Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 5 R 4634/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 R 2637/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 3. Juni 2011 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Die 1958 geborene Klägerin hat in ihrem Herkunftsland, dem früheren Jugoslawien (heute Kosovo) 5 Jahre lang ein "wirtschaftliches Schulungszentrum" besucht und dort den Beruf der Landwirtschaftstechnikerin erworben (Diplom vom 30. August 1980), anschließend war sie von Juli 1982 bis August 1984 im heutigen Slowenien als Maschinenweberin beschäftigt. Nach ihrem Zuzug in die Bundesrepublik Deutschland im Jahre 1985 war sie von Oktober 1993 bis März 1995 geringfügig als Reinigungskraft und ab April 1995 bis Oktober 2006 als Maschinenweberin beschäftigt. Im Anschluss daran war sie bis März 2008 arbeitsunfähig, seitdem ist die Klägerin arbeitslos.
Am 19. Februar 2009 beantragte die Klägerin die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte veranlasste daraufhin eine Begutachtung durch den Facharzt für Chirurgie und Unfallchirurgie Dr. Go ... Dieser gelangte in seinem Gutachten vom 31. März 2009, beruhend u.a. auf einer Untersuchung der Klägerin am 23. März 2009, zu den Diagnosen einer Funktionseinschränkung in beiden Kniegelenken, rechts größer als links, bei Zustand nach zweimaliger arthroskopischer Kniegelenkstoilette rechts, Zustand nach Implantation einer Kniegelenkstotalendoprothese (Knie-TEP) rechts wegen fortgeschrittener Gonarthrose im Oktober 2007, geringgradiger Gonarthrose links, des Weiteren einer somatoformen Schmerzstörung mit Verdeutlichungstendenz und gering- bis mäßiggradigen degenerativen Wirbelsäulenveränderungen mit Funktionseinschränkungen. Daneben gab der Gutachter noch eine Innenohrschwerhörigkeit und tinnitus aureum beidseits, mit Hörgeräten versorgt, an. Die Klägerin könne noch leichte Arbeit vollschichtig, vorwiegend im Sitzen, ausüben. Eine Einschränkung der Gehstrecke im sozialmedizinisch relevantem Ausmaß lasse sich aus den Befunden nicht ableiten. Daraufhin lehnte die Beklagte den Rentenantrag mit Bescheid vom 28. April 2009 ab. Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 23. Juni 2009 zurück.
Mit ihrer am 7. Juli 2009 zum Sozialgericht Stuttgart (SG) erhobenen Klage hat die Klägerin ihr Begehren weiterverfolgt. Zur Begründung hat sie vorgetragen, sie sei aufgrund der Kniegelenkserkrankungen kaum noch in der Lage, zu gehen. Infolge der Kniegelenkserkrankungen und der sich daraus ergebenden psychischen Belastungen sei sie inzwischen nicht mehr in der Lage, auch nur irgendeine Tätigkeit bis zu drei Stunden täglich auszuüben. Das SG hat zunächst Beweis erhoben durch Einholung einer schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage des behandelnden Orthopäden Dr. Lo ... Dieser hat über im Vordergrund stehende Beschwerden nach Implantation der Knie-TEP im Oktober 2007 berichtet; aufgrund des beklagten Dauerschmerzes sei lediglich eine drei- bis vierstündige Tätigkeit, ausschließlich im Sitzen, vorstellbar. Das SG hat daraufhin den Sachverständigen Dr. Ka., Facharzt für Orthopädie, mit der Erstattung eines fachorthopädischen Gutachtens beauftragt. Der Sachverständige hat in seinem Gutachten vom 1. Februar 2010, beruhend u.a. auf einer körperlichen und röntgenologischen Untersuchung der Klägerin am 14. Dezember 2009, bei der Klägerin einen Zustand nach Knie-TEP rechts mit Verdacht auf Lockerung, eine medial betonte Gonarthrose links, eine Cervicalgie und Lumbalgie, eine beginnende Coxarthrose beidseits sowie des Weiteren eine leichte AC-Gelenksarthrose beidseits, einen Fersensporn beidseits und einen Senk-Spreizfuß beidseits diagnostiziert. Er hat auf dieser Grundlage die Klägerin für noch imstande erachtet, leichte Tätigkeiten überwiegend im Sitzen unter Beachtung von weiteren qualitativen Einschränkungen vollschichtig auszuüben. Die Klägerin sei imstande, täglich viermal eine Wegstrecke von mehr als 500 m innerhalb von jeweils 20 Minuten zurückzulegen und zweimal öffentliche Verkehrsmittel während der Hauptverkehrszeiten zu nutzen. Das SG hat weiterhin Beweis erhoben durch Einholung eines nervenfachärztlichen Gutachtens. Der Facharzt für Neurologie und Psychatrie Dr. Gs. hat in seinem Gutachten vom 10. Januar 2011, beruhend u.a. auf einer ambulanten Untersuchung am 5. Januar 2011, bei der Klägerin auf neuropsychiatrischem Fachgebiet die Diagnose einer Anpassungsstörung mit längerdauernder depressiven Reaktion sowie chronischem Spannungskopfschmerz gestellt. Diese Gesundheitsstörungen gingen mit einer leichten Verminderung der psychischen Belastbarkeit, einer Verminderung der Stress- und Konflikttoleranz und einer leichten Minderung des Anpassungs- und Umstellungsvermögens einher. Die Erkrankungen auf neuropsychiatrischem Fachgebiet hätten jedoch keine negativen Auswirkungen auf leichte körperliche Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes, weshalb die Klägerin noch in der Lage sei, leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sechs bis unter acht Stunden täglich unter Berücksichtigung weiterer qualitativer Einschränkungen zu verrichten. Die Wegefähigkeit der Klägerin sei erhalten. Im Rahmen einer ergänzenden Anfrage hat Dr. Lo. unter dem 29. März 2011 bekundet, dass es in den vergangenen 16 Monaten zu keiner Befundänderung gekommen sei.
Mit Gerichtsbescheid vom 3. Juni 2011 hat das SG die Klage daraufhin abgewiesen. Die Klägerin sei weder voll noch teilweise erwerbsgemindert. Der Sachverständige Dr. Ka. habe nachvollziehbar dargelegt, dass die Klägerin leichte körperliche Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter Beachtung weiterer qualitativer Einschränkungen mindestens sechs Stunden täglich ausüben könne. Auch die Wegefähigkeit der Klägerin sei danach erhalten. Objektive Befunde, die die Behauptung der Klägerin, sie könne nur wenige Meter am Stück gehen, belegen würden, seien nicht ersichtlich. Auch auf nervenfachärztlichem Gebiet habe der Sachverständige Dr. Gs. - für das SG schlüssig - bei der Klägerin ein Leistungsvermögen von sechs bis unter acht Stunden täglich für leichte körperliche Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt bestätigt. Ein Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung der Berufsunfähigkeit bestehe gleichfalls nicht, da die Klägerin aufgrund ihres beruflichen Werdegangs und unter Berücksichtigung der zuletzt ausgeübten Tätigkeit als Arbeiterin in einer Weberei dem Leitbild eines ungelernten Arbeitnehmers zuzuordnen sei und somit auf sämtliche Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verwiesen werden könne.
Gegen den ihrem Bevollmächtigten am 7. Juni 2011 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 17. Juni 2011 beim SG Berufung eingelegt. Zur Begründung dieser hat sie zum einen auf den behandelnden Orthopäden Dr. Lo. verwiesen, nach dessen Ansicht sie allenfalls drei bis vier Stunden täglich im Sitzen arbeiten könne. Vor allem aber sei sie entgegen den Ausführungen im angefochtenen Gerichtsbescheid schon nicht wegefähig. Das SG habe völlig außer Acht gelassen, dass sie sich nur mit Hilfe von zwei Unterarmgehstützen überhaupt fortbewegen könne. Sie hat hierzu einen auf ihren Wunsch erstatteten ärztlichen Bericht des Dr. Lo. vom 22. September 2011 vorgelegt, wonach die Gehstrecke deutlich eingeschränkt sei, es seien maximal 200 m möglich, bevor sie stehenbleiben müsse, um sich zu erholen, weshalb aus medizinischer Sicht derzeit lediglich eine drei- bis vierstündige Tätigkeit ausschließlich im Sitzen vorstellbar sei.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 3. Juni 2011 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 28. April 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Juni 2009 zu verurteilen, ihr ab 1. Februar 2009 Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung auf Dauer zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie beruft sich zur Begründung im wesentlichen auf den angefochtenen Gerichtsbescheid sowie auf die im Laufe des Berufungsverfahrens vorgelegten sozialmedizinischen Stellungnahmen.
Der Senat hat den Orthopäden Dr. He. mit der Erstattung eines orthopädischen Sachverständigengutachtens beauftragt. Der Sachverständige hat in seinem Gutachten vom 19. Dezember 2011, beruhend u.a. auf einer ambulanten Untersuchung am 21. November 2011, folgende Gesundheitsstörungen bei der Klägerin festgestellt: - Schmerzhafte Funktionsstörung des rechten Kniegelenks bei offenbar degenerativen Innenmeniskusschäden und fortschreitenden innenseitig betonten Gelenkknorpelschäden im rechten Knie ab 2006, - schmerzhafte Funktionsstörung des linken Kniegelenks nach arthroskopischer Innenmeniskusteilentfernung 2004 bei radiologischem Nachweis mäßiggradiger arthrotischer Veränderungen im inneren Kniespalt und hinter der Kniescheibe, - diffuse Schmerzen im ganzen Körper ohne eindeutiges organisches Korrelat. Aus orthopädischer Sicht gäbe es lediglich Einschränkungen aufgrund des Leidens im Bereich der Kniegelenke. Aufgrund dieser objektivierbaren Gelenkschäden sollte die Klägerin nur noch leichte bis gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten überwiegend im Sitzen unter Berücksichtigung weiterer qualitativer Einschränkungen verrichten. Aus orthopädischer Sicht habe er keinen überzeugenden Grund dafür gefunden, warum die Klägerin bei vollschichtiger Tätigkeit an einem leidensgerechten Arbeitsplatz unerträgliche Schmerzen entwickeln solle. Er habe auch keine plausible Begründung dafür finden können, warum die Klägerin unter Berücksichtigung ihrer orthopädischen Leiden nicht in der Lage sein sollte, viermal täglich eine Wegstrecke von wenigstens 500 m in jeweils deutlich unter 20 Minuten zurückzulegen.
In einem auf Antrag und Kostenrisiko der Klägerin gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) eingeholten Gutachten durch Dr. Ph., Arzt für Orthopädie, vom 16. April 2012, beruhend u.a. auf einer Untersuchung vom 6. März 2012, hat dieser folgende Diagnosen gestellt: - Meniskus- und Knorpelschaden am rechten Kniegelenk seit 2006 - seit 2004 arthroskopisch behandelter Innenmeniskusschaden am linken Kniegelenk sowie radiologisch nachweisbare mäßiggradige arthrotische degenerative Veränderungen am inneren Kniespalt und Kniescheibenrückfläche, verstärkt durch Fehlbelastung nach rechter Kniegelenkserkrankung - transistorische fehlbelastungsabhängige Rückenbeschwerden von Seiten der Lendenwirbelsäule sowie der Schulter-Nackenregion. Bis zu einer "genaue(n) Klärung sonstiger zumutbarer Erkrankungen, z.B. von Seiten der Wirbelsäule (Hals- und Lendenwirbelsäule) bandscheibenbedingte Erkrankungen" müssten "im Sinne der zumutbaren erhöhten Eigen- und Fremdgefährdung jegliche Tätigkeiten als erhöhtes Risiko eingestuft werden", weshalb von einer vollschichtigen körperlichen Belastbarkeit nicht ausgegangen werden könne. Die Klägerin sei im aktuellen Zustand aus orthopädischer Sicht nur "unter halbschichtig bis Maximum halbschichtig" einsetzbar. Die aktuelle zumutbare Wegstrecke liege deutlich unter viermal täglich wenigstens 500 m von jeweils 20 Minuten. In einer ergänzenden Stellungnahme vom 26. Juni 2012 hat der Sachverständige Dr. He. an seinen eigenen gutachterlichen Einschätzungen festgehalten.
Wegen der weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten, die Klageakte des SG sowie die Berufungsakte des Senats verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg.
Die Berufung der Klägerin ist statthaft (§§ 143, 144 Abs. 1 SGG) und auch im Übrigen zulässig; sie ist unter Beachtung der maßgeblichen Form- und Fristvorschriften (§ 151 Abs. 1 SGG) eingelegt worden. Die Berufung ist jedoch unbegründet; das SG hat die Klage zu Recht als unbegründet abgewiesen. Gegenstand der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage ist der den Rentenantrag der Klägerin vom 19. Februar 2009 ablehnende Bescheid vom 28. April 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Juni 2009. Dieser erweist sich als rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die Gewährung einer Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung. Sie ist weder erwerbsgemindert noch berufsunfähig. Sie ist auch zur vollen Überzeugung des Senats noch vollschichtig, d.h. sechs Stunden am Tag leistungsfähig, weshalb eine Erwerbsminderung nicht vorliegt. Als ungelernte Arbeiterin ist die Klägerin auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar, weshalb sie auch nicht berufsunfähig ist. Durch das am 1. Januar 2001 in Kraft getretene Gesetz zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vom 20. Dezember 2000 (BGBl. I S. 1827 ff.) hat der Gesetzgeber das Recht der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit grundlegend neu geordnet. Kernstück der Neuregelung ist die Abschaffung der bisherigen Berufsunfähigkeitsrente für nach dem 1. Januar 1961 geborene Versicherte und die Einführung einer zweistufigen Erwerbsminderungsrente mit einer vollen Erwerbsminderungsrente bei einem Restleistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt von unter drei Stunden und einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei einem Restleistungsvermögen von drei bis unter sechs Stunden. Berufsunfähige Versicherte, die vor dem 2. Januar 1961 geboren sind, können nun gemäß § 240 Abs. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit beanspruchen.
Gemäß § 43 Abs. 1 SGB VI haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie teilweise erwerbsgemindert sind (Satz 1 Nr. 1), in den letzen fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Satz 1 Nr. 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Satz 1 Nr. 3). Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (Satz 2). Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung haben - bei im Übrigen identischen Tatbestandsvoraussetzungen - Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI). Gemäß § 43 Abs. 3 SGB VI ist nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Nach § 240 Abs. 1 SGB VI haben darüber hinaus Versicherte, die vor dem 2. Januar 1961 geboren und berufsunfähig sind, bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie die sonstigen Voraussetzungen erfüllen. Berufsunfähig sind Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist (§ 240 Abs. 2 Satz 1 SGB VI). Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufes und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 240 Abs. 2 Sätze 2 und 4 SGB VI).
Dass bei der Klägerin eine quantitative Einschränkung des beruflichen Leistungsvermögens auf ein unter sechsstündiges Maß nicht gegeben ist, hat das SG in nicht zu beanstandender Würdigung der umfassend erhobenen Beweise zutreffend, insbesondere aus den von Amts wegen eingeholten Gutachten der Sachverständigen Dr. Ka. und Dr. Gs. geschlussfolgert. Der Senat schließt sich, nachdem die Einschätzung des SG auch mit der Leistungsbeurteilung des im Wege des Urkundsbeweises verwertbaren Verwaltungsgutachtens Dr. Go. übereinstimmt, zunächst den Entscheidungsgründen des mit der Berufung angefochtenen Gerichtsbescheids vom 3. Juni 2011, insbesondere der dort vorgenommenen Beweiswürdigung an, macht sich diese aufgrund eigener Überzeugungsbildung vollinhaltlich zu eigen und sieht deshalb insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 153 Abs. 2 SGG).
Das Vorbringen der Klägerin zur Begründung der Berufung und die im Verlauf des Berufungsverfahrens durchgeführte Beweisaufnahme rechtfertigen keine abweichende Beurteilung. Vielmehr ist durch das vom Senat in Auftrag gegebene fachorthopädische Sachverständigengutachten von Dr. He. die Richtigkeit der vom SG vorgenommenen Beweiswürdigung nachdrücklich bestätigt worden. In Übereinstimmung mit dem Sachverständigen auf fachorthopädischem Gebiet Dr. Ka. ist auch Dr. He. zu dem Ergebnis gelangt, dass maßgebliche Einschränkungen auf orthopädischem Fachgebiet im wesentlichen aufgrund der Gesundheitsstörungen im Bereich der beiden Kniegelenke bestehen, ohne dass hieraus quantitative Einschränkungen resultierten. Diese Einschätzung des Sachverständigen Dr. He. wird von dem von ihm erhobenen Untersuchungsbefund, insbesondere auch von den Ergebnissen der Beweglichkeitsprüfung bestätigt. Auf Grundlage der erhobenen Befunde ist für den Senat ohne Weiteres die Leistungseinschätzung des Sachverständigen Dr. He. nachvollziehbar, wonach die Knieerkrankungen zwar qualitative Einschränkungen mit sich bringen, ein zeitlich eingeschränktes berufliches Restleistungsvermögen aufgrund des Krankheitsbilds auf orthopädischem Fachgebiet sich indes nicht nachweisen lässt. Diese Feststellungen werden so auch von den beiden Vorgutachtern auf orthopädischem Gebiet getragen. Der abweichenden Beurteilung des Sachverständigen Dr. Ph. in seinem orthopädischen Gutachten vom 16. April 2012 vermag sich der Senat nicht anzuschließen. Dr. Ph. gelangt bei weitgehend identischem Funktionsbefund wie die Vorgutachter gleichfalls zu der Einschätzung, dass die maßgeblichen Gesundheitsstörungen der Klägerin auf orthopädischem Fachgebiet im Bereich der beiden Kniegelenke bestehen. Daneben sieht er transistorische fehlbelastungsabhängige Rückenbeschwerden von Seiten der Lendenwirbelsäule sowie der Schulter-Nacken-Region, ohne das hieraus resultierende Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigung näher zu beschreiben. Allerdings berichtet der Sachverständige davon, der klinische und radiologische Untersuchungsbefund habe keine wesentlichen, vom altersentsprechenden Normbereich abweichenden Werte von Seiten der Schulter-Nacken-Region sowie der LWS ergeben. Vor dem Hintergrund des vom Sachverständigen Dr. Ph. erhobenen Befundes ist die dann von ihm vorgenommene Leistungseinschätzung, wonach die Klägerin aus orthopädischer Sicht nur noch "unter halbschichtig bis Maximum halbschichtig einsetzbar" sei, nicht nachvollziehbar. Unklar bleibt, welche "Klärung sonstiger zumutbarer Erkrankungen, z.B. von Seiten der Wirbelsäule", von deren Vornahme der Sachverständige offenbar ein vollschichtiges Leistungsvermögen abhängig machen möchte, er für erforderlich erachtet und weshalb. Die Befunderhebung des Sachverständigen selbst hat jedenfalls, soweit für den Senat nachvollziehbar, keine klärungsbedürftigen Fragen offengelassen. Zusammenfassend kommt der Sachverständige bei einem bereits aus den Vorgutachten bekannten Befund - dem die dortigen Sachverständigen nach Überzeugung des Senats schlüssig und nachvollziehbar keine in zeitlicher Hinsicht leistungsmindernde Auswirkung zuerkannt haben - zu einer quantitativen Leistungseinschränkung, ohne dass diese begründet wird. Möglicherweise hat sich Dr. Ph. insoweit vom subjektiven Beschwerdevortrag der Klägerin beeinflussen lassen, bei der er keine Anzeichen einer Verdeutlichungstendenz erkennen konnte. Dies steht zunächst im Widerspruch zu den Bekundungen der übrigen Gutachter, die durchgehend von einer ausgeprägten Verdeutlichungstendenz der Klägerin berichteten (so Dr. Go.: "Verdeutlichungstendenz unverkennbar"; Dr. Kahroun: "sehr klagsam, ausgeprägte Verdeutlichungstendenz"; Dr. Gs.: "demonstrative Verhaltensweisen"; Dr. He.: "unübersehbar leidensbetontes Verhalten, auffällig klagsam"). Das nicht ausschließlich körperlich bestimmte Krankheitsbild bei der Klägerin im Sinne eines Schmerzsyndroms wurde außerdem bereits vom Sachverständigen Dr. Gs. fachärztlich gewürdigt. Zwar deuteten Art und Dosierung der eingenommenen Analgetika darauf hin, dass die Klägerin durch dieses Schmerzsyndrom nicht unerheblich belastet sei. Die geklagten Schmerzen sind aber nach Einschätzung von Dr. Gs. im Rahmen des bestehenden depressiven Syndroms und im Rahmen des Rentenbegehrens psychogen ausgestaltet. Sie sind von Dr. Gs. als Bestandteil der Anpassungsstörung mit längerdauernden depressiven Reaktionen sowie chronischem Spannungskopfschmerz gewertet worden. Diese Gesundheitsstörungen insgesamt wirken sich, wie der Sachverständige Dr. Gs. nachvollziehbar und schlüssig dargelegt hat, in einer leichten Verminderung der psychopsychischen Belastbarkeit, einer Verminderung der Stress- und Konflikttoleranz und in einer leichten Minderung des Anpassungs- und Umstellungsvermögens aus, ohne negative Auswirkungen auf leichte körperliche Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes zu haben.
Eine relevante Erwerbsminderung ergibt sich auch nicht aufgrund der von der Klägerin vorgetragenen Einschränkung der Wegefähigkeit. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts gehört zur Erwerbsfähigkeit neben der zeitlich ausreichenden Einsetzbarkeit des Versicherten am Arbeitsplatz auch das Vermögen, eine Arbeitsstelle aufzusuchen (zuletzt BSG vom 12. Dezember 2011 - B 13 R 21/10 R - Juris Rdnr. 20). Eine gesundheitliche Beeinträchtigung, die dem Versicherten dies nicht erlaubt, stellt eine derart schwere Leistungseinschränkung dar, dass der Arbeitsmarkt trotz eines vorhandenen vollschichtigen Leistungsvermögens als verschlossen anzusehen ist (BSG a.a.O., Juris Rdnr. 21). Eine (volle) Erwerbsminderung setzt danach grundsätzlich voraus, dass der Versicherte nicht viermal am Tag Wegstrecken von über 500 m jeweils innerhalb von 20 Minuten zu Fuß bewältigen und ferner zweimal täglich während der Hauptverkehrszeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln fahren kann. Zwar hat die Klägerin im Rahmen der Begutachtung durch Dr. He. angegeben, sie könne in den genannten 20 Minuten vielleicht 200 m zurücklegen und sei auf keinen Fall in der Lage, viermal täglich eine Wegstrecke von wenigstens 500 m zurückzulegen. Von einer solchermaßenen Einschränkung der Wegefähigkeit der Klägerin vermochte sich der Senat jedoch nicht zu überzeugen. Unter Berücksichtigung der objektiven Strukturschäden in den beiden Kniegelenken kann aus orthopädischer Sicht keine plausible Begründung dafür erbracht werden, weshalb die Klägerin nicht in der Lage sein sollte, viermal täglich die genannte Wegstrecke in jeweils deutlich unter 20 Minuten zurückzulegen. Zu diesem Ergebnis gelangen sowohl der Sachverständige Dr. Ka. wie auch Dr. He. in Übereinstimmung mit dem Verwaltungsgutachter Dr. Go ... Soweit sich die Klägerin zur Begründung dieser Einschränkung auf eine Stellungnahme des behandelnden Orthopäden Dr. Lo. vom 22. September 2011 beruft, kann dieser Stellungnahme nur entnommen werden, dass die Gehstrecke eingeschränkt sei und die Klägerin maximal 200 m am Stück laufen könne, bevor sie dann stehenbleiben müsse, um sich zu erholen. Allein aus diesen Angaben, deren Objektivierung unterbleibt, kann jedoch nicht geschlussfolgert werden, dass die Klägerin, gegebenenfalls mit einer Unterbrechung/Pause nach 200 m, nicht imstande sein sollte, die erforderliche Wegstrecke in der genannten Zeit zurückzulegen. Der Sachverständige Dr. Ph. wiederum beschränkt sich auf eine apodiktische Feststellung einer "deutlich unter der üblichen ... Leistungsgrenze" liegenden zumutbaren Wegstrecke, ohne hierfür eine Begründung zu liefern. Der behandelnde Neurologe und Psychiater Dr. Petrovic wiederum verweist in seinem Befundbericht vom 21. Juni 2012 vollständig auf die Aussage des Orthopäden Dr. Lo., ohne eine eigene Einschätzung oder gar Befunde beizusteuern. Eine rentenrelevante Einschränkung der Wegefähigkeit ist damit nicht nachgewiesen.
Auch der Ausnahmefall einer Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder einer schweren spezifischen Leistungsbehinderung ist nicht gegeben. In qualitativer Hinsicht könne der Klägerin, wie die Sachverständigen Dr. Ka. und Dr. He. in ihren Gutachten auch insoweit überzeugend ausgeführt haben, keine knienden Tätigkeiten, keine Überkopfarbeiten sowie keine Arbeiten, die mit dem Besteigen von Leitern und Gerüsten einhergehen, zugemutet werden. Die Klägerin sollte nur noch leichte bis gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten, überwiegend im Sitzen verrichten, wobei sie die Möglichkeit haben sollte, die Beine nach Belieben auszustrecken und zwischendurch auch zeitweise stehen und gehen können sollte. Die Erkrankungen auf dem neuropsychiatrischen Fachgebiet haben, so nachvollziehbar Dr. Gs. in seiner gutachterlichen Stellungnahme vom 10. Januar 2011, keine negativen Auswirkungen auf leichte körperliche Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes. Die vorliegenden Einschränkungen können damit zwar das Spektrum der für die Klägerin in Betracht kommenden Tätigkeiten einschränken, sie begründen aber keine Zweifel an der normalen betrieblichen Einsatzfähigkeit für leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes.
Nachdem die Klägerin unter Berücksichtigung ihres beruflichen Werdegangs und der zuletzt ausgeübten Tätigkeit als Arbeiterin in einer Weberei dem Leitbild eines ungelernten Arbeiters zuzuordnen ist, kann sie auf sämtliche Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verwiesen werden, so dass auch ein Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit im Sinne des § 240 Abs. 1 SGB VI nicht besteht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Hierbei war für den Senat im Rahmen des ihm eingeräumten Ermessens ausschlaggebend, dass die Rechtsverfolgung der Klägerin insgesamt ohne Erfolg geblieben ist und die Beklagte keinen berechtigten Anlass zur Klageerhebung gegeben hat.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Die 1958 geborene Klägerin hat in ihrem Herkunftsland, dem früheren Jugoslawien (heute Kosovo) 5 Jahre lang ein "wirtschaftliches Schulungszentrum" besucht und dort den Beruf der Landwirtschaftstechnikerin erworben (Diplom vom 30. August 1980), anschließend war sie von Juli 1982 bis August 1984 im heutigen Slowenien als Maschinenweberin beschäftigt. Nach ihrem Zuzug in die Bundesrepublik Deutschland im Jahre 1985 war sie von Oktober 1993 bis März 1995 geringfügig als Reinigungskraft und ab April 1995 bis Oktober 2006 als Maschinenweberin beschäftigt. Im Anschluss daran war sie bis März 2008 arbeitsunfähig, seitdem ist die Klägerin arbeitslos.
Am 19. Februar 2009 beantragte die Klägerin die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte veranlasste daraufhin eine Begutachtung durch den Facharzt für Chirurgie und Unfallchirurgie Dr. Go ... Dieser gelangte in seinem Gutachten vom 31. März 2009, beruhend u.a. auf einer Untersuchung der Klägerin am 23. März 2009, zu den Diagnosen einer Funktionseinschränkung in beiden Kniegelenken, rechts größer als links, bei Zustand nach zweimaliger arthroskopischer Kniegelenkstoilette rechts, Zustand nach Implantation einer Kniegelenkstotalendoprothese (Knie-TEP) rechts wegen fortgeschrittener Gonarthrose im Oktober 2007, geringgradiger Gonarthrose links, des Weiteren einer somatoformen Schmerzstörung mit Verdeutlichungstendenz und gering- bis mäßiggradigen degenerativen Wirbelsäulenveränderungen mit Funktionseinschränkungen. Daneben gab der Gutachter noch eine Innenohrschwerhörigkeit und tinnitus aureum beidseits, mit Hörgeräten versorgt, an. Die Klägerin könne noch leichte Arbeit vollschichtig, vorwiegend im Sitzen, ausüben. Eine Einschränkung der Gehstrecke im sozialmedizinisch relevantem Ausmaß lasse sich aus den Befunden nicht ableiten. Daraufhin lehnte die Beklagte den Rentenantrag mit Bescheid vom 28. April 2009 ab. Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 23. Juni 2009 zurück.
Mit ihrer am 7. Juli 2009 zum Sozialgericht Stuttgart (SG) erhobenen Klage hat die Klägerin ihr Begehren weiterverfolgt. Zur Begründung hat sie vorgetragen, sie sei aufgrund der Kniegelenkserkrankungen kaum noch in der Lage, zu gehen. Infolge der Kniegelenkserkrankungen und der sich daraus ergebenden psychischen Belastungen sei sie inzwischen nicht mehr in der Lage, auch nur irgendeine Tätigkeit bis zu drei Stunden täglich auszuüben. Das SG hat zunächst Beweis erhoben durch Einholung einer schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage des behandelnden Orthopäden Dr. Lo ... Dieser hat über im Vordergrund stehende Beschwerden nach Implantation der Knie-TEP im Oktober 2007 berichtet; aufgrund des beklagten Dauerschmerzes sei lediglich eine drei- bis vierstündige Tätigkeit, ausschließlich im Sitzen, vorstellbar. Das SG hat daraufhin den Sachverständigen Dr. Ka., Facharzt für Orthopädie, mit der Erstattung eines fachorthopädischen Gutachtens beauftragt. Der Sachverständige hat in seinem Gutachten vom 1. Februar 2010, beruhend u.a. auf einer körperlichen und röntgenologischen Untersuchung der Klägerin am 14. Dezember 2009, bei der Klägerin einen Zustand nach Knie-TEP rechts mit Verdacht auf Lockerung, eine medial betonte Gonarthrose links, eine Cervicalgie und Lumbalgie, eine beginnende Coxarthrose beidseits sowie des Weiteren eine leichte AC-Gelenksarthrose beidseits, einen Fersensporn beidseits und einen Senk-Spreizfuß beidseits diagnostiziert. Er hat auf dieser Grundlage die Klägerin für noch imstande erachtet, leichte Tätigkeiten überwiegend im Sitzen unter Beachtung von weiteren qualitativen Einschränkungen vollschichtig auszuüben. Die Klägerin sei imstande, täglich viermal eine Wegstrecke von mehr als 500 m innerhalb von jeweils 20 Minuten zurückzulegen und zweimal öffentliche Verkehrsmittel während der Hauptverkehrszeiten zu nutzen. Das SG hat weiterhin Beweis erhoben durch Einholung eines nervenfachärztlichen Gutachtens. Der Facharzt für Neurologie und Psychatrie Dr. Gs. hat in seinem Gutachten vom 10. Januar 2011, beruhend u.a. auf einer ambulanten Untersuchung am 5. Januar 2011, bei der Klägerin auf neuropsychiatrischem Fachgebiet die Diagnose einer Anpassungsstörung mit längerdauernder depressiven Reaktion sowie chronischem Spannungskopfschmerz gestellt. Diese Gesundheitsstörungen gingen mit einer leichten Verminderung der psychischen Belastbarkeit, einer Verminderung der Stress- und Konflikttoleranz und einer leichten Minderung des Anpassungs- und Umstellungsvermögens einher. Die Erkrankungen auf neuropsychiatrischem Fachgebiet hätten jedoch keine negativen Auswirkungen auf leichte körperliche Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes, weshalb die Klägerin noch in der Lage sei, leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sechs bis unter acht Stunden täglich unter Berücksichtigung weiterer qualitativer Einschränkungen zu verrichten. Die Wegefähigkeit der Klägerin sei erhalten. Im Rahmen einer ergänzenden Anfrage hat Dr. Lo. unter dem 29. März 2011 bekundet, dass es in den vergangenen 16 Monaten zu keiner Befundänderung gekommen sei.
Mit Gerichtsbescheid vom 3. Juni 2011 hat das SG die Klage daraufhin abgewiesen. Die Klägerin sei weder voll noch teilweise erwerbsgemindert. Der Sachverständige Dr. Ka. habe nachvollziehbar dargelegt, dass die Klägerin leichte körperliche Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter Beachtung weiterer qualitativer Einschränkungen mindestens sechs Stunden täglich ausüben könne. Auch die Wegefähigkeit der Klägerin sei danach erhalten. Objektive Befunde, die die Behauptung der Klägerin, sie könne nur wenige Meter am Stück gehen, belegen würden, seien nicht ersichtlich. Auch auf nervenfachärztlichem Gebiet habe der Sachverständige Dr. Gs. - für das SG schlüssig - bei der Klägerin ein Leistungsvermögen von sechs bis unter acht Stunden täglich für leichte körperliche Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt bestätigt. Ein Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung der Berufsunfähigkeit bestehe gleichfalls nicht, da die Klägerin aufgrund ihres beruflichen Werdegangs und unter Berücksichtigung der zuletzt ausgeübten Tätigkeit als Arbeiterin in einer Weberei dem Leitbild eines ungelernten Arbeitnehmers zuzuordnen sei und somit auf sämtliche Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verwiesen werden könne.
Gegen den ihrem Bevollmächtigten am 7. Juni 2011 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 17. Juni 2011 beim SG Berufung eingelegt. Zur Begründung dieser hat sie zum einen auf den behandelnden Orthopäden Dr. Lo. verwiesen, nach dessen Ansicht sie allenfalls drei bis vier Stunden täglich im Sitzen arbeiten könne. Vor allem aber sei sie entgegen den Ausführungen im angefochtenen Gerichtsbescheid schon nicht wegefähig. Das SG habe völlig außer Acht gelassen, dass sie sich nur mit Hilfe von zwei Unterarmgehstützen überhaupt fortbewegen könne. Sie hat hierzu einen auf ihren Wunsch erstatteten ärztlichen Bericht des Dr. Lo. vom 22. September 2011 vorgelegt, wonach die Gehstrecke deutlich eingeschränkt sei, es seien maximal 200 m möglich, bevor sie stehenbleiben müsse, um sich zu erholen, weshalb aus medizinischer Sicht derzeit lediglich eine drei- bis vierstündige Tätigkeit ausschließlich im Sitzen vorstellbar sei.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 3. Juni 2011 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 28. April 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Juni 2009 zu verurteilen, ihr ab 1. Februar 2009 Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung auf Dauer zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie beruft sich zur Begründung im wesentlichen auf den angefochtenen Gerichtsbescheid sowie auf die im Laufe des Berufungsverfahrens vorgelegten sozialmedizinischen Stellungnahmen.
Der Senat hat den Orthopäden Dr. He. mit der Erstattung eines orthopädischen Sachverständigengutachtens beauftragt. Der Sachverständige hat in seinem Gutachten vom 19. Dezember 2011, beruhend u.a. auf einer ambulanten Untersuchung am 21. November 2011, folgende Gesundheitsstörungen bei der Klägerin festgestellt: - Schmerzhafte Funktionsstörung des rechten Kniegelenks bei offenbar degenerativen Innenmeniskusschäden und fortschreitenden innenseitig betonten Gelenkknorpelschäden im rechten Knie ab 2006, - schmerzhafte Funktionsstörung des linken Kniegelenks nach arthroskopischer Innenmeniskusteilentfernung 2004 bei radiologischem Nachweis mäßiggradiger arthrotischer Veränderungen im inneren Kniespalt und hinter der Kniescheibe, - diffuse Schmerzen im ganzen Körper ohne eindeutiges organisches Korrelat. Aus orthopädischer Sicht gäbe es lediglich Einschränkungen aufgrund des Leidens im Bereich der Kniegelenke. Aufgrund dieser objektivierbaren Gelenkschäden sollte die Klägerin nur noch leichte bis gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten überwiegend im Sitzen unter Berücksichtigung weiterer qualitativer Einschränkungen verrichten. Aus orthopädischer Sicht habe er keinen überzeugenden Grund dafür gefunden, warum die Klägerin bei vollschichtiger Tätigkeit an einem leidensgerechten Arbeitsplatz unerträgliche Schmerzen entwickeln solle. Er habe auch keine plausible Begründung dafür finden können, warum die Klägerin unter Berücksichtigung ihrer orthopädischen Leiden nicht in der Lage sein sollte, viermal täglich eine Wegstrecke von wenigstens 500 m in jeweils deutlich unter 20 Minuten zurückzulegen.
In einem auf Antrag und Kostenrisiko der Klägerin gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) eingeholten Gutachten durch Dr. Ph., Arzt für Orthopädie, vom 16. April 2012, beruhend u.a. auf einer Untersuchung vom 6. März 2012, hat dieser folgende Diagnosen gestellt: - Meniskus- und Knorpelschaden am rechten Kniegelenk seit 2006 - seit 2004 arthroskopisch behandelter Innenmeniskusschaden am linken Kniegelenk sowie radiologisch nachweisbare mäßiggradige arthrotische degenerative Veränderungen am inneren Kniespalt und Kniescheibenrückfläche, verstärkt durch Fehlbelastung nach rechter Kniegelenkserkrankung - transistorische fehlbelastungsabhängige Rückenbeschwerden von Seiten der Lendenwirbelsäule sowie der Schulter-Nackenregion. Bis zu einer "genaue(n) Klärung sonstiger zumutbarer Erkrankungen, z.B. von Seiten der Wirbelsäule (Hals- und Lendenwirbelsäule) bandscheibenbedingte Erkrankungen" müssten "im Sinne der zumutbaren erhöhten Eigen- und Fremdgefährdung jegliche Tätigkeiten als erhöhtes Risiko eingestuft werden", weshalb von einer vollschichtigen körperlichen Belastbarkeit nicht ausgegangen werden könne. Die Klägerin sei im aktuellen Zustand aus orthopädischer Sicht nur "unter halbschichtig bis Maximum halbschichtig" einsetzbar. Die aktuelle zumutbare Wegstrecke liege deutlich unter viermal täglich wenigstens 500 m von jeweils 20 Minuten. In einer ergänzenden Stellungnahme vom 26. Juni 2012 hat der Sachverständige Dr. He. an seinen eigenen gutachterlichen Einschätzungen festgehalten.
Wegen der weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten, die Klageakte des SG sowie die Berufungsakte des Senats verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg.
Die Berufung der Klägerin ist statthaft (§§ 143, 144 Abs. 1 SGG) und auch im Übrigen zulässig; sie ist unter Beachtung der maßgeblichen Form- und Fristvorschriften (§ 151 Abs. 1 SGG) eingelegt worden. Die Berufung ist jedoch unbegründet; das SG hat die Klage zu Recht als unbegründet abgewiesen. Gegenstand der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage ist der den Rentenantrag der Klägerin vom 19. Februar 2009 ablehnende Bescheid vom 28. April 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Juni 2009. Dieser erweist sich als rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die Gewährung einer Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung. Sie ist weder erwerbsgemindert noch berufsunfähig. Sie ist auch zur vollen Überzeugung des Senats noch vollschichtig, d.h. sechs Stunden am Tag leistungsfähig, weshalb eine Erwerbsminderung nicht vorliegt. Als ungelernte Arbeiterin ist die Klägerin auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar, weshalb sie auch nicht berufsunfähig ist. Durch das am 1. Januar 2001 in Kraft getretene Gesetz zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vom 20. Dezember 2000 (BGBl. I S. 1827 ff.) hat der Gesetzgeber das Recht der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit grundlegend neu geordnet. Kernstück der Neuregelung ist die Abschaffung der bisherigen Berufsunfähigkeitsrente für nach dem 1. Januar 1961 geborene Versicherte und die Einführung einer zweistufigen Erwerbsminderungsrente mit einer vollen Erwerbsminderungsrente bei einem Restleistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt von unter drei Stunden und einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei einem Restleistungsvermögen von drei bis unter sechs Stunden. Berufsunfähige Versicherte, die vor dem 2. Januar 1961 geboren sind, können nun gemäß § 240 Abs. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit beanspruchen.
Gemäß § 43 Abs. 1 SGB VI haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie teilweise erwerbsgemindert sind (Satz 1 Nr. 1), in den letzen fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Satz 1 Nr. 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Satz 1 Nr. 3). Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (Satz 2). Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung haben - bei im Übrigen identischen Tatbestandsvoraussetzungen - Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI). Gemäß § 43 Abs. 3 SGB VI ist nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Nach § 240 Abs. 1 SGB VI haben darüber hinaus Versicherte, die vor dem 2. Januar 1961 geboren und berufsunfähig sind, bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie die sonstigen Voraussetzungen erfüllen. Berufsunfähig sind Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist (§ 240 Abs. 2 Satz 1 SGB VI). Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufes und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 240 Abs. 2 Sätze 2 und 4 SGB VI).
Dass bei der Klägerin eine quantitative Einschränkung des beruflichen Leistungsvermögens auf ein unter sechsstündiges Maß nicht gegeben ist, hat das SG in nicht zu beanstandender Würdigung der umfassend erhobenen Beweise zutreffend, insbesondere aus den von Amts wegen eingeholten Gutachten der Sachverständigen Dr. Ka. und Dr. Gs. geschlussfolgert. Der Senat schließt sich, nachdem die Einschätzung des SG auch mit der Leistungsbeurteilung des im Wege des Urkundsbeweises verwertbaren Verwaltungsgutachtens Dr. Go. übereinstimmt, zunächst den Entscheidungsgründen des mit der Berufung angefochtenen Gerichtsbescheids vom 3. Juni 2011, insbesondere der dort vorgenommenen Beweiswürdigung an, macht sich diese aufgrund eigener Überzeugungsbildung vollinhaltlich zu eigen und sieht deshalb insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 153 Abs. 2 SGG).
Das Vorbringen der Klägerin zur Begründung der Berufung und die im Verlauf des Berufungsverfahrens durchgeführte Beweisaufnahme rechtfertigen keine abweichende Beurteilung. Vielmehr ist durch das vom Senat in Auftrag gegebene fachorthopädische Sachverständigengutachten von Dr. He. die Richtigkeit der vom SG vorgenommenen Beweiswürdigung nachdrücklich bestätigt worden. In Übereinstimmung mit dem Sachverständigen auf fachorthopädischem Gebiet Dr. Ka. ist auch Dr. He. zu dem Ergebnis gelangt, dass maßgebliche Einschränkungen auf orthopädischem Fachgebiet im wesentlichen aufgrund der Gesundheitsstörungen im Bereich der beiden Kniegelenke bestehen, ohne dass hieraus quantitative Einschränkungen resultierten. Diese Einschätzung des Sachverständigen Dr. He. wird von dem von ihm erhobenen Untersuchungsbefund, insbesondere auch von den Ergebnissen der Beweglichkeitsprüfung bestätigt. Auf Grundlage der erhobenen Befunde ist für den Senat ohne Weiteres die Leistungseinschätzung des Sachverständigen Dr. He. nachvollziehbar, wonach die Knieerkrankungen zwar qualitative Einschränkungen mit sich bringen, ein zeitlich eingeschränktes berufliches Restleistungsvermögen aufgrund des Krankheitsbilds auf orthopädischem Fachgebiet sich indes nicht nachweisen lässt. Diese Feststellungen werden so auch von den beiden Vorgutachtern auf orthopädischem Gebiet getragen. Der abweichenden Beurteilung des Sachverständigen Dr. Ph. in seinem orthopädischen Gutachten vom 16. April 2012 vermag sich der Senat nicht anzuschließen. Dr. Ph. gelangt bei weitgehend identischem Funktionsbefund wie die Vorgutachter gleichfalls zu der Einschätzung, dass die maßgeblichen Gesundheitsstörungen der Klägerin auf orthopädischem Fachgebiet im Bereich der beiden Kniegelenke bestehen. Daneben sieht er transistorische fehlbelastungsabhängige Rückenbeschwerden von Seiten der Lendenwirbelsäule sowie der Schulter-Nacken-Region, ohne das hieraus resultierende Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigung näher zu beschreiben. Allerdings berichtet der Sachverständige davon, der klinische und radiologische Untersuchungsbefund habe keine wesentlichen, vom altersentsprechenden Normbereich abweichenden Werte von Seiten der Schulter-Nacken-Region sowie der LWS ergeben. Vor dem Hintergrund des vom Sachverständigen Dr. Ph. erhobenen Befundes ist die dann von ihm vorgenommene Leistungseinschätzung, wonach die Klägerin aus orthopädischer Sicht nur noch "unter halbschichtig bis Maximum halbschichtig einsetzbar" sei, nicht nachvollziehbar. Unklar bleibt, welche "Klärung sonstiger zumutbarer Erkrankungen, z.B. von Seiten der Wirbelsäule", von deren Vornahme der Sachverständige offenbar ein vollschichtiges Leistungsvermögen abhängig machen möchte, er für erforderlich erachtet und weshalb. Die Befunderhebung des Sachverständigen selbst hat jedenfalls, soweit für den Senat nachvollziehbar, keine klärungsbedürftigen Fragen offengelassen. Zusammenfassend kommt der Sachverständige bei einem bereits aus den Vorgutachten bekannten Befund - dem die dortigen Sachverständigen nach Überzeugung des Senats schlüssig und nachvollziehbar keine in zeitlicher Hinsicht leistungsmindernde Auswirkung zuerkannt haben - zu einer quantitativen Leistungseinschränkung, ohne dass diese begründet wird. Möglicherweise hat sich Dr. Ph. insoweit vom subjektiven Beschwerdevortrag der Klägerin beeinflussen lassen, bei der er keine Anzeichen einer Verdeutlichungstendenz erkennen konnte. Dies steht zunächst im Widerspruch zu den Bekundungen der übrigen Gutachter, die durchgehend von einer ausgeprägten Verdeutlichungstendenz der Klägerin berichteten (so Dr. Go.: "Verdeutlichungstendenz unverkennbar"; Dr. Kahroun: "sehr klagsam, ausgeprägte Verdeutlichungstendenz"; Dr. Gs.: "demonstrative Verhaltensweisen"; Dr. He.: "unübersehbar leidensbetontes Verhalten, auffällig klagsam"). Das nicht ausschließlich körperlich bestimmte Krankheitsbild bei der Klägerin im Sinne eines Schmerzsyndroms wurde außerdem bereits vom Sachverständigen Dr. Gs. fachärztlich gewürdigt. Zwar deuteten Art und Dosierung der eingenommenen Analgetika darauf hin, dass die Klägerin durch dieses Schmerzsyndrom nicht unerheblich belastet sei. Die geklagten Schmerzen sind aber nach Einschätzung von Dr. Gs. im Rahmen des bestehenden depressiven Syndroms und im Rahmen des Rentenbegehrens psychogen ausgestaltet. Sie sind von Dr. Gs. als Bestandteil der Anpassungsstörung mit längerdauernden depressiven Reaktionen sowie chronischem Spannungskopfschmerz gewertet worden. Diese Gesundheitsstörungen insgesamt wirken sich, wie der Sachverständige Dr. Gs. nachvollziehbar und schlüssig dargelegt hat, in einer leichten Verminderung der psychopsychischen Belastbarkeit, einer Verminderung der Stress- und Konflikttoleranz und in einer leichten Minderung des Anpassungs- und Umstellungsvermögens aus, ohne negative Auswirkungen auf leichte körperliche Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes zu haben.
Eine relevante Erwerbsminderung ergibt sich auch nicht aufgrund der von der Klägerin vorgetragenen Einschränkung der Wegefähigkeit. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts gehört zur Erwerbsfähigkeit neben der zeitlich ausreichenden Einsetzbarkeit des Versicherten am Arbeitsplatz auch das Vermögen, eine Arbeitsstelle aufzusuchen (zuletzt BSG vom 12. Dezember 2011 - B 13 R 21/10 R - Juris Rdnr. 20). Eine gesundheitliche Beeinträchtigung, die dem Versicherten dies nicht erlaubt, stellt eine derart schwere Leistungseinschränkung dar, dass der Arbeitsmarkt trotz eines vorhandenen vollschichtigen Leistungsvermögens als verschlossen anzusehen ist (BSG a.a.O., Juris Rdnr. 21). Eine (volle) Erwerbsminderung setzt danach grundsätzlich voraus, dass der Versicherte nicht viermal am Tag Wegstrecken von über 500 m jeweils innerhalb von 20 Minuten zu Fuß bewältigen und ferner zweimal täglich während der Hauptverkehrszeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln fahren kann. Zwar hat die Klägerin im Rahmen der Begutachtung durch Dr. He. angegeben, sie könne in den genannten 20 Minuten vielleicht 200 m zurücklegen und sei auf keinen Fall in der Lage, viermal täglich eine Wegstrecke von wenigstens 500 m zurückzulegen. Von einer solchermaßenen Einschränkung der Wegefähigkeit der Klägerin vermochte sich der Senat jedoch nicht zu überzeugen. Unter Berücksichtigung der objektiven Strukturschäden in den beiden Kniegelenken kann aus orthopädischer Sicht keine plausible Begründung dafür erbracht werden, weshalb die Klägerin nicht in der Lage sein sollte, viermal täglich die genannte Wegstrecke in jeweils deutlich unter 20 Minuten zurückzulegen. Zu diesem Ergebnis gelangen sowohl der Sachverständige Dr. Ka. wie auch Dr. He. in Übereinstimmung mit dem Verwaltungsgutachter Dr. Go ... Soweit sich die Klägerin zur Begründung dieser Einschränkung auf eine Stellungnahme des behandelnden Orthopäden Dr. Lo. vom 22. September 2011 beruft, kann dieser Stellungnahme nur entnommen werden, dass die Gehstrecke eingeschränkt sei und die Klägerin maximal 200 m am Stück laufen könne, bevor sie dann stehenbleiben müsse, um sich zu erholen. Allein aus diesen Angaben, deren Objektivierung unterbleibt, kann jedoch nicht geschlussfolgert werden, dass die Klägerin, gegebenenfalls mit einer Unterbrechung/Pause nach 200 m, nicht imstande sein sollte, die erforderliche Wegstrecke in der genannten Zeit zurückzulegen. Der Sachverständige Dr. Ph. wiederum beschränkt sich auf eine apodiktische Feststellung einer "deutlich unter der üblichen ... Leistungsgrenze" liegenden zumutbaren Wegstrecke, ohne hierfür eine Begründung zu liefern. Der behandelnde Neurologe und Psychiater Dr. Petrovic wiederum verweist in seinem Befundbericht vom 21. Juni 2012 vollständig auf die Aussage des Orthopäden Dr. Lo., ohne eine eigene Einschätzung oder gar Befunde beizusteuern. Eine rentenrelevante Einschränkung der Wegefähigkeit ist damit nicht nachgewiesen.
Auch der Ausnahmefall einer Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder einer schweren spezifischen Leistungsbehinderung ist nicht gegeben. In qualitativer Hinsicht könne der Klägerin, wie die Sachverständigen Dr. Ka. und Dr. He. in ihren Gutachten auch insoweit überzeugend ausgeführt haben, keine knienden Tätigkeiten, keine Überkopfarbeiten sowie keine Arbeiten, die mit dem Besteigen von Leitern und Gerüsten einhergehen, zugemutet werden. Die Klägerin sollte nur noch leichte bis gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten, überwiegend im Sitzen verrichten, wobei sie die Möglichkeit haben sollte, die Beine nach Belieben auszustrecken und zwischendurch auch zeitweise stehen und gehen können sollte. Die Erkrankungen auf dem neuropsychiatrischen Fachgebiet haben, so nachvollziehbar Dr. Gs. in seiner gutachterlichen Stellungnahme vom 10. Januar 2011, keine negativen Auswirkungen auf leichte körperliche Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes. Die vorliegenden Einschränkungen können damit zwar das Spektrum der für die Klägerin in Betracht kommenden Tätigkeiten einschränken, sie begründen aber keine Zweifel an der normalen betrieblichen Einsatzfähigkeit für leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes.
Nachdem die Klägerin unter Berücksichtigung ihres beruflichen Werdegangs und der zuletzt ausgeübten Tätigkeit als Arbeiterin in einer Weberei dem Leitbild eines ungelernten Arbeiters zuzuordnen ist, kann sie auf sämtliche Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verwiesen werden, so dass auch ein Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit im Sinne des § 240 Abs. 1 SGB VI nicht besteht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Hierbei war für den Senat im Rahmen des ihm eingeräumten Ermessens ausschlaggebend, dass die Rechtsverfolgung der Klägerin insgesamt ohne Erfolg geblieben ist und die Beklagte keinen berechtigten Anlass zur Klageerhebung gegeben hat.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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