Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
13
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 7 AS 6202/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 AS 1676/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 22. März 2012 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Erstattung vorläufig gewährter Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) streitig.
Der Kläger betreibt eine Handels- und Werbeagentur. Erstmals mit Bescheid vom 20. November 2009 bewilligte der Beklagte dem Kläger für die Zeit vom 16. Oktober 2009 bis 30. April 2010 vorläufig Alg II. Der Beklagte legte dabei die Kaltmiete des Klägers in Höhe von 450,00 EUR monatlich, vermindert um eine Pauschale für Warmwasseraufbereitung in Höhe von 6,79 EUR und eine Pauschale für Strom in Höhe von 15,83 EUR, somit 427,38 EUR sowie die Kosten der privaten Krankenversicherung bei Ar. in Höhe von 120,00 EUR monatlich zugrunde. Zur Begründung der Vorläufigkeit der Entscheidung wurde ausgeführt, man habe die Einnahmen bzw. Ausgaben aus selbstständiger Tätigkeit im Bewilligungszeitraum vorläufig festgesetzt. Eine abschließende Entscheidung sei erst möglich, wenn die tatsächlichen Einnahmen und Ausgaben im Bewilligungszeitraum feststehen würden.
Unter dem 20. November 2009 wies der Beklagte den Kläger darauf hin, dass die derzeitige Kaltmiete unangemessen hoch sei und daher ab 1. Juni 2010 lediglich noch die aus leistungsrechtlicher Sicht angemessenen Kosten der Unterkunft in Höhe von 267,75 EUR zuzüglich der Angemessenheits- und Nebenkosten berücksichtigt werden würden. Unter dem 19. April 2010 beantragte der Kläger die Weitergewährung von Alg II. Auf Grundlage der dem Antrag beigefügten Angaben zum voraussichtlichen Einkommen aus selbstständiger Tätigkeit vom 1. Mai 2010 legte der Beklagte einen voraussichtlichen durchschnittlichen monatlichen Gewinn in Höhe von 269,60 EUR zugrunde und bewilligte dem Kläger mit Bescheid vom 5. Mai 2010 vorläufig Alg II. Dabei gewährte der Beklagte dem Kläger für den Monat Mai 2010 Alg II in Höhe von 637,10 EUR, für die Monate Juni und Juli 2010 454,85 EUR und für die Monate August bis Oktober 2010 477,15 EUR.
Unter dem 9. Oktober 2010 teilte der Kläger dann mit, seine berufliche Situation habe sich wesentlich verbessert, weshalb er über diesen Monat hinaus keine weitere Unterstützung mehr benötige. Durch Datenabgleich wurde dem Beklagten am 28. Oktober 2010 bekannt, dass der Kläger seit 1. Mai 2010 aus einer abhängigen Beschäftigung bei der St. GmbH Einkommen erzielt hat. Ausweislich der vom Kläger vorgelegten Verdienstnachweise hat der Kläger im Mai 2010 127,50 EUR, im Juni 2010 399,50 EUR, im Juli 140,25 EUR und im August 121,13 EUR aus dieser Nebenbeschäftigung erzielt, welche ihm im selben Monat auch jeweils überwiesen wurden. Aus den abschließenden Angaben zum Einkommen aus selbstständiger Tätigkeit des Klägers vom 20. August 2011 ergab sich dann ein Gewinn für den Monat Mai 2010 in Höhe von 469,83 EUR, ein Verlust für Juni 2010 in Höhe von 256,07 EUR, ein Verlust in Höhe von 9,72 EUR für Juli 2010, ein Gewinn im Monat August 2010 in Höhe von 1.019,53 EUR, ein Gewinn für den Monat September 2010 in Höhe von 1.830,59 EUR sowie ein Gewinn im Monat Oktober 2010 in Höhe von 4.152,51 EUR.
Mit Bescheid vom 7. September 2011 setzte der Beklagte den Leistungsanspruch des Klägers endgültig fest; es habe sich ergeben, dass kein Anspruch auf Leistungen bestanden habe. Der Kläger habe daher die (im Bescheid einzeln monatsweise aufgeschlüsselten) gewährten Leistungen für den Zeitraum Mai 2010 bis Oktober 2010 in Höhe von insgesamt 2.978,25 EUR zu erstatten. Den hiergegen am 26. September 2011 eingelegten Widerspruch begründete der Kläger damit, es treffe zu, dass er in den Monaten August bis Oktober keinen Anspruch gehabt habe; für die Monate Mai, Juni und Juli 2010 habe sich dagegen ein Anspruch ergeben. Mit Widerspruchsbescheid vom 25. Oktober 2011 wies der Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Grundlage für die Berechnung von Einkünften aus selbstständiger Tätigkeit sei § 3 der Arbeitslosengeld-II/Sozialgeld-Verordnung (Alg II-V). Gemäß § 3 Abs. 4 Alg II-V sei für jeden Monat der Teil des Einkommens zu berücksichtigen, der sich bei der Teilung des Gesamteinkommens im Bewilligungszeitraum durch die Anzahl der Monate im Bewilligungszeitraum ergebe. Nur so könne dem Umstand Rechnung getragen werden, dass die Einkünfte bei selbstständig tätigen Personen regelmäßig schwankten. Die Betriebseinnahmen des Klägers hätten sich in der Zeit von Mai 2011 bis Oktober 2011 entsprechend seiner eigenen Aufstellung auf insgesamt 12.057,23 EUR, monatlich 2.009,54 EUR belaufen. Ausgehend von den vom Kläger angegebenen und um offensichtliche Rechenfehler bereinigten Betriebsausgaben in Höhe von insgesamt 4.741,79 EUR würden sich monatlich durchschnittliche Betriebsausgaben in Höhe von 790,30 EUR ergeben. Der Widerspruch sei demnach sachlich nicht begründet.
Der Kläger hat hiergegen am 24. November 2011 Klage zum Sozialgericht Freiburg (SG) erhoben. Zu deren Begründung hat er sein Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren erneuert, wonach er in den Monaten Mai, Juni und Juli 2010 voll und ganz auf staatliche Leistungen angewiesen gewesen sei. Er hat weiterhin eine korrigierte Fassung seiner abschließenden Angaben zum Einkommen aus selbstständiger Tätigkeit vom 20. August 2011 vorgelegt, aus welcher sich in Addition der für die Monate Mai bis Oktober 2010 angegebenen Gewinne bzw. Verluste ein Gesamtgewinn von 7.315,44 EUR ergibt. Ergänzend hat er geltend gemacht, auf die Erstattungsforderung des Beklagten müsse die Regelung des § 40 Abs. 2 SGB II Anwendung finden, wonach 56% des bei der Berechnung des Alg II berücksichtigten Bedarfs für die Unterkunft nicht zu erstatten seien. Das SG hat mit Gerichtsbescheid vom 22. März 2012 die Klage abgewiesen. Es ist dabei im Wesentlichen der Begründung des Beklagten im Widerspruchsbescheid vom 25. Oktober 2011 gefolgt. Der Beklagte habe dem Kläger zutreffenderweise die Leistungen nur vorläufig gewährt. Daraus folge, dass für die Frage der Erstattung der im Zeitraum Mai bis Oktober zu Unrecht gewährten Leistungen § 40 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1a SGB II i.V.m. § 328 Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) als Eingriffsnorm einschlägig sei. Unstreitig habe der Kläger im maßgeblichen Zeitraum einen Gewinn von insgesamt 7.315,44 EUR erzielt. Die vom Beklagten vorgenommene Bildung eines durchschnittlichen monatlichen Gewinns für den streitgegenständlichen Zeitraum entspreche § 3 Abs. 4 der Alg II-V. Soweit der Kläger schließlich geltend mache, im Rahmen seiner Erstattungsforderung hätte der Beklagte ihm 56% seines zu berücksichtigenden Bedarfs für die Unterkunft belassen müssen, so gelte dies nur für Fälle der Erstattung nach § 50 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X), nicht jedoch für die Fälle des § 328 Abs. 3 SGB III, welcher eine eigenständige Erstattungsvorschrift darstelle.
Gegen den dem Kläger am 24. März 2012 zugestellten Gerichtsbescheid hat dieser am 23. April 2012 Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegt. Zu deren Begründung hat er im Wesentlichen sein Vorbringen aus dem Klageverfahren wiederholt.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 22. März 2012 aufzuheben und den Bescheid des Beklagten vom 7. September 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Oktober 2011 aufzuheben, soweit darin auch die für die Monate Mai bis Juli 2010 gewährten Leistungen in Höhe von 1.571,59 EUR aufgehoben und deren Erstattung geltend gemacht wurde.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er bezieht sich zur Begründung auf die aus seiner Sicht überzeugenden Ausführungen im erstinstanzlichen Gerichtsbescheid.
Der Senat hat am 21. Juni 2012 eine nichtöffentliche Sitzung zur Erörterung des Sachverhalts vorgenommen, in deren Rahmen sich die Beteiligten mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt haben. Zum näheren Inhalt der nichtöffentlichen Sitzung vom 21. Juni 2012 wird auf die Niederschrift verwiesen.
Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz sowie auf die beim Beklagten für den Kläger geführte Leistungsakte verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte gemäß § 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheiden, nachdem die Beteiligten sich mit dieser Verfahrensweise einverstanden erklärt haben.
Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.
Die gemäß §§ 143, 144 Abs. 1 SGG i.V.m. § 105 Abs. 2 Satz 1 SGG statthafte Berufung ist zulässig; sie ist form- und fristgerecht (§ 151 Abs. 1 SGG) eingelegt worden. Sie ist indes unbegründet.
Streitgegenständlich ist der Bescheid vom 7. September 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Oktober 2011, mit dem der Beklagte den Alg II-Anspruch des Klägers für den hier streitgegenständlichen Zeitraum vom 1. Mai 2010 bis 31. Oktober 2010 endgültig dahingehend festgesetzt hat, dass dem Kläger kein Anspruch zusteht, und mit welchem weiterhin die Erstattung des für diesen Zeitraum gezahlten Alg II in Höhe von 2.978,25 EUR geltend gemacht wurde. Diese Bescheide sind indes rechtmäßig; der Beklagte hat zu Recht festgestellt, dass dem Kläger kein Alg II-Anspruch im streitgegenständlichen Zeitraum zusteht und hat auch zutreffend die Erstattung des in diesem Zeitraum bewilligten Alg II geltend gemacht.
Nachdem der Kläger den Bescheid vom 5. Mai 2010, mit dem Alg II nur vorläufig für den Zeitraum Mai 2010 bis Oktober 2010 gewährt worden ist, nicht angefochten hat, ist dieser bezüglich der Vorläufigkeit der Leistungsgewährung in Bestandskraft erwachsen und im Rahmen eines Erstattungsbescheids gemäß § 328 Abs. 3 Satz 2 SGB III - hinsichtlich der Vorläufigkeit - nicht mehr überprüfbar (BSG vom 15. August 2002 - B 7 AL 24/01 R - Juris Rdnr. 19). Der Beklagte hat mit seiner abschließenden Entscheidung nach § 40 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1a SGB II in der bis 31. Dezember 2010 geltenden Fassung (a.F.) i.V.m. § 328 Abs. 3 Satz 2 SGB III zutreffend entschieden, dass dem Kläger für den Zeitraum Mai 2010 bis Oktober 2010 kein Leistungsanspruch zusteht. Der Kläger hat im streitgegenständlichen Zeitraum bei Gegenüberstellung der im Bewilligungszeitraum erzielten Betriebseinnahmen mit den tatsächlich geleisteten notwendigen Ausgaben (vgl. § 3 Abs. 2 Alg II-V in der bis 31. März 2011 geltenden Fassung [a.F.]) einen Gesamtgewinn von 7.315,44 EUR erzielt; dies ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Gemäß § 3 Abs. 4 Satz 1 Alg II-V a.F. ist zur Ermittlung des monatlichen Gewinns im Bewilligungszeitraum derjenige Teil des Einkommens zu berücksichtigen, der sich bei der Teilung des Gesamteinkommens, hier 7.315,44 EUR; durch die Anzahl der Monate im Bewilligungszeitraum, hier sechs Monate, ergibt. Danach errechnet sich ein monatliches Einkommen aus selbstständiger Tätigkeit in Höhe von 1.219,24 EUR. Weiterhin zu berücksichtigen ist das aus abhängiger Beschäftigung in den Monaten Mai bis August erzielte Einkommen in Höhe von 127,50 EUR (Mai); 399,50 EUR (Juni), 140,25 EUR (Juli) und 121,13 EUR (August). Eine in § 3 Abs. 5 Alg II-V a.F. vom Regelfall abweichende Verteilung des im Bewilligungszeitraum erzielten Einkommens auf zwölf Monate kommt nicht in Betracht. Diese Regelung eröffnet eine jährliche Berechnung des Einkommens insbesondere bei Saisonbetrieben wie Eisdielen, Skiliftunternehmen oder auch Künstler mit unregelmäßigen Verkaufserlösen (Münder, LPK, SGB II, 4. Aufl. § 11 Rdnr. 60). Ein Fall einer betriebsbedingt saisonal unregelmäßigen Einkommenserzielung liegt aber nicht vor. Ein Verstoß der hier anzuwendenden Regelung des § 3 Abs. 4 Alg II-V a.F. gegen höherrangiges Recht mit Gesetzesrang oder gegen die Verfassung ist nicht ersichtlich (so auch LSG Berlin-Brandenburg vom 3. Mai 2012 - L 18 AS 813/12 B PKH - Juris Rdnr. 2). Damit hat der Kläger auch unter Berücksichtigung der monatlichen Absetzbeträge gemäß § 3 Abs. 4 Satz 3 Alg II-V a.F. i.V.m. § 11 Abs. 2 Satz 2 SGB II a.F. in Höhe von 100,00 EUR sowie §§ 11 Abs. 2 Nr. 6, 30 SGB II a.F. in Höhe von 140,00 EUR in jedem hier streitgegenständlichen Monat ein seinen Bedarf übersteigendes Einkommen erzielt. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob der Beklagte zutreffend ab Juni 2010 unter Berücksichtigung der Mietobergrenze von einer angemessenen Kaltmiete in Höhe von nur noch 245,45 EUR bzw. 267,75 EUR ausgegangen ist und die Kaltmiete um weitere 90,00 EUR infolge der beruflichen Nutzung eines Büros von 12 Quadratmetern innerhalb der Wohnung zu reduzieren war. Denn selbst bei Zugrundelegung der tatsächlichen Kaltmiete von 427,38 EUR würde sich vorliegend i.V. mit der Regelleistung von 359,00 EUR monatlich sowie der privaten Krankenversicherung in Höhe von 120,00 EUR mit dann 906,38 EUR kein Bedarf ergeben, der das monatliche anrechenbare Erwerbseinkommen von allein 939,24 EUR aus selbstständiger Tätigkeit übersteigen könnte.
Hat der Beklagte somit mit der abschließenden Entscheidung nach § 40 Abs. 1 Satz 2 Nr.1a SGB II a.F. i.V.m. § 328 Abs. 3 Satz 2 SGB III zutreffend entschieden, dass dem Kläger für den hier streitgegenständlichen Zeitraum kein Leistungsanspruch zustand, lagen zugleich die Voraussetzungen für eine Rückforderung des vorläufig gewährten Betrages in Höhe von insgesamt 2.978,25 EUR vor. Dabei stellt § 328 Abs. 3 Satz 2 SGB III eine gegenüber § 50 SGB X eigenständige Erstattungsvorschrift dar (BSG a.a.O., Juris Rdnr. 18), sodass kein Raum für eine Anwendung von § 50 SGB X bleibt. Danach sind die im streitgegenständlichen Zeitraum erbrachten Leistungen des Beklagten in Höhe von 2.978,25 EUR zu erstatten, nachdem mit der abschließenden Entscheidung ein Leistungsanspruch zutreffend nicht zuerkannt worden ist.
Für die vom Kläger begehrte Reduzierung der Erstattungsforderung in Anwendung von § 40 Abs. 2 Satz 1 SGB II a.F. um 56 v.H. der berücksichtigten Kosten für Unterkunft ist kein Raum. Eine unmittelbare Abwendung scheidet bereits deshalb aus, weil § 40 Abs. 2 Satz 1 SGB II a.F. nach seinem eindeutigen Wortlaut nur auf § 50 SGB X Bezug nimmt und deshalb nicht in unmittelbarer Anwendung zwecks Begrenzung einer auf § 328 Abs. 3 Satz 2 SGB III beruhenden Erstattungspflicht herangezogen werden kann. Ebenso ist kein Raum für eine analoge Anwendung von § 40 Abs. 2 Satz 1 SGB II a.F ... Es fehlt an einer planwidrigen Regelungslücke, die nach Maßgabe des Gleichheitssatzes und zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen durch eine analoge Anwendung einer anderen Rechtsnorm zu schließen wäre (LSG Berlin-Brandenburg vom 28. September 2011 - L 18 AS 2132/10 - Juris Rdnr. 18). Das LSG Berlin-Brandenburg hat hierzu wie folgt ausgeführt (LSG Berlin-Brandenburg a.a.O., Juris Rdnr. 18 f.):
"Entgegen den Ausführungen des SG ist § 40 Abs. 2 Satz 1 SGB II aF aber auch nicht entsprechend anzuwenden. Eine planwidrige Regelungslücke (im Sinne einer Unvollständigkeit des Gesetzes), die nach Maßgabe des Gleichheitssatzes und zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen durch eine analoge Anwendung einer anderen Rechtsnorm zu schließen wäre (vgl BSG SozR 4-5870 § 1 Nr. 2 mwN), liegt nicht vor. Es spricht angesichts des Umstandes, dass der Gesetzgeber des SGB II in § 40 Abs. 1 Satz 2 SGB II aF die Vorschrift des § 328 SGB III für entsprechend anwendbar erklärt hat, nichts dafür, dass er im folgenden Absatz bei der von ihm getroffenen Regelung des partiellen Ausschlusses eines Erstattungsanspruchs nach § 50 SGB X versehentlich den Erstattungsanspruch nach § 328 Abs. 3 Satz 2 SGB III nicht in diese Regelung mit aufgenommen hat. § 40 Abs. 2 Satz 1 SGB II aF ist gemessen an seinem Zweck auch nicht ergänzungsbedürftig. Es trifft zwar durchaus zu, dass der von einer Rückforderung nach § 328 Abs. 3 Satz 2 SGB III betroffene Leistungsempfänger in einer ähnlichen "schutzbedürftigen" Lage ist wie der nach § 50 SGB X in Anspruch genommene redliche Leistungs- und potentielle Wohngeldempfänger im Falle der Aufhebung einer endgültigen Leistungsbewilligung. Eine entsprechende Anwendung des § 40 Abs. 2 Satz 1 SGB II aF wäre jedoch nur dann in Betracht zu ziehen, wenn der von der Rückforderung nach § 40 Abs. 2 Nr. 1 SGB II aF iVm § 328 Abs. 3 Satz 2 SGB III betroffene Empfänger einer vorläufigen Leistung den eine Reduzierung der Erstattungsforderung indizierenden "Wohngeldaspekt" nicht ohne eine entsprechende Anwendung des § 40 Abs. 2 Satz 1 SGB II aF zumutbar zur Geltung bringen könnte.
Eine derartige "Schutzlücke" besteht aber schon deshalb nicht, weil der von einer endgültigen Ablehnung eines SGB II-Leistungsantrags nach § 328 Abs. 3 Satz 2 SGB III betroffene Begünstigte einer vorläufigen Leistungsbewilligung nachträglich Wohngeld beantragen kann. Nach § 22 Abs. 1 WoGG wird zwar Wohngeld nur auf Antrag des Wohngeldberechtigten geleistet und der Wohngeldbewilligungszeitraum beginnt grundsätzlich am Ersten des Monats, in dem der Antrag gestellt worden ist (§ 25 Abs. 2 Satz 1 WoGG). Die Wahrung dieser materiell-rechtlichen Ausschlussfristen ist Anspruchsvoraussetzung (vgl VG Düsseldorf, Urteil vom 6. November 2009 – 21 K 5656.09 – mwN, juris). Nach § 25 Abs. 3 Sätze 1 und 2 iVm §§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 8 Abs. 1 Satz 3 WoGG in der bis 31. Dezember 2010 gültigen Fassung ist Wohngeld u.a. in Fällen einer Ablehnung eines Alg II-Antrags bzw. des Entzugs dieser Leistung aber ab dem Ersten des Monats, für den abgelehnt oder entzogen wird, zu bewilligen, wenn der Wohngeldantrag vor Ablauf des Kalendermonats gestellt wird, der auf die Kenntnis der Ablehnung bzw. des Entzugs folgt. Dementsprechend hätte die Klägerin für den hier strittigen Monat Januar 2009 nach der frühestens mit der Bekanntgabe des Bescheides vom 21. August 2009 (zur Maßgeblichkeit dieses Zeitpunktes vgl Stadler/Gutekunst/Dietrich/Fröba, WoGG, Stand: April 2008, § 25 Rn. 37) erlangten Kenntnis von der Ablehnung des Leistungsantrags zumindest bis 30. September 2009 Zeit gehabt, einen Wohngeldantrag zu stellen und so den erhobenen Erstattungsanspruch zumindest teilweise zu kompensieren. Nach der vom Vertreter des Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat erläuterten ständigen Verwaltungspraxis der Wohngeldstellen, die offenbar in Übereinstimmung mit dem Erlass des Bundesministeriums für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen vom 30. Dezember 2004 (vgl dazu Stadler u.a., aaO Rn 46f.) davon ausgeht, dass die Antragsfrist erst mit der Bestandkraft des Ablehnungsbescheides beginnt, könnte die Klägerin auch heute noch einen Wohngeldantrag stellen."
Das BSG hat in seinem Urteil vom 23. August 2012 (B 4 AS 169/11 R, zur Veröffentlichung vorgesehen) diese Entscheidung des LSG Berlin-Brandenburg in vollem Umfang bestätigt. Das BSG hat sich dabei ausweislich des Terminsbericht Nr. 44/12 (veröffentlicht in Juris) von der Überlegung leiten lassen, eine entsprechende Anwendung des § 40 Abs. 2 Satz 1 SGB II scheide aus, weil der mit der Regelung verfolgte Zweck für die Empfänger von vorläufigen Leistungen nicht zum Tragen komme. Denn durch den teilweisen Ausschluss von der Erstattungspflicht habe der Gesetzgeber gewährleisten wollen, dass Empfänger von Alg II nicht schlechter als beim Bezug von Wohngeld stehen, weil dieses nicht der Rückforderung unterliege. Empfängern von vorläufigen Leistungen werde hingegen ermöglicht, nach Ablehnung der endgültigen Leistungsgewährung Wohngeld zu beantragen (a.a.O.). Der erkennende Senat schließt sich den - demnach vom BSG in vollem Umfang bestätigten - Ausführungen des LSG aus eigener Überzeugung an.
Die unterschiedliche gesetzestechnische Behandlung von Erstattungsansprüchen nach § 50 SGB X einerseits und von Erstattungsansprüchen nach § 328 Abs. 3 Satz 2 SGB II andererseits verstößt im Übrigen auch nicht gegen Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG). Für die Ungleichbehandlung der hiervon betroffenen Personengruppen gibt es hinreichend gewichtige Gründe, die die Ungleichbehandlung zwischen Begünstigten einer vorläufigen Bewilligung und Begünstigten einer endgültigen Bewilligung rechtfertigen können (LSG Berlin-Brandenburg a.a.O., Juris Rdnr. 21 ff.). Das LSG Berlin-Brandenburg hat hierzu Folgendes ausgeführt (a.a.O., Juris Rdnr. 23):
"Unter Berücksichtigung des dargestellten Maßstabs ergibt sich bereits aus dem Umstand, dass der Begünstigte einer vorläufigen Bewilligung - anders als der durch die Regelungen der §§ 45, 48 SBG X grundsätzlich in seinem Vertrauen auf den Bestand der Bewilligung geschützte Begünstigte einer endgültigen Bewilligung - keinerlei Vertrauensschutz hinsichtlich des Bestandes der vorläufigen Bewilligung und damit auch hinsichtlich des Behaltendürfens der empfangenen Leistung genießt (vgl Pilz, in Gagel, SGB III; Stand: Mai 2005, § 328 Rn. 49), ein hinreichend gewichtiger Grund für die Ungleichbehandlung in Bezug auf die Berücksichtigung wohngeldrechtlicher Gesichtspunkte im Rahmen der Rückforderung von SGB II-Leistungen. Dem "vorläufigen" Leistungsempfänger, der um die ungeklärte Sach- oder Rechtslage sowie um seine prekäre Rechtsposition weiß, kann eine "Neuorientierung" in seinen sozialrechtlichen Verhältnissen mit dem damit verbundenen Aufwand eines gesonderten Verwaltungsverfahren naturgemäß eher zugemutet werden als dem grundsätzlich auf den Bestand seines öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnis vertrauenden "endgültigen" Leistungsempfänger. Der Gesetzgeber durfte bei der hier gegebenen unterschiedlichen Behandlung von Gruppen von Leistungsempfänger ferner zu Lasten der "vorläufigen" Leistungsempfänger berücksichtigen, dass Entscheidungen über die (endgültige) Zuerkennung eines Leistungsanspruchs nach § 328 Abs. 3 Satz 2 SGB III aufgrund der jedenfalls in den Fällen des § 328 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB III regelmäßig in absehbarer Zeit zu erwartenden Klärung der Voraussetzungen eines Leistungsanspruchs typischerweise in einem engeren zeitlichen Zusammenhang zur (vorläufigen) Bewilligungsentscheidung bzw zum Bewilligungszeitraum getroffen werden als die zum Erstattungsanspruch nach § 50 SGB X führenden Aufhebungen nach den §§ 45, 48 SGB X , mit denen häufig in erheblichem zeitlichem Abstand zur Bewilligung oder geraume Zeit nach Ablauf des Bewilligungszeitraums Leistungsvorgänge rückabgewickelt werden müssen. Insofern liegt es im Rahmen des weiten Gestaltungsspielraums des sozialrechtlichen Gesetzgebers, dass dieser wegen der regelmäßig aufgrund der mit längeren zeitlichen Abständen einhergehenden zunehmenden tatsächlichen und rechtlichen Rückabwicklungsschwierigkeiten zu der verwaltungspraktischen (vgl zur verfassungsrechtlichen Bedeutung des Gesichtspunkt der Verwaltungspraktikabilität: Eicher, in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl. 2008, § 40 Rn. 105) pauschalierenden Regelung des § 40 Abs. 2 SGB II aF gegriffen hat. Soweit diese pauschalierende Regelung in Einzelfällen, zu denen möglicherweise der Fall der Klägerin gehört, dazu führen kann, dass ein von der Rückforderung betroffener "vorläufiger" Leistungsempfänger nicht nur verfahrensmäßig, sondern auch im (wirtschaftlichen) Ergebnis stärker belastet wird als ein gemäß § 50 SGB X in Anspruch genommener Leistungsempfänger, ist dies eine zulässige Folge der gesetzgeberischen Befugnis zur Generalisierung, Typisierung und Pauschalierung bei der Ordnung der hier gegebenen Massenerscheinungen. Der Gesetzgeber ist berechtigt, die Vielzahl der Einzelfälle in dem Gesamtbild zu erfassen, das nach den ihm vorliegenden Erfahrungen die regelungsbedürftigen Sachverhalte zutreffend wiedergibt (vgl BVerfGE 78, 214, 227). Auf dieser Grundlage darf er generalisierende, typisierende und pauschalierende Regelungen treffen, ohne wegen der damit unvermeidlich verbundenen Härten gegen den allgemeinen Gleichheitssatz zu verstoßen (vgl. BVerfGE 84, 348, 359; 96, 1, 6). Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber mit der Spezialregelung des § 40 Abs. 2 SGB II aF diese Regelungsbefugnis überdehnt hat, sind nicht ersichtlich."
Der erkennende Senat schließt sich auch insoweit aufgrund eigener Überzeugungsbildung in vollem Umfang den vorstehenden Ausführungen des LSG Berlin-Brandenburg an und macht sich diese zu eigen. Er geht - auch insoweit in Übereinstimmung mit dem BSG (vgl. Terminbericht des BSG Nr. 44/12, wonach sich das BSG vom Verstoß gegen höherrangiges Recht nicht überzeugen konnte) - davon aus, dass die unterschiedliche gesetzestechnische Behandlung von Erstattungsansprüchen nach § 50 SGB X einerseits und von Erstattungsansprüchen nach § 328 Abs. 3 Satz 2 SGB II andererseits nicht gegen höherrangiges Recht verstößt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Hierbei berücksichtigt der Senat, dass das Klageverfahren in beiden Rechtszügen erfolglos geblieben ist und der Beklagte keinen Anlass hierfür gegeben hat.
Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor. Die hier streitigen Rechtsfragen sind spätestens mit der Entscheidung des BSG vom 23. August 2012 einer endgültigen Klärung unterzogen worden.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Erstattung vorläufig gewährter Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) streitig.
Der Kläger betreibt eine Handels- und Werbeagentur. Erstmals mit Bescheid vom 20. November 2009 bewilligte der Beklagte dem Kläger für die Zeit vom 16. Oktober 2009 bis 30. April 2010 vorläufig Alg II. Der Beklagte legte dabei die Kaltmiete des Klägers in Höhe von 450,00 EUR monatlich, vermindert um eine Pauschale für Warmwasseraufbereitung in Höhe von 6,79 EUR und eine Pauschale für Strom in Höhe von 15,83 EUR, somit 427,38 EUR sowie die Kosten der privaten Krankenversicherung bei Ar. in Höhe von 120,00 EUR monatlich zugrunde. Zur Begründung der Vorläufigkeit der Entscheidung wurde ausgeführt, man habe die Einnahmen bzw. Ausgaben aus selbstständiger Tätigkeit im Bewilligungszeitraum vorläufig festgesetzt. Eine abschließende Entscheidung sei erst möglich, wenn die tatsächlichen Einnahmen und Ausgaben im Bewilligungszeitraum feststehen würden.
Unter dem 20. November 2009 wies der Beklagte den Kläger darauf hin, dass die derzeitige Kaltmiete unangemessen hoch sei und daher ab 1. Juni 2010 lediglich noch die aus leistungsrechtlicher Sicht angemessenen Kosten der Unterkunft in Höhe von 267,75 EUR zuzüglich der Angemessenheits- und Nebenkosten berücksichtigt werden würden. Unter dem 19. April 2010 beantragte der Kläger die Weitergewährung von Alg II. Auf Grundlage der dem Antrag beigefügten Angaben zum voraussichtlichen Einkommen aus selbstständiger Tätigkeit vom 1. Mai 2010 legte der Beklagte einen voraussichtlichen durchschnittlichen monatlichen Gewinn in Höhe von 269,60 EUR zugrunde und bewilligte dem Kläger mit Bescheid vom 5. Mai 2010 vorläufig Alg II. Dabei gewährte der Beklagte dem Kläger für den Monat Mai 2010 Alg II in Höhe von 637,10 EUR, für die Monate Juni und Juli 2010 454,85 EUR und für die Monate August bis Oktober 2010 477,15 EUR.
Unter dem 9. Oktober 2010 teilte der Kläger dann mit, seine berufliche Situation habe sich wesentlich verbessert, weshalb er über diesen Monat hinaus keine weitere Unterstützung mehr benötige. Durch Datenabgleich wurde dem Beklagten am 28. Oktober 2010 bekannt, dass der Kläger seit 1. Mai 2010 aus einer abhängigen Beschäftigung bei der St. GmbH Einkommen erzielt hat. Ausweislich der vom Kläger vorgelegten Verdienstnachweise hat der Kläger im Mai 2010 127,50 EUR, im Juni 2010 399,50 EUR, im Juli 140,25 EUR und im August 121,13 EUR aus dieser Nebenbeschäftigung erzielt, welche ihm im selben Monat auch jeweils überwiesen wurden. Aus den abschließenden Angaben zum Einkommen aus selbstständiger Tätigkeit des Klägers vom 20. August 2011 ergab sich dann ein Gewinn für den Monat Mai 2010 in Höhe von 469,83 EUR, ein Verlust für Juni 2010 in Höhe von 256,07 EUR, ein Verlust in Höhe von 9,72 EUR für Juli 2010, ein Gewinn im Monat August 2010 in Höhe von 1.019,53 EUR, ein Gewinn für den Monat September 2010 in Höhe von 1.830,59 EUR sowie ein Gewinn im Monat Oktober 2010 in Höhe von 4.152,51 EUR.
Mit Bescheid vom 7. September 2011 setzte der Beklagte den Leistungsanspruch des Klägers endgültig fest; es habe sich ergeben, dass kein Anspruch auf Leistungen bestanden habe. Der Kläger habe daher die (im Bescheid einzeln monatsweise aufgeschlüsselten) gewährten Leistungen für den Zeitraum Mai 2010 bis Oktober 2010 in Höhe von insgesamt 2.978,25 EUR zu erstatten. Den hiergegen am 26. September 2011 eingelegten Widerspruch begründete der Kläger damit, es treffe zu, dass er in den Monaten August bis Oktober keinen Anspruch gehabt habe; für die Monate Mai, Juni und Juli 2010 habe sich dagegen ein Anspruch ergeben. Mit Widerspruchsbescheid vom 25. Oktober 2011 wies der Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Grundlage für die Berechnung von Einkünften aus selbstständiger Tätigkeit sei § 3 der Arbeitslosengeld-II/Sozialgeld-Verordnung (Alg II-V). Gemäß § 3 Abs. 4 Alg II-V sei für jeden Monat der Teil des Einkommens zu berücksichtigen, der sich bei der Teilung des Gesamteinkommens im Bewilligungszeitraum durch die Anzahl der Monate im Bewilligungszeitraum ergebe. Nur so könne dem Umstand Rechnung getragen werden, dass die Einkünfte bei selbstständig tätigen Personen regelmäßig schwankten. Die Betriebseinnahmen des Klägers hätten sich in der Zeit von Mai 2011 bis Oktober 2011 entsprechend seiner eigenen Aufstellung auf insgesamt 12.057,23 EUR, monatlich 2.009,54 EUR belaufen. Ausgehend von den vom Kläger angegebenen und um offensichtliche Rechenfehler bereinigten Betriebsausgaben in Höhe von insgesamt 4.741,79 EUR würden sich monatlich durchschnittliche Betriebsausgaben in Höhe von 790,30 EUR ergeben. Der Widerspruch sei demnach sachlich nicht begründet.
Der Kläger hat hiergegen am 24. November 2011 Klage zum Sozialgericht Freiburg (SG) erhoben. Zu deren Begründung hat er sein Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren erneuert, wonach er in den Monaten Mai, Juni und Juli 2010 voll und ganz auf staatliche Leistungen angewiesen gewesen sei. Er hat weiterhin eine korrigierte Fassung seiner abschließenden Angaben zum Einkommen aus selbstständiger Tätigkeit vom 20. August 2011 vorgelegt, aus welcher sich in Addition der für die Monate Mai bis Oktober 2010 angegebenen Gewinne bzw. Verluste ein Gesamtgewinn von 7.315,44 EUR ergibt. Ergänzend hat er geltend gemacht, auf die Erstattungsforderung des Beklagten müsse die Regelung des § 40 Abs. 2 SGB II Anwendung finden, wonach 56% des bei der Berechnung des Alg II berücksichtigten Bedarfs für die Unterkunft nicht zu erstatten seien. Das SG hat mit Gerichtsbescheid vom 22. März 2012 die Klage abgewiesen. Es ist dabei im Wesentlichen der Begründung des Beklagten im Widerspruchsbescheid vom 25. Oktober 2011 gefolgt. Der Beklagte habe dem Kläger zutreffenderweise die Leistungen nur vorläufig gewährt. Daraus folge, dass für die Frage der Erstattung der im Zeitraum Mai bis Oktober zu Unrecht gewährten Leistungen § 40 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1a SGB II i.V.m. § 328 Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) als Eingriffsnorm einschlägig sei. Unstreitig habe der Kläger im maßgeblichen Zeitraum einen Gewinn von insgesamt 7.315,44 EUR erzielt. Die vom Beklagten vorgenommene Bildung eines durchschnittlichen monatlichen Gewinns für den streitgegenständlichen Zeitraum entspreche § 3 Abs. 4 der Alg II-V. Soweit der Kläger schließlich geltend mache, im Rahmen seiner Erstattungsforderung hätte der Beklagte ihm 56% seines zu berücksichtigenden Bedarfs für die Unterkunft belassen müssen, so gelte dies nur für Fälle der Erstattung nach § 50 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X), nicht jedoch für die Fälle des § 328 Abs. 3 SGB III, welcher eine eigenständige Erstattungsvorschrift darstelle.
Gegen den dem Kläger am 24. März 2012 zugestellten Gerichtsbescheid hat dieser am 23. April 2012 Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegt. Zu deren Begründung hat er im Wesentlichen sein Vorbringen aus dem Klageverfahren wiederholt.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 22. März 2012 aufzuheben und den Bescheid des Beklagten vom 7. September 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Oktober 2011 aufzuheben, soweit darin auch die für die Monate Mai bis Juli 2010 gewährten Leistungen in Höhe von 1.571,59 EUR aufgehoben und deren Erstattung geltend gemacht wurde.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er bezieht sich zur Begründung auf die aus seiner Sicht überzeugenden Ausführungen im erstinstanzlichen Gerichtsbescheid.
Der Senat hat am 21. Juni 2012 eine nichtöffentliche Sitzung zur Erörterung des Sachverhalts vorgenommen, in deren Rahmen sich die Beteiligten mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt haben. Zum näheren Inhalt der nichtöffentlichen Sitzung vom 21. Juni 2012 wird auf die Niederschrift verwiesen.
Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz sowie auf die beim Beklagten für den Kläger geführte Leistungsakte verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte gemäß § 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheiden, nachdem die Beteiligten sich mit dieser Verfahrensweise einverstanden erklärt haben.
Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.
Die gemäß §§ 143, 144 Abs. 1 SGG i.V.m. § 105 Abs. 2 Satz 1 SGG statthafte Berufung ist zulässig; sie ist form- und fristgerecht (§ 151 Abs. 1 SGG) eingelegt worden. Sie ist indes unbegründet.
Streitgegenständlich ist der Bescheid vom 7. September 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Oktober 2011, mit dem der Beklagte den Alg II-Anspruch des Klägers für den hier streitgegenständlichen Zeitraum vom 1. Mai 2010 bis 31. Oktober 2010 endgültig dahingehend festgesetzt hat, dass dem Kläger kein Anspruch zusteht, und mit welchem weiterhin die Erstattung des für diesen Zeitraum gezahlten Alg II in Höhe von 2.978,25 EUR geltend gemacht wurde. Diese Bescheide sind indes rechtmäßig; der Beklagte hat zu Recht festgestellt, dass dem Kläger kein Alg II-Anspruch im streitgegenständlichen Zeitraum zusteht und hat auch zutreffend die Erstattung des in diesem Zeitraum bewilligten Alg II geltend gemacht.
Nachdem der Kläger den Bescheid vom 5. Mai 2010, mit dem Alg II nur vorläufig für den Zeitraum Mai 2010 bis Oktober 2010 gewährt worden ist, nicht angefochten hat, ist dieser bezüglich der Vorläufigkeit der Leistungsgewährung in Bestandskraft erwachsen und im Rahmen eines Erstattungsbescheids gemäß § 328 Abs. 3 Satz 2 SGB III - hinsichtlich der Vorläufigkeit - nicht mehr überprüfbar (BSG vom 15. August 2002 - B 7 AL 24/01 R - Juris Rdnr. 19). Der Beklagte hat mit seiner abschließenden Entscheidung nach § 40 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1a SGB II in der bis 31. Dezember 2010 geltenden Fassung (a.F.) i.V.m. § 328 Abs. 3 Satz 2 SGB III zutreffend entschieden, dass dem Kläger für den Zeitraum Mai 2010 bis Oktober 2010 kein Leistungsanspruch zusteht. Der Kläger hat im streitgegenständlichen Zeitraum bei Gegenüberstellung der im Bewilligungszeitraum erzielten Betriebseinnahmen mit den tatsächlich geleisteten notwendigen Ausgaben (vgl. § 3 Abs. 2 Alg II-V in der bis 31. März 2011 geltenden Fassung [a.F.]) einen Gesamtgewinn von 7.315,44 EUR erzielt; dies ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Gemäß § 3 Abs. 4 Satz 1 Alg II-V a.F. ist zur Ermittlung des monatlichen Gewinns im Bewilligungszeitraum derjenige Teil des Einkommens zu berücksichtigen, der sich bei der Teilung des Gesamteinkommens, hier 7.315,44 EUR; durch die Anzahl der Monate im Bewilligungszeitraum, hier sechs Monate, ergibt. Danach errechnet sich ein monatliches Einkommen aus selbstständiger Tätigkeit in Höhe von 1.219,24 EUR. Weiterhin zu berücksichtigen ist das aus abhängiger Beschäftigung in den Monaten Mai bis August erzielte Einkommen in Höhe von 127,50 EUR (Mai); 399,50 EUR (Juni), 140,25 EUR (Juli) und 121,13 EUR (August). Eine in § 3 Abs. 5 Alg II-V a.F. vom Regelfall abweichende Verteilung des im Bewilligungszeitraum erzielten Einkommens auf zwölf Monate kommt nicht in Betracht. Diese Regelung eröffnet eine jährliche Berechnung des Einkommens insbesondere bei Saisonbetrieben wie Eisdielen, Skiliftunternehmen oder auch Künstler mit unregelmäßigen Verkaufserlösen (Münder, LPK, SGB II, 4. Aufl. § 11 Rdnr. 60). Ein Fall einer betriebsbedingt saisonal unregelmäßigen Einkommenserzielung liegt aber nicht vor. Ein Verstoß der hier anzuwendenden Regelung des § 3 Abs. 4 Alg II-V a.F. gegen höherrangiges Recht mit Gesetzesrang oder gegen die Verfassung ist nicht ersichtlich (so auch LSG Berlin-Brandenburg vom 3. Mai 2012 - L 18 AS 813/12 B PKH - Juris Rdnr. 2). Damit hat der Kläger auch unter Berücksichtigung der monatlichen Absetzbeträge gemäß § 3 Abs. 4 Satz 3 Alg II-V a.F. i.V.m. § 11 Abs. 2 Satz 2 SGB II a.F. in Höhe von 100,00 EUR sowie §§ 11 Abs. 2 Nr. 6, 30 SGB II a.F. in Höhe von 140,00 EUR in jedem hier streitgegenständlichen Monat ein seinen Bedarf übersteigendes Einkommen erzielt. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob der Beklagte zutreffend ab Juni 2010 unter Berücksichtigung der Mietobergrenze von einer angemessenen Kaltmiete in Höhe von nur noch 245,45 EUR bzw. 267,75 EUR ausgegangen ist und die Kaltmiete um weitere 90,00 EUR infolge der beruflichen Nutzung eines Büros von 12 Quadratmetern innerhalb der Wohnung zu reduzieren war. Denn selbst bei Zugrundelegung der tatsächlichen Kaltmiete von 427,38 EUR würde sich vorliegend i.V. mit der Regelleistung von 359,00 EUR monatlich sowie der privaten Krankenversicherung in Höhe von 120,00 EUR mit dann 906,38 EUR kein Bedarf ergeben, der das monatliche anrechenbare Erwerbseinkommen von allein 939,24 EUR aus selbstständiger Tätigkeit übersteigen könnte.
Hat der Beklagte somit mit der abschließenden Entscheidung nach § 40 Abs. 1 Satz 2 Nr.1a SGB II a.F. i.V.m. § 328 Abs. 3 Satz 2 SGB III zutreffend entschieden, dass dem Kläger für den hier streitgegenständlichen Zeitraum kein Leistungsanspruch zustand, lagen zugleich die Voraussetzungen für eine Rückforderung des vorläufig gewährten Betrages in Höhe von insgesamt 2.978,25 EUR vor. Dabei stellt § 328 Abs. 3 Satz 2 SGB III eine gegenüber § 50 SGB X eigenständige Erstattungsvorschrift dar (BSG a.a.O., Juris Rdnr. 18), sodass kein Raum für eine Anwendung von § 50 SGB X bleibt. Danach sind die im streitgegenständlichen Zeitraum erbrachten Leistungen des Beklagten in Höhe von 2.978,25 EUR zu erstatten, nachdem mit der abschließenden Entscheidung ein Leistungsanspruch zutreffend nicht zuerkannt worden ist.
Für die vom Kläger begehrte Reduzierung der Erstattungsforderung in Anwendung von § 40 Abs. 2 Satz 1 SGB II a.F. um 56 v.H. der berücksichtigten Kosten für Unterkunft ist kein Raum. Eine unmittelbare Abwendung scheidet bereits deshalb aus, weil § 40 Abs. 2 Satz 1 SGB II a.F. nach seinem eindeutigen Wortlaut nur auf § 50 SGB X Bezug nimmt und deshalb nicht in unmittelbarer Anwendung zwecks Begrenzung einer auf § 328 Abs. 3 Satz 2 SGB III beruhenden Erstattungspflicht herangezogen werden kann. Ebenso ist kein Raum für eine analoge Anwendung von § 40 Abs. 2 Satz 1 SGB II a.F ... Es fehlt an einer planwidrigen Regelungslücke, die nach Maßgabe des Gleichheitssatzes und zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen durch eine analoge Anwendung einer anderen Rechtsnorm zu schließen wäre (LSG Berlin-Brandenburg vom 28. September 2011 - L 18 AS 2132/10 - Juris Rdnr. 18). Das LSG Berlin-Brandenburg hat hierzu wie folgt ausgeführt (LSG Berlin-Brandenburg a.a.O., Juris Rdnr. 18 f.):
"Entgegen den Ausführungen des SG ist § 40 Abs. 2 Satz 1 SGB II aF aber auch nicht entsprechend anzuwenden. Eine planwidrige Regelungslücke (im Sinne einer Unvollständigkeit des Gesetzes), die nach Maßgabe des Gleichheitssatzes und zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen durch eine analoge Anwendung einer anderen Rechtsnorm zu schließen wäre (vgl BSG SozR 4-5870 § 1 Nr. 2 mwN), liegt nicht vor. Es spricht angesichts des Umstandes, dass der Gesetzgeber des SGB II in § 40 Abs. 1 Satz 2 SGB II aF die Vorschrift des § 328 SGB III für entsprechend anwendbar erklärt hat, nichts dafür, dass er im folgenden Absatz bei der von ihm getroffenen Regelung des partiellen Ausschlusses eines Erstattungsanspruchs nach § 50 SGB X versehentlich den Erstattungsanspruch nach § 328 Abs. 3 Satz 2 SGB III nicht in diese Regelung mit aufgenommen hat. § 40 Abs. 2 Satz 1 SGB II aF ist gemessen an seinem Zweck auch nicht ergänzungsbedürftig. Es trifft zwar durchaus zu, dass der von einer Rückforderung nach § 328 Abs. 3 Satz 2 SGB III betroffene Leistungsempfänger in einer ähnlichen "schutzbedürftigen" Lage ist wie der nach § 50 SGB X in Anspruch genommene redliche Leistungs- und potentielle Wohngeldempfänger im Falle der Aufhebung einer endgültigen Leistungsbewilligung. Eine entsprechende Anwendung des § 40 Abs. 2 Satz 1 SGB II aF wäre jedoch nur dann in Betracht zu ziehen, wenn der von der Rückforderung nach § 40 Abs. 2 Nr. 1 SGB II aF iVm § 328 Abs. 3 Satz 2 SGB III betroffene Empfänger einer vorläufigen Leistung den eine Reduzierung der Erstattungsforderung indizierenden "Wohngeldaspekt" nicht ohne eine entsprechende Anwendung des § 40 Abs. 2 Satz 1 SGB II aF zumutbar zur Geltung bringen könnte.
Eine derartige "Schutzlücke" besteht aber schon deshalb nicht, weil der von einer endgültigen Ablehnung eines SGB II-Leistungsantrags nach § 328 Abs. 3 Satz 2 SGB III betroffene Begünstigte einer vorläufigen Leistungsbewilligung nachträglich Wohngeld beantragen kann. Nach § 22 Abs. 1 WoGG wird zwar Wohngeld nur auf Antrag des Wohngeldberechtigten geleistet und der Wohngeldbewilligungszeitraum beginnt grundsätzlich am Ersten des Monats, in dem der Antrag gestellt worden ist (§ 25 Abs. 2 Satz 1 WoGG). Die Wahrung dieser materiell-rechtlichen Ausschlussfristen ist Anspruchsvoraussetzung (vgl VG Düsseldorf, Urteil vom 6. November 2009 – 21 K 5656.09 – mwN, juris). Nach § 25 Abs. 3 Sätze 1 und 2 iVm §§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 8 Abs. 1 Satz 3 WoGG in der bis 31. Dezember 2010 gültigen Fassung ist Wohngeld u.a. in Fällen einer Ablehnung eines Alg II-Antrags bzw. des Entzugs dieser Leistung aber ab dem Ersten des Monats, für den abgelehnt oder entzogen wird, zu bewilligen, wenn der Wohngeldantrag vor Ablauf des Kalendermonats gestellt wird, der auf die Kenntnis der Ablehnung bzw. des Entzugs folgt. Dementsprechend hätte die Klägerin für den hier strittigen Monat Januar 2009 nach der frühestens mit der Bekanntgabe des Bescheides vom 21. August 2009 (zur Maßgeblichkeit dieses Zeitpunktes vgl Stadler/Gutekunst/Dietrich/Fröba, WoGG, Stand: April 2008, § 25 Rn. 37) erlangten Kenntnis von der Ablehnung des Leistungsantrags zumindest bis 30. September 2009 Zeit gehabt, einen Wohngeldantrag zu stellen und so den erhobenen Erstattungsanspruch zumindest teilweise zu kompensieren. Nach der vom Vertreter des Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat erläuterten ständigen Verwaltungspraxis der Wohngeldstellen, die offenbar in Übereinstimmung mit dem Erlass des Bundesministeriums für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen vom 30. Dezember 2004 (vgl dazu Stadler u.a., aaO Rn 46f.) davon ausgeht, dass die Antragsfrist erst mit der Bestandkraft des Ablehnungsbescheides beginnt, könnte die Klägerin auch heute noch einen Wohngeldantrag stellen."
Das BSG hat in seinem Urteil vom 23. August 2012 (B 4 AS 169/11 R, zur Veröffentlichung vorgesehen) diese Entscheidung des LSG Berlin-Brandenburg in vollem Umfang bestätigt. Das BSG hat sich dabei ausweislich des Terminsbericht Nr. 44/12 (veröffentlicht in Juris) von der Überlegung leiten lassen, eine entsprechende Anwendung des § 40 Abs. 2 Satz 1 SGB II scheide aus, weil der mit der Regelung verfolgte Zweck für die Empfänger von vorläufigen Leistungen nicht zum Tragen komme. Denn durch den teilweisen Ausschluss von der Erstattungspflicht habe der Gesetzgeber gewährleisten wollen, dass Empfänger von Alg II nicht schlechter als beim Bezug von Wohngeld stehen, weil dieses nicht der Rückforderung unterliege. Empfängern von vorläufigen Leistungen werde hingegen ermöglicht, nach Ablehnung der endgültigen Leistungsgewährung Wohngeld zu beantragen (a.a.O.). Der erkennende Senat schließt sich den - demnach vom BSG in vollem Umfang bestätigten - Ausführungen des LSG aus eigener Überzeugung an.
Die unterschiedliche gesetzestechnische Behandlung von Erstattungsansprüchen nach § 50 SGB X einerseits und von Erstattungsansprüchen nach § 328 Abs. 3 Satz 2 SGB II andererseits verstößt im Übrigen auch nicht gegen Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG). Für die Ungleichbehandlung der hiervon betroffenen Personengruppen gibt es hinreichend gewichtige Gründe, die die Ungleichbehandlung zwischen Begünstigten einer vorläufigen Bewilligung und Begünstigten einer endgültigen Bewilligung rechtfertigen können (LSG Berlin-Brandenburg a.a.O., Juris Rdnr. 21 ff.). Das LSG Berlin-Brandenburg hat hierzu Folgendes ausgeführt (a.a.O., Juris Rdnr. 23):
"Unter Berücksichtigung des dargestellten Maßstabs ergibt sich bereits aus dem Umstand, dass der Begünstigte einer vorläufigen Bewilligung - anders als der durch die Regelungen der §§ 45, 48 SBG X grundsätzlich in seinem Vertrauen auf den Bestand der Bewilligung geschützte Begünstigte einer endgültigen Bewilligung - keinerlei Vertrauensschutz hinsichtlich des Bestandes der vorläufigen Bewilligung und damit auch hinsichtlich des Behaltendürfens der empfangenen Leistung genießt (vgl Pilz, in Gagel, SGB III; Stand: Mai 2005, § 328 Rn. 49), ein hinreichend gewichtiger Grund für die Ungleichbehandlung in Bezug auf die Berücksichtigung wohngeldrechtlicher Gesichtspunkte im Rahmen der Rückforderung von SGB II-Leistungen. Dem "vorläufigen" Leistungsempfänger, der um die ungeklärte Sach- oder Rechtslage sowie um seine prekäre Rechtsposition weiß, kann eine "Neuorientierung" in seinen sozialrechtlichen Verhältnissen mit dem damit verbundenen Aufwand eines gesonderten Verwaltungsverfahren naturgemäß eher zugemutet werden als dem grundsätzlich auf den Bestand seines öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnis vertrauenden "endgültigen" Leistungsempfänger. Der Gesetzgeber durfte bei der hier gegebenen unterschiedlichen Behandlung von Gruppen von Leistungsempfänger ferner zu Lasten der "vorläufigen" Leistungsempfänger berücksichtigen, dass Entscheidungen über die (endgültige) Zuerkennung eines Leistungsanspruchs nach § 328 Abs. 3 Satz 2 SGB III aufgrund der jedenfalls in den Fällen des § 328 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB III regelmäßig in absehbarer Zeit zu erwartenden Klärung der Voraussetzungen eines Leistungsanspruchs typischerweise in einem engeren zeitlichen Zusammenhang zur (vorläufigen) Bewilligungsentscheidung bzw zum Bewilligungszeitraum getroffen werden als die zum Erstattungsanspruch nach § 50 SGB X führenden Aufhebungen nach den §§ 45, 48 SGB X , mit denen häufig in erheblichem zeitlichem Abstand zur Bewilligung oder geraume Zeit nach Ablauf des Bewilligungszeitraums Leistungsvorgänge rückabgewickelt werden müssen. Insofern liegt es im Rahmen des weiten Gestaltungsspielraums des sozialrechtlichen Gesetzgebers, dass dieser wegen der regelmäßig aufgrund der mit längeren zeitlichen Abständen einhergehenden zunehmenden tatsächlichen und rechtlichen Rückabwicklungsschwierigkeiten zu der verwaltungspraktischen (vgl zur verfassungsrechtlichen Bedeutung des Gesichtspunkt der Verwaltungspraktikabilität: Eicher, in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl. 2008, § 40 Rn. 105) pauschalierenden Regelung des § 40 Abs. 2 SGB II aF gegriffen hat. Soweit diese pauschalierende Regelung in Einzelfällen, zu denen möglicherweise der Fall der Klägerin gehört, dazu führen kann, dass ein von der Rückforderung betroffener "vorläufiger" Leistungsempfänger nicht nur verfahrensmäßig, sondern auch im (wirtschaftlichen) Ergebnis stärker belastet wird als ein gemäß § 50 SGB X in Anspruch genommener Leistungsempfänger, ist dies eine zulässige Folge der gesetzgeberischen Befugnis zur Generalisierung, Typisierung und Pauschalierung bei der Ordnung der hier gegebenen Massenerscheinungen. Der Gesetzgeber ist berechtigt, die Vielzahl der Einzelfälle in dem Gesamtbild zu erfassen, das nach den ihm vorliegenden Erfahrungen die regelungsbedürftigen Sachverhalte zutreffend wiedergibt (vgl BVerfGE 78, 214, 227). Auf dieser Grundlage darf er generalisierende, typisierende und pauschalierende Regelungen treffen, ohne wegen der damit unvermeidlich verbundenen Härten gegen den allgemeinen Gleichheitssatz zu verstoßen (vgl. BVerfGE 84, 348, 359; 96, 1, 6). Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber mit der Spezialregelung des § 40 Abs. 2 SGB II aF diese Regelungsbefugnis überdehnt hat, sind nicht ersichtlich."
Der erkennende Senat schließt sich auch insoweit aufgrund eigener Überzeugungsbildung in vollem Umfang den vorstehenden Ausführungen des LSG Berlin-Brandenburg an und macht sich diese zu eigen. Er geht - auch insoweit in Übereinstimmung mit dem BSG (vgl. Terminbericht des BSG Nr. 44/12, wonach sich das BSG vom Verstoß gegen höherrangiges Recht nicht überzeugen konnte) - davon aus, dass die unterschiedliche gesetzestechnische Behandlung von Erstattungsansprüchen nach § 50 SGB X einerseits und von Erstattungsansprüchen nach § 328 Abs. 3 Satz 2 SGB II andererseits nicht gegen höherrangiges Recht verstößt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Hierbei berücksichtigt der Senat, dass das Klageverfahren in beiden Rechtszügen erfolglos geblieben ist und der Beklagte keinen Anlass hierfür gegeben hat.
Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor. Die hier streitigen Rechtsfragen sind spätestens mit der Entscheidung des BSG vom 23. August 2012 einer endgültigen Klärung unterzogen worden.
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