Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 12 R 59/07
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 13 R 59/11
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Zu den Anforderungen einer Tätigkeit als Accountmanager.
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 9. Dezember 2010 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten des Rechtsstreits sind zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung für den Zeitraum Oktober 2004 bis Dezember 2008.
Der 1960 geborene Kläger, österreichischer Staatsangehöriger mit Wohnsitz in Österreich, ist am 1. Juli 1993 in das Bundesgebiet zugezogen. Der Kläger hat in Österreich nach dem Abschluss eines Wirtschaftsgymnasiums im Jahr 1979 zunächst
2 Semester Technische Mathematik studiert. Nach Abbruch dieses Studiums hat er ein Informatikstudium absolviert und dieses im Juni 1988 als Diplomingenieur erfolgreich abgeschlossen. Im Anschluss daran war er nach eigenen Angaben bis 1991 als Projektingenieur, dann bis 1993 als Produkt-Marketing-Manager, im Anschluss daran bis 1995 als Vertriebsbeauftragter, von 1995 bis 2000 als Vertriebs- und Marketingbeauftragter, Niederlassungsleiter und von 2000 bis Februar 2003 als Key Account-Manager und Acting Manager (Vetriebsbeauftragter und Niederlassungsleiter) beschäftigt. Von März 2003 bis Februar 2004 war der Kläger arbeitslos mit Bezug von Arbeitslosengeld, von Februar 2004 bis November 2005 war er selbstständig tätig, wobei er von März bis August 2004 Überbrückungsgeld bezog und von November 2004 bis Januar 2005 arbeitsunfähig war. Von November 2005 bis Februar 2006 war der Kläger arbeitslos ohne Leistungsbezug, ab März 2006 bezog er Arbeitslosengeld II. Seit Februar 2009 ist der Kläger wieder als Projektmitarbeiter beschäftigt.
Der Kläger begehrte nach seinen eigenen Angaben im Rahmen einer persönlichen Vorsprache bei einer Beratungsstelle im Oktober 2004 Rente wegen Erwerbsminderung von der Beklagten. Ein Formblattantrag wurde unter dem 5. Dezember 2005 eingereicht. Hierin erklärte der Kläger, er halte sich aufgrund psychischer Störungen, Depressionen, Konzentrationsschwäche und Suizidgefährdung seit Oktober 2002 für erwerbsgemindert. Die Beklagte holte ohne vorherige Beiziehung von Befundberichten ein psychiatrisches Gutachten von Dr. S. vom 28. Dezember 2005 und ein orthopädisches Gutachten von Dr. C. vom 20. März 2006 ein.
Dr. S. diagnostizierte beim Kläger eine Anpassungsstörung mit Angst-Symptomatik und depressiver Symptomatik sowie ein HWS-Syndrom bei Zustand nach mehrfachen Bandscheibenvorfällen und bescheinigte ihm noch ein vollschichtiges Leistungsvermögen für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung, ohne Nachtarbeit, sowohl auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt als auch als Marketing- und Vertriebsingenieur.
Dr. C. stellte beim Kläger chronisch rezidivierende Beschwerden der Wirbelsäule bei Fehlstatik, muskulärem Hartspann und verschmächtigter Rumpfmuskulatur, degenerative Veränderungen der Bandscheiben ab Halswirbelkörper 4 mit Protrusion/kleinem Prolaps in Höhe C 6/7 ohne nervenwurzelbezogenes neurologisches Defizit bei beidseits verkürzter Ischiokruralmuskulatur fest. Die orthopädischen Beschwerden stünden nicht im Vordergrund. Führend sei das psychiatrische Fachgebiet. Aus orthopädischer Sicht ergebe sich für die zuletzt ausgeübte Tätigkeit ein vollschichtiges Leistungsvermögen ohne qualitative Einschränkungen.
Der Kläger wandte sich im Anschluss daran an die Beklagte und schilderte ausführlich seine Situation. Nachdem Dr. S. erklärt hatte, eine Änderung der Beurteilung ergebe sich hieraus nicht, lehnte die Beklagte mit angefochtenem Bescheid vom 19. April 2006 den Rentenantrag vom 26. Oktober 2004 ab.
Zur Begründung des hiergegen erhobenen Widerspruchs trug der Kläger vor, er sei aufgrund der sehr stark schwankenden depressiven Symptomatik keinesfalls in der Lage, in seinem bisherigen Beruf zu arbeiten oder einer anderen Tätigkeit nachzugehen. Der Bescheid sei ohne Würdigung der ärztlich dokumentierten Krankheitsentwicklung erlassen worden. Die kurzen Untersuchungen der Gutachter könnten die Beobachtungen der behandelnden Ärzten über eineinhalb Jahre nicht ersetzen.
Die Beklagte holte daraufhin Befundberichte des behandelnden Psychiaters Dr. Sch., des Allgemeinmediziners Dr. O. sowie der Psychiaterin und Psychotherapeutin Dr. T. ein und beauftragte erneut Dr. S. mit der Erstellung eines psychiatrischen Gutachtens. Die Sachverständige diagnostizierte eine Anpassungsstörung mit Angstsymptomatik und depressiver Symptomatik bei neurotischer Entwicklung, ein HWS-Syndrom bei Zustand nach mehrfachen Bandscheibenvorfällen sowie einen vordiagnostizierten Verdacht auf fokale Dystonie der rechten oberen Extremität. Eine depressive Symptomatik und eine Angstsymptomatik seien feststellbar, jedoch eher geringer Ausprägung. Es handele sich um einen Behandlungsfall, noch nicht um einen chronifizierten Endzustand. Aus psychiatrischer Sicht bestehe unter Berücksichtigung der orthopädischen und neurologischen Einschränkungen ein vollschichtiges Leistungsvermögen für körperlich leichte bis mittelschwere Tätigkeiten, ohne Nachtarbeit, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt und in der zuletzt ausgeübten Tätigkeit als Vertriebs-/Marketing-Ingenieur. Ein orthopädisches Gutachten sei erforderlich. Der Widerspruch wurde daraufhin mit Widerspruchsbescheid vom 14. Dezember 2006 zurückgewiesen. Der Kläger sei noch in der Lage, als Vertriebsingenieur mindestens 6 Stunden täglich Arbeiten zu verrichten.
Hiergegen hat der Kläger Klage zum Sozialgericht München erhoben und vorgetragen, er leide an multiplen Beschwerdebildern auf nervenärztlichem, orthopädischem und internistischem Fachgebiet. Aufgrund eines Bandscheibenvorfalls der Halswirbelsäule im Juli 2002, der zu einer mehrmonatigen Arbeitsunfähigkeit und schließlich Kündigung durch den Arbeitgeber geführt habe, des Todes des Vaters im Jahr 2002 sowie der vergeblichen Bemühungen um eine neue Arbeitsstelle habe sich eine anhaltende depressive Dekompensation ausgebildet. Eine erneute Verschlechterung der psychischen Situation des Klägers habe sich ab Dezember 2005 ergeben. Nach Einschätzung der behandelnden Psychiaterin Dr. T. sei er auf längere Zeit nicht in der Lage, regelmäßige Tätigkeiten in seinem bisherigen Berufsbereich auszuüben. Es liege ein reduzierter Antrieb, eine verminderte kognitive Leistungsfähigkeit sowie eine verminderte psycho-physische Belastbarkeit vor. Die mittlerweile behandelnde Psychotherapeutin Dr. S. bestätige eine deutlich erhöhte Depressivität mittelgradiger Ausprägung bei latenter suizidaler Neigung. Es bestünden eine depressive Denkhemmung sowie verlangsamte Konzentrations- und Aufmerksamkeitsleistungen. Eine Einsetzbarkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt oder als Account-Manager liege daher nicht vor. Auf orthopädischem Gebiet imponierten ein Bandscheibenvorfall sowie Bandscheibenvorwölbungen im Bereich der Halswirbelsäule. Hier liege auch eine Kompression von Nervenwurzeln und Nervenplexus vor. Schließlich bestehe ein zerebrovaskulärer Insult im rechten Kleinhirnareal. Ein Befundbericht der klinischen Psychologin Dr. S. wurde vorgelegt.
Das SG hat Befundberichte des Bezirksklinikums G., des Allgemeinmediziners Dr. O., des Sportmediziners Dr. W., des medizinischen Versorgungszentrums für Orthopädie und Anästhesie, des Urologen Professor Dr. K. und des Diplom-Psychologen Sch. beigezogen sowie eine Arbeitgeberauskunft der Firma A. GmbH K. eingeholt. Es hat zunächst gemäß § 106 Sozialgerichtsgesetz - SGG - Beweis erhoben durch ein nervenärztliches Gutachten von Dr. K ...
Dr. K. hat in seinem Gutachten vom 25. Juli 2008 festgestellt, dass beim Kläger seit April 2004 ein aktuell nur mäßig ausgeprägtes depressives Syndrom bei einer zwanghaft-rigiden, wenig flexiblen Persönlichkeitsstruktur sowie ein Bandscheibenvorfall C 5/C6 ohne radikuläre Reiz- oder Ausfallserscheinungen vorliegen. Schwere und ausschließlich mittelschwere körperliche Tätigkeiten, Arbeiten in Zwangshaltungen, unter Akkord- und Schichtbedingungen, mit besonderen Belastungen der Halswirbelsäule, Arbeiten mit einseitiger Belastung und häufige Überkopfarbeiten seien nicht mehr zumutbar. Auch sollten keine besondere Anforderungen an die nervliche Belastbarkeit, das Konzentrations- und Reaktions- sowie an das Umstellungsvermögen und an die Anpassungsfähigkeit gestellt werden. Die danach zumutbaren Tätigkeiten könnten 6 bis unter 8 Stunden verrichtet werden. In dem bis dato ausgeübten Beruf als Diplom-Ingenieur und auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt bestehe noch ein vollschichtiges Leistungsvermögen.
Der Kläger hat hierzu ausgeführt, es sei davon auszugehen, dass dem Gutachter nicht bewusst gewesen sei, welche gesundheitlichen Anforderungen an die Tätigkeit eines Vertriebsbeauftragten zu stellen seien. Bei der Firma A. habe zu den Aufgaben des Klägers der Vertrieb sowie die organisatorische Leitung der Vertriebs- und Serviceniederlassung in C-Stadt gezählt. Er habe vier Angestellte und drei freie Mitarbeiter leiten müssen. Er sei zuständig für die Betreuung und Akquise der Kunden, die technische und vertriebliche Leitung und die Erstellung von Angeboten sowie der Ansprechpartner für seine Mitarbeiter, die Kunden und die Firmenleitung in der Zentrale gewesen. Mit den qualitativen Einschränkungen im Hinblick auf die Umstellungs- und Anpassungsfähigkeit sowie das Konzentrations-, Reaktions- und Anpassungsvermögen seien die Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit erfüllt.
Das SG hat daraufhin gemäß § 106 SGG Dr. M. mit der Erstellung eines chirurgischen Gutachtens zum Termin am 30. Oktober 2008 beauftragt. Der Sachverständige hat degenerative Veränderungen der Wirbelsäule mit Bandscheibenvorfall bei C 5/C6 ohne nachweisbare neurologische Ausfallerscheinungen, eine Seitausbildung der Wirbelsäule,
S-förmig von mittlerer Hals- bis mittlerer Brustwirbelsäule, beginnende degenerative Veränderungen der Lendenwirbelsäule mit geringen Bewegungseinschränkungen, Bewegungsschmerzen im rechten Hüftgelenk und Beinverkürzung des linken Beines, beginnende Krampfaderbildung sowie ein mäßig ausgeprägtes depressives Syndrom bei Persönlichkeitsveränderung festgestellt. Der Kläger könne noch vollschichtig leichte, kurzzeitig mittelschwere körperliche Arbeiten im Sitzen, Gehen und Stehen mit körperlichen Wechselhaltungen, aber ohne Zwangshaltungen, sowohl in geschlossenen Räumen als auch im Freien verrichten. Arbeiten bei ungünstigen Witterungsverhältnissen, insbesondere Zugluft und Kälte, Arbeiten unter Zeitdruck, Akkord- und Schichtbedingungen sollten ebenso wie Arbeiten mit stärkeren Belastungen der Wirbelsäule, Überkopfarbeiten und häufigem Bücken oder einseitiger Belastung der Wirbelsäule vermieden werden. Besondere Anforderungen an Ausdauer, nervliche Belastbarkeit, Konzentrations- und Reaktionsvermögen sowie Umstellungs- und Anpassungsfähigkeit auf einen anderen Beruf könnten nicht gestellt werden.
Der Kläger hat daraufhin im Termin einen Antrag gemäß § 109 SGG auf Einholung eines neurologischen Gutachtens von Dr. S. gestellt. Dr. S. hat in seinem Gutachten vom 16. Februar 2009 ausgeführt, dass beim Kläger seit dem 1. April 2004 eine mittelgradige depressive Störung mit somatischem Syndrom, im Zeitverlauf teilgebessert, eine Verschleißerkrankung der HWS mit rezidivierenden Wurzelreizerscheinungen sowie eine Verschleißerkrankung der LWS mit rezidivierender Lumbalgie vorliege. Im Zeitraum Oktober 2004 bis Dezember 2007 habe der Kläger Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes und als Vertriebsleiter nur noch unter 3 Stunden auszuüben können. Seit dem 1. Januar 2008 sei der Kläger in der Lage, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt 8 Stunden täglich und als Diplominformatiker 6 bis 8 Stunden täglich zu arbeiten. Tätigkeiten im zuletzt ausgeübten Beruf als Betriebsleiter seien nur noch 3 bis unter 6 Stunden möglich. Nicht mehr zumutbar seien schwere Arbeiten, Arbeiten in ständiger Haltungskonstanz oder sonstiger Zwangshaltung, Arbeiten im Freien zum Zeitpunkt des Gräserpollenflugs, Heben und Tragen von schweren Lasten, Bücken, Arbeiten an laufenden Maschinen, Arbeiten unter Zugluft, Nässe, Lärm, Staub und atemwegs- und hautreizenden Stoffen. Arbeiten mit Publikumsverkehr sollten limitiert werden. Besonderen Anforderungen an die nervliche Belastbarkeit sowie das Konzentrations- und Reaktionsvermögen sei der Kläger nicht gewachsen. Ausdauer und nervliche Belastbarkeit seien etwas reduziert.
Das SG hat daraufhin eine ergänzende Stellungnahme von Dr. K. angefordert. Dieser hat unter dem 14. April 2009 darauf hingewiesen, es sei nicht seine Aufgabe gewesen, die Leistungsfähigkeit des Klägers in dem erlernten Beruf als Diplom-Ingenieur zu beurteilen. Es liege eine primär psychiatrische Fragestellung vor. Dr. S. sei Neurologe und nicht Psychiater. Auch sei Dr. S. von einer früher so bezeichneten endogenen Depression ausgegangen, welche durch exogene Faktoren ausgelöst worden sei. Damit unterscheide er sich von sämtlichen bislang tätigen psychiatrischen Behandlern und Kollegen. Eine "endogene" Depression zeige auch einen anderen Verlauf als er beim Kläger zu beobachten gewesen sei. Es sei zu keinem Zeitpunkt durchgängig eine so schwere depressive Symptomatik beschrieben worden, dass die Annahme von Erwerbsunfähigkeit im Zeitraum zwischen 2004 und 2007 gerechtfertigt sei. Er sehe sich nicht in der Lage, der sozialmedizinischen Bewertung von Dr. S. beizutreten. Eine schwerwiegende leistungsbeeinträchtigende seelische Störung von Dauer seit für die Jahre 2004 bis 2007 nicht belegt.
Der Kläger hat darauf verwiesen, dass Dr. K. nach der Beweisanordnung des SG dazu Stellung zu nehmen hatte, ob der Kläger als Vertriebsbeauftragter in der Erwerbsfähigkeit beeinträchtigt sei. Dies habe Dr. K. offensichtlich nicht berücksichtigt. Dr. K. habe also nicht dazu Stellung genommen, ob der Kläger in der Lage gewesen sei, seinen bisherigen Beruf oder einen zumutbaren Verweisungsberuf zu verrichten. Darüber hinaus hat er moniert, dass Dr. K. den Begriff der Erwerbsunfähigkeit verwendet hat, obwohl die Rente wegen Erwerbsunfähigkeit ab 1. Januar 2001 durch die neue Rente wegen Erwerbsminderung abgelöst worden sei. Auch hätten Dr. P. am 27. Oktober 2004 sowie Dr. Sch. am 1. Dezember 2005 beim Kläger eine rezidivierende depressive Störung diagnostiziert. Dr. Sch. habe dabei ausgeführt, es sei unwahrscheinlich, dass der Kläger in den nächsten zwei Jahren zur Ausübung einer Berufstätigkeit in der Lage sein werde. Dies decke sich mit den Erkenntnissen von Dr. S ... Auch Dr. T. habe in den Befunden vom 6. Februar 2006 bestätigt, dass beim Kläger eine depressive Symptomatik (mittelgradige bis schwere depressive Episode) vorliege. Am 14. Juli 2006 habe er erneut eine mittelgradige depressive Episode diagnostiziert. Mittelgradige depressive Episoden würden auch vom Bezirksklinikum G. unter dem 11. September 2006, von Dr. O. im Befund vom 23. Februar 2007 und von Dr. S. im Befund vom 20. August 2007 bestätigt. Damit sei die Einschätzung von Dr. K. widerlegt, dass beim Kläger im genannten Zeitraum von 2004 bis 2007 keine so schwerwiegende depressive Symptomatik vorgelegen habe, die zu einer Erwerbsunfähigkeit führe.
Auf Antrag des Klägers gemäß § 109 SGG hat das SG ein psychiatrisches Gutachten von Professor Dr. N. vom 21. Juni 2010 unter Einschluss eines testpsychologischen Zusatzgutachtens der Diplom-Psychologinnen Dr.Y. und T. vom 18. März 2010 eingeholt. Der Sachverständige hat ausgeführt, beim Kläger habe seit dem 1. April 2004 eine mittelschwere bis schwere depressive Episode ohne psychotische Symptome im Sinne einer chronisch depressiven Episode vorgelegen. Der Kläger sei bis Ende 2007 sowohl in seiner Tätigkeit als Vertriebsbeauftragter als auch auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt in der Erwerbsfähigkeit beeinträchtigt gewesen. Von Ende März 2003 bis Ende 2007 sei von vollständiger Erwerbsunfähigkeit auszugehen. Ab Anfang 2008 sei der Kläger nicht mehr in seiner Erwerbsfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt, seit Anfang 2009 nicht mehr in seiner Erwerbsfähigkeit als Vertriebsbeauftragter beeinträchtigt gewesen.
Dr. K. hat hierzu am 20. September 2010 eine erneute ergänzende Stellungnahme abgegeben, in der er an seiner sozialmedizinischen Bewertung festhält. Prof. Dr. N. habe sich bei der Beurteilung auf die Angaben des Klägers verlassen. Der Abgleich mit den Befunden sei unterblieben. Auch passe die medikamentösen Therapie mit der geschilderten Schwere des Krankheitsbildes nicht zusammen.
Der Kläger hat insoweit erneut auf die Befundberichte von Dr. P., Dr. Sch.,
Dr. S. und Dr. T. verwiesen, in denen mittelgradige depressive Episoden bestätigt worden seien. Auch die behandelnden Ärzte hätten also ein depressives Krankheitsbild diagnostiziert. Dies habe einer Erwerbsfähigkeit des Klägers entgegengestanden.
In der mündlichen Verhandlung am 9. Dezember 2010 hat die Vertreterin der Beklagten erklärt, dass die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nur bei einem Eintritt des Leistungsfalls bis spätestens Februar 2006 noch vorgelegen hätten. Der sozialmedizinische Dienst habe eine Verschlechterung des klägerischen Zustands im Jahr 2007 angenommen. Der Leistungsfall würde im Juli 2007 festgesetzt werden.
Das SG hat daraufhin mit Urteil vom selben Tag die Klage abgewiesen, die nach der Antragstellung in der mündlichen Verhandlung auf Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung ab Antragstellung bis einschließlich Dezember 2007 und einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit darüber hinaus bis einschließlich Dezember 2008 gerichtet war. Zur Begründung verwies das SG auf das Gutachten von Dr. K ... Den Gutachten von Dr. S. und Prof. Dr. N. könne nicht gefolgt werden. Dr. S. sei Neurologe und damit nur bedingt Experte für das auf psychiatrischem Fachgebiet liegende Hauptleiden des Klägers. Seine These von der endogenen Depression, die durch exogene Faktoren ausgelöst worden sei, sei nicht überzeugend. Sämtliche Befundberichte stünden dem entgegen. Prof. Dr. N. habe sich nicht ausreichend mit den differenzierenden Leistungseinschätzungen der zeitnahen Gutachter, insbesondere Dr. S., auseinandergesetzt. Prof. Dr. N. habe nur retrospektiv hinsichtlich eines sehr lang zurückliegenden Zeitraums begutachten können. Ein offensichtlich im Jahr 2007 von diesem Sachverständigen im Rahmen eines Rechtsstreits mit einer privaten Berufsunfähigkeitsversicherung erstelltes Gutachten liege dem Gericht nicht vor. Auch ergebe sich aus dem testpsychologischen Zusatzgutachten der Dipl.-Psych. T. und Y., dass beim Kläger von einer Aggravationstendenz auszugehen sei.
Auch bestehe kein Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit. Der Kläger habe ab Rentenantragstellung nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt, sondern auch noch als Account-Manager mindestens 6 Stunden täglich Arbeiten verrichten können. Es sei nicht nachgewiesen, dass die Tätigkeit als Account-Manager generell mit den qualitativen Leistungseinschränkungen des Klägers unvereinbar sei. Dies ergebe sich aus der entsprechenden Auskunft des Arbeitsamtes im Internet (www. berufenet.arbeitsagentur.de).
Hiergegen hat der Kläger Berufung zum Bayerischen Landessozialgericht eingelegt und vorgetragen, Dr. K. habe erklärt, das Leistungsvermögen des Klägers in seinem Beruf als Diplomingenieur sei nicht eingeschränkt. Dr. K. habe jedoch nicht ermittelt, inwieweit sich die von ihm festgestellten qualitativen Leistungseinschränkungen auf die zuletzt ausgeübte Tätigkeit des Klägers ausgewirkt hätten. Ausweislich seiner ergänzenden Stellungnahme vom 14. April 2009 habe er dann erklärt, es sei nicht seine Aufgabe gewesen, die Leistungsfähigkeit des Klägers im Beruf des Diplom-Ingenieurs zu beurteilen. Das sei widersprüchlich. Darüber hinaus hat der Kläger ein Gutachten von Prof. Dr. N. vom 1. August 2007 für das Landgericht C-Stadt I nebst Ergänzungsgutachten vom 19. Februar 2008 in einem Rechtstreit des Klägers gegen seine private Berufsunfähigkeitsversicherung vorgelegt. Dieses Gutachten sei wesentlich zeitnäher erstellt worden als das Gutachten von Dr. K ... Prof. Dr. N. habe sich hierin ausführlich mit der Leistungsfähigkeit des Klägers im Bereich des allgemeinen Arbeitsmarkts und der zuletzt ausgeübten Tätigkeit auseinander gesetzt.
Der Senat hat gemäß § 106 SGG ein psychiatrisches Gutachten nach Aktenlage durch Dr. C. vom 23. April 2012 eingeholt, wobei der Sachverständigen ein Auszug "Account-Manager" aus dem berufenet der Bundesagentur für Arbeit zur Verfügung stand. Die Sachverständige ist zu dem Ergebnis gekommen, dass beim Kläger vom April 2004 bis Dezember 2008 eine überwiegend mittelgradig ausgeprägte depressive Episode mit zeitweiser Angstsymptomatik bei neurotischer Entwicklung sowie HWS-abhängige Beschwerden bei Zustand nach mehrfachen Bandscheibenvorfällen ohne sensomotorische Defizite bestanden haben. Der Kläger sei in diesem Zeitraum in der Lage gewesen, körperlich leichte bis mittelschwere Arbeiten abwechselnd im Gehen, Stehen oder Sitzen überwiegend in geschlossenen Räumen, gelegentlich im Freien vollschichtig zu verrichten. Nicht zumutbar gewesen seien Verrichtungen verbunden mit besonderen Anforderungen an die psychische und nervliche Belastbarkeit, unter besonderem Zeitdruck (Akkordarbeit, Fließbandarbeit), Tätigkeiten in Nacht-/Wechselschicht sowie das Heben und Tragen schwerer Lasten und Zwangshaltungen. Dem Kläger seien Tätigkeiten als Account-Manager täglich mindestens 6 Stunden zumutbar gewesen. Beschränkungen hinsichtlich des Anmarschwegs zur Arbeitsstätte hätten nicht vorgelegen. Die Umstellungsfähigkeit auf andere Tätigkeiten sei nicht eingeschränkt gewesen.
Hierzu hat der Kläger erklärt, er sei entgegen der Annahme von Dr. C. nicht lediglich im niederfrequenten Bereich ärztlich behandelt worden, sondern habe beim Diplom-Psychologen Sch. eine ambulante Verhaltenstherapie einmal pro Woche absolviert. Auch sei es ein typisches Symptom für eine Depression, dass bei der betreffenden Person kein Antrieb bestehe. Der Kläger sei nicht in der Lage gewesen, diesbezüglich bei den Ärzten eine adäquate Behandlung einzufordern. Tätigkeiten eines Account-Managers seien dem Kläger nicht möglich gewesen. Prof. Dr. N. habe ausgeführt, dass Tätigkeiten, die ein hohes Maß an Leistung, Konzentrationsfähigkeit, Verantwortungsbewusstsein und Stress beinhalten, im Fall einer mittelschweren depressiven Episode nicht ausführbar seien. Dies gelte auch für die Führung von Angestellten, für die Kundenabstimmung, Kundenbetreuung und Telefonkonferenzen, in denen wichtige betriebliche Entscheidungen haben getroffen werden müssen. Auch umfassende Analysen der Kundensituation und der gesetzlichen Vorschriften seien im Rahmen einer mittelschweren depressiven Episode nicht mehr möglich ebenso wenig wie das Verfassen, Kalkulieren und Verhandeln von individuellen Angeboten, Rahmenverträgen und Kundenpreislisten. Angesichts dieser beruflichen Anforderungen sei die sozialmedizinische Bewertung von Dr. C. in Bezug auf die beruflichen Auswirkungen der vorhandenen Leistungseinschränkungen kritisch zu sehen. Schließlich habe auch die Beklagte bereits zugestanden, dass ab Juli 2007 das Leistungsvermögen des Klägers so weit abgesunken ist, dass eine Erwerbsminderung anzuerkennen sei. Wichtig sei jedoch, dass beim Kläger bereits von April 2004 bis 2008 eine Depression mit mittelgradig ausgeprägter depressiver Episode vorgelegen habe.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts München vom 9. Dezember 2010 und des Bescheids der Beklagten vom 19. April 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14. Dezember 2006 zu verurteilen, dem Kläger ab Antragstellung für die Zeit bis Dezember 2007 Rente wegen voller Erwerbsminderung und darüber hinaus bis Dezember 2008 Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Akten des SG und der Beklagten verwiesen, die sämtlich Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das SG hat zu Recht die Klage gegen den angefochtenen Bescheid vom 19. April 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14. Dezember 2006 abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Dem Kläger steht im streitigen Zeitraum April 2004 bis Dezember 2008 kein Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit gemäß §§ 43 Abs. 1, 240 Abs. 1, 2 SGB VI zu, da er nach Auffassung des Senats in diesem Zeitraum noch in der Lage war, mindestens 6 Stunden täglich die Tätigkeit eines Account-Managers zu verrichten. Damit kommt erst recht kein Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung gemäß § 43 Abs. 2 SGB VI oder Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung gemäß § 43 Abs. 1 SGB VI in Betracht.
Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung haben bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen gemäß § 240 Abs. 1 SGB VI auch Versicherte, die vor dem 2. Januar 1961 geboren und berufsunfähig sind.
Berufsunfähig sind nach § 240 Abs. 2 SGB VI Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Zumutbar ist stets eine Tätigkeit, für die die Versicherten durch Leistungen zur beruflichen Rehabilitation mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden verrichten kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Ausgangspunkt für die Beurteilung des "vergleichbaren Versicherten" ist nach der ständigen Rechtsprechung des BSG der "bisherige Beruf". Dieser ergibt sich in der Regel aus der letzten versicherungspflichtigen Beschäftigung oder Tätigkeit in Deutschland. Es ist die Berufstätigkeit zugrunde zu legen, die bei im Wesentlichen ungeschwächter Arbeitskraft nicht nur vorübergehend eine nennenswerte Zeit ausgeübt wurde. Dabei unterscheidet die Rechtsprechung nach dem sogenannten Vier-Stufen-Schema im Bereich der Angestellten die Leitberufe des Angestellten mit hoher beruflicher Qualität, regelmäßig Studium, Angestellte mit längerer Ausbildung, regelmäßig von 3 Jahren (Ausgebildete), Angestellte mit einer Ausbildung bis zu 2 Jahren (Angelernte) und unausgebildete Angestellte (Ungelernte). Welcher Gruppe des Mehrstufenschemas eine bestimmte Tätigkeit zuzuordnen ist, richtet sich dabei nach der Qualität der verrichteten Arbeit. Kriterien dafür sind: Ausbildung, tarifliche Einstufung, Dauer der Berufsausübung, Höhe der Entlohnung und Anforderungen des Berufs.
Nach den berufskundlichen Informationen des berufenet der Bundesagentur für Arbeit ist zwar üblicherweise Zugangsvoraussetzung für die Tätigkeit eines Accountmanagers ein Studium in den Bereichen Betriebswirtschaftslehre oder Marketing und Vertrieb. Ein solches hat der Kläger nicht aufzuweisen. Nach den Ausführungen im berufenet ist die Zugangsvoraussetzung aber auch erfüllt, wenn der Betreffende eine kaufmännische Weiterbildung in den Bereichen Vertrieb und Marketing absolviert hat. Der Kläger hat ein Hochschulstudium im Bereich Informatik zurückgelegt und war langjährig in den Bereichen Vertrieb und Marketing tätig. Der Senat hat damit keinen Zweifel daran, dass der Kläger die von ihm vor dem strittigen Zeitraum zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Key Account-Manager, die der höchsten Stufe dieses Schemas zuzuordnen ist, vollwertig ausgeübt hat.
Damit kann der Kläger grundsätzlich auf Tätigkeiten derselben Gruppe sowie auf die Gruppe der Ausgebildeten sozial zumutbar verwiesen werden, da nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ein beruflicher Abstieg in die nächst niedrigere Gruppe dem Versicherten zugemutet werden kann (KassKomm-Niesel, SGB VI, § 240 Rn. 93 ff. m.w.N.).
Mit dem von den gerichtlichen Sachverständigen Dr. C. und Dr. K. festgestellten Leistungsvermögen war der Kläger im Zeitraum von Rentenantragstellung bis Dezember 2008 noch in der Lage, seinen Hauptberuf als Account-Manager auszuüben. Für diese Einschätzung spricht auch das von Dr. S. erstellte Gutachten, das der Senat im Wege des Urkundsbeweises verwertet hat. Der hiervon abweichenden Einschätzung von Prof. Dr. N. und Dr. S. vermag der Senat nicht zu folgen.
Beim Kläger standen die Gesundheitsstörungen auf psychiatrischem Fachgebiet im Vordergrund. Nach den Feststellungen von Dr. C. hatte der Kläger in den Jahren 2002 und 2003 einen Alkoholabusus betrieben, der jedoch zu keinen gravierenden neurologischen oder psychischen Folgeerkrankungen geführt hat.
Im Oktober 2004 stellte sich der Kläger erstmals wegen depressiver Verstimmungen bei Dr. P. vor, nachdem er nach seinen eigenen Angaben im Januar 2004 aufgrund der Mitteilung seiner Mutter, sein Vater liege im künstlichen Koma, schlagartig mit einer depressiven Symptomatik zu kämpfen gehabt habe. Dr. P. diagnostizierte eine rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig schwere Episode, eine Agoraphobie, eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung sowie einen Zustand nach Bandscheiben-Operation C4-C6.
Dr. C. hat für den Senat nachvollziehbar ausgeführt, dass aufgrund dieser einmaligen Untersuchung ein Rückschluss auf eine überdauernde gravierende Leistungsminderung nicht möglich ist. Der Beweiswert des Befundberichts von Dr. P. leidet darüber hinaus darunter, dass er einen Zustand nach Bandscheiben-Operation angegeben hatte, obwohl der Kläger nicht an der HWS operiert worden war. Hinzu kommt, dass die Psychiaterin
Dr. T., in deren Behandlung sich der Kläger ab 11. November 2004 begab, nur einen Monat später keine schwere depressive Episode, sondern lediglich eine gedrückte Stimmungslage und eine Antriebslosigkeit diagnostiziert hat. Zur Behandlung wurde dem Kläger lediglich ein Johanniskrautpräparat verschrieben. Erst ab Dezember 2005 war der Kläger bereit, eine antidepressive Behandlung mit dem synthetischen Antidepressivum Citalopram zu beginnen.
Bei der Begutachtung durch Dr. S. am 23. Dezember 2005 war der Kläger nur leicht depressiv, eher dysphorisch verstimmt bei erhaltener affektiver Schwingungsfähigkeit.
Der Senat schließt sich der Auffassung von Dr. C. an, dass die Annahme einer schwerergradig ausgeprägten Depression damit für die Jahre 2004 und 2005 nicht in Betracht kommt. Vielmehr ist davon auszugehen, dass die zunächst pflanzliche und dann synthetische antidepressive Medikation zu einer Verbesserung des psychopathologischen Befundes beim Kläger geführt hat.
In der Folgezeit hatte sich der Kläger ab November 2004 bis April 2007 in ambulante psychotherapeutische Behandlung bei Dr. rer.nat. Dipl. Psych. Sch. begeben. Hier wird der Kläger als kooperativ, differenziert, selbstreflexiv, erschöpft und verunsichert wirkend, schwankend im Antrieb, psychomotorisch übersteuert bei ängstlich-depressiver Grundstimmung und gehemmt aggressiven Impulsen beschrieben.
Hierauf folgte das zweite Gutachten von Dr. S. vom 19. Juli 2006, in dem die Sachverständige erneut festgestellt hat, dass der Kläger in der Stimmung nur leicht depressiv verstimmt war, eher dysphorisch bei erhaltener affektiver Schwingungsfähigkeit und stellenweise latenter Aggressivität.
Im Rahmen der stationären Behandlung in der neurologischen Abteilung des Bezirksklinikums G. vom 16. bis 24. August 2006 wurde allein auf die Angaben des Klägers hin eine fokale Dystonie der rechten Hand über eine Dauer von 1 min diagnostiziert. Sämtliche durchgeführten medizinischen Untersuchungen (Kernspintomographie des Kopfes, Neuropsychologie, Labor-/Liquor) erbrachten jedoch einen unauffälligen Befund. Eine entzündliche ZNS-Erkrankung, eine Neuroborreliose sowie ein beginnender demenzieller Prozess wurden ausgeschlossen. In der neuropsychiologischen Testung lag der Kläger im Bereich des guten Durchschnitts. Ferner wurde eine mittelgradige depressive Episode diagnostiziert, ohne einen näheren psychopathologischen Befund wiederzugeben. Vielmehr wurde nur ausgeführt, der Kläger habe sich mit einem massiven allgemeinen psychischen und physischen Beschwerdeerleben von hoher Intensität beschrieben.
Dr. S. stellte im August 2007 Einschränkungen im Bereich der Konzentration und der Gedächtnisleistung fest. Dr. K. fand in seinem Gutachten vom 25. Juli 2008 nur ein mäßig ausgeprägtes depressives Syndrom bei einer zwanghaft-rigiden, wenig flexiblen Persönlichkeitsstruktur. Der Kläger wirkte abwartend, nachdenklich, zeitweise etwas in sich gekehrt, mit spärlicher Mimik und Gestik, im Affekt relativ stark, wenig flexibel.
Auch Prof. Dr. N. hat in seinen Gutachten vom 1. August und 24.Oktober 2007 sowie 19. Februar 2008 aufgrund einer einmaligen Untersuchung am 29. Mai 2007 nur ein mittelschweres depressives Syndrom mit gegenwärtig schwerer depressiver Episode diagnostiziert. Dr. C. hat hierzu ausgeführt, dass die dort angegebenen Befunde (deutliche Verminderung von Psychomotorik und Antrieb, deutliche Reduzierung der Schwingungsfähigkeit des Affekts und deutliche Beeinträchtigung des Konzentrationsvermögens) mit einer schweregradigen Episode vereinbar seien.
Dr. C. hat aus diesen im strittigen Zeitraum erhobenen Befunden nachvollziehbar abgeleitet, dass beim Kläger eine nur überwiegend mittelgradig ausgeprägte depressive Episode mit nur zeitweiser Angstsymptomatik bei neurotischer Entwicklung vorgelegen hat. Die Tätigkeit als Accountmanager war dem Kläger nach ihrer Einschätzung in diesem Zeitraum 6 bis unter 8 Stunden zumutbar. Aus den berufskundlichen Informationen der Bundesagentur für Arbeit berufenet ergibt sich, dass Account-Manager in Eigenverantwortung Aufbau, Pflege und strategische Weiterentwicklung von Kundenbeziehungen übernehmen. Sie führen Beratungs- und Verkaufsgespräche durch, bewerten Geschäftsprozesse und Bedürfnisse der jeweiligen Kunden und fertigen Kundenentwicklungspläne. Eine genaue und sorgfältige Arbeitsweise ist erforderlich. Account-Manager werden im Büro und beim Kunden tätig, müssen daher mobil und zeitlich flexibel sein. Sie verrichten Bildschirmarbeit in Büroräumen bei häufiger Abwesenheit vom Wohnort, haben Kundenkontakt und unregelmäßige Arbeitszeiten, da Kunden- oder Messebesuche teilweise am Wochenende oder außerhalb der üblichen Arbeitsseiten stattfinden.
Der Senat ist in Übereinstimmung mit Dr. C. davon überzeugt, dass der Kläger, der nach der testpsychologischen Untersuchung vom 18. März 2010 über eine sehr gute allgemeine intellektuelle Kapazität verfügt und durchsetzungsstark ist, zugemutet werden konnte, derartige Tätigkeiten zu verrichten. Unerheblich ist dabei, welchen besonderen Anforderungen der Kläger in seiner letzten Tätigkeit als Account-Manager ausgesetzt war. Hier ist zu berücksichtigen, dass er an seiner letzten Arbeitsstelle vor dem strittigen Zeitraum in einer herausgehobenen Position als Niederlassungsleiter mit Führungsverantwortung für mehrere Angestellte tätig war. Im Rahmen der Prüfung, ob ein Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit besteht, ist jedoch nicht entscheidend, ob der Versicherte noch in der Lage ist, seine tatsächlich zuletzt ausgeübte Tätigkeit zu verrichten. Abzustellen ist vielmehr abstrakt auf eine Tätigkeit, auf die der Versicherte sozial zumutbar verwiesen werden kann. Entscheidend sind also die gewöhnlichen Anforderungen an einen Account-Manager, nicht die besonders hohen, die an den Kläger in seiner Funktion als Niederlassungsleiter an seiner letzten Arbeitsstelle offensichtlich gestellt worden sind. Insoweit hat die erfahrene Gerichtssachverständige
Dr. C. in Kenntnis der Anforderungen, die ausweislich des berufenets an eine derartige Tätigkeit - auch etwa in Hinblick auf eine genaue und sorgfältige Arbeitsweise und die damit verbundene erforderliche Konzentrationsfähigkeit - gestellt werden, die Tätigkeit als Account-Manager für mindestens 6 Stunden täglich als zumutbar erachtet. Dieser Einschätzung schließt sich der Senat an. Auch den von Dr. C. mitberücksichtigten qualitativen Leistungseinschränkungen, die aus Gesundheitsstörungen auf neurologischem und orthopädischem Fachgebiet liegen, wird bei der Tätigkeit als Account-Manager unzweifelhaft Rechnung getragen.Schwere oder auch nur mittelschwere körperliche Arbeiten fallen bei dieser abwechslungsreichen Bürotätigkeit nicht an.
Die hiervon abweichenden Einschätzungen von Prof. Dr. N. und Dr. S. konnten den Senat nicht überzeugen. Das Gutachten von Dr. S. leidet - wie bereits das SG deutlich herausgearbeitet hat - nicht nur daran, dass Dr. S. sich als Neurologe vorwiegend fachfremd in Bezug auf die Gesundheitsstörungen des Klägers auf psychiatrischem Fachgebiet äußert, nachdem sich der neurologische Befund als völlig unauffällig erwiesen hat. Dr. S. verkennt auch, dass beim Kläger nicht von einer "endogenen", also stoffwechselbedingten, Depression ausgegangen werden kann, weil beim Kläger die Depressionen nicht phasenhaft aufgetreten sind und nie tages- oder jahreszeitlich abhängige Stimmungsschwankungen oder manische Phasen beschrieben worden sind. Die behandelnden Ärzte sind ebenfalls nicht von einer endogenen Depression ausgegangen. Sie haben den Kläger dementsprechend auch nicht mit einem ansonsten gebotenen Phasenprophylaktikum behandelt.
Das für das SG erstellte Gutachten von Prof. Dr. N. kann - auch bei Mitberücksichtigung des für das Landgericht C-Stadt erstellten Gutachtens desselben Sachverständigen - nicht überzeugend belegen, dass beim Kläger tatsächlich ab 2002 und damit auch von Oktober 2004 bis Dezember 2008 eine durchgehend mittel- bis schwergradige depressive Symptomatik bestanden hat, die die von Prof. Dr. N. behauptete Aufhebung des Leistungsvermögens für jegliche Tätigkeiten plausibel erschienen ließe. Prof. Dr. N. stützt sich im Wesentlichen auf die Angaben des Klägers, ohne diese kritisch zu hinterfragen. Dies wäre aber umso erforderlicher gewesen, als sich im testpsychologischen Gutachten vom 18. März 2010 ergeben hatte, dass der Kläger zum Teil widersprüchliche und viele simulationsnahe Angaben gemacht hatte. Es konnte zwar nicht sicher davon ausgegangen werden, dass der Kläger versucht hatte, Symptome zu simulieren. Aber eine Aggravationstendenz war anzunehmen. Aus den vorliegenden Befundberichten ergeben sich nur in Bezug auf die einmalige Untersuchung von Dr. P. vom 25. Oktober 2004 und die Untersuchung durch Prof. Dr. N. am 29. Mai 2007 Hinweise auf eine schwere Ausprägung der depressiven Symptomatik. Hieraus lässt sich nach den Feststellungen von Dr. C. aber nur eine vorübergehende Arbeitsunfähigkeit, nicht jedoch eine überdauernde Erwerbsminderung für Tätigkeiten als Account-Manager oder auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ableiten. Im Übrigen ist aus den Befundberichten nur eine leichte bis mittelgradige depressive Symptomatik zu entnehmen, die nicht zu einer quantitativen Einschränkung der Leistungsfähigkeit des Klägers auch für Tätigkeiten als Account-Manager führt. Schließlich lässt das Gutachten von Prof. Dr. N. auch eine Auseinandersetzung mit den Vorgutachtern Dr. S. und Dr. K. vermissen, die zu fundamental anderen Ergebnissen gekommen sind. Von Prof. Dr. N. wurde auch nicht hinreichend gewürdigt, dass der Kläger zunächst allein mit einem pflanzlichen Antidepressivum und dann über einen langen Zeitraum hinweg lediglich mit dem Antidepressivum Citalopram behandelt wurde. Dr. C. hat nachvollziehbar ausgeführt, dass bei einer durchgängig schwergradig ausgeprägten depressiven Episode bei Therapieresistenz eine Umstellung auf ein anderes Antidepressivum erfolgt oder eine stationäre psychiatrische Behandlung eingeleitet worden wäre.
Schließlich folgt auch nichts anderes aus der in der mündlichen Verhandlung am 9. Dezember 2010 vor dem SG abgegebenen Erklärung der Beklagtenvertreterin, der sozialmedizinische Dienst nehme eine Verschlechterung des klägerischen Zustands im Jahr 2007 an. Der Leistungsfall wurde als Mittelwert zwischen den 2007 erfolgten Untersuchungen festgesetzt. An diese - medizinisch nicht näher begründete - Darlegung ist der Senat nicht gebunden. Es handelt sich hierbei nicht um ein Teilanerkenntnis, mit der die Beklagte den prozessualen Anspruch des Klägers auf Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung zumindest teilweise unter Zugrundelegung eines Leistungsfalls im Juli 2007 anerkannt hätte. Denn zugleich hat die Vertreterin der Beklagten erklärt, ein Rentenanspruch des Klägers bestehe nicht, da die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllt seien. Die Beklagte hat also damit gerade nicht den prozessualen Anspruch des Klägers zumindest teilweise anerkannt mit der Folge, dass bei einer Annahme dieses Teilanerkenntnisses der Rechtsstreit zumindest teilweise erledigt wäre. Die Beteiligten können zwar ein bloßes Teilelement eines prozessualen Anspruchs unstreitig stellen, hier also das Vorliegen von teilweiser oder voller Erwerbsminderung ab einem bestimmten Zeitpunkt. Dies bedeutet aber nicht, dass das Gericht hieran gebunden wäre. Dies ergibt sich aus § 103 S. 2 SGG, wonach das Gericht an das Vorbringen der Beteiligten nicht gebunden ist. Eine derartige Erklärung hat nur Auswirkungen auf das Maß der Verpflichtung des Gerichts, den Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln. Nur wenn die Annahme nahe liegt, dass weitere oder abweichende Tatsachen für die Entscheidung des Rechtsstreits von Bedeutung sind, muss es nach § 103 SGG in eine weitere Ermittlung des tatsächlichen Streitstoffs eintreten (zuletzt BSG, Urteil vom 13. Mai 2009, B 4 AS 58/08 R). Im Übrigen darf es also von einer weiteren Sachverhaltsermittlung absehen, ohne dass hierin ein Verstoß gegen das Amtsermittlungsgebot gesehen werden könnte. Ergibt jedoch die Ermittlung von Amts wegen - wie hier die gutachterliche Anhörung von Dr. C. - die Unrichtigkeit der übereinstimmenden Annahme der Beteiligten, ist das Gericht hieran nicht gebunden und darf diese nicht sehenden Auges seiner Entscheidung zu Grunde legen. Auf die Frage, ob und bis wann die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für einen Rentenanspruch des Klägers erfüllt sind, kommt es demnach nicht an.
Bei Arbeitsplätzen als Account-Manager handelt es sich nicht um typische Schonarbeitsplätze, für die der Arbeitsmarkt als verschlossen anzusehen wäre; solche Arbeitsplätze sind in nennenswertem Umfang vorhanden und auch durch externe Bewerber zu besetzen.
Der Kläger hat nach alledem keinen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit gemäß §§ 240 Abs. 1, 2 i.V. § 43 Abs. 1 SGB VI. Da der Kläger die Tätigkeit als Account-Manager mindestens 6 Stunden täglich verrichten kann, scheidet damit ein Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bzw. voller Erwerbsminderung gemäß § 43 Abs. 1, 2 SGB VI erst recht aus.
Ein Rentenanspruch für den fraglichen Zeitraum ergibt sich auch nicht daraus, dass der Kläger unter den üblichen Bedingungen des für ihn in Betracht kommenden allgemeinen Arbeitsmarktes keine Tätigkeit finden konnte. Denn bei ihm lagen weder ein nur eine Teilzeit erlaubendes Erwerbsvermögen noch eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder
eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vor, durch die für ihn der Arbeitsmarkt verschlossen gewesen wäre. Insbesondere bestand keine Einschränkung der Wegefähigkeit.
Die Berufung war damit zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung (§§ 183,193 SGG) berücksichtigt, dass der Kläger auch im Berufungsverfahren erfolglos geblieben ist.
Gründe, die Revision zuzulassen (vgl. § 160 Abs. 2 SGG), liegen nicht vor.
II. Außergerichtliche Kosten des Rechtsstreits sind zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung für den Zeitraum Oktober 2004 bis Dezember 2008.
Der 1960 geborene Kläger, österreichischer Staatsangehöriger mit Wohnsitz in Österreich, ist am 1. Juli 1993 in das Bundesgebiet zugezogen. Der Kläger hat in Österreich nach dem Abschluss eines Wirtschaftsgymnasiums im Jahr 1979 zunächst
2 Semester Technische Mathematik studiert. Nach Abbruch dieses Studiums hat er ein Informatikstudium absolviert und dieses im Juni 1988 als Diplomingenieur erfolgreich abgeschlossen. Im Anschluss daran war er nach eigenen Angaben bis 1991 als Projektingenieur, dann bis 1993 als Produkt-Marketing-Manager, im Anschluss daran bis 1995 als Vertriebsbeauftragter, von 1995 bis 2000 als Vertriebs- und Marketingbeauftragter, Niederlassungsleiter und von 2000 bis Februar 2003 als Key Account-Manager und Acting Manager (Vetriebsbeauftragter und Niederlassungsleiter) beschäftigt. Von März 2003 bis Februar 2004 war der Kläger arbeitslos mit Bezug von Arbeitslosengeld, von Februar 2004 bis November 2005 war er selbstständig tätig, wobei er von März bis August 2004 Überbrückungsgeld bezog und von November 2004 bis Januar 2005 arbeitsunfähig war. Von November 2005 bis Februar 2006 war der Kläger arbeitslos ohne Leistungsbezug, ab März 2006 bezog er Arbeitslosengeld II. Seit Februar 2009 ist der Kläger wieder als Projektmitarbeiter beschäftigt.
Der Kläger begehrte nach seinen eigenen Angaben im Rahmen einer persönlichen Vorsprache bei einer Beratungsstelle im Oktober 2004 Rente wegen Erwerbsminderung von der Beklagten. Ein Formblattantrag wurde unter dem 5. Dezember 2005 eingereicht. Hierin erklärte der Kläger, er halte sich aufgrund psychischer Störungen, Depressionen, Konzentrationsschwäche und Suizidgefährdung seit Oktober 2002 für erwerbsgemindert. Die Beklagte holte ohne vorherige Beiziehung von Befundberichten ein psychiatrisches Gutachten von Dr. S. vom 28. Dezember 2005 und ein orthopädisches Gutachten von Dr. C. vom 20. März 2006 ein.
Dr. S. diagnostizierte beim Kläger eine Anpassungsstörung mit Angst-Symptomatik und depressiver Symptomatik sowie ein HWS-Syndrom bei Zustand nach mehrfachen Bandscheibenvorfällen und bescheinigte ihm noch ein vollschichtiges Leistungsvermögen für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung, ohne Nachtarbeit, sowohl auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt als auch als Marketing- und Vertriebsingenieur.
Dr. C. stellte beim Kläger chronisch rezidivierende Beschwerden der Wirbelsäule bei Fehlstatik, muskulärem Hartspann und verschmächtigter Rumpfmuskulatur, degenerative Veränderungen der Bandscheiben ab Halswirbelkörper 4 mit Protrusion/kleinem Prolaps in Höhe C 6/7 ohne nervenwurzelbezogenes neurologisches Defizit bei beidseits verkürzter Ischiokruralmuskulatur fest. Die orthopädischen Beschwerden stünden nicht im Vordergrund. Führend sei das psychiatrische Fachgebiet. Aus orthopädischer Sicht ergebe sich für die zuletzt ausgeübte Tätigkeit ein vollschichtiges Leistungsvermögen ohne qualitative Einschränkungen.
Der Kläger wandte sich im Anschluss daran an die Beklagte und schilderte ausführlich seine Situation. Nachdem Dr. S. erklärt hatte, eine Änderung der Beurteilung ergebe sich hieraus nicht, lehnte die Beklagte mit angefochtenem Bescheid vom 19. April 2006 den Rentenantrag vom 26. Oktober 2004 ab.
Zur Begründung des hiergegen erhobenen Widerspruchs trug der Kläger vor, er sei aufgrund der sehr stark schwankenden depressiven Symptomatik keinesfalls in der Lage, in seinem bisherigen Beruf zu arbeiten oder einer anderen Tätigkeit nachzugehen. Der Bescheid sei ohne Würdigung der ärztlich dokumentierten Krankheitsentwicklung erlassen worden. Die kurzen Untersuchungen der Gutachter könnten die Beobachtungen der behandelnden Ärzten über eineinhalb Jahre nicht ersetzen.
Die Beklagte holte daraufhin Befundberichte des behandelnden Psychiaters Dr. Sch., des Allgemeinmediziners Dr. O. sowie der Psychiaterin und Psychotherapeutin Dr. T. ein und beauftragte erneut Dr. S. mit der Erstellung eines psychiatrischen Gutachtens. Die Sachverständige diagnostizierte eine Anpassungsstörung mit Angstsymptomatik und depressiver Symptomatik bei neurotischer Entwicklung, ein HWS-Syndrom bei Zustand nach mehrfachen Bandscheibenvorfällen sowie einen vordiagnostizierten Verdacht auf fokale Dystonie der rechten oberen Extremität. Eine depressive Symptomatik und eine Angstsymptomatik seien feststellbar, jedoch eher geringer Ausprägung. Es handele sich um einen Behandlungsfall, noch nicht um einen chronifizierten Endzustand. Aus psychiatrischer Sicht bestehe unter Berücksichtigung der orthopädischen und neurologischen Einschränkungen ein vollschichtiges Leistungsvermögen für körperlich leichte bis mittelschwere Tätigkeiten, ohne Nachtarbeit, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt und in der zuletzt ausgeübten Tätigkeit als Vertriebs-/Marketing-Ingenieur. Ein orthopädisches Gutachten sei erforderlich. Der Widerspruch wurde daraufhin mit Widerspruchsbescheid vom 14. Dezember 2006 zurückgewiesen. Der Kläger sei noch in der Lage, als Vertriebsingenieur mindestens 6 Stunden täglich Arbeiten zu verrichten.
Hiergegen hat der Kläger Klage zum Sozialgericht München erhoben und vorgetragen, er leide an multiplen Beschwerdebildern auf nervenärztlichem, orthopädischem und internistischem Fachgebiet. Aufgrund eines Bandscheibenvorfalls der Halswirbelsäule im Juli 2002, der zu einer mehrmonatigen Arbeitsunfähigkeit und schließlich Kündigung durch den Arbeitgeber geführt habe, des Todes des Vaters im Jahr 2002 sowie der vergeblichen Bemühungen um eine neue Arbeitsstelle habe sich eine anhaltende depressive Dekompensation ausgebildet. Eine erneute Verschlechterung der psychischen Situation des Klägers habe sich ab Dezember 2005 ergeben. Nach Einschätzung der behandelnden Psychiaterin Dr. T. sei er auf längere Zeit nicht in der Lage, regelmäßige Tätigkeiten in seinem bisherigen Berufsbereich auszuüben. Es liege ein reduzierter Antrieb, eine verminderte kognitive Leistungsfähigkeit sowie eine verminderte psycho-physische Belastbarkeit vor. Die mittlerweile behandelnde Psychotherapeutin Dr. S. bestätige eine deutlich erhöhte Depressivität mittelgradiger Ausprägung bei latenter suizidaler Neigung. Es bestünden eine depressive Denkhemmung sowie verlangsamte Konzentrations- und Aufmerksamkeitsleistungen. Eine Einsetzbarkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt oder als Account-Manager liege daher nicht vor. Auf orthopädischem Gebiet imponierten ein Bandscheibenvorfall sowie Bandscheibenvorwölbungen im Bereich der Halswirbelsäule. Hier liege auch eine Kompression von Nervenwurzeln und Nervenplexus vor. Schließlich bestehe ein zerebrovaskulärer Insult im rechten Kleinhirnareal. Ein Befundbericht der klinischen Psychologin Dr. S. wurde vorgelegt.
Das SG hat Befundberichte des Bezirksklinikums G., des Allgemeinmediziners Dr. O., des Sportmediziners Dr. W., des medizinischen Versorgungszentrums für Orthopädie und Anästhesie, des Urologen Professor Dr. K. und des Diplom-Psychologen Sch. beigezogen sowie eine Arbeitgeberauskunft der Firma A. GmbH K. eingeholt. Es hat zunächst gemäß § 106 Sozialgerichtsgesetz - SGG - Beweis erhoben durch ein nervenärztliches Gutachten von Dr. K ...
Dr. K. hat in seinem Gutachten vom 25. Juli 2008 festgestellt, dass beim Kläger seit April 2004 ein aktuell nur mäßig ausgeprägtes depressives Syndrom bei einer zwanghaft-rigiden, wenig flexiblen Persönlichkeitsstruktur sowie ein Bandscheibenvorfall C 5/C6 ohne radikuläre Reiz- oder Ausfallserscheinungen vorliegen. Schwere und ausschließlich mittelschwere körperliche Tätigkeiten, Arbeiten in Zwangshaltungen, unter Akkord- und Schichtbedingungen, mit besonderen Belastungen der Halswirbelsäule, Arbeiten mit einseitiger Belastung und häufige Überkopfarbeiten seien nicht mehr zumutbar. Auch sollten keine besondere Anforderungen an die nervliche Belastbarkeit, das Konzentrations- und Reaktions- sowie an das Umstellungsvermögen und an die Anpassungsfähigkeit gestellt werden. Die danach zumutbaren Tätigkeiten könnten 6 bis unter 8 Stunden verrichtet werden. In dem bis dato ausgeübten Beruf als Diplom-Ingenieur und auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt bestehe noch ein vollschichtiges Leistungsvermögen.
Der Kläger hat hierzu ausgeführt, es sei davon auszugehen, dass dem Gutachter nicht bewusst gewesen sei, welche gesundheitlichen Anforderungen an die Tätigkeit eines Vertriebsbeauftragten zu stellen seien. Bei der Firma A. habe zu den Aufgaben des Klägers der Vertrieb sowie die organisatorische Leitung der Vertriebs- und Serviceniederlassung in C-Stadt gezählt. Er habe vier Angestellte und drei freie Mitarbeiter leiten müssen. Er sei zuständig für die Betreuung und Akquise der Kunden, die technische und vertriebliche Leitung und die Erstellung von Angeboten sowie der Ansprechpartner für seine Mitarbeiter, die Kunden und die Firmenleitung in der Zentrale gewesen. Mit den qualitativen Einschränkungen im Hinblick auf die Umstellungs- und Anpassungsfähigkeit sowie das Konzentrations-, Reaktions- und Anpassungsvermögen seien die Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit erfüllt.
Das SG hat daraufhin gemäß § 106 SGG Dr. M. mit der Erstellung eines chirurgischen Gutachtens zum Termin am 30. Oktober 2008 beauftragt. Der Sachverständige hat degenerative Veränderungen der Wirbelsäule mit Bandscheibenvorfall bei C 5/C6 ohne nachweisbare neurologische Ausfallerscheinungen, eine Seitausbildung der Wirbelsäule,
S-förmig von mittlerer Hals- bis mittlerer Brustwirbelsäule, beginnende degenerative Veränderungen der Lendenwirbelsäule mit geringen Bewegungseinschränkungen, Bewegungsschmerzen im rechten Hüftgelenk und Beinverkürzung des linken Beines, beginnende Krampfaderbildung sowie ein mäßig ausgeprägtes depressives Syndrom bei Persönlichkeitsveränderung festgestellt. Der Kläger könne noch vollschichtig leichte, kurzzeitig mittelschwere körperliche Arbeiten im Sitzen, Gehen und Stehen mit körperlichen Wechselhaltungen, aber ohne Zwangshaltungen, sowohl in geschlossenen Räumen als auch im Freien verrichten. Arbeiten bei ungünstigen Witterungsverhältnissen, insbesondere Zugluft und Kälte, Arbeiten unter Zeitdruck, Akkord- und Schichtbedingungen sollten ebenso wie Arbeiten mit stärkeren Belastungen der Wirbelsäule, Überkopfarbeiten und häufigem Bücken oder einseitiger Belastung der Wirbelsäule vermieden werden. Besondere Anforderungen an Ausdauer, nervliche Belastbarkeit, Konzentrations- und Reaktionsvermögen sowie Umstellungs- und Anpassungsfähigkeit auf einen anderen Beruf könnten nicht gestellt werden.
Der Kläger hat daraufhin im Termin einen Antrag gemäß § 109 SGG auf Einholung eines neurologischen Gutachtens von Dr. S. gestellt. Dr. S. hat in seinem Gutachten vom 16. Februar 2009 ausgeführt, dass beim Kläger seit dem 1. April 2004 eine mittelgradige depressive Störung mit somatischem Syndrom, im Zeitverlauf teilgebessert, eine Verschleißerkrankung der HWS mit rezidivierenden Wurzelreizerscheinungen sowie eine Verschleißerkrankung der LWS mit rezidivierender Lumbalgie vorliege. Im Zeitraum Oktober 2004 bis Dezember 2007 habe der Kläger Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes und als Vertriebsleiter nur noch unter 3 Stunden auszuüben können. Seit dem 1. Januar 2008 sei der Kläger in der Lage, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt 8 Stunden täglich und als Diplominformatiker 6 bis 8 Stunden täglich zu arbeiten. Tätigkeiten im zuletzt ausgeübten Beruf als Betriebsleiter seien nur noch 3 bis unter 6 Stunden möglich. Nicht mehr zumutbar seien schwere Arbeiten, Arbeiten in ständiger Haltungskonstanz oder sonstiger Zwangshaltung, Arbeiten im Freien zum Zeitpunkt des Gräserpollenflugs, Heben und Tragen von schweren Lasten, Bücken, Arbeiten an laufenden Maschinen, Arbeiten unter Zugluft, Nässe, Lärm, Staub und atemwegs- und hautreizenden Stoffen. Arbeiten mit Publikumsverkehr sollten limitiert werden. Besonderen Anforderungen an die nervliche Belastbarkeit sowie das Konzentrations- und Reaktionsvermögen sei der Kläger nicht gewachsen. Ausdauer und nervliche Belastbarkeit seien etwas reduziert.
Das SG hat daraufhin eine ergänzende Stellungnahme von Dr. K. angefordert. Dieser hat unter dem 14. April 2009 darauf hingewiesen, es sei nicht seine Aufgabe gewesen, die Leistungsfähigkeit des Klägers in dem erlernten Beruf als Diplom-Ingenieur zu beurteilen. Es liege eine primär psychiatrische Fragestellung vor. Dr. S. sei Neurologe und nicht Psychiater. Auch sei Dr. S. von einer früher so bezeichneten endogenen Depression ausgegangen, welche durch exogene Faktoren ausgelöst worden sei. Damit unterscheide er sich von sämtlichen bislang tätigen psychiatrischen Behandlern und Kollegen. Eine "endogene" Depression zeige auch einen anderen Verlauf als er beim Kläger zu beobachten gewesen sei. Es sei zu keinem Zeitpunkt durchgängig eine so schwere depressive Symptomatik beschrieben worden, dass die Annahme von Erwerbsunfähigkeit im Zeitraum zwischen 2004 und 2007 gerechtfertigt sei. Er sehe sich nicht in der Lage, der sozialmedizinischen Bewertung von Dr. S. beizutreten. Eine schwerwiegende leistungsbeeinträchtigende seelische Störung von Dauer seit für die Jahre 2004 bis 2007 nicht belegt.
Der Kläger hat darauf verwiesen, dass Dr. K. nach der Beweisanordnung des SG dazu Stellung zu nehmen hatte, ob der Kläger als Vertriebsbeauftragter in der Erwerbsfähigkeit beeinträchtigt sei. Dies habe Dr. K. offensichtlich nicht berücksichtigt. Dr. K. habe also nicht dazu Stellung genommen, ob der Kläger in der Lage gewesen sei, seinen bisherigen Beruf oder einen zumutbaren Verweisungsberuf zu verrichten. Darüber hinaus hat er moniert, dass Dr. K. den Begriff der Erwerbsunfähigkeit verwendet hat, obwohl die Rente wegen Erwerbsunfähigkeit ab 1. Januar 2001 durch die neue Rente wegen Erwerbsminderung abgelöst worden sei. Auch hätten Dr. P. am 27. Oktober 2004 sowie Dr. Sch. am 1. Dezember 2005 beim Kläger eine rezidivierende depressive Störung diagnostiziert. Dr. Sch. habe dabei ausgeführt, es sei unwahrscheinlich, dass der Kläger in den nächsten zwei Jahren zur Ausübung einer Berufstätigkeit in der Lage sein werde. Dies decke sich mit den Erkenntnissen von Dr. S ... Auch Dr. T. habe in den Befunden vom 6. Februar 2006 bestätigt, dass beim Kläger eine depressive Symptomatik (mittelgradige bis schwere depressive Episode) vorliege. Am 14. Juli 2006 habe er erneut eine mittelgradige depressive Episode diagnostiziert. Mittelgradige depressive Episoden würden auch vom Bezirksklinikum G. unter dem 11. September 2006, von Dr. O. im Befund vom 23. Februar 2007 und von Dr. S. im Befund vom 20. August 2007 bestätigt. Damit sei die Einschätzung von Dr. K. widerlegt, dass beim Kläger im genannten Zeitraum von 2004 bis 2007 keine so schwerwiegende depressive Symptomatik vorgelegen habe, die zu einer Erwerbsunfähigkeit führe.
Auf Antrag des Klägers gemäß § 109 SGG hat das SG ein psychiatrisches Gutachten von Professor Dr. N. vom 21. Juni 2010 unter Einschluss eines testpsychologischen Zusatzgutachtens der Diplom-Psychologinnen Dr.Y. und T. vom 18. März 2010 eingeholt. Der Sachverständige hat ausgeführt, beim Kläger habe seit dem 1. April 2004 eine mittelschwere bis schwere depressive Episode ohne psychotische Symptome im Sinne einer chronisch depressiven Episode vorgelegen. Der Kläger sei bis Ende 2007 sowohl in seiner Tätigkeit als Vertriebsbeauftragter als auch auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt in der Erwerbsfähigkeit beeinträchtigt gewesen. Von Ende März 2003 bis Ende 2007 sei von vollständiger Erwerbsunfähigkeit auszugehen. Ab Anfang 2008 sei der Kläger nicht mehr in seiner Erwerbsfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt, seit Anfang 2009 nicht mehr in seiner Erwerbsfähigkeit als Vertriebsbeauftragter beeinträchtigt gewesen.
Dr. K. hat hierzu am 20. September 2010 eine erneute ergänzende Stellungnahme abgegeben, in der er an seiner sozialmedizinischen Bewertung festhält. Prof. Dr. N. habe sich bei der Beurteilung auf die Angaben des Klägers verlassen. Der Abgleich mit den Befunden sei unterblieben. Auch passe die medikamentösen Therapie mit der geschilderten Schwere des Krankheitsbildes nicht zusammen.
Der Kläger hat insoweit erneut auf die Befundberichte von Dr. P., Dr. Sch.,
Dr. S. und Dr. T. verwiesen, in denen mittelgradige depressive Episoden bestätigt worden seien. Auch die behandelnden Ärzte hätten also ein depressives Krankheitsbild diagnostiziert. Dies habe einer Erwerbsfähigkeit des Klägers entgegengestanden.
In der mündlichen Verhandlung am 9. Dezember 2010 hat die Vertreterin der Beklagten erklärt, dass die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nur bei einem Eintritt des Leistungsfalls bis spätestens Februar 2006 noch vorgelegen hätten. Der sozialmedizinische Dienst habe eine Verschlechterung des klägerischen Zustands im Jahr 2007 angenommen. Der Leistungsfall würde im Juli 2007 festgesetzt werden.
Das SG hat daraufhin mit Urteil vom selben Tag die Klage abgewiesen, die nach der Antragstellung in der mündlichen Verhandlung auf Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung ab Antragstellung bis einschließlich Dezember 2007 und einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit darüber hinaus bis einschließlich Dezember 2008 gerichtet war. Zur Begründung verwies das SG auf das Gutachten von Dr. K ... Den Gutachten von Dr. S. und Prof. Dr. N. könne nicht gefolgt werden. Dr. S. sei Neurologe und damit nur bedingt Experte für das auf psychiatrischem Fachgebiet liegende Hauptleiden des Klägers. Seine These von der endogenen Depression, die durch exogene Faktoren ausgelöst worden sei, sei nicht überzeugend. Sämtliche Befundberichte stünden dem entgegen. Prof. Dr. N. habe sich nicht ausreichend mit den differenzierenden Leistungseinschätzungen der zeitnahen Gutachter, insbesondere Dr. S., auseinandergesetzt. Prof. Dr. N. habe nur retrospektiv hinsichtlich eines sehr lang zurückliegenden Zeitraums begutachten können. Ein offensichtlich im Jahr 2007 von diesem Sachverständigen im Rahmen eines Rechtsstreits mit einer privaten Berufsunfähigkeitsversicherung erstelltes Gutachten liege dem Gericht nicht vor. Auch ergebe sich aus dem testpsychologischen Zusatzgutachten der Dipl.-Psych. T. und Y., dass beim Kläger von einer Aggravationstendenz auszugehen sei.
Auch bestehe kein Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit. Der Kläger habe ab Rentenantragstellung nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt, sondern auch noch als Account-Manager mindestens 6 Stunden täglich Arbeiten verrichten können. Es sei nicht nachgewiesen, dass die Tätigkeit als Account-Manager generell mit den qualitativen Leistungseinschränkungen des Klägers unvereinbar sei. Dies ergebe sich aus der entsprechenden Auskunft des Arbeitsamtes im Internet (www. berufenet.arbeitsagentur.de).
Hiergegen hat der Kläger Berufung zum Bayerischen Landessozialgericht eingelegt und vorgetragen, Dr. K. habe erklärt, das Leistungsvermögen des Klägers in seinem Beruf als Diplomingenieur sei nicht eingeschränkt. Dr. K. habe jedoch nicht ermittelt, inwieweit sich die von ihm festgestellten qualitativen Leistungseinschränkungen auf die zuletzt ausgeübte Tätigkeit des Klägers ausgewirkt hätten. Ausweislich seiner ergänzenden Stellungnahme vom 14. April 2009 habe er dann erklärt, es sei nicht seine Aufgabe gewesen, die Leistungsfähigkeit des Klägers im Beruf des Diplom-Ingenieurs zu beurteilen. Das sei widersprüchlich. Darüber hinaus hat der Kläger ein Gutachten von Prof. Dr. N. vom 1. August 2007 für das Landgericht C-Stadt I nebst Ergänzungsgutachten vom 19. Februar 2008 in einem Rechtstreit des Klägers gegen seine private Berufsunfähigkeitsversicherung vorgelegt. Dieses Gutachten sei wesentlich zeitnäher erstellt worden als das Gutachten von Dr. K ... Prof. Dr. N. habe sich hierin ausführlich mit der Leistungsfähigkeit des Klägers im Bereich des allgemeinen Arbeitsmarkts und der zuletzt ausgeübten Tätigkeit auseinander gesetzt.
Der Senat hat gemäß § 106 SGG ein psychiatrisches Gutachten nach Aktenlage durch Dr. C. vom 23. April 2012 eingeholt, wobei der Sachverständigen ein Auszug "Account-Manager" aus dem berufenet der Bundesagentur für Arbeit zur Verfügung stand. Die Sachverständige ist zu dem Ergebnis gekommen, dass beim Kläger vom April 2004 bis Dezember 2008 eine überwiegend mittelgradig ausgeprägte depressive Episode mit zeitweiser Angstsymptomatik bei neurotischer Entwicklung sowie HWS-abhängige Beschwerden bei Zustand nach mehrfachen Bandscheibenvorfällen ohne sensomotorische Defizite bestanden haben. Der Kläger sei in diesem Zeitraum in der Lage gewesen, körperlich leichte bis mittelschwere Arbeiten abwechselnd im Gehen, Stehen oder Sitzen überwiegend in geschlossenen Räumen, gelegentlich im Freien vollschichtig zu verrichten. Nicht zumutbar gewesen seien Verrichtungen verbunden mit besonderen Anforderungen an die psychische und nervliche Belastbarkeit, unter besonderem Zeitdruck (Akkordarbeit, Fließbandarbeit), Tätigkeiten in Nacht-/Wechselschicht sowie das Heben und Tragen schwerer Lasten und Zwangshaltungen. Dem Kläger seien Tätigkeiten als Account-Manager täglich mindestens 6 Stunden zumutbar gewesen. Beschränkungen hinsichtlich des Anmarschwegs zur Arbeitsstätte hätten nicht vorgelegen. Die Umstellungsfähigkeit auf andere Tätigkeiten sei nicht eingeschränkt gewesen.
Hierzu hat der Kläger erklärt, er sei entgegen der Annahme von Dr. C. nicht lediglich im niederfrequenten Bereich ärztlich behandelt worden, sondern habe beim Diplom-Psychologen Sch. eine ambulante Verhaltenstherapie einmal pro Woche absolviert. Auch sei es ein typisches Symptom für eine Depression, dass bei der betreffenden Person kein Antrieb bestehe. Der Kläger sei nicht in der Lage gewesen, diesbezüglich bei den Ärzten eine adäquate Behandlung einzufordern. Tätigkeiten eines Account-Managers seien dem Kläger nicht möglich gewesen. Prof. Dr. N. habe ausgeführt, dass Tätigkeiten, die ein hohes Maß an Leistung, Konzentrationsfähigkeit, Verantwortungsbewusstsein und Stress beinhalten, im Fall einer mittelschweren depressiven Episode nicht ausführbar seien. Dies gelte auch für die Führung von Angestellten, für die Kundenabstimmung, Kundenbetreuung und Telefonkonferenzen, in denen wichtige betriebliche Entscheidungen haben getroffen werden müssen. Auch umfassende Analysen der Kundensituation und der gesetzlichen Vorschriften seien im Rahmen einer mittelschweren depressiven Episode nicht mehr möglich ebenso wenig wie das Verfassen, Kalkulieren und Verhandeln von individuellen Angeboten, Rahmenverträgen und Kundenpreislisten. Angesichts dieser beruflichen Anforderungen sei die sozialmedizinische Bewertung von Dr. C. in Bezug auf die beruflichen Auswirkungen der vorhandenen Leistungseinschränkungen kritisch zu sehen. Schließlich habe auch die Beklagte bereits zugestanden, dass ab Juli 2007 das Leistungsvermögen des Klägers so weit abgesunken ist, dass eine Erwerbsminderung anzuerkennen sei. Wichtig sei jedoch, dass beim Kläger bereits von April 2004 bis 2008 eine Depression mit mittelgradig ausgeprägter depressiver Episode vorgelegen habe.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts München vom 9. Dezember 2010 und des Bescheids der Beklagten vom 19. April 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14. Dezember 2006 zu verurteilen, dem Kläger ab Antragstellung für die Zeit bis Dezember 2007 Rente wegen voller Erwerbsminderung und darüber hinaus bis Dezember 2008 Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Akten des SG und der Beklagten verwiesen, die sämtlich Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das SG hat zu Recht die Klage gegen den angefochtenen Bescheid vom 19. April 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14. Dezember 2006 abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Dem Kläger steht im streitigen Zeitraum April 2004 bis Dezember 2008 kein Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit gemäß §§ 43 Abs. 1, 240 Abs. 1, 2 SGB VI zu, da er nach Auffassung des Senats in diesem Zeitraum noch in der Lage war, mindestens 6 Stunden täglich die Tätigkeit eines Account-Managers zu verrichten. Damit kommt erst recht kein Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung gemäß § 43 Abs. 2 SGB VI oder Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung gemäß § 43 Abs. 1 SGB VI in Betracht.
Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung haben bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen gemäß § 240 Abs. 1 SGB VI auch Versicherte, die vor dem 2. Januar 1961 geboren und berufsunfähig sind.
Berufsunfähig sind nach § 240 Abs. 2 SGB VI Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Zumutbar ist stets eine Tätigkeit, für die die Versicherten durch Leistungen zur beruflichen Rehabilitation mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden verrichten kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Ausgangspunkt für die Beurteilung des "vergleichbaren Versicherten" ist nach der ständigen Rechtsprechung des BSG der "bisherige Beruf". Dieser ergibt sich in der Regel aus der letzten versicherungspflichtigen Beschäftigung oder Tätigkeit in Deutschland. Es ist die Berufstätigkeit zugrunde zu legen, die bei im Wesentlichen ungeschwächter Arbeitskraft nicht nur vorübergehend eine nennenswerte Zeit ausgeübt wurde. Dabei unterscheidet die Rechtsprechung nach dem sogenannten Vier-Stufen-Schema im Bereich der Angestellten die Leitberufe des Angestellten mit hoher beruflicher Qualität, regelmäßig Studium, Angestellte mit längerer Ausbildung, regelmäßig von 3 Jahren (Ausgebildete), Angestellte mit einer Ausbildung bis zu 2 Jahren (Angelernte) und unausgebildete Angestellte (Ungelernte). Welcher Gruppe des Mehrstufenschemas eine bestimmte Tätigkeit zuzuordnen ist, richtet sich dabei nach der Qualität der verrichteten Arbeit. Kriterien dafür sind: Ausbildung, tarifliche Einstufung, Dauer der Berufsausübung, Höhe der Entlohnung und Anforderungen des Berufs.
Nach den berufskundlichen Informationen des berufenet der Bundesagentur für Arbeit ist zwar üblicherweise Zugangsvoraussetzung für die Tätigkeit eines Accountmanagers ein Studium in den Bereichen Betriebswirtschaftslehre oder Marketing und Vertrieb. Ein solches hat der Kläger nicht aufzuweisen. Nach den Ausführungen im berufenet ist die Zugangsvoraussetzung aber auch erfüllt, wenn der Betreffende eine kaufmännische Weiterbildung in den Bereichen Vertrieb und Marketing absolviert hat. Der Kläger hat ein Hochschulstudium im Bereich Informatik zurückgelegt und war langjährig in den Bereichen Vertrieb und Marketing tätig. Der Senat hat damit keinen Zweifel daran, dass der Kläger die von ihm vor dem strittigen Zeitraum zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Key Account-Manager, die der höchsten Stufe dieses Schemas zuzuordnen ist, vollwertig ausgeübt hat.
Damit kann der Kläger grundsätzlich auf Tätigkeiten derselben Gruppe sowie auf die Gruppe der Ausgebildeten sozial zumutbar verwiesen werden, da nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ein beruflicher Abstieg in die nächst niedrigere Gruppe dem Versicherten zugemutet werden kann (KassKomm-Niesel, SGB VI, § 240 Rn. 93 ff. m.w.N.).
Mit dem von den gerichtlichen Sachverständigen Dr. C. und Dr. K. festgestellten Leistungsvermögen war der Kläger im Zeitraum von Rentenantragstellung bis Dezember 2008 noch in der Lage, seinen Hauptberuf als Account-Manager auszuüben. Für diese Einschätzung spricht auch das von Dr. S. erstellte Gutachten, das der Senat im Wege des Urkundsbeweises verwertet hat. Der hiervon abweichenden Einschätzung von Prof. Dr. N. und Dr. S. vermag der Senat nicht zu folgen.
Beim Kläger standen die Gesundheitsstörungen auf psychiatrischem Fachgebiet im Vordergrund. Nach den Feststellungen von Dr. C. hatte der Kläger in den Jahren 2002 und 2003 einen Alkoholabusus betrieben, der jedoch zu keinen gravierenden neurologischen oder psychischen Folgeerkrankungen geführt hat.
Im Oktober 2004 stellte sich der Kläger erstmals wegen depressiver Verstimmungen bei Dr. P. vor, nachdem er nach seinen eigenen Angaben im Januar 2004 aufgrund der Mitteilung seiner Mutter, sein Vater liege im künstlichen Koma, schlagartig mit einer depressiven Symptomatik zu kämpfen gehabt habe. Dr. P. diagnostizierte eine rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig schwere Episode, eine Agoraphobie, eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung sowie einen Zustand nach Bandscheiben-Operation C4-C6.
Dr. C. hat für den Senat nachvollziehbar ausgeführt, dass aufgrund dieser einmaligen Untersuchung ein Rückschluss auf eine überdauernde gravierende Leistungsminderung nicht möglich ist. Der Beweiswert des Befundberichts von Dr. P. leidet darüber hinaus darunter, dass er einen Zustand nach Bandscheiben-Operation angegeben hatte, obwohl der Kläger nicht an der HWS operiert worden war. Hinzu kommt, dass die Psychiaterin
Dr. T., in deren Behandlung sich der Kläger ab 11. November 2004 begab, nur einen Monat später keine schwere depressive Episode, sondern lediglich eine gedrückte Stimmungslage und eine Antriebslosigkeit diagnostiziert hat. Zur Behandlung wurde dem Kläger lediglich ein Johanniskrautpräparat verschrieben. Erst ab Dezember 2005 war der Kläger bereit, eine antidepressive Behandlung mit dem synthetischen Antidepressivum Citalopram zu beginnen.
Bei der Begutachtung durch Dr. S. am 23. Dezember 2005 war der Kläger nur leicht depressiv, eher dysphorisch verstimmt bei erhaltener affektiver Schwingungsfähigkeit.
Der Senat schließt sich der Auffassung von Dr. C. an, dass die Annahme einer schwerergradig ausgeprägten Depression damit für die Jahre 2004 und 2005 nicht in Betracht kommt. Vielmehr ist davon auszugehen, dass die zunächst pflanzliche und dann synthetische antidepressive Medikation zu einer Verbesserung des psychopathologischen Befundes beim Kläger geführt hat.
In der Folgezeit hatte sich der Kläger ab November 2004 bis April 2007 in ambulante psychotherapeutische Behandlung bei Dr. rer.nat. Dipl. Psych. Sch. begeben. Hier wird der Kläger als kooperativ, differenziert, selbstreflexiv, erschöpft und verunsichert wirkend, schwankend im Antrieb, psychomotorisch übersteuert bei ängstlich-depressiver Grundstimmung und gehemmt aggressiven Impulsen beschrieben.
Hierauf folgte das zweite Gutachten von Dr. S. vom 19. Juli 2006, in dem die Sachverständige erneut festgestellt hat, dass der Kläger in der Stimmung nur leicht depressiv verstimmt war, eher dysphorisch bei erhaltener affektiver Schwingungsfähigkeit und stellenweise latenter Aggressivität.
Im Rahmen der stationären Behandlung in der neurologischen Abteilung des Bezirksklinikums G. vom 16. bis 24. August 2006 wurde allein auf die Angaben des Klägers hin eine fokale Dystonie der rechten Hand über eine Dauer von 1 min diagnostiziert. Sämtliche durchgeführten medizinischen Untersuchungen (Kernspintomographie des Kopfes, Neuropsychologie, Labor-/Liquor) erbrachten jedoch einen unauffälligen Befund. Eine entzündliche ZNS-Erkrankung, eine Neuroborreliose sowie ein beginnender demenzieller Prozess wurden ausgeschlossen. In der neuropsychiologischen Testung lag der Kläger im Bereich des guten Durchschnitts. Ferner wurde eine mittelgradige depressive Episode diagnostiziert, ohne einen näheren psychopathologischen Befund wiederzugeben. Vielmehr wurde nur ausgeführt, der Kläger habe sich mit einem massiven allgemeinen psychischen und physischen Beschwerdeerleben von hoher Intensität beschrieben.
Dr. S. stellte im August 2007 Einschränkungen im Bereich der Konzentration und der Gedächtnisleistung fest. Dr. K. fand in seinem Gutachten vom 25. Juli 2008 nur ein mäßig ausgeprägtes depressives Syndrom bei einer zwanghaft-rigiden, wenig flexiblen Persönlichkeitsstruktur. Der Kläger wirkte abwartend, nachdenklich, zeitweise etwas in sich gekehrt, mit spärlicher Mimik und Gestik, im Affekt relativ stark, wenig flexibel.
Auch Prof. Dr. N. hat in seinen Gutachten vom 1. August und 24.Oktober 2007 sowie 19. Februar 2008 aufgrund einer einmaligen Untersuchung am 29. Mai 2007 nur ein mittelschweres depressives Syndrom mit gegenwärtig schwerer depressiver Episode diagnostiziert. Dr. C. hat hierzu ausgeführt, dass die dort angegebenen Befunde (deutliche Verminderung von Psychomotorik und Antrieb, deutliche Reduzierung der Schwingungsfähigkeit des Affekts und deutliche Beeinträchtigung des Konzentrationsvermögens) mit einer schweregradigen Episode vereinbar seien.
Dr. C. hat aus diesen im strittigen Zeitraum erhobenen Befunden nachvollziehbar abgeleitet, dass beim Kläger eine nur überwiegend mittelgradig ausgeprägte depressive Episode mit nur zeitweiser Angstsymptomatik bei neurotischer Entwicklung vorgelegen hat. Die Tätigkeit als Accountmanager war dem Kläger nach ihrer Einschätzung in diesem Zeitraum 6 bis unter 8 Stunden zumutbar. Aus den berufskundlichen Informationen der Bundesagentur für Arbeit berufenet ergibt sich, dass Account-Manager in Eigenverantwortung Aufbau, Pflege und strategische Weiterentwicklung von Kundenbeziehungen übernehmen. Sie führen Beratungs- und Verkaufsgespräche durch, bewerten Geschäftsprozesse und Bedürfnisse der jeweiligen Kunden und fertigen Kundenentwicklungspläne. Eine genaue und sorgfältige Arbeitsweise ist erforderlich. Account-Manager werden im Büro und beim Kunden tätig, müssen daher mobil und zeitlich flexibel sein. Sie verrichten Bildschirmarbeit in Büroräumen bei häufiger Abwesenheit vom Wohnort, haben Kundenkontakt und unregelmäßige Arbeitszeiten, da Kunden- oder Messebesuche teilweise am Wochenende oder außerhalb der üblichen Arbeitsseiten stattfinden.
Der Senat ist in Übereinstimmung mit Dr. C. davon überzeugt, dass der Kläger, der nach der testpsychologischen Untersuchung vom 18. März 2010 über eine sehr gute allgemeine intellektuelle Kapazität verfügt und durchsetzungsstark ist, zugemutet werden konnte, derartige Tätigkeiten zu verrichten. Unerheblich ist dabei, welchen besonderen Anforderungen der Kläger in seiner letzten Tätigkeit als Account-Manager ausgesetzt war. Hier ist zu berücksichtigen, dass er an seiner letzten Arbeitsstelle vor dem strittigen Zeitraum in einer herausgehobenen Position als Niederlassungsleiter mit Führungsverantwortung für mehrere Angestellte tätig war. Im Rahmen der Prüfung, ob ein Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit besteht, ist jedoch nicht entscheidend, ob der Versicherte noch in der Lage ist, seine tatsächlich zuletzt ausgeübte Tätigkeit zu verrichten. Abzustellen ist vielmehr abstrakt auf eine Tätigkeit, auf die der Versicherte sozial zumutbar verwiesen werden kann. Entscheidend sind also die gewöhnlichen Anforderungen an einen Account-Manager, nicht die besonders hohen, die an den Kläger in seiner Funktion als Niederlassungsleiter an seiner letzten Arbeitsstelle offensichtlich gestellt worden sind. Insoweit hat die erfahrene Gerichtssachverständige
Dr. C. in Kenntnis der Anforderungen, die ausweislich des berufenets an eine derartige Tätigkeit - auch etwa in Hinblick auf eine genaue und sorgfältige Arbeitsweise und die damit verbundene erforderliche Konzentrationsfähigkeit - gestellt werden, die Tätigkeit als Account-Manager für mindestens 6 Stunden täglich als zumutbar erachtet. Dieser Einschätzung schließt sich der Senat an. Auch den von Dr. C. mitberücksichtigten qualitativen Leistungseinschränkungen, die aus Gesundheitsstörungen auf neurologischem und orthopädischem Fachgebiet liegen, wird bei der Tätigkeit als Account-Manager unzweifelhaft Rechnung getragen.Schwere oder auch nur mittelschwere körperliche Arbeiten fallen bei dieser abwechslungsreichen Bürotätigkeit nicht an.
Die hiervon abweichenden Einschätzungen von Prof. Dr. N. und Dr. S. konnten den Senat nicht überzeugen. Das Gutachten von Dr. S. leidet - wie bereits das SG deutlich herausgearbeitet hat - nicht nur daran, dass Dr. S. sich als Neurologe vorwiegend fachfremd in Bezug auf die Gesundheitsstörungen des Klägers auf psychiatrischem Fachgebiet äußert, nachdem sich der neurologische Befund als völlig unauffällig erwiesen hat. Dr. S. verkennt auch, dass beim Kläger nicht von einer "endogenen", also stoffwechselbedingten, Depression ausgegangen werden kann, weil beim Kläger die Depressionen nicht phasenhaft aufgetreten sind und nie tages- oder jahreszeitlich abhängige Stimmungsschwankungen oder manische Phasen beschrieben worden sind. Die behandelnden Ärzte sind ebenfalls nicht von einer endogenen Depression ausgegangen. Sie haben den Kläger dementsprechend auch nicht mit einem ansonsten gebotenen Phasenprophylaktikum behandelt.
Das für das SG erstellte Gutachten von Prof. Dr. N. kann - auch bei Mitberücksichtigung des für das Landgericht C-Stadt erstellten Gutachtens desselben Sachverständigen - nicht überzeugend belegen, dass beim Kläger tatsächlich ab 2002 und damit auch von Oktober 2004 bis Dezember 2008 eine durchgehend mittel- bis schwergradige depressive Symptomatik bestanden hat, die die von Prof. Dr. N. behauptete Aufhebung des Leistungsvermögens für jegliche Tätigkeiten plausibel erschienen ließe. Prof. Dr. N. stützt sich im Wesentlichen auf die Angaben des Klägers, ohne diese kritisch zu hinterfragen. Dies wäre aber umso erforderlicher gewesen, als sich im testpsychologischen Gutachten vom 18. März 2010 ergeben hatte, dass der Kläger zum Teil widersprüchliche und viele simulationsnahe Angaben gemacht hatte. Es konnte zwar nicht sicher davon ausgegangen werden, dass der Kläger versucht hatte, Symptome zu simulieren. Aber eine Aggravationstendenz war anzunehmen. Aus den vorliegenden Befundberichten ergeben sich nur in Bezug auf die einmalige Untersuchung von Dr. P. vom 25. Oktober 2004 und die Untersuchung durch Prof. Dr. N. am 29. Mai 2007 Hinweise auf eine schwere Ausprägung der depressiven Symptomatik. Hieraus lässt sich nach den Feststellungen von Dr. C. aber nur eine vorübergehende Arbeitsunfähigkeit, nicht jedoch eine überdauernde Erwerbsminderung für Tätigkeiten als Account-Manager oder auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ableiten. Im Übrigen ist aus den Befundberichten nur eine leichte bis mittelgradige depressive Symptomatik zu entnehmen, die nicht zu einer quantitativen Einschränkung der Leistungsfähigkeit des Klägers auch für Tätigkeiten als Account-Manager führt. Schließlich lässt das Gutachten von Prof. Dr. N. auch eine Auseinandersetzung mit den Vorgutachtern Dr. S. und Dr. K. vermissen, die zu fundamental anderen Ergebnissen gekommen sind. Von Prof. Dr. N. wurde auch nicht hinreichend gewürdigt, dass der Kläger zunächst allein mit einem pflanzlichen Antidepressivum und dann über einen langen Zeitraum hinweg lediglich mit dem Antidepressivum Citalopram behandelt wurde. Dr. C. hat nachvollziehbar ausgeführt, dass bei einer durchgängig schwergradig ausgeprägten depressiven Episode bei Therapieresistenz eine Umstellung auf ein anderes Antidepressivum erfolgt oder eine stationäre psychiatrische Behandlung eingeleitet worden wäre.
Schließlich folgt auch nichts anderes aus der in der mündlichen Verhandlung am 9. Dezember 2010 vor dem SG abgegebenen Erklärung der Beklagtenvertreterin, der sozialmedizinische Dienst nehme eine Verschlechterung des klägerischen Zustands im Jahr 2007 an. Der Leistungsfall wurde als Mittelwert zwischen den 2007 erfolgten Untersuchungen festgesetzt. An diese - medizinisch nicht näher begründete - Darlegung ist der Senat nicht gebunden. Es handelt sich hierbei nicht um ein Teilanerkenntnis, mit der die Beklagte den prozessualen Anspruch des Klägers auf Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung zumindest teilweise unter Zugrundelegung eines Leistungsfalls im Juli 2007 anerkannt hätte. Denn zugleich hat die Vertreterin der Beklagten erklärt, ein Rentenanspruch des Klägers bestehe nicht, da die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllt seien. Die Beklagte hat also damit gerade nicht den prozessualen Anspruch des Klägers zumindest teilweise anerkannt mit der Folge, dass bei einer Annahme dieses Teilanerkenntnisses der Rechtsstreit zumindest teilweise erledigt wäre. Die Beteiligten können zwar ein bloßes Teilelement eines prozessualen Anspruchs unstreitig stellen, hier also das Vorliegen von teilweiser oder voller Erwerbsminderung ab einem bestimmten Zeitpunkt. Dies bedeutet aber nicht, dass das Gericht hieran gebunden wäre. Dies ergibt sich aus § 103 S. 2 SGG, wonach das Gericht an das Vorbringen der Beteiligten nicht gebunden ist. Eine derartige Erklärung hat nur Auswirkungen auf das Maß der Verpflichtung des Gerichts, den Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln. Nur wenn die Annahme nahe liegt, dass weitere oder abweichende Tatsachen für die Entscheidung des Rechtsstreits von Bedeutung sind, muss es nach § 103 SGG in eine weitere Ermittlung des tatsächlichen Streitstoffs eintreten (zuletzt BSG, Urteil vom 13. Mai 2009, B 4 AS 58/08 R). Im Übrigen darf es also von einer weiteren Sachverhaltsermittlung absehen, ohne dass hierin ein Verstoß gegen das Amtsermittlungsgebot gesehen werden könnte. Ergibt jedoch die Ermittlung von Amts wegen - wie hier die gutachterliche Anhörung von Dr. C. - die Unrichtigkeit der übereinstimmenden Annahme der Beteiligten, ist das Gericht hieran nicht gebunden und darf diese nicht sehenden Auges seiner Entscheidung zu Grunde legen. Auf die Frage, ob und bis wann die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für einen Rentenanspruch des Klägers erfüllt sind, kommt es demnach nicht an.
Bei Arbeitsplätzen als Account-Manager handelt es sich nicht um typische Schonarbeitsplätze, für die der Arbeitsmarkt als verschlossen anzusehen wäre; solche Arbeitsplätze sind in nennenswertem Umfang vorhanden und auch durch externe Bewerber zu besetzen.
Der Kläger hat nach alledem keinen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit gemäß §§ 240 Abs. 1, 2 i.V. § 43 Abs. 1 SGB VI. Da der Kläger die Tätigkeit als Account-Manager mindestens 6 Stunden täglich verrichten kann, scheidet damit ein Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bzw. voller Erwerbsminderung gemäß § 43 Abs. 1, 2 SGB VI erst recht aus.
Ein Rentenanspruch für den fraglichen Zeitraum ergibt sich auch nicht daraus, dass der Kläger unter den üblichen Bedingungen des für ihn in Betracht kommenden allgemeinen Arbeitsmarktes keine Tätigkeit finden konnte. Denn bei ihm lagen weder ein nur eine Teilzeit erlaubendes Erwerbsvermögen noch eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder
eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vor, durch die für ihn der Arbeitsmarkt verschlossen gewesen wäre. Insbesondere bestand keine Einschränkung der Wegefähigkeit.
Die Berufung war damit zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung (§§ 183,193 SGG) berücksichtigt, dass der Kläger auch im Berufungsverfahren erfolglos geblieben ist.
Gründe, die Revision zuzulassen (vgl. § 160 Abs. 2 SGG), liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Login
FSB
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