Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
5
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 11 KA 5952/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KA 1366/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 26.2.2010 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.
Der Streitwert wird auch für das Berufungsverfahren auf 13.791,90 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen eine Kürzung seines Honorars für das Quartal 3/04 im Wege der sachlich-rechnerischen Berichtigung.
Der Kläger ist Facharzt für Orthopädie und Chirurgie und in Pf. zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen.
Mit Bescheid vom 3.3.2006 kürzte die Beklagte das Honorar des Klägers für das Quartal 3/04 um 13.791,90 EUR. Die Ansätze für die Gebührennummer (GNR) 2960 des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs für Ärztliche Leistungen in der Fassung ab 1.7.2002 (EBM) für vom Kläger durchgeführte Facetteninfiltrationen im Bereich der Lendenwirbelsäule bei arthrogenem Schmerz wurden gestrichen. Zugleich wurde die Zuschlagsleistung nach GNR 81 EBM gestrichen. Zur Begründung führte die Beklagte aus, der Kläger nehme eine Facetteninfiltration vor, indem mit einer langen Nadel ein 40%ige Glukoselösung injiziert werde. Das bewirke aber nur eine Nervenblockade und nicht, wie in GNR 2960 EBM vorausgesetzt, eine dauerhafte Unterbrechung der Nervenbahn. Die für die GNR 81 EBM erforderliche Operationsleistung sei ebenfalls nicht erbracht worden. Ein weiterer Kürzungsbescheid erging unter dem 7.9.2007 (Quartale 1,2 und 4/04 und Quartal 1/05; Kürzungsbetrag 44.586,25 EUR); dieser Bescheid ist nicht Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens.
Die im Quartal 3/04 noch gültige und mit 700 Punkten bewertete GNR 2960 EBM hat folgenden Wortlaut: Denervation der kleinen Wirbelgelenke (z. B. Facettendenervation), je Bewegungssegment 700 Punkte Zuschlag für ambulantes Operieren: Nr. 81 (800 Punkte) Allgemeine Bestimmung: Interventionelle Maßnahme, die nachweislich eine Denervation der kleinen Wirbelgelenke bewirken, sind nach Nr. 2960 abzurechnen.
Dem Kürzungsbescheid lag die Stellungnahme des Dr. F. vom 10.10.2005 zugrunde. Darin heißt es, aus der einschlägigen Kommentierung des EBM gehe hervor, dass eine Denervation mittels Infiltration Bestandteil der Ordinations- bzw. Konsultationsgebühr sei. Zudem sei klar definiert, dass eine Denervation eine gezielte und dauerhafte Unterbrechung einer Nervenbahn bedeute. Diese Anforderungen erfülle die Infiltration nicht, auch die GNR 81 sei in diesen Fällen nicht abrechenbar.
Der Kläger erhob Widerspruch. Er trug vor, die GNR 2960 sei nicht auf eine bestimmte Fachgruppe begrenzt. Nach Auskunft der Fachverbände könne eine Hackett-Barbor-Lösung, also eine 40%-ige Glukoselösung, zu einer chemischen Denaturierung führen (myelinisierten C-Fasern und A-delta-Fasern). Nach Monaten komme es dann zu einer Sprossung der verbliebenen Fasern und einer Regeneration auf geringem Niveau, identisch bei der thermischen Denaturierung der Nozigeneratoren der Kapsel oder aber auch der Radiofrequenztherapie und Kryotherapie. Tatsache sei die Denervierung der Facettengelenke. Die KBV bestätige in ihrem KBV-Chat, dass insoweit methodenunabhängige Verfahren angewendet werden könnten, allerdings nur eine Facette abgerechnet werden dürfe. Bei diesen konträren Auffassungen müsse ein Kompromiss gefunden werden.
In der ergänzenden Stellungnahme vom 7.7.2006 führte Dr. F. aus, eine von ihm durchgeführte Umfrage bei mehreren Orthopäden aus mehreren Bundesländern, insbesondere auch aus dem Bereich der KV Sch.-H., habe ergeben, dass die GNR 2960 EBM allein bei operativen Eingriffen (mit Hautschnitt) und ähnlichen Interventionen z.B. Kryodenervation abzurechnen sei. Eine Infiltrationsbehandlung sei nicht nach GNR 2960 abzurechnen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 3.7.2007 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie aus, zum 1.7.2002 sei zwar die Leistungslegende der GNR 2960 abgeändert und das darin zuvor enthaltene Wort "operative" gestrichen worden sei. Gleichzeitig sei aber eine allgemeine Bestimmung beigefügt worden mit dem Wortlaut: "Interventionelle Maßnahmen, die nachweislich eine Denervation der kleinen Wirbelgelenke je Bewegungssegment bewirken, sind nach Nr. 2960 abzurechnen". Hierbei sei zu berücksichtigen, dass der Begriff "interventionell" medikamentös oder operativ eingreifend bedeute (Duden-Wörterbuch "Medizinische Fachausdrücke"). Berücksichtige man außerdem, dass nach wie vor der Zuschlag für ambulantes Operieren nach GNR 81 für die GNR 2960 ansetzbar sei und auch mit angesetzt worden sei, komme es auf die Definition des Begriffs Operation an. Nach dem Kommentar von Wezel/Liebold zu dem Kapitel B 6 "ambulante Operationen" sei unter dem Begriff operative Leistung bzw. Operation jeder chirurgische Eingriff zur Diagnostik, Therapie oder mit dem Ziel der kosmetischen Veränderung in die Unversehrtheit des lebenden Körpers, aber auch zur Wundversorgung zu verstehen. Nach der Präambel zum Kapitel 31.2 des EBM 2000plus sei die ambulante oder belegärztliche Operation wie folgt definiert (Nr. 1 der Präambel): "Als ambulante oder belegärztliche Operation gelten ärztliche Leistungen mit chirurgisch-instrumenteller Eröffnung der Haut oder Schleimhaut oder der Wundverschluss von eröffneten Strukturen der Haut und/oder Schleimhaut mindestens in Oberflächenanästhesie sowie Leistungen entsprechend den OPS-301-Prozeduren des Anhangs 2, ggf. einschließlich eingriffsbezogener Verbandsleistungen. Punktionen mit Nadeln, Kanülen und Biopsienadeln, sowie Curretagen der Haut und Biopsien der Haut fallen nicht unter die Definition eines operativen Eingriffs." Im Kommentar von Wezel/Liebold zu dieser Präambel heiße es dazu, unter Operation sei ein Eingriff in den menschlichen Körper, d.h. in die körperliche Integrität zu verstehen. Die moderne Medizin zähle dazu nicht mehr nur die traditionelle Form des chirurgischen Handelns, sondern auch invasive, die körperliche Integrität beeinflussende Maßnahmen mittels energetischer, elektromagnetischer oder anderer physikalischer Wellen." Hinsichtlich der Leistungslegende der GNR. 2960 EBM sei daher weiterhin davon auszugehen, dass eine operative Leistung erbracht werden müsse. Die vom Kläger vorgenommene Infiltration zur Facettendenervation mittels Glukoselösung sei zwar in der medizinischen Literatur beschrieben, könne aber mit der GNR 2960 EBM nicht abgerechnet werden.
Am 2.8.2007 erhob der Kläger Klage beim Sozialgericht Stuttgart. Er trug vor, die Facetteninfiltration werde - technisch - wie folgt durchgeführt: Gelenkfacetten L 1 + L 4 in der interspinösen Ebene, 2 cm paraspinal werde die 8-10 cm lange Nadel sagittal bis Knochenkontakt vorgeführt, Aspiration, Injektion. Facette L5/S 1 in der Mitte der Verbindungslinie zwischen Dornfortsatz L4 und Spina iliaca posterior superior senkrecht eingehend bis zum Knochenkontakt und dann gleiches Vorgehen. Bei dieser Technik werde eine 40%-ige Glukoselösung verwendet. Wie in der Literatur nachgewiesen, werde empfohlen, zwei Facetten übereinander oder eine darunter und darüber zu behandeln, da eine polysegmentale Versorgung im Bereich der dorsalen Kapseln vorliege. Zu Unrecht gehe die Beklagte davon aus, dass diese Behandlungsweise von der GNR 2960 EBM nicht erfasst werde, weil nur eine operative Denervation der kleinen Wirbelgelenke (z. B. Facettendenervation) je Bewegungssegment vergütet werde. Der Begriff "interventionell" habe nicht die Bedeutung "medikamentös oder operativ eingreifend", sondern mit "interventionell" bezeichne man Diagnose- oder Therapieverfahren, die - im Gegensatz zu konservativem Vorgehen - gezielte Eingriffe (= Interventionen, von lateinisch: intervenire = dazwischenkommen) am erkrankten Bereich vornähmen, um den Krankheitsverlauf positiv zu beeinflussen. Interventionelle Therapien würden in der Regel von den traditionell gerade nicht chirurgisch arbeitenden medizinischen Disziplinen, wie Radiologen oder Kardiologen eingesetzt. Eine operative Vorgehensweise sei nicht erforderlich; die streitige Leistung könne auch nichtoperativ, nämlich interventionell erbracht werden. Ein "Schnitt" sei nicht notwendig, da die unstreitig nach GNR 2960 EBM abrechenbare Radiofrequenz- und Kryotherapie ebenfalls perkutan, also ohne "Schnitt" durchgeführt werde.
Er verwende eine 40%-ige Glukoselösung, wobei es sich um ein hyperosmolares Gemisch handele, welches den umgebenden Zellen Wasser entziehe (Dehydration), so dass die Zelle absterbe und degeneriere. Dies sei ein Vorteil gegenüber der Radiofrequenztherapie, die eine Carbonisierung des Gewebes, also eine thermische Eiweißdenaturierung bewirke. Bei der Denervierung mittels Kryotherapie komme es wie bei der Radiofrequenztherapie zu einer Beschwerdereduktion von durchschnittlich im Mittel 11,2 Monaten. Bei seiner Behandlungsweise bestehe insofern kein Unterschied zur Radiofrequenz- oder Kryotherapie, da es auch hier nach ca. einem Jahr über eine Aussprossung der Nerven zu einer Erholung der Funktion, allerdings in deutlich geringerer Stärke komme. Wie bei der Radiofrequenz- oder Kryotherapie komme es nicht zu einer "dauerhaften Unterbrechung einer Nervenbahn" in dem Sinne, dass damit ein "endgültiger Zustand" hergestellt und die Nervenbahn "für immer" unterbrochen werde. Das werde auch nicht bei einer operativen Denervation erzielt. Die operative Denervation erfolge so, dass zunächst das Wirbelgelenk (operativ) freigelegt werde und die die Gelenkkapsel versorgenden Nerven unter Benutzung von elektrischer Energie kauterisiert würden. Bei der Elektrokauterisierung handele es sich somit um eine Gewebedestruktion durch Hitzeanwendung. Auch bei dieser Behandlungsmethode komme es nach Monaten zu einem Nachwachsen oder einer Nachsprossung der Nerven, so dass auch durch diese operative Vorgehensweise eine dauerhafte Unterbrechung der Nervenbahn in dem Sinne, dass dies ein endgültiger Zustand sei, nicht eintrete.
Er führe die streitige Behandlung immer unter OP-Bedingungen durch (Mundtuch, Handschuhe, Haube, Abdecktücher, Assistenz usw.) Hierdurch entstünden Materialkosten. Es könne deshalb nicht richtig sein, dass bei diesem Aufwand und der erforderlichen fachlichen Kompetenz, die er benötige, die GNR 2960 EBM nicht anwendbar, vielmehr die erbrachte Leistung Bestandteil der Ordinations- bzw. Konsultationsgebühren sein solle und deshalb nicht gesondert abgerechnet werden könne. Die Denervation der kleinen Wirbelgelenke sei als gezielte interventionelle Maßnahme zur dauerhaften Unterbrechung einer Nervenbahn zu verstehen. Es handele sich nicht um eine Nervenblockade mittels anästhesierender Substanzen, eine Durchleuchtung oder CT-gesteuerte Durchführung sei nicht erforderlich. Die Denervation erfolge nicht mittels Infiltration, sondern mittels einer gezielten Injektion an das Wirbelgelenk, wobei keine Alkohollösung, sondern eine Glukoselösung verwendet werde. Die in der maßgeblichen Vorschrift verwendeten Begriffe wie "interventionelle Maßnahme", "Denervation" und "gezielte und dauerhafte Unterbrechung einer Nervenbahn" seien nicht eindeutig definiert, so dass sich zwangsläufig Widersprüche ergäben. Diese Unklarheiten könnten nicht zu seinen Lasten gehen. Vielmehr sei es Sache der Beklagten, ggf. dafür Sorge zu tragen, dass die Begriffe so eindeutig definiert seien, dass sie von jedermann verstanden werden könnten.
Die Beklagte trug ergänzend vor, die Behandlungsweise des Klägers bewirke keine Denervation, sondern nur eine Nervenblockade. Bei der Injektion von 40%-iger Glukoselösung komme es nach Auffassung der Gutachter gerade nicht zu einer dauerhaften Unterbrechung einer Nervenbahn. Die Nervenleitung werde vielmehr nur vorübergehend unterbrochen. Letztlich komme es hierauf jedoch nicht an. Denn eine Denervation, die mittels Infiltration - und hierunter falle gerade auch die Injektion - erfolge, sei Bestandteil der Ordinations- bzw. Konsultationsgebühren und könne nicht gesondert abgerechnet werden. Nur bei operativen Eingriffen (mit Hautschnitt) oder ähnlichen, auch im Aufwand vergleichbaren Interventionen, wie etwa bei der Kryodenervation, sei die GNR 2960 EBM gesondert abrechenbar. Dies werde dadurch bestätigt, dass auch nur dann die mit der GNR 2960 EBM abrechenbare Zuschlagsnummer für ambulante Operationen nach der Nr. 81 EBM gerechtfertigt sei.
Mit Urteil vom 26.2.2010 wies das Sozialgericht die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, die von der Beklagten durchzuführende Prüfung der Honorarabrechnung auf sachlich-rechnerische Richtigkeit erstrecke sich auf die Frage, ob die abgerechneten Leistungen ordnungsgemäß — somit ohne Verstoß gegen gesetzliche oder vertragliche Bestimmungen mit Ausnahme des Wirtschaftlichkeitsgebotes — erbracht worden seien (vgl. etwa BSG, Urt. v. 8.9.2004, SozR 4-2500 § 39 Nr. 3 Rdnrn. 7, 14, m.w.N. und Urt. v. 28.9.2005, - B 6 KA 14/04 R -). Die Beklagte habe die streitigen Ansätze der GNR 2960 und 81 EBM (Fassung ab 1.7.2002) zu Recht berichtigt. Die GNR 2960 EBM sei bei Durchführung einer Facetteninfiltration mittels Injektionsbehandlung nicht abrechenbar. Auch liege keine nach GNR 81 EBM abrechenbare Operationsleistung vor.
Nach der Rechtsprechung des BSG seien Vergütungstatbestände entsprechend ihrem Wortlaut und -sinn auszulegen und anzuwenden (vgl. u.a. BSG, Urt. v. 28.4.2004, - B 6 KA 19/03 R - und Urt. v. 8.9.2004, - B 6 KA 46/03 R - ) Dies sei maßgebend (vgl. BSG, Urt. v. 2.4.2003, - B 6 KA 28/02 R -) und könne nur in engen Grenzen durch die systematische und/oder entstehungsgeschichtliche Interpretation ergänzt werden. Eine ausdehnende Auslegung oder gar eine Analogie sei unzulässig. Darüber hinaus seien ausschließlich betriebswirtschaftliche Aspekte aus den Praxen der betroffenen Arztgruppe ebenso wenig geeignet, die Rechtswidrigkeit einer EBM-Regelung zu begründen wie von einer bestimmten Fachgruppe vorgebrachte fachmedizinische Argumente (vgl. BSG, Urt. v. 16.5.2001, - B 6 KA 20/00 R -).
Die GNR 2960 EBM sei bei der vom Kläger durchgeführten Facetteninfiltration mittels Injektion einer Glukoselösung schon deshalb nicht abrechenbar, weil keine Denervation im Sinne einer gezielten und dauerhaften Unterbrechung einer Nervenbahn bewirkt werde. Das habe Dr. F. schlüssig dargelegt. Danach werde die Nervenbahn durch die Injektion einer Glukoselösung nicht unterbrochen - erst Recht nicht dauerhaft -, sondern es erfolge lediglich eine biochemische Inaktivation durch osmotische Effekte, die zudem nur eine gewisse Zeit vorhalte, was auch der Kläger nicht in Abrede stelle. Insoweit sei auch nach der Einschätzung des Berufsverbands der Neurochirurgen (BDNC) zwischen der Facetteninfiltration einerseits und neuroablativen Thermoläsionen mit ungleich höherem Aufwand und weit höherer Nachhaltigkeit zu unterscheiden (s. dazu Leifeld, Facettenthermoläsion in ZFaNch 3/2008, 16 f.).
Nach dem klaren Willen des Normgebers sollten bestimmte Behandlungsformen der kleinen Wirbelgelenke, wie eine Infiltration, auch dann, wenn sie zu einer Denervation führen könnten, nicht gesondert über die GNR 2960 EBM abrechenbar sein. Eine Injektionsbehandlung durch Infiltration solle vielmehr Bestandteil der Ordinations- bzw. Konsultationsgebühren sein (Wezel/Liebold, Handkommentar zum BMÄ, E-GO und EBM, GNR Komm. zu 2960 EBM). Diese Einschätzung werde durch die Gesamtsystematik des EBM in der ab 1.7.2002 geltenden Fassung bestätigt. Die Ordinations- und Konsultationskomplexe fassten eine Reihe früher als Einzelleistungen abgerechneter Leistungspositionen zusammen (vgl. BSG, Urt. v. 11.4.2002, - B 3 KR 25/01 R -). In diese komplexen Leistungen seien u.a. die früheren Beratungen, symptombezogenen Untersuchungen, eingehenden Untersuchungen einzelner Organsysteme, kleine Verbände, i.m. und i.v. Injektionen einbezogen worden (Wezel/Liebold, a.a.O., Komm a) zu GNR 1). Die Einbeziehung bestimmter Einzelleistungen habe man dadurch kompensiert, dass zum 1.7.2002, also zeitgleich mit der Änderung der GNR 2960 EBM, auch die GNR 1 geändert worden sei. Die vom Bewertungsausschuss durch Änderung der Gebührennummern 16 und 1 EBM zum 1.7.2002 vollzogene Neubestimmung von Inhalt und Bewertung der zur kontinuierlichen Betreuung von Rheumapatienten erbrachten Leistungen sei von dessen Gestaltungsspielraum gedeckt und daher rechtlich nicht zu beanstanden (LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 19.9.2007, - L 5 KA 4288/06 -). Insbesondere sei der Bewertungsausschuss, der bei der Höherbewertung der Ordinationsgebühr ab 1.7.2002 auch zwischen Orthopäden mit rheumatologischem Schwerpunkt und Orthopäden ohne solchen Schwerpunkt unterschieden habe, nicht verpflichtet gewesen, diese generalisierende Regelung durch flankierende Bestimmungen für den Fall der Erschöpfung der Praxisbudgets zu ergänzen.
Der Zusammenhang zwischen dem Leistungsinhalt der GNR 2960 EBM und der Höherbewertung der GNR 1 EBM zeige, dass - und aus welchem Grund - Injektionsbehandlungen nach dem Willen des Normgebers über die Ordinations- und Konsultationsgebühren abgegolten sein sollten, während andere Behandlungsformen der Facettendenervation weiterhin gesondert abgerechnet werden könnten. Diese Differenzierung, die sich (möglicherweise) an der Einschätzung orientiere, dass der Aufwand für Facetteninfiltrationen geringer sei als bei sonstigen Denervationsmethoden (dazu Leifeld, a.a.O., S. 17), sei vom Gestaltungsspielraum des Bewertungsausschusses gedeckt. Es sei im Übrigen vorrangig Aufgabe des Bewertungsausschusses, im EBM auftretende Unklarheiten und Regelungslücken zu beseitigen. Die Gerichte dürften grundsätzlich nicht überprüfen, ob der Normgeber jeweils die zweckmäßigste, vernünftigste und gerechteste Lösung gefunden habe (BSG SozR 3-2500 § 87 Nr. 15). Anhaltspunkte dafür, dass der Bewertungsausschuss seine Regelungskompetenz missbräuchlich, d.h. von sachfremden Erwägungen getragen, ausgeübt hätte, bestünden nicht.
Auf das ihm am 10.3.2010 zugestellte Urteil hat der Kläger am 22.3.2010 Berufung eingelegt. Er bekräftigt sein bisheriges Vorbringen. Auch bei seiner Behandlungsmethode werde eine gezielte und dauerhafte Unterbrechung einer Nervenbahn herbeigeführt, allerdings nicht im Sinne einer dauerhaften Unterbrechung als endgültigem Zustand; das gelte auch für Behandlungsmethoden, die nach Auffassung der Beklagten gem. GNR 2960 EBM abrechenbar seien. Seine Behandlungsmethode stelle eine komplexe Injektionsbehandlung dar und sei vom Aufwand und der Vorgehensweise im Prinzip identisch mit der nach GNR 2960 EBM abrechenbaren Behandlungsform "Radiofrequenz- oder Kryotherapie" und wegen ihrer Komplexität auch nicht Bestandteil der Ordinations- bzw. Konsultationsgebühren. Er nehme i. S. d. GNR 2960 EBM eine interventionelle Maßnahme, die (im medizinischen Sinne) nachweislich eine Denervation der kleinen Wirbelgelenke bewirke, vor.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 26.2.2010 und den Kürzungsbescheid der Beklagten vom 3.3.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 3.7.2007 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und bezieht sich im Übrigen auf die Begründung der angefochtenen Bescheide und ihr Vorbringen im Klageverfahren.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist gem. §§ 143, 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) bei einem Kürzungsbetrag von 13.791,90 EUR ohne Zulassung durch das Sozialgericht statthaft und auch sonst zulässig. Sie ist aber nicht begründet, die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig.
I. Rechtsgrundlage des angefochtenen Kürzungsbescheids sind die Bestimmungen in § 45 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 BMV-Ä und § 34 Abs. 4 Satz 1 und 2 EKV-Ä. Danach obliegt den Kassenärztlichen Vereinigungen die Prüfung der von den Vertragsärzten vorgelegten Abrechnungen ihrer vertragsärztlichen Leistungen hinsichtlich der sachlich-rechnerischen Richtigkeit. Dies gilt insbesondere für die Anwendung des Regelwerkes. Die Kassenärztliche Vereinigung berichtigt die Honorarforderung des Vertragsarztes bei Fehlern hinsichtlich der sachlich-rechnerischen Richtigkeit. Der leicht abweichende Wortlaut des § 34 Abs. 4 EKV-Ä enthält in der Sache keine andere Regelung. Die Prüfung auf sachlich-rechnerische Richtigkeit einer Abrechnung erstreckt sich auf die Frage, ob die abgerechneten Leistungen ordnungsgemäß - also ohne Verstoß gegen gesetzliche oder vertragliche Bestimmungen mit Ausnahme des Wirtschaftlichkeitsgebotes - erbracht worden sind (vgl. Senatsbeschluss vom 5.4.2007, - L 5 KA 28/06 -; auch BSG, Urt. v. 18.8.2010, - B 6 23/09 R -).
Soweit es auf die Auslegung der vertragsärztlichen Gebührenordnung ankommt, ist in erster Linie der Wortlaut der jeweiligen Leistungslegende maßgeblich. Das vertragliche Regelwerk dient nämlich dem Ausgleich der unterschiedlichen Interessen zwischen Ärzten und Krankenkassen, und es ist vorrangig Aufgabe des Bewertungsausschusses selbst, darin auftretende Unklarheiten zu beseitigen. Ergänzend ist es statthaft, zur Klarstellung des Wortlauts der Leistungslegende eine systematische Interpretation im Sinne einer Gesamtschau der im inneren Zusammenhang stehenden vergleichbaren oder ähnlichen Gebührenregelungen vorzunehmen. Eine entstehungsgeschichtliche Auslegung unklarer oder mehrdeutiger Regelungen kommt nur in Betracht, wenn Dokumente vorliegen, in denen die Urheber der Bestimmungen diese in der Zeit ihrer Entstehung selbst erläutert haben. Leistungsbeschreibungen dürfen weder ausdehnend ausgelegt noch analog angewandt werden (vgl. Senatsurteil vom 13.12.2006, - 5 KA 5574/05 -; BSG, Urt. v. 18.8.2010, - B 6 23/09 R -).
Die hier maßgebliche Bestimmung des EBM (Fassung ab 1.7.2002) lautet wie folgt:
Denervation der kleinen Wirbelgelenke (z. B. Facettendenervation), je Bewegungssegment 700 Punkte Zuschlag für ambulantes Operieren: Nr. 81 Allgemeine Bestimmung: Interventionelle Maßnahme, die nachweislich eine Denervation der kleinen Wirbelgelenke bewirken, sind nach Nr. 2960 abzurechnen.
II. Davon ausgehend hat die Beklagte das Vertragsarzthonorar des Klägers im (streitigen) Quartal 3/04 zu Recht sachlich-rechnerisch berichtigt und die Ansätze der GNR 2960 EBM zu Recht gestrichen. Der Kläger hat mit der in Rede stehenden Behandlungsmethode den Leistungsinhalt dieser GNR nicht erbracht.
Das Sozialgericht hat im einzelnen zutreffend dargelegt, weshalb die Behandlungsmethode des Klägers nach GNR 2960 EBM nicht abgerechnet werden kann; der Senat nimmt auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG). Ergänzend ist anzumerken:
Auch nach Auffassung des - mit sachkundigen ehrenamtlichen Richtern besetzten - Senats bewirkt die vom Kläger vorgenommene Injektion einer Glukoselösung in die Facettengelenke keine Denervation i. S. d. GNR 2960 EBM. Dies setzt nämlich - ungeachtet des auch bei unstreitig als Denervation einzustufenden Behandlungen möglichen Nachwachsens von Nervenbahnen - eine dauerhafte Unterbrechung der Nervenbahn voraus, wozu es bei der Behandlungsmethode des Klägers von vornherein nicht kommt. Diese bewirkt - anders als bspw. neuroablative Thermoläsionen - nur eine vorübergehende Nervenblockade durch osmotische Effekte.
Die Injektion einer Glukoselösung kann außerdem nicht als interventionelle Maßnahme i. S. d. GNR 2960 EBM eingestuft werden. Darunter ist hier entgegen der Auffassung des Klägers ein operativ eingreifendes Verfahren zu verstehen. Das folgt daraus, dass neben der GNR 2960 EBM die GNR 81 EBM abgerechnet werden kann, die Zuschläge für die erforderliche Vor- und Nachsorge, einschließlich der Bereitstellung von Operationseinrichtungen, bei der ambulanten Durchführung von Operationen vorsieht. Mit der Bezugnahme auf die GNR 81 EBM geht der Bewertungsausschuss erkennbar davon aus, dass die Leistung nach GNR 2960 EBM im Zuge einer ambulanten Operation erbracht wird. Die Injektion einer Glukoselösung erfolgt aber nicht durch Operation, auch wenn der Kläger offenbar unter Operationsbedingungen arbeitet. Die Beklagte hat in ihrem Widerspruchsbescheid, auf dessen Begründung ergänzend Bezug genommen wird (§§ 153 Abs. 1, 136 Abs. 3 SGG), zutreffend dargelegt, was unter einer Operation im hier maßgeblichen Sinne zu verstehen ist. Erforderlich ist (soweit hier von Belang) die chirurgisch-instrumentelle Eröffnung der Haut oder Schleimhaut (vgl. die entsprechende Definition in der Präambel zu ambulanten und belegärztlichen Operationen - Abschnitt 31.2 - unter Nr. 31.2.1 Nr. 1 EBM 2000plus). Dies nimmt der Kläger bei seiner Behandlungsmethode nicht vor. Er injiziert die Glukoselösung ohne (vorherige) chirurgisch-instrumentelle Eröffnung der Haut. Daran ändert es nichts, dass die Methode des Klägers sich nach eigener Darstellung als komplexes Vorgehen darstellt, das als Bestandteil der Ordinations- bzw. Konsultationsgebühren nicht ausreichend honoriert werde. Die Gerichte haben die GNRN des EBM - wie dargelegt - eng nach dem Wortlaut auszulegen und die Einstufungen des Bewertungsausschusses grundsätzlich hinzunehmen; Anhaltspunkte für hier möglicherweise beachtliche Rechtsverstöße des Bewertungsausschusses gibt es nicht.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 154 Abs. 2 VwGO.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 52 Abs. 3 GKG.
Der Kläger trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.
Der Streitwert wird auch für das Berufungsverfahren auf 13.791,90 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen eine Kürzung seines Honorars für das Quartal 3/04 im Wege der sachlich-rechnerischen Berichtigung.
Der Kläger ist Facharzt für Orthopädie und Chirurgie und in Pf. zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen.
Mit Bescheid vom 3.3.2006 kürzte die Beklagte das Honorar des Klägers für das Quartal 3/04 um 13.791,90 EUR. Die Ansätze für die Gebührennummer (GNR) 2960 des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs für Ärztliche Leistungen in der Fassung ab 1.7.2002 (EBM) für vom Kläger durchgeführte Facetteninfiltrationen im Bereich der Lendenwirbelsäule bei arthrogenem Schmerz wurden gestrichen. Zugleich wurde die Zuschlagsleistung nach GNR 81 EBM gestrichen. Zur Begründung führte die Beklagte aus, der Kläger nehme eine Facetteninfiltration vor, indem mit einer langen Nadel ein 40%ige Glukoselösung injiziert werde. Das bewirke aber nur eine Nervenblockade und nicht, wie in GNR 2960 EBM vorausgesetzt, eine dauerhafte Unterbrechung der Nervenbahn. Die für die GNR 81 EBM erforderliche Operationsleistung sei ebenfalls nicht erbracht worden. Ein weiterer Kürzungsbescheid erging unter dem 7.9.2007 (Quartale 1,2 und 4/04 und Quartal 1/05; Kürzungsbetrag 44.586,25 EUR); dieser Bescheid ist nicht Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens.
Die im Quartal 3/04 noch gültige und mit 700 Punkten bewertete GNR 2960 EBM hat folgenden Wortlaut: Denervation der kleinen Wirbelgelenke (z. B. Facettendenervation), je Bewegungssegment 700 Punkte Zuschlag für ambulantes Operieren: Nr. 81 (800 Punkte) Allgemeine Bestimmung: Interventionelle Maßnahme, die nachweislich eine Denervation der kleinen Wirbelgelenke bewirken, sind nach Nr. 2960 abzurechnen.
Dem Kürzungsbescheid lag die Stellungnahme des Dr. F. vom 10.10.2005 zugrunde. Darin heißt es, aus der einschlägigen Kommentierung des EBM gehe hervor, dass eine Denervation mittels Infiltration Bestandteil der Ordinations- bzw. Konsultationsgebühr sei. Zudem sei klar definiert, dass eine Denervation eine gezielte und dauerhafte Unterbrechung einer Nervenbahn bedeute. Diese Anforderungen erfülle die Infiltration nicht, auch die GNR 81 sei in diesen Fällen nicht abrechenbar.
Der Kläger erhob Widerspruch. Er trug vor, die GNR 2960 sei nicht auf eine bestimmte Fachgruppe begrenzt. Nach Auskunft der Fachverbände könne eine Hackett-Barbor-Lösung, also eine 40%-ige Glukoselösung, zu einer chemischen Denaturierung führen (myelinisierten C-Fasern und A-delta-Fasern). Nach Monaten komme es dann zu einer Sprossung der verbliebenen Fasern und einer Regeneration auf geringem Niveau, identisch bei der thermischen Denaturierung der Nozigeneratoren der Kapsel oder aber auch der Radiofrequenztherapie und Kryotherapie. Tatsache sei die Denervierung der Facettengelenke. Die KBV bestätige in ihrem KBV-Chat, dass insoweit methodenunabhängige Verfahren angewendet werden könnten, allerdings nur eine Facette abgerechnet werden dürfe. Bei diesen konträren Auffassungen müsse ein Kompromiss gefunden werden.
In der ergänzenden Stellungnahme vom 7.7.2006 führte Dr. F. aus, eine von ihm durchgeführte Umfrage bei mehreren Orthopäden aus mehreren Bundesländern, insbesondere auch aus dem Bereich der KV Sch.-H., habe ergeben, dass die GNR 2960 EBM allein bei operativen Eingriffen (mit Hautschnitt) und ähnlichen Interventionen z.B. Kryodenervation abzurechnen sei. Eine Infiltrationsbehandlung sei nicht nach GNR 2960 abzurechnen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 3.7.2007 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie aus, zum 1.7.2002 sei zwar die Leistungslegende der GNR 2960 abgeändert und das darin zuvor enthaltene Wort "operative" gestrichen worden sei. Gleichzeitig sei aber eine allgemeine Bestimmung beigefügt worden mit dem Wortlaut: "Interventionelle Maßnahmen, die nachweislich eine Denervation der kleinen Wirbelgelenke je Bewegungssegment bewirken, sind nach Nr. 2960 abzurechnen". Hierbei sei zu berücksichtigen, dass der Begriff "interventionell" medikamentös oder operativ eingreifend bedeute (Duden-Wörterbuch "Medizinische Fachausdrücke"). Berücksichtige man außerdem, dass nach wie vor der Zuschlag für ambulantes Operieren nach GNR 81 für die GNR 2960 ansetzbar sei und auch mit angesetzt worden sei, komme es auf die Definition des Begriffs Operation an. Nach dem Kommentar von Wezel/Liebold zu dem Kapitel B 6 "ambulante Operationen" sei unter dem Begriff operative Leistung bzw. Operation jeder chirurgische Eingriff zur Diagnostik, Therapie oder mit dem Ziel der kosmetischen Veränderung in die Unversehrtheit des lebenden Körpers, aber auch zur Wundversorgung zu verstehen. Nach der Präambel zum Kapitel 31.2 des EBM 2000plus sei die ambulante oder belegärztliche Operation wie folgt definiert (Nr. 1 der Präambel): "Als ambulante oder belegärztliche Operation gelten ärztliche Leistungen mit chirurgisch-instrumenteller Eröffnung der Haut oder Schleimhaut oder der Wundverschluss von eröffneten Strukturen der Haut und/oder Schleimhaut mindestens in Oberflächenanästhesie sowie Leistungen entsprechend den OPS-301-Prozeduren des Anhangs 2, ggf. einschließlich eingriffsbezogener Verbandsleistungen. Punktionen mit Nadeln, Kanülen und Biopsienadeln, sowie Curretagen der Haut und Biopsien der Haut fallen nicht unter die Definition eines operativen Eingriffs." Im Kommentar von Wezel/Liebold zu dieser Präambel heiße es dazu, unter Operation sei ein Eingriff in den menschlichen Körper, d.h. in die körperliche Integrität zu verstehen. Die moderne Medizin zähle dazu nicht mehr nur die traditionelle Form des chirurgischen Handelns, sondern auch invasive, die körperliche Integrität beeinflussende Maßnahmen mittels energetischer, elektromagnetischer oder anderer physikalischer Wellen." Hinsichtlich der Leistungslegende der GNR. 2960 EBM sei daher weiterhin davon auszugehen, dass eine operative Leistung erbracht werden müsse. Die vom Kläger vorgenommene Infiltration zur Facettendenervation mittels Glukoselösung sei zwar in der medizinischen Literatur beschrieben, könne aber mit der GNR 2960 EBM nicht abgerechnet werden.
Am 2.8.2007 erhob der Kläger Klage beim Sozialgericht Stuttgart. Er trug vor, die Facetteninfiltration werde - technisch - wie folgt durchgeführt: Gelenkfacetten L 1 + L 4 in der interspinösen Ebene, 2 cm paraspinal werde die 8-10 cm lange Nadel sagittal bis Knochenkontakt vorgeführt, Aspiration, Injektion. Facette L5/S 1 in der Mitte der Verbindungslinie zwischen Dornfortsatz L4 und Spina iliaca posterior superior senkrecht eingehend bis zum Knochenkontakt und dann gleiches Vorgehen. Bei dieser Technik werde eine 40%-ige Glukoselösung verwendet. Wie in der Literatur nachgewiesen, werde empfohlen, zwei Facetten übereinander oder eine darunter und darüber zu behandeln, da eine polysegmentale Versorgung im Bereich der dorsalen Kapseln vorliege. Zu Unrecht gehe die Beklagte davon aus, dass diese Behandlungsweise von der GNR 2960 EBM nicht erfasst werde, weil nur eine operative Denervation der kleinen Wirbelgelenke (z. B. Facettendenervation) je Bewegungssegment vergütet werde. Der Begriff "interventionell" habe nicht die Bedeutung "medikamentös oder operativ eingreifend", sondern mit "interventionell" bezeichne man Diagnose- oder Therapieverfahren, die - im Gegensatz zu konservativem Vorgehen - gezielte Eingriffe (= Interventionen, von lateinisch: intervenire = dazwischenkommen) am erkrankten Bereich vornähmen, um den Krankheitsverlauf positiv zu beeinflussen. Interventionelle Therapien würden in der Regel von den traditionell gerade nicht chirurgisch arbeitenden medizinischen Disziplinen, wie Radiologen oder Kardiologen eingesetzt. Eine operative Vorgehensweise sei nicht erforderlich; die streitige Leistung könne auch nichtoperativ, nämlich interventionell erbracht werden. Ein "Schnitt" sei nicht notwendig, da die unstreitig nach GNR 2960 EBM abrechenbare Radiofrequenz- und Kryotherapie ebenfalls perkutan, also ohne "Schnitt" durchgeführt werde.
Er verwende eine 40%-ige Glukoselösung, wobei es sich um ein hyperosmolares Gemisch handele, welches den umgebenden Zellen Wasser entziehe (Dehydration), so dass die Zelle absterbe und degeneriere. Dies sei ein Vorteil gegenüber der Radiofrequenztherapie, die eine Carbonisierung des Gewebes, also eine thermische Eiweißdenaturierung bewirke. Bei der Denervierung mittels Kryotherapie komme es wie bei der Radiofrequenztherapie zu einer Beschwerdereduktion von durchschnittlich im Mittel 11,2 Monaten. Bei seiner Behandlungsweise bestehe insofern kein Unterschied zur Radiofrequenz- oder Kryotherapie, da es auch hier nach ca. einem Jahr über eine Aussprossung der Nerven zu einer Erholung der Funktion, allerdings in deutlich geringerer Stärke komme. Wie bei der Radiofrequenz- oder Kryotherapie komme es nicht zu einer "dauerhaften Unterbrechung einer Nervenbahn" in dem Sinne, dass damit ein "endgültiger Zustand" hergestellt und die Nervenbahn "für immer" unterbrochen werde. Das werde auch nicht bei einer operativen Denervation erzielt. Die operative Denervation erfolge so, dass zunächst das Wirbelgelenk (operativ) freigelegt werde und die die Gelenkkapsel versorgenden Nerven unter Benutzung von elektrischer Energie kauterisiert würden. Bei der Elektrokauterisierung handele es sich somit um eine Gewebedestruktion durch Hitzeanwendung. Auch bei dieser Behandlungsmethode komme es nach Monaten zu einem Nachwachsen oder einer Nachsprossung der Nerven, so dass auch durch diese operative Vorgehensweise eine dauerhafte Unterbrechung der Nervenbahn in dem Sinne, dass dies ein endgültiger Zustand sei, nicht eintrete.
Er führe die streitige Behandlung immer unter OP-Bedingungen durch (Mundtuch, Handschuhe, Haube, Abdecktücher, Assistenz usw.) Hierdurch entstünden Materialkosten. Es könne deshalb nicht richtig sein, dass bei diesem Aufwand und der erforderlichen fachlichen Kompetenz, die er benötige, die GNR 2960 EBM nicht anwendbar, vielmehr die erbrachte Leistung Bestandteil der Ordinations- bzw. Konsultationsgebühren sein solle und deshalb nicht gesondert abgerechnet werden könne. Die Denervation der kleinen Wirbelgelenke sei als gezielte interventionelle Maßnahme zur dauerhaften Unterbrechung einer Nervenbahn zu verstehen. Es handele sich nicht um eine Nervenblockade mittels anästhesierender Substanzen, eine Durchleuchtung oder CT-gesteuerte Durchführung sei nicht erforderlich. Die Denervation erfolge nicht mittels Infiltration, sondern mittels einer gezielten Injektion an das Wirbelgelenk, wobei keine Alkohollösung, sondern eine Glukoselösung verwendet werde. Die in der maßgeblichen Vorschrift verwendeten Begriffe wie "interventionelle Maßnahme", "Denervation" und "gezielte und dauerhafte Unterbrechung einer Nervenbahn" seien nicht eindeutig definiert, so dass sich zwangsläufig Widersprüche ergäben. Diese Unklarheiten könnten nicht zu seinen Lasten gehen. Vielmehr sei es Sache der Beklagten, ggf. dafür Sorge zu tragen, dass die Begriffe so eindeutig definiert seien, dass sie von jedermann verstanden werden könnten.
Die Beklagte trug ergänzend vor, die Behandlungsweise des Klägers bewirke keine Denervation, sondern nur eine Nervenblockade. Bei der Injektion von 40%-iger Glukoselösung komme es nach Auffassung der Gutachter gerade nicht zu einer dauerhaften Unterbrechung einer Nervenbahn. Die Nervenleitung werde vielmehr nur vorübergehend unterbrochen. Letztlich komme es hierauf jedoch nicht an. Denn eine Denervation, die mittels Infiltration - und hierunter falle gerade auch die Injektion - erfolge, sei Bestandteil der Ordinations- bzw. Konsultationsgebühren und könne nicht gesondert abgerechnet werden. Nur bei operativen Eingriffen (mit Hautschnitt) oder ähnlichen, auch im Aufwand vergleichbaren Interventionen, wie etwa bei der Kryodenervation, sei die GNR 2960 EBM gesondert abrechenbar. Dies werde dadurch bestätigt, dass auch nur dann die mit der GNR 2960 EBM abrechenbare Zuschlagsnummer für ambulante Operationen nach der Nr. 81 EBM gerechtfertigt sei.
Mit Urteil vom 26.2.2010 wies das Sozialgericht die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, die von der Beklagten durchzuführende Prüfung der Honorarabrechnung auf sachlich-rechnerische Richtigkeit erstrecke sich auf die Frage, ob die abgerechneten Leistungen ordnungsgemäß — somit ohne Verstoß gegen gesetzliche oder vertragliche Bestimmungen mit Ausnahme des Wirtschaftlichkeitsgebotes — erbracht worden seien (vgl. etwa BSG, Urt. v. 8.9.2004, SozR 4-2500 § 39 Nr. 3 Rdnrn. 7, 14, m.w.N. und Urt. v. 28.9.2005, - B 6 KA 14/04 R -). Die Beklagte habe die streitigen Ansätze der GNR 2960 und 81 EBM (Fassung ab 1.7.2002) zu Recht berichtigt. Die GNR 2960 EBM sei bei Durchführung einer Facetteninfiltration mittels Injektionsbehandlung nicht abrechenbar. Auch liege keine nach GNR 81 EBM abrechenbare Operationsleistung vor.
Nach der Rechtsprechung des BSG seien Vergütungstatbestände entsprechend ihrem Wortlaut und -sinn auszulegen und anzuwenden (vgl. u.a. BSG, Urt. v. 28.4.2004, - B 6 KA 19/03 R - und Urt. v. 8.9.2004, - B 6 KA 46/03 R - ) Dies sei maßgebend (vgl. BSG, Urt. v. 2.4.2003, - B 6 KA 28/02 R -) und könne nur in engen Grenzen durch die systematische und/oder entstehungsgeschichtliche Interpretation ergänzt werden. Eine ausdehnende Auslegung oder gar eine Analogie sei unzulässig. Darüber hinaus seien ausschließlich betriebswirtschaftliche Aspekte aus den Praxen der betroffenen Arztgruppe ebenso wenig geeignet, die Rechtswidrigkeit einer EBM-Regelung zu begründen wie von einer bestimmten Fachgruppe vorgebrachte fachmedizinische Argumente (vgl. BSG, Urt. v. 16.5.2001, - B 6 KA 20/00 R -).
Die GNR 2960 EBM sei bei der vom Kläger durchgeführten Facetteninfiltration mittels Injektion einer Glukoselösung schon deshalb nicht abrechenbar, weil keine Denervation im Sinne einer gezielten und dauerhaften Unterbrechung einer Nervenbahn bewirkt werde. Das habe Dr. F. schlüssig dargelegt. Danach werde die Nervenbahn durch die Injektion einer Glukoselösung nicht unterbrochen - erst Recht nicht dauerhaft -, sondern es erfolge lediglich eine biochemische Inaktivation durch osmotische Effekte, die zudem nur eine gewisse Zeit vorhalte, was auch der Kläger nicht in Abrede stelle. Insoweit sei auch nach der Einschätzung des Berufsverbands der Neurochirurgen (BDNC) zwischen der Facetteninfiltration einerseits und neuroablativen Thermoläsionen mit ungleich höherem Aufwand und weit höherer Nachhaltigkeit zu unterscheiden (s. dazu Leifeld, Facettenthermoläsion in ZFaNch 3/2008, 16 f.).
Nach dem klaren Willen des Normgebers sollten bestimmte Behandlungsformen der kleinen Wirbelgelenke, wie eine Infiltration, auch dann, wenn sie zu einer Denervation führen könnten, nicht gesondert über die GNR 2960 EBM abrechenbar sein. Eine Injektionsbehandlung durch Infiltration solle vielmehr Bestandteil der Ordinations- bzw. Konsultationsgebühren sein (Wezel/Liebold, Handkommentar zum BMÄ, E-GO und EBM, GNR Komm. zu 2960 EBM). Diese Einschätzung werde durch die Gesamtsystematik des EBM in der ab 1.7.2002 geltenden Fassung bestätigt. Die Ordinations- und Konsultationskomplexe fassten eine Reihe früher als Einzelleistungen abgerechneter Leistungspositionen zusammen (vgl. BSG, Urt. v. 11.4.2002, - B 3 KR 25/01 R -). In diese komplexen Leistungen seien u.a. die früheren Beratungen, symptombezogenen Untersuchungen, eingehenden Untersuchungen einzelner Organsysteme, kleine Verbände, i.m. und i.v. Injektionen einbezogen worden (Wezel/Liebold, a.a.O., Komm a) zu GNR 1). Die Einbeziehung bestimmter Einzelleistungen habe man dadurch kompensiert, dass zum 1.7.2002, also zeitgleich mit der Änderung der GNR 2960 EBM, auch die GNR 1 geändert worden sei. Die vom Bewertungsausschuss durch Änderung der Gebührennummern 16 und 1 EBM zum 1.7.2002 vollzogene Neubestimmung von Inhalt und Bewertung der zur kontinuierlichen Betreuung von Rheumapatienten erbrachten Leistungen sei von dessen Gestaltungsspielraum gedeckt und daher rechtlich nicht zu beanstanden (LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 19.9.2007, - L 5 KA 4288/06 -). Insbesondere sei der Bewertungsausschuss, der bei der Höherbewertung der Ordinationsgebühr ab 1.7.2002 auch zwischen Orthopäden mit rheumatologischem Schwerpunkt und Orthopäden ohne solchen Schwerpunkt unterschieden habe, nicht verpflichtet gewesen, diese generalisierende Regelung durch flankierende Bestimmungen für den Fall der Erschöpfung der Praxisbudgets zu ergänzen.
Der Zusammenhang zwischen dem Leistungsinhalt der GNR 2960 EBM und der Höherbewertung der GNR 1 EBM zeige, dass - und aus welchem Grund - Injektionsbehandlungen nach dem Willen des Normgebers über die Ordinations- und Konsultationsgebühren abgegolten sein sollten, während andere Behandlungsformen der Facettendenervation weiterhin gesondert abgerechnet werden könnten. Diese Differenzierung, die sich (möglicherweise) an der Einschätzung orientiere, dass der Aufwand für Facetteninfiltrationen geringer sei als bei sonstigen Denervationsmethoden (dazu Leifeld, a.a.O., S. 17), sei vom Gestaltungsspielraum des Bewertungsausschusses gedeckt. Es sei im Übrigen vorrangig Aufgabe des Bewertungsausschusses, im EBM auftretende Unklarheiten und Regelungslücken zu beseitigen. Die Gerichte dürften grundsätzlich nicht überprüfen, ob der Normgeber jeweils die zweckmäßigste, vernünftigste und gerechteste Lösung gefunden habe (BSG SozR 3-2500 § 87 Nr. 15). Anhaltspunkte dafür, dass der Bewertungsausschuss seine Regelungskompetenz missbräuchlich, d.h. von sachfremden Erwägungen getragen, ausgeübt hätte, bestünden nicht.
Auf das ihm am 10.3.2010 zugestellte Urteil hat der Kläger am 22.3.2010 Berufung eingelegt. Er bekräftigt sein bisheriges Vorbringen. Auch bei seiner Behandlungsmethode werde eine gezielte und dauerhafte Unterbrechung einer Nervenbahn herbeigeführt, allerdings nicht im Sinne einer dauerhaften Unterbrechung als endgültigem Zustand; das gelte auch für Behandlungsmethoden, die nach Auffassung der Beklagten gem. GNR 2960 EBM abrechenbar seien. Seine Behandlungsmethode stelle eine komplexe Injektionsbehandlung dar und sei vom Aufwand und der Vorgehensweise im Prinzip identisch mit der nach GNR 2960 EBM abrechenbaren Behandlungsform "Radiofrequenz- oder Kryotherapie" und wegen ihrer Komplexität auch nicht Bestandteil der Ordinations- bzw. Konsultationsgebühren. Er nehme i. S. d. GNR 2960 EBM eine interventionelle Maßnahme, die (im medizinischen Sinne) nachweislich eine Denervation der kleinen Wirbelgelenke bewirke, vor.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 26.2.2010 und den Kürzungsbescheid der Beklagten vom 3.3.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 3.7.2007 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und bezieht sich im Übrigen auf die Begründung der angefochtenen Bescheide und ihr Vorbringen im Klageverfahren.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist gem. §§ 143, 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) bei einem Kürzungsbetrag von 13.791,90 EUR ohne Zulassung durch das Sozialgericht statthaft und auch sonst zulässig. Sie ist aber nicht begründet, die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig.
I. Rechtsgrundlage des angefochtenen Kürzungsbescheids sind die Bestimmungen in § 45 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 BMV-Ä und § 34 Abs. 4 Satz 1 und 2 EKV-Ä. Danach obliegt den Kassenärztlichen Vereinigungen die Prüfung der von den Vertragsärzten vorgelegten Abrechnungen ihrer vertragsärztlichen Leistungen hinsichtlich der sachlich-rechnerischen Richtigkeit. Dies gilt insbesondere für die Anwendung des Regelwerkes. Die Kassenärztliche Vereinigung berichtigt die Honorarforderung des Vertragsarztes bei Fehlern hinsichtlich der sachlich-rechnerischen Richtigkeit. Der leicht abweichende Wortlaut des § 34 Abs. 4 EKV-Ä enthält in der Sache keine andere Regelung. Die Prüfung auf sachlich-rechnerische Richtigkeit einer Abrechnung erstreckt sich auf die Frage, ob die abgerechneten Leistungen ordnungsgemäß - also ohne Verstoß gegen gesetzliche oder vertragliche Bestimmungen mit Ausnahme des Wirtschaftlichkeitsgebotes - erbracht worden sind (vgl. Senatsbeschluss vom 5.4.2007, - L 5 KA 28/06 -; auch BSG, Urt. v. 18.8.2010, - B 6 23/09 R -).
Soweit es auf die Auslegung der vertragsärztlichen Gebührenordnung ankommt, ist in erster Linie der Wortlaut der jeweiligen Leistungslegende maßgeblich. Das vertragliche Regelwerk dient nämlich dem Ausgleich der unterschiedlichen Interessen zwischen Ärzten und Krankenkassen, und es ist vorrangig Aufgabe des Bewertungsausschusses selbst, darin auftretende Unklarheiten zu beseitigen. Ergänzend ist es statthaft, zur Klarstellung des Wortlauts der Leistungslegende eine systematische Interpretation im Sinne einer Gesamtschau der im inneren Zusammenhang stehenden vergleichbaren oder ähnlichen Gebührenregelungen vorzunehmen. Eine entstehungsgeschichtliche Auslegung unklarer oder mehrdeutiger Regelungen kommt nur in Betracht, wenn Dokumente vorliegen, in denen die Urheber der Bestimmungen diese in der Zeit ihrer Entstehung selbst erläutert haben. Leistungsbeschreibungen dürfen weder ausdehnend ausgelegt noch analog angewandt werden (vgl. Senatsurteil vom 13.12.2006, - 5 KA 5574/05 -; BSG, Urt. v. 18.8.2010, - B 6 23/09 R -).
Die hier maßgebliche Bestimmung des EBM (Fassung ab 1.7.2002) lautet wie folgt:
Denervation der kleinen Wirbelgelenke (z. B. Facettendenervation), je Bewegungssegment 700 Punkte Zuschlag für ambulantes Operieren: Nr. 81 Allgemeine Bestimmung: Interventionelle Maßnahme, die nachweislich eine Denervation der kleinen Wirbelgelenke bewirken, sind nach Nr. 2960 abzurechnen.
II. Davon ausgehend hat die Beklagte das Vertragsarzthonorar des Klägers im (streitigen) Quartal 3/04 zu Recht sachlich-rechnerisch berichtigt und die Ansätze der GNR 2960 EBM zu Recht gestrichen. Der Kläger hat mit der in Rede stehenden Behandlungsmethode den Leistungsinhalt dieser GNR nicht erbracht.
Das Sozialgericht hat im einzelnen zutreffend dargelegt, weshalb die Behandlungsmethode des Klägers nach GNR 2960 EBM nicht abgerechnet werden kann; der Senat nimmt auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG). Ergänzend ist anzumerken:
Auch nach Auffassung des - mit sachkundigen ehrenamtlichen Richtern besetzten - Senats bewirkt die vom Kläger vorgenommene Injektion einer Glukoselösung in die Facettengelenke keine Denervation i. S. d. GNR 2960 EBM. Dies setzt nämlich - ungeachtet des auch bei unstreitig als Denervation einzustufenden Behandlungen möglichen Nachwachsens von Nervenbahnen - eine dauerhafte Unterbrechung der Nervenbahn voraus, wozu es bei der Behandlungsmethode des Klägers von vornherein nicht kommt. Diese bewirkt - anders als bspw. neuroablative Thermoläsionen - nur eine vorübergehende Nervenblockade durch osmotische Effekte.
Die Injektion einer Glukoselösung kann außerdem nicht als interventionelle Maßnahme i. S. d. GNR 2960 EBM eingestuft werden. Darunter ist hier entgegen der Auffassung des Klägers ein operativ eingreifendes Verfahren zu verstehen. Das folgt daraus, dass neben der GNR 2960 EBM die GNR 81 EBM abgerechnet werden kann, die Zuschläge für die erforderliche Vor- und Nachsorge, einschließlich der Bereitstellung von Operationseinrichtungen, bei der ambulanten Durchführung von Operationen vorsieht. Mit der Bezugnahme auf die GNR 81 EBM geht der Bewertungsausschuss erkennbar davon aus, dass die Leistung nach GNR 2960 EBM im Zuge einer ambulanten Operation erbracht wird. Die Injektion einer Glukoselösung erfolgt aber nicht durch Operation, auch wenn der Kläger offenbar unter Operationsbedingungen arbeitet. Die Beklagte hat in ihrem Widerspruchsbescheid, auf dessen Begründung ergänzend Bezug genommen wird (§§ 153 Abs. 1, 136 Abs. 3 SGG), zutreffend dargelegt, was unter einer Operation im hier maßgeblichen Sinne zu verstehen ist. Erforderlich ist (soweit hier von Belang) die chirurgisch-instrumentelle Eröffnung der Haut oder Schleimhaut (vgl. die entsprechende Definition in der Präambel zu ambulanten und belegärztlichen Operationen - Abschnitt 31.2 - unter Nr. 31.2.1 Nr. 1 EBM 2000plus). Dies nimmt der Kläger bei seiner Behandlungsmethode nicht vor. Er injiziert die Glukoselösung ohne (vorherige) chirurgisch-instrumentelle Eröffnung der Haut. Daran ändert es nichts, dass die Methode des Klägers sich nach eigener Darstellung als komplexes Vorgehen darstellt, das als Bestandteil der Ordinations- bzw. Konsultationsgebühren nicht ausreichend honoriert werde. Die Gerichte haben die GNRN des EBM - wie dargelegt - eng nach dem Wortlaut auszulegen und die Einstufungen des Bewertungsausschusses grundsätzlich hinzunehmen; Anhaltspunkte für hier möglicherweise beachtliche Rechtsverstöße des Bewertungsausschusses gibt es nicht.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 154 Abs. 2 VwGO.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 52 Abs. 3 GKG.
Rechtskraft
Aus
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