L 4 R 1947/11

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 14 R 4983/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 R 1947/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 01. April 2011 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt Rente wegen Erwerbsminderung ab 01. März 2010.

Der am 1953 geborene Kläger absolvierte zwischen dem 01. September 1968 und 11. Oktober 1972 eine Ausbildung zum Schreiner, bestand die Prüfung jedoch nicht. Im Anschluss daran arbeitete er nach seinen Angaben als Fassadenbauer, Schreiner, Möbelpacker sowie in der Möbelauslieferung und beim Aufbau und der Reparatur von Möbeln. Ab 01. Dezember 2004 war er bei der Firma Z. E. S. GmbH & Co. KG Transport und Logistik, L., versicherungspflichtig beschäftigt. Nach den Auskünften von Frau G., Firma Z., vom 23. August und 15. September 2011 war der Kläger hierbei als Monteur tätig. Er habe im Kundendienst gearbeitet und Möbel ausgeliefert. Er habe sämtliche Kundendienstarbeiten ausgeführt, dazu hätten die Möbel-/Küchenmontage, die Reparatur von Polstermöbeln, Elektroarbeiten, der Anschluss von Herden, kleinere Reparaturarbeiten, wenn die ausgelieferte Ware beschädigt gewesen sei, oder ähnliches gehört. Der Kläger sei von einer anderen Spedition übernommen worden, von der er bereits eingelernt worden sei. Er habe dasselbe Tätigkeitsfeld gehabt. Ob der Kläger über eine abgeschlossene Berufsausbildung verfüge, sei während der von ihm verrichteten Tätigkeit nicht bekannt gewesen. Um die Arbeiten ausführen zu können, sei es gut, wenn man eine Ausbildung zum Schreiner bzw. Elektriker absolviert habe. Das Bruttoeinkommen der Klägers habe sich auf EUR 2.300,00 bis EUR 2.500,00 belaufen. Ab 09. Dezember 2008 war der Kläger arbeitsunfähig krank und bezog nach Beendigung der Lohnfortzahlung vom 19. Januar 2009 bis 07. Juni 2010 Krankengeld bzw. Übergangsgeld und ausweislich des Versicherungsverlaufs vom 10. Juni 2011 im Anschluss daran bis zumindest 31. Dezember 2010 Arbeitslosengeld. Sein Grad der Behinderung beträgt 50 seit 31. März 2010 (Abhilfebescheid des Landratsamts B. vom 11. Januar 2011).

In der Zeit vom 27. April bis 18. Mai 2009 absolvierte der Kläger eine ambulante Rehabilitationsmaßnahme in der Klinik Reha Süd in Freiburg. Dr. N. diagnostizierte in seinem Entlassungsbericht vom 18. Mai 2009 eine sonstige näher bezeichnete Bandscheibenverlagerung bei Bandscheibenvorfall L5/S1 und ein Lendenwirbelsäulensyndrom. Der Kläger wurde arbeitsunfähig entlassen. In der sozialmedizinischen Epikrise führte Dr. N. aus, dass aus rehabilitativer Sicht die Indikation zur Operation bestehe. Nach einer Operation sei eine erneute Rehabilitation indiziert, dann werde auch eine endgültige sozialmedizinische Beurteilung erfolgen können. In der sozialmedizinischen Leistungsbeurteilung kreuzte Dr. N. an, dass der Kläger seine letzte berufliche Tätigkeit als Schreiner noch sechs Stunden und mehr täglich verrichten könne.

Am 29. März 2010 beantragte der Kläger Rente wegen Erwerbsminderung. Er gab an, er halte sich seit April 2009 wegen sehr starker Rückenschmerzen nach einem Bandscheibenvorfall für erwerbsgemindert. Auf Veranlassung der Beklagten erstatteten unter Berücksichtigung der vom Kläger vorgelegten Arztbriefe des ihn behandelnden Orthopäden Dr. M., des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. J., des Arztes für Nuklearmedizin und Radiologie Dr. H., des Anästhesisten Dr. T. und des Facharztes für Neurochirurgie und Teilgebiet Neuroradiologie/Spezielle Schmerztherapie Prof. Dr. Mo. sowie eines Laborblattes des Internisten Dr. W. Ärztin für Nervenheilkunde Be. das Gutachten vom 10. Mai 2010 und Orthopäde Dr. Ro. das Gutachten vom 25. Mai 2010. Ärztin Be. führte aus, der Kläger zeige keinerlei Anzeichen für eine Depression und es fänden sich keine Hinweise für eine psychische Erkrankung. Sie diagnostizierte eine Hypothrophie des rechten Beines nach Poliomyelitis im Kindesalter. Seine bisherige Tätigkeit als Möbelpacker könne der Kläger nur noch unter drei Stunden täglich verrichten. Leichte bis mittelschwere Tätigkeiten ohne Klettern und Steigen, erhöhte Absturzgefahr sowie nicht verbunden mit ausschließlichem Stehen oder Gehen seien dem Kläger aber noch sechs Stunden und mehr täglich möglich. Dr. Ro. nannte als Diagnosen ein wiederkehrendes Lendenwirbelsäulensyndrom mit Lumboischialgien bei Bandscheibenvorwölbungen und eine bekannte Poliomyelitis mit Spätfolgen des rechten Beines. Eine Belastbarkeit für die letzte berufliche Tätigkeit bestehe nicht mehr. Leichte bis mittelschwere Tätigkeiten im Bewegungswechsel ohne überwiegend einseitige Körperhaltung, häufiges Bücken, Tragen von Lasten über zwölf bis 15 kg, Klettern oder Steigen und erhöhte Absturzgefahr seien dem Kläger noch sechs Stunden und mehr täglich möglich. Die Beklagte lehnte hierauf den Antrag des Klägers mit Bescheid vom 25. Juni 2010, der sich nicht in den Akten befindet, ab.

Der Kläger erhob Widerspruch. Er verwies auf die im Bereich der Lendenwirbelsäule bei ihm vorliegenden sehr starken chronischen Dauerschmerzen, die mit hochdosierten Analgetika behandelt würden, und die es ihm kaum mehr ermöglichten, am Alltagsleben teilzunehmen und schon gar, eine lohnbringende Beschäftigung auszuüben. Der Kläger legte den Arztbrief des Dr. T. vom 01. März 2010 (Diagnosen: Spondylarthrose der Lendenwirbelsäule, Lumboischialgie, chronisches Schmerzsyndrom) vor. Die Beklagte holte hierzu sozialmedizinische Stellungnahmen von Dr. Ro. und Ärztin Be. ein, die die Auffassung vertraten, dass sich keine neuen Gesichtspunkte ergäben. Sodann wies der bei der Beklagten gebildete Widerspruchsausschuss den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 10. September 2010 zurück. Der Sozialmedizinische Dienst habe sämtliche Unterlagen überprüft und sei nach Würdigung aller Umstände zu dem Ergebnis gekommen, dass dem Kläger auch unter Berücksichtigung der festgestellten Erkrankungen oder Behinderungen leichte bis mittelschwere Arbeiten mindestens sechs Stunden täglich zumutbar seien. Die Beurteilung des Leistungsvermögens des Klägers durch den Sozialmedizinischen Dienst sei für ihn, den Widerspruchsausschuss, schlüssig und nachvollziehbar, weshalb er sich dieser anschließe. Volle bzw. teilweise Erwerbsminderung nach § 43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) liege daher nicht vor. Es bestehe auch kein Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit. Bisheriger Beruf des Klägers sei die zuletzt ausgeübte versicherungspflichtige Beschäftigung als Möbelpacker und Möbelauslieferer. Diese sei dem Leitberuf des ungelernten Arbeiters zuzuordnen. Der Kläger müsse sich deshalb auf sämtliche ungelernten Tätigkeiten verweisen lassen, die ihm noch mindestens sechs Stunden täglich zumutbar seien.

Der Kläger erhob am 29. September 2010 Klage zum Sozialgericht Freiburg (SG). Er trug vor, er sei erwerbsgemindert. Er sei seit fast zwei Jahren aus dem Erwerbsleben ausgeschieden und es bestehe keinerlei Hoffnung, dass er wieder in das Erwerbsleben zurückfinde. Er leide an einer Hypotrophie des rechten Beines nach Poliomyelitis und an einem wiederkehrenden Lendenwirbelsäulensyndrom mit Lumboischialgien bei Bandscheibenvorwölbungen sowie unter einer somatoformen Schmerzstörung. Zum anderen bestehe eine psychische Problematik. Seine Krankheiten seien inzwischen chronifiziert und manifestiert.

Die Beklagte legte den Bescheid vom 09. Juni 2010, wonach dem Kläger Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben dem Grunde nach bewilligt wurden, vor.

Das SG befragte Dr. T. und Dr. Ma., Facharzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapeutische Medizin schriftlich als sachverständige Zeugen. Dr. T. (Auskunft vom 22. November 2010) gab an, dass der Kläger am 01. März und 01. Juli 2010 in seiner Behandlung gewesen sei. Er habe bei ihm die Diagnosen einer Spondylarthrose der Lendenwirbelsäule, einer Lumboischialgie und eines chronischen Schmerzsyndroms gestellt. Die Frage, ob es zu vertreten sei, dass der Kläger (von vorübergehender Arbeitsunfähigkeit abgesehen) einer leichten Arbeit im zeitlichen Umfang von täglich sechs Stunden nachgehe, bejahte er. Dr. Ma. führte unter dem 15. Dezember 2010 aus, dass er den Kläger am 05., 26. Oktober und 30. November 2010 behandelt habe. In psychischer Hinsicht habe eine depressive Anpassungsstörung bestanden. Neurologisch habe sich der Restzustand nach Poliomyelitis des rechten Beines mit einer Beinlängenverkürzung rechts und einer Hypotrophie der Beinmuskulatur rechts gefunden. Seitens der Wirbelsäulenbeschwerden hätte ein ausgeprägtes Schmerzsyndrom bestanden. Aus psychiatrischer Sicht sei der Kläger noch in der Lage, leichte Arbeiten im zeitlichen Umfang von täglich sechs Stunden zu verrichten.

Mit Gerichtsbescheid vom 01. April 2011 wies das SG die Klage ab. Dem Kläger stehe keine Rente wegen Erwerbsminderung zu. Der Kläger sei nicht erwerbsgemindert, er sei noch in der Lage, Tätigkeiten in einem Umfang von täglich mindestens sechs Stunden auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt durchzuführen. Die Folgen der Kinderlähmung im Kleinkindalter hätten den Kläger weder in der Vergangenheit noch aktuell an der Ausübung einer Tätigkeit gehindert. Das bei ihm bestehende Lendenwirbelsäulensyndrom mit Bandscheibenvorfall im unteren Lendenwirbelsäulenbereich stehe leichteren Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht entgegen. Dies stimme mit den Befunden des behandelnden Orthopäden und von Dr. Ro. überein. Weiterhin bestehe beim Kläger ein chronisches Schmerzsyndrom, das einer speziellen Schmerztherapie bedürfe. Die Notwendigkeit einer speziellen Schmerztherapie als solche führe aber nicht zur Einschränkung der Erwerbsfähigkeit. Dies entspreche auch der eigenen Einschätzung des Klägers. Denn er habe selbst angegeben, auch länger sitzen oder stehen zu können. Schließlich bestehe beim Kläger ein psychisches Beschwerdebild im Sinne einer depressiven Anpassungsstörung mit Reizbarkeit, Grübelneigung und Zukunftsängsten. Diese Anpassungsstörungen stünden im Zusammenhang mit dem Verlust des Arbeitsplatzes und hinderten den Kläger nach der nachvollziehbaren Einschätzung seines behandelnden Psychiaters, die mit dem Gutachten von Frau Be. übereinstimme, nicht an der Ausübung einer Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Der Kläger sei auch nicht berufsunfähig. Er sei nicht ausgebildeter, sondern angelernter Schreiner. Insofern könne er auf Tätigkeiten verwiesen werden, die er nach Einweisung oder Einarbeitung ausführen könne. Entsprechend habe ihm die Beklagte Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben gewährt, um ihm einen anderen Beruf mit Anlerntätigkeiten zu ermöglichen. Aufgrund der Unmöglichkeit weiter als Möbelpacker tätig zu sein, ergebe sich keine Berufsunfähigkeit.

Gegen den seinen Prozessbevollmächtigten am 11. April 2011 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 03. Mai 2011 Berufung eingelegt. Er ist unter Vorlage des Arztbriefes des Dr. M. vom 26. April 2011 (Diagnose: mediale Meniskopathie rechts; Therapievorschlag: zeitnahe Arthroskopie) der Auffassung, dass der orthopädische Befund vom SG nicht angemessen bewertet worden sei. Er sei nur noch in der Lage, täglich höchstens drei bis sechs Stunden erwerbstätig zu sein. Ursächlich hierfür seien eine Hypotrophie des rechten Beines nach Poliomyelitis und immer wiederkehrende Lendenwirbelsäulenbeschwerden mit Lumboischialgien bei Bandscheibenvorwölbungen. Hinzu komme nunmehr auch noch eine mediale Meniskopathie rechts. Verstärkt werde der Befund durch die Schmerzstörung und die daraus resultierende Depression. Ergänzend hat er vorgetragen, er sei kein Möbelpacker. Er habe für die Firma Z. neue Möbel ausgeliefert und montiert. In den letzten Jahren habe er nur noch Möbel repariert bzw. innerhalb der Garantie ausgetauscht. Die Leistungseinschätzung von Dr. M. (hierzu im Folgenden) sei nicht nachvollziehbar. Ihm gegenüber habe er sich anders geäußert. Das Gutachten des Orthopäden Dr. He. (hierzu im Folgenden) erscheine ausführlicher und kompetenter als die von der Beklagten veranlassten orthopädischen und neurologischen Begutachtungen durch Dr. Ro. und Ärztin Be ...

Der Kläger beantragt (sinngemäß),

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 01. April 2011 und den Bescheid der Beklagten vom 26. Mai 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10. September 2010 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab 01. März 2010 Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, weiter hilfsweise Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung wegen Berufsunfähigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte hat die sozialmedizinische Stellungnahme des Sozialmediziners Dr. Sc. vom 06. Juni 2012 vorgelegt. Dieser hat sich dahingehend geäußert, dass die im Klage- und Berufungsverfahren gehörten behandelnden Ärzte (hierzu im Folgenden) ein zumindest sechsstündiges Leistungsvermögen des Klägers im Wesentlichen bestätigt hätten. Eine Einschränkung des quantitativen Leistungsvermögens aufgrund des Gutachtens von Dr. He. könne keineswegs als hinreichend gesichert angesehen werden. Die fast hellseherische Fähigkeiten erfordernde Aussage des Dr. He., wonach bei Überschreitung der quantitativen Leistungsgrenze von drei bis unter sechs Stunden täglich beim Kläger mit einem "vorzeitigen Aufbrauch der Restgesundheit sowie einer vorzeitigen und zunehmenden Dekompensation der körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit zu rechnen sei, insbesondere mit dem verstärkten Auftreten der jetzt noch unterschwelligen Nervenwurzelreizungen in Bezug auf das rechte Bein" könne in keiner Weise nachvollzogen werden. Es sei nicht einsichtig, weshalb bei den vorliegenden Befunden unter Einhaltung der qualitativen Einschränkungen bei einer (zumindest) sechsstündigen Verrichtung die "Restgesundheit" deutlich stärker aufgebraucht werden solle als bei einer unter sechsstündigen Verrichtung. Auch sei in keiner Weise einsehbar, wie der Gutachter eine arbeitsbedingte zunehmende Dekompensation der körperlichen und der geistigen Leistungsfähigkeit bei grundsätzlich geeigneter Arbeit herleite. Völlig unklar sei auch, was denn "unterschwellige Nervenwurzelreizungen" sein sollten und ob solche beim Kläger tatsächlich bestünden. In diesem Zusammenhang sei zu beachten, dass Arzt für Chirurgie Dr. Sch. bei seiner Behandlung eine Nervenwurzelreizung als Ursache angegebener Beschwerden definitiv ausgeschlossen habe, denn Testblockaden der Wurzel hätten eher zu einer Verschlechterung der Schmerzangaben als zu einer Besserung geführt. Dr. He. habe bei seiner Untersuchung angegeben, dass keine sensiblen Ausfallerscheinungen, keine motorischen Lähmungszeichen vorhanden gewesen seien, also nichts, was auf einen irgendwie gearteten Nervenwurzelreiz hindeute. Für die Behauptung des Sachverständigen, dass beim Kläger eine Vielzahl von so genannten "WADDELL-Zeichen" vorgelegen hätten, gebe es keine Entsprechungen im Untersuchungsbefund. Gleiches gelte für die vom Sachverständigen behauptete "somatisierte Depression". Der Sachverständige berufe sich dabei auf die ICD10, die diesen Begriff aber überhaupt nicht kenne. Die angeführten vorliegenden Depressionssymptome fänden keinerlei Korrelat im Untersuchungsteil des Gutachtens. Es finde derzeit zudem weder eine Physiotherapie noch eine antidepressive oder Psychotherapie statt. Zudem kontrastiere die Aussage des Nicht-Psychiaters Dr. He. ganz erheblich von der Einschätzung des Facharztes Dr. Ma ... Auch der orthopädische Befund sei bei der Untersuchung durch Dr. He. relativ blande, keinesfalls gravierender als bei der Begutachtung durch Dr. Ro ... Er rechtfertige keinesfalls eine Einschränkung des quantitativen Leistungsvermögens auf weniger als sechs Stunden. Dr. He. schließe aufgrund eines Konglomerates aus orthopädischen und vermeintlichen schwergradigen psychischen Beeinträchtigungen auf ein nur noch drei- bis unter sechsstündiges Restleistungsvermögen. Dabei sage er zu konkreten Aktivitätseinschränkungen im Alltag überhaupt nichts, im Gegenteil, er bestätige durchaus erhaltene Aktivitäten. Außerdem stelle er weit über sein Fachgebiet hinaus Behauptungen zu psychischen Mechanismen, zur Biographie auf, die weder durch im Gutachten niedergelegte nachprüfbare Erhebungen seinerseits, noch durch die Aktenlage gedeckt seien. Bei einer alleinigen Medikation mit Ibuprofen müssten ohnehin gravierende Auswirkungen im Alltag und damit die Existenz eines schwergradigen chronifizierten Schmerzsyndroms in Frage gestellt werden. Der Sachverständige hätte auch von einer erheblichen Verdeutlichungstendenz gesprochen, ohne die in einem Rentenberufungsverfahren durchaus nicht seltene bewusstseinsnahe Aggravation auszuschließen. Er habe auch Plausibilitätsprüfungen sowohl der Befunde untereinander als auch der differenten Befunde zwischen ihm und dem von ihm eingesetzten Physiotherapeuten unterlassen.

Der Senat hat Dr. M. und Dr. Sch. als sachverständige Zeugen gehört. Dr. M. hat unter dem 24. Juni 2011 unter Beifügung des Operationsberichts über die durchgeführte Arthroskopie des rechten Kniegelenks angegeben, dass der Kläger zunächst therapieresistente lumbale Dorsalgien beklagt habe. Seit Anfang 2011 seien immer mehr rechtsseitige Kniegelenksbeschwerden hinzugetreten, die am 11. Mai 2011 zur Kniegelenksarthroskopie geführt hätten. Dabei hätten sich neben einem freien Gelenkkörper und einer medialseitig betonten Chondromalazie eine degenerative Randauffaserung des Außenmeniskus gefunden. Die auf orthopädischem Fachgebiet vorhandenen Gesundheitsstörungen bedingten vor allem eine qualitative Leistungseinschränkung. Eine Tätigkeit als Möbelpacker sei dem Kläger noch bestenfalls halbschichtig (vier Stunden täglich) ohne Gesundheitsgefährdung zumutbar. Nach Abklingen der Restschwellung im Bereich des rechten Kniegelenks seien unter Beachtung von Funktionseinschränkungen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt körperlich leichte Tätigkeiten ca. sechs Stunden täglich wieder möglich. Dr. Sch. hat unter dem 17. November 2011 ausgeführt, dass er den Kläger am 08. Juni, 10. August und 21. August 2009 ambulant und am 17., 24. Juni und 12. August 2009 teilstationär behandelt habe. Die durchgeführte vertiefte Diagnostik mit Testblockaden der Wurzeln L2 rechts und L3 rechts hätten eher zu einer Verschlechterung der Symptome geführt.

Des Weiteren hat der Senat die genannten Arbeitgeberauskünfte der Firma Z. eingeholt.

Auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat sodann Dr. He., der ausweislich seines Briefkopfes u.a. auch für Chirotherapie und die psychosomatische Grundversorgung qualifiziert ist, das Gutachten vom 21. Februar 2012 erstattet. Er hat unter Berücksichtigung einer manualtherapeutischen Zusatzbefundung durch einen Physiotherapeuten eine Adipositas (168 cm/95kg), den Folgezustand einer Kinderlähmung (rechtes Bein), ein rezidivierendes Lumbalsyndrom bei Bandscheibenprotrusion/-prolaps L3/4 rechts und L5/S1 median, ein chronisches Lumbalsyndrom bei radiologischen Verschleißzeichen besonders L3 bis S1, eine medial betonte Gonarthrose rechts bis II. Grades und ein chronisches Schmerzsyndrom und darüber hinaus eine psychosomatische Erkrankung im Sinne einer somatisierten Depression diagnostiziert. Der Kläger zeige eine auffällige Diskrepanz zwischen Schmerzerleben und körperlichen Befunden. Es bestehe eine so genannte Verdeutlichungstendenz, die in Zusammenhang zu bringen sei mit einer Verringerung des Selbstwertgefühls mangels Bestätigung der eigenen Tüchtigkeit. Aufgrund der Verschleißerscheinungen der Lendenwirbelsäule, des chronischen Schmerzsyndroms sowie einer Verstärkung der Schmerzsymptomatik durch eine psychosomatische Erkrankung im Sinne einer somatisierten Depression und durch die Spätfolgen der im Kleinkindalter durchgemachten Kinderlähmung könne der Kläger nur noch körperlich leichte bis gelegentlich mittelschwere Arbeiten im Bewegungswechsel verrichten. Arbeiten mit häufigem Bücken, Überkopfbelastungen oder Hinknien seien ihm nicht mehr regelmäßig oder in nennenswertem Umfang möglich. Aufgrund der bestehenden Funktionseinbuße der Lendenwirbelsäule seien auch Arbeiten auf Leitern und Gerüsten, im Stehen an laufenden Maschinen oder am Fließband nicht mehr möglich. Infolge des chronischen Schmerzsyndroms und der somatisierten Depression bestehe auch keine regelmäßige Belastbarkeit für Arbeiten unter Zeitdruck oder unter erhöhten Anforderungen an die psychische Belastbarkeit. Arbeiten unter ungünstigen Witterungseinflüssen wie Kälte, Nässe oder Zugluft seien aufgrund des Verschleißes der Wirbelsäule nicht mehr regelmäßig ausführbar. Unter Beachtung dieser qualitativen Einschränkungen sei die Arbeitszeit des Klägers auf drei bis weniger als sechs Stunden täglich eingeschränkt. Dies ergebe sich aus dem Zusammenwirken von Verschleißerkrankungen der Lendenwirbelsäule, muskulär ungenügend kompensiertem Übergewicht und ungenügend kontrollierter Hypermobilität der unteren Lendenwirbelsäule, einer Verstärkung durch das chronische Schmerzsyndrom und die somatisierte Depression sowie eine verminderte Kompensationsfähigkeit durch die Folgeerscheinungen der frühkindlichen Poliomyelitis am rechten Bein. Bei Überschreitung dieser quantitativen Leistungsgrenze sei mit einem vorzeitigen Aufbrauch der Restgesundheit des Klägers sowie einer vorzeitigen und zunehmenden Dekompensation der körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit zu rechnen, insbesondere mit dem verstärkten Auftreten der jetzt noch unterschwelligen Nervenwurzelreizungen in Bezug auf das rechte Bein. Die Einschränkungen hätten bereits zum Zeitpunkt der Rentenantragstellung bestanden.

Der Kläger hat im Anschluss daran das für die Techniker Krankenkasse erstattete sozialmedizinische Gutachten des Arztes Mu., Medizinischer Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg, vom 11. November 2011 vorgelegt. Der Gutachter hat beim Kläger eine sensible Radikulopathie bei lumbalem Bandscheibenschaden, bei Fehlbelastung infolge Postpoliosyndrom mit Kraftminderung rechtes Bein und Beinverkürzung, einen Zustand nach Arthroskopie bei Gelenkmaus und eine somatoforme Schmerzstörung und als weitere Diagnose eine Adipositas genannt. Es bestehe derzeit weiter Arbeitsunfähigkeit. Eine Minderung der Erwerbsfähigkeit sei zum jetzigen Zeitpunkt jedoch noch nicht sicher beurteilbar. Eine erneute Vorlage/Nachuntersuchung sei aus medizinischer Sicht Ende Dezember 2011 erforderlich. Diese Untersuchung hat nach der auf Nachfrage des Senats erteilten Auskunft des Klägers nicht stattgefunden.

Ergänzend hat sich für die Beklagte Dr. Sc. noch zu der - beigefügten - sozialmedizinischen Fallberatung des Arztes Mu. vom 10. Mai 2012 bezüglich der Einleitung von Rehabilitationsmaßnahmen/Vorliegen der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch, wonach die Erwerbsfähigkeit des Klägers erheblich gefährdet sei, jedoch eine positive Erwerbsprognose vorliege, dahingehend geäußert, dass dem nicht zu widersprechen sei. Bezogen auf eine Tätigkeit als Möbelauslieferer liege nicht nur eine erhebliche Gefährdung, sondern auch eine Minderung der Erwerbsfähigkeit vor. Ein nach Aufforderung durch die Krankenkasse eingehender Rehabilitationsantrag wäre durchaus positiv zu entscheiden. Im Übrigen ergebe sich mit Blick auf die Stellungnahme vom 06. Juni 2012 keine Änderung.

Die Beteiligten haben übereinstimmend ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Senatsakte, die Akte des SG sowie die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten nach §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist zulässig. Der Kläger hat seine Berufung form- und fristgerecht eingelegt. Die Berufung ist auch statthaft, da der Kläger Leistungen für einen Zeitraum von mehr als einem Jahr begehrt (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG).

Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 26. Mai 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10. September 2010 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Er hat für die Zeit ab 01. März 2010 weder Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung (1.) noch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit (2.).

1. Versicherte haben nach § 43 Abs. 2 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung und nach § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze (insoweit mit Wirkung zum 01. Januar 2008 geändert durch Artikel 1 Nr. 12 RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz vom 20. April 2007, BGBl. I, S. 554), wenn sie voll bzw. teilweise erwerbsgemindert sind (Nr. 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr. 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr. 3). Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Sowohl für die Rente wegen teilweiser als auch für die Rente wegen voller Erwerbsminderung ist Voraussetzung, dass die Erwerbsfähigkeit durch Krankheit oder Behinderung gemindert sein muss. Entscheidend ist darauf abzustellen, in welchem Umfang ein Versicherter durch Krankheit oder Behinderung in seiner körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt wird und in welchem Umfang sich eine Leistungsminderung auf die Fähigkeit, erwerbstätig zu sein, auswirkt. Bei einem Leistungsvermögen, das dauerhaft eine Beschäftigung von mindestens sechs Stunden täglich bezogen auf eine Fünf-Tage-Woche ermöglicht, liegt keine Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs. 1 und Abs. 2 SGB VI vor. Wer noch sechs Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts arbeiten kann, ist nicht erwerbsgemindert; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI).

Der Kläger ist seit 01. März 2010 weder voll noch teilweise erwerbsgemindert, weil er noch leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts in einem Umfang von mindestens sechs Stunden täglich verrichten kann. Dies steht zur Überzeugung des Senats aufgrund der in beiden Rechtszügen durchgeführten Beweisaufnahme fest.

a) Als rentenrelevante Gesundheitsstörung besteht beim Kläger auf orthopädischem Fachgebiet ein Lendenwirbelsäulensyndrom, eine medial betonte Meniskopathie rechts und eine Hypotrophie des rechten Beines nach Poliomyelitis im Kindesalter. Dies entnimmt der Senat mit Blick auf das Lendenwirbelsäulensyndrom den von Dr. Ro. und dem Arzt Mu. erstatteten Gutachten und dem Entlassungsbericht des Dr. N. sowie den sachverständigen Zeugenauskünften des Dr. T., Dr. M. und Dr. Sch ... Das Vorliegen einer Hypotrophie des rechten Beines ergibt sich ebenfalls aus den Gutachten von Dr. Ro. und Arzt Mu., aber auch der Ärztin Be. und aus der sachverständigen Zeugenauskunft des Dr. Ma ... Das Vorliegen einer medialen Meniskopathie rechts stützt der Senat auf die sachverständige Zeugenauskunft des Dr. M. und das Gutachten des Arztes Mu ...

Beim Kläger besteht ferner ein chronisches Schmerzsyndrom. Dies ergibt sich aus dem Gutachten des Arztes Mu., den sachverständigen Zeugenauskünften des Dr. T. und Dr. Ma., geht aber auch aus dem Arztbrief des Prof. Dr. Mo., der im November 2009 eine Schmerzanalyse durchführte, hervor.

Außerdem leidet der Kläger an einer depressiven Anpassungsstörung. Dies entnimmt der Senat der sachverständigen Zeugenauskunft des Dr. Ma ... Anhaltspunkte für die von dem im Berufungsverfahren gehörten Sachverständigen Dr. He. geäußerte somatisierte Depression vermag der Senat indessen nicht festzustellen. Insoweit ist vorrangig zu beachten, dass im Untersuchungsteil des Gutachtens von Dr. He. Depressionssymptome nicht genannt werden und dass diese Diagnose des Orthopäden Dr. He. keine Bestätigung in den Äußerungen des Facharztes auf nervenärztlichem Fachgebiet Dr. Ma. findet. Auch wird der Kläger nach seinen Angaben gegenüber Dr. He. zumindest derzeit weder antidepressiv noch psychotherapeutisch behandelt. Auch Arzt Mu. stellte diese Diagnose in seinem Gutachten nicht und auch der von ihm geschilderte psychische Befund, wonach die Stimmung des Klägers zeitweise gedrückt, er leichter reizbar sei und sein Gedankengang durch die unsichere finanzielle und berufliche Situation geprägt sei, belegen diese Diagnose nicht.

b) Aus den bei dem Kläger als rentenrelevant zu berücksichtigenden Gesundheitsstörungen ergeben sich nach Überzeugung des Senats qualitative Leistungseinschränkungen. Der Kläger kann nur noch leichte bis mittelschwere Tätigkeiten im Bewegungswechsel ohne überwiegend einseitige Körperhaltung, Klettern und Steigen, erhöhte Absturzgefahr, häufiges Bücken und Tragen von Lasten über zwölf bis 15 kg sowie Schicht- und Akkordarbeit verrichten. Ausgeschlossen sind auch Tätigkeiten verbunden mit ausschließlichem Stehen oder Gehen und Arbeiten unter ungünstigen Witterungseinflüssen wie Kälte, Nässe oder Zugluft. Dies entnimmt der Senat den Gutachten von Dr. Ro. und der Ärztin Be ... Diese Einschränkungen gehen im Ergebnis auch aus den sachverständigen Zeugenauskünften von Dr. T., Dr. Ma. sowie Dr. M. hervor.

c) Die bei dem Kläger als rentenrelevant zu berücksichtigenden Gesundheitsstörungen führen nach Überzeugung des Senats jedoch zu keiner Einschränkung des Leistungsvermögens in quantitativer Hinsicht. Der Kläger ist noch in der Lage, leichte bis gelegentlich mittelschwere körperliche Tätigkeiten mit den genannten qualitativen Leistungseinschränkungen in einem Umfang von mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Der Senat stützt dies auf die übereinstimmende Beurteilung der Gutachter Be. und Dr. Ro. und der als sachverständige Zeugen gehörten Ärzte Dr. T., Dr. Ma. und Dr. M ... Eine Bestätigung findet diese Einschätzung auch im Entlassungsbericht des Dr. N., und auch Arzt Mu. sieht die Erwerbsfähigkeit des Klägers nur als erheblich gefährdet. Der Senat vermag demgegenüber nicht der Beurteilung des Leistungsvermögens in quantitativer Hinsicht durch Dr. He. zu folgen. Die Beurteilung des quantitativen Leistungsvermögens durch die Gutachter Be. und Dr. Ro. und die den Kläger behandelnden Ärzte sowie durch Dr. N. und Arzt Mu. ist aufgrund der von ihnen erhobenen Befunde schlüssig und nachvollziehbar.

Das beim Kläger vorliegende Lendenwirbelsäulensyndrom ist nicht mit Nervenwurzelreizungen verbunden. Auch Dr. He. fand insoweit bei seiner Untersuchung weder sensible Ausfallserscheinungen noch motorische Lähmungszeichen. Dr. Sch. konnte bei seiner Behandlung eine Nervenwurzelreizung als Ursache angegebener Beschwerden definitiv ausschließen, nachdem Testblockaden der Wurzel eher zu einer Verschlechterung der Schmerzangaben als zu einer Verbesserung führten. Der Befund des Klägers von Seiten der Lendenwirbelsäule ist auch nicht der Gestalt, dass bereits die Indikation zur Operation besteht. Zwar führte Dr. N. in seinem Entlassungsbericht aus, dass die Indikation zur Operation bestehe, dies fand jedoch keine Bestätigung in den von den den Kläger behandelnden Ärzten eingeholten Auskünften. Auch Dr. Ro. vermochte dies ebenso wenig wie Dr. He. zu bestätigen. Das Lendenwirbelsäulensyndrom äußert sich im Wesentlichen in Bewegungseinschränkungen und den vom Kläger beklagten Schmerzen, dem kann mit den genannten Leistungseinschränkungen begegnet werden.

Die Hypotrophie des rechten Beines des Klägers hat sich nach den vorliegenden medizinischen Unterlagen in den letzten Jahren nicht verändert. In der Vergangenheit standen die Spätfolgen der Poliomyelitis einer Berufstätigkeit nicht entgegen. Dies bestätigt, dass die Spätfolgen der Poliomyelitis mit Ausnahme der genannten qualitativen Leistungseinschränkungen keinen negativen Einfluss auf das quantitative Leistungsvermögen des Klägers haben.

Dass das Leistungsvermögen des Klägers wegen des Schmerzsyndroms nicht auf weniger als sechs Stunden abgesunken ist, wird dadurch bestätigt, dass eine Behandlung durch den Schmerztherapeuten Prof. Dr. Mo. nur einmalig im Jahr 2009 stattfand, obwohl dieser die Behandlung des Klägers ausweislich des Arztbriefes vom 03. Dezember 2009 gerne übernommen hätte, und auch bei Dr. Sch. nur im Jahr 2009 Behandlungen durchgeführt wurden. Dies lässt auf einen noch nicht besonders ausgeprägten Leidensdruck schließen. Belegt wird die Tatsache, dass die Auswirkungen der Schmerzerkrankung im Alltag des Klägers nicht so gravierend sind, dass sie einer mindestens sechsstündigen Tätigkeit entgegenstünden, auch dadurch, dass der Kläger wie zuletzt bei Dr. He. angegeben - lediglich Ibuprofen gegen die Schmerzen einnimmt. Bei Ibuprofen handelt es sich um ein nicht steroidales Antirheumatikum. Der Einnahme von Opioiden bedarf es demgegenüber offensichtlich nicht.

Die Einschätzung des Dr. He. in seinem Gutachten vom 21. Februar 2012, wonach beim Kläger nur noch ein drei- bis unter sechsstündiges Leistungsvermögen besteht, vermag die übereinstimmende Einschätzung der Gutachter Be. und Dr. Ro. sowie von Dr. Ma., Dr. M. und Dr. T. daher nicht zu widerlegen. Dr. He. erhob im Wesentlichen dieselben Befunde wie Dr. Ro. und die Ärztin Be ... Er weist in seinem Gutachten auch auf eine auffällige Diskrepanz zwischen Schmerzerleben und körperlichen Befunden und eine sogenannte Verdeutlichungstendenz hin, zieht hieraus jedoch keine Schlüsse. Zu konkreten Aktivitätseinschränkungen im Alltag äußert er sich überhaupt nicht. Seine Aussage, wonach bei Überschreitung der quantitativen Leistungsgrenze von drei bis unter sechs Stunden täglich beim Kläger mit einem "vorzeitigen Aufbrauch der Restgesundheit sowie einer vorzeitigen und zunehmenden Dekompensation der körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit zu rechnen sei, insbesondere mit einem verstärkten Auftreten der jetzt noch unterschwelligen Nervenwurzelreizungen in Bezug auf das rechte Bein" ist eine in die Zukunft gerichtete Äußerung, die in den auch von ihm gefundenen Befunden keine Bestätigung findet. Dies gilt insbesondere auch für die von ihm genannten "unterschwelligen Nervenwurzelreizungen", nachdem er selbst bei seiner Untersuchung weder sensible Ausfallerscheinungen noch motorische Lähmungszeichen fand und auch bei den weiteren Untersuchungen insbesondere bei Dr. Sch. und auch Prof. Dr. Mo. sich kein Hinweis auf einen irgendwie gearteten Nervenwurzelreiz ergab. Soweit Dr. He. die quantitative Einschränkung des Leistungsvermögens des Klägers auch auf psychische Beeinträchtigungen stützt, widerspricht seine Einschätzung im Übrigen auch der von Dr. Ma. geäußerten Auffassung, wonach der Kläger aus psychiatrischer Sicht noch in der Lage sei, leichter Arbeit im zeitlichen Umfang von täglich sechs Stunden nachzugehen. Der Einschätzung des Facharztes ist insoweit, zumal die von Dr. He. erhobenen Befunde keine gravierende psychiatrische Erkrankung belegen, der Vorrang einzuräumen.

2. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit. Denn er war am 01. März 2010 nicht berufsunfähig und ist dies auch nicht zwischenzeitlich geworden.

Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit haben nach § 240 Abs. 1 SGB VI bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen bis zur Erreichung der Regelaltersgrenze (insoweit mit Wirkung zum 01. Januar 2008 geändert durch Art. 1 Nr. 61 des RV-Altersgrenzenanpassungsgesetzes vom 20. April 2007, BGBl. I, 554) auch Versicherte, die vor dem 02. Januar 1961 geboren und berufsunfähig sind. Berufsunfähig sind nach § 240 Abs. 2 SGB VI Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach dem die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs unter besonderen Anforderung ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Zumutbar ist stets eine Tätigkeit, für die die Versicherten durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

Der Kläger ist nicht berufsunfähig.

Ausgangspunkt der Beurteilung der Berufsunfähigkeit ist der bisherige Beruf. Bisheriger Beruf im Sinne des § 240 SGB VI ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) in der Regel die letzte, nicht nur vorübergehend vollwertig ausgeübte versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit (z. B. BSG, Urteil vom 29. März 1994 - 13 RJ 35/93 - SozR 3-2200 § 1246 Nr. 45; Urteil vom 18. Februar 1998 - B 5 RJ 34/97 R - SozR 3-2200 § 1246 Nr. 61; Urteil vom 20. Juli 2005 - B 13 RJ 19/04 R - in juris).

Nach diesen Grundsätzen ist bisheriger Beruf des Klägers seine Tätigkeit als Kundendienstmitarbeiter bei einer Spedition, bei der er Möbel auslieferte, montierte, kleinere Reparaturen durchführte und auch Elektroarbeiten verrichtete. Diesen Beruf kann der Kläger aus gesundheitlichen Gründen, namentlich wegen seiner Wirbelsäulenbeschwerden, aber auch den Folgen der Poliomyelitis, nicht mehr verrichten. Der Senat stützt sich insoweit auf die Gutachten von Dr. Ro. und der Ärztin Be. und die sachverständige Zeugenauskunft des Dr. M., die dies übereinstimmend feststellten.

Der Kläger ist deshalb aber noch nicht berufsunfähig. Er kann auf alle auf dem Arbeitsmarkt vorkommenden Tätigkeiten verwiesen werden.

Die soziale Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit richtet sich nach der Wertigkeit des bisherigen Berufs. Zur Erleichterung dieser Beurteilung hat die Rechtsprechung des BSG (vgl. z.B. Urteil vom 29. März 1994 - 13 RJ 35/93 - SozR 3-2200 § 1246 Nr. 45; Urteil vom 25. Juli 2001 B 8 KN 14/00 R - SozR 3-2600 § 43 Nr. 26) die Berufe der Versicherten in Gruppen eingeteilt. Diese Berufsgruppen sind ausgehend von der Bedeutung, die Dauer und Umfang der Ausbildung für die Qualität eines Berufs haben, gebildet worden. Entsprechend diesem so genannten Mehrstufenschema werden die Arbeiterberufe durch Gruppen mit den Leitberufen des Facharbeiters mit Vorgesetztenfunktion bzw. des besonders hoch qualifizierten Facharbeiters, des Facharbeiters (anerkannter Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungszeit von mehr als zwei Jahren), des angelernten Arbeiters (sonstiger Ausbildungsberuf mit einer Regelausbildungszeit von drei Monaten bis zu zwei Jahren) und des ungelernten Arbeiters charakterisiert. Innerhalb der Gruppe der angelernten Arbeiter differenziert das BSG nochmals hinsichtlich der Versicherten, die der oberen und unteren Gruppe der Angelernten angehören. Dem unteren Bereich sind alle Tätigkeiten mit einer regelmäßigen, auch betrieblichen Ausbildungs- und Anlernzeit von drei bis zwölf Monaten und dem oberen Bereich dementsprechend die Tätigkeiten mit einer Ausbildungs- oder Anlernzeit von über zwölf bis zu 24 Monaten zuzuordnen (BSG, Urteil vom 29. März 1994 - 13 RJ 35/93 - SozR 3-2200 § 1246 Nr. 45). Die Einordnung eines bestimmten Berufs in dieses Mehrstufenschema erfolgt aber nicht ausschließlich nach der Dauer der absolvierten förmlichen Berufsausbildung. Ausschlaggebend hierfür ist vielmehr allein die Qualität der verrichteten Arbeit, d.h. der aus einer Mehrzahl von Faktoren zu ermittelnde Wert der Arbeit für den Betrieb. Es kommt auf das Gesamtbild an. Eine Verweisung kann nur auf einen Beruf derselben qualitativen Stufe oder der nächst niedrigeren erfolgen (BSG, Urteil vom 29. Juli 2004 - B 4 RA 5/04 R - in juris).

Die Tätigkeit des Klägers als Kundendienstmitarbeiter war eine angelernte Tätigkeit im unteren Bereich. Der Kläger absolvierte für diese Tätigkeit keine spezielle Ausbildung. Für die einzelnen von ihm zu verrichtenden Tätigkeiten, nämlich Möbelauslieferung und Kundendienst in Form von Möbel-/Küchenmontage, Reparatur von Polstermöbeln, Elektroarbeiten und kleineren Reparaturarbeiten an durch die Auslieferung beschädigten Möbeln bedurfte es der Einweisung und auch einer gewissen Anlernzeit, die jedoch deutlich unter zwölf Monaten lag. Dass er zwischen zwölf und 24 Monaten angelernt worden sei, trägt auch der Kläger nicht vor. Etwas anderes ergibt sich insoweit auch nicht aus der Tatsache, dass der Kläger ohne Abschluss die Ausbildung zum Schreiner absolviert hat. Denn der Kläger verrichtete zuletzt nur die genannten kleineren Schreinerarbeiten. Damit war er nur in einem Teilbereich der Schreinertätigkeit beschäftigt, für die es keiner Schreinerausbildung bedurfte. Im Widerspruch dazu steht auch nicht die Auskunft von Frau G., Firma Z., wonach es gut sei, wenn man eine Ausbildung zum Schreiner bzw. Elektriker gemacht habe. Letztlich wurde dies von der Firma nicht gefordert, was daraus deutlich wird, dass während der beruflichen Tätigkeit nicht bekannt war, ob der Kläger über eine abgeschlossene Berufsausbildung verfügt. Auch die Tatsache, dass entweder eine Schreiner- oder Elektrikerausbildung nützlich sei, belegt, dass eine Schreinerausbildung nicht erforderlich war.

Da der Kläger damit zum unteren Bereich der angelernten Arbeiter gehört, kann er grundsätzlich auf alle auf dem Arbeitsmarkt vorkommenden Tätigkeiten verwiesen werden. Die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit ist in diesen Fällen regelmäßig nicht erforderlich, weil auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt eine so große Anzahl von Tätigkeitsarten zur Verfügung steht, dass das Vorhandensein einer geeigneten Verweisungstätigkeit offensichtlich ist (z.B. BSG, Urteil vom 14. September 1995 - 5 RJ 50/94 - SozR 3-2200 § 1246 Nr. 50).

3. Es war nicht erforderlich, von Amts wegen ein weiteres Sachverständigengutachten einzuholen. Aus den dargelegten Gründen sieht der Senat den Sachverhalt als geklärt an. Auch ein weiteres Sachverständigengutachten auf Antrag des Klägers nach § 109 SGG war nicht einzuholen. Zum einen hat er diesen Antrag nicht aufrechterhalten, weil er bei Erklärung des Einverständnisses mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung diesen Antrag nicht wiederholte. Zum anderen ist das Antragsrecht verbraucht. Denn das Antragsrecht nach § 109 SGG steht grundsätzlich nur einmal im gesamten Rechtsstreit zur Verfügung. Das Gericht ist nicht verpflichtet, einem Antrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Beweis bestimmter Tatsachen beliebig oft nachzukommen (vgl. Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 06. Februar 2006 - L 1 U 2572/05 - in juris unter Hinweis auf BSG, Beschluss vom 06. Mai 1958 - 10 RV 813/56 - SozR Nr. 18 zu § 109 SGG; BSG, Urteil vom 14. Mai 1991 - 5 RJ 32/90 - SozR 3-1500 § 109 Nr. 1). Der Kläger hat im Berufungsverfahren von dem Antragsrecht nach § 109 SGG Gebrauch gemacht. Besondere Umstände, die ausnahmsweise eine wiederholte Antragstellung nach § 109 SGG rechtfertigen (vgl. dazu Keller, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl., § 109 SGG, RdNr. 10b), liegen nicht vor.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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