Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
19
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 7 AS 4300/11
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 19 AS 1379/12 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde der Klägerin zu 1) wird der Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 11.07.2012 geändert. Der Klägerin zu 1) wird für das erstinstanzliche Verfahren ab dem 16.03.2012 ohne Kostenbeteiligung Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwältin B, L, beigeordnet. Die Beschwerde des Klägers zu 2) wird zurückgewiesen.
Gründe:
I. Die am 00.00.1983 geborene Klägerin zu 1) bezog zusammen mit ihren beiden minderjährigen Kindern, dem Kläger zu 2) und ihrem Sohn G, Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) bis zum 30.08.2007. Am 01.09.2007 begann die Klägerin zu 1) eine Ausbildung zur Bürokauffrau. Die Ausbildung endete zum 22.06.2010. Während der Ausbildung bezog die Klägerin zu 1) Ausbildungsvergütung, Kindergeld und Berufsausbildungsbeihilfe.
Durch bestandskräftigen Bescheid vom 02.10.2007 bewilligte der Beklagte der Klägerin zu 1) Leistungen nach § 7 Abs. 5 SGB II in der Fassung bis zum 31.12.2010 (a. F.) in Höhe von 597,54 Euro mtl. für die Zeit vom 01.10.2007 bis 31.08.2008 als Darlehen. In dem Bescheid wird ausgeführt, dass die Leistungen an die Klägerin zu 1) als Darlehen bewilligt werden. Die Leistungen der Kinder liefen weiterhin als Zuschuss. Hierzu erhalte die Klägerin zu 1) einen gesonderten Bescheid. Durch Bescheid vom 24.06.2009 bewilligte der Beklagte der Klägerin zu 1) Leistungen nach § 7 Abs. 5 SGB II a. F. für die Zeit vom 22.06. bis 30.08.2009 in Höhe von 195,00 Euro mtl. als Darlehen. In dem Bescheid wird ausgeführt, dass die Leistungen an die Klägerin zu 1) als Darlehen bewilligt werden. Die Leistungen der Kinder liefen weiterhin als Zuschuss. Hierzu erhalte die Klägerin zu 1) einen gesonderten Bescheid. Mit Bescheid vom 29.06.2009 hob der Beklagte die Entscheidung über die Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts an die Klägerin zu 1) mit Wirkung zum 01.08.2009 auf. In der Zeit vom 01.08.2010 bis 30.09.2011 bezog die Klägerin zu 1) zusammen mit ihren beiden minderjährigen Kindern Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II. Zum 01.01.2011 nahm sie eine Erwerbstätigkeit auf.
Mit Schreiben vom 20.01.2010 teilte der Beklagte der Klägerin zu 1) mit, dass sich nach Bearbeitung ihres Darlehnsfalles für den Zeitraum vom 01.10.2007 bis zum 31.07.2009 ein Darlehensbetrag in Höhe von 10.756,46 Euro ergeben habe, den er zum Soll gestellt habe. Die Klägerin zu 1) solle nach Zahlungsaufforderung der Regionaldirektion direkt mit der Regionaldirektion eine Ratenhöhe vereinbaren. Unter dem 20.01.2010 forderte die Regionaldirektion Nordrhein-Westfalen die Klägerin zu 1) zur Zahlung einer Forderung betreffend Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe von 4010,16 Euro und Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II in Höhe von 6746,30 Euro auf, die Darlehensforderung sei zum 06.02.2010 fällig.
Mit Schreiben vom 01.02.2010 legt die Klägerin zu 1) gegen das Schreiben vom 20.01.2010 Widerspruch ein. Sie bat den Beklagten um eine detaillierte Darlegung der Rückzahlungsbeträge. Mit Schreiben vom 19.02.2010 übersandte der Beklagte die Auflistungen, aus der sich der Rückforderungsbetrag zusammensetze. Daraufhin gab die Klägerin zu 1) an, dass ihr nicht bewusst gewesen sei, dass die bezogenen Leistungen ihr als Darlehen gewährt worden seien. Durch Widerspruchsbescheid vom 17.10.2011 verwarf der Beklagte den Widerspruch gegen das Schreiben vom 20.01.2010 als unzulässig. Bei dem Schreiben vom 20.01.2010 handele es sich nicht um einen Verwaltungsakt im Sinne des § 31 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X). Mit dem Schreiben würden Rechte der Klägerin weder begründet noch geändert, entzogen oder festgestellt. Die Klägerin zu 1) sei durch das Schreiben über die gesamte Höhe der Darlehensleistungen informiert worden, die zum Soll gestellt worden sei bzw. sei sie gebeten worden, sich mit der Regionaldirektion hinsichtlich der Vereinbarung einer Ratenhöhe in Verbindung zu setzten, sobald sie von dieser eine Zahlungsaufforderung erhalte.
Am 18.11.2011 haben die Klägerin zu 1) und der Kläger zu 2) Klage erhoben.
Sie haben vorgetragen, dass das Schreiben vom 20.01.2010 als neuer Rückforderungsbescheid verstanden werden könne, da andernfalls eine Vollstreckung der Regionaldirektion überhaupt nicht zulässig sei. Die Regionaldirektion NRW dürfe ohne dazugehörigen Rückforderungsbescheid des Gläubigers nicht tätig werden. Der Rückforderungsbescheid selbst sei jedoch zu unbestimmt und entspreche in keiner Weise dem Individualisierungsgrundsatz des Bundessozialgerichts. Dieses verlange, dass die Leistungen für die einzelnen Mitglieder einer Bedarfsgemeinschaft und auf diese verteilt nach Kosten der Unterkunft und Regelleistungen zurückgefordert werden. Eine Reaktion der Beklagten auf ihr Schreiben vom 04.11.2011, in dem sie um die Aussetzung der Vollstreckung gebeten haben, sei nicht erfolgt.
Durch Beschluss vom 11.07.2011 hat das Sozialgericht Düsseldorf die Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt.
Hiergegen haben die Kläger Beschwerde eingelegt.
II.
Die Beschwerde der Klägerin zu 1) ist begründet (A). Die Beschwerde des Klägers zu 2) ist unbegründet (B).
Nach § 73a Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m. §§ 114, 115 Zivilprozessordnung (ZPO) erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.
A.
Die Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe sind im Fall der Klägerin zu 1) gegeben.
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Prüfung der Erfolgsaussicht ist in der Regel der Zeitpunkt der Entscheidungsreife des Prozesskostenhilfegesuchs (vgl. hierzu Beschluss des Senats vom 20.09.2011 - L 19 AS 1509/11 B ER, L 19 AS 1510/11 B = juris Rn. 19; BayLSG Beschluss vom 19.03.2009 - L 7 AS 64/09 B PKH = juris Rn. 14). Dieser ist dann gegeben, wenn der Antragsteller einen bewilligungsreifen Antrag vorgelegt (vgl. hierzu BVerfG Beschluss vom 14.04.2010 - 1 BvR 362/10) und der Gegner nach § 73a SGG i.V.m. § 118 Abs. 1 Satz 1 ZPO Gelegenheit zur Stellung gehabt hat. Die Klägerin zu 1) hat am 18.11.2011 eine Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse im Sinne des § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 117 Abs. Satz 1, Abs. 3 und Abs. 4 ZPO i.V.m. der Verordnung zur Einführung eines Vordrucks für die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse bei Prozesskostenhilfe (Prozesskostenhilfe-vordruckverordnung - PKHVV) vom 17.10.1994 (BGBl. I S. 3001) in der Fassung des Art. 36 des Gesetzes vom 27.12.2003 (BGBl. I S. 3022) sowie am 16.03.2012 weitere Belege zum Nachweis von Abzugsbeträgen i.S.v. § 115 ZPO vorgelegt. Damit ist der Antrag ab dem 16.03.2012 bewilligungsreif gewesen. Zum Zeitpunkt der Bewilligungsreife des Prozesskostenhilfeantrags hat der Beklagte seit dem Eingang der Klage am 18.11.2011 ausreichend Gelegenheit zur Stellungnahme gehabt.
Zum Zeitpunkt der Entscheidungsreife am 16.03.2012 hat die von der Klägerin zu 1) eingeleitete Rechtsverfolgung - Anfechtungsklage gegen das Schreiben des Beklagten vom 20.01.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides 17.10.2011 - hinreichende Aussicht auf Erfolg geboten. Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts ist die von der Klägerin zu 1) gegen das Schreiben vom 20.01.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.11.2011 erhobene Anfechtungsklage i.S.v. § 54 Abs. 2 SGG statthaft. Bei dem Schreiben vom 20.01.2010 handelt es sich nicht lediglich um eine Zahlungsaufforderung des Beklagten - wovon anscheinend das Sozialgericht ausgeht -, die keinen Verwaltungsakt, sondern nur eine schlichte Mitteilung darstellt (vgl. hierzu BSG Beschluss vom 05.08.1997 - 11 Bar 95/97 -; LSG Sachsen Beschluss vom 19.10.2009 - L 3 B 98/08 AS-NZB - m.w.N.). Vielmehr handelt es sich um einen Leistungsbescheid i.S.v. § 3 Verwaltungsvollstreckungsgesetz (VwVG) und damit um einen Verwaltungsakt i. S.v. § 31 SGB X.
Nach § 31 SGB X ist ein Verwaltungsakt jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalles auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Durch den Begriff der Regelung unterscheidet sich ein Verwaltungsakt von einer bloßen Mitteilung und anderem schlicht hoheitlichem Handeln. Der Regelungsbegriff des § 31 SGB X erfasst einseitige Erklärungen einer Behörde, die auf die rechtsverbindliche Begründung, Änderung, Aufhebung (einschließlich Beeinträchtigung) oder auf die (positive oder negative) Feststellung eines subjektiven öffentlichen Rechts oder einer öffentlich-rechtlichen Pflicht eines anderen Rechtssubjekts (mit unmittelbarer Rechtswirkung diesem gegenüber) gerichtet sind (BSG Urteil vom 05.09.2006 - B 4 R 75/06 R = juris Rn 16 m.w.N). Ob ein Schreiben eine Regelung trifft oder schlicht eine Mitteilung enthält, ist durch Auslegung zu ermitteln. Insofern ist im Einzelfall zu ermitteln, ob sich den gewählten Formulierungen unter Berücksichtigung des maßgebenden rechtlichen Gesichtspunktes des "Empfängerhorizonts" eines verständigen Beteiligten, der die Zusammenhänge berücksichtigt, welche die Behörde erkennbar in ihre Entscheidung einbezogen hat, entnehmen lässt, dass eine verbindliche Regelung durch Verwaltungsakt getroffen werden sollte (vgl. BSG Urteile vom 05.09.2006 - B 4 R 75/06 R = juris Rn 16 ff m.w.N. und vom 25.01.2011 - B 5 R 14/10 R = juris Rn 13f).
Nach dem objektiven Empfängerhorizont enthält vorliegend die im Schreiben vom 20.01.2010 enthaltene Erklärung, dass eine Darlehensforderung in Höhe von insgesamt 10.756,46 EUR zum Soll worden gestellt ist und die Klägerin zu 1) nach Erhalt der Zahlungsaufforderung mit der Regionaldirektion eine Vereinbarung über die Ratenhöhe treffen soll, eine Regelung i.S.v. § 31 SGB X - nämlich die Feststellung der Höhe und Fälligkeit des Darlehensrückgewähranspruchs verbunden mit einer Zahlungsaufforderung -.
Nach § 66 SGB X stehen der Behörde zwei Vollstreckungsarten zur Durchsetzung von Forderungen zur Verfügung: Zu einem die Vollstreckung nach den jeweils einschlägigen Verwaltungsvollstreckungsgesetzen gemäß § 66 Abs. 1 SGB X und zum anderen die Zwangsvollstreckung in entsprechender Anwendung der ZPO gemäß § 66 Abs. 4 SGB X. Vorliegend hat sich der Beklagte zur Vollstreckung seines aus den Darlehensbescheiden ergebenden Rückzahlungsanspruch (vgl. BSG Urteil vom 06.03.1991 - 9b RAr 7/90 = juris Rn 17, wonach der Bewilligung von Darlehen die Rückzahlungspflicht immanent ist) nach den Vorschriften des VwVG entscheiden. Die Einleitung eines Vollstreckungsverfahrens setzt u. a. nach § 3 Ab. 2 VwVG die Existenz eines Leistungsbescheides und die Fälligkeit der Forderung voraus. Der Leistungsbescheid fungiert in der Verwaltungsvollstreckung als Vollstreckungstitel. In ihm muss der zu vollstreckende Anspruch eindeutig festgestellt und der Schuldner ausdrücklich zur Leistung aufgefordert werden (vgl. hierzu Engelhardt/App/Schlatmann, VwVG/VwZG, 9 Aufl., § 3 VwVG Rn 3). Der Bescheid muss den Betrag der erbrachten Leistung und die zurückzuzahlende Summe enthalten; er darf keinerlei Zweifel daran aufkommen lassen, in welcher Höhe und zu welchem Fälligkeitszeitpunkt der geforderte Betrag zu entrichten ist (vgl. OVG Sachsen-Anhalt Urteil vom 22.09.2010 - 3 L 165/07 - m.w.N.).
Zuständig für den Erlass des Leistungsbescheides ist nicht die Vollstreckungsbehörde, vorliegend die Regionaldirektion Nordrhein-Westfalen, sondern der Gläubiger, vorliegend der Beklagte. Die in der Verwaltungsakte befindlichen Bescheide vom 02.10.2007 und 24.06.2009 über die Gewährung von Darlehen an die Klägerin zu 1) enthalten keine Regelungen über die Rückzahlungsmodalitäten sowie die Fälligkeit des Rückzahlungsanspruchs des Beklagten, so dass diese Bescheide keine Leistungsbescheide i.S.v. § 3 VwVG darstellen und nicht Grundlage der Vollstreckung des Darlehensrückforderungsanspruches sein können. Erstmals mit Schreiben vom 20.01.2010 hat der Beklagte den beizutreibenden Anspruch aus den gewährten Darlehen der Höhe nach und dessen Fälligkeit verbunden mit einer Zahlungsaufforderung gegenüber der Klägerin zu 1) festgestellt, in dem er erklärt hat, dass er die Forderung "zum Soll" stellt und die Klägerin auffordert, mit der Bundesagentur eine Rückzahlungsvereinbarung zu treffen.
Dies ist für die Klägerin zu 1) auch erkennbar gewesen. Denn in dem Widerspruch hat sie sich gegen die Höhe der festgestellten Darlehenssumme sowie den Zeitpunkt der Rückzahlung des Darlehens gewandt. Soweit das Sozialgericht sich bei der Bewertung des Schreibens vom 20.01.2010 als reine Zahlungsaufforderung ohne Verwaltungsaktcharakter auf die Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 05.08.1997 - 11 Bar 95/97 - beruft, ist anzumerken, dass in den Gründen dieser Entscheidung festgestellt ist, dass die mit der Zahlungsaufforderung geltend gemachte Forderung "mit Bescheid vom 28. November 1985; Änderungsbescheid vom 14. Januar 1986 rechtskräftig festgestellt ist, nach dem das Klageverfahren ... erfolglos geblieben ist" und "Grundlage der Vollstreckung nach § 66 Abs. 1 Satz 1 ... vielmehr die Bescheide vom 28.November 1985 und 14. Januar 1986, die bindend geworden, sind". Hier handelt es sich bei dem Schreiben vom 20.01.2010 um eine verbindliche Anordnung des Beklagten über die Rückforderung von gewährten Darlehen und damit um einen Leistungsbescheid i.S.v. § 3 VwVG.
Durch die Umstellung des schriftsätzlichen Klageantrags im Schriftsatz vom 23.01.2012 auf das Begehren, den Beklagten zu verurteilen, die Vollstreckung aus dem Schreiben vom 20.01.2011 auszusetzen, hat die Klägerin zu 1) die Anfechtungsklage auch nicht i.S.v. § 102 Abs. 1 SGG zurückgenommen. Aus dem Schriftsatz der Bevollmächtigten vom 23.01.2012 lässt sich nicht eindeutig entnehmen, dass die Klägerin zu 1) ihr Klagebegehren, das Schreiben vom 20.01.2010 als Titel und damit als Grundlage der Vollstreckung zu beseitigen, nicht mehr aufrechterhält. Vielmehr ergibt sich aus den Ausführungen in diesem Schriftsatz, dass sie effektiven Rechtschutz gegen die Rückforderung von 10.756,46 EUR begehrt und ihren schriftsätzlichen Klageantrag nur im Hinblick auf den erteilten Hinweis des Sozialgerichts umstellt.
Nach summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage spricht vieles für die materielle Rechtswidrigkeit des Schreibens vom 20.01.2010 - Feststellung der Höhe und der Fälligkeit einer Darlehensforderung von 10.756,46 EUR -. Aus den in der Verwaltungsakte befindlichen Darlehensbescheiden vom 02.10.2007 und 24.06.2009, auf die der Beklagte im Verfahren Bezug nimmt, ergibt sich keine Darlehensforderung von 10.756,46 EUR, sondern allenfalls von 3.224,70 EUR (597,54 EUR x 5 = 2.987,70 EUR + 195,00 EUR + 42 EUR). Ob der Klägerin zu 1) für weitere Bewilligungsabschnitte, insbesondere im Zeitraum vom 01.04.2008 bis 21.06.2009, Leistungen nach dem SGB II darlehensweise bewilligt worden sind, kann anhand der in der Verwaltungsakte befindlichen Bescheide nicht festgestellt werden. Zwar hat die Klägerin zu 1) mit ihren Kindern unter Zugrundelegung der Angaben in den Zahlungsnachweisen in der Zeit vom 01.04.2008 bis 21.06.2009 durchgehend Leistungen nach dem SGB II vom Beklagten bezogen; jedoch regeln die Bescheide vom 02.10.2007 und vom 24.06.2009 nicht den Bezug von Leistungen in der Zeit vom 01.04.2008 bis 21.06.2009. Ob in weiteren Bewilligungsbescheiden die Bewilligung der Leistungen darlehensweise erfolgt ist, ist offen. Auch ergibt sich aus den beiden Bescheiden vom 02.10.2007 und vom 24.06.2009 nicht eindeutig, ob der in diesen Bescheiden ausgewiesene Betrag von 597,54 EUR mtl. bzw. von 195,00 EUR mtl. den Gesamtbetrag der Leistungen an die Bedarfsgemeinschaft, einschließlich der nach dem Bescheidtext an die Kinder der Klägerin zu 1) als Zuschuss gewährten Leistungen, oder nur die an die Klägerin zu 1) bewilligten Darlehensbeträge enthält. Jedenfalls weist der in der Verwaltungsakte befindliche Bewilligungsbescheid vom 24.06.2009 Kosten für Unterkunft und Heizung nach dem SGB II an die Bedarfsgemeinschaft von insgesamt 195,00 EUR mtl. für die Zeit vom 01.07. bis 30.08.2009 aus, wobei ein Betrag von 55,76 EUR mtl. auf die Kinder der Klägerin zu 1) entfällt.
Auch bestehen erhebliche Zweifel, ob die der Klägerin zu 1) bewilligten Leistungen nach dem SGB II zu Recht nur als Darlehen bewilligt worden sind. Die Klägerin zu 1) hat schon im Widerspruchsverfahren zu Recht darauf hingewiesen, dass der Anspruch einer Auszubildenden auf nicht ausbildungsgeprägte Bedarfe, wie z. B. der Anspruch auf Mehrbedarf wegen Alleinerziehung nach § 21 Abs. 3 SGB II, und der Anspruch auf Zuschuss zu den Kosten für Unterkunft und Heizung nach § 22 Abs. 7 SGB II in der Fassung bis zum 30.12.2010 (a. F.), als Zuschuss zu leisten sind. Die Darlehen nach § 7 Abs. 5 Satz 2 SGB II a. F. erstrecken sich nur auf den ausbildungsbedingten Bedarf, wobei der Anspruch nach § 22 Abs. 7 SGB II a.F. vorgeht (vgl. Brühl/Schoch in LPK-SGB II, 3. Aufl., § 7 Rn 123f m.w.N.). Nach derzeitiger Aktenlage spricht vieles dafür, dass ein Teil der der Klägerin zu 1) als Auszubildenden gewährten Leistungen als Zuschuss zu bewilligen gewesen ist.
Des Weiteren ist zweifelhaft, ob der Beklagte zutreffend in dem Bescheid vom 20.01.2011 die Fälligkeit des Darlehensrückgewährsanspruch festgesetzt hat. Eine Regelung hinsichtlich der Fälligkeit des Rückzahlungsanspruchs des Beklagten enthalten die oben genannten Darlehensbescheide nicht. Da die Gewährung eines Darlehens nach § 7 Abs. 5 Satz 2 SGB II a.F. im Ermessen des Beklagten gestanden hat, spricht vieles dafür, dass die Ausgestaltung der Darlehensmodalitäten auch im Ermessen des Beklagten steht. Die Rechte und Ansprüche des Beklagten aus dem Darlehen finden ihre Begrenzung durch den Sinn und Zweck der Leistungen nach dem SGB II (vgl. hierzu OVG Lüneburg Beschluss vom 27.03.2003 - 12 ME 52/03 - m.w.N. zur Rückforderung darlehensweiser gewährter Sozialhilfe). Insoweit ist zu prüfen, ob sich die Klägerin zu 1) auf den Einwand unzulässiger Rechtsausübung im Hinblick auf ihre wirtschaftliche Leistungsfähigkeit berufen kann, weil der Beklagte die Rückzahlung eines als Härtefall nach § 7 Abs. 5 Satz 2 SGB II gewährten Darlehens noch vor Abschluss der Ausbildung bzw. während des Bezugs von Leistungen nach dem SGB II gefordert hat. Insoweit kann sich der Beklagte nicht darauf berufen, dass die Klägerin zu 1) gegenüber der Regionaldirektion ihre schlechten wirtschaftlichen Verhältnisse geltend machen kann. Bei der Regionaldirektion Nordrhein-Westfalen handelt es sich nur um die Vollstreckungsbehörde, die für die Beitreibung und Vollstreckung des Rückzahlungsanspruchs, der sich aus einem Leistungsbescheid ergibt, zuständig ist. Der Beklagte ist für die Feststellung der Darlehensmodalitäten, einschließlich der Festlegung des Zeitpunktes der Fälligkeit des Darlehensrückzahlungsanspruchs, zuständig.
Die Klägerin zu 1) ist nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen außerstande, die Kosten der Prozessführung aufzubringen (§ 73a SGG i.V.m. § 115 ZPO), so dass ihr ratenfrei Prozesskostenhilfe für das erstinstanzliche Verfahren zu bewilligen ist.
B.
Die Beschwerde des Klägers zu 2) ist unbegründet.
Die beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet keine hinreichende Erfolgsaussicht. Die erhobene Anfechtungsklage ist unstatthaft. Der Kläger zu 2) ist nicht Adressat des Schreibens vom 20.01.2010. Aus dem Schreiben ergibt sich kein Anhaltspunkt dafür, dass der Kläger zu 2) als Schuldner des Darlehensrückgewähranspruches vom Beklagten in Anspruch genommen wird. Eine solche Inanspruchnahme würde auch den Darlehensbescheiden vom 02.10.2007 und vom 24.06.2009 widersprechen, in denen ausdrücklich seitens des Beklagten festgelegt ist, dass die Leistungen an die Kinder der Klägerin zu 1) als Zuschuss gewährt werden. Damit ist der Kläger zu 2) nicht gegen den Bescheid vom 20.01.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.10.2011 klagebefugt und damit nicht i.S.v. § 54 Abs. 2 SGG beschwert. Da der Kläger zu 2) auch nicht Adressat von Vollstreckungsmaßnahmen der Bundesagentur für Arbeit ist, besteht auch kein Rechtschutzbedürfnis hinsichtlich einer Klage, die das Ziel verfolgt, die Nichtvollstreckbarkeit einer Forderung feststellen (vgl. hierzu BSG Urteil vom 09.02.1995 - 7 RAr 78/93).
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht erstattungsfähig (§ 73a SGG i.V.m. § 127 Abs. 4 ZPO).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 177 SGG.
Gründe:
I. Die am 00.00.1983 geborene Klägerin zu 1) bezog zusammen mit ihren beiden minderjährigen Kindern, dem Kläger zu 2) und ihrem Sohn G, Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) bis zum 30.08.2007. Am 01.09.2007 begann die Klägerin zu 1) eine Ausbildung zur Bürokauffrau. Die Ausbildung endete zum 22.06.2010. Während der Ausbildung bezog die Klägerin zu 1) Ausbildungsvergütung, Kindergeld und Berufsausbildungsbeihilfe.
Durch bestandskräftigen Bescheid vom 02.10.2007 bewilligte der Beklagte der Klägerin zu 1) Leistungen nach § 7 Abs. 5 SGB II in der Fassung bis zum 31.12.2010 (a. F.) in Höhe von 597,54 Euro mtl. für die Zeit vom 01.10.2007 bis 31.08.2008 als Darlehen. In dem Bescheid wird ausgeführt, dass die Leistungen an die Klägerin zu 1) als Darlehen bewilligt werden. Die Leistungen der Kinder liefen weiterhin als Zuschuss. Hierzu erhalte die Klägerin zu 1) einen gesonderten Bescheid. Durch Bescheid vom 24.06.2009 bewilligte der Beklagte der Klägerin zu 1) Leistungen nach § 7 Abs. 5 SGB II a. F. für die Zeit vom 22.06. bis 30.08.2009 in Höhe von 195,00 Euro mtl. als Darlehen. In dem Bescheid wird ausgeführt, dass die Leistungen an die Klägerin zu 1) als Darlehen bewilligt werden. Die Leistungen der Kinder liefen weiterhin als Zuschuss. Hierzu erhalte die Klägerin zu 1) einen gesonderten Bescheid. Mit Bescheid vom 29.06.2009 hob der Beklagte die Entscheidung über die Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts an die Klägerin zu 1) mit Wirkung zum 01.08.2009 auf. In der Zeit vom 01.08.2010 bis 30.09.2011 bezog die Klägerin zu 1) zusammen mit ihren beiden minderjährigen Kindern Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II. Zum 01.01.2011 nahm sie eine Erwerbstätigkeit auf.
Mit Schreiben vom 20.01.2010 teilte der Beklagte der Klägerin zu 1) mit, dass sich nach Bearbeitung ihres Darlehnsfalles für den Zeitraum vom 01.10.2007 bis zum 31.07.2009 ein Darlehensbetrag in Höhe von 10.756,46 Euro ergeben habe, den er zum Soll gestellt habe. Die Klägerin zu 1) solle nach Zahlungsaufforderung der Regionaldirektion direkt mit der Regionaldirektion eine Ratenhöhe vereinbaren. Unter dem 20.01.2010 forderte die Regionaldirektion Nordrhein-Westfalen die Klägerin zu 1) zur Zahlung einer Forderung betreffend Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe von 4010,16 Euro und Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II in Höhe von 6746,30 Euro auf, die Darlehensforderung sei zum 06.02.2010 fällig.
Mit Schreiben vom 01.02.2010 legt die Klägerin zu 1) gegen das Schreiben vom 20.01.2010 Widerspruch ein. Sie bat den Beklagten um eine detaillierte Darlegung der Rückzahlungsbeträge. Mit Schreiben vom 19.02.2010 übersandte der Beklagte die Auflistungen, aus der sich der Rückforderungsbetrag zusammensetze. Daraufhin gab die Klägerin zu 1) an, dass ihr nicht bewusst gewesen sei, dass die bezogenen Leistungen ihr als Darlehen gewährt worden seien. Durch Widerspruchsbescheid vom 17.10.2011 verwarf der Beklagte den Widerspruch gegen das Schreiben vom 20.01.2010 als unzulässig. Bei dem Schreiben vom 20.01.2010 handele es sich nicht um einen Verwaltungsakt im Sinne des § 31 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X). Mit dem Schreiben würden Rechte der Klägerin weder begründet noch geändert, entzogen oder festgestellt. Die Klägerin zu 1) sei durch das Schreiben über die gesamte Höhe der Darlehensleistungen informiert worden, die zum Soll gestellt worden sei bzw. sei sie gebeten worden, sich mit der Regionaldirektion hinsichtlich der Vereinbarung einer Ratenhöhe in Verbindung zu setzten, sobald sie von dieser eine Zahlungsaufforderung erhalte.
Am 18.11.2011 haben die Klägerin zu 1) und der Kläger zu 2) Klage erhoben.
Sie haben vorgetragen, dass das Schreiben vom 20.01.2010 als neuer Rückforderungsbescheid verstanden werden könne, da andernfalls eine Vollstreckung der Regionaldirektion überhaupt nicht zulässig sei. Die Regionaldirektion NRW dürfe ohne dazugehörigen Rückforderungsbescheid des Gläubigers nicht tätig werden. Der Rückforderungsbescheid selbst sei jedoch zu unbestimmt und entspreche in keiner Weise dem Individualisierungsgrundsatz des Bundessozialgerichts. Dieses verlange, dass die Leistungen für die einzelnen Mitglieder einer Bedarfsgemeinschaft und auf diese verteilt nach Kosten der Unterkunft und Regelleistungen zurückgefordert werden. Eine Reaktion der Beklagten auf ihr Schreiben vom 04.11.2011, in dem sie um die Aussetzung der Vollstreckung gebeten haben, sei nicht erfolgt.
Durch Beschluss vom 11.07.2011 hat das Sozialgericht Düsseldorf die Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt.
Hiergegen haben die Kläger Beschwerde eingelegt.
II.
Die Beschwerde der Klägerin zu 1) ist begründet (A). Die Beschwerde des Klägers zu 2) ist unbegründet (B).
Nach § 73a Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m. §§ 114, 115 Zivilprozessordnung (ZPO) erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.
A.
Die Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe sind im Fall der Klägerin zu 1) gegeben.
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Prüfung der Erfolgsaussicht ist in der Regel der Zeitpunkt der Entscheidungsreife des Prozesskostenhilfegesuchs (vgl. hierzu Beschluss des Senats vom 20.09.2011 - L 19 AS 1509/11 B ER, L 19 AS 1510/11 B = juris Rn. 19; BayLSG Beschluss vom 19.03.2009 - L 7 AS 64/09 B PKH = juris Rn. 14). Dieser ist dann gegeben, wenn der Antragsteller einen bewilligungsreifen Antrag vorgelegt (vgl. hierzu BVerfG Beschluss vom 14.04.2010 - 1 BvR 362/10) und der Gegner nach § 73a SGG i.V.m. § 118 Abs. 1 Satz 1 ZPO Gelegenheit zur Stellung gehabt hat. Die Klägerin zu 1) hat am 18.11.2011 eine Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse im Sinne des § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 117 Abs. Satz 1, Abs. 3 und Abs. 4 ZPO i.V.m. der Verordnung zur Einführung eines Vordrucks für die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse bei Prozesskostenhilfe (Prozesskostenhilfe-vordruckverordnung - PKHVV) vom 17.10.1994 (BGBl. I S. 3001) in der Fassung des Art. 36 des Gesetzes vom 27.12.2003 (BGBl. I S. 3022) sowie am 16.03.2012 weitere Belege zum Nachweis von Abzugsbeträgen i.S.v. § 115 ZPO vorgelegt. Damit ist der Antrag ab dem 16.03.2012 bewilligungsreif gewesen. Zum Zeitpunkt der Bewilligungsreife des Prozesskostenhilfeantrags hat der Beklagte seit dem Eingang der Klage am 18.11.2011 ausreichend Gelegenheit zur Stellungnahme gehabt.
Zum Zeitpunkt der Entscheidungsreife am 16.03.2012 hat die von der Klägerin zu 1) eingeleitete Rechtsverfolgung - Anfechtungsklage gegen das Schreiben des Beklagten vom 20.01.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides 17.10.2011 - hinreichende Aussicht auf Erfolg geboten. Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts ist die von der Klägerin zu 1) gegen das Schreiben vom 20.01.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.11.2011 erhobene Anfechtungsklage i.S.v. § 54 Abs. 2 SGG statthaft. Bei dem Schreiben vom 20.01.2010 handelt es sich nicht lediglich um eine Zahlungsaufforderung des Beklagten - wovon anscheinend das Sozialgericht ausgeht -, die keinen Verwaltungsakt, sondern nur eine schlichte Mitteilung darstellt (vgl. hierzu BSG Beschluss vom 05.08.1997 - 11 Bar 95/97 -; LSG Sachsen Beschluss vom 19.10.2009 - L 3 B 98/08 AS-NZB - m.w.N.). Vielmehr handelt es sich um einen Leistungsbescheid i.S.v. § 3 Verwaltungsvollstreckungsgesetz (VwVG) und damit um einen Verwaltungsakt i. S.v. § 31 SGB X.
Nach § 31 SGB X ist ein Verwaltungsakt jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalles auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Durch den Begriff der Regelung unterscheidet sich ein Verwaltungsakt von einer bloßen Mitteilung und anderem schlicht hoheitlichem Handeln. Der Regelungsbegriff des § 31 SGB X erfasst einseitige Erklärungen einer Behörde, die auf die rechtsverbindliche Begründung, Änderung, Aufhebung (einschließlich Beeinträchtigung) oder auf die (positive oder negative) Feststellung eines subjektiven öffentlichen Rechts oder einer öffentlich-rechtlichen Pflicht eines anderen Rechtssubjekts (mit unmittelbarer Rechtswirkung diesem gegenüber) gerichtet sind (BSG Urteil vom 05.09.2006 - B 4 R 75/06 R = juris Rn 16 m.w.N). Ob ein Schreiben eine Regelung trifft oder schlicht eine Mitteilung enthält, ist durch Auslegung zu ermitteln. Insofern ist im Einzelfall zu ermitteln, ob sich den gewählten Formulierungen unter Berücksichtigung des maßgebenden rechtlichen Gesichtspunktes des "Empfängerhorizonts" eines verständigen Beteiligten, der die Zusammenhänge berücksichtigt, welche die Behörde erkennbar in ihre Entscheidung einbezogen hat, entnehmen lässt, dass eine verbindliche Regelung durch Verwaltungsakt getroffen werden sollte (vgl. BSG Urteile vom 05.09.2006 - B 4 R 75/06 R = juris Rn 16 ff m.w.N. und vom 25.01.2011 - B 5 R 14/10 R = juris Rn 13f).
Nach dem objektiven Empfängerhorizont enthält vorliegend die im Schreiben vom 20.01.2010 enthaltene Erklärung, dass eine Darlehensforderung in Höhe von insgesamt 10.756,46 EUR zum Soll worden gestellt ist und die Klägerin zu 1) nach Erhalt der Zahlungsaufforderung mit der Regionaldirektion eine Vereinbarung über die Ratenhöhe treffen soll, eine Regelung i.S.v. § 31 SGB X - nämlich die Feststellung der Höhe und Fälligkeit des Darlehensrückgewähranspruchs verbunden mit einer Zahlungsaufforderung -.
Nach § 66 SGB X stehen der Behörde zwei Vollstreckungsarten zur Durchsetzung von Forderungen zur Verfügung: Zu einem die Vollstreckung nach den jeweils einschlägigen Verwaltungsvollstreckungsgesetzen gemäß § 66 Abs. 1 SGB X und zum anderen die Zwangsvollstreckung in entsprechender Anwendung der ZPO gemäß § 66 Abs. 4 SGB X. Vorliegend hat sich der Beklagte zur Vollstreckung seines aus den Darlehensbescheiden ergebenden Rückzahlungsanspruch (vgl. BSG Urteil vom 06.03.1991 - 9b RAr 7/90 = juris Rn 17, wonach der Bewilligung von Darlehen die Rückzahlungspflicht immanent ist) nach den Vorschriften des VwVG entscheiden. Die Einleitung eines Vollstreckungsverfahrens setzt u. a. nach § 3 Ab. 2 VwVG die Existenz eines Leistungsbescheides und die Fälligkeit der Forderung voraus. Der Leistungsbescheid fungiert in der Verwaltungsvollstreckung als Vollstreckungstitel. In ihm muss der zu vollstreckende Anspruch eindeutig festgestellt und der Schuldner ausdrücklich zur Leistung aufgefordert werden (vgl. hierzu Engelhardt/App/Schlatmann, VwVG/VwZG, 9 Aufl., § 3 VwVG Rn 3). Der Bescheid muss den Betrag der erbrachten Leistung und die zurückzuzahlende Summe enthalten; er darf keinerlei Zweifel daran aufkommen lassen, in welcher Höhe und zu welchem Fälligkeitszeitpunkt der geforderte Betrag zu entrichten ist (vgl. OVG Sachsen-Anhalt Urteil vom 22.09.2010 - 3 L 165/07 - m.w.N.).
Zuständig für den Erlass des Leistungsbescheides ist nicht die Vollstreckungsbehörde, vorliegend die Regionaldirektion Nordrhein-Westfalen, sondern der Gläubiger, vorliegend der Beklagte. Die in der Verwaltungsakte befindlichen Bescheide vom 02.10.2007 und 24.06.2009 über die Gewährung von Darlehen an die Klägerin zu 1) enthalten keine Regelungen über die Rückzahlungsmodalitäten sowie die Fälligkeit des Rückzahlungsanspruchs des Beklagten, so dass diese Bescheide keine Leistungsbescheide i.S.v. § 3 VwVG darstellen und nicht Grundlage der Vollstreckung des Darlehensrückforderungsanspruches sein können. Erstmals mit Schreiben vom 20.01.2010 hat der Beklagte den beizutreibenden Anspruch aus den gewährten Darlehen der Höhe nach und dessen Fälligkeit verbunden mit einer Zahlungsaufforderung gegenüber der Klägerin zu 1) festgestellt, in dem er erklärt hat, dass er die Forderung "zum Soll" stellt und die Klägerin auffordert, mit der Bundesagentur eine Rückzahlungsvereinbarung zu treffen.
Dies ist für die Klägerin zu 1) auch erkennbar gewesen. Denn in dem Widerspruch hat sie sich gegen die Höhe der festgestellten Darlehenssumme sowie den Zeitpunkt der Rückzahlung des Darlehens gewandt. Soweit das Sozialgericht sich bei der Bewertung des Schreibens vom 20.01.2010 als reine Zahlungsaufforderung ohne Verwaltungsaktcharakter auf die Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 05.08.1997 - 11 Bar 95/97 - beruft, ist anzumerken, dass in den Gründen dieser Entscheidung festgestellt ist, dass die mit der Zahlungsaufforderung geltend gemachte Forderung "mit Bescheid vom 28. November 1985; Änderungsbescheid vom 14. Januar 1986 rechtskräftig festgestellt ist, nach dem das Klageverfahren ... erfolglos geblieben ist" und "Grundlage der Vollstreckung nach § 66 Abs. 1 Satz 1 ... vielmehr die Bescheide vom 28.November 1985 und 14. Januar 1986, die bindend geworden, sind". Hier handelt es sich bei dem Schreiben vom 20.01.2010 um eine verbindliche Anordnung des Beklagten über die Rückforderung von gewährten Darlehen und damit um einen Leistungsbescheid i.S.v. § 3 VwVG.
Durch die Umstellung des schriftsätzlichen Klageantrags im Schriftsatz vom 23.01.2012 auf das Begehren, den Beklagten zu verurteilen, die Vollstreckung aus dem Schreiben vom 20.01.2011 auszusetzen, hat die Klägerin zu 1) die Anfechtungsklage auch nicht i.S.v. § 102 Abs. 1 SGG zurückgenommen. Aus dem Schriftsatz der Bevollmächtigten vom 23.01.2012 lässt sich nicht eindeutig entnehmen, dass die Klägerin zu 1) ihr Klagebegehren, das Schreiben vom 20.01.2010 als Titel und damit als Grundlage der Vollstreckung zu beseitigen, nicht mehr aufrechterhält. Vielmehr ergibt sich aus den Ausführungen in diesem Schriftsatz, dass sie effektiven Rechtschutz gegen die Rückforderung von 10.756,46 EUR begehrt und ihren schriftsätzlichen Klageantrag nur im Hinblick auf den erteilten Hinweis des Sozialgerichts umstellt.
Nach summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage spricht vieles für die materielle Rechtswidrigkeit des Schreibens vom 20.01.2010 - Feststellung der Höhe und der Fälligkeit einer Darlehensforderung von 10.756,46 EUR -. Aus den in der Verwaltungsakte befindlichen Darlehensbescheiden vom 02.10.2007 und 24.06.2009, auf die der Beklagte im Verfahren Bezug nimmt, ergibt sich keine Darlehensforderung von 10.756,46 EUR, sondern allenfalls von 3.224,70 EUR (597,54 EUR x 5 = 2.987,70 EUR + 195,00 EUR + 42 EUR). Ob der Klägerin zu 1) für weitere Bewilligungsabschnitte, insbesondere im Zeitraum vom 01.04.2008 bis 21.06.2009, Leistungen nach dem SGB II darlehensweise bewilligt worden sind, kann anhand der in der Verwaltungsakte befindlichen Bescheide nicht festgestellt werden. Zwar hat die Klägerin zu 1) mit ihren Kindern unter Zugrundelegung der Angaben in den Zahlungsnachweisen in der Zeit vom 01.04.2008 bis 21.06.2009 durchgehend Leistungen nach dem SGB II vom Beklagten bezogen; jedoch regeln die Bescheide vom 02.10.2007 und vom 24.06.2009 nicht den Bezug von Leistungen in der Zeit vom 01.04.2008 bis 21.06.2009. Ob in weiteren Bewilligungsbescheiden die Bewilligung der Leistungen darlehensweise erfolgt ist, ist offen. Auch ergibt sich aus den beiden Bescheiden vom 02.10.2007 und vom 24.06.2009 nicht eindeutig, ob der in diesen Bescheiden ausgewiesene Betrag von 597,54 EUR mtl. bzw. von 195,00 EUR mtl. den Gesamtbetrag der Leistungen an die Bedarfsgemeinschaft, einschließlich der nach dem Bescheidtext an die Kinder der Klägerin zu 1) als Zuschuss gewährten Leistungen, oder nur die an die Klägerin zu 1) bewilligten Darlehensbeträge enthält. Jedenfalls weist der in der Verwaltungsakte befindliche Bewilligungsbescheid vom 24.06.2009 Kosten für Unterkunft und Heizung nach dem SGB II an die Bedarfsgemeinschaft von insgesamt 195,00 EUR mtl. für die Zeit vom 01.07. bis 30.08.2009 aus, wobei ein Betrag von 55,76 EUR mtl. auf die Kinder der Klägerin zu 1) entfällt.
Auch bestehen erhebliche Zweifel, ob die der Klägerin zu 1) bewilligten Leistungen nach dem SGB II zu Recht nur als Darlehen bewilligt worden sind. Die Klägerin zu 1) hat schon im Widerspruchsverfahren zu Recht darauf hingewiesen, dass der Anspruch einer Auszubildenden auf nicht ausbildungsgeprägte Bedarfe, wie z. B. der Anspruch auf Mehrbedarf wegen Alleinerziehung nach § 21 Abs. 3 SGB II, und der Anspruch auf Zuschuss zu den Kosten für Unterkunft und Heizung nach § 22 Abs. 7 SGB II in der Fassung bis zum 30.12.2010 (a. F.), als Zuschuss zu leisten sind. Die Darlehen nach § 7 Abs. 5 Satz 2 SGB II a. F. erstrecken sich nur auf den ausbildungsbedingten Bedarf, wobei der Anspruch nach § 22 Abs. 7 SGB II a.F. vorgeht (vgl. Brühl/Schoch in LPK-SGB II, 3. Aufl., § 7 Rn 123f m.w.N.). Nach derzeitiger Aktenlage spricht vieles dafür, dass ein Teil der der Klägerin zu 1) als Auszubildenden gewährten Leistungen als Zuschuss zu bewilligen gewesen ist.
Des Weiteren ist zweifelhaft, ob der Beklagte zutreffend in dem Bescheid vom 20.01.2011 die Fälligkeit des Darlehensrückgewährsanspruch festgesetzt hat. Eine Regelung hinsichtlich der Fälligkeit des Rückzahlungsanspruchs des Beklagten enthalten die oben genannten Darlehensbescheide nicht. Da die Gewährung eines Darlehens nach § 7 Abs. 5 Satz 2 SGB II a.F. im Ermessen des Beklagten gestanden hat, spricht vieles dafür, dass die Ausgestaltung der Darlehensmodalitäten auch im Ermessen des Beklagten steht. Die Rechte und Ansprüche des Beklagten aus dem Darlehen finden ihre Begrenzung durch den Sinn und Zweck der Leistungen nach dem SGB II (vgl. hierzu OVG Lüneburg Beschluss vom 27.03.2003 - 12 ME 52/03 - m.w.N. zur Rückforderung darlehensweiser gewährter Sozialhilfe). Insoweit ist zu prüfen, ob sich die Klägerin zu 1) auf den Einwand unzulässiger Rechtsausübung im Hinblick auf ihre wirtschaftliche Leistungsfähigkeit berufen kann, weil der Beklagte die Rückzahlung eines als Härtefall nach § 7 Abs. 5 Satz 2 SGB II gewährten Darlehens noch vor Abschluss der Ausbildung bzw. während des Bezugs von Leistungen nach dem SGB II gefordert hat. Insoweit kann sich der Beklagte nicht darauf berufen, dass die Klägerin zu 1) gegenüber der Regionaldirektion ihre schlechten wirtschaftlichen Verhältnisse geltend machen kann. Bei der Regionaldirektion Nordrhein-Westfalen handelt es sich nur um die Vollstreckungsbehörde, die für die Beitreibung und Vollstreckung des Rückzahlungsanspruchs, der sich aus einem Leistungsbescheid ergibt, zuständig ist. Der Beklagte ist für die Feststellung der Darlehensmodalitäten, einschließlich der Festlegung des Zeitpunktes der Fälligkeit des Darlehensrückzahlungsanspruchs, zuständig.
Die Klägerin zu 1) ist nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen außerstande, die Kosten der Prozessführung aufzubringen (§ 73a SGG i.V.m. § 115 ZPO), so dass ihr ratenfrei Prozesskostenhilfe für das erstinstanzliche Verfahren zu bewilligen ist.
B.
Die Beschwerde des Klägers zu 2) ist unbegründet.
Die beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet keine hinreichende Erfolgsaussicht. Die erhobene Anfechtungsklage ist unstatthaft. Der Kläger zu 2) ist nicht Adressat des Schreibens vom 20.01.2010. Aus dem Schreiben ergibt sich kein Anhaltspunkt dafür, dass der Kläger zu 2) als Schuldner des Darlehensrückgewähranspruches vom Beklagten in Anspruch genommen wird. Eine solche Inanspruchnahme würde auch den Darlehensbescheiden vom 02.10.2007 und vom 24.06.2009 widersprechen, in denen ausdrücklich seitens des Beklagten festgelegt ist, dass die Leistungen an die Kinder der Klägerin zu 1) als Zuschuss gewährt werden. Damit ist der Kläger zu 2) nicht gegen den Bescheid vom 20.01.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.10.2011 klagebefugt und damit nicht i.S.v. § 54 Abs. 2 SGG beschwert. Da der Kläger zu 2) auch nicht Adressat von Vollstreckungsmaßnahmen der Bundesagentur für Arbeit ist, besteht auch kein Rechtschutzbedürfnis hinsichtlich einer Klage, die das Ziel verfolgt, die Nichtvollstreckbarkeit einer Forderung feststellen (vgl. hierzu BSG Urteil vom 09.02.1995 - 7 RAr 78/93).
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht erstattungsfähig (§ 73a SGG i.V.m. § 127 Abs. 4 ZPO).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 177 SGG.
Rechtskraft
Aus
Login
NRW
Saved