Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 14 AL 626/10
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 2 AL 7/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen. Die Beklagte trägt die Kosten des Klage- und des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Im Streit ist ein Anspruch auf Auszahlung der 1. Rate aus einem Vermittlungsgutschein.
Am 27.5.2010 stellte die Beklagte für die zu diesem Zeitpunkt arbeitslos gemeldete und Arbeitslosengeld beziehende Beigeladene einen Vermittlungsgutschein über 2000 EUR nach § 421g SGB III des Sozialgesetzbuchs Drittes Buch (SGB III) in der damals geltenden Fassung mit einem Gültigkeitszeitraum vom 27.5. bis 25.8.2010 aus. Hierin hieß es u.a.:
Der oben angegebene Betrag wird an einen von Ihnen eingeschalteten privaten Vermittler gezahlt, wenn Sie von ihm in ein Beschäftigungsverhältnis vermittelt wurden. Die Zahlung erfolgt in Höhe von 1000 Euro nach einer sechswöchigen Dauer des Beschäftigungsverhältnisses. Der Restbetrag wird gezahlt, wenn das Beschäftigungsverhältnis mindestens sechs Monate gedauert hat.
Die Vergütung wird nur gezahlt, wenn - es sich um eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung mit einer Arbeitszeit von mindestens 15 Stunden wöchentlich handelt, - von vornherein eine Beschäftigungsdauer von mindestens drei Monaten vereinbart wurde, - Sie bei demselben Arbeitgeber während der letzten vier Jahre vor der Arbeitslosmeldung nicht oder nicht länger als drei Monate versicherungspflichtig beschäftigt waren, - der von Ihnen eingeschaltete Vermittler nicht bereits von der Agentur für Arbeit mit ihrer Vermittlung beauftragt ist, - Sie vor der Vermittlung mit dem Vermittler einen schriftlichen Vermittlungsvertrag geschlossen haben, - der Vermittler aufgrund dieses Vertrages gegen Sie einen Anspruch auf eine Vermittlungsvergütung hat und - der Vermittler nachweist, dass er die Arbeitsvermittlung als Gegenstand seines Gewerbes angemeldet hat.
Am 30.6.2010 schloss die Beigeladene mit der Klägerin, die ein Unternehmen der privaten Arbeitsvermittlung betreibt und dies als Gegenstand ihres Gewerbes angezeigt hat, einen schriftlichen Vermittlungsvertrag nach § 296 i.V.m. 297 SGB III in den damals geltenden Fassungen (a.F.), mit dem die Klägerin mit der Vermittlung einer Arbeitsstelle als Produktionshelferin, Kommissioniererin oder Lagerhelferin beauftragt wurde.
Auf Vermittlung der Klägerin schloss die Beigeladene am 14.7.2010 für die Zeit vom 19.7. bis 17.12.2010 einen Arbeitsvertrag mit der K. GmbH & Co. OHG, bei der sie vorher nicht versicherungspflichtig beschäftigt gewesen war.
Nachdem die Beigeladene am 19.7.2010 die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung mit einer Arbeitszeit von mindestens 15 Stunden wöchentlich aufgenommen hatte, beantragte die Klägerin bei der Beklagten am 7.9.2010 die Auszahlung der ersten Rate des Vermittlungsgutscheins vom 27.5.2010. Neben dem Antragsformular, mit dem sie erklärte, dass sie von der Beklagten nicht mit der Vermittlung der Beigeladenen beauftragt worden sei und sie und ihre Vertreter, Mitarbeiter etc. in keiner Weise wirtschaftlich oder personell mit dem Arbeitgeber verflochten seien, legte sie den Vermittlungsgutschein, den Vermittlungsvertrag mit der Beigeladenen, die Vermittlungs- und Beschäftigungsbestätigung des Arbeitgebers sowie die am Tag der Vermittlung gültige Gewerbeanmeldung für eine Tätigkeit als Arbeitsvermittler vor.
Nachdem die Beklagte festgestellt hatte, dass die Beigeladene vom 25.4. bis 28.5.2010 in einer nicht angezeigten versicherungspflichtigen Beschäftigung gestanden hatte, und sie deshalb mit Wirkung für die Vergangenheit deren Bewilligung von Arbeitslosengeld mit Wirkung für die Vergangenheit ab 26.4.2010 aufgehoben hatte, lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin mit der Begründung ab, dass kein gültiger Vermittlungsgutschein vorliege; die Beigeladene habe keinen Anspruch auf Ausstellung des Vermittlungsgutscheins gehabt, da sie zum Zeitpunkt der Ausstellung nicht arbeitslos gewesen sei und somit keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld gehabt habe (Bescheid vom 9.9.2010, Widerspruchsbescheid vom 27.9.2010). Der Beigeladenen teilte die Beklagte mit, sie müsse damit rechnen, dass die Klägerin die Zahlung der Vergütung von ihr verlange.
Am 13.10.2010 hat die Klägerin gegen die Beklagte Klage auf Auszahlung der ersten Rate aus dem Vermittlungsgutschein erhoben und unter Bezugnahme auf die Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) vom 6.5.2008 - B 7/7a AL 8/07 R (BSGE 100, 238) ausgeführt, dass es rechtlich ohne Belang sei, ob der Vermittlungsgutschein zu Recht oder zu Unrecht ausgestellt worden sei. Unabhängig von der Rechtsnatur des Vermittlungsgutscheins seien die Voraussetzungen für dessen Erteilung im Rahmen des Abrechnungsverfahrens zwischen dem Makler und der Bundesagentur für Arbeit nicht mehr zu überprüfen. Anderenfalls würde der Vermittlungsgutschein seinen Sinn verlieren. Er diene ja gerade dazu, bei dem Vermittler eine Sicherheit zu garantieren, dass dieser auch ein Honorar für seine Leistungen erhalte. Vorliegend sei der Vermittlungsgutschein nicht in irgendeiner Form zurückgenommen oder widerrufen worden.
Demgegenüber hat die Beklagte die Auffassung vertreten, dass es sich bei dem Vermittlungsgutschein weder um einen Verwaltungsakt im Sinne des § 31 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) noch um eine Zusicherung im Sinne des § 34 SGB X handele. Ein Anspruch der Klägerin auf Auszahlung des Vermittlungsgutscheins bestehe nicht, weil dieser ungültig gewesen sei. Die Beigeladene habe den Vermittlungsgutschein unter falschen Voraussetzungen erhalten. Sie habe gewusst, dass er ungültig gewesen sei und habe dennoch die Klägerin in dem Glauben gelassen, einen Vergütungsanspruch zu haben.
Nach Anhörung der Beteiligten hat das Sozialgericht der Klage mit Gerichtsbescheid vom 17.1.2011, hinsichtlich des Aktivrubrums berichtigt mit Beschluss vom 9.3.2011, stattgegeben, den angefochtenen Bescheid vom 9.9.2010 nebst Widerspruchsbescheid vom 27.9.2010 aufgehoben, die Beklagte zur Zahlung von 1000 EUR an die Klägerin sowie zur Erstattung der "notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin" verurteilt und den Streitwert für das Klageverfahren auf 1000 EUR festgesetzt. Zur Begründung in der Sache hat es angegeben, dass es unabhängig von der Rechtsnatur des Vermittlungsgutscheins dessen Sinn und Zweck sei, dem privaten Arbeitsvermittler eine Sicherheit für seinen Maklerlohn zu geben, ohne die der Gutschein ohne jeden Sinn wäre. Deshalb könne es, wie das BSG in dem von der Klägerin in Bezug genommenen Urteil vom 6.5.2008 ausgeführt habe, im Abrechnungsverfahren zwischen dem Makler und der Beklagten nicht darauf ankommen, ob die Voraussetzungen für die Erteilung des Gutscheins erfüllt gewesen seien oder nicht. Die Beklagte setze mit dem Vermittlungsgutschein zumindest einen Rechtsschein, an dem sie sich festhalten lassen müsse, so lange die Urkunde im Umlauf sei.
Gegen den ihr am 18.1.2011 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Beklagte am 18.2.2011 Berufung eingelegt.
Sie ist weiter der Auffassung, dass es sich bei dem Vermittlungsgutschein weder um eine Zusicherung noch um einen feststellenden Verwaltungsakt handele, sondern lediglich um eine technische Unterlage zur späteren Zahlungsabwicklung. Daher sei er einer Aufhebung durch Verwaltungsakt nicht zugänglich, sondern in seiner Rechtswirkung abhängig vom Vorliegen der materiellen Anspruchsvoraussetzungen. Er verkörpere auch nicht in wertpapierähnlicher Weise einen Leistungsanspruch, sondern habe lediglich deklaratorischen Charakter. Das Sozialgericht nehme zu Unrecht das Urteil des BSG vom 6.5.2008 für sich in Anspruch; das BSG habe sich vor einem sehr speziellen Hintergrund zu der Aussage genötigt gesehen, dass die Voraussetzungen für die Erteilung des Vermittlungsgutscheins im Rahmen des Auszahlungsverfahrens nicht mehr zu überprüfen seien, jedoch keine Grundsatzentscheidung getroffen. Das Risiko, auch bei erfolgreicher Vermittlung einen Vergütungsanspruch nicht realisieren zu können, sei dem privaten Vermittler aufgebürdet, der auch an anderer Stelle durch die öffentlich-rechtlichen Vorschriften Risiken zu tragen habe, die mit dem Wesen des Maklerrechts eigentlich nicht vereinbar seien. So trage er das Risiko des Zustandekommens des Arbeitsverhältnisses, aber auch dauerhaft das Risiko für die vertragsgerechte Erbringung der Arbeitsleistung durch den Arbeitnehmer im Hinblick darauf, dass die zweite Rate erst nach sechs Monaten fällig werde. Dies bedeute aber dann auch folgerichtig, dass der Vermittler keinen weitergehenden öffentlich-rechtlichen Anspruch haben könne als der Arbeitnehmer. Dies gelte insbesondere, wenn der Arbeitslose gegen Mitwirkungspflichten verstoße und deshalb die Ausstellung des Vermittlungsgutscheins zu Unrecht erfolgt sei. Der Vermittler sei gehalten, einen Schadensausgleich bei seinem Vertragspartner zu suchen.
Die Beklagte beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hamburg vom 17.1.2011 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 9.3.2011 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie trägt vor, dass der Vermittlungsgutschein vom Gesetzgeber eingeführt worden sei, um eine unbürokratische Abwicklung der Vermittlungsfälle für den Vermittler zu ermöglichen. Nur unter dieser Voraussetzung sei es auch gerechtfertigt, dass das Gesetz nur deutlich geringere Honorare als bei Arbeitsvermittlungen ohne zu Grunde liegenden Vermittlungsgutschein zulasse. Der Zweck des Vermittlungsgutscheins würde unterlaufen werden, wenn dem Vermittler ein Vertrauensschutz abgesprochen würde. Müsste er damit rechnen, dass der Vermittlungsgutschein ohne seine Kenntnis ungültig werden könnte, wäre er gezwungen, sich seinen Honoraranspruch vom Bewerber absichern zu lassen.
Die mit Beschluss vom 27.11.2011 zunächst einfach, später mit Änderungsbeschluss vom 27.7.2012 notwendig Beigeladene hat sich nicht geäußert und stellt keinen Antrag.
Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf die Sitzungsniederschrift vom 15.8.2012, die vorbereitenden Schriftsätze der Beteiligten sowie den weiteren Inhalt der Prozessakte und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte (§§ 143, 144 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG)) und auch im Übrigen zulässige, insbesondere form- und fristgerecht (§ 151 SGG) eingelegte Berufung ist unbegründet. Das Sozialgericht hat der Klage zu Recht stattgegeben. Die Klägerin hat einen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung von 1000,00 EUR aus dem für die Beigeladene am 27.5.2010 ausgestellten Vermittlungsgutschein. Nach § 421g Abs. 1 Satz 1 SGB III in der hier maßgeblichen, vom 1.8.2009 bis 31.12.2010 geltenden Fassung vom 15.7.2009 (BGBl. I S. 1939) (a.F.) haben u.a. Arbeitnehmer, die Anspruch auf Arbeitslosengeld haben und nach einer Arbeitslosigkeit von zwei Monaten innerhalb einer Frist von drei Monaten noch nicht vermittelt sind, unter weiteren Voraussetzungen Anspruch auf einen Vermittlungsgutschein. Mit diesem Vermittlungsgutschein verpflichtet sich der Leistungsträger nach Abs. 1 Satz 4 der Vorschrift in der hier maßgeblichen, vom 1.1.2009 bis 31.12.2010 geltenden Fassung vom 21.12.2008 (BGBl. I S. 2917), den Vergütungsanspruch eines vom Arbeitnehmer eingeschalteten Vermittlers, der den Arbeitnehmer in eine versicherungspflichtige Beschäftigung mit einer Arbeitszeit von mindestens 15 Stunden wöchentlich vermittelt hat, nach Maßgabe der weiteren Bestimmungen der Norm zu erfüllen. Nach § 421g Abs. 2 Satz 3 SGB III in der hier maßgeblichen, vom 1.1.2008 bis 31.12.2010 geltenden Fassung vom 10.12.2007 (BGBl. I S. 2838) (a.F.) wird die Vergütung in Höhe von 1000 EUR nach einer sechswöchigen und der Restbetrag nach einer sechsmonatigen Dauer des Beschäftigungsverhältnisses gezahlt. Die Zahlung erfolgt unmittelbar an den Vermittler (§ 421g Abs. 2 Satz 4 SGB III, ebenfalls in der zuletzt genannten Fassung vom 10.12.2007), der Inhaber eines öffentlich-rechtlichen Zahlungsanspruchs ist (BSG, Urteile vom 6.4.2006 – B 7a AL 56/05 R, BSGE 96, 190, vom 6.5.2008 – B 7/7a AL 8/07 R, aaO, und vom 23.2.2011 - B 11 AL 11/10 R, NZA 2012, 80 (Kurzwiedergabe), jeweils mwN).
Der Zahlungsanspruch des Vermittlers hat danach regelmäßig folgende Voraussetzungen: Ausstellung eines Vermittlungsgutscheins; wirksamer, vor Beginn der Vermittlungstätigkeit abgeschlossener schriftlicher Vermittlungsvertrag (§ 296 i.V.m § 297 SGB III a.F.) mit daraus resultierendem Zahlungsanspruch des Vermittlers gegen den Arbeitnehmer; Vermittlungstätigkeit mit erfolgreicher Vermittlung in eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung mit mindestens 15 Wochenstunden (BSG, Urteil vom 6.5.2008 – B 7/7a AL 8/07 R, aaO), die gemäß § 421g Abs. 2 Satz 3 SGB III a.F. mindestens 6 Wochen andauert.
Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Die Beklagte hat der Beigeladenen am 27.5.2010 einen bis 25.8.2010 gültigen Vermittlungsgutschein ausgestellt. Die Klägerin hat am 30.6.2010 mit der Beigeladenen einen den Anforderungen des § 296 SGB III in der Fassung vom 10.12.2007 (BGBl. I S. 2838) (a.F.) in Verbindung mit § 297 SGB III in der Fassung vom 19.11.2004 (BGBl. I S. 2902) (a.F.) entsprechenden schriftlichen Vermittlungsvertrag geschlossen. Danach und noch während des Gültigkeitszeitraums des Vermittlungsgutscheins ist die Beigeladene von der Klägerin zum 19.7.2010 in eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung mit 15 Wochenstunden vermittelt worden. Diese Beschäftigung hat auch für mehr als sechs Wochen fortbestanden. Ein Ausschlusstatbestand gemäß § 421g Abs. 3 SGB III in der hier maßgeblichen, vom 1.1.2005 bis 31.12.2010 geltenden Fassung vom 19.11.2004 (BGBl. I S. 2902) (a.F.) ist nicht gegeben.
Entgegen der Auffassung des Beklagten ist die Gültigkeit des Vermittlungsgutscheins nicht dadurch (rückwirkend) erloschen, dass die Beklagte gegenüber der Beigeladenen mit Wirkung für die Vergangenheit ab 26.4.2010 deren Arbeitslosengeldbewilligung aufgehoben hat. Zwar ist dadurch eine der Voraussetzungen für die Erteilung des Vermittlungsgutscheins nachträglich entfallen. Ob dadurch der Vermittlungsgutschein als von Anfang an rechtswidrig oder als später rechtswidrig geworden anzusehen ist, mag dahingestellt bleiben. Denn in jedem Fall hätte es seiner Rücknahme nach § 330 Abs. 2 SGB III in Verbindung mit § 45 SGB X oder seiner Aufhebung nach § 330 Abs. 3 SGB III in Verbindung mit § 48 SGB X bedurft, um dessen nach § 39 Abs. 2 SGB X anhaltende Rechtswirkung einschließlich des auf ihm beruhenden öffentlich-rechtlichen Zahlungsanspruchs des Vermittlers zu beseitigen.
Nach Überzeugung des erkennenden Senats handelt es sich bei dem Vermittlungsgutschein nicht bloß um eine technische Unterlage zur späteren Abwicklung des Freistellungsanspruchs (so allerdings Urmersbach in: Eicher/Schlegel, SGB III, 92. Ergänzung August 2009, § 421g Rdnr. 29), sondern um einen Verwaltungsakt im Sinne des § 31 SGB X, auf dessen Erlass der Arbeitnehmer bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen einen Rechtsanspruch hat (ebenso: Sächsisches Landessozialgericht (LSG), Urteil vom 18.3.2010 - L 3 AL 19/09, Juris; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 18.6.2012 - L 18 AL 336/11, Juris; Rademacher in: GK-SGB III, 142. Ergänzung Juni 2009, § 421g Rdnr. 25; Rademacker in: Hauck/Noftz, SGB III, K § 421g Rdnr. 29; Kühl/Breitkreuz, Rechtsbeziehungen bei privater Arbeitsvermittlung, NZS 2004, 568, 570; Brandts in: Niesel/Brand, SGB III, 5. Aufl. 2010, § 421g, Rdnrn. 7, 9). Mit dem Vermittlungsgutschein trifft der Leistungsträger als Behörde nach Sachverhaltsermittlung im Einzelfall mit unmittelbarer Außenwirkung Regelungen, die zwar überwiegend feststellenden Charakter haben und vom Gesetzgeber als Anspruchsleistung vorgegeben sind, dies ändert aber nichts an deren Qualität als Verwaltungsakt, der die Regelform behördlichen Handelns darstellt. Nicht der Selbstvollzug des Gesetzes, sondern seine Umsetzung durch Verwaltungsakt prägt das Recht der sozialen Sicherheit (Rademacher aaO mN). Ein Ausnahmesachverhalt, wie er für Beratungen oder die Erteilung von Auskünften angenommen wird, liegt beim Vermittlungsgutschein nicht vor. Vergleichbar dem Bildungsgutschein (vgl. hierzu: LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 4.12.2008 - L 9 AS 529/08 ER, NZS 2009, 294 (Leitsatz) mwN) wird mit dem Vermittlungsgutschein gegenüber dem Arbeitnehmer verbindlich festgestellt, dass er die Förderungsvoraussetzungen erfüllt. Zugleich wird die grundsätzliche Verpflichtung der Beklagten zur Freistellung des Arbeitnehmers von seiner Zahlungsverpflichtung gegenüber dem Vermittler festgestellt und dokumentiert. Darüber hinaus werden die Leistungshöhe und die Gültigkeitsdauer des Gutscheins geregelt.
Von den Wirkungen des bestandskräftigen Vermittlungsgutscheins als begünstigendem Verwaltungsakt kann sich die ausstellende Behörde nur unter den Voraussetzungen der §§ 45 ff. SGB X lösen, soweit er sich nicht anderweitig, z.B. durch Zeitablauf, erledigt (LSG Berlin-Brandenburg aaO; Sächsisches LSG aaO; Rademacher, aaO; Jahn/Sauer, SGB III für die Praxis, § 421g Rdnr. 26; Rademacker aaO mit Bezug ausschließlich auf § 48 SGB X; LSG Niedersachsen-Bremen aaO in Bezug auf den Bildungsgutschein). Dies ist vorliegend nicht geschehen.
Entgegen der Ansicht der Beklagten führt diese Sichtweise auch nicht zu einer unangemessenen Risikoverteilung. Der Bildungsgutschein bezweckt sehr wohl auch den Schutz des Vertrauens des Arbeitsvermittlers und soll eine zügige und unbürokratische Vermittlung ermöglichen; anderenfalls wäre er praktisch sinnlos und der mit dessen Ausstellung verbundene Verwaltungsaufwand nicht zu rechtfertigen. Aus diesem Grund hält auch der von der Beklagten mit seinen Ausführungen zur vermeintlich fehlenden Verwaltungsaktseigenschaft des Vermittlungsgutscheins in Bezug genommene Urmersbach die ausstellende Behörde im Rahmen ihrer späteren Entscheidung darüber, ob Zahlungen an den privaten Arbeitsvermittler geleistet werden, an ihre in dem Vermittlungsgutschein zum Ausdruck gekommene Erklärung, dass die Voraussetzungen des §§ 421g Abs. 1 Satz 1 SGB III a.F. vorliegen, nach Sinn und Zweck der Regelung gebunden (aaO Rdnr. 31); im Anschluss hieran hat das BSG in dem Urteil vom 6.5.2008 (aaO) deutlich formuliert, dass die Voraussetzungen für die Erteilung des Vermittlungsgutscheins selbst – unabhängig von der Rechtsnatur des Vermittlungsgutscheins – im Rahmen des Abrechnungsverfahrens zwischen dem Makler und der Bundesagentur für Arbeit nicht mehr zu überprüfen seien, wenn der Vermittlungsgutschein nicht seinen Sinn verlieren solle (ebenso: Landessozialgericht Sachsen-Anhalt, Urteil vom 13.4.2011 – L 2 AL 95/06, Juris).
Dennoch dürfte die Beklagte nicht faktisch gezwungen sein, etwaige angefallene Vermittlungskosten zu tragen, auch wenn die Voraussetzungen für den Erlass eines Vermittlungsgutscheins von Anfang an nicht vorgelegen haben oder später weggefallen sind und dem Arbeitnehmer ein im Sinne der §§ 45 oder 48 SGB X vorwerfbares Verhalten vorzuhalten ist. Die Beklagte kann den Vermittlungsgutschein zurücknehmen bzw. aufheben und dies dem eine Vergütung fordernden, zum Zeitpunkt der Vermittlung bösgläubigen Vermittler entgegenhalten bzw. nach Bewilligung der Vergütung durch Verwaltungsakt diesen bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen auf Seiten des Vermittlers gegebenenfalls auch zurücknehmen bzw. aufheben und Erstattung nach § 50 SGB X verlangen. Sollte eine Rücknahme bzw. Aufhebung gegenüber dem Arbeitnehmer erfolgen, ohne dass auch dem Arbeitsvermittler Bösgläubigkeit vorzuhalten ist, dürfte der Beklagten die Möglichkeit offen stehen, die Erstattung der Vermittlungskosten nach § 50 SGB X von dem Arbeitnehmer zu verlangen; denn dem Arbeitnehmer gegenüber stellt sich die Zahlung an den Arbeitsvermittler als ihm – dem Arbeitnehmer - erbrachte Sozialleistung dar.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. §§ 154 Abs. 1 und 2, 162 Abs. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung. Auch wenn das Rechtmittelgericht bei erfolglosem Rechtsmittel grundsätzlich nur über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens entscheidet und die Kostenentscheidung des Vordergerichts gültig bleibt, kann das Rechtmittelgericht Letztere ändern oder ergänzen (Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl. 2012, § 197a Rdnr. 12 mwN). Da das Sozialgericht im angefochtenen Gerichtsbescheid lediglich über die Erstattungspflicht außergerichtlicher Kosten, nicht jedoch über die Gerichtskosten entschieden hat, war die Kostenentscheidung auch für das Klageverfahren neu zu fassen.
Der Senat hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache im Hinblick auf die noch nicht höchstrichterlich geklärte Frage nach der Rechtsnatur des Vermittlungsgutscheins und die entsprechenden Konsequenzen zugelassen (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).
Tatbestand:
Im Streit ist ein Anspruch auf Auszahlung der 1. Rate aus einem Vermittlungsgutschein.
Am 27.5.2010 stellte die Beklagte für die zu diesem Zeitpunkt arbeitslos gemeldete und Arbeitslosengeld beziehende Beigeladene einen Vermittlungsgutschein über 2000 EUR nach § 421g SGB III des Sozialgesetzbuchs Drittes Buch (SGB III) in der damals geltenden Fassung mit einem Gültigkeitszeitraum vom 27.5. bis 25.8.2010 aus. Hierin hieß es u.a.:
Der oben angegebene Betrag wird an einen von Ihnen eingeschalteten privaten Vermittler gezahlt, wenn Sie von ihm in ein Beschäftigungsverhältnis vermittelt wurden. Die Zahlung erfolgt in Höhe von 1000 Euro nach einer sechswöchigen Dauer des Beschäftigungsverhältnisses. Der Restbetrag wird gezahlt, wenn das Beschäftigungsverhältnis mindestens sechs Monate gedauert hat.
Die Vergütung wird nur gezahlt, wenn - es sich um eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung mit einer Arbeitszeit von mindestens 15 Stunden wöchentlich handelt, - von vornherein eine Beschäftigungsdauer von mindestens drei Monaten vereinbart wurde, - Sie bei demselben Arbeitgeber während der letzten vier Jahre vor der Arbeitslosmeldung nicht oder nicht länger als drei Monate versicherungspflichtig beschäftigt waren, - der von Ihnen eingeschaltete Vermittler nicht bereits von der Agentur für Arbeit mit ihrer Vermittlung beauftragt ist, - Sie vor der Vermittlung mit dem Vermittler einen schriftlichen Vermittlungsvertrag geschlossen haben, - der Vermittler aufgrund dieses Vertrages gegen Sie einen Anspruch auf eine Vermittlungsvergütung hat und - der Vermittler nachweist, dass er die Arbeitsvermittlung als Gegenstand seines Gewerbes angemeldet hat.
Am 30.6.2010 schloss die Beigeladene mit der Klägerin, die ein Unternehmen der privaten Arbeitsvermittlung betreibt und dies als Gegenstand ihres Gewerbes angezeigt hat, einen schriftlichen Vermittlungsvertrag nach § 296 i.V.m. 297 SGB III in den damals geltenden Fassungen (a.F.), mit dem die Klägerin mit der Vermittlung einer Arbeitsstelle als Produktionshelferin, Kommissioniererin oder Lagerhelferin beauftragt wurde.
Auf Vermittlung der Klägerin schloss die Beigeladene am 14.7.2010 für die Zeit vom 19.7. bis 17.12.2010 einen Arbeitsvertrag mit der K. GmbH & Co. OHG, bei der sie vorher nicht versicherungspflichtig beschäftigt gewesen war.
Nachdem die Beigeladene am 19.7.2010 die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung mit einer Arbeitszeit von mindestens 15 Stunden wöchentlich aufgenommen hatte, beantragte die Klägerin bei der Beklagten am 7.9.2010 die Auszahlung der ersten Rate des Vermittlungsgutscheins vom 27.5.2010. Neben dem Antragsformular, mit dem sie erklärte, dass sie von der Beklagten nicht mit der Vermittlung der Beigeladenen beauftragt worden sei und sie und ihre Vertreter, Mitarbeiter etc. in keiner Weise wirtschaftlich oder personell mit dem Arbeitgeber verflochten seien, legte sie den Vermittlungsgutschein, den Vermittlungsvertrag mit der Beigeladenen, die Vermittlungs- und Beschäftigungsbestätigung des Arbeitgebers sowie die am Tag der Vermittlung gültige Gewerbeanmeldung für eine Tätigkeit als Arbeitsvermittler vor.
Nachdem die Beklagte festgestellt hatte, dass die Beigeladene vom 25.4. bis 28.5.2010 in einer nicht angezeigten versicherungspflichtigen Beschäftigung gestanden hatte, und sie deshalb mit Wirkung für die Vergangenheit deren Bewilligung von Arbeitslosengeld mit Wirkung für die Vergangenheit ab 26.4.2010 aufgehoben hatte, lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin mit der Begründung ab, dass kein gültiger Vermittlungsgutschein vorliege; die Beigeladene habe keinen Anspruch auf Ausstellung des Vermittlungsgutscheins gehabt, da sie zum Zeitpunkt der Ausstellung nicht arbeitslos gewesen sei und somit keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld gehabt habe (Bescheid vom 9.9.2010, Widerspruchsbescheid vom 27.9.2010). Der Beigeladenen teilte die Beklagte mit, sie müsse damit rechnen, dass die Klägerin die Zahlung der Vergütung von ihr verlange.
Am 13.10.2010 hat die Klägerin gegen die Beklagte Klage auf Auszahlung der ersten Rate aus dem Vermittlungsgutschein erhoben und unter Bezugnahme auf die Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) vom 6.5.2008 - B 7/7a AL 8/07 R (BSGE 100, 238) ausgeführt, dass es rechtlich ohne Belang sei, ob der Vermittlungsgutschein zu Recht oder zu Unrecht ausgestellt worden sei. Unabhängig von der Rechtsnatur des Vermittlungsgutscheins seien die Voraussetzungen für dessen Erteilung im Rahmen des Abrechnungsverfahrens zwischen dem Makler und der Bundesagentur für Arbeit nicht mehr zu überprüfen. Anderenfalls würde der Vermittlungsgutschein seinen Sinn verlieren. Er diene ja gerade dazu, bei dem Vermittler eine Sicherheit zu garantieren, dass dieser auch ein Honorar für seine Leistungen erhalte. Vorliegend sei der Vermittlungsgutschein nicht in irgendeiner Form zurückgenommen oder widerrufen worden.
Demgegenüber hat die Beklagte die Auffassung vertreten, dass es sich bei dem Vermittlungsgutschein weder um einen Verwaltungsakt im Sinne des § 31 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) noch um eine Zusicherung im Sinne des § 34 SGB X handele. Ein Anspruch der Klägerin auf Auszahlung des Vermittlungsgutscheins bestehe nicht, weil dieser ungültig gewesen sei. Die Beigeladene habe den Vermittlungsgutschein unter falschen Voraussetzungen erhalten. Sie habe gewusst, dass er ungültig gewesen sei und habe dennoch die Klägerin in dem Glauben gelassen, einen Vergütungsanspruch zu haben.
Nach Anhörung der Beteiligten hat das Sozialgericht der Klage mit Gerichtsbescheid vom 17.1.2011, hinsichtlich des Aktivrubrums berichtigt mit Beschluss vom 9.3.2011, stattgegeben, den angefochtenen Bescheid vom 9.9.2010 nebst Widerspruchsbescheid vom 27.9.2010 aufgehoben, die Beklagte zur Zahlung von 1000 EUR an die Klägerin sowie zur Erstattung der "notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin" verurteilt und den Streitwert für das Klageverfahren auf 1000 EUR festgesetzt. Zur Begründung in der Sache hat es angegeben, dass es unabhängig von der Rechtsnatur des Vermittlungsgutscheins dessen Sinn und Zweck sei, dem privaten Arbeitsvermittler eine Sicherheit für seinen Maklerlohn zu geben, ohne die der Gutschein ohne jeden Sinn wäre. Deshalb könne es, wie das BSG in dem von der Klägerin in Bezug genommenen Urteil vom 6.5.2008 ausgeführt habe, im Abrechnungsverfahren zwischen dem Makler und der Beklagten nicht darauf ankommen, ob die Voraussetzungen für die Erteilung des Gutscheins erfüllt gewesen seien oder nicht. Die Beklagte setze mit dem Vermittlungsgutschein zumindest einen Rechtsschein, an dem sie sich festhalten lassen müsse, so lange die Urkunde im Umlauf sei.
Gegen den ihr am 18.1.2011 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Beklagte am 18.2.2011 Berufung eingelegt.
Sie ist weiter der Auffassung, dass es sich bei dem Vermittlungsgutschein weder um eine Zusicherung noch um einen feststellenden Verwaltungsakt handele, sondern lediglich um eine technische Unterlage zur späteren Zahlungsabwicklung. Daher sei er einer Aufhebung durch Verwaltungsakt nicht zugänglich, sondern in seiner Rechtswirkung abhängig vom Vorliegen der materiellen Anspruchsvoraussetzungen. Er verkörpere auch nicht in wertpapierähnlicher Weise einen Leistungsanspruch, sondern habe lediglich deklaratorischen Charakter. Das Sozialgericht nehme zu Unrecht das Urteil des BSG vom 6.5.2008 für sich in Anspruch; das BSG habe sich vor einem sehr speziellen Hintergrund zu der Aussage genötigt gesehen, dass die Voraussetzungen für die Erteilung des Vermittlungsgutscheins im Rahmen des Auszahlungsverfahrens nicht mehr zu überprüfen seien, jedoch keine Grundsatzentscheidung getroffen. Das Risiko, auch bei erfolgreicher Vermittlung einen Vergütungsanspruch nicht realisieren zu können, sei dem privaten Vermittler aufgebürdet, der auch an anderer Stelle durch die öffentlich-rechtlichen Vorschriften Risiken zu tragen habe, die mit dem Wesen des Maklerrechts eigentlich nicht vereinbar seien. So trage er das Risiko des Zustandekommens des Arbeitsverhältnisses, aber auch dauerhaft das Risiko für die vertragsgerechte Erbringung der Arbeitsleistung durch den Arbeitnehmer im Hinblick darauf, dass die zweite Rate erst nach sechs Monaten fällig werde. Dies bedeute aber dann auch folgerichtig, dass der Vermittler keinen weitergehenden öffentlich-rechtlichen Anspruch haben könne als der Arbeitnehmer. Dies gelte insbesondere, wenn der Arbeitslose gegen Mitwirkungspflichten verstoße und deshalb die Ausstellung des Vermittlungsgutscheins zu Unrecht erfolgt sei. Der Vermittler sei gehalten, einen Schadensausgleich bei seinem Vertragspartner zu suchen.
Die Beklagte beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hamburg vom 17.1.2011 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 9.3.2011 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie trägt vor, dass der Vermittlungsgutschein vom Gesetzgeber eingeführt worden sei, um eine unbürokratische Abwicklung der Vermittlungsfälle für den Vermittler zu ermöglichen. Nur unter dieser Voraussetzung sei es auch gerechtfertigt, dass das Gesetz nur deutlich geringere Honorare als bei Arbeitsvermittlungen ohne zu Grunde liegenden Vermittlungsgutschein zulasse. Der Zweck des Vermittlungsgutscheins würde unterlaufen werden, wenn dem Vermittler ein Vertrauensschutz abgesprochen würde. Müsste er damit rechnen, dass der Vermittlungsgutschein ohne seine Kenntnis ungültig werden könnte, wäre er gezwungen, sich seinen Honoraranspruch vom Bewerber absichern zu lassen.
Die mit Beschluss vom 27.11.2011 zunächst einfach, später mit Änderungsbeschluss vom 27.7.2012 notwendig Beigeladene hat sich nicht geäußert und stellt keinen Antrag.
Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf die Sitzungsniederschrift vom 15.8.2012, die vorbereitenden Schriftsätze der Beteiligten sowie den weiteren Inhalt der Prozessakte und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte (§§ 143, 144 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG)) und auch im Übrigen zulässige, insbesondere form- und fristgerecht (§ 151 SGG) eingelegte Berufung ist unbegründet. Das Sozialgericht hat der Klage zu Recht stattgegeben. Die Klägerin hat einen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung von 1000,00 EUR aus dem für die Beigeladene am 27.5.2010 ausgestellten Vermittlungsgutschein. Nach § 421g Abs. 1 Satz 1 SGB III in der hier maßgeblichen, vom 1.8.2009 bis 31.12.2010 geltenden Fassung vom 15.7.2009 (BGBl. I S. 1939) (a.F.) haben u.a. Arbeitnehmer, die Anspruch auf Arbeitslosengeld haben und nach einer Arbeitslosigkeit von zwei Monaten innerhalb einer Frist von drei Monaten noch nicht vermittelt sind, unter weiteren Voraussetzungen Anspruch auf einen Vermittlungsgutschein. Mit diesem Vermittlungsgutschein verpflichtet sich der Leistungsträger nach Abs. 1 Satz 4 der Vorschrift in der hier maßgeblichen, vom 1.1.2009 bis 31.12.2010 geltenden Fassung vom 21.12.2008 (BGBl. I S. 2917), den Vergütungsanspruch eines vom Arbeitnehmer eingeschalteten Vermittlers, der den Arbeitnehmer in eine versicherungspflichtige Beschäftigung mit einer Arbeitszeit von mindestens 15 Stunden wöchentlich vermittelt hat, nach Maßgabe der weiteren Bestimmungen der Norm zu erfüllen. Nach § 421g Abs. 2 Satz 3 SGB III in der hier maßgeblichen, vom 1.1.2008 bis 31.12.2010 geltenden Fassung vom 10.12.2007 (BGBl. I S. 2838) (a.F.) wird die Vergütung in Höhe von 1000 EUR nach einer sechswöchigen und der Restbetrag nach einer sechsmonatigen Dauer des Beschäftigungsverhältnisses gezahlt. Die Zahlung erfolgt unmittelbar an den Vermittler (§ 421g Abs. 2 Satz 4 SGB III, ebenfalls in der zuletzt genannten Fassung vom 10.12.2007), der Inhaber eines öffentlich-rechtlichen Zahlungsanspruchs ist (BSG, Urteile vom 6.4.2006 – B 7a AL 56/05 R, BSGE 96, 190, vom 6.5.2008 – B 7/7a AL 8/07 R, aaO, und vom 23.2.2011 - B 11 AL 11/10 R, NZA 2012, 80 (Kurzwiedergabe), jeweils mwN).
Der Zahlungsanspruch des Vermittlers hat danach regelmäßig folgende Voraussetzungen: Ausstellung eines Vermittlungsgutscheins; wirksamer, vor Beginn der Vermittlungstätigkeit abgeschlossener schriftlicher Vermittlungsvertrag (§ 296 i.V.m § 297 SGB III a.F.) mit daraus resultierendem Zahlungsanspruch des Vermittlers gegen den Arbeitnehmer; Vermittlungstätigkeit mit erfolgreicher Vermittlung in eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung mit mindestens 15 Wochenstunden (BSG, Urteil vom 6.5.2008 – B 7/7a AL 8/07 R, aaO), die gemäß § 421g Abs. 2 Satz 3 SGB III a.F. mindestens 6 Wochen andauert.
Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Die Beklagte hat der Beigeladenen am 27.5.2010 einen bis 25.8.2010 gültigen Vermittlungsgutschein ausgestellt. Die Klägerin hat am 30.6.2010 mit der Beigeladenen einen den Anforderungen des § 296 SGB III in der Fassung vom 10.12.2007 (BGBl. I S. 2838) (a.F.) in Verbindung mit § 297 SGB III in der Fassung vom 19.11.2004 (BGBl. I S. 2902) (a.F.) entsprechenden schriftlichen Vermittlungsvertrag geschlossen. Danach und noch während des Gültigkeitszeitraums des Vermittlungsgutscheins ist die Beigeladene von der Klägerin zum 19.7.2010 in eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung mit 15 Wochenstunden vermittelt worden. Diese Beschäftigung hat auch für mehr als sechs Wochen fortbestanden. Ein Ausschlusstatbestand gemäß § 421g Abs. 3 SGB III in der hier maßgeblichen, vom 1.1.2005 bis 31.12.2010 geltenden Fassung vom 19.11.2004 (BGBl. I S. 2902) (a.F.) ist nicht gegeben.
Entgegen der Auffassung des Beklagten ist die Gültigkeit des Vermittlungsgutscheins nicht dadurch (rückwirkend) erloschen, dass die Beklagte gegenüber der Beigeladenen mit Wirkung für die Vergangenheit ab 26.4.2010 deren Arbeitslosengeldbewilligung aufgehoben hat. Zwar ist dadurch eine der Voraussetzungen für die Erteilung des Vermittlungsgutscheins nachträglich entfallen. Ob dadurch der Vermittlungsgutschein als von Anfang an rechtswidrig oder als später rechtswidrig geworden anzusehen ist, mag dahingestellt bleiben. Denn in jedem Fall hätte es seiner Rücknahme nach § 330 Abs. 2 SGB III in Verbindung mit § 45 SGB X oder seiner Aufhebung nach § 330 Abs. 3 SGB III in Verbindung mit § 48 SGB X bedurft, um dessen nach § 39 Abs. 2 SGB X anhaltende Rechtswirkung einschließlich des auf ihm beruhenden öffentlich-rechtlichen Zahlungsanspruchs des Vermittlers zu beseitigen.
Nach Überzeugung des erkennenden Senats handelt es sich bei dem Vermittlungsgutschein nicht bloß um eine technische Unterlage zur späteren Abwicklung des Freistellungsanspruchs (so allerdings Urmersbach in: Eicher/Schlegel, SGB III, 92. Ergänzung August 2009, § 421g Rdnr. 29), sondern um einen Verwaltungsakt im Sinne des § 31 SGB X, auf dessen Erlass der Arbeitnehmer bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen einen Rechtsanspruch hat (ebenso: Sächsisches Landessozialgericht (LSG), Urteil vom 18.3.2010 - L 3 AL 19/09, Juris; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 18.6.2012 - L 18 AL 336/11, Juris; Rademacher in: GK-SGB III, 142. Ergänzung Juni 2009, § 421g Rdnr. 25; Rademacker in: Hauck/Noftz, SGB III, K § 421g Rdnr. 29; Kühl/Breitkreuz, Rechtsbeziehungen bei privater Arbeitsvermittlung, NZS 2004, 568, 570; Brandts in: Niesel/Brand, SGB III, 5. Aufl. 2010, § 421g, Rdnrn. 7, 9). Mit dem Vermittlungsgutschein trifft der Leistungsträger als Behörde nach Sachverhaltsermittlung im Einzelfall mit unmittelbarer Außenwirkung Regelungen, die zwar überwiegend feststellenden Charakter haben und vom Gesetzgeber als Anspruchsleistung vorgegeben sind, dies ändert aber nichts an deren Qualität als Verwaltungsakt, der die Regelform behördlichen Handelns darstellt. Nicht der Selbstvollzug des Gesetzes, sondern seine Umsetzung durch Verwaltungsakt prägt das Recht der sozialen Sicherheit (Rademacher aaO mN). Ein Ausnahmesachverhalt, wie er für Beratungen oder die Erteilung von Auskünften angenommen wird, liegt beim Vermittlungsgutschein nicht vor. Vergleichbar dem Bildungsgutschein (vgl. hierzu: LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 4.12.2008 - L 9 AS 529/08 ER, NZS 2009, 294 (Leitsatz) mwN) wird mit dem Vermittlungsgutschein gegenüber dem Arbeitnehmer verbindlich festgestellt, dass er die Förderungsvoraussetzungen erfüllt. Zugleich wird die grundsätzliche Verpflichtung der Beklagten zur Freistellung des Arbeitnehmers von seiner Zahlungsverpflichtung gegenüber dem Vermittler festgestellt und dokumentiert. Darüber hinaus werden die Leistungshöhe und die Gültigkeitsdauer des Gutscheins geregelt.
Von den Wirkungen des bestandskräftigen Vermittlungsgutscheins als begünstigendem Verwaltungsakt kann sich die ausstellende Behörde nur unter den Voraussetzungen der §§ 45 ff. SGB X lösen, soweit er sich nicht anderweitig, z.B. durch Zeitablauf, erledigt (LSG Berlin-Brandenburg aaO; Sächsisches LSG aaO; Rademacher, aaO; Jahn/Sauer, SGB III für die Praxis, § 421g Rdnr. 26; Rademacker aaO mit Bezug ausschließlich auf § 48 SGB X; LSG Niedersachsen-Bremen aaO in Bezug auf den Bildungsgutschein). Dies ist vorliegend nicht geschehen.
Entgegen der Ansicht der Beklagten führt diese Sichtweise auch nicht zu einer unangemessenen Risikoverteilung. Der Bildungsgutschein bezweckt sehr wohl auch den Schutz des Vertrauens des Arbeitsvermittlers und soll eine zügige und unbürokratische Vermittlung ermöglichen; anderenfalls wäre er praktisch sinnlos und der mit dessen Ausstellung verbundene Verwaltungsaufwand nicht zu rechtfertigen. Aus diesem Grund hält auch der von der Beklagten mit seinen Ausführungen zur vermeintlich fehlenden Verwaltungsaktseigenschaft des Vermittlungsgutscheins in Bezug genommene Urmersbach die ausstellende Behörde im Rahmen ihrer späteren Entscheidung darüber, ob Zahlungen an den privaten Arbeitsvermittler geleistet werden, an ihre in dem Vermittlungsgutschein zum Ausdruck gekommene Erklärung, dass die Voraussetzungen des §§ 421g Abs. 1 Satz 1 SGB III a.F. vorliegen, nach Sinn und Zweck der Regelung gebunden (aaO Rdnr. 31); im Anschluss hieran hat das BSG in dem Urteil vom 6.5.2008 (aaO) deutlich formuliert, dass die Voraussetzungen für die Erteilung des Vermittlungsgutscheins selbst – unabhängig von der Rechtsnatur des Vermittlungsgutscheins – im Rahmen des Abrechnungsverfahrens zwischen dem Makler und der Bundesagentur für Arbeit nicht mehr zu überprüfen seien, wenn der Vermittlungsgutschein nicht seinen Sinn verlieren solle (ebenso: Landessozialgericht Sachsen-Anhalt, Urteil vom 13.4.2011 – L 2 AL 95/06, Juris).
Dennoch dürfte die Beklagte nicht faktisch gezwungen sein, etwaige angefallene Vermittlungskosten zu tragen, auch wenn die Voraussetzungen für den Erlass eines Vermittlungsgutscheins von Anfang an nicht vorgelegen haben oder später weggefallen sind und dem Arbeitnehmer ein im Sinne der §§ 45 oder 48 SGB X vorwerfbares Verhalten vorzuhalten ist. Die Beklagte kann den Vermittlungsgutschein zurücknehmen bzw. aufheben und dies dem eine Vergütung fordernden, zum Zeitpunkt der Vermittlung bösgläubigen Vermittler entgegenhalten bzw. nach Bewilligung der Vergütung durch Verwaltungsakt diesen bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen auf Seiten des Vermittlers gegebenenfalls auch zurücknehmen bzw. aufheben und Erstattung nach § 50 SGB X verlangen. Sollte eine Rücknahme bzw. Aufhebung gegenüber dem Arbeitnehmer erfolgen, ohne dass auch dem Arbeitsvermittler Bösgläubigkeit vorzuhalten ist, dürfte der Beklagten die Möglichkeit offen stehen, die Erstattung der Vermittlungskosten nach § 50 SGB X von dem Arbeitnehmer zu verlangen; denn dem Arbeitnehmer gegenüber stellt sich die Zahlung an den Arbeitsvermittler als ihm – dem Arbeitnehmer - erbrachte Sozialleistung dar.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. §§ 154 Abs. 1 und 2, 162 Abs. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung. Auch wenn das Rechtmittelgericht bei erfolglosem Rechtsmittel grundsätzlich nur über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens entscheidet und die Kostenentscheidung des Vordergerichts gültig bleibt, kann das Rechtmittelgericht Letztere ändern oder ergänzen (Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl. 2012, § 197a Rdnr. 12 mwN). Da das Sozialgericht im angefochtenen Gerichtsbescheid lediglich über die Erstattungspflicht außergerichtlicher Kosten, nicht jedoch über die Gerichtskosten entschieden hat, war die Kostenentscheidung auch für das Klageverfahren neu zu fassen.
Der Senat hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache im Hinblick auf die noch nicht höchstrichterlich geklärte Frage nach der Rechtsnatur des Vermittlungsgutscheins und die entsprechenden Konsequenzen zugelassen (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).
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