Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
8
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 2 SB 141/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 SB 1626/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 4. März 2010 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Neufeststellung eines höheren Grades der Behinderung (GdB) nach dem Neunten Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) streitig.
Bei dem 1948 geborenen Kläger stellte das Versorgungsamt H. in Ausführung eines beim Sozialgericht Mannheim (SG) im Klageverfahren S 10 Vs 2586/95 geschlossenen Vergleiches mit Bescheid vom 23.07.1996 wegen eines chronischen Lumbalsyndroms mit Nervenwurzelreizerscheinungen bei Bandscheibenvorfall und einer chronischen Magenschleimhautentzündung den GdB mit 30 fest.
Am 29.01.2008 beantragte der Kläger beim nunmehr zuständigen Versorgungsamt R. (VA) die Erhöhung des GdB. Das VA zog medizinische Untersuchungsunterlagen bei (Dr. A. vom 24.01.2008, Diagnose: gering ausgeprägte, chronische, weitgehend inaktive Typ C/R-Gastritis; Befundbericht vom 18.01.2008, Diagnose: kleine Hiatusgleithernie; Bericht Dr. Z. vom 10.01.2008, Diagnosen: Degeneration der Rotatorenmanschette rechts und Bursitis subacromialis rechts). Das VA ließ die beigezogenen medizinischen Unterlagen durch seinen Ärztlichen Dienst auswerten. Dr. St. schlug in der gutachtlichen Stellungnahme vom 27.02.2008 wegen einer Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, Bandscheibenschaden, Nervenwurzelreizerscheinungen und Schulter-Arm-Syndrom (Teil-GdB 30) sowie einer chronischen Magenschleimhautentzündung (Teil-GdB 10) den GdB weiterhin mit 30 vor. Eine Refluxkrankheit der Speiseröhre und eine kleine Hiatushernie bedingten keine Funktionsbeeinträchtigung (GdB unter 10).
Mit Bescheid vom 13.03.2008 entsprach das VA dem Antrag des Klägers auf Neufeststellung des GdB nicht. Hiergegen legte der Kläger am 15.04.2008 Widerspruch ein. Er machte zur Begründung ständige Schmerzen im Lendenwirbelsäulenbereich, im Bereich der Hüfte, taube Zehen und Fußballen, geschwollene Füße sowie eine Sehminderung links geltend und legte den ärztlichen Entlassungsbericht der Klinik L. an die BfA vom 18.07.2001 vor. Das VA holte Befundangaben von Dr. Sa. vom 15.08.2008 zum Sehvermögen des Klägers ein (Visus rechts 0,9, links 0,4; beidseits Linsentrübungen) und zog weitere medizinische Befundunterlagen bei (Dr. He. vom 23.05.2008, Diagnose: Distal-symmetrische Polyneuropathie; Dr. Z. vom 24.04.2008, Diagnosen: Verdacht auf Polyneuropathie, enger lumbaler Spinalkanal, Lumboischialgie und Coxarthrose beidseits). Das VA holte die weitere gutachtliche Stellungnahme seines ärztlichen Dienstes vom 20.10.2008 (Dr. S. ) ein, in der unter zusätzlicher Berücksichtigung einer Polyneuropathie und einer Sehminderung mit einem Teil-GdB von jeweils 10 der Gesamt-GdB weiterhin mit 30 vorgeschlagen wurde. Mit Widerspruchsbescheid vom 15.12.2008 wies das Regierungspräsidium Stuttgart - Landesversorgungsamt - den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 13.03.2008 zurück.
Am 14.01.2009 erhob der Kläger Klage beim SG, mit der er einen GdB von mindestens 50 geltend machte. Er trug zur Begründung vor, eine Hüfterkrankung sei zusätzlich zu berücksichtigen. Die vom Beklagten berücksichtigten Gesundheitsstörungen seien zu gering bewertet. Die Beschwerden der Sehminderung hätten sich verschlimmert.
Das SG hörte den Augenarzt Dr. Sa. und den Neurologen und Psychiater Dr. He. schriftlich als sachverständige Zeugen an. Dr. Sa. teilte in seiner Stellungnahme vom 27.04.2009 den Behandlungsverlauf sowie die erhobenen Befunde mit und schätzte auf augenärztlichem Gebiet den GdB auf 10 ein. Dr. He. teilte in seiner Stellungnahme vom 30.04.2009 unter Vorlage der Befundberichte von Dr. O. vom 30.08.2004 und Dr. He. vom 23.05.2008 (Diagnose: Distal-symmetrische Polyneuropathie) den Behandlungsverlauf und die erhobenen Befunde mit. Zu einer Einschätzung des GdB sah er sich nicht in der Lage.
Außerdem holte das SG das orthopädische Gutachten des Dr. Re. vom 16.07.2009 ein. Dr. Re. diagnostizierte beim Kläger Verschleißveränderungen der Halswirbelsäule mit Einengung der Nervenaustrittsöffnungen in Höhe C5/6 mit endgradiger Bewegungseinschränkung, Abnutzungserscheinungen im mittleren und unteren Brustwirbelsäulendrittel bei geringfügig vermehrter Rundrückenfehlhaltung mit endgradiger Einschränkung der Entfaltbarkeit und noch ausreichender muskulärer Leistungsfähigkeit, deutliche Verschleißveränderungen der unteren Lendenwirbelsäule sowie Bandscheibenschaden in Höhe L5/S1 mit wiederkehrender belastungsabhängiger Schmerz- und Reizsymptomatik und endgradiger Einschränkung der Beweglichkeit ohne weitergehende neurologische Ausfallerscheinungen, mittelgradige Verschleißveränderungen des rechten Hüftgelenkes, Kapselverkalkung, einen leichtgradigen Verschleiß des linken Hüftgelenkes mit belastungsabhängiger Schmerz- und Reizsymptomatik, leichte bis mittelgradige Verschleißveränderungen in beiden Schultergelenken mit belastungsabhängiger Schmerz- und Reizsymptomatik und auf nicht orthopädischem Gebiet eine Polyneuropathie beider Unterschenkel und eine Einschränkung der Sehfähigkeit des linken Auges. Für den Wirbelsäulenschaden bewertete Dr. Re. den Teil-GdB mit 30 sowie für die Verschleißveränderungen des rechten Hüftgelenkes sowie beider Schultergelenke den Teil-GdB jeweils mit 10 und unter Berücksichtigung der Polyneuropathie und einer Einschränkung der Sehfähigkeit des linken Auges mit einem Teil-GdB von jeweils 10 den Gesamt-GdB mit 30.
Der Kläger brachte gegen das Gutachten des Dr. Re. unter Vorlage des ärztlichen Attestes von Dr. Z. vom 21.09.2009 Einwendungen vor und erachtete hinsichtlich der Hüftgelenke sowie der Schultergelenke einen Teil-GdB von jeweils 20 für sachgerecht. Weiter bestünden Sehprobleme bei Arbeiten am PC.
Mit Gerichtsbescheid vom 04.03.2010 wies das SG - gestützt auf das Gutachten des Dr. Re. - die Klage ab. Es führte zur Begründung aus, für die Erkrankungen im Bereich der gesamten Wirbelsäule sei der GdB mit 30 zutreffend und ausreichend bewertet. Die Beurteilung des Dr. Z. , die Beschwerden im Bereich der Hüftgelenke und der Schultern seien jeweils mit einem GdB von 20 zu bemessen, sei nicht überzeugend. Ausgehend von einem GdB von 30 für die orthopädischen Erkrankungen des Klägers führten seine weiteren Leiden zu keiner Erhöhung dieses Teil-GdB. Der Kläger sei aufgrund der vorliegenden Sehschwäche, die einen GdB von 5 verursache, nicht wesentlich beeinträchtigt. Entsprechendes gelte für die Polyneuropathie.
Gegen den dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 11.03.2010 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger durch seine Prozessbevollmächtigten am 08.04.2010 Berufung eingelegt. Der Kläger hat zur Begründung vorgetragen, das SG sei nicht nachvollziehbar der Einschätzung des Dr. Z. vom 21.09.2009 nicht gefolgt. Bei der Begutachtung durch Dr. Re. habe sein körperlicher Zustand aufgrund eines mehrwöchigen Erholungsurlaubes nicht dem alltäglichen Zustand entsprochen. Die Polyneuropathie sei mit einem GdB von lediglich 10 ungenügend berücksichtigt worden. Das SG gehe auch zu Unrecht davon aus, dass eine Bewertung der neurologischen Erkrankung durch einen Facharzt für Orthopädie erfolgen könne.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 4. März 2010 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 13. März 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15. Dezember 2008 zu verurteilen, bei ihm einen Grad der Behinderung von mindestens 50 seit dem 29. Januar 2008 festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend. Das Berufungsbegehren des Klägers werde vom objektiven medizinischen Sachverhalt nicht getragen. Der Beklagte hat die versorgungsärztliche Stellungnahme des Dr. K. vom 07.02.2011 vorgelegt.
Der Senat hat Dr. Z. schriftlich als sachverständigen Zeugen angehört. Dr. Z. hat in seiner Stellungnahme vom 25.10.2010 unter Vorlage von Befundberichten den Behandlungsverlauf, die erhobenen Befunde und Diagnosen (chronisch rezidivierende Lumboischialgie bei Neuroforaminastenose und begleitender Chondrose, Coxarthrose beidseits, rezidivierendes Schulter-Nacken-Arm-Syndrom, Degeneration der Rotatorenmanschette rechts und Polyneuropathie) mitgeteilt.
Außerdem hat der Senat von Amts wegen das orthopädische Gutachten des Dr. Schu. vom 21.07.2011 und das nervenärztliche Zusatzgutachten des Dr. W. vom 05.07.2011 eingeholt. Dr. W. gelangte in seinem Gutachten zu der Beurteilung, auf seinem Fachgebiet leide der Kläger bei sonst normalem neuropsychiatrischen Befund an einer leichten sensiblen symmetrischen distalen Polyneuropathie beider Füße ohne motorische Ausfallerscheinungen und bewertete hierfür den Teil-GdB mit 10. Dr. Schu. gelangte in seinem Gutachten zu der Bewertung, beim Kläger bestehe eine leichte Funktionsbehinderung der Wirbelsäule bei degenerativen Veränderungen (Teil-GdB 20) sowie eine leichte Funktionsbehinderung der Hüftgelenke (Teil-GdB 10). Eine geringgradige Bewegungseinschränkung des rechten Schultergelenkes erreiche nicht das Ausmaß einer Behinderung. Unter Mitberücksichtigung der Polyneuropathie, einer chronischen Magenschleimhautentzündung sowie einer Sehschwäche links mit einem Teil-GdB von jeweils 10 schätzte Dr. Schu. den Gesamt-GdB auf 30 ein.
Weiter hat der Senat auf Antrag des Klägers gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) das orthopädische Gutachten des Dr. M. vom 30.05.2012 eingeholt. Dr. M. gelangte in seinem Gutachten zu der Bewertung, beim Kläger bestünden deutliche Verschleißerscheinungen der unteren Lendenwirbelsäule und ein schwerer Bandscheibenschaden L5/S1 mit Schmerz- und Reizsymptomatik im rechten Bein, Abnutzungserscheinungen der Brustwirbelsäule mit verminderter Beweglichkeit und Verschleißerscheinungen der Halswirbelsäule mit Einengung der Nervenaustrittsöffnungen C5/6 und geringer Bewegungseinschränkung (Teil-GdB 30), schwere Verschleißerscheinungen des rechten Hüftgelenkes mit geringgradiger Einschränkung der Drehfähigkeit des rechten Hüftgelenkes und Schmerz- und Reizsymptomatik sowie leichtgradige Verschleißveränderungen des linken Hüftgelenkes (Teil-GdB 10), eine schmerzhafte Bewegungseinschränkung der Schultergelenke durch Verschleiß der Rotatorenmanschette und beidseitige Entzündung der langen Bizepssehne bei funktioneller Enge unter dem Schulterdach und beginnendem Verschleiß des Schultereckgelenkes rechts (Teil-GdB 10). Unter zusätzlicher Berücksichtigung der Polyneuropathie, einer Einschränkung der Sehfähigkeit des linken Auges und einer chronischen Magenschleimhautentzündung (jeweils-Teil GdB 10) schätzte Dr. M. den Gesamt-GdB auf 30 ein.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie ein Band Verwaltungsakten des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet. Der angegriffene Bescheid des Beklagten vom 13.03.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.12.2008 ist rechtmäßig. Der angefochtene Gerichtsbescheid des SG ist nicht zu beanstanden. Dem Kläger steht kein Anspruch auf Neufeststellung des GdB von über 30 zu.
Rechtsgrundlage des Neufeststellungsbegehrens des Klägers ist § 48 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X). Nach § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den rechtlichen und tatsächlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Eine wesentliche Änderung im Hinblick auf den GdB gegenüber einer vorausgegangenen Feststellung liegt nur dann vor, wenn im Vergleich zu den den GdB bestimmenden Funktionsausfällen, wie sie der letzten Feststellung des GdB tatsächlich zugrunde gelegen haben, insgesamt eine Änderung eingetreten ist, die einen um wenigstens 10 geänderten Gesamt-GdB bedingt. Dabei ist die Bewertung nicht völlig neu, wie bei der Erstentscheidung, vorzunehmen. Vielmehr ist zur Feststellung der Änderung ein Vergleich mit den für die letzte bindend gewordene Feststellung der Behinderung maßgebenden Befunden und behinderungsbedingten Funktionseinbußen anzustellen. Eine ursprünglich falsche Entscheidung kann dabei grundsätzlich nicht korrigiert werden, da die Bestandskraft zu beachten ist. Sie ist lediglich in dem Maße durchbrochen, wie eine nachträgliche Veränderung eingetreten ist. Dabei kann sich ergeben, dass das Zusammenwirken der Funktionsausfälle im Ergebnis trotz einer gewissen Verschlimmerung unverändert geblieben ist. Rechtsverbindlich anerkannt bleibt nur die festgestellte Behinderung mit ihren tatsächlichen Auswirkungen, wie sie im letzten Bescheid in den Gesamt GdB eingeflossen, aber nicht als einzelne (Teil-)GdB gesondert festgesetzt worden sind. Auch der Gesamt-GdB ist nur insofern verbindlich, als er im Sinne des § 48 Abs. 3 SGB X bestandsgeschützt ist, nicht aber in der Weise, dass beim Hinzutreten neuer Behinderungen der darauf entfallende Teil-GdB dem bisherigen Gesamt-GdB nach den maßgebenden Bewertungsmaßstäben - ohne Gesamtwürdigung - hinzuzurechnen ist (vgl. BSG SozR 1300 § 48 Nr. 29). Die Verwaltung ist nach § 48 SGB X berechtigt, eine Änderung zugunsten und eine Änderung zuungunsten des Behinderten in einem Bescheid festzustellen und im Ergebnis eine Änderung zu versagen, wenn sich beide Änderungen gegenseitig aufheben (BSG SozR 3-3870 § 3 Nr. 5).
Nach § 2 Abs. 1 SGB IX sind Menschen behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Die Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft werden als Grad der Behinderung, nach Zehnergraden abgestuft, festgestellt (§ 69 Abs. 1 Satz 4 SGB IX). Die Maßstäbe des § 30 Abs. 1 des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) und der aufgrund des § 30 Abs. 16 BVG erlassenen und am 01.01.2009 in Kraft getretenen Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV) vom 10.12.2008 gelten entsprechend (§ 69 Abs. 1 Satz 5 SGB IX), so dass ab 01.01.2009 die "Versorgungsmedizinischen Grundsätze" (Anlage zu § 2 VersMedV - VG -) anstelle der "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht 2008" (AHP) heranzuziehen sind. In den VG ist ebenso wie in den AHP (BSG, Urteil vom 01.09.1999 - B 9 V 25/98 R - SozR 3-3100 § 30 Nr. 22) der medizinische Kenntnisstand für die Beurteilung von Behinderungen wiedergegeben. Dadurch wird eine für den behinderten Menschen nachvollziehbare, dem medizinischen Kenntnisstand entsprechende Festsetzung des GdB ermöglicht (ständige Senatsrechtsprechung).
Nach § 69 Abs. 3 SGB IX ist zu beachten, dass bei Vorliegen mehrerer Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft der GdB nach den Auswirkungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung der wechselseitigen Beziehungen festzustellen ist. Bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen sind zwar zunächst Einzel-GdB zu bilden, bei der Ermittlung des Gesamt-GdB durch alle Funktionsbeeinträchtigungen dürfen die einzelnen Werte jedoch nicht addiert werden. Auch andere Rechenmethoden sind für die Bildung des Gesamt-GdB ungeeignet (vgl. Teil A Nr. 3 der VG). In der Regel ist von der Behinderung mit dem höchsten Einzel-GdB auszugehen und zu prüfen, ob und inwieweit das Ausmaß der Behinderung durch die anderen Behinderungen größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdB 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden (VG a.a.O.). Ein Einzel-GdB von 10 führt in der Regel nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung, auch bei leichten Behinderungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen (Teil A Nr. 3 der VG). Der Gesamt-GdB ist unter Beachtung dieser Grundsätze in freier richterlicher Beweiswürdigung sowie aufgrund richterlicher Erfahrung unter Hinzuziehung von Sachverständigengutachten zu bilden (vgl. BSGE 62, 209, 213; BSG SozR 3870 § 3 Nr. 26 und SozR 3-3879 § 4 Nr. 5, jeweils zu den AHP).
Hiervon ausgehend beträgt der Gesamt-GdB beim Kläger unverändert nicht mehr als 30. Der Senat gelangt mit dem SG zu dem Ergebnis, dass beim Kläger im Vergleich zu den dem Bescheid vom 23.07.1996 zugrunde liegenden gesundheitlichen Verhältnissen eine wesentliche Änderung nicht eingetreten ist, die die Anhebung des GdB auf über 30 rechtfertigt. Ein GdB von mehr als 30 liegt nicht vor, wie das SG im angefochtenen Gerichtsbescheid zutreffend begründet hat. Der Senat gelangt nach eigener Überprüfung zum gleichen Ergebnis. Er schließt sich den hierzu gemachten Ausführungen des SG in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Gerichtsbescheids zur Begründung seiner eigenen Entscheidung an, auf die er zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug nimmt (§ 153 Abs. 2 SGG).
Ergänzend und im Hinblick auf das Berufungsverfahren bleibt auszuführen:
Die vom Senat durchgeführten Ermittlungen haben bestätigt, dass beim Kläger im Vergleich zum Bescheid vom 23.07.1996 keine Verschlimmerung seines Gesundheitszustandes eingetreten ist, die eine Neufeststellung des GdB mit mehr als 30 rechtfertigt. Hiervon gehen übereinstimmend das vom Senat von Amts wegen eingeholte orthopädische Gutachten von Dr. Schu. vom 21.07.2011 – unter Berücksichtigung des neurologischen Zusatzgutachtens von Dr. W. vom 05.07.2011 – sowie das auf Antrag des Klägers gemäß § 109 SGG eingeholte Gutachten von Dr. M. vom 30.05.2012 aus. Beide Gutachter gelangen in ihren Gutachten zu der Bewertung, dass beim Kläger trotz neu hinzugetretenen Gesundheitsstörungen der GdB weiterhin mit 30 zu bewerten ist. Damit liegt eine wesentliche Änderung im Sinne des § 48 SGB X beim Kläger nicht vor. Ihre Bewertungen, denen sich der Senat anschließt, entsprechen (auf orthopädischem Gebiet) nach den in den Gutachten beschriebenen Befunden den rechtlichen Vorgaben der VG sowie den Vorgaben der AHP.
Das Berufungsvorbringen des Klägers rechtfertigt keine andere Bewertung.
Entgegen der Ansicht des Klägers ist die vorliegende Polyneuropathie mit einem Teil-GdB von 10, der nach den oben dargestellten Grundsätzen zur Bildung des Gesamt GdB nicht erhöhend zu berücksichtigen ist, angemessen. Nach dem Zusatzgutachten des Dr. W. vom 05.07.2011 besteht beim Kläger - bei sonst normalem neuropsychiatrischem Befund - eine sensible symmetrische distale Polyneuropathie beider Füße. Diese ruft jedoch keine motorischen Ausfallerscheinungen (Lähmungen oder Muskelschwäche/-minderung) hervor. Die motorische Leistung ist nicht eingeschränkt. Das Gangbild und der Abrollvorgang im Barfußgang sind normal, Zehen- und Hackengang sowie Einbeinstand und Einbeinhüpfen sind möglich. Nach den VG Teil B 3.11 sind für die Bewertung des GdB bei Polyneuropathien die Funktionsbeeinträchtigungen aufgrund motorischer Ausfälle (mit Muskelatrophien), sensibler Störungen oder Kombinationen von beiden maßgeblich. Entsprechendes galt nach den AHP (Teil A 26.3). Solche motorischen Ausfälle liegen nach den von Dr. W. in seinem Gutachten beschriebenen Befunde beim Kläger nicht vor, weshalb die funktionell geringen Behinderungen durch die Polyneuropathie in Form der sensiblen Störung durch Dr. W. mit einem Teil-GdB von 10 zur Überzeugung des Senates angemessen bewertet sind.
Die Funktionsbehinderung an den Hüftgelenken bedingt entgegen der Ansicht des Klägers ebenfalls noch keinen Teil-GdB von 20. Nach den VG Teil B 18.14 und den AHP Teil A 26.18 rechtfertigt eine Bewegungseinschränkung der Hüftgelenke geringen Grades (z.B. Streckung/Beugung bis zu 0-10-90° mit entsprechender Einschränkung der Dreh- und Spreizfähigkeit) einseitig einen Teil-GdB von 10 bis 20 und beidseitig von 20 bis 30. Eine solche Bewegungseinschränkung wird weder in dem vom SG eingeholten Gutachten von Dr. Re. vom 16.07.2009 (0-0-120° beidseits) noch in den im Berufungsverfahren eingeholten Gutachten von Dr. Schu. vom 21.07.2011 (10-0-120° beidseits) und Dr. M. vom 30.05.2012 (0-0-120° beidseits) beschrieben. Diese allenfalls geringgradige Einschränkung der Hüftgelenksfunktion rechtfertigt nach den dargestellten Vorgaben der VG und der AHP für sich noch keinen Teil-GdB von wenigstens 10. Aufgrund der radiologisch erkennbaren Veränderungen muss jedoch beim Kläger von einer Belastungseinschränkung der Hüftgelenke ausgegangen werden (Anlaufschmerz), die nach den übereinstimmenden überzeugenden Bewertungen von Dr. Schu. und Dr. M. in ihren Gutachten mit keinem höheren Teil-GdB als 10 zu bewerten sind. Dem entspricht auch die Bewertung durch Dr. Re. in seinem Gutachten vom 16.06.2009. Diesen Bewertungen schließt sich der Senat an. Sonstige Funktionsbehinderungen der Hüftgelenke des Klägers, die einen Teil-GdB von über 10 rechtfertigen sind in den Gutachten von Dr. Re., Dr. Schu. und Dr. M. nicht beschrieben und auch sonst nicht ersichtlich.
Entsprechendes gilt für Verschleißveränderungen in beiden Schultergelenken des Klägers. Dr. Re. beschreibt in seinem Gutachten eine freie Beweglichkeit der Schultergelenke beidseits. Auch Dr. Schu. und Dr. M. beschreiben in ihren Gutachten keine Einschränkung der Schultergelenksbeweglichkeit beidseits, die nach den VG Teil B 18.13 bzw. den AHP Teil A 26.18 einen Teil-GdB von 10 rechtfertigen (Armhebung nur bis 120° mit entsprechender Einschränkung der Dreh- und Spreizfähigkeit). Eine solche Bewegungseinschränkung liegt beim Kläger nicht vor. Damit kann beim Kläger hinsichtlich der Schultergelenke allenfalls von einem Teil-GdB von 10 ausgegangen werden, wie Dr. Re. und Dr. M. in ihrem Gutachten übereinstimmend angenommen haben. Demgegenüber geht Dr. Schu. hinsichtlich der Schultergelenke des Klägers von keiner Teil-GdB-relevanten Behinderung aus. Auch sonst werden in den eingeholten Gutachten von Dr. Re. , Dr. Schu. und Dr. M. keine Funktionsbehinderungen der Schultergelenke des Klägers beschrieben, die einen Teil-GdB von über 10 rechtfertigen.
Auch die Sehminderung des Klägers bedingt keinen höheren Teil-GdB als 10. Nach der schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage von Dr. Sa. an das SG vom 27.04.2009 besteht beim Kläger eine Sehschärfe des linken Auges von 0,4 bei normaler Sehschärfe des rechten Auges (1,0). Nach den VG Teil B 4.3 - und den AHP Teil A 26.4 - GdB-Tabelle der DOG - rechtfertigt die Sehminderung des linken Auges einen Teil-GdB von 5. Eine sonstige zusätzlich zu berücksichtigende Einschränkung des Sehvermögens des Klägers beschreibt Dr. Sa. nicht. Soweit Dr. Sa. unter Berücksichtigung des Gesamtbefundes (zusätzlich Verlust des räumlichen Sehens und erhöhte Blendungsempfindlichkeit) den Teil-GdB mit 10 annimmt, lässt sich diese Ansicht nicht mit den Vorgaben der VG und den AHP in Einklang bringen. Insbesondere ist dem Kläger nach den weiteren Aussagen von Dr. Sa. ein grobes räumliches Sehen möglich und ist zudem die Einschränkung des räumlichen Sehvermögens in den Vorgaben der GdB-Tabelle der DOG (zwangsläufig) mit einbezogen.
Dass beim Kläger hinsichtlich der Funktionsbehinderung der Wirbelsäule im Vergleich zu den dem Bescheid vom 23.07.1996 zu Grunde liegenden gesundheitlichen Verhältnisse eine wesentliche Verschlimmerung eingetreten ist, lässt sich den eingeholten Gutachten von Dr. Re. , Dr. Schu. , Dr. W. und Dr. M. nicht entnehmen und ist auch sonst nicht ersichtlich und wird im Übrigen vom Kläger auch nicht geltend gemacht. Entsprechendes gilt für die Magenschleimhautentzündung des Klägers.
Anlass für weitere Ermittlungen besteht nicht. Der Senat hält den entscheidungserheblichen Sachverhalt durch die zu den Akten gelangten medizinischen Unterlagen und die vom SG sowie im Berufungsverfahren durchgeführten Ermittlungen für geklärt. Neue Gesichtspunkte, die Anlass zu weiteren Ermittlungen geben, hat der Kläger im Berufungsverfahren nicht aufgezeigt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Neufeststellung eines höheren Grades der Behinderung (GdB) nach dem Neunten Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) streitig.
Bei dem 1948 geborenen Kläger stellte das Versorgungsamt H. in Ausführung eines beim Sozialgericht Mannheim (SG) im Klageverfahren S 10 Vs 2586/95 geschlossenen Vergleiches mit Bescheid vom 23.07.1996 wegen eines chronischen Lumbalsyndroms mit Nervenwurzelreizerscheinungen bei Bandscheibenvorfall und einer chronischen Magenschleimhautentzündung den GdB mit 30 fest.
Am 29.01.2008 beantragte der Kläger beim nunmehr zuständigen Versorgungsamt R. (VA) die Erhöhung des GdB. Das VA zog medizinische Untersuchungsunterlagen bei (Dr. A. vom 24.01.2008, Diagnose: gering ausgeprägte, chronische, weitgehend inaktive Typ C/R-Gastritis; Befundbericht vom 18.01.2008, Diagnose: kleine Hiatusgleithernie; Bericht Dr. Z. vom 10.01.2008, Diagnosen: Degeneration der Rotatorenmanschette rechts und Bursitis subacromialis rechts). Das VA ließ die beigezogenen medizinischen Unterlagen durch seinen Ärztlichen Dienst auswerten. Dr. St. schlug in der gutachtlichen Stellungnahme vom 27.02.2008 wegen einer Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, Bandscheibenschaden, Nervenwurzelreizerscheinungen und Schulter-Arm-Syndrom (Teil-GdB 30) sowie einer chronischen Magenschleimhautentzündung (Teil-GdB 10) den GdB weiterhin mit 30 vor. Eine Refluxkrankheit der Speiseröhre und eine kleine Hiatushernie bedingten keine Funktionsbeeinträchtigung (GdB unter 10).
Mit Bescheid vom 13.03.2008 entsprach das VA dem Antrag des Klägers auf Neufeststellung des GdB nicht. Hiergegen legte der Kläger am 15.04.2008 Widerspruch ein. Er machte zur Begründung ständige Schmerzen im Lendenwirbelsäulenbereich, im Bereich der Hüfte, taube Zehen und Fußballen, geschwollene Füße sowie eine Sehminderung links geltend und legte den ärztlichen Entlassungsbericht der Klinik L. an die BfA vom 18.07.2001 vor. Das VA holte Befundangaben von Dr. Sa. vom 15.08.2008 zum Sehvermögen des Klägers ein (Visus rechts 0,9, links 0,4; beidseits Linsentrübungen) und zog weitere medizinische Befundunterlagen bei (Dr. He. vom 23.05.2008, Diagnose: Distal-symmetrische Polyneuropathie; Dr. Z. vom 24.04.2008, Diagnosen: Verdacht auf Polyneuropathie, enger lumbaler Spinalkanal, Lumboischialgie und Coxarthrose beidseits). Das VA holte die weitere gutachtliche Stellungnahme seines ärztlichen Dienstes vom 20.10.2008 (Dr. S. ) ein, in der unter zusätzlicher Berücksichtigung einer Polyneuropathie und einer Sehminderung mit einem Teil-GdB von jeweils 10 der Gesamt-GdB weiterhin mit 30 vorgeschlagen wurde. Mit Widerspruchsbescheid vom 15.12.2008 wies das Regierungspräsidium Stuttgart - Landesversorgungsamt - den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 13.03.2008 zurück.
Am 14.01.2009 erhob der Kläger Klage beim SG, mit der er einen GdB von mindestens 50 geltend machte. Er trug zur Begründung vor, eine Hüfterkrankung sei zusätzlich zu berücksichtigen. Die vom Beklagten berücksichtigten Gesundheitsstörungen seien zu gering bewertet. Die Beschwerden der Sehminderung hätten sich verschlimmert.
Das SG hörte den Augenarzt Dr. Sa. und den Neurologen und Psychiater Dr. He. schriftlich als sachverständige Zeugen an. Dr. Sa. teilte in seiner Stellungnahme vom 27.04.2009 den Behandlungsverlauf sowie die erhobenen Befunde mit und schätzte auf augenärztlichem Gebiet den GdB auf 10 ein. Dr. He. teilte in seiner Stellungnahme vom 30.04.2009 unter Vorlage der Befundberichte von Dr. O. vom 30.08.2004 und Dr. He. vom 23.05.2008 (Diagnose: Distal-symmetrische Polyneuropathie) den Behandlungsverlauf und die erhobenen Befunde mit. Zu einer Einschätzung des GdB sah er sich nicht in der Lage.
Außerdem holte das SG das orthopädische Gutachten des Dr. Re. vom 16.07.2009 ein. Dr. Re. diagnostizierte beim Kläger Verschleißveränderungen der Halswirbelsäule mit Einengung der Nervenaustrittsöffnungen in Höhe C5/6 mit endgradiger Bewegungseinschränkung, Abnutzungserscheinungen im mittleren und unteren Brustwirbelsäulendrittel bei geringfügig vermehrter Rundrückenfehlhaltung mit endgradiger Einschränkung der Entfaltbarkeit und noch ausreichender muskulärer Leistungsfähigkeit, deutliche Verschleißveränderungen der unteren Lendenwirbelsäule sowie Bandscheibenschaden in Höhe L5/S1 mit wiederkehrender belastungsabhängiger Schmerz- und Reizsymptomatik und endgradiger Einschränkung der Beweglichkeit ohne weitergehende neurologische Ausfallerscheinungen, mittelgradige Verschleißveränderungen des rechten Hüftgelenkes, Kapselverkalkung, einen leichtgradigen Verschleiß des linken Hüftgelenkes mit belastungsabhängiger Schmerz- und Reizsymptomatik, leichte bis mittelgradige Verschleißveränderungen in beiden Schultergelenken mit belastungsabhängiger Schmerz- und Reizsymptomatik und auf nicht orthopädischem Gebiet eine Polyneuropathie beider Unterschenkel und eine Einschränkung der Sehfähigkeit des linken Auges. Für den Wirbelsäulenschaden bewertete Dr. Re. den Teil-GdB mit 30 sowie für die Verschleißveränderungen des rechten Hüftgelenkes sowie beider Schultergelenke den Teil-GdB jeweils mit 10 und unter Berücksichtigung der Polyneuropathie und einer Einschränkung der Sehfähigkeit des linken Auges mit einem Teil-GdB von jeweils 10 den Gesamt-GdB mit 30.
Der Kläger brachte gegen das Gutachten des Dr. Re. unter Vorlage des ärztlichen Attestes von Dr. Z. vom 21.09.2009 Einwendungen vor und erachtete hinsichtlich der Hüftgelenke sowie der Schultergelenke einen Teil-GdB von jeweils 20 für sachgerecht. Weiter bestünden Sehprobleme bei Arbeiten am PC.
Mit Gerichtsbescheid vom 04.03.2010 wies das SG - gestützt auf das Gutachten des Dr. Re. - die Klage ab. Es führte zur Begründung aus, für die Erkrankungen im Bereich der gesamten Wirbelsäule sei der GdB mit 30 zutreffend und ausreichend bewertet. Die Beurteilung des Dr. Z. , die Beschwerden im Bereich der Hüftgelenke und der Schultern seien jeweils mit einem GdB von 20 zu bemessen, sei nicht überzeugend. Ausgehend von einem GdB von 30 für die orthopädischen Erkrankungen des Klägers führten seine weiteren Leiden zu keiner Erhöhung dieses Teil-GdB. Der Kläger sei aufgrund der vorliegenden Sehschwäche, die einen GdB von 5 verursache, nicht wesentlich beeinträchtigt. Entsprechendes gelte für die Polyneuropathie.
Gegen den dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 11.03.2010 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger durch seine Prozessbevollmächtigten am 08.04.2010 Berufung eingelegt. Der Kläger hat zur Begründung vorgetragen, das SG sei nicht nachvollziehbar der Einschätzung des Dr. Z. vom 21.09.2009 nicht gefolgt. Bei der Begutachtung durch Dr. Re. habe sein körperlicher Zustand aufgrund eines mehrwöchigen Erholungsurlaubes nicht dem alltäglichen Zustand entsprochen. Die Polyneuropathie sei mit einem GdB von lediglich 10 ungenügend berücksichtigt worden. Das SG gehe auch zu Unrecht davon aus, dass eine Bewertung der neurologischen Erkrankung durch einen Facharzt für Orthopädie erfolgen könne.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 4. März 2010 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 13. März 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15. Dezember 2008 zu verurteilen, bei ihm einen Grad der Behinderung von mindestens 50 seit dem 29. Januar 2008 festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend. Das Berufungsbegehren des Klägers werde vom objektiven medizinischen Sachverhalt nicht getragen. Der Beklagte hat die versorgungsärztliche Stellungnahme des Dr. K. vom 07.02.2011 vorgelegt.
Der Senat hat Dr. Z. schriftlich als sachverständigen Zeugen angehört. Dr. Z. hat in seiner Stellungnahme vom 25.10.2010 unter Vorlage von Befundberichten den Behandlungsverlauf, die erhobenen Befunde und Diagnosen (chronisch rezidivierende Lumboischialgie bei Neuroforaminastenose und begleitender Chondrose, Coxarthrose beidseits, rezidivierendes Schulter-Nacken-Arm-Syndrom, Degeneration der Rotatorenmanschette rechts und Polyneuropathie) mitgeteilt.
Außerdem hat der Senat von Amts wegen das orthopädische Gutachten des Dr. Schu. vom 21.07.2011 und das nervenärztliche Zusatzgutachten des Dr. W. vom 05.07.2011 eingeholt. Dr. W. gelangte in seinem Gutachten zu der Beurteilung, auf seinem Fachgebiet leide der Kläger bei sonst normalem neuropsychiatrischen Befund an einer leichten sensiblen symmetrischen distalen Polyneuropathie beider Füße ohne motorische Ausfallerscheinungen und bewertete hierfür den Teil-GdB mit 10. Dr. Schu. gelangte in seinem Gutachten zu der Bewertung, beim Kläger bestehe eine leichte Funktionsbehinderung der Wirbelsäule bei degenerativen Veränderungen (Teil-GdB 20) sowie eine leichte Funktionsbehinderung der Hüftgelenke (Teil-GdB 10). Eine geringgradige Bewegungseinschränkung des rechten Schultergelenkes erreiche nicht das Ausmaß einer Behinderung. Unter Mitberücksichtigung der Polyneuropathie, einer chronischen Magenschleimhautentzündung sowie einer Sehschwäche links mit einem Teil-GdB von jeweils 10 schätzte Dr. Schu. den Gesamt-GdB auf 30 ein.
Weiter hat der Senat auf Antrag des Klägers gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) das orthopädische Gutachten des Dr. M. vom 30.05.2012 eingeholt. Dr. M. gelangte in seinem Gutachten zu der Bewertung, beim Kläger bestünden deutliche Verschleißerscheinungen der unteren Lendenwirbelsäule und ein schwerer Bandscheibenschaden L5/S1 mit Schmerz- und Reizsymptomatik im rechten Bein, Abnutzungserscheinungen der Brustwirbelsäule mit verminderter Beweglichkeit und Verschleißerscheinungen der Halswirbelsäule mit Einengung der Nervenaustrittsöffnungen C5/6 und geringer Bewegungseinschränkung (Teil-GdB 30), schwere Verschleißerscheinungen des rechten Hüftgelenkes mit geringgradiger Einschränkung der Drehfähigkeit des rechten Hüftgelenkes und Schmerz- und Reizsymptomatik sowie leichtgradige Verschleißveränderungen des linken Hüftgelenkes (Teil-GdB 10), eine schmerzhafte Bewegungseinschränkung der Schultergelenke durch Verschleiß der Rotatorenmanschette und beidseitige Entzündung der langen Bizepssehne bei funktioneller Enge unter dem Schulterdach und beginnendem Verschleiß des Schultereckgelenkes rechts (Teil-GdB 10). Unter zusätzlicher Berücksichtigung der Polyneuropathie, einer Einschränkung der Sehfähigkeit des linken Auges und einer chronischen Magenschleimhautentzündung (jeweils-Teil GdB 10) schätzte Dr. M. den Gesamt-GdB auf 30 ein.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie ein Band Verwaltungsakten des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet. Der angegriffene Bescheid des Beklagten vom 13.03.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.12.2008 ist rechtmäßig. Der angefochtene Gerichtsbescheid des SG ist nicht zu beanstanden. Dem Kläger steht kein Anspruch auf Neufeststellung des GdB von über 30 zu.
Rechtsgrundlage des Neufeststellungsbegehrens des Klägers ist § 48 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X). Nach § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den rechtlichen und tatsächlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Eine wesentliche Änderung im Hinblick auf den GdB gegenüber einer vorausgegangenen Feststellung liegt nur dann vor, wenn im Vergleich zu den den GdB bestimmenden Funktionsausfällen, wie sie der letzten Feststellung des GdB tatsächlich zugrunde gelegen haben, insgesamt eine Änderung eingetreten ist, die einen um wenigstens 10 geänderten Gesamt-GdB bedingt. Dabei ist die Bewertung nicht völlig neu, wie bei der Erstentscheidung, vorzunehmen. Vielmehr ist zur Feststellung der Änderung ein Vergleich mit den für die letzte bindend gewordene Feststellung der Behinderung maßgebenden Befunden und behinderungsbedingten Funktionseinbußen anzustellen. Eine ursprünglich falsche Entscheidung kann dabei grundsätzlich nicht korrigiert werden, da die Bestandskraft zu beachten ist. Sie ist lediglich in dem Maße durchbrochen, wie eine nachträgliche Veränderung eingetreten ist. Dabei kann sich ergeben, dass das Zusammenwirken der Funktionsausfälle im Ergebnis trotz einer gewissen Verschlimmerung unverändert geblieben ist. Rechtsverbindlich anerkannt bleibt nur die festgestellte Behinderung mit ihren tatsächlichen Auswirkungen, wie sie im letzten Bescheid in den Gesamt GdB eingeflossen, aber nicht als einzelne (Teil-)GdB gesondert festgesetzt worden sind. Auch der Gesamt-GdB ist nur insofern verbindlich, als er im Sinne des § 48 Abs. 3 SGB X bestandsgeschützt ist, nicht aber in der Weise, dass beim Hinzutreten neuer Behinderungen der darauf entfallende Teil-GdB dem bisherigen Gesamt-GdB nach den maßgebenden Bewertungsmaßstäben - ohne Gesamtwürdigung - hinzuzurechnen ist (vgl. BSG SozR 1300 § 48 Nr. 29). Die Verwaltung ist nach § 48 SGB X berechtigt, eine Änderung zugunsten und eine Änderung zuungunsten des Behinderten in einem Bescheid festzustellen und im Ergebnis eine Änderung zu versagen, wenn sich beide Änderungen gegenseitig aufheben (BSG SozR 3-3870 § 3 Nr. 5).
Nach § 2 Abs. 1 SGB IX sind Menschen behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Die Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft werden als Grad der Behinderung, nach Zehnergraden abgestuft, festgestellt (§ 69 Abs. 1 Satz 4 SGB IX). Die Maßstäbe des § 30 Abs. 1 des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) und der aufgrund des § 30 Abs. 16 BVG erlassenen und am 01.01.2009 in Kraft getretenen Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV) vom 10.12.2008 gelten entsprechend (§ 69 Abs. 1 Satz 5 SGB IX), so dass ab 01.01.2009 die "Versorgungsmedizinischen Grundsätze" (Anlage zu § 2 VersMedV - VG -) anstelle der "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht 2008" (AHP) heranzuziehen sind. In den VG ist ebenso wie in den AHP (BSG, Urteil vom 01.09.1999 - B 9 V 25/98 R - SozR 3-3100 § 30 Nr. 22) der medizinische Kenntnisstand für die Beurteilung von Behinderungen wiedergegeben. Dadurch wird eine für den behinderten Menschen nachvollziehbare, dem medizinischen Kenntnisstand entsprechende Festsetzung des GdB ermöglicht (ständige Senatsrechtsprechung).
Nach § 69 Abs. 3 SGB IX ist zu beachten, dass bei Vorliegen mehrerer Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft der GdB nach den Auswirkungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung der wechselseitigen Beziehungen festzustellen ist. Bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen sind zwar zunächst Einzel-GdB zu bilden, bei der Ermittlung des Gesamt-GdB durch alle Funktionsbeeinträchtigungen dürfen die einzelnen Werte jedoch nicht addiert werden. Auch andere Rechenmethoden sind für die Bildung des Gesamt-GdB ungeeignet (vgl. Teil A Nr. 3 der VG). In der Regel ist von der Behinderung mit dem höchsten Einzel-GdB auszugehen und zu prüfen, ob und inwieweit das Ausmaß der Behinderung durch die anderen Behinderungen größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdB 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden (VG a.a.O.). Ein Einzel-GdB von 10 führt in der Regel nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung, auch bei leichten Behinderungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen (Teil A Nr. 3 der VG). Der Gesamt-GdB ist unter Beachtung dieser Grundsätze in freier richterlicher Beweiswürdigung sowie aufgrund richterlicher Erfahrung unter Hinzuziehung von Sachverständigengutachten zu bilden (vgl. BSGE 62, 209, 213; BSG SozR 3870 § 3 Nr. 26 und SozR 3-3879 § 4 Nr. 5, jeweils zu den AHP).
Hiervon ausgehend beträgt der Gesamt-GdB beim Kläger unverändert nicht mehr als 30. Der Senat gelangt mit dem SG zu dem Ergebnis, dass beim Kläger im Vergleich zu den dem Bescheid vom 23.07.1996 zugrunde liegenden gesundheitlichen Verhältnissen eine wesentliche Änderung nicht eingetreten ist, die die Anhebung des GdB auf über 30 rechtfertigt. Ein GdB von mehr als 30 liegt nicht vor, wie das SG im angefochtenen Gerichtsbescheid zutreffend begründet hat. Der Senat gelangt nach eigener Überprüfung zum gleichen Ergebnis. Er schließt sich den hierzu gemachten Ausführungen des SG in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Gerichtsbescheids zur Begründung seiner eigenen Entscheidung an, auf die er zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug nimmt (§ 153 Abs. 2 SGG).
Ergänzend und im Hinblick auf das Berufungsverfahren bleibt auszuführen:
Die vom Senat durchgeführten Ermittlungen haben bestätigt, dass beim Kläger im Vergleich zum Bescheid vom 23.07.1996 keine Verschlimmerung seines Gesundheitszustandes eingetreten ist, die eine Neufeststellung des GdB mit mehr als 30 rechtfertigt. Hiervon gehen übereinstimmend das vom Senat von Amts wegen eingeholte orthopädische Gutachten von Dr. Schu. vom 21.07.2011 – unter Berücksichtigung des neurologischen Zusatzgutachtens von Dr. W. vom 05.07.2011 – sowie das auf Antrag des Klägers gemäß § 109 SGG eingeholte Gutachten von Dr. M. vom 30.05.2012 aus. Beide Gutachter gelangen in ihren Gutachten zu der Bewertung, dass beim Kläger trotz neu hinzugetretenen Gesundheitsstörungen der GdB weiterhin mit 30 zu bewerten ist. Damit liegt eine wesentliche Änderung im Sinne des § 48 SGB X beim Kläger nicht vor. Ihre Bewertungen, denen sich der Senat anschließt, entsprechen (auf orthopädischem Gebiet) nach den in den Gutachten beschriebenen Befunden den rechtlichen Vorgaben der VG sowie den Vorgaben der AHP.
Das Berufungsvorbringen des Klägers rechtfertigt keine andere Bewertung.
Entgegen der Ansicht des Klägers ist die vorliegende Polyneuropathie mit einem Teil-GdB von 10, der nach den oben dargestellten Grundsätzen zur Bildung des Gesamt GdB nicht erhöhend zu berücksichtigen ist, angemessen. Nach dem Zusatzgutachten des Dr. W. vom 05.07.2011 besteht beim Kläger - bei sonst normalem neuropsychiatrischem Befund - eine sensible symmetrische distale Polyneuropathie beider Füße. Diese ruft jedoch keine motorischen Ausfallerscheinungen (Lähmungen oder Muskelschwäche/-minderung) hervor. Die motorische Leistung ist nicht eingeschränkt. Das Gangbild und der Abrollvorgang im Barfußgang sind normal, Zehen- und Hackengang sowie Einbeinstand und Einbeinhüpfen sind möglich. Nach den VG Teil B 3.11 sind für die Bewertung des GdB bei Polyneuropathien die Funktionsbeeinträchtigungen aufgrund motorischer Ausfälle (mit Muskelatrophien), sensibler Störungen oder Kombinationen von beiden maßgeblich. Entsprechendes galt nach den AHP (Teil A 26.3). Solche motorischen Ausfälle liegen nach den von Dr. W. in seinem Gutachten beschriebenen Befunde beim Kläger nicht vor, weshalb die funktionell geringen Behinderungen durch die Polyneuropathie in Form der sensiblen Störung durch Dr. W. mit einem Teil-GdB von 10 zur Überzeugung des Senates angemessen bewertet sind.
Die Funktionsbehinderung an den Hüftgelenken bedingt entgegen der Ansicht des Klägers ebenfalls noch keinen Teil-GdB von 20. Nach den VG Teil B 18.14 und den AHP Teil A 26.18 rechtfertigt eine Bewegungseinschränkung der Hüftgelenke geringen Grades (z.B. Streckung/Beugung bis zu 0-10-90° mit entsprechender Einschränkung der Dreh- und Spreizfähigkeit) einseitig einen Teil-GdB von 10 bis 20 und beidseitig von 20 bis 30. Eine solche Bewegungseinschränkung wird weder in dem vom SG eingeholten Gutachten von Dr. Re. vom 16.07.2009 (0-0-120° beidseits) noch in den im Berufungsverfahren eingeholten Gutachten von Dr. Schu. vom 21.07.2011 (10-0-120° beidseits) und Dr. M. vom 30.05.2012 (0-0-120° beidseits) beschrieben. Diese allenfalls geringgradige Einschränkung der Hüftgelenksfunktion rechtfertigt nach den dargestellten Vorgaben der VG und der AHP für sich noch keinen Teil-GdB von wenigstens 10. Aufgrund der radiologisch erkennbaren Veränderungen muss jedoch beim Kläger von einer Belastungseinschränkung der Hüftgelenke ausgegangen werden (Anlaufschmerz), die nach den übereinstimmenden überzeugenden Bewertungen von Dr. Schu. und Dr. M. in ihren Gutachten mit keinem höheren Teil-GdB als 10 zu bewerten sind. Dem entspricht auch die Bewertung durch Dr. Re. in seinem Gutachten vom 16.06.2009. Diesen Bewertungen schließt sich der Senat an. Sonstige Funktionsbehinderungen der Hüftgelenke des Klägers, die einen Teil-GdB von über 10 rechtfertigen sind in den Gutachten von Dr. Re., Dr. Schu. und Dr. M. nicht beschrieben und auch sonst nicht ersichtlich.
Entsprechendes gilt für Verschleißveränderungen in beiden Schultergelenken des Klägers. Dr. Re. beschreibt in seinem Gutachten eine freie Beweglichkeit der Schultergelenke beidseits. Auch Dr. Schu. und Dr. M. beschreiben in ihren Gutachten keine Einschränkung der Schultergelenksbeweglichkeit beidseits, die nach den VG Teil B 18.13 bzw. den AHP Teil A 26.18 einen Teil-GdB von 10 rechtfertigen (Armhebung nur bis 120° mit entsprechender Einschränkung der Dreh- und Spreizfähigkeit). Eine solche Bewegungseinschränkung liegt beim Kläger nicht vor. Damit kann beim Kläger hinsichtlich der Schultergelenke allenfalls von einem Teil-GdB von 10 ausgegangen werden, wie Dr. Re. und Dr. M. in ihrem Gutachten übereinstimmend angenommen haben. Demgegenüber geht Dr. Schu. hinsichtlich der Schultergelenke des Klägers von keiner Teil-GdB-relevanten Behinderung aus. Auch sonst werden in den eingeholten Gutachten von Dr. Re. , Dr. Schu. und Dr. M. keine Funktionsbehinderungen der Schultergelenke des Klägers beschrieben, die einen Teil-GdB von über 10 rechtfertigen.
Auch die Sehminderung des Klägers bedingt keinen höheren Teil-GdB als 10. Nach der schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage von Dr. Sa. an das SG vom 27.04.2009 besteht beim Kläger eine Sehschärfe des linken Auges von 0,4 bei normaler Sehschärfe des rechten Auges (1,0). Nach den VG Teil B 4.3 - und den AHP Teil A 26.4 - GdB-Tabelle der DOG - rechtfertigt die Sehminderung des linken Auges einen Teil-GdB von 5. Eine sonstige zusätzlich zu berücksichtigende Einschränkung des Sehvermögens des Klägers beschreibt Dr. Sa. nicht. Soweit Dr. Sa. unter Berücksichtigung des Gesamtbefundes (zusätzlich Verlust des räumlichen Sehens und erhöhte Blendungsempfindlichkeit) den Teil-GdB mit 10 annimmt, lässt sich diese Ansicht nicht mit den Vorgaben der VG und den AHP in Einklang bringen. Insbesondere ist dem Kläger nach den weiteren Aussagen von Dr. Sa. ein grobes räumliches Sehen möglich und ist zudem die Einschränkung des räumlichen Sehvermögens in den Vorgaben der GdB-Tabelle der DOG (zwangsläufig) mit einbezogen.
Dass beim Kläger hinsichtlich der Funktionsbehinderung der Wirbelsäule im Vergleich zu den dem Bescheid vom 23.07.1996 zu Grunde liegenden gesundheitlichen Verhältnisse eine wesentliche Verschlimmerung eingetreten ist, lässt sich den eingeholten Gutachten von Dr. Re. , Dr. Schu. , Dr. W. und Dr. M. nicht entnehmen und ist auch sonst nicht ersichtlich und wird im Übrigen vom Kläger auch nicht geltend gemacht. Entsprechendes gilt für die Magenschleimhautentzündung des Klägers.
Anlass für weitere Ermittlungen besteht nicht. Der Senat hält den entscheidungserheblichen Sachverhalt durch die zu den Akten gelangten medizinischen Unterlagen und die vom SG sowie im Berufungsverfahren durchgeführten Ermittlungen für geklärt. Neue Gesichtspunkte, die Anlass zu weiteren Ermittlungen geben, hat der Kläger im Berufungsverfahren nicht aufgezeigt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
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