L 5 KA 2439/10

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
5
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 11 KA 5030/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KA 2439/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 23.04.2010 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.

Der Streitwert wird auf 8.965,58 EUR festgesetzt.

Tatbestand:

Der Kläger wendet sich gegen die Berichtigung der Honorarbescheide für die Quartale 2/03 bis 1/04 und die Rückforderung von in diesen Quartalen ausbezahltem Honorar in Höhe von 8.965,58 EUR.

Der Kläger nimmt als Facharzt für Chirurgie mit dem Vertragsarztsitz Sch. an der vertragsärztlichen Versorgung teil.

Mit Bescheid des Zulassungsausschusses für Ärzte für den Bezirk der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg, Regierungsbezirk F. (im Folgenden: Zulassungsausschuss) vom 26.03.2003 wurde Dr. K. A. G. mit Wirkung vom 01.04.2003 gemäß § 101 Abs. 1 Nr. 4 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V), § 18 Ärzte-ZV i.V.m. Nrn. 23 a-h BedarfsplanungsRL zur vertragsärztlichen Tätigkeit zugelassen. Zugleich wurde die gemeinsame Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit in Form einer Gemeinschaftspraxis des Klägers und Dr. G. genehmigt. Die Genehmigung wurde unter der Nebenbestimmung erteilt, dass eine Punktzahlobergrenze, die auf der Grundlage der vier vorausgegangenen Quartale der bestehenden Praxis des Klägers zuzüglich 3 % des Fachgruppendurchschnitts ermittelt wurde, nicht überschritten werden darf. Im einzelnen wurden 1.720.545 Punkte (Quartal 4/01), 2.030.054 Punkte (Quartal 1/02), 1.844.344 Punkte (Quartal 2/02) und 1.860.335 Punkte (Quartal 3/02) festgesetzt. Eine Saldierung von Punktzahlen innerhalb des Jahresbezugs der Gesamtpunktzahlen im Vergleich zum Vorjahresvolumen war zulässig. Diese Leistungsbeschränkung war zuvor vom Kläger und Dr. G. unter dem 21.02.2003 schriftlich akzeptiert worden. Nach Beendigung der Gemeinschaftspraxis wurde die Genehmigung mit Wirkung zum 31.12.2004 aufgehoben.

Gegen den Abrechnungsbescheid des Quartals 2/03 vom 15.10.2003, der in der Fußzeile den Hinweis enthielt, die Honorarabrechnungen erfolgen aufgrund nicht quartalsidentischer Wirtschaftlichkeitsprüfung unter Vorbehalt und mit der Möglichkeit der Verrechnung (9 d HVM) etwaiger Kürzungsbeträge im Regelfall im nächsten Abrechnungsbescheid, legten der Kläger und seine Jobsharing-Partnerin Dr. G. Widerspruch ein und machten geltend, es sei eine falsche Berechnung des Praxis- und aller Zusatzbudgets erfolgt, da sich ab dem Quartal 02/2003 alle Budgetdaten geändert hätten. Seit 01.04.2003 bestehe eine Gemeinschaftspraxis, ambulant und stationär, mit Frau Dr. K. G. (Job-Sharing). Mit Schreiben vom 05.11.2003 teilte die Beklagte dem Kläger und seiner Jobsharing-Partnerin Dr. G. daraufhin mit, durch Frau Dr. G. habe sich nur das Zusatzbudget Teilradiologie verändert, da Frau Dr. G. die Zusatzbezeichnung Unfallchirurgie habe. Das Zusatzbudget Phlebologie einzutragen, sei vergessen worden. Der Wert des Praxisbudgets habe sich nur auf Grund der HVM-Änderungen zum Quartal 3/03 erhöht und müsse daher nicht nachvergütet werden, da dieser Wert ab Quartal 3/03 korrekt eingetragen sei. Nachberechnet worden sei die Differenz des Zusatzbudgets Teilradiologie sowie das nicht eingetragene Zusatzbudget Phlebologie. Daraus ergebe sich eine Nachzahlung für das Quartal 2/03 in Höhe von 1.794,33 EUR, die dem Honorarkonto Quartal 3/03 gutgeschrieben werde.

Hinsichtlich der Honorarabrechnung für das Quartal 3/2003 erfolgte mit Bescheid vom 09.12.2003 die sachlich-rechnerische Berichtigung, mit der die GO-Ziffer 75 34 x abgesetzt wurde, da sie nur einmal pro Behandlungstag absetzbar sei. Hiergegen legten der Kläger und seine Jobsharing-Partnerin Dr. G. mit Schreiben vom 13.12.2003 Widerspruch ein. Die Beklagte teilte ihnen mit Schreiben vom 07.04.2004 mit, nach Überprüfung habe festgestellt werden können, dass eine Zusetzung der 34maligen Absetzung der Pos. 75 EBM erfolgen würde; da jedoch das Praxisbudget eine Überschreitung in Höhe von 297.376,0 Punkten aufweise, könne leider keine Gutschrift erteilt werden.

Der Abrechnungsbescheid vom 15.04.2004 für das Quartal 4/2003 enthielt einen dem Bescheid für das Quartal 2/2003 entsprechenden Vorbehalt. Eine sachlich-rechnerische Berichtigung erfolgte mit Schreiben vom 03.06.2004, da versehentlich bei einem Patienten 3x die GO-Nr. 205 EBM gestrichen worden war. Die Gesamtgutschrift in Höhe von 20,20 EUR wurde dem Honorarkonto 1. Quartal 2004 gutgeschreiben.

Der Abrechnungsbescheid vom 15.07.2004 für das Quartal 1/2004 enthielt ebenfalls den genannten Vorbehalt. Die Bescheide vom 17.06.2004 und vom 22.06.2004 verfügten sachlich-rechnerische Berichtigungen bezüglich einzelner Abrechnungsziffern einschließlich der Protokolle der zu- und abgesetzten Leistungen. Soweit die Berechnung von Leistungen nebeneinander ausgeschlossen war, wurde die jeweils höher bewertete Leistung honoriert.

Mit Bescheid vom 07.11.2006 berichtigte die Beklagte die Honorarbescheide für die Quartale 2/2003 bis 1/2004 und forderte 8.941,63 EUR zurück. Zur Begründung wurde ausgeführt, nach Vergleich des abgerechneten Punktzahlvolumens der Quartale 2/03 bis 1/04 mit der geltenden Punktzahlobergrenze ergebe sich der geltend gemachte Rückforderungsbetrag. Der Kläger habe eine entsprechende Verpflichtungserklärung auf den bisherigen Praxisumfang abgegeben. Der Berichtigung lagen folgende Berechnungen zu Grunde:

Quartal Punktzahlobergrenze Abgerechnete Punktzahl II/2003 1 844 344,0 1 819 553,4 III/2003 1 860 335,0 1 991 980,6 IV/2003 1 720 545,0 1 951 502,7 I/2004 2 030 054,0 1 935 211,0 Gesamtsumme 7 455 2778,0 7 698 247,7

Nach Differenzbildung der obigen Summenwerte werde eine Überschreitung der festgelegten Punkzahlvolumina in Höhe von 242.969,7 Punkten festgestellt.

Ausgehend von einem Durchschnittspunktwert (kassenunabhängiger Durchschnittspunktwert der Fachgruppe über das gesamte Leistungsjahr) von 0,0369 EUR und einem relevanten Punktzahlvolumen von 242.969,7 errechne sich ein Rückforderungsbetrag von 8.965,58 EUR.

Dagegen erhob der Kläger Widerspruch mit der Begründung, die Beklagte habe ihre Befugnis zur sachlich-rechnerischen Richtigstellung verbraucht. Sie habe in den Abrechnungsbescheiden für die Quartale 2/2003 bis einschließlich 1/2004 zugunsten des Klägers Abrechnungen vorgenommen, ohne sich auch nur am Rande mit den Regelungen der Nr. 23 a ff. Bedarfsplanungs-Richtlinien-Ärzte zu befassen. Nunmehr - erstmals - mit dem angegriffenen Bescheid führe die Beklagte an, der Kläger habe das anerkannte Punktzahlvolumen unzulässigerweise überschritten. Wenn dem so sein sollte, habe die Beklagte über mehr als drei Jahre eine aus ihrer Sicht unzulässige Abrechnungspraxis des Klägers unbeanstandet hingenommen. Damit sei nach den Grundsätzen des Bundessozialgerichts (BSG) die Befugnis zur sachlich-rechnerischen Richtigstellung verbraucht. Ferner verstoße das Vorgehen der Beklagten gegen das Gebot der Transparenz und Fairness. Danach wäre die Beklagte verpflichtet gewesen, den Kläger auf etwaige auch nach Durchführung der Widerspruchsverfahren noch bestehende Rückforderungsrisiken hinzuweisen. Hiervon sei jedoch abgesehen worden.

Die Beklagte wies den Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 30.05.2007 zurück mit der Begründung, mit Bescheid des Zulassungsausschusses vom 26.05.2003 (gemeint wohl 26.3.2003) sei dem Kläger seinerzeit das für seine Praxis errechnete Gesamtpunktzahlvolumen mitgeteilt worden. Dieser Bescheid sei nicht angefochten und somit bestandskräftig geworden. Auf der Grundlage dieses Bescheides seien jetzt die Abrechnungen überprüft worden. Dabei sei eine Überschreitung festgestellt worden. Der errechnete Überschreitungsbetrag sei in der Konsequenz jedoch lediglich die buchhalterische Umsetzung des Grundlagenbescheides des Zulassungsausschusses. Der Kläger könne sich nicht auf die Rechtsprechung des BSG zum Vertrauensschutz berufen, weil es sich bei der hier streitigen Rückforderung im Rahmen des Jobsharing nicht um eine übliche sachlich-rechnerische Berichtigung handele. Eine übliche sachlich-rechnerische Berichtigung betreffe das Regelwerk oder und werde von der Abteilung Abrechnung der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg durchgeführt. Die nunmehr errechnete Rückforderung sei durch die Abteilung Sicherstellung durchgeführt worden und habe somit mit der üblichen sachlich-rechnerischen Berichtigung nichts zu tun. Ein Verstoß gegen das Gebot der Transparenz und Fairness liege nicht vor. Mit Grundlagenbescheid des Zulassungsausschusses Ärzte vom 26.05.2003 sei dem Kläger das festgesetzte Gesamtpunktzahlvolumen mitgeteilt worden. Somit sei ihm zum Zeitpunkt der Abrechnung eines jeden Quartals klar gewesen, in welcher Höhe er eine Überschreitung vornehme. Er habe somit zu jedem Zeitpunkt mit einer Rückforderung durch die Abteilung Sicherstellung rechnen müssen.

Der Kläger hat sein Begehren weiterverfolgt, am 25.06.2007 Klage zum Sozialgericht Stuttgart (SG) erhoben und zur Begründung vorgetragen, er sei durch die Bestandskraft des Bescheids vom 26.03.2003 nicht an der Anfechtung der vorliegenden Bescheide gehindert. Es handele sich vorliegend um eine sachlich-rechnerische Richtigstellung und keine bloße buchhalterische Umsetzung des Grundlagenbescheids. Er und seine damalige Jobsharing-Partnerin Dr. G. hätten gegen die Abrechungsbescheide der Beklagten ab dem Quartal 2/03, dem ersten Quartal des Jobsharings, Widerspruch erhoben. Die Beklagte habe den Widersprüchen - mit einer Ausnahme - regelmäßig abgeholfen. Dabei hätte der Abrechnungsstelle im rechtlichen Sinne eines Kennenmüssens die vom Zulassungsausschuss festgelegte Punktzahlobergrenze bekannt sein müssen. In keinem einzigen Fall habe die Entscheidung der Beklagten über die Widersprüche einen weitergehenden Prüfungsvorbehalt enthalten. Dementsprechend habe er sich berechtigterweise auf die Rechtmäßigkeit der nunmehr überprüften Honorarbescheide verlassen und nicht mehr mit einer Rückforderung seitens der Beklagten rechnen müssen. Die Auffassung der Beklagten, er könne für sich kein Vertrauen auf den Fortbestand der Honorarbescheide in Anspruch nehmen, stehe im Widerspruch zur Rechtsprechung des BSG zum Umfang des Vertrauensschutzes (Urteile vom 14.12.2005 - B 6 KA 17/05 R - und 08.02.2006 - B 6 KA 12/05 R-). Die Rechtsauffassung der Beklagten unterwerfe ihn im Ergebnis einem weitaus schärferen Sorgfaltsmaßstab als sie es für ihre Abrechnungsstelle anerkennen wolle. Die Beklagte messe hier zu seinen Lasten mit zweierlei Maß. Denn die Abrechnungsstelle der Beklagten habe im Rahmen der vom Kläger eingeleiteten Widerspruchsverfahren offensichtlich keine Veranlassung zu weitergehenden Korrekturen der Honorarbescheide gesehen, obwohl ihr der Inhalt der Zulassungsentscheidung vom 26.03.2003 im Sinne eines Kennenmüssens bekannt gewesen sei. Trotz des fehlenden Vorbehalts etwaiger weiterer Korrekturen der Honorarbescheide solle er sich hierauf nicht verlassen dürfen. Eine solche ausschließlich zu seinen Lasten gehende Differenzierung sei in höchstem Maße widersprüchlich und könne damit nicht als rechtmäßig angesehen werden. Auch mit Blick auf den Zeitablauf habe er mit keiner nachträglichen sachlich-rechnerischen Richtigstellung mehr rechnen müssen. Zudem sei er nicht mehr bereichert i.S. § 818 Abs. 3 BGB und könne für sich Gründe des Vertrauensschutzes, zumindest im Rahmen der im richterlichen Ermessen vorzunehmenden angemessenen Risikoverteilung zwischen Gläubiger- und Schuldnerinteressen in Anspruch nehmen.

Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten, hat sich auf die ergangenen Bescheide berufen und ergänzend ausgeführt, die Zulassung von Dr. G. und die Genehmigung zur Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit in Form einer Gemeinschaftspraxis sei unter Anderem daran gebunden gewesen, dass beide gegenüber dem Zulassungsausschuss schriftlich erklärt hätten, während des Bestandes der Gemeinschaftspraxis den zum Zeitpunkt der Antragstellung bestehenden Praxisumfang nicht wesentlich zu überschreiten. Dies bedinge die Zulassung zur gemeinsamen Berufsausübung bei Zulassungsbeschränkungen. Das Recht zur sachlich-rechnerischen Richtigstellung sei auch nicht verwirkt bzw. verbraucht. Eine nachträgliche Korrektur aus Gründen des Vertrauensschutzes sei nicht deswegen ausgeschlossen, weil die den Widersprüchen des Klägers gegen die Quartalsabrechnungen abhelfenden Entscheidungen der Beklagten keinen weiteren Prüfungsvorbehalt enthalten hätten. Eines weitergehenden Prüfungsvorbehaltes seitens der Beklagten habe es nicht bedurft, da mit der Anerkennung der vom Zulassungsausschuss festgelegten Leistungsbeschränkung in den Quartalen 2/03 bis 4/03 dem Kläger bereits zu Beginn der gemeinsamen Berufsausübung hinreichend dargelegt worden sei, dass diese Leistungsbeschränkung für die Gemeinschaftspraxis maßgeblich sei und eine sachlich-rechnerische Richtigstellung nachträglich erfolgen könne. Der Kläger könne sich auch nicht auf den Fortbestand seines Vertrauens wegen erfolgter Prüfung der Honorarbescheide berufen. Die Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 12.12.2001 - B 6 KA 3/01 R -) könne auf den hier vorliegenden Rechtsstreit nicht übertragen werden. Danach dürften Honorarbescheide nicht mehr überprüft werden, wenn sie im Rahmen der sachlich-rechnerischen Überprüfung umfassend auf sachlich-rechnerische Richtigstellung überprüft worden seien. Diese Konstellation sei in dem vorliegenden Rechtstreit nicht gegeben, da die Einhaltung der Obergrenzen kein Gegenstand der vom Kläger eingelegten Widersprüche gegen die Honorarbescheide gewesen sei. Ihre Befugnis zur sachlich-rechnerischen Richtigstellung sei damit weder wegen Vertrauensschutzes noch wegen Zeitablaufs verbraucht. Es sei höchstrichterlich entschieden, dass für sachlich-rechnerische Berichtigungen eine vierjährige Ausschlussfrist gelte, innerhalb welcher der Richtigstellungsbescheid der KV dem Betroffenen bekannt gegeben werden müsse. Auf das Recht auf sachlich-rechnerische Richtigstellung seien die Grundsätze über den Umfang der Herausgabepflicht bei Vorliegen einer ungerechtfertigten Bereicherung gemäß § 818 Abs. 3 BGB nicht anwendbar.

Mit Urteil vom 23.04.2010 hat das SG die Klage abgewiesen und im Wesentlichen zur Begründung dargelegt, die vorliegend relevante, im Wege sachlich-rechnerischer Richtigstellung zu korrigierende Begrenzung der abrechenbaren Leistungsmenge ergebe sich aus dem Beschluss des Zulassungsausschusses vom 26.03.2003 (Bescheid vom 26.03.2003). Dieser Bescheid sei bestandskräftig geworden (§ 77 SGG) und damit sowohl für den Kläger als auch für die Beklagte bindend mit der Folge, dass die Obergrenze der abrechenbaren Punktzahlen bei der Honorarverteilung zu beachten sei. Der Bescheid des Zulassungsausschusses vom 26.03.2003 sei nicht nichtig, wie das SG ausführlich dargelegt hat. Indem die Begrenzung des abrechenbaren Leistungsumfangs dem Kläger seit Erlass des Genehmigungsbescheids vom 26.03.2003 bekannt gewesen sei, habe kein schutzwürdiges Vertrauen darin erwachsen können, Leistungen seien auch über die festgelegten quartalsbezogenen Punktzahlobergrenzen hinaus abrechenbar. Ein solches Vertrauen sei nach der Überzeugung der Kammer weder durch den Zeitablauf zwischen der Abrechnung der betroffenen Quartale (2/03-01/04) und der streitgegenständlichen sachlich-rechnerischen Richtigstellung noch durch sonstige Umstände des Einzelfalles, wie die auf die Widersprüche des Klägers ergangenen Abhilfeentscheidungen der Beklagten, begründet. Die Widersprüche des Klägers gegen den Abrechnungsbescheid für das Quartal 2/03 bzw. die sachlich-rechnerischen Richtigstellungen in den Quartalen 3/03-1/04 hätten andere Streitpunkte als die Einhaltung der Punktzahlobergrenzen, nämlich die Berechnung der Praxis- und Zusatzbudgets (Quartal 2/03) bzw. bestimmte Abrechnungsziffern (Quartale 3/03-1/04) betroffen. Hinsichtlich der Regelungen über die Praxis- und Zusatzbudgets sei es damit - ebenso wie bei den strittigen Abrechnungsziffern - um die Anwendung spezifischer Regelungen des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs für Ärzte (EBM-Ä) gegangen; die Praxis- und Zusatzbudgets würden erst für die Zeit ab 01.07.2003 im Honorarverteilungsmaßstab (HVM-V) der Beklagten (vgl. Anlage 1 Ziff. 4.5.1) geregelt. Damit beträfen sämtliche Widerspruchsverfahren gänzlich andere Prüfungsgegenstände als die Einhaltung bzw. Überschreitung der festgesetzten Punktzahlobergrenze im Rahmen des Jobsharing und es sei auch nicht erkennbar, dass anlässlich der Widerspruchseinlegungen eine umfassende oder jedenfalls hierauf bezogene Überprüfung stattgefunden hätte. Der Kläger habe deshalb aus den auf seine Widersprüche erfolgten Korrekturen der Abrechnungs- bzw. Richtigstellungsbescheide seitens der Beklagten kein besonderes Vertrauen in das "Behaltendürfen" der Vergütungen oberhalb der verbindlichen Punktzahlobergrenzen für die Quartale 2/03-1/04 herleiten können. Eines ausdrücklichen Vorbehalts bzw. "Vorläufigkeitshinweises" (BSG, Urteil vom 08.02.2006 - B 6 KA 12/05 R - SozR 4-2500 § 106a Nr. 1) in den Abhilfeentscheidungen der Beklagten auf mögliche (nochmalige) sachlich-rechnerische Richtigstellungen habe es unter diesen Umständen nicht bedurft. Diese hätten vielmehr, da sie mit dem Gegenstand der vorangegangenen Rechtsbehelfsverfahren nicht identisch gewesen seien, unter Wahrung der vierjährigen Richtigstellungsfrist erfolgen dürfen. Einen Verstoß gegen die Gebote der Transparenz und Fairness könne die Kammer in dieser Vorgehensweise nicht erkennen, zumal die Einhaltung der - zuvor anerkannten - Punktzahlobergrenzen zuvörderst Obliegenheit des Klägers selbst gewesen sei und dieser nicht davon habe ausgehen dürfen, trotz erfolgter Abrechnung über diese Obergrenzen hinaus, diesen Teil des Honorars dauerhaft behalten zu dürfen. Schließlich könne sich der Kläger auch nicht mit Erfolg auf eine etwaige Entreicherung (vgl. § 818 Abs. 3 BGB) berufen. Die maßgebliche Erstattungsvorschrift des § 50 SGB X sehe einen solchen Einwand nicht vor.

Gegen dieses seinen Bevollmächtigten am 05.05.2010 zugestellte Urteil hat der Kläger am 21.05.2010 Berufung beim Landessozialgericht eingelegt und vorgetragen, das SG verneine zu Unrecht einen für ihn streitenden Vertrauenstatbestand. Die Beklagte habe vorliegend ihre Befugnis zur sachlich-rechnerischen Richtigstellung unter Vertrauensschutzgesichtspunkten "verbraucht". Bei den vorausgegangenen Widerspruchsverfahren sei es nicht um konkret abgrenzbare Einzelregelungen im Sinne dieser Rechtsprechung des BSG gegangen mit der Folge, dass ein möglicher Vertrauenstatbestand sich auch nur auf diese beziehen könne. Die Annahme des SG, die Widerspruchsverfahren gegen die Abrechnungsbescheide in den fraglichen Quartalsabrechnungen hätten "andere Streitpunkte als die Einhaltung der Punktzahlobergenze" betroffen, sei in dieser Ausschließlichkeit falsch. So habe beispielsweise das Widerspruchsverfahren bezüglich der Honorarabrechnung für das Quartal 03/2003 zwar als "formalen Aufhänger" die Thematik einer bestimmten Abrechnungsziffer gehabt. In der Widerspruchsbegründung der Beklagten vom 07.04.2004 heiße es dann jedoch wie folgt: "Nach Überprüfung konnte festgestellt werden, dass eine Zusetzung der 34maligen Absetzung der Pos. 75 EBM erfolgen würde; da jedoch Ihr Praxisbudget eine Überschreitung in Höhe von 297.376,00 EUR (siehe Anlage) aufweist, konnte leider keine Gutschrift erteilt werden."

Gegenstand des Widerspruchsverfahrens sei damit auch die Frage der Einhaltung der Punktzahlobergrenze gewesen. Indem die Beklagte dieses Thema aber offensichtlich behandelt habe und auch habe behandeln müssen sowie unter Berufung hierauf dem Kläger die begehrte Gutschrift verweigert habe, habe sie bei diesem ein schützenwertes Vertrauen dahingehend geschaffen, dass mit der verweigerten Gutschrift das entsprechende Quartal dann auch abgeschlossen sei, er also zwar nicht mit einer Gutschrift habe rechnen, aber auch keine Nachforderungen habe befürchten müssen. Solche hätte die Beklagte sich bei der konkreten Fallkonstellation und dem Hinweis auf die leider nicht mögliche Gutschrift ausdrücklich vorbehalten müssen und den Kläger gleichzeitig vor etwaigen Regressen warnen müssen. Auch im Übrigen sei es entgegen der Auffassung des SG bei den Widerspruchsverfahren nicht nur um konkret abgrenzbare Einzelstreitpunkte gegangen. Insbesondere auch die im Zusammenhang mit dem Quartal 2/03 angesprochenen Budgetfragen könnten - insbesondere aus vertragsärztlicher Sicht - nicht losgelöst von der hiermit letztlich verbundenen Punktzahlobergrenze betrachtet werden. Es könne damit entgegen der Auffassung des Sozialgerichtes gerade nicht davon die Rede sein, es seien gänzlich andere Streitpunkte als die Einhaltung der Punktzahlobergrenzen betroffen gewesen mit der Folge einer Einengung eines etwaigen Vertrauens auf eben die fraglichen Einzelstreitpunkte. Ein mit der Entscheidung des BSG vom 03.02.2010 vergleichbarer Fall liege damit gerade nicht vor. Die Fälle seien auch insoweit nicht vergleichbar, als der in dem BSG Fall zugrunde liegende Vergleich eine Erledigungsklausel enthalte, die sich ausdrücklich auf die "oben genannten Sachverhalte" bezogen habe. Im vorliegenden Fall habe die Beklagte jedoch den vormals enthaltenen Vorläufigkeitsvermerk nach Durchführung des Widerspruchsverfahrens entfallen lassen und auch hierdurch bei dem Kläger ein schutzwürdiges Vertrauen geschaffen. Dies umso mehr, als es dort auch um Punktzahlobergrenzen und damit um die in dem Bescheid des Zulassungsausschusses vom 26.05.2003 geregelte Thematik gegangen sei. Er habe sich dementsprechend mit Recht darauf einstellen dürfen, dass mit dem Widerspruchsverfahren die fraglichen Quartale ein für allemal abgeschlossen seien, nachdem die Beklagte damit ihre Befugnis zur sachlich-rechnerischen Richtigstellung derselben aufgebraucht und ihm keine darüber hinausgehende Prüfung in Aussicht gestellt gehabt habe. Angesichts der letztlich in den Widerspruchsbescheiden liegenden Erklärungen der KV, damit sei "alles erledigt", könnten diese jetzt nicht im Nachhinein geteilt werden, wie sich die Beklagte das aber vorzustellen scheine. Die an Recht und Gesetz gebundene Verwaltung dürfe keinen Zweifel an der Reichweite ihres Handelns lassen. Nicht zuletzt infolge des Wegfalls des ursprünglich vorhandenen Prüfungsvorbehaltes als auch vor dem Hintergrund der Abhandlung von Budgetfragen und Punktoberzahlgrenzen habe er davon ausgehen können und müssen, dass die in dem Widerspruchsverfahren abgehandelten Quartale ein für allemal erledigt seien und insoweit nicht mit danach erfolgenden Rückforderungen rechnen müssen. Dieses schutzwürdige Vertrauen habe die Beklagte zu Unrecht verletzt.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 23.04.2010 und den Bescheid der Beklagten vom 07.11.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30.05.2007 aufzuheben; hilfsweise die Revision zuzulassen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie vertritt die Ansicht, die Aufhebung einer zuvor von der KV vorgenommenen sachlich-rechnerischen Richtigstellung könne bei dem betroffenen Vertragsarzt spezifisches Vertrauen nur insoweit hervorrufen, als dabei erkennbar eine Prüfung der zugrunde liegenden Streitfrage vorgenommen worden sei (vgl. BSG, Beschluss v. 03.02.2010, Az.: B 6 KA 22/09 B). Angesichts der in den vorangegangenen Widerspruchsverfahren gegen die Honorarabrechnungen 2/2003 und 3/2003 klar umgrenzten Prüfungsgegenstände habe ein Vertrauen des Klägers dergestalt, dass damit auch die Einhaltung der Jobsharing-Obergrenzen geprüft und für ordnungsgemäß eingehalten befunden worden sei, nicht entstehen können. Gegenstand des Widerspruchverfahrens gegen die Abrechnung für das Quartal 3/2003 seien ausweislich des Widerspruchsschreibens des Klägers vom 13.12.2003 und ausweislich des Abhilfebescheides der Beklagten vom 07.04.2004, die sachlich rechnerischen Berichtigungen im Zusammenhang mit der Absetzung der Gebührennummer 75 EBM gewesen. Eine Überprüfung habe ergeben, dass eine Zusetzung der Gebührennummer habe erfolgen können. Eine für den Kläger spürbare finanzielle Auswirkung sei dieser Entscheidung nicht zugekommen, da diese Leistungen den Regelungen der damals noch geltenden Praxis- und Zusatzbudgets unterfallen seien und aufgrund der Überschreitung des Praxisbudgets eine Nachvergütung der Leistung nicht habe erfolgen können. Dies sei dem Kläger mit Bescheid vom 07.04.2004 so mitgeteilt worden. Wenn der Kläger nunmehr aus der Formulierung "Praxisbudget" fälschlicherweise den Schluss ziehe, dass damit die Einhaltung der Punktzahlobergrenzen für die Jobsharing-Praxis gemeint gewesen sei, verkenne er den Unterschied zu den Praxisbudgets nach den Regelungen des EBM und den quartalsbezogenen Gesamtpunktzahlen (Obergrenzen) für die Jobsharing-Praxis nach dem bestandskräftigen Bescheid des Zulassungsausschusses vom 26.05.2003, auf den erkennbar nicht in dem Abhilfebescheid der Beklagten vom 07.04.2004 verwiesen worden sei. In dem Widerspruchsverfahren gegen den Honorarbescheid 2/2003 sei erkennbar nur die Berechnung des Praxisbudgets und aller Zusatzbudgets Gegenstand des Verfahrens gewesen. Der Kläger habe als Jobsharing-Praxis zum Einen den Regelungen der Praxis- und Zusatzbudgets nach dem EBM unterlegen und zum Anderen der vom Zulassungsausschuss festgelegten Obergrenze. Die Beklagte habe aber in beiden Widerspruchsverfahren nicht die Einhaltung der festgesetzten Obergrenzen in die Prüfung einbezogen. Das SG habe zutreffend festgestellt, dass anlässlich der Widerspruchseinlegung eine umfassende oder jedenfalls hierauf bezogene Überprüfung nicht stattgefunden habe. Das wäre nach der damaligen Verwaltungspraxis der Beklagten auch nicht angezeigt gewesen, da zugunsten von Jobsharing-Praxen bei der Überprüfung der Einhaltung von Obergrenzen grundsätzlich eine Gesamtschau und eine zulässige Saldierung von quartalsweisen Über- und Unterschreitungen innerhalb eines Jahres geprüft worden sei. Die Saldierung sei ausweislich der Anlage 1 zum streitgegenständlichen Bescheid berücksichtigt worden. Eine Saldierung sei jedoch erst nach Einreichung von vier Quartalsabrechnungen möglich, im Falle des Klägers mit Einreichung der Abrechnungen für die Quartale 2/2003 bis 1/2004. Eines ausdrücklichen Vorbehalts- bzw. Vorläufigkeitshinweises in den vorangegangenen Widerspruchsverfahren habe es nicht bedurft.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten, der Gerichtsakten des SG und der Berufungsakten des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers ist zulässig. Sie ist insbesondere statthaft. Ein Berufungsausschlussgrund nach § 144 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) liegt nicht vor. Im Streit stehen bezüglich der Quartale 2/03 bis 1/04 Honorarkürzungen in Höhe von 8.965,48 EUR.

Die Berufung ist jedoch unbegründet.

I. Der Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid ist nicht deshalb formell rechtswidrig, weil der Kläger vor seinem Erlass entgegen § 24 Abs. 1 SGB X nicht angehört worden ist. Der Mangel der Anhörung kann gemäß § 41 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 SGB X dadurch geheilt werden, dass dem Betroffenen durch die in den angefochtenen Bescheiden enthaltenen Hinweise auf die wesentlichen entscheidungserheblichen Gesichtspunkte Gelegenheit gegeben wird, sich im Widerspruchsverfahren sachgerecht zu äußern. Das ist im vorliegenden Fall geschehen.

II. Der angefochtene Bescheid ist auch materiell rechtmäßig. 1. a) Die Beklagte ist auf Grund von § 106 a Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 SGB V, der durch Artikel 1 Nr. 83 des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GMG) vom 14. November 2003 (BGBl. I 2190, 2217) mit Wirkung vom 1. Januar 2004 in das SGB V eingefügt worden ist, gesetzlich berechtigt und verpflichtet, die sachliche und rechnerische Richtigkeit der Abrechnungen der Vertragsärzte festzustellen. Durch die Einfügung von § 106 a in das SGB V ist eine Änderung der zuvor durch die Bestimmungen der Bundesmantelverträge geregelten sachlich-rechnerischen Berichtigung weder hinsichtlich deren Voraussetzungen noch hinsichtlich deren Rechtsfolgen erfolgt (BSG, Urteil vom 05.11.2008 - B 6 KA 1/08 R -, veröffentlicht in Juris).

Die Prüfung auf sachlich-rechnerische Richtigkeit der Abrechnungen des Vertragsarztes zielt auf die Feststellung, ob die Leistungen rechtmäßig, also im Einklang mit den gesetzlichen und vertraglichen Bestimmungen - mit Ausnahme des Wirtschaftlichkeitsgebots - abgerechnet worden sind. Festzustellen ist, ob die Abrechnungen mit den Abrechnungsvorgaben des Regelungswerks, also mit den Einheitlichen Bewertungsmaßstäben, den Honorarverteilungsverträgen sowie weiteren Abrechnungsbestimmungen übereinstimmen oder ob zu Unrecht Honorare angefordert werden (BSG, Urteil vom 05.11.2008 a.a.O.). Die Befugnis der Kassenärztlichen Vereinigung zur Richtigstellung bedeutet im Umfang der vorgenommenen Korrekturen eine teilweise Rücknahme des ursprünglichen Honorarbescheides. Eine nach den Bestimmungen zur sachlich-rechnerischen Richtigstellung rechtmäßige (Teil-)Aufhebung des Honorarbescheids mit Wirkung für die Vergangenheit löst nach § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X, der Grundnorm des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs für den gesamten Bereich des Sozialrechts, eine entsprechende Rückzahlungsverpflichtung des Empfängers der Leistung aus (BSG , Urteil vom 14.12.2005 - B 6 KA 17/ 05 R -, veröffentlicht in Juris).

Die K. V. ist generell zur Rücknahme unrichtiger und rechtswidriger Honorarbescheide berechtigt und verpflichtet; denn einzige tatbestandliche Voraussetzung für das Berichtigungsrecht der Kassenärztlichen Vereinigung ist nach der Vorschrift des § 106a Abs. 2 Satz 1 SGB V die sachlich-rechnerische Unrichtigkeit der Abrechnungen. Die Vorschrift differenziert dabei nicht danach, in wessen Verantwortungsbereich die sachlich-rechnerische Unrichtigkeit fällt. Sie erfasst alle Unrichtigkeiten der Honorarbescheide und berechtigt zur Rücknahme von Honorarbescheiden, soweit diese dadurch rechtswidrig waren. Ein Fehler der sachlich-rechnerischen Richtigkeit des Honorarbescheids und damit seine Unrichtigkeit im Sinne der Vorschriften ist daher auch gegeben, wenn diese auf Gründen beruht, die nicht dem Verantwortungsbereich des Vertragsarztes zuzurechnen sind (so ausdrücklich BSG, Urteil vom 31.10.2001 - B 6 KA 16/00 R - und BSG, Urteil vom 30.06.2004 - B 6 KA 34/03 R -, veröffentlicht in Juris).

Die Bestimmungen über die Befugnis der Kassenärztlichen Vereinigung, ärztliche Honoraranforderung und Honorarbescheide wegen sachlich-rechnerischer Fehler nachträglich zu korrigieren, verdrängen in ihrem Anwendungsbereich die Regelungen der §§ 45 ff. SGB X. Sie stellen von den Vorschriften des SGB X abweichende Regelungen im Sinne des § 37 Satz 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) dar, die auf gesetzlicher Grundlage, nämlich auf Normen des SGB V, erlassen worden sind (ständige Rechtsprechung des BSG vgl. Urteil vom 30.06.2004 a.a.O. m.w.N. aus der Rechtsprechung des BSG). Dies bedeutet, dass ein Mitverschulden der Beklagten an einer Überzahlung rechtlich nicht mit zu berücksichtigen ist.

Die umfassende Berichtigungsbefugnis der Kassenärztlichen Vereinigungen beruht auf den Besonderheiten des vertragsärztlichen Vergütungssystems. Das Interesse der Gesamtheit der Vertragsärzte ist einerseits darauf gerichtet, dass nach jedem Quartal die für die Honorarverteilung zur Verfügung stehenden Beträge möglichst umfassend und zeitnah ausbezahlt werden. Andererseits bergen frühzeitig ergehende Honorarbescheide das Risiko, dass sie später korrigiert werden müssen. So kann insbesondere das zu verteilende Gesamtvergütungsvolumen noch nicht abschließend festgelegt sein. Zudem sind im Zeitpunkt der Honorarauszahlung noch nicht bei allen Vertragsärzten die Abrechnungsprüfungen - sachlich-rechnerische und Wirtschaftlichkeitsprüfung - abgeschlossen. Erweist sich die Honorarberechnung für einen Teil der Vertragsärzte als fehlerhaft und muss ihnen Honorar nachgezahlt oder von ihnen einen Teil des Honorars zurückgefordert werden, so bedeutet das, dass andere umgekehrt zuviel oder zu wenig erhalten haben. Dies resultiert aus der Besonderheit, dass die Krankenkassen das festgelegte Gesamtvergütungsvolumen gemäß § 85 Abs. 1 SGB V mit befreiender Wirkung für die Gesamtheit der Vertragsärzteschaft entrichten, so dass bei überzahltem Honorar Nachforderungen an die Krankenkassen ausgeschlossen sind. Es liegt deshalb im Interesse der gesamten Ärzteschaft, die unter Umständen erforderlichen Korrekturen - und damit zugleich den Ausgleich im Verhältnis zu den anderen Vertragsärzten - auch später noch vornehmen zu können. Behält eine K. V. bei noch ungeklärter Rechtslage Gesamtvergütungsanteile nicht vorsorglich ein, sondern zahlt sie diese zunächst an ihre Mitglieder aus, so gewährleistet sie die Liquidität der Praxen und überträgt ihren Mitgliedern sogleich die Möglichkeit des Zinsgewinns aus noch nicht endgültig zustehenden Honoraranteilen. Mit dieser - für die Vertragsärzte günstigen - Vorgehensweise korrespondiert notwendigerweise die sich aus den bundesmantelvertraglichen Vorschriften ergebende Befugnis zur erleichterten Aufhebung von Honorarbescheiden bei fehlerhaften Honorarberechnungen. Sie trägt den für die K. V. unvermeidlichen Unsicherheiten bei der Anwendung der Leistungsverzeichnisse sowie der generellen Grundlagen der Honorarverteilung Rechnung (BSG, Urteil vom 14.12.2005 - B 6 KA 17/05 R -, veröffentlicht in Juris). Die Möglichkeit, einen Ausgleich zwischen zu niedrigen und zu hohen Honorarzahlungen zu erreichen, setzt andererseits wieder voraus, dass die Honorarbescheide in diesem Umfang, also hinsichtlich eines begrenzten Teils der Vergütung eines einzelnen Vertragsarztes, nicht in Bindung erwachsen. Andernfalls wäre die K. V. in dieser Konstellation nach endgültiger Klärung der Rechtslage bei Überzahlung nicht berechtigt, die Honorarbescheide zu ändern und überzahltes Honorar zurückzufordern. Das erfordert zwangsläufig die Berechtigung der Kassenärztlichen Vereinigung, auf die Gesamtvergütungsanteile zurückgreifen zu können, die bereits an die Vertragsärzte ausgezahlt worden sind, die von der ursprünglichen, nunmehr als rechtswidrig erkannten Honorarverteilung begünstigt wurden (BSG, Urteil vom 31.10.2002 - B 6 KA 16/00 R – veröffentlicht in Juris).

Die rückwirkende Aufhebung von Honorarbescheiden und die Pflicht zu vollständiger Erstattung der zu Unrecht erhaltenen Honorare verstößt nicht gegen Verfassungsrecht und erweist sich auch (im engeren Sinne) als verhältnismäßig, da bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe die Grenze der Zumutbarkeit gewahrt ist (BSG v. 23.06.2010 - B 6 KA 7/09 R m.w.N. aus der Rspr. des BVerfG).

Die genannten Berichtigungsvorschriften stellen somit bereichsspezifische Sonderregelungen dar mit der Folge, dass Honorarbescheide stets zunächst nur als vorläufig anzusehen sind und Vertrauensschutz auf deren Bestand nur in besonderen Konstellationen anerkannt werden kann.

b) Ausgehend von dieser Rechtslage waren die ursprünglich ergangenen Honorarbescheide für die Quartale 03/2003 und 04/2003 sachlich-rechnerisch von Amts wegen durch die Beklagte zu berichtigen, da diese Honorarbescheide im Zeitpunkt der Berichtigung sachlich-rechnerisch unrichtig waren. Sie berücksichtigten nicht die Überschreitung der maßgeblichen Punktzahlobergrenze.

Nach § 23c Satz 1 BedarfsplRL legt der Zulassungsausschuss in einer verbindlichen Feststellung zur Beschränkung des Praxisumfangs auf der Grundlage der gegenüber dem Vertragsarzt (den Vertragsärzten) in den vorausgegangenen mindestens vier Quartalen ergangenen Abrechnungsbescheiden quartalsbezogene Gesamtpunktzahlvolumina fest. Diese Punktzahlvolumina sind gemäß § 23c Satz 3 BedarfsplRL so festzulegen, dass die in einem entsprechenden Vorjahresquartal gegenüber dem erstzugelassenen Vertragsarzt anerkannte Punktzahlanforderung um nicht mehr als 3 % überschritten werden. Die hierauf beruhende Festsetzung mit Beschluss des Zulassungsausschusses für Ärzte vom 26.03.2003, der bestandskräftig geworden ist, für alle Beteiligten bindend erfolgt (vgl. LSG Hessen, Urteil vom 12.12.2007 - L 4 KA 62/06 –; nachfolgend BSG, Beschl. vom 28.01.2009 – B 6 KA 17/08 B –, jeweils veröffentlicht in Juris). Mit der bestandskräftigen Festsetzung durch den Zulassungsausschuss ist die Punktzahlobergrenze festgelegt.

Die Honorarbescheide für die Quartale 03/2003 und 04/2003 waren unrichtig, weil auch die Punkte, die die Punktzahlobergrenze für die Quartale 03/2003 bzw. 04/2003 überschritten haben, abgerechnet worden sind. In den Quartalen 02/2003 und 01/2004 wurde sie dagegen um 24.790,6 bzw. 94.843 Punkte unterschritten, so dass die mit dem Berichtigungsbescheid festgestellte Überschreitung ebenso wie die Rückforderung ausschließlich die Quartale 03/2003 und 04/2003 betrifft. Dementsprechend wird mit dem angegriffenen Bescheid keine Berichtigung der Honorarbescheide für die Quartale 02/2003 und 01/2004 vorgenommen, vielmehr werden aufgrund der für den Kläger günstigen Saldierung die Unterschreitungen der Punktzahlobergrenze in diesen Quartalen mit den Überschreitungen in den beiden anderen Quartalen verrechnet. Dies hat zur Folge, dass diese nur insoweit berichtigungsrelevant sind, soweit die Summe der Punktzahlobergrenze für die vier Quartale mit den für diese Quartale insgesamt abgerechneten Punkten überschritten worden war. Im Ergebnis wurde die Überschreitung in den Quartalen 03/2003 und 04/2003 mit 362.603.3 Punkten so auf 242.969,7 Punkte reduziert und die ursprünglichen Honorarbescheide für diese beiden Quartale dementsprechend berichtigt.

2. Ausnahmen von dem Grundsatz, dass Honorarbescheide stets zunächst nur als vorläufig anzusehen sind und kein Vertrauensschutz besteht, liegen nicht vor.

Zunächst ist klarzustellen, dass die Prüfung auf sachlich-rechnerische Richtigkeit einer Abrechnung sich auf die Frage erstreckt, ob die abgerechneten Leistungen ordnungsgemäß - also ohne Verstoß gegen gesetzliche oder vertragliche Bestimmungen mit Ausnahme des Wirtschaftlichkeitsgebotes - erbracht worden sind. Der Vorbehalt der Wirtschaftlichkeitsprüfung hat damit für die Berichtigung keine Bedeutung. Diese erfolgt vielmehr, wie dargelegt, auf einer in Hinblick auf sachlich-rechnerische Richtigkeit grundsätzlich bestehende Vorläufigkeit von Honorarbescheiden.

a) Einer der Fälle, in denen die Vorläufigkeit nicht mehr bestand und eine Korrektur nur noch auf der Grundlage von § 45 SGB X möglich war, liegt nicht vor. Nach der Rechtsprechung des BSG (vgl. Urteile vom 14.12.2005 - B 6 KA 17/05 R und 08.12.2006 - B 6 KA 12 /05 R -, veröffentlicht in Juris) sind die besonderen Richtigstellungsvorschriften nicht mehr anwendbar, wenn die Frist von vier Jahren seit Erlass des betroffenen Honorarbescheids bereits abgelaufen ist (aa) oder soweit die K. V. ihre Befugnis zur sachlich-rechnerischen Richtigstellung bereits "verbraucht" hat (bb), indem sie die Honoraranforderung des Vertragsarztes in einem der ursprünglichen Honorarverteilung nachfolgenden Verfahren auf ihre sachlich-rechnerische Richtigkeit überprüfte und vorbehaltlos bestätigte.

aa) Die Frist von vier Jahren seit Erlass des betroffenen Honorarbescheides, die nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 23.06.2010 - B 6 KA 7/09 R -, veröffentlicht in Juris, m.w.N.) am Tag nach der Bekanntgabe des Honorarbescheides beginnt, ist eingehalten. Der älteste Honorarbescheid für das Quartal 2/03 dürfte Ende August/Anfang September 2003 ergangen sein, der Berichtigungsbescheid datiert vom 07.11.2006, weswegen die Vierjahresfrist eingehalten ist.

bb) Auch liegt kein "Verbrauch" in der Weise vor, dass bereits eine sachlich-rechnerische Richtigstellung erfolgt wäre, die erneut von der Beklagten korrigiert worden wäre. Nach dem Urteil des BSG vom 14.12.2005 (a.a.O.) ist die Befugnis zu sachlich-rechnerischer Richtigstellung "verbraucht", wenn die KV die Honoraranforderungen des Vertragsarztes in einem der ursprünglichen Honorarverteilung nachfolgenden Verfahren auf ihre sachlich-rechnerische Richtigkeit überprüft und vorbehaltlos bestätigt hat, indem sie z.B. auf den Rechtsbehelf des Vertragsarztes hin die ursprüngliche Richtigstellung eines bestimmten Gebührenansatzes ohne jede Einschränkung wieder rückgängig macht. Durch solche Überprüfung und Bestätigung entfällt die spezifische Vorläufigkeit eines vertragsärztlichen Honorarbescheides und damit die Anwendbarkeit der Berichtigungsvorschriften. Das Gleiche gilt, wenn die KV eine Honorarabrechnung im Rahmen eines Vergleiches bestätigt (BSG, Beschluss vom 03.02.2010 - B 6 KA 22/09 B -, a.a.O.).

Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben. Ein Verbrauch der Berichtigungsbefugnis hinsichtlich der Punktzahlobergenze aus dem Jobsharing-Bescheid des Zulassungsausschusses für das Quartal 02/2003 und die Folgequartale lässt sich aus der Überprüfung des Honorarbescheids für dieses Quartal im Widerspruchsverfahren und dem Bescheid der Beklagten vom 05.11.2003 nicht herleiten. Die dortigen die Aussagen bezogen sich allein auf die Auswirkungen der unterlassenen Berücksichtigung der Zusatzbudgets Phlebologie und Teilradiologie auf das Praxisbudget. Für das Quartal 02/2003 kamen noch die Bestimmungen des EBM-Ä a.F. über die Praxisbudgets zur Anwendung, die vom 01.07.1997 bis zum 30.06.2003 galten (Allgemeine Bestimmungen A I., Teil B EBM-Ä a.F., DÄ 1996, A-3364; 1997, A-864; - aufgehoben durch Beschluss des Erweiterten Bewertungsausschusses vom 19.12.2002, DÄ 2003, A-218), zur Anwendung. Mit den Beschlüssen des Bewertungsausschusses vom 19.11.1996 und 11.03.1997 sind in den Allgemeinen Bestimmungen A I. Teil B EBM-Ä auf der Grundlage des § 87 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Abs. 2a Satz 1, 2 und 8 SGB V (i.d.F. des 2. GKV-Neuordnungsgesetzes vom 23. Juni 1997 (BGBl. I 1520)) zum 01.07.1997 Praxis- und Zusatzbudgets eingeführt worden (Deutsches Ärzteblatt (DÄ) 1997, A-864 ff = C-654 ff). Danach unterlagen die im EBM-Ä enthaltenen ärztlichen Leistungen nach Maßgabe näherer Bestimmungen je Arztpraxis und Abrechnungsquartal einer fallzahlabhängigen Budgetierung (Allgemeine Bestimmungen A I. Teil B Nr. 1. i.V.m. Nr. 1.5 EBM-Ä). Die von den Budgets umfassten Leistungen waren je Arztpraxis und Abrechnungsquartal jeweils nur bis zu einer begrenzten Gesamtpunktzahl abrechnungsfähig, deren Höhe sich aus dem Produkt der Fallpunktzahl (im einzelnen Nr. 1.5 a.a.O.) und der Zahl der Fälle (Nr. 1.4 a.a.O.) ergibt (Nr. 1. Satz 2 und 3 a.a.O.). Diese Regelungen hatten zum Ziel, die Auswirkungen des Punktwertverfalls zu begrenzen und den Vertragsärzten mehr Kalkulationssicherheit zu geben. Der einzelne Arzt soll wissen können, welches Punktzahlvolumen rechnerisch für die fachgruppentypischen Leistungen pro Behandlungsfall zur Verfügung steht (BSG, Urteil vom 16.05.2001 - B 6 KA 53/00 R -, veröffentlicht in Juris). Nach diesen Regelungen waren die dem Praxisbudget oder einem Zusatzbudget zugeordneten Leistungen je Arztpraxis und Abrechnungsquartal nur bis zu einer begrenzten Gesamtpunktzahl abrechenbar. Das Produkt aus der pro Fall festgesetzten Fallpunktzahl und der Zahl der Fälle gemäß Nr. 1.4 a.a.O. EBM-Ä a.F. ergab die Höhe der Budgets. Die diese Grenze überschreitenden Anforderungen wurden nicht gesondert vergütet; erbrachte ein Arzt mehr Leistungen als die nach dem Budget maximal zu vergütende Punktzahl, so erhielt er ungeachtet der Mehrleistungen nur den Budgetmaximalbetrag. Für die Mehrleistungen lag dabei rechnerisch keine "Null-Vergütung" vor; es wurde in solchen Fällen lediglich das Ausmaß der Vergütungen insgesamt der Höhe nach begrenzt, sodass das auf die einzelne Leistung entfallende Honorar entsprechend der größeren Anzahl erbrachter Leistungen sank (BSG, Urteil vom 11.03.2009 - B 6 KA 62/07 R -, veröffentlicht in Juris m.w.N.). Hiervon zu unterscheiden waren die Begrenzungen durch die Punktzahlobergrenze im Rahmen des Jobsharing, die erst nach der Ermittlung des Gesamtpunktzahlvolumens von Bedeutung ist. Diese Grenze stellt eine im Hinblick auf das Praxisbudget und die Zusatzbudgets selbstständige bzw. zusätzliche Leistungsbegrenzung dar. Hiermit wurde die sich aus der Multiplikation der festgesetzten Fallpunktzahl mit der Zahl der Fälle ergebende Gesamtpunktzahl "gedeckelt".

Auch die die Folgequartale betreffenden Berichtigungsbescheide und Widerspruchsverfahren haben nicht zu einem Verbrauch der Berichtigungsbefugnis hinsichtlich der Punktzahlobergrenze geführt. Sie betrafen einzelne Abrechnungspositionen und damit erst die Feststellung des anerkannten Leistungsumfangs als Grundlage für die Ermittlung einer Überschreitung der Punktzahlobergrenze. Insbesondere das Schreiben vom 07.04.2004, wonach sich die Korrektur der 34maligen Absetzung der Pos. 75 EBM auf die Höhe des Honorars für das Quartal 03/2003 nicht auswirken konnte, weil das Praxisbudget in Höhe von 297.376,0 Punkten überschritten worden war, betraf wiederum nur die sich aus dem nun in Anlage 4 des HVM KV N. geregelten Praxisbudget ergebende Begrenzung des Fallwerts und enthielt damit keine Aussage zu einer Überschreitung des Gesamtpunktzahlvolumens aufgrund der Punktzahlobergrenze aus dem Jobsharing.

b) Die Honoraränderung und -rückforderung kann ferner nicht unter dem Gesichtspunkt beanstandet werden, dass die Vorläufigkeit von Honorarbescheiden sich jeweils nur auf begrenzte Teile des Honorarbescheides bzw. - wirtschaftlich betrachtet - kleinere Anteile der Honoraranforderung des Vertragsarztes beziehen darf. (vgl. BSG, Urteil vom 26.06.2002 a.a.O. und vom 14.12.2005 a.a.O. mit Billigung einer Minderung um 12 % bzw. 15 %). Wenn - wie vorliegend - eine Rückforderung wegen desselben Sachverhalts mehrere Quartale umfasst, ist es dabei nicht zu beanstanden, wenn der Beurteilung nicht die einzelne Überschreitung im Quartal, sondern der gemittelte Umfang der Überschreitung über die betroffenen Quartale hinweg zugrunde gelegt wird. Jedenfalls kommt in derartigen Fällen die Zugrundelegung eines höheren Toleranzwertes in Betracht (BSG, Beschluss vom 03.02.2010 - B 6 KA 22/09 B -, veröffentlicht in Juris). Ob diese Aussagen überhaupt für alle Fälle sachlich-rechnerischer Richtigstellungen Geltung beanspruchen oder allein auf pauschale Richtigstellungsvorbehalte bezogen sind, hat das BSG offen gelassen (BSG, Beschluss vom 03.02.2010 - B 6 KA 22/09 B -, veröffentlicht in Juris). Dies bedarf auch hier keiner Klärung. Denn mehr als ein kleinerer Anteil der bisher zuerkannten Honorarvolumina ist hier nicht betroffen. Die Grenze von 12 bzw. 15% wird bei einer Rückforderung in Höhe von 8.965,58 EUR für vier Quartale, die auf einer Überschreitung der Punktzahlobergrenze von 7.455.278 Punkten um 242.969,7 Punkten beruht und damit lediglich 3,26 % des abgerechneten Honorarvolumens umfasst, offensichtlich nicht überschritten.

Damit waren die Honorarbescheide, soweit sie aufgehoben worden sind, vorläufig und grundsätzlich auf der Grundlage von § 106a SGB V zu berichtigen.

c) Bei diesen Berichtigungen waren auch nicht ausnahmsweise Vertrauensschutzgesichtspunkte zu berücksichtigen. Der Anwendungsvorrang der Berichtigungsvorschriften vor § 45 SGB X schließt es zwar nicht aus, bei den Maßstäben, nach denen in solchen Ausnahmefällen auch im Rahmen der Honorarberichtigungsverfahren den betroffenen Ärzten Vertrauensschutz zu gewähren ist, auf die einzelnen Tatbestände des § 45 Abs. 2 Satz 3 i.V.m Abs. 4 SGB X zurückzugreifen. Ein Fall, bei dem trotz Anwendbarkeit der Berichtigungsvorschriften nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen Vertrauensschutz zu beachten ist, liegt aber nicht vor.

Ein solcher Ausnahmefall ist anzunehmen, wenn die K. V. es unterlassen hatte, bei der Erteilung des Honorarbescheids auf ihr bekannte Ungewissheiten hinsichtlich der Grundlagen der Honorarverteilung hinzuweisen (vgl. Clemens a.a.O. Rn. 200 ff. m.N.) und dadurch schützenswertes Vertrauen bei den Vertragsärzten hervorgerufen wurde, oder wenn die Fehlerhaftigkeit des Bescheides aus Umständen herrührt, die die besonderen Funktionsbedingungen des Systems vertragsärztlicher Honorierung nicht konkret tangieren (BSG, Urteil vom 30.06.2004 - B 6 KA 34/03 R -, veröffentlicht in Juris), insbesondere nicht verteilungsrelevant sind (vgl. Clemens a.a.O. Rn. 204 ff. m.N.). Um solche Sachverhaltskonstellationen geht es hier nicht.

Die Praktizierung fehlerhafter Honorierung während längerer Zeit begründet dagegen jedenfalls für sich gesehen keinen Vertrauensschutz (vgl. Clemens a.a.O. Rn. 210 f. m.N.). Die früher einzelfallbezogenen Vertrauensschutzerwägungen hat das BSG insbesondere durch die Herausstellung der Fallgruppe "Richtigstellungsbefugnis verbraucht" weiterentwickelt und schärfer konturiert. Neben diesem Falltypus noch Raum zu geben für einen allgemeinen Vertrauensschutz aufgrund fehlerhafter Honorierung während längerer Zeit würde dieser Konturierung und der dadurch gewonnenen Rechtssicherheit zuwiderlaufen. Auch kann aus dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes nicht etwa abgeleitet werden, die Kassenärztlichen Vereinigungen müssten, wenn sie seit längerer Zeit eine bestimmte Abrechnungsweise praktiziert haben, vor deren Änderung dies angemessene Zeit vorher ankündigen (Clemens in: jurisPK-SGB V, 2. Aufl. 2012, § 106a SGB V, Rn. 210 f. m.w.N.).

Auch ein eventuelles Mitverschulden der Beklagten an den eingetretenen Überzahlungen führt nicht zu einem Vertrauensschutz des Klägers, weswegen nicht weiter abzuklären ist, ob und in welchem Schweregrad die Beklagte ein Mitverschulden trifft. Wie oben dargelegt kommt § 45 SGB X bei sachlich-rechnerischen Richtigstellungen - wie hier - nicht zur Anwendung, weil § 45 SGB X im Sinne des § 37 Satz 1 SGB I von den spezielleren Vorschriften des SGB V und der auf Grund diese Gesetzbuches ergangenen untergesetzlichen Normen verdrängt wird. Damit findet auch die in § 45 Abs. 1 und 3 SGB X vorgesehene Ermessensabwägung bei rückwirkend aufgehobenen rechtswidrig begünstigenden Verwaltungsakten nicht statt, die sonst in Fällen des Sozialversicherungsrechts die Möglichkeit gibt, Behördenverschulden zugunsten von Versicherten zu berücksichtigen (BSG SozR 1300 § 45 Nr. 2). Darauf, dass die Beklagte die genannte Entscheidung vom 26.03.2003 ebenso kannte und damit auch die Honorierung für die berichtigten Quartale wissentlich bzw. wenigstens grob fahrlässig unrichtig vorgenommen hat, kommt es, entgegen der Ansicht des Klägers, deshalb nicht an. Denn das BSG, dem sich der Senat anschließt, geht davon aus, dass auch ein grobes Verschulden der Behörde lediglich ein Abwägungsgesichtspunkt im Rahmen des § 45 Abs. 1 und 3 SGB X ist und dass das Verschulden an der fehlerhaften Entscheidung lediglich beim Ermessen i.S. des § 45 Abs. 1 und 3 SGB X erheblich ist und damit in den Fällen, in denen, wie hier, Ermessen aufgrund sonderrechtlicher Vorschriften nicht ausüben ist, außer Betracht bleibt (zu § 152 Abs. 2 AFG BSG, Beschluss vom 21.06.2001 - B 7 AL 18/01 B -; vgl. auch zu § 330 Abs. 2 SGB III LSG Bad.-Württ. Urteil vom 09.12.2008 - L 13 AS 651/07 - m.w.N. jeweils veröffentlicht in Juris).

3. Die Höhe des Rückforderungsbetrages wird vom Kläger nicht durch konkrete Beanstandungen in Frage gestellt. Er hält die nachträglich rückwirkende Aufhebung der ursprünglichen Honorarbescheide insgesamt für rechtswidrig, rügt dabei aber nicht Einzelheiten der rechnerischen Umsetzung.

Nach alledem war die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Höhe des Streitwerts folgt aus § 52 Abs. 3 GKG. Der Kläger wendet sich gegen eine bezifferte Honorarkürzung und damit ist in dieser Höhe der Streitwert festzusetzen.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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