Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 35 AL 168/08
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 3 AL 228/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Zum Begriff des früheren Arbeitgebers in § 421g Abs. 3 Nr. 2 SGB III (in vom 12. Dezember 2006 bis 31. Dezember 2007 geltenden Fassung).
I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 8. Oktober 2009 wird zurückgewiesen.
II. Die Beklagte hat die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin auch im Berufungsverfahren zu erstatten. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beklagte wehrt sich gegen die vom Sozialgericht ausgesprochene Verpflichtung, der Klägerin einen Betrag in Höhe von 1.000,00 EUR aus einem der Beigeladenen ausgestellten Vermittlungsgutschein auszuzahlen.
Die Klägerin, die eine private Arbeitsvermittlung betreibt, vermittelte die Beigeladene, der die Beklagte einen Vermittlungsgutschein ausgestellt hatte, an die Volkssolidarität Elbtalkreis e.V., R (forthin: Volkssolidarität), mit der ein Beschäftigungsverhältnis für die Zeit vom 5. September 2005 bis 31. Dezember 2005 geschlossen wurde. Auf der Vermittlungs- und Beschäftigungsbestätigung des Arbeitgebers ist der Vermerk "Vertretung Mutterschutz + Elternzeit - Verlängerung vorgesehen" aufgebracht. Die Beigeladene war letztlich bis einschließlich Januar 2007 als "technischer Mitarbeiter" bei der Volkssolidarität tätig.
Am 9. Januar 2007 meldete sich die Beigeladene zum 1. Februar 2007 arbeitslos. Vom 5. Februar 2007 bis 18. Februar 2007 war sie bei der Volkssolidarität geringfügig tätig. Vorübergehende geringfügige Tätigkeiten für einen anderen Arbeitgeber schlossen sich ab Mai 2007 an.
Am 2. Juli 2007 stellte die Beklagte der Beigeladenen einen vom 29. Juni 2007 bis 28. September 2007 gültigen Vermittlungsgutschein aus. Am 24. Juli 2007 schlossen die Beigeladene und die Klägerin einen Vermittlungsvertrag. Am 19. September 2007 kam es durch Vermittlung der Klägerin zum Abschluss eines Arbeitsvertrages zwischen der Beigeladenen und der SOVO - Sozialprojekt Volkssolidarität Elbtalkreis - Gemeinnützige Betriebsträgergesellschaft mbH in R (forthin: SOVO gGmbH). Die SOVO gGmbH ist eine 100 %ige Tochtergesellschaft der Volkssolidarität. Geschäftsführer ist F S , der zugleich Geschäftsführer der Volkssolidarität ist. Auf Grund des geschlossenen Arbeitsvertrages wurde die Beigeladene ab dem 1. Oktober 2007 für die SOVO gGmbH als Hauswirtschaftshelferin beim Pflegedienst M tätig.
Den Antrag der Klägerin vom 16. November 2007 auf Auszahlung von zunächst 1.000,00 EUR aus dem Vermittlungsgutschein lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 13. Dezember 2007 ab. Dem Antrag könne nicht entsprochen werden, weil die Beigeladene bei demselben Arbeitgeber während der letzten vier Jahre vor der Arbeitslosmeldung länger als drei Monate versicherungspflichtig beschäftigt gewesen sei.
Den Widerspruch der Klägerin vom 2. Januar 2008 wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 5. Februar 2008 zurück. Die Beigeladene sei vom 5. September 2005 bis 31. Januar 2007 bei der Volkssolidarität beschäftigt gewesen. Dieses Arbeitsverhältnis sei durch die Vermittlung der Klägerin zustande gekommen, für die Vermittlung habe die Beklagte ihr 2.000,00 EUR gezahlt. Die Klägerin habe die Beigeladene nunmehr an die SOVO gGmbH vermittelt. Den Arbeitsvertrag habe F S als Geschäftsführer der Arbeitgeberin unterschrieben. F S trete damit als Arbeitgeber in Erscheinung. Er sei auch Geschäftsführer der Volkssolidarität und damit bereits zuvor Arbeitgeber der Beigeladenen gewesen. Die Zahlung einer Vermittlungsvergütung werde daher abgelehnt, weil der Verdacht naheliege, dass die Vermittlung lediglich "pro forma" erfolgt sei. Die Arbeitnehmerin sei dem Arbeitgeber aus der vorangegangenen Beschäftigung bestens bekannt gewesen. Der im Sozialgesetzbuch nicht näher definierte Begriff des Arbeitgebers sei unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck der Förderungsbestimmungen weit auszulegen. Es reiche aus, wenn der frühere Arbeitgeber durch Neu- oder Umgründung eines Unternehmens als natürliche Personen weiter die Arbeitgeberrechte ausübe und den Arbeitnehmer in seiner neuen oder weiteren Firma beschäftige.
Auf die Klage vom 5. März 2008 hat das Sozialgericht mit Urteil vom 8. Oktober 2009 die Beklagte verurteilt, die erste Rate aus dem Vermittlungsgutschein in Höhe von 1.000,00 EUR an die Klägerin zu zahlen. § 421g Abs. 3 Nr. 2 des Sozialgesetzbuches Drittes Buch – Arbeitsförderung – (SGB III) stehe der Auszahlung aus dem Vermittlungsgutschein nicht entgegen. Nach dieser Vorschrift sei die Zahlung der Vergütung ausgeschlossen, wenn die Einstellung bei einem früheren Arbeitgeber erfolgt, bei dem der Arbeitnehmer während der letzten vier Jahre vor der Arbeitslosmeldung mehr als drei Monate lang versicherungspflichtig beschäftigt war. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zum Begriff des "bisherigen Arbeitgebers" in § 221 Abs. 1 Nr. 2 SGB III sei die Identität des Arbeitgebers weit zu verstehen. So sei ein Einzelkaufmann, der unter verschiedenen Firmen mehrere Unternehmen betreibt, grundsätzlich Arbeitgeber aller Arbeitnehmer, die in seinen sämtlichen Gewerbebetrieben beschäftigt werden. Dass es sich in arbeitsrechtlicher Hinsicht um unterschiedliche Arbeitgeber handeln könne, sei hingegen unerheblich. Der Begriff des früheren Arbeitgebers sei mithin weit auszulegen. Derselbe Arbeitgeber liege bereits dann vor, wenn beide juristische Personen von derselben natürlichen Person vertreten würden. Dies sei hier der Fall. Der Geschäftsführer S werde sowohl für die Volkssolidarität als auch für die SOVO gGmbH tätig und vertrete beide nach außen. Damit sei die Auszahlung der Vergütung aus dem Vermittlungsgutschein eigentlich ausgeschlossen. Allerdings habe sich auf Grund der Schilderung der Beigeladenen im Rahmen der mündlichen Verhandlung ergeben, dass zwischen den beiden Beschäftigungen kein sachlicher Zusammenhang bestehe. Während die Beigeladene zunächst in den Räumen der Volkssolidarität in R als Mutterschaftsvertretung geputzt habe, sei sie bei der SOVO gGmbH beim Pflegedienst in M als Hauswirtschaftshelferin tätig gewesen. Die Tätigkeit bei der Volkssolidarität im Rahmen einer Mutterschaftsvertretung sei von vornherein zeitlich begrenzt gewesen, auch habe es sich um eine weit weniger qualifizierte Tätigkeit gehandelt. Vom Sinn und Zweck des Vermittlungsgutscheins her betrachtet sei mit der Einstellung der Beigeladenen bei der SOVO gGmbH als Hauswirtschaftshelferin am Standort M eine neue Beschäftigungssituation entstanden, die mit der vorausgegangenen Beschäftigung nicht zusammenhänge. Die Unterschiede in den Tätigkeiten sowie die Schilderungen der Beigeladenen über die Tätigkeit der Klägerin zur Anbahnung des zweiten Beschäftigungsverhältnisses schlössen den Verdacht aus, dass die Auszahlung aus dem Vermittlungsgutschein missbräuchlich geltend gemacht wird.
Gegen das ihr am 9. November 2009 zugestellte Urteil wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung vom 2. Dezember 2009. Die Beigeladene sei im Sinne von § 421g Abs. 3 Nr. 2 SGB III ab dem 1. Oktober 2007 bei einem früheren Arbeitgeber eingestellt worden. Der Begriff des Arbeitgebers sei weit auszulegen. Die Volkssolidarität sei alleiniger Gesellschafter der SOVO gGmbH. Sowohl die SOVO gGmbH als auch der eingetragene Verein würden durch F S als Geschäftsführer vertreten. Soweit das Sozialgericht zwischen der neuen und der früheren Beschäftigung keinen sachlichen Zusammenhang sehe, sei dem nicht zu folgen. Die Beigeladene sei bei der Volkssolidarität als "technische Mitarbeiterin" (Küchenhilfe, Reinigungskraft) beschäftigt gewesen. Von der SOVO gGmbH sei sie als Hauswirtschaftshelferin eingestellt worden. Als solche habe sie ebenfalls Reinigungsaufgaben und Ausgabe von Mahlzeiten zu erledigen. Dass andere Mitarbeiter ihr gegenüber weisungsberechtigt gewesen seien, sei unerheblich.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 8. Oktober 2009 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die von der Beklagten vorgenommene Auslegung des Begriffes des Arbeitgebers für zu weit gehend und nicht gesetzeskonform. Im Übrigen teilt sie die vom Sozialgericht vertretene Auffassung.
Die Beigeladene hat auf die Stellung eines Antrages verzichtet.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt des beigezogenen Verwaltungsvorgangs sowie der Gerichtsakten beider Instanzen verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Im Ergebnis zu Recht hat das Sozialgericht der Klage der Klägerin stattgegeben und die Beklagte zur Zahlung der ersten Rate aus dem Vermittlungsgutschein verurteilt. Der Klägerin steht der von ihr geltend gemachte Anspruch zu. Anders als das Sozialgericht vermag der Senat aber schon nicht zweifelsfrei zu der Einschätzung zu gelangen, bei der Volkssolidarität und der SOVO gGmbH handele es sich – im sozialrechtlichen Sinne – um den gleichen Arbeitgeber.
Die Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch findet sich in § 421g SGB III in vom 12. Dezember 2006 bis 31. Dezember 2007 geltenden Fassung (vgl. Artikel 2 Nr. 4 des Gesetzes vom 2. Dezember 2006 [BGBl. I S. 2742]). Gemäß § 421g Abs. 1 Satz 3 SGB III verpflichtet sich die Agentur für Arbeit mit dem Vermittlungsgutschein, den Vergütungsanspruch eines vom Arbeitnehmer eingeschalteten Vermittlers, der den Arbeitnehmer in eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung mit einer Arbeitszeit von mindestens 15 Stunden wöchentlich vermittelt hat, nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen zu erfüllen. Der Vermittlungsgutschein gilt für einen Zeitraum von jeweils drei Monaten (vgl. § 421g Abs. 1 Satz 4 SGB III). Diese Voraussetzungen sind, was auch zwischen den Beteiligten nicht streitig ist, erfüllt.
Gemäß § 421g Abs. 2 Satz 2 SGB III wird die Vergütung in Höhe von 1.000 EUR nach einer sechswöchigen und der Restbetrag nach einer sechsmonatigen Dauer des Beschäftigungsverhältnisses gezahlt. Die Zahlung der Vergütung ist nach § 421g Abs. 3 Nr. 2 SGB III ausgeschlossen, wenn die Einstellung bei einem früheren Arbeitgeber erfolgt ist, bei dem der Arbeitnehmer während der letzten vier Jahre vor der Arbeitslosmeldung mehr als drei Monate lang versicherungspflichtig beschäftigt war; dies gilt nicht, wenn es sich um die befristete Beschäftigung besonders betroffener schwerbehinderter Menschen handelt. Die Klägerin hat den Zahlungsanspruch nach § 421g Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 SGB III, weil die Voraussetzung der sechswöchigen Beschäftigung der Beigeladenen erfüllt ist und die Voraussetzungen des Ausschlusstatbestandes in § 421g Abs. 3 Nr. 2 SGB III nicht gegeben sind.
Sowohl die Beklagte als auch das Sozialgericht legen den Begriff des Arbeitgebers weit aus und gehen, weil die SOVO gGmbH von der Volkssolidarität gegründet wurde und von ihr auch die Gesellschaftsanteile gehalten werden, sowie wegen der Identität des Geschäftsführers davon aus, dass es sich bei der Volkssolidarität und der SOVO gGmbH um denselben Arbeitgeber handelt. Sie stützen sich dabei auf das Urteil des Bundessozialgerichts vom 7. November 1990 (vgl. BSG, Urteil vom 7. November 1990 – 9b/7 RAr 122/89 – SozR 3-4100 § 49 Nr. 2 = JURIS-Dokument). Die in Bezug genommene Entscheidung des Bundessozialgerichts betrifft § 49 Abs. 1 Satz 4 Buchst. a des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG). Nach dieser Regelung war ein Einarbeitungszuschuss nicht zu gewähren, "wenn die Einarbeitung beim bisherigen Arbeitgeber erfolgt". Unter Hinweis auf Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sowie gesellschaftsrechtliche und zivilgesetzliche Literatur hat das Bundessozialgericht dargelegt, dass ein Einzelkaufmann, der unter verschiedenen Firmen mehrere Unternehmen betreibt, grundsätzlich der Arbeitgeber aller Arbeitnehmer ist, die in seinen sämtlichen Gewerbebetrieben beschäftigt werden. Die Identität der Arbeitgeber sei weit zu verstehen. Diese weite Auslegung hat zur Folge, dass ein Arbeitgeber, der einen Arbeitnehmer aus einem von ihm betriebenen Unternehmen entlässt, um ihn anschließend in einem anderen eigenen Unternehmen einzustellen, dafür bestimmte Sozialleistungen nicht beanspruchen kann. Diese Rechtsprechung bewirkt also, und darauf zielt sie auch ab, dass Mitnahmeeffekte vermieden werden.
Es ist aber zweifelhaft, ob es sich bei der Volkssolidarität und der SOVO gGmbH im vorgenannten Sinne um denselben Arbeitgeber handelt. Zum einen ist zu berücksichtigen, dass es sich bei beiden Unternehmungen um selbständige juristische Personen des Zivilrechtes handelt (vgl. § 21 des Bürgerlichen Gesetzbuches [BGB], § 13 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkte Haftung [GmbHG]). Auf Grund dessen treten sie jeweils selbständig im Rechtsverkehr auf. Dies gilt grundsätzlich auch dann, wenn eine juristische Person 100 %ige Tochter einer anderen juristischen Person ist. Allein der Umstand, dass zwischen der Volkssolidarität und der SOVO gGmbH gesellschaftsrechtliche Beziehungen bestehen und es personelle Übereinstimmungen in Bezug auf eine Führungsperson gibt, rechtfertigt es noch nicht, beide juristische Personen als einen Arbeitgeber im (arbeitsförderungs-)rechtlichen Sinne zu behandeln. Dies gilt insbesondere dann, wenn diese Führungsperson, hier der Geschäftsführer, abgelöst und durch eine andere Person ersetzt werden kann und damit nicht die Identität des Unternehmens prägt.
Zum anderen ist insoweit anzumerken, dass eine Entlassung der Beigeladenen durch die Volkssolidarität – so sie denn stattgefunden hätte – und eine Neuanstellung durch die SOVO gGmbH jedenfalls in Bezug auf Leistungen aus dem Vermittlungsgutschein keiner der beiden eigenständigen juristischen Personen einen materiellen Vorteil hätte verschaffen können. Der Anspruch würde vielmehr dem Arbeitsvermittler, hier der Klägerin, zustehen. Dass aber die Klägerin mit dem Arbeitgeber, wie auch immer man ihn betrachten mag, in einer unangemessenen Weise wirtschaftlich verbunden gewesen ist, hat weder die Beklagte behauptet, noch ist etwas dafür ersichtlich. Eine solche enge Verbindung im Sinne einer echten oder unechten Verflechtung, würde, weil der Vermittler im Verhältnis zum Arbeitgeber nicht mehr "Dritter" wäre, den Anspruch auf Zahlung aus dem Vermittlungsgutschein ausschließen (vgl. Sächs. LSG, Urteile vom 15. März 2007 – L 3 AL 4/05 – JURIS-Dokument Rdnr. 31, vom 16. Oktober 2008 – L 3 AL 220/07 – JURIS-Dokument Rdnr. 47 und vom 16. Oktober 2008 – L 3 AL 224/07 – JURIS-Dokument Rdnr. 47).
Geht es nach alldem hier nicht um die Unterbindung von Mitnahmeeffekten zugunsten des Arbeitgebers, scheint der zu diesem Zweck vom Bundessozialgericht entwickelte weite Arbeitgeberbegriff nicht einschlägig.
Letztlich bedarf diese Frage vorliegend aber nicht der abschließenden Entscheidung. Wollte man den weiten Arbeitgeberbegriff nämlich zur Anwendung bringen und die Volkssolidarität und die SOVO gGmbH als denselben Arbeitgeber ansehen, wäre weiter zu klären, ob es sich bei diesem Arbeitgeber um den "früheren Arbeitgeber" im Sinne von § 421g Abs. 3 Nr. 2 SGB III handelt. Diese Frage ist aber im Sinne der Klägerin und gegen die Beklagte zu beantworten. Mit der Entscheidung vom 7. November 1990 (vgl. BSG, a. a. O.) hat das Bundessozialgericht nicht nur einen weiten Arbeitgeberbegriff geprägt, sondern zugleich auch den Begriff "bisherig" einer einschränkenden Auslegung unterzogen. Unerheblich ist insoweit, dass in § 49 Abs. 1 Satz 1 Buchst. a AFG vom "bisherigen" Arbeitgeber, später in § 223 Abs. 1 Nr. 2 SGB III (in den vom 1. Januar 1998 bis 31. Dezember 2007 geltenden Fassungen) aber, wie in § 421g Abs. 3 Nr. 2 SGB III, vom "früheren" Arbeitgeber die Rede ist. Diese tatbestandliche Ausweitung stellt keine substanzielle Änderung des Arbeitgeberbegriffs dar (Hess. LSG, Urteil vom 10. Juli 2006 – L 9 AL 4/06 – JURIS-Dokument Rdnr. 27).
Das Bundessozialgericht hat dargelegt, dass der einzuarbeitende Arbeitnehmer nicht beim "bisherigen Arbeitgeber" beschäftigt werde, wenn er nach einer kurzfristigen Beschäftigung als Urlaubsvertreter für eine andere Beschäftigung auf der Grundlage einer Einarbeitung ohne sachlichen Zusammenhang mit der früheren Beschäftigung neu eingestellt wird. Der offene Rechtsbegriff "bisheriger Arbeitgeber" sei so zu verstehen, dass mit diesem Arbeitgeber das unmittelbar vorausgegangene, ursprünglich auf Dauer angelegt gewesene Beschäftigungsverhältnis unter anderen Umständen in einer neuen Tätigkeit fortgeführt werde (vgl. BSG, a. a. O., JURIS-Dokument Rdnr. 13). Das ist vorliegend nicht der Fall. Die Beigeladene war im Rahmen einer Mutterschaftsvertretung und damit von vornherein lediglich für die Dauer der sich daraus ergebenden Vakanz der Arbeitsstelle eingestellt. Damit fehlt es bereits an einem auf Dauer angelegten Beschäftigungsverhältnis. Hinzu kommt, dass es sich bei der Beschäftigung bei der SOVO gGmbH im Sinne der vorgenannten Rechtsprechung des Bundessozialgerichts um eine "andere Beschäftigung" als die zuvor bei der Volkssolidarität ausgeübte handelt. Bei der Volkssolidarität war die Beigeladene als Küchenhilfe und Reinigungskraft tätig. Bei der SOVO gGmbH arbeitete sie als Hauwirtschaftshelferin. Nach ihren Angaben in der mündlichen Verhandlung vom 8. Oktober 2009 vor dem Sozialgericht gehörten etwa "Betreuung" und "Wäsche waschen" zu ihren Aufgaben. Die spätere Tätigkeit war damit nicht nur vielseitiger, sondern auch, wie das Sozialgericht zutreffend festgestellt hat, "qualifizierter" als die zuvor ausgeübte.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision wird nicht zugelassen, weil Gründe dafür (vgl. § 160 Abs. 2 SGG) nicht vorliegen.
Dr. Scheer Höhl Atanassov
II. Die Beklagte hat die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin auch im Berufungsverfahren zu erstatten. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beklagte wehrt sich gegen die vom Sozialgericht ausgesprochene Verpflichtung, der Klägerin einen Betrag in Höhe von 1.000,00 EUR aus einem der Beigeladenen ausgestellten Vermittlungsgutschein auszuzahlen.
Die Klägerin, die eine private Arbeitsvermittlung betreibt, vermittelte die Beigeladene, der die Beklagte einen Vermittlungsgutschein ausgestellt hatte, an die Volkssolidarität Elbtalkreis e.V., R (forthin: Volkssolidarität), mit der ein Beschäftigungsverhältnis für die Zeit vom 5. September 2005 bis 31. Dezember 2005 geschlossen wurde. Auf der Vermittlungs- und Beschäftigungsbestätigung des Arbeitgebers ist der Vermerk "Vertretung Mutterschutz + Elternzeit - Verlängerung vorgesehen" aufgebracht. Die Beigeladene war letztlich bis einschließlich Januar 2007 als "technischer Mitarbeiter" bei der Volkssolidarität tätig.
Am 9. Januar 2007 meldete sich die Beigeladene zum 1. Februar 2007 arbeitslos. Vom 5. Februar 2007 bis 18. Februar 2007 war sie bei der Volkssolidarität geringfügig tätig. Vorübergehende geringfügige Tätigkeiten für einen anderen Arbeitgeber schlossen sich ab Mai 2007 an.
Am 2. Juli 2007 stellte die Beklagte der Beigeladenen einen vom 29. Juni 2007 bis 28. September 2007 gültigen Vermittlungsgutschein aus. Am 24. Juli 2007 schlossen die Beigeladene und die Klägerin einen Vermittlungsvertrag. Am 19. September 2007 kam es durch Vermittlung der Klägerin zum Abschluss eines Arbeitsvertrages zwischen der Beigeladenen und der SOVO - Sozialprojekt Volkssolidarität Elbtalkreis - Gemeinnützige Betriebsträgergesellschaft mbH in R (forthin: SOVO gGmbH). Die SOVO gGmbH ist eine 100 %ige Tochtergesellschaft der Volkssolidarität. Geschäftsführer ist F S , der zugleich Geschäftsführer der Volkssolidarität ist. Auf Grund des geschlossenen Arbeitsvertrages wurde die Beigeladene ab dem 1. Oktober 2007 für die SOVO gGmbH als Hauswirtschaftshelferin beim Pflegedienst M tätig.
Den Antrag der Klägerin vom 16. November 2007 auf Auszahlung von zunächst 1.000,00 EUR aus dem Vermittlungsgutschein lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 13. Dezember 2007 ab. Dem Antrag könne nicht entsprochen werden, weil die Beigeladene bei demselben Arbeitgeber während der letzten vier Jahre vor der Arbeitslosmeldung länger als drei Monate versicherungspflichtig beschäftigt gewesen sei.
Den Widerspruch der Klägerin vom 2. Januar 2008 wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 5. Februar 2008 zurück. Die Beigeladene sei vom 5. September 2005 bis 31. Januar 2007 bei der Volkssolidarität beschäftigt gewesen. Dieses Arbeitsverhältnis sei durch die Vermittlung der Klägerin zustande gekommen, für die Vermittlung habe die Beklagte ihr 2.000,00 EUR gezahlt. Die Klägerin habe die Beigeladene nunmehr an die SOVO gGmbH vermittelt. Den Arbeitsvertrag habe F S als Geschäftsführer der Arbeitgeberin unterschrieben. F S trete damit als Arbeitgeber in Erscheinung. Er sei auch Geschäftsführer der Volkssolidarität und damit bereits zuvor Arbeitgeber der Beigeladenen gewesen. Die Zahlung einer Vermittlungsvergütung werde daher abgelehnt, weil der Verdacht naheliege, dass die Vermittlung lediglich "pro forma" erfolgt sei. Die Arbeitnehmerin sei dem Arbeitgeber aus der vorangegangenen Beschäftigung bestens bekannt gewesen. Der im Sozialgesetzbuch nicht näher definierte Begriff des Arbeitgebers sei unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck der Förderungsbestimmungen weit auszulegen. Es reiche aus, wenn der frühere Arbeitgeber durch Neu- oder Umgründung eines Unternehmens als natürliche Personen weiter die Arbeitgeberrechte ausübe und den Arbeitnehmer in seiner neuen oder weiteren Firma beschäftige.
Auf die Klage vom 5. März 2008 hat das Sozialgericht mit Urteil vom 8. Oktober 2009 die Beklagte verurteilt, die erste Rate aus dem Vermittlungsgutschein in Höhe von 1.000,00 EUR an die Klägerin zu zahlen. § 421g Abs. 3 Nr. 2 des Sozialgesetzbuches Drittes Buch – Arbeitsförderung – (SGB III) stehe der Auszahlung aus dem Vermittlungsgutschein nicht entgegen. Nach dieser Vorschrift sei die Zahlung der Vergütung ausgeschlossen, wenn die Einstellung bei einem früheren Arbeitgeber erfolgt, bei dem der Arbeitnehmer während der letzten vier Jahre vor der Arbeitslosmeldung mehr als drei Monate lang versicherungspflichtig beschäftigt war. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zum Begriff des "bisherigen Arbeitgebers" in § 221 Abs. 1 Nr. 2 SGB III sei die Identität des Arbeitgebers weit zu verstehen. So sei ein Einzelkaufmann, der unter verschiedenen Firmen mehrere Unternehmen betreibt, grundsätzlich Arbeitgeber aller Arbeitnehmer, die in seinen sämtlichen Gewerbebetrieben beschäftigt werden. Dass es sich in arbeitsrechtlicher Hinsicht um unterschiedliche Arbeitgeber handeln könne, sei hingegen unerheblich. Der Begriff des früheren Arbeitgebers sei mithin weit auszulegen. Derselbe Arbeitgeber liege bereits dann vor, wenn beide juristische Personen von derselben natürlichen Person vertreten würden. Dies sei hier der Fall. Der Geschäftsführer S werde sowohl für die Volkssolidarität als auch für die SOVO gGmbH tätig und vertrete beide nach außen. Damit sei die Auszahlung der Vergütung aus dem Vermittlungsgutschein eigentlich ausgeschlossen. Allerdings habe sich auf Grund der Schilderung der Beigeladenen im Rahmen der mündlichen Verhandlung ergeben, dass zwischen den beiden Beschäftigungen kein sachlicher Zusammenhang bestehe. Während die Beigeladene zunächst in den Räumen der Volkssolidarität in R als Mutterschaftsvertretung geputzt habe, sei sie bei der SOVO gGmbH beim Pflegedienst in M als Hauswirtschaftshelferin tätig gewesen. Die Tätigkeit bei der Volkssolidarität im Rahmen einer Mutterschaftsvertretung sei von vornherein zeitlich begrenzt gewesen, auch habe es sich um eine weit weniger qualifizierte Tätigkeit gehandelt. Vom Sinn und Zweck des Vermittlungsgutscheins her betrachtet sei mit der Einstellung der Beigeladenen bei der SOVO gGmbH als Hauswirtschaftshelferin am Standort M eine neue Beschäftigungssituation entstanden, die mit der vorausgegangenen Beschäftigung nicht zusammenhänge. Die Unterschiede in den Tätigkeiten sowie die Schilderungen der Beigeladenen über die Tätigkeit der Klägerin zur Anbahnung des zweiten Beschäftigungsverhältnisses schlössen den Verdacht aus, dass die Auszahlung aus dem Vermittlungsgutschein missbräuchlich geltend gemacht wird.
Gegen das ihr am 9. November 2009 zugestellte Urteil wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung vom 2. Dezember 2009. Die Beigeladene sei im Sinne von § 421g Abs. 3 Nr. 2 SGB III ab dem 1. Oktober 2007 bei einem früheren Arbeitgeber eingestellt worden. Der Begriff des Arbeitgebers sei weit auszulegen. Die Volkssolidarität sei alleiniger Gesellschafter der SOVO gGmbH. Sowohl die SOVO gGmbH als auch der eingetragene Verein würden durch F S als Geschäftsführer vertreten. Soweit das Sozialgericht zwischen der neuen und der früheren Beschäftigung keinen sachlichen Zusammenhang sehe, sei dem nicht zu folgen. Die Beigeladene sei bei der Volkssolidarität als "technische Mitarbeiterin" (Küchenhilfe, Reinigungskraft) beschäftigt gewesen. Von der SOVO gGmbH sei sie als Hauswirtschaftshelferin eingestellt worden. Als solche habe sie ebenfalls Reinigungsaufgaben und Ausgabe von Mahlzeiten zu erledigen. Dass andere Mitarbeiter ihr gegenüber weisungsberechtigt gewesen seien, sei unerheblich.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 8. Oktober 2009 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die von der Beklagten vorgenommene Auslegung des Begriffes des Arbeitgebers für zu weit gehend und nicht gesetzeskonform. Im Übrigen teilt sie die vom Sozialgericht vertretene Auffassung.
Die Beigeladene hat auf die Stellung eines Antrages verzichtet.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt des beigezogenen Verwaltungsvorgangs sowie der Gerichtsakten beider Instanzen verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Im Ergebnis zu Recht hat das Sozialgericht der Klage der Klägerin stattgegeben und die Beklagte zur Zahlung der ersten Rate aus dem Vermittlungsgutschein verurteilt. Der Klägerin steht der von ihr geltend gemachte Anspruch zu. Anders als das Sozialgericht vermag der Senat aber schon nicht zweifelsfrei zu der Einschätzung zu gelangen, bei der Volkssolidarität und der SOVO gGmbH handele es sich – im sozialrechtlichen Sinne – um den gleichen Arbeitgeber.
Die Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch findet sich in § 421g SGB III in vom 12. Dezember 2006 bis 31. Dezember 2007 geltenden Fassung (vgl. Artikel 2 Nr. 4 des Gesetzes vom 2. Dezember 2006 [BGBl. I S. 2742]). Gemäß § 421g Abs. 1 Satz 3 SGB III verpflichtet sich die Agentur für Arbeit mit dem Vermittlungsgutschein, den Vergütungsanspruch eines vom Arbeitnehmer eingeschalteten Vermittlers, der den Arbeitnehmer in eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung mit einer Arbeitszeit von mindestens 15 Stunden wöchentlich vermittelt hat, nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen zu erfüllen. Der Vermittlungsgutschein gilt für einen Zeitraum von jeweils drei Monaten (vgl. § 421g Abs. 1 Satz 4 SGB III). Diese Voraussetzungen sind, was auch zwischen den Beteiligten nicht streitig ist, erfüllt.
Gemäß § 421g Abs. 2 Satz 2 SGB III wird die Vergütung in Höhe von 1.000 EUR nach einer sechswöchigen und der Restbetrag nach einer sechsmonatigen Dauer des Beschäftigungsverhältnisses gezahlt. Die Zahlung der Vergütung ist nach § 421g Abs. 3 Nr. 2 SGB III ausgeschlossen, wenn die Einstellung bei einem früheren Arbeitgeber erfolgt ist, bei dem der Arbeitnehmer während der letzten vier Jahre vor der Arbeitslosmeldung mehr als drei Monate lang versicherungspflichtig beschäftigt war; dies gilt nicht, wenn es sich um die befristete Beschäftigung besonders betroffener schwerbehinderter Menschen handelt. Die Klägerin hat den Zahlungsanspruch nach § 421g Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 SGB III, weil die Voraussetzung der sechswöchigen Beschäftigung der Beigeladenen erfüllt ist und die Voraussetzungen des Ausschlusstatbestandes in § 421g Abs. 3 Nr. 2 SGB III nicht gegeben sind.
Sowohl die Beklagte als auch das Sozialgericht legen den Begriff des Arbeitgebers weit aus und gehen, weil die SOVO gGmbH von der Volkssolidarität gegründet wurde und von ihr auch die Gesellschaftsanteile gehalten werden, sowie wegen der Identität des Geschäftsführers davon aus, dass es sich bei der Volkssolidarität und der SOVO gGmbH um denselben Arbeitgeber handelt. Sie stützen sich dabei auf das Urteil des Bundessozialgerichts vom 7. November 1990 (vgl. BSG, Urteil vom 7. November 1990 – 9b/7 RAr 122/89 – SozR 3-4100 § 49 Nr. 2 = JURIS-Dokument). Die in Bezug genommene Entscheidung des Bundessozialgerichts betrifft § 49 Abs. 1 Satz 4 Buchst. a des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG). Nach dieser Regelung war ein Einarbeitungszuschuss nicht zu gewähren, "wenn die Einarbeitung beim bisherigen Arbeitgeber erfolgt". Unter Hinweis auf Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sowie gesellschaftsrechtliche und zivilgesetzliche Literatur hat das Bundessozialgericht dargelegt, dass ein Einzelkaufmann, der unter verschiedenen Firmen mehrere Unternehmen betreibt, grundsätzlich der Arbeitgeber aller Arbeitnehmer ist, die in seinen sämtlichen Gewerbebetrieben beschäftigt werden. Die Identität der Arbeitgeber sei weit zu verstehen. Diese weite Auslegung hat zur Folge, dass ein Arbeitgeber, der einen Arbeitnehmer aus einem von ihm betriebenen Unternehmen entlässt, um ihn anschließend in einem anderen eigenen Unternehmen einzustellen, dafür bestimmte Sozialleistungen nicht beanspruchen kann. Diese Rechtsprechung bewirkt also, und darauf zielt sie auch ab, dass Mitnahmeeffekte vermieden werden.
Es ist aber zweifelhaft, ob es sich bei der Volkssolidarität und der SOVO gGmbH im vorgenannten Sinne um denselben Arbeitgeber handelt. Zum einen ist zu berücksichtigen, dass es sich bei beiden Unternehmungen um selbständige juristische Personen des Zivilrechtes handelt (vgl. § 21 des Bürgerlichen Gesetzbuches [BGB], § 13 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkte Haftung [GmbHG]). Auf Grund dessen treten sie jeweils selbständig im Rechtsverkehr auf. Dies gilt grundsätzlich auch dann, wenn eine juristische Person 100 %ige Tochter einer anderen juristischen Person ist. Allein der Umstand, dass zwischen der Volkssolidarität und der SOVO gGmbH gesellschaftsrechtliche Beziehungen bestehen und es personelle Übereinstimmungen in Bezug auf eine Führungsperson gibt, rechtfertigt es noch nicht, beide juristische Personen als einen Arbeitgeber im (arbeitsförderungs-)rechtlichen Sinne zu behandeln. Dies gilt insbesondere dann, wenn diese Führungsperson, hier der Geschäftsführer, abgelöst und durch eine andere Person ersetzt werden kann und damit nicht die Identität des Unternehmens prägt.
Zum anderen ist insoweit anzumerken, dass eine Entlassung der Beigeladenen durch die Volkssolidarität – so sie denn stattgefunden hätte – und eine Neuanstellung durch die SOVO gGmbH jedenfalls in Bezug auf Leistungen aus dem Vermittlungsgutschein keiner der beiden eigenständigen juristischen Personen einen materiellen Vorteil hätte verschaffen können. Der Anspruch würde vielmehr dem Arbeitsvermittler, hier der Klägerin, zustehen. Dass aber die Klägerin mit dem Arbeitgeber, wie auch immer man ihn betrachten mag, in einer unangemessenen Weise wirtschaftlich verbunden gewesen ist, hat weder die Beklagte behauptet, noch ist etwas dafür ersichtlich. Eine solche enge Verbindung im Sinne einer echten oder unechten Verflechtung, würde, weil der Vermittler im Verhältnis zum Arbeitgeber nicht mehr "Dritter" wäre, den Anspruch auf Zahlung aus dem Vermittlungsgutschein ausschließen (vgl. Sächs. LSG, Urteile vom 15. März 2007 – L 3 AL 4/05 – JURIS-Dokument Rdnr. 31, vom 16. Oktober 2008 – L 3 AL 220/07 – JURIS-Dokument Rdnr. 47 und vom 16. Oktober 2008 – L 3 AL 224/07 – JURIS-Dokument Rdnr. 47).
Geht es nach alldem hier nicht um die Unterbindung von Mitnahmeeffekten zugunsten des Arbeitgebers, scheint der zu diesem Zweck vom Bundessozialgericht entwickelte weite Arbeitgeberbegriff nicht einschlägig.
Letztlich bedarf diese Frage vorliegend aber nicht der abschließenden Entscheidung. Wollte man den weiten Arbeitgeberbegriff nämlich zur Anwendung bringen und die Volkssolidarität und die SOVO gGmbH als denselben Arbeitgeber ansehen, wäre weiter zu klären, ob es sich bei diesem Arbeitgeber um den "früheren Arbeitgeber" im Sinne von § 421g Abs. 3 Nr. 2 SGB III handelt. Diese Frage ist aber im Sinne der Klägerin und gegen die Beklagte zu beantworten. Mit der Entscheidung vom 7. November 1990 (vgl. BSG, a. a. O.) hat das Bundessozialgericht nicht nur einen weiten Arbeitgeberbegriff geprägt, sondern zugleich auch den Begriff "bisherig" einer einschränkenden Auslegung unterzogen. Unerheblich ist insoweit, dass in § 49 Abs. 1 Satz 1 Buchst. a AFG vom "bisherigen" Arbeitgeber, später in § 223 Abs. 1 Nr. 2 SGB III (in den vom 1. Januar 1998 bis 31. Dezember 2007 geltenden Fassungen) aber, wie in § 421g Abs. 3 Nr. 2 SGB III, vom "früheren" Arbeitgeber die Rede ist. Diese tatbestandliche Ausweitung stellt keine substanzielle Änderung des Arbeitgeberbegriffs dar (Hess. LSG, Urteil vom 10. Juli 2006 – L 9 AL 4/06 – JURIS-Dokument Rdnr. 27).
Das Bundessozialgericht hat dargelegt, dass der einzuarbeitende Arbeitnehmer nicht beim "bisherigen Arbeitgeber" beschäftigt werde, wenn er nach einer kurzfristigen Beschäftigung als Urlaubsvertreter für eine andere Beschäftigung auf der Grundlage einer Einarbeitung ohne sachlichen Zusammenhang mit der früheren Beschäftigung neu eingestellt wird. Der offene Rechtsbegriff "bisheriger Arbeitgeber" sei so zu verstehen, dass mit diesem Arbeitgeber das unmittelbar vorausgegangene, ursprünglich auf Dauer angelegt gewesene Beschäftigungsverhältnis unter anderen Umständen in einer neuen Tätigkeit fortgeführt werde (vgl. BSG, a. a. O., JURIS-Dokument Rdnr. 13). Das ist vorliegend nicht der Fall. Die Beigeladene war im Rahmen einer Mutterschaftsvertretung und damit von vornherein lediglich für die Dauer der sich daraus ergebenden Vakanz der Arbeitsstelle eingestellt. Damit fehlt es bereits an einem auf Dauer angelegten Beschäftigungsverhältnis. Hinzu kommt, dass es sich bei der Beschäftigung bei der SOVO gGmbH im Sinne der vorgenannten Rechtsprechung des Bundessozialgerichts um eine "andere Beschäftigung" als die zuvor bei der Volkssolidarität ausgeübte handelt. Bei der Volkssolidarität war die Beigeladene als Küchenhilfe und Reinigungskraft tätig. Bei der SOVO gGmbH arbeitete sie als Hauwirtschaftshelferin. Nach ihren Angaben in der mündlichen Verhandlung vom 8. Oktober 2009 vor dem Sozialgericht gehörten etwa "Betreuung" und "Wäsche waschen" zu ihren Aufgaben. Die spätere Tätigkeit war damit nicht nur vielseitiger, sondern auch, wie das Sozialgericht zutreffend festgestellt hat, "qualifizierter" als die zuvor ausgeübte.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision wird nicht zugelassen, weil Gründe dafür (vgl. § 160 Abs. 2 SGG) nicht vorliegen.
Dr. Scheer Höhl Atanassov
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