Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
7
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 9 R 4101/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 R 2382/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 28. April 2010 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger erhebt im vorliegenden Verfahren Anspruch auf eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.
Der am 1956 in der Gegend von A. (T.) geborene Kläger hat keinen Beruf erlernt; er gelangte im Juli 1971 in das Bundesgebiet. Der Kläger ist verheiratet; seine Ehefrau und die drei Kinder leben in der T ... Nach seiner Übersiedelung war der Kläger im Möbelbau, als Hilfsarbeiter in einer Strumpffabrik, Lackierer, Maschinenarbeiter sowie ab 6. Juni 1983 als Bauarbeiter bei der Fa. F. beschäftigt; dieses Arbeitsverhältnis endete am 31. Januar 1994 aufgrund mangelnder Auftragslage. Seitdem war der Kläger nicht mehr erwerbstätig. Er bezog ab Ende Februar 1994 bis Dezember 2004 - mit mehreren Unterbrechungen u.a durch Zeiten mit Bezug von Krankengeld - Leistungen wegen Arbeitslosigkeit; seit Januar 2005 erhält er vom Jobcenter Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch.
Ein erster, im März 2001 gestellter Antrag des Klägers auf Rente wegen Erwerbsminderung blieb nach Einholung eines chirurgisch-orthopädischen Gutachtens bei Dr. N. erfolglos (bestandskräftig gewordener Bescheid vom 4. April 2001).
Im August 2005 stellte der Kläger einen zweiten Rentenantrag. Die Beklagte veranlasste eine Untersuchung durch den Chirurgen Dr. G.; dieser hielt den Kläger im Gutachten vom 15. September 2005 für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten bei Vermeidung langen Stehens und Sitzens, von häufigem Bücken sowie von Überkopfarbeiten und Heben und Tragen von Lasten über 15 kg noch für vollschichtig leistungsfähig (Diagnosen: chronisch-rezidivierendes Wirbelsäulensyndrom mit beidseitigen Cervicobrachialgien und -cephalgien, Lumboischialgien und Funktionseinschränkung bei Fehlhaltung und gering- bis mäßiggradigen degenerativen Veränderungen, Rotatorenmanschettendegeneration und Schultereckgelenksarthrose rechts mit Funktionseinschränkung, kirschgroße reponible Nabelhernie, Adipositas). Mit Bescheid vom 22. September 2005 wurde der Rentenantrag darauf abgelehnt. Der Widerspruch des Klägers blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 5. Januar 2006). Im anschließenden Klageverfahren (S 5 R 801/06) befragte das Sozialgericht Stuttgart (SG) die Hausärztin Dr. L. und den Orthopäden Dr. W. als sachverständige Zeugen und holte ferner Auskünfte von dem Chirurgen S. nd von Chefarzt Dr. Z. ein. Der anschließend beauftragte Sachverständige, Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. S. gelangte im Gutachten vom 6. Mai 2007 zum Ergebnis, dass der Kläger Tätigkeiten ohne Heben und Tragen von Lasten, Arbeiten in Nässe und Kälte sowie Überkopfarbeiten noch vollschichtig verrichten könne. Die gegen das klageabweisende Urteil vom 26. Juni 2007 beim Landessozialgericht (LSG) eingelegte Berufung (L 9 R 3907/07) nahm der Kläger im Dezember 2007 zurück. Ein während dieses Berufungsverfahrens bei der Beklagten im November 2007 gestellter neuerlicher Rentenantrag wurde mit Bescheid vom 27. Dezember 2007 abgelehnt.
Am 28. Juli 2008 stellte der Kläger den hier streitgegenständlichen Antrag auf Rente wegen Erwerbsminderung, welchen er mit Kopfschmerzen, Schmerzen im Rücken und Arm sowie damit begründete, dass er nicht essen und schlafen könne. Die Beklagte ließ den Kläger durch Facharzt für Chirurgie Dr. R. untersuchen; dieser gelangte im Gutachten vom 25. August 2008 zum Ergebnis, dass der Kläger körperlich mittelschwere Arbeiten noch mehr als sechs Stunden täglich verrichten könne (Diagnosen: rezidivierende Wirbelsäulenbeschwerden bei leichten bis mäßigen degenerativen Veränderungen und leichter Fehlhaltung sowie leichter Funktionseinschränkung, ohne Wurzelreizzeichen, leichte Rotatorenmanschettendegeneration und leichte Schultereckgelenksarthrose ohne wesentliche Funktionseinschränkung, Übergewicht, Fußverbildung, operierter Nabelbruch ohne wesentliche Restbeschwerden, mitgeteilte rezidivierende depressive Störung, derzeit unter Therapie gebessert). Mit Bescheid vom 27. August 2008 lehnte die Beklagte darauf den Rentenantrag ab, weil der Kläger auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt Tätigkeiten im Umfang von mindestens sechs Stunden täglich ausüben könne. Während des Widerspruchsverfahrens zog die Beklagte die Befundberichte der Neurologin/Psychiaterin Dr. F. vom 5. Januar 2009 sowie der Hausärztin Dr. L. vom 16. Januar 2009 bei, welche noch - überwiegend bereits aktenkundige - Arztbriefe aus den Jahren 2000 bis 2008 einreichte. Dr. W. teilte hingegen im Schreiben vom 8. Januar 2009 mit, dass er den Kläger seit Längerem nicht mehr gesehen habe und deshalb keine aktuellen Untersuchungsbefunde vorlegen könne. Anschließend wurde der Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 6. Mai 2009, abgesandt am 8. Mai 2009 und dem damaligen Bevollmächtigten des Klägers zugegangen am 11. Mai 2009, zurückgewiesen.
Deswegen hat der Kläger am 12. Juni 2009 (Freitag nach Fronleichnam) Klage zum SG (S 9 R 4101/09) erhoben. Zu seiner Klage hat er verschiedene (wiederum z.T. bereits aktenkundige) Arztunterlagen, darunter die Atteste der Dr. L. vom 8. Juni und 1. September 2009 sowie die Arztbriefe des Radiologen Dr. G. vom 12. März 2009 und der Neurologin Dr. M. vom 16. März und 31. August 2009, sowie außerdem mehrere Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vorgelegt. Die Beklagte ist der Klage unter Vorlage der sozialmedizinischen Stellungnahme des Facharztes für Chirurgie Dr. S. vom 28. September 2009 mit der Begründung entgegengetreten, auch nach Auswertung der vorgelegten Befundberichte sei weiterhin von einem Leistungsvermögen von sechs Stunden und mehr für leichte Tätigkeiten bei Beachtung qualitativer Einschränkungen (Tätigkeiten im Wechsel, keine Überkopfarbeiten, Vermeidung von Zwangshaltungen, keine Nachtschicht) auszugehen. Ein Antrag des Klägers auf Prozesskostenhilfe (PKH) ist auch im Beschwerdeverfahren zum LSG (L 10 R 5457/09 PKH-B), zu dem der Kläger u.a. noch die Bescheinigung der Dr. F. vom 28. September 2009, ferner die Beklagte die sozialmedizinische Stellungnahme des Dr. Stark vom 22. Januar 2010 eingereicht hat, erfolglos geblieben. Mit Gerichtsbescheid vom 28. April 2010 hat das SG die Klage abgewiesen; in den Gründen hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass sich aus den vorhandenen ärztlichen Äußerungen eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes des Klägers seit der Berufungsrücknahme im Verfahren L 9 R 3907/07 nicht ergebe.
Gegen diesen den damaligen Prozessbevollmächtigten des Klägers am 3. Mai 2010 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die am 11. Mai 2010 zur Niederschrift der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des SG eingelegte Berufung. Der Kläger hat geltend gemacht, dass es sein Gesundheitszustand nicht erlaube, auf Dauer einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Er hat wiederum zahlreiche - z.T. bereits aktenkundige - Unterlagen, darunter die Arztbriefe des Klinikums für Hals-Nasen-Ohrenkrankheiten am Katharinenhospital Stuttgart vom 25. Juni und 17. September 2009, der Dr. Fiedler vom 15. März 2010, der Dr. M. vom 27. Januar und 10. September 2010, des Chirurgen Dr. F. vom 24. Juni 2010, des Radiologen Dr. H. vom 29. Juni 2010 sowie der Fachärztin für Innere Medizin/Rheumatologie Dr. R. vom 8. Juli 2011, die Atteste des Dr. Wendelstein vom 11. Juni 2010 und der Dr. L. vom 9. Juni und 3. September 2010, 15. März, 4. Juli und 8. September 2011 sowie 17. Januar 2012, außerdem erneut eine Vielzahl von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen übergeben.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 28. April 2010 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 27. August 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 6. Mai 2009 zu verurteilen, ihm ab 1. Juli 2008 eine Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung, zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid und die streitbefangenen Bescheide für zutreffend. Die Beklagte hat die sozialmedizinischen Stellungnahmen des Dr. Gollwitzer vom 6. Juli, 23. August und 17. November 2010 vorgelegt.
Der Senat hat mit Beschluss vom 12. April 2012 die Bewilligung von PKH für das Berufungsverfahren abgelehnt. In der Folgezeit ist der den Kläger behandelnde Orthopäde Dr. W. als sachverständiger Zeuge schriftlich befragt worden. Dieser hat im Schreiben vom 18. Juni 2012 die Behandlungstermine seit Februar 2009 mitgeteilt und eine wesentliche Änderung im Gesundheitszustand des Klägers im Laufe der Behandlung verneint; er hat ferner den Bericht des Prof. Dr. S., Ärztlicher Direktor der Klinik für Hals-Nasen-Ohrenkrankheiten am Katharinenhospital, vom 8. April 2009 übersandt.
Zur weiteren Darstellung wird auf die Rentenakten der Beklagten, die Klageakte des SG (S 9 R 4101/09), die weitere Akte des SG (S 5 R 801/06), die Berufungsakte des Senats (L 7 R 2382/10) sowie die weiteren Akten des LSG (L 9 R 3907/07, L 10 R 5457/09 PKH-B) verwiesen
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.
Die Berufung ist zulässig. Sie ist gemäß § 151 Abs. 1 und 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegt worden sowie statthaft (§ 143 SGG), weil die Berufung wiederkehrende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG).
Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die von ihm im Haupt- und Hilfsantrag begehrten Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.
Versicherte haben gemäß § 43 Abs. 2 Satz 1 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie (1.) voll erwerbsgemindert sind, (2.) in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (besondere versicherungsrechtliche Voraussetzungen) und (3.) vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein (Satz 2 a.a.O.). Gemäß § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 SGB VI haben Versicherte - bei Erfüllung der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen des Satzes 1 Nrn. 2 und 3 a.a.O. - Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Nach § 43 Abs. 3 SGB VI ist nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (vgl. hierzu allgemein Bundessozialgericht (BSG) BSGE 80, 24 ff. = SozR 3-2600 § 44 Nr. 8).
Die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren (§ 50 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, § 51 Abs. 1 SGB VI) hat der Kläger erfüllt. Ferner wären die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Renten wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung (§ 43 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, Abs. 4 SGB VI) ausweislich des in der Verwaltungsakte befindlichen Kontospiegels vom 4. September 2008 gegeben, wenn die volle oder teilweise Erwerbsminderung - wie vom Kläger geltend gemacht - schon weit vor der Rentenantragstellung oder aber auch erst mit dieser eingetreten wäre. Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens hat der Kläger indes keinen Anspruch auf die begehrten Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, weil er in der streitbefangenen Zeit nicht erwerbsgemindert im Sinne des § 43 Abs. 1 und 2 SGB VI gewesen ist. Eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit (§ 240 SGB VI) vermag der Kläger von vornherein nicht zu beanspruchen; denn er gehört als ungelernter Arbeitnehmer zum Kreis der Versicherten, für die bei einem mindestens sechsstündigen Leistungsvermögen grundsätzlich keine Verweisungstätigkeiten zu benennen sind (ständige Rechtsprechung; vgl. BSG SozR 3-2200 § 1247 Nr. 10 S. 33) und die deshalb keinen Berufsschutz genießen.
Die gesundheitlichen Einschränkungen des Kläger berühren vorwiegend das orthopädische, daneben auch das psychiatrische Gebiet; sie führen jedoch zu keinen einen Rentenanspruch auslösenden Leistungseinschränkungen. Orthopädischerseits leidet der Kläger an wiederkehrenden Wirbelsäulenbeschwerden mit beidseitigen Cervicobrachialgien und -cephalgien bei degenerativen Veränderungen der Hals- und Lendenwirbelsäule; kernspintomographisch konnte neben einer deutlichen Skoliose eine langstreckige, teils anlagebedingte Spinalkanalstenose mit Punktum maximum im lumbosacralen Übergang bei mehreren geringen Bandscheibenvorwölbungen an der oberen und unteren Lendenwirbelsäule gesichert werden (vgl. Bericht des Dr. Haas vom 29. Juni 2010). Die Wirbelsäulenveränderungen führen, einhergehend mit einer Fehlhaltung, zu gewissen Funktionseinschränkungen (Finger-Boden-Abstand bei Dr. Gollwitzer 40 cm, bei Dr. Reutter - bei allerdings mangelhafter Mitarbeit - 47 cm, Schober‘sches Zeichen bei Dr. Gollwitzer 10/16, bei Dr. Reutter 10/15, Ott’sches Zeichen bei beiden Ärzten 30/32; Kinn-Brustbein-Abstand 0/14 cm bzw. 2/15 cm). Ferner bestehen eine rechtsseitige Rotatorenmanschettendegeneration und Schultereckgelenksarthrose ebenfalls mit leichten schmerzbedingten Funktionseinschränkungen. Diese Feststellungen trifft der Senat aufgrund der urkundenbeweislich zu verwertenden Ausführungen der vorgenannten - den Kläger in dem dem vorliegenden sowie in dem dem früheren Rechtsstreit vorausgegangenen Verwaltungsverfahren im Auftrag der Beklagten untersuchenden - Rentengutachter Dr. Gollwitzer und Dr. Reutter sowie des behandelnden Orthopäden Dr. Wendelstein, der außerdem von einer "Gonarthrose" gesprochen hat. Eine radikuläre Symptomatik, wie sie von Dr. Landher-Posteniak in den zahlreichen zu den Akten gelangten Attesten immer wieder erwähnt ist, hat bereits Dr. Reutter verneint. Sie lässt sich auch den vom Kläger vorgelegten Arztbriefen der Dr. Mercea nicht entnehmen. Die Neurologin hat im Gegenteil in den Berichten vom 16. März und 31. August 2009 den neurologischen Befund - bis auf eine zuletzt nur noch diskrete Restsymptomatik der im März 2009 aufgetretenen Facialisparese rechts - als unauffällig beschrieben; dies betraf auch das Gangbild sowie den Muskeltonus der oberen und unteren Extremitäten. Der vom Kläger seinerzeit befürchtete Gehirntumor konnte aufgrund der Computertomographie des Schädels ausgeschlossen werden (vgl. Bericht des Dr. Grandjean vom 12. März 2009). Eine periphere arterielle Verschlusskrankheit hat Dr. Fehlert im Bericht vom 24. Juni 2010 bei gut tastbaren Fußpulsen sowie aufgrund der durchgeführten Duplexsonographie, die keine hämodynamisch relevanten Stenosen ergeben hat, ausgeschlossen. Anzeichen für eine rheumatologische Systemerkrankung bestehen ausweislich des Berichts der Fachärztin für Innere Medizin Dr. Richter vom 8. Juli 2011 nicht; eine entzündlich-rheumatologische Erkrankung hatte zuvor schon der Internist/Rheumatologe Dr. Tran-Viet ausgeschlossen (vgl. Bericht vom 20. Juni 2008).
Auf psychiatrischem Gebiet hat bereits der im früheren Klageverfahren S 5 R 801/06 vom SG beauftragte Psychiater Dr. Sauer das Zustandsbild des Klägers als eine somatoforme Störung (ICD 10 F 45.4) beschrieben und von einer evtl. vorhandenen depressiven Neurose (F 34.1) gesprochen; insoweit hat er darauf verwiesen, dass die diffus bleibende Beschwerdeschilderung sich nicht auf eine sichere organische Veränderung gründe, sich vielmehr, obgleich sicherlich sich wiederholende Lendenwirbelsäulenschmerzen vorlägen, eine - wohl auch iatrogen ermöglichte - Krankheitsfehlverarbeitung eingestellt zu haben scheine, die sich beim Kläger zu dem Bewusstsein entwickelt habe, nicht mehr arbeiten zu können. Dr. Fiedler, bei der sich der Kläger - soweit ersichtlich - letztmals am 15. März 2010 vorgestellt hat, hat demgegenüber im Bericht vom selben Tage eine depressive Reaktion bei chronischen Schmerzen diagnostiziert und den Verdacht auf eine Persönlichkeitsstörung geäußert. Allerdings zeigte sich der Kläger nach ihrer Schilderung bei der Vorstellung am 15. März 2010 zwar etwas mürrisch, jedoch in euthymer (ausgeglichener) Stimmungslage, nachdem er sich bereits im November 2009 in stabiler emotionaler Verfassung befunden hatte. Schon im Arztbrief vom 28. September 2009 hatte Dr. Fiedler über einen ausreichend guten Befund von Seiten der Psyche im Rahmen der depressiven Behandlung berichtet, die zu einer Besserung der Schmerzsymptomatik und der extremen Unruhe geführt habe. Auf eine Fibromyalgie, wie sie Dr. Tran-Viet im Bericht vom 20. Juni 2008 gemeint hat, diagnostizieren zu können, ist im Übrigen keiner der vorstehend und oben genannten Ärzte zurückgekommen. Die 2006 operierte Nabelhernie hat beim Kläger keine Folgen hinterlassen (vgl. schon die Schreiben des Dr. Ziehen und des Chirurgen Schier vom 6. und 7. April 2006). Der hals-nasen-ohrenärztliche Befund ist regelrecht (vgl. Bericht des Prof. Dr. Sittel vom 8. April 2009); die im Katharinenhospital 2009 zweimalig durchgeführten Septumoperationen sind komplikationslos verlaufen (vgl. Berichte vom 25. Juni und 17. September 2009). Der urologische Befund ist - bis auf eine chronische Prostatitis - ebenfalls weitgehend unauffällig (vgl. den Bericht des Dr. Epple vom 20. April 2006).
Die beim Kläger vorhandenen Gesundheitsstörungen schränken sein Leistungsvermögen nicht in rentenberechtigendem Maße ein. Sämtliche Ärzte, die den Kläger im Rahmen des vorliegenden wie auch der zurückliegenden Rentenverfahren begutachtet haben, nämlich der vom SG im Klageverfahren S 5 R 801/06 zum Sachverständigen bestellte Dr. Sauer sowie die Rentengutachter Dr. Reutter, Dr. Gollwitzer und Dr. Naruhn, haben seine Leistungsfähigkeit mit vollschichtig, d.h. mehr als sechs Stunden täglich, beurteilt. Zwar liegen diese Beurteilungen schon einige Zeit zurück, jedoch ergibt sich aus den Äußerungen der behandelnden Ärzte Dr. Wendelstein und Dr. Landher-Postenjak, dass das Zustandsbild beim Kläger seit Jahren weitestgehend unverändert ist. So hat der Orthopäde Dr. Wendelstein in seinem Schreiben vom 18. Juni 2012 eine wesentliche Änderung des Gesundheitszustandes des Klägers im Laufe der Behandlung ausdrücklich verneint und darauf verwiesen, das die Beschwerden von Seiten der Wirbelsäule, der Kniegelenke und der Beine seit Jahren vorbestehend seien. In seinem früheren Attest vom 11. Juni 2010 hatte er sich lediglich darauf beschränkt, eine Begutachtung auf orthopädischem Gebiet zu empfehlen, ohne freilich auf den schon seit Jahren unveränderten Befund hinzuweisen. Auch aus den zahlreichen, vom Kläger im Verwaltungs-, Klage- und Berufungsverfahren vorgelegten Arztbriefen und Attesten der sonstigen ihn behandelnden Ärzte ergeben sich, worauf Dr. Stark und Dr. Gollwitzer in ihren vom Senat als qualifiziertes Beteiligtenvorbringen zu beachtenden sozialmedizinischen Stellungnahmen vom 28. September 2009 sowie 22. Januar, 6. Juli, 23. August 2010 und 17. November 2010 zutreffend hingewiesen haben, keine Anhaltspunkte, dass sich der Gesundheitszustand des Klägers so verschlechtert hätte, dass nunmehr von einer abweichenden Leistungsbeurteilung ausgegangen werden müsste. Die etwa von der Hausärztin Dr. Landher-Postenjak in den Attesten vom 8. Juni 2009, 9. Juni 2010, 15. März 2011, 4. Juli 2011 und 17. Januar 2012 mitgeteilten Diagnosen stimmen fast wörtlich mit denjenigen in ihrer schriftlichen sachverständigen Zeugenauskunft vom 31. März 2006 im Klageverfahren S 5 R 801/06 überein, in welcher sie selbst noch ein sechsstündiges Leistungsvermögen beim Kläger für möglich gehalten hat. In ihrem Attest vom 8. September 2011 hat die Hausärztin ebenfalls keine neuen Befunde angegeben, sondern nur darauf verwiesen, der Kläger habe sich, nachdem er seit 15 Jahren nicht mehr gearbeitet habe, psychisch darauf versteift, dass nur noch eine "Verrentung" in Frage komme, und ferner dargelegt, dass sie nicht in der Lage sei, diese Barriere abzubauen; allein daraus hat die Ärztin herleiten möchten, dass der Kläger ihres Erachtens jetzt in ein reguläres Arbeitsverhältnis nicht mehr integrierbar sei. In Anbetracht all dessen ist auch die in verschiedenen anderen Attesten anklingende Einschätzung der Hausärztin, dass der Kläger nicht mehr "erwerbsfähig" sei, nicht überzeugend. Neurologin Dr. Mercea hat in ihrem Attest vom 10. September 2010 nur chronische Kopfschmerzen (differentialdiagnostisch chronische Migräne) sowie therapieresistente Lumbalgien und Lumboischialgien genannt und ferner eine begleitende Somatisierungsstörung vermutet; auch sie hat aber die sehr starke Fixierung des Klägers auf eine Rente erwähnt. Die von ihr angenommene "Erwerbsminderung" auf deutlich unter sechs Stunden täglich, für die sie vorrangig die Beschwerden auf dem "psychosomatischem Fachgebiet" hat verantwortlich machen möchten, ist in Anbetracht der objektivierbaren Befunde indes nicht nachvollziehbar. Auf die von Dr. Fiedler beschriebene Besserung der depressiven Symptomatik ist Dr. Mercea, worauf Dr. Gollwitzer in seiner Stellungnahme vom 17. November 2010 zu Recht hingewiesen hat, im Übrigen nicht eingegangen. Bezüglich der vom Kläger beklagten anfallartigen Schmerzen fronto-orbital rechts ist zudem, wie dem Bericht der Neurologin vom 27. Januar 2010 zu entnehmen ist, aufgrund medikamentöser Therapie schon seit Monaten eine Linderung zu beobachten gewesen.
Hinsichtlich des zu beachtenden positiven und negativen Leistungsbildes würdigt der Senat die für schlüssig erachteten ärztlichen Äußerungen dahingehend, dass der Kläger jedenfalls noch körperlich leichte Arbeiten in wechselnder Körperhaltung ohne langes Stehen und Sitzen, unter Vermeidung von Zwangshaltungen, ohne häufiges Bücken, Überkopfarbeiten und Heben und Tragen von schweren Lasten, ferner ohne Arbeiten in Nässe und Kälte sowie ohne Nachtschichtarbeit in dem gesetzlich maßgeblichen Umfang von mindestens sechs Stunden täglich verrichten kann. Die Notwendigkeit zu Arbeitsunterbrechungen in einem das betriebsübliche Maß übersteigenden Rahmen (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 19. August 1997 - 13 RJ 11/96 - (juris)) sowie eine rentenrechtlich relevante Einschränkung der Gehfähigkeit (vgl. hierzu BSG SozR 3-2200 § 1247 Nr. 10) ist in keiner aktenkundigen ärztlichen Äußerung beschrieben.
Mit dem vorhandenen Leistungsvermögen kann der Kläger zwar den zuletzt ausgeübten Beruf als Bauarbeiter im Tief- und Straßenbau nicht mehr ausüben; er ist dennoch nicht erwerbsgemindert. Eine - trotz mindestens sechsstündiger Leistungsfähigkeit - eine Rente wegen voller Erwerbsminderung rechtfertigende Ausnahme ist allerdings dann gegeben, wenn qualitative Leistungsbeschränkungen vorliegen, die eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung darstellen (vgl. etwa BSG SozR 3-2600 § 43 Nrn. 17 und 21; SozR a.a.O. § 44 Nr. 12), oder der Arbeitsmarkt sonst praktisch verschlossen ist, etwa weil der Versicherte nicht in der Lage ist, noch unter betriebsüblichen Bedingungen Tätigkeiten zu verrichten oder seine Fähigkeit, einen Arbeitsplatz zu erreichen, aus gesundheitlichen Gründen eingeschränkt ist (vgl. BSG SozR 2200 § 1246 Nrn. 137 und 139). Derartige letztgenannten beiden Gründe für eine Verschlossenheit des Arbeitsmarktes liegen nach dem Beweisergebnis - wie oben ausgeführt - nicht vor. Ebenso wenig stellt das beim Kläger zu beachtende positive und negative Leistungsbild eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung dar. Hinsichtlich der vorhandenen qualitativen Beschränkungen hängt das Bestehen einer Benennungspflicht im Übrigen entscheidend von deren Anzahl, Art und Schwere ab, wobei die Frage der Einsatzfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zweckmäßigerweise in zwei Schritten zu klären ist. Zunächst ist in einem ersten Prüfungsschritt festzustellen, ob das Restleistungsvermögen dem Versicherten körperliche Verrichtungen erlaubt, die in ungelernten Tätigkeiten üblicherweise gefordert werden (wie z.B. Zureichen, Abnehmen, Transportieren, Reinigen, Bedienen von Maschinen, Kleben, Sortieren, Verpacken, Zusammensetzen von Teilen usw.; vgl. BSGE 80, 42, 32); erst wenn insoweit Zweifel an der betrieblichen Einsetzbarkeit bestehen, folgt eine weitere Prüfung, ob eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vorliegt, die alsdann zur Pflicht zur Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit führt (vgl. BSG SozR 3-2600 § 43 Nrn. 17 und 21; SozR a.a.O. § 44 Nr. 12; BSG, Urteile vom 19. Oktober 2011 - B 13 R 78/09 R - und 9. Mai 2012 - B 5 R 68/11 R - (beide juris)). Letzteres ist hier nicht der Fall. Der Kläger kann zumindest noch körperlich leichte Arbeiten verrichten; dies führt für sich allein noch nicht zu einer Verengung ihm noch möglicher Arbeitsfelder. Eine Vielzahl der beim Kläger zu beachtenden qualitativen Einschränkungen ist bereits vom Begriff der "körperlich leichten Arbeiten" erfasst, z.B. Arbeiten ohne schweres Heben und Tragen, Arbeiten ohne Zwangshaltungen sowie Überkopfarbeiten (vgl. BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 117; SozR 3-2200 § 1247 Nr. 10; BSG, Urteile vom 19. August 1997 - 13 RJ 91/96 - und vom 24. März 1998 - 4 RA 44/96 - (beide juris)); regelmäßig stellen derartige Arbeitsplätze auch keine besonderen Anforderungen an die Geh-, Steh- und Steigfähigkeit (vgl. BSG SozR 3-2200 § 1247 Nr. 10). Auch die verbleibenden Einschränkungen (keine Nachtarbeiten, Vermeidung von Witterungseinflüssen) vermögen keine Zweifel an der Verwertbarkeit des beim Kläger vorhandenen Restleistungsvermögens auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu begründen (vgl. hierzu BSGE 80, 24, 32 = SozR 3-2600 § 44 Nr. 8; BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 117). Körperlich leichte Arbeiten werden im Übrigen nicht typischerweise unter diesen Bedingungen ausgeübt. Etwaige häufigere Zeiten der Arbeitsunfähigkeit bewirken für sich allein noch keine verminderte Erwerbsfähigkeit (vgl. BSGE 9, 192, 194; BSG SozR 2200 § 1247 Nr. 12 S. 23).
Ist der Kläger bei dem vorhandenen Leistungsvermögen nach allem noch fähig, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt Tätigkeiten im Umfang von mindestens sechs Stunden täglich verrichten zu können, fehlen damit die Voraussetzungen für eine Rente wegen teilweiser und erst recht für eine Rente wegen voller Erwerbsminderung.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger erhebt im vorliegenden Verfahren Anspruch auf eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.
Der am 1956 in der Gegend von A. (T.) geborene Kläger hat keinen Beruf erlernt; er gelangte im Juli 1971 in das Bundesgebiet. Der Kläger ist verheiratet; seine Ehefrau und die drei Kinder leben in der T ... Nach seiner Übersiedelung war der Kläger im Möbelbau, als Hilfsarbeiter in einer Strumpffabrik, Lackierer, Maschinenarbeiter sowie ab 6. Juni 1983 als Bauarbeiter bei der Fa. F. beschäftigt; dieses Arbeitsverhältnis endete am 31. Januar 1994 aufgrund mangelnder Auftragslage. Seitdem war der Kläger nicht mehr erwerbstätig. Er bezog ab Ende Februar 1994 bis Dezember 2004 - mit mehreren Unterbrechungen u.a durch Zeiten mit Bezug von Krankengeld - Leistungen wegen Arbeitslosigkeit; seit Januar 2005 erhält er vom Jobcenter Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch.
Ein erster, im März 2001 gestellter Antrag des Klägers auf Rente wegen Erwerbsminderung blieb nach Einholung eines chirurgisch-orthopädischen Gutachtens bei Dr. N. erfolglos (bestandskräftig gewordener Bescheid vom 4. April 2001).
Im August 2005 stellte der Kläger einen zweiten Rentenantrag. Die Beklagte veranlasste eine Untersuchung durch den Chirurgen Dr. G.; dieser hielt den Kläger im Gutachten vom 15. September 2005 für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten bei Vermeidung langen Stehens und Sitzens, von häufigem Bücken sowie von Überkopfarbeiten und Heben und Tragen von Lasten über 15 kg noch für vollschichtig leistungsfähig (Diagnosen: chronisch-rezidivierendes Wirbelsäulensyndrom mit beidseitigen Cervicobrachialgien und -cephalgien, Lumboischialgien und Funktionseinschränkung bei Fehlhaltung und gering- bis mäßiggradigen degenerativen Veränderungen, Rotatorenmanschettendegeneration und Schultereckgelenksarthrose rechts mit Funktionseinschränkung, kirschgroße reponible Nabelhernie, Adipositas). Mit Bescheid vom 22. September 2005 wurde der Rentenantrag darauf abgelehnt. Der Widerspruch des Klägers blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 5. Januar 2006). Im anschließenden Klageverfahren (S 5 R 801/06) befragte das Sozialgericht Stuttgart (SG) die Hausärztin Dr. L. und den Orthopäden Dr. W. als sachverständige Zeugen und holte ferner Auskünfte von dem Chirurgen S. nd von Chefarzt Dr. Z. ein. Der anschließend beauftragte Sachverständige, Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. S. gelangte im Gutachten vom 6. Mai 2007 zum Ergebnis, dass der Kläger Tätigkeiten ohne Heben und Tragen von Lasten, Arbeiten in Nässe und Kälte sowie Überkopfarbeiten noch vollschichtig verrichten könne. Die gegen das klageabweisende Urteil vom 26. Juni 2007 beim Landessozialgericht (LSG) eingelegte Berufung (L 9 R 3907/07) nahm der Kläger im Dezember 2007 zurück. Ein während dieses Berufungsverfahrens bei der Beklagten im November 2007 gestellter neuerlicher Rentenantrag wurde mit Bescheid vom 27. Dezember 2007 abgelehnt.
Am 28. Juli 2008 stellte der Kläger den hier streitgegenständlichen Antrag auf Rente wegen Erwerbsminderung, welchen er mit Kopfschmerzen, Schmerzen im Rücken und Arm sowie damit begründete, dass er nicht essen und schlafen könne. Die Beklagte ließ den Kläger durch Facharzt für Chirurgie Dr. R. untersuchen; dieser gelangte im Gutachten vom 25. August 2008 zum Ergebnis, dass der Kläger körperlich mittelschwere Arbeiten noch mehr als sechs Stunden täglich verrichten könne (Diagnosen: rezidivierende Wirbelsäulenbeschwerden bei leichten bis mäßigen degenerativen Veränderungen und leichter Fehlhaltung sowie leichter Funktionseinschränkung, ohne Wurzelreizzeichen, leichte Rotatorenmanschettendegeneration und leichte Schultereckgelenksarthrose ohne wesentliche Funktionseinschränkung, Übergewicht, Fußverbildung, operierter Nabelbruch ohne wesentliche Restbeschwerden, mitgeteilte rezidivierende depressive Störung, derzeit unter Therapie gebessert). Mit Bescheid vom 27. August 2008 lehnte die Beklagte darauf den Rentenantrag ab, weil der Kläger auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt Tätigkeiten im Umfang von mindestens sechs Stunden täglich ausüben könne. Während des Widerspruchsverfahrens zog die Beklagte die Befundberichte der Neurologin/Psychiaterin Dr. F. vom 5. Januar 2009 sowie der Hausärztin Dr. L. vom 16. Januar 2009 bei, welche noch - überwiegend bereits aktenkundige - Arztbriefe aus den Jahren 2000 bis 2008 einreichte. Dr. W. teilte hingegen im Schreiben vom 8. Januar 2009 mit, dass er den Kläger seit Längerem nicht mehr gesehen habe und deshalb keine aktuellen Untersuchungsbefunde vorlegen könne. Anschließend wurde der Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 6. Mai 2009, abgesandt am 8. Mai 2009 und dem damaligen Bevollmächtigten des Klägers zugegangen am 11. Mai 2009, zurückgewiesen.
Deswegen hat der Kläger am 12. Juni 2009 (Freitag nach Fronleichnam) Klage zum SG (S 9 R 4101/09) erhoben. Zu seiner Klage hat er verschiedene (wiederum z.T. bereits aktenkundige) Arztunterlagen, darunter die Atteste der Dr. L. vom 8. Juni und 1. September 2009 sowie die Arztbriefe des Radiologen Dr. G. vom 12. März 2009 und der Neurologin Dr. M. vom 16. März und 31. August 2009, sowie außerdem mehrere Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vorgelegt. Die Beklagte ist der Klage unter Vorlage der sozialmedizinischen Stellungnahme des Facharztes für Chirurgie Dr. S. vom 28. September 2009 mit der Begründung entgegengetreten, auch nach Auswertung der vorgelegten Befundberichte sei weiterhin von einem Leistungsvermögen von sechs Stunden und mehr für leichte Tätigkeiten bei Beachtung qualitativer Einschränkungen (Tätigkeiten im Wechsel, keine Überkopfarbeiten, Vermeidung von Zwangshaltungen, keine Nachtschicht) auszugehen. Ein Antrag des Klägers auf Prozesskostenhilfe (PKH) ist auch im Beschwerdeverfahren zum LSG (L 10 R 5457/09 PKH-B), zu dem der Kläger u.a. noch die Bescheinigung der Dr. F. vom 28. September 2009, ferner die Beklagte die sozialmedizinische Stellungnahme des Dr. Stark vom 22. Januar 2010 eingereicht hat, erfolglos geblieben. Mit Gerichtsbescheid vom 28. April 2010 hat das SG die Klage abgewiesen; in den Gründen hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass sich aus den vorhandenen ärztlichen Äußerungen eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes des Klägers seit der Berufungsrücknahme im Verfahren L 9 R 3907/07 nicht ergebe.
Gegen diesen den damaligen Prozessbevollmächtigten des Klägers am 3. Mai 2010 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die am 11. Mai 2010 zur Niederschrift der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des SG eingelegte Berufung. Der Kläger hat geltend gemacht, dass es sein Gesundheitszustand nicht erlaube, auf Dauer einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Er hat wiederum zahlreiche - z.T. bereits aktenkundige - Unterlagen, darunter die Arztbriefe des Klinikums für Hals-Nasen-Ohrenkrankheiten am Katharinenhospital Stuttgart vom 25. Juni und 17. September 2009, der Dr. Fiedler vom 15. März 2010, der Dr. M. vom 27. Januar und 10. September 2010, des Chirurgen Dr. F. vom 24. Juni 2010, des Radiologen Dr. H. vom 29. Juni 2010 sowie der Fachärztin für Innere Medizin/Rheumatologie Dr. R. vom 8. Juli 2011, die Atteste des Dr. Wendelstein vom 11. Juni 2010 und der Dr. L. vom 9. Juni und 3. September 2010, 15. März, 4. Juli und 8. September 2011 sowie 17. Januar 2012, außerdem erneut eine Vielzahl von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen übergeben.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 28. April 2010 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 27. August 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 6. Mai 2009 zu verurteilen, ihm ab 1. Juli 2008 eine Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung, zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid und die streitbefangenen Bescheide für zutreffend. Die Beklagte hat die sozialmedizinischen Stellungnahmen des Dr. Gollwitzer vom 6. Juli, 23. August und 17. November 2010 vorgelegt.
Der Senat hat mit Beschluss vom 12. April 2012 die Bewilligung von PKH für das Berufungsverfahren abgelehnt. In der Folgezeit ist der den Kläger behandelnde Orthopäde Dr. W. als sachverständiger Zeuge schriftlich befragt worden. Dieser hat im Schreiben vom 18. Juni 2012 die Behandlungstermine seit Februar 2009 mitgeteilt und eine wesentliche Änderung im Gesundheitszustand des Klägers im Laufe der Behandlung verneint; er hat ferner den Bericht des Prof. Dr. S., Ärztlicher Direktor der Klinik für Hals-Nasen-Ohrenkrankheiten am Katharinenhospital, vom 8. April 2009 übersandt.
Zur weiteren Darstellung wird auf die Rentenakten der Beklagten, die Klageakte des SG (S 9 R 4101/09), die weitere Akte des SG (S 5 R 801/06), die Berufungsakte des Senats (L 7 R 2382/10) sowie die weiteren Akten des LSG (L 9 R 3907/07, L 10 R 5457/09 PKH-B) verwiesen
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.
Die Berufung ist zulässig. Sie ist gemäß § 151 Abs. 1 und 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegt worden sowie statthaft (§ 143 SGG), weil die Berufung wiederkehrende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG).
Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die von ihm im Haupt- und Hilfsantrag begehrten Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.
Versicherte haben gemäß § 43 Abs. 2 Satz 1 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie (1.) voll erwerbsgemindert sind, (2.) in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (besondere versicherungsrechtliche Voraussetzungen) und (3.) vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein (Satz 2 a.a.O.). Gemäß § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 SGB VI haben Versicherte - bei Erfüllung der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen des Satzes 1 Nrn. 2 und 3 a.a.O. - Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Nach § 43 Abs. 3 SGB VI ist nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (vgl. hierzu allgemein Bundessozialgericht (BSG) BSGE 80, 24 ff. = SozR 3-2600 § 44 Nr. 8).
Die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren (§ 50 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, § 51 Abs. 1 SGB VI) hat der Kläger erfüllt. Ferner wären die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Renten wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung (§ 43 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, Abs. 4 SGB VI) ausweislich des in der Verwaltungsakte befindlichen Kontospiegels vom 4. September 2008 gegeben, wenn die volle oder teilweise Erwerbsminderung - wie vom Kläger geltend gemacht - schon weit vor der Rentenantragstellung oder aber auch erst mit dieser eingetreten wäre. Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens hat der Kläger indes keinen Anspruch auf die begehrten Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, weil er in der streitbefangenen Zeit nicht erwerbsgemindert im Sinne des § 43 Abs. 1 und 2 SGB VI gewesen ist. Eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit (§ 240 SGB VI) vermag der Kläger von vornherein nicht zu beanspruchen; denn er gehört als ungelernter Arbeitnehmer zum Kreis der Versicherten, für die bei einem mindestens sechsstündigen Leistungsvermögen grundsätzlich keine Verweisungstätigkeiten zu benennen sind (ständige Rechtsprechung; vgl. BSG SozR 3-2200 § 1247 Nr. 10 S. 33) und die deshalb keinen Berufsschutz genießen.
Die gesundheitlichen Einschränkungen des Kläger berühren vorwiegend das orthopädische, daneben auch das psychiatrische Gebiet; sie führen jedoch zu keinen einen Rentenanspruch auslösenden Leistungseinschränkungen. Orthopädischerseits leidet der Kläger an wiederkehrenden Wirbelsäulenbeschwerden mit beidseitigen Cervicobrachialgien und -cephalgien bei degenerativen Veränderungen der Hals- und Lendenwirbelsäule; kernspintomographisch konnte neben einer deutlichen Skoliose eine langstreckige, teils anlagebedingte Spinalkanalstenose mit Punktum maximum im lumbosacralen Übergang bei mehreren geringen Bandscheibenvorwölbungen an der oberen und unteren Lendenwirbelsäule gesichert werden (vgl. Bericht des Dr. Haas vom 29. Juni 2010). Die Wirbelsäulenveränderungen führen, einhergehend mit einer Fehlhaltung, zu gewissen Funktionseinschränkungen (Finger-Boden-Abstand bei Dr. Gollwitzer 40 cm, bei Dr. Reutter - bei allerdings mangelhafter Mitarbeit - 47 cm, Schober‘sches Zeichen bei Dr. Gollwitzer 10/16, bei Dr. Reutter 10/15, Ott’sches Zeichen bei beiden Ärzten 30/32; Kinn-Brustbein-Abstand 0/14 cm bzw. 2/15 cm). Ferner bestehen eine rechtsseitige Rotatorenmanschettendegeneration und Schultereckgelenksarthrose ebenfalls mit leichten schmerzbedingten Funktionseinschränkungen. Diese Feststellungen trifft der Senat aufgrund der urkundenbeweislich zu verwertenden Ausführungen der vorgenannten - den Kläger in dem dem vorliegenden sowie in dem dem früheren Rechtsstreit vorausgegangenen Verwaltungsverfahren im Auftrag der Beklagten untersuchenden - Rentengutachter Dr. Gollwitzer und Dr. Reutter sowie des behandelnden Orthopäden Dr. Wendelstein, der außerdem von einer "Gonarthrose" gesprochen hat. Eine radikuläre Symptomatik, wie sie von Dr. Landher-Posteniak in den zahlreichen zu den Akten gelangten Attesten immer wieder erwähnt ist, hat bereits Dr. Reutter verneint. Sie lässt sich auch den vom Kläger vorgelegten Arztbriefen der Dr. Mercea nicht entnehmen. Die Neurologin hat im Gegenteil in den Berichten vom 16. März und 31. August 2009 den neurologischen Befund - bis auf eine zuletzt nur noch diskrete Restsymptomatik der im März 2009 aufgetretenen Facialisparese rechts - als unauffällig beschrieben; dies betraf auch das Gangbild sowie den Muskeltonus der oberen und unteren Extremitäten. Der vom Kläger seinerzeit befürchtete Gehirntumor konnte aufgrund der Computertomographie des Schädels ausgeschlossen werden (vgl. Bericht des Dr. Grandjean vom 12. März 2009). Eine periphere arterielle Verschlusskrankheit hat Dr. Fehlert im Bericht vom 24. Juni 2010 bei gut tastbaren Fußpulsen sowie aufgrund der durchgeführten Duplexsonographie, die keine hämodynamisch relevanten Stenosen ergeben hat, ausgeschlossen. Anzeichen für eine rheumatologische Systemerkrankung bestehen ausweislich des Berichts der Fachärztin für Innere Medizin Dr. Richter vom 8. Juli 2011 nicht; eine entzündlich-rheumatologische Erkrankung hatte zuvor schon der Internist/Rheumatologe Dr. Tran-Viet ausgeschlossen (vgl. Bericht vom 20. Juni 2008).
Auf psychiatrischem Gebiet hat bereits der im früheren Klageverfahren S 5 R 801/06 vom SG beauftragte Psychiater Dr. Sauer das Zustandsbild des Klägers als eine somatoforme Störung (ICD 10 F 45.4) beschrieben und von einer evtl. vorhandenen depressiven Neurose (F 34.1) gesprochen; insoweit hat er darauf verwiesen, dass die diffus bleibende Beschwerdeschilderung sich nicht auf eine sichere organische Veränderung gründe, sich vielmehr, obgleich sicherlich sich wiederholende Lendenwirbelsäulenschmerzen vorlägen, eine - wohl auch iatrogen ermöglichte - Krankheitsfehlverarbeitung eingestellt zu haben scheine, die sich beim Kläger zu dem Bewusstsein entwickelt habe, nicht mehr arbeiten zu können. Dr. Fiedler, bei der sich der Kläger - soweit ersichtlich - letztmals am 15. März 2010 vorgestellt hat, hat demgegenüber im Bericht vom selben Tage eine depressive Reaktion bei chronischen Schmerzen diagnostiziert und den Verdacht auf eine Persönlichkeitsstörung geäußert. Allerdings zeigte sich der Kläger nach ihrer Schilderung bei der Vorstellung am 15. März 2010 zwar etwas mürrisch, jedoch in euthymer (ausgeglichener) Stimmungslage, nachdem er sich bereits im November 2009 in stabiler emotionaler Verfassung befunden hatte. Schon im Arztbrief vom 28. September 2009 hatte Dr. Fiedler über einen ausreichend guten Befund von Seiten der Psyche im Rahmen der depressiven Behandlung berichtet, die zu einer Besserung der Schmerzsymptomatik und der extremen Unruhe geführt habe. Auf eine Fibromyalgie, wie sie Dr. Tran-Viet im Bericht vom 20. Juni 2008 gemeint hat, diagnostizieren zu können, ist im Übrigen keiner der vorstehend und oben genannten Ärzte zurückgekommen. Die 2006 operierte Nabelhernie hat beim Kläger keine Folgen hinterlassen (vgl. schon die Schreiben des Dr. Ziehen und des Chirurgen Schier vom 6. und 7. April 2006). Der hals-nasen-ohrenärztliche Befund ist regelrecht (vgl. Bericht des Prof. Dr. Sittel vom 8. April 2009); die im Katharinenhospital 2009 zweimalig durchgeführten Septumoperationen sind komplikationslos verlaufen (vgl. Berichte vom 25. Juni und 17. September 2009). Der urologische Befund ist - bis auf eine chronische Prostatitis - ebenfalls weitgehend unauffällig (vgl. den Bericht des Dr. Epple vom 20. April 2006).
Die beim Kläger vorhandenen Gesundheitsstörungen schränken sein Leistungsvermögen nicht in rentenberechtigendem Maße ein. Sämtliche Ärzte, die den Kläger im Rahmen des vorliegenden wie auch der zurückliegenden Rentenverfahren begutachtet haben, nämlich der vom SG im Klageverfahren S 5 R 801/06 zum Sachverständigen bestellte Dr. Sauer sowie die Rentengutachter Dr. Reutter, Dr. Gollwitzer und Dr. Naruhn, haben seine Leistungsfähigkeit mit vollschichtig, d.h. mehr als sechs Stunden täglich, beurteilt. Zwar liegen diese Beurteilungen schon einige Zeit zurück, jedoch ergibt sich aus den Äußerungen der behandelnden Ärzte Dr. Wendelstein und Dr. Landher-Postenjak, dass das Zustandsbild beim Kläger seit Jahren weitestgehend unverändert ist. So hat der Orthopäde Dr. Wendelstein in seinem Schreiben vom 18. Juni 2012 eine wesentliche Änderung des Gesundheitszustandes des Klägers im Laufe der Behandlung ausdrücklich verneint und darauf verwiesen, das die Beschwerden von Seiten der Wirbelsäule, der Kniegelenke und der Beine seit Jahren vorbestehend seien. In seinem früheren Attest vom 11. Juni 2010 hatte er sich lediglich darauf beschränkt, eine Begutachtung auf orthopädischem Gebiet zu empfehlen, ohne freilich auf den schon seit Jahren unveränderten Befund hinzuweisen. Auch aus den zahlreichen, vom Kläger im Verwaltungs-, Klage- und Berufungsverfahren vorgelegten Arztbriefen und Attesten der sonstigen ihn behandelnden Ärzte ergeben sich, worauf Dr. Stark und Dr. Gollwitzer in ihren vom Senat als qualifiziertes Beteiligtenvorbringen zu beachtenden sozialmedizinischen Stellungnahmen vom 28. September 2009 sowie 22. Januar, 6. Juli, 23. August 2010 und 17. November 2010 zutreffend hingewiesen haben, keine Anhaltspunkte, dass sich der Gesundheitszustand des Klägers so verschlechtert hätte, dass nunmehr von einer abweichenden Leistungsbeurteilung ausgegangen werden müsste. Die etwa von der Hausärztin Dr. Landher-Postenjak in den Attesten vom 8. Juni 2009, 9. Juni 2010, 15. März 2011, 4. Juli 2011 und 17. Januar 2012 mitgeteilten Diagnosen stimmen fast wörtlich mit denjenigen in ihrer schriftlichen sachverständigen Zeugenauskunft vom 31. März 2006 im Klageverfahren S 5 R 801/06 überein, in welcher sie selbst noch ein sechsstündiges Leistungsvermögen beim Kläger für möglich gehalten hat. In ihrem Attest vom 8. September 2011 hat die Hausärztin ebenfalls keine neuen Befunde angegeben, sondern nur darauf verwiesen, der Kläger habe sich, nachdem er seit 15 Jahren nicht mehr gearbeitet habe, psychisch darauf versteift, dass nur noch eine "Verrentung" in Frage komme, und ferner dargelegt, dass sie nicht in der Lage sei, diese Barriere abzubauen; allein daraus hat die Ärztin herleiten möchten, dass der Kläger ihres Erachtens jetzt in ein reguläres Arbeitsverhältnis nicht mehr integrierbar sei. In Anbetracht all dessen ist auch die in verschiedenen anderen Attesten anklingende Einschätzung der Hausärztin, dass der Kläger nicht mehr "erwerbsfähig" sei, nicht überzeugend. Neurologin Dr. Mercea hat in ihrem Attest vom 10. September 2010 nur chronische Kopfschmerzen (differentialdiagnostisch chronische Migräne) sowie therapieresistente Lumbalgien und Lumboischialgien genannt und ferner eine begleitende Somatisierungsstörung vermutet; auch sie hat aber die sehr starke Fixierung des Klägers auf eine Rente erwähnt. Die von ihr angenommene "Erwerbsminderung" auf deutlich unter sechs Stunden täglich, für die sie vorrangig die Beschwerden auf dem "psychosomatischem Fachgebiet" hat verantwortlich machen möchten, ist in Anbetracht der objektivierbaren Befunde indes nicht nachvollziehbar. Auf die von Dr. Fiedler beschriebene Besserung der depressiven Symptomatik ist Dr. Mercea, worauf Dr. Gollwitzer in seiner Stellungnahme vom 17. November 2010 zu Recht hingewiesen hat, im Übrigen nicht eingegangen. Bezüglich der vom Kläger beklagten anfallartigen Schmerzen fronto-orbital rechts ist zudem, wie dem Bericht der Neurologin vom 27. Januar 2010 zu entnehmen ist, aufgrund medikamentöser Therapie schon seit Monaten eine Linderung zu beobachten gewesen.
Hinsichtlich des zu beachtenden positiven und negativen Leistungsbildes würdigt der Senat die für schlüssig erachteten ärztlichen Äußerungen dahingehend, dass der Kläger jedenfalls noch körperlich leichte Arbeiten in wechselnder Körperhaltung ohne langes Stehen und Sitzen, unter Vermeidung von Zwangshaltungen, ohne häufiges Bücken, Überkopfarbeiten und Heben und Tragen von schweren Lasten, ferner ohne Arbeiten in Nässe und Kälte sowie ohne Nachtschichtarbeit in dem gesetzlich maßgeblichen Umfang von mindestens sechs Stunden täglich verrichten kann. Die Notwendigkeit zu Arbeitsunterbrechungen in einem das betriebsübliche Maß übersteigenden Rahmen (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 19. August 1997 - 13 RJ 11/96 - (juris)) sowie eine rentenrechtlich relevante Einschränkung der Gehfähigkeit (vgl. hierzu BSG SozR 3-2200 § 1247 Nr. 10) ist in keiner aktenkundigen ärztlichen Äußerung beschrieben.
Mit dem vorhandenen Leistungsvermögen kann der Kläger zwar den zuletzt ausgeübten Beruf als Bauarbeiter im Tief- und Straßenbau nicht mehr ausüben; er ist dennoch nicht erwerbsgemindert. Eine - trotz mindestens sechsstündiger Leistungsfähigkeit - eine Rente wegen voller Erwerbsminderung rechtfertigende Ausnahme ist allerdings dann gegeben, wenn qualitative Leistungsbeschränkungen vorliegen, die eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung darstellen (vgl. etwa BSG SozR 3-2600 § 43 Nrn. 17 und 21; SozR a.a.O. § 44 Nr. 12), oder der Arbeitsmarkt sonst praktisch verschlossen ist, etwa weil der Versicherte nicht in der Lage ist, noch unter betriebsüblichen Bedingungen Tätigkeiten zu verrichten oder seine Fähigkeit, einen Arbeitsplatz zu erreichen, aus gesundheitlichen Gründen eingeschränkt ist (vgl. BSG SozR 2200 § 1246 Nrn. 137 und 139). Derartige letztgenannten beiden Gründe für eine Verschlossenheit des Arbeitsmarktes liegen nach dem Beweisergebnis - wie oben ausgeführt - nicht vor. Ebenso wenig stellt das beim Kläger zu beachtende positive und negative Leistungsbild eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung dar. Hinsichtlich der vorhandenen qualitativen Beschränkungen hängt das Bestehen einer Benennungspflicht im Übrigen entscheidend von deren Anzahl, Art und Schwere ab, wobei die Frage der Einsatzfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zweckmäßigerweise in zwei Schritten zu klären ist. Zunächst ist in einem ersten Prüfungsschritt festzustellen, ob das Restleistungsvermögen dem Versicherten körperliche Verrichtungen erlaubt, die in ungelernten Tätigkeiten üblicherweise gefordert werden (wie z.B. Zureichen, Abnehmen, Transportieren, Reinigen, Bedienen von Maschinen, Kleben, Sortieren, Verpacken, Zusammensetzen von Teilen usw.; vgl. BSGE 80, 42, 32); erst wenn insoweit Zweifel an der betrieblichen Einsetzbarkeit bestehen, folgt eine weitere Prüfung, ob eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vorliegt, die alsdann zur Pflicht zur Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit führt (vgl. BSG SozR 3-2600 § 43 Nrn. 17 und 21; SozR a.a.O. § 44 Nr. 12; BSG, Urteile vom 19. Oktober 2011 - B 13 R 78/09 R - und 9. Mai 2012 - B 5 R 68/11 R - (beide juris)). Letzteres ist hier nicht der Fall. Der Kläger kann zumindest noch körperlich leichte Arbeiten verrichten; dies führt für sich allein noch nicht zu einer Verengung ihm noch möglicher Arbeitsfelder. Eine Vielzahl der beim Kläger zu beachtenden qualitativen Einschränkungen ist bereits vom Begriff der "körperlich leichten Arbeiten" erfasst, z.B. Arbeiten ohne schweres Heben und Tragen, Arbeiten ohne Zwangshaltungen sowie Überkopfarbeiten (vgl. BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 117; SozR 3-2200 § 1247 Nr. 10; BSG, Urteile vom 19. August 1997 - 13 RJ 91/96 - und vom 24. März 1998 - 4 RA 44/96 - (beide juris)); regelmäßig stellen derartige Arbeitsplätze auch keine besonderen Anforderungen an die Geh-, Steh- und Steigfähigkeit (vgl. BSG SozR 3-2200 § 1247 Nr. 10). Auch die verbleibenden Einschränkungen (keine Nachtarbeiten, Vermeidung von Witterungseinflüssen) vermögen keine Zweifel an der Verwertbarkeit des beim Kläger vorhandenen Restleistungsvermögens auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu begründen (vgl. hierzu BSGE 80, 24, 32 = SozR 3-2600 § 44 Nr. 8; BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 117). Körperlich leichte Arbeiten werden im Übrigen nicht typischerweise unter diesen Bedingungen ausgeübt. Etwaige häufigere Zeiten der Arbeitsunfähigkeit bewirken für sich allein noch keine verminderte Erwerbsfähigkeit (vgl. BSGE 9, 192, 194; BSG SozR 2200 § 1247 Nr. 12 S. 23).
Ist der Kläger bei dem vorhandenen Leistungsvermögen nach allem noch fähig, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt Tätigkeiten im Umfang von mindestens sechs Stunden täglich verrichten zu können, fehlen damit die Voraussetzungen für eine Rente wegen teilweiser und erst recht für eine Rente wegen voller Erwerbsminderung.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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