach körperlicher Untersuchung des Klägers vom 3. November 2009 am 11. Dezember 2009 erstatteten Gutachten gelangte die Sachverständige zu der Einschätzung, dass die PTBS mit einem GdS von 40 zu bewerten sei. Ein Zusammenhang zwischen der bestehenden Herzproblematik und der PTBS sei nicht sicher auszuschließen, könne von ihr jedoch letztlich nicht beurteilt werden. Auf weiteren Antrag des Klägers hat das Sozialgericht gemäß § 109 SGG die Chefärztin der Klinik für Psychosomatische Medizin des Akademischen Lehrkrankenhauses der Medizinischen Hochschule H Dr. S mit der Erstattung eines Sachverständigengutachtens beauftragt. Diese gelangte nach körperlicher Untersuchung des Klägers vom 17. Mai 2011 in ihrem Gutachten vom 8. Juni 2011 zu der Einschätzung, dass nach (neusten) Forschungsergebnissen Herzangstsymptome und die Erkrankung am Herzen mit einer Traumatisierung während der Haft im Zusammenhang stehen können. Die PTBS sei mit einem GdS von 40, der Herzfehler mit Herzrhythmusstörungen sowie die depressive Erkrankung mit einem GdS von jeweils 10 zu bewerten; der Gesamt-GdS sei auf 60 festzusetzen.
Mit Urteil vom 11. Oktober 2011 hat das Sozialgericht Berlin den Beklagten unter Änderung des Bescheides vom 11. Januar 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. Januar 2006 verpflichtet, bei dem Kläger einen GdS von 40 nach dem StrRehaG und dem HHG i. V. m. dem BVG ab Antragstellung festzustellen und die Klage im Übrigen unter gleichzeitiger Verpflichtung des Beklagten, dem Kläger die Hälfe seiner außergerichtlichen Kosten zu erstatten, abgewiesen. Nach den überzeugenden Gutachten der Sachverständigen Dr. S und Dr. E sei die PTBS mit überwiegender Wahrscheinlichkeit auf die erlittene Haft zurückzuführen und mit der Sachverständigen Dr. E auch zur Überzeugung des Gerichts mit einem GdS von 40 zu bewerten. Die beim Kläger bestehende Herzerkrankung sei indes der Einschätzung des Sachverständigen Dr. S folgend nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auf die Haft zurückzuführen. Dem stehe auch nicht die Einschätzung der Sachverständigen Dr. S entgegen, die in ihrem Gutachten die bloße Möglichkeit einer Kausalität der Haft für die Herzerkrankung aufzeige.
Gegen das ihm am 9. November 2011 zugestellte Urteil hat der Kläger am 8. Dezember 2011 Berufung eingelegt, mit der er sich ausschließlich noch gegen die Nichtanerkennung seiner Herzerkrankung als Schädigungsfolge wendet und die Feststellung eines GdS von insgesamt 60 begehrt.
Er ist der Auffassung, dass die Sachverständige Dr. S überzeugend ausgeführt habe, dass nach neuesten Forschungsergebnissen ein ursächlicher Zusammenhang zwischen den psychischen Folgen einer Haft und einer Herzerkrankung gegeben sein könne. Das Sozialgericht habe seine Entscheidung daher nicht auf die Einschätzung des Sachverständigen Dr. S stützen können, der einen entsprechenden Zusammenhang grundsätzlich in Abrede gestellt habe. Auch sein behandelnder Kardiologe Dr. K halte einen solchen Zusammenhang für möglich. Der Kläger verweist diesbezüglich auf dessen ärztliches Schreiben vom 26. Juni 2012.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 11. Oktober 2011 zu ändern und den Beklagten unter Änderung des Bescheides vom 11. Januar 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. Januar 2006 zu verpflichten, bei dem Kläger eine Herzerkrankung als Schädigungsfolge nach dem Strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetz anzuerkennen und dem Kläger eine Beschädigtenrente entsprechend einem Grad der Schädigungsfolgen von 60 ab dem 1. Juli 2002 zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung nimmt er auf die Ausführungen des Sozialgerichts in der angefochtenen Entscheidung Bezug.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, insbesondere die Schriftsätze der Beteiligten, sowie den Verwaltungsvorgang des Beklagten einschließlich dessen Schwerbehindertenakte verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist zulässig, jedoch unbegründet. Das Urteil des Sozialgerichts ist zutreffend. Denn der angefochtene Bescheid des Beklagten vom 11. Januar 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. Januar 2006 in der Neufassung des Tenors des Sozialgerichts nach Maßgabe der Entscheidung des Senats ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht seinen Rechten.
Der Kläger hat über die Anerkennung einer posttraumatischen Belastungsstörung als Schädigungsfolge nach dem StrRehaG und der Gewährung einer Beschädigtenrente entsprechend einem GdS von 40 ab dem 1. Juli 2002 hinaus keinen Anspruch auf Feststellung einer Herzerkrankung als (weitere) Schädigungsfolge der erlittenen Haftzeiten und der Gewährung einer Beschädigtenversorgung nach einem GdS von insgesamt 60 ab dem 1. Juli 2002 gemäß § 21 Abs. 1 Satz 1 StrRehaG i. V. m. § 30 Abs. 1, 31 BVG. Zu Recht hat das Sozialgericht die Anerkennung einer Herzerkrankung als weitere Schädigungsfolge der erlittenen rechtsstaatswidrigen Haftzeiten abgelehnt, weil sich nicht im Sinne der erforderlichen überwiegenden Wahrscheinlichkeit feststellen lässt, dass die Herzerkrankung des Klägers Folge der erlittenen Haft gewesen ist. Dabei kann dahinstehen, ob die Einschätzung des Sachverständigen Dr. St zutreffend ist, der einen kausalen Zusammenhang zwischen den psychischen Folgen einer Haft und einer Herzerkrankung generell verneint. Denn selbst wenn mit der Sachverständigen Dr. S aufgrund neuerer medizinischer Erkenntnisse davon auszugehen sein sollte, dass ein diesbezüglicher Zusammenhang nicht ausgeschlossen werden kann, fehlt es gleichwohl vorliegend an einem Nachweis dafür, dass die seit 2006 bestehende Herzerkrankung des Klägers mit der hier erforderlichen überwiegenden Wahrscheinlichkeit auf die Haft bzw. die psychischen Folgen dieser Haft zurückzuführen ist. Ein entsprechender Nachweis ist durch das eingeholte Sachverständigengutachten der Frau Dr. S nicht geführt worden. Insoweit wird lediglich die bloße Möglichkeit eines Ursachenzusammenhanges aufgezeigt und werden keine darüber hinausgehenden Feststellungen getroffen. Auch der behandelnde Kardiologe Dr. K verweist in seiner ärztlichen Stellungnahme vom 26. Juni 2012 im Ergebnis lediglich auf die bloße Möglichkeit eines ursächlichen Zusammenhangs, weil sich aus seinen Ausführungen keine Feststellungen ableiten lassen, die dafür sprechen, dass die Herzerkrankung mit überwiegender Wahrscheinlichkeit auf die erlittenen Haftzeiten zurückzuführen ist. Gegen einen in diesem Sinne bestehenden Zusammenhang spricht zudem, dass zwischen der erlittenen Strafhaft und der Manifestierung der Herzerkrankung im Jahre 2006 ein Zeitraum von ca. 25 Jahren liegt. Anlass zu weiteren Ermittlungen bestehen nicht. Der Sachverhalt ist ausermittelt, nachdem sich auch aufgrund der Feststellungen des nach § 109 SGG eingeholten Gutachtens der Sachverständigen Dr. S eine Herzerkrankung als weitere Schädigungsfolge in Sinne einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit nicht herleiten lässt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil Zulassungsgründe gemäß § 160 Abs. 2 SGG nicht gegeben sind.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Anerkennung einer Herzerkrankung als weitere Schädigungsfolge einer erlittenen Haft in der ehemaligen DDR sowie die Gewährung einer Beschädigtenrente nach einem Grad der Schädigungsfolgen (GdS) von 60 auf der Grundlage des Strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetzes (StrRehaG) i. V. m. dem Bundesversorgungsgesetz (BVG).
Der 1944 geborene Kläger ist Dipl.-Ingenieur für Bauwesen und war zuletzt bei der obersten Bauaufsicht in der Senatsverwaltung tätig. Seit Mai 2007 ist der Kläger Rentenbezieher.
Aufgrund des Urteils des Kreisgerichts B-P vom 11. Juli 1980 (Az: 611 S 338/80; 211-68-80) wurde der Kläger wegen Vorbereitung zum ungesetzlichen Grenzübertritt im schweren Fall zu einer Freiheitsstrafe von 3 Jahren und 6 Monaten verurteilt, nachdem er versucht hatte, die ehemalige DDR mit seiner früheren Lebensgefährtin mit einem Schiff von S über die Ostsee illegal zu verlassen. Der Kläger befand sich deswegen zunächst in Haft in der ehemaligen Volksrepublik P und wurde sodann an die Staatssicherheit übergeben. Er befand sich daraufhin in der Zeit vom 27. November 1979 bis zum 2. April 1981 in Haft in der DDR. Der Rest der Strafe wurde ausgesetzt, da der Kläger von der Bundesrepublik Deutschland "freigekauft" wurde, in die er am 2. April 1981 einreiste.
Mit Bescheinigung vom 29. Mai 1981 (Az: VII C 315-4635/190-7929) nach § 10 Abs. 4 des Häftlingshilfegesetzes (HHG) wurde festgestellt, dass der Kläger wegen des erlittenen Gewahrsams in der DDR die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Nr. 1 HHG erfülle und dass Ausschlussgründe gemäß § 2 HHG nicht vorliegen. Mit Beschluss des Landgerichts B vom 10. Februar 1992 (Az: (550 Rh) 3 Js 518/91 (2150/91)) wurde das Urteil des Kreisgerichts P vom 11. Juli 1980 aufgehoben und der Kläger für die Haftzeit in der DDR rehabilitiert.
Auf den sinngemäßen Antrag des Klägers auf Feststellung von Schädigungsfolgen und Versorgung nach dem StrRehaG/HHG i. V. m. dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) vom 12. Juli 2002 ließ der Beklagte den Kläger durch den Arzt für Chirurgie Dr. O und den Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. D begutachten. Der Einschätzung des Dr. D folgend anerkannte der Beklagte mit Bescheid vom 11. Januar 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. Januar 2006 nach dem StrRehaG eine posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) als Schädigungsfolge der erlittenen Strafhaft und gewährte dem Kläger deswegen eine Beschädigtenrente entsprechend einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) – seit dem 21. Dezember 2007 GdS – von 30 ab dem 1. Juli 2002. Die bestehenden internistischen (Schlafapnoe) sowie orthopädischen Leiden seien demgegenüber nicht haftbedingt.
Der Kläger hat am 26. Januar 2006 Klage vor dem Sozialgericht Berlin erhoben, mit der er insbesondere auch die Höherbewertung seiner psychischen Erkrankung sowie der seit Oktober 2006 festgestellten Herzerkrankung (Herzrhythmusstörungen, kombinierter Herzklappenfehler), die zur Implantation eines Herzschrittmachers am 28. Juni 2007 führte, geltend gemacht hat.
Das Sozialgericht hat zur weiteren Sachaufklärung den Facharzt für Innere Medizin Dr. Sl mit der Erstattung eines Sachverständigengutachtens beauftragt. Dieser stellte nach körperlicher Untersuchung des Klägers vom 12. September 2008 in seinem Gutachten vom 16. September 2008 nebst ergänzender Stellungnahme vom 18. Februar 2009 fest, dass eine bestehende PTBS ursächlich auf die Haft zurückzuführen sei. Sowohl die bestehende Schlafapnoe als auch die bestehenden Herzrhythmusstörungen seien mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit anlagebedingt. Nach dem Stand der medizinischen Kenntnisse scheide eine Kausalität von Herzrhythmusstörungen und den psychischen Folgen einer Haft aus. Auf Antrag des Klägers hat das Sozialgericht gemäß § 109 SGG die Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. E mit der Erstattung eines Gutachtens beauftragt. In ihrem nach körperlicher Untersuchung des Klägers vom 3. November 2009 am 11. Dezember 2009 erstatteten Gutachten gelangte die Sachverständige zu der Einschätzung, dass die PTBS mit einem GdS von 40 zu bewerten sei. Ein Zusammenhang zwischen der bestehenden Herzproblematik und der PTBS sei nicht sicher auszuschließen, könne von ihr jedoch letztlich nicht beurteilt werden. Auf weiteren Antrag des Klägers hat das Sozialgericht gemäß § 109 SGG die Chefärztin der Klinik für Psychosomatische Medizin des Akademischen Lehrkrankenhauses der Medizinischen Hochschule H Dr. S mit der Erstattung eines Sachverständigengutachtens beauftragt. Diese gelangte nach körperlicher Untersuchung des Klägers vom 17. Mai 2011 in ihrem Gutachten vom 8. Juni 2011 zu der Einschätzung, dass nach (neusten) Forschungsergebnissen Herzangstsymptome und die Erkrankung am Herzen mit einer Traumatisierung während der Haft im Zusammenhang stehen können. Die PTBS sei mit einem GdS von 40, der Herzfehler mit Herzrhythmusstörungen sowie die depressive Erkrankung mit einem GdS von jeweils 10 zu bewerten; der Gesamt-GdS sei auf 60 festzusetzen.
Mit Urteil vom 11. Oktober 2011 hat das Sozialgericht Berlin den Beklagten unter Änderung des Bescheides vom 11. Januar 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. Januar 2006 verpflichtet, bei dem Kläger einen GdS von 40 nach dem StrRehaG und dem HHG i. V. m. dem BVG ab Antragstellung festzustellen und die Klage im Übrigen unter gleichzeitiger Verpflichtung des Beklagten, dem Kläger die Hälfe seiner außergerichtlichen Kosten zu erstatten, abgewiesen. Nach den überzeugenden Gutachten der Sachverständigen Dr. S und Dr. E sei die PTBS mit überwiegender Wahrscheinlichkeit auf die erlittene Haft zurückzuführen und mit der Sachverständigen Dr. E auch zur Überzeugung des Gerichts mit einem GdS von 40 zu bewerten. Die beim Kläger bestehende Herzerkrankung sei indes der Einschätzung des Sachverständigen Dr. S folgend nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auf die Haft zurückzuführen. Dem stehe auch nicht die Einschätzung der Sachverständigen Dr. S entgegen, die in ihrem Gutachten die bloße Möglichkeit einer Kausalität der Haft für die Herzerkrankung aufzeige.
Gegen das ihm am 9. November 2011 zugestellte Urteil hat der Kläger am 8. Dezember 2011 Berufung eingelegt, mit der er sich ausschließlich noch gegen die Nichtanerkennung seiner Herzerkrankung als Schädigungsfolge wendet und die Feststellung eines GdS von insgesamt 60 begehrt.
Er ist der Auffassung, dass die Sachverständige Dr. S überzeugend ausgeführt habe, dass nach neuesten Forschungsergebnissen ein ursächlicher Zusammenhang zwischen den psychischen Folgen einer Haft und einer Herzerkrankung gegeben sein könne. Das Sozialgericht habe seine Entscheidung daher nicht auf die Einschätzung des Sachverständigen Dr. S stützen können, der einen entsprechenden Zusammenhang grundsätzlich in Abrede gestellt habe. Auch sein behandelnder Kardiologe Dr. K halte einen solchen Zusammenhang für möglich. Der Kläger verweist diesbezüglich auf dessen ärztliches Schreiben vom 26. Juni 2012.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 11. Oktober 2011 zu ändern und den Beklagten unter Änderung des Bescheides vom 11. Januar 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. Januar 2006 zu verpflichten, bei dem Kläger eine Herzerkrankung als Schädigungsfolge nach dem Strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetz anzuerkennen und dem Kläger eine Beschädigtenrente entsprechend einem Grad der Schädigungsfolgen von 60 ab dem 1. Juli 2002 zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung nimmt er auf die Ausführungen des Sozialgerichts in der angefochtenen Entscheidung Bezug.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, insbesondere die Schriftsätze der Beteiligten, sowie den Verwaltungsvorgang des Beklagten einschließlich dessen Schwerbehindertenakte verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist zulässig, jedoch unbegründet. Das Urteil des Sozialgerichts ist zutreffend. Denn der angefochtene Bescheid des Beklagten vom 11. Januar 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. Januar 2006 in der Neufassung des Tenors des Sozialgerichts nach Maßgabe der Entscheidung des Senats ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht seinen Rechten.
Der Kläger hat über die Anerkennung einer posttraumatischen Belastungsstörung als Schädigungsfolge nach dem StrRehaG und der Gewährung einer Beschädigtenrente entsprechend einem GdS von 40 ab dem 1. Juli 2002 hinaus keinen Anspruch auf Feststellung einer Herzerkrankung als (weitere) Schädigungsfolge der erlittenen Haftzeiten und der Gewährung einer Beschädigtenversorgung nach einem GdS von insgesamt 60 ab dem 1. Juli 2002 gemäß § 21 Abs. 1 Satz 1 StrRehaG i. V. m. § 30 Abs. 1, 31 BVG. Zu Recht hat das Sozialgericht die Anerkennung einer Herzerkrankung als weitere Schädigungsfolge der erlittenen rechtsstaatswidrigen Haftzeiten abgelehnt, weil sich nicht im Sinne der erforderlichen überwiegenden Wahrscheinlichkeit feststellen lässt, dass die Herzerkrankung des Klägers Folge der erlittenen Haft gewesen ist. Dabei kann dahinstehen, ob die Einschätzung des Sachverständigen Dr. St zutreffend ist, der einen kausalen Zusammenhang zwischen den psychischen Folgen einer Haft und einer Herzerkrankung generell verneint. Denn selbst wenn mit der Sachverständigen Dr. S aufgrund neuerer medizinischer Erkenntnisse davon auszugehen sein sollte, dass ein diesbezüglicher Zusammenhang nicht ausgeschlossen werden kann, fehlt es gleichwohl vorliegend an einem Nachweis dafür, dass die seit 2006 bestehende Herzerkrankung des Klägers mit der hier erforderlichen überwiegenden Wahrscheinlichkeit auf die Haft bzw. die psychischen Folgen dieser Haft zurückzuführen ist. Ein entsprechender Nachweis ist durch das eingeholte Sachverständigengutachten der Frau Dr. S nicht geführt worden. Insoweit wird lediglich die bloße Möglichkeit eines Ursachenzusammenhanges aufgezeigt und werden keine darüber hinausgehenden Feststellungen getroffen. Auch der behandelnde Kardiologe Dr. K verweist in seiner ärztlichen Stellungnahme vom 26. Juni 2012 im Ergebnis lediglich auf die bloße Möglichkeit eines ursächlichen Zusammenhangs, weil sich aus seinen Ausführungen keine Feststellungen ableiten lassen, die dafür sprechen, dass die Herzerkrankung mit überwiegender Wahrscheinlichkeit auf die erlittenen Haftzeiten zurückzuführen ist. Gegen einen in diesem Sinne bestehenden Zusammenhang spricht zudem, dass zwischen der erlittenen Strafhaft und der Manifestierung der Herzerkrankung im Jahre 2006 ein Zeitraum von ca. 25 Jahren liegt. Anlass zu weiteren Ermittlungen bestehen nicht. Der Sachverhalt ist ausermittelt, nachdem sich auch aufgrund der Feststellungen des nach § 109 SGG eingeholten Gutachtens der Sachverständigen Dr. S eine Herzerkrankung als weitere Schädigungsfolge in Sinne einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit nicht herleiten lässt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil Zulassungsgründe gemäß § 160 Abs. 2 SGG nicht gegeben sind.
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