Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 KR 2993/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Es wird festgestellt, dass das Berufungsverfahren L 4 KR 4266/11 durch die Erledigungserklärung des Klägers vom 12. Juli 2012 erledigt ist.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger macht im Zusammenhang mit einer Mitgliedschaft bei der beklagten Krankenkasse mehrere Ansprüche geltend, wobei zunächst zu entscheiden ist, ob das Berufungsverfahren durch eine vom Kläger erklärte Erledigung des Rechtsstreits beendet ist.
Der am 1959 geborene Kläger war bei der Betriebskrankenkasse Pfalz (im folgenden BKK Pfalz) vom 01. April 2002 bis 09. Dezember 2003 und vom 02. April 2004 bis 31. Dezember 2004 pflichtversichert sowie vom 01. Januar 2005 bis 03. Mai 2006 freiwillig versichert. Auf seinen Antrag vom 04. Mai 2006 zahlte ihm das Jobcenter H. (in Folgenden Jobcenter) von diesem Tag an bis 31. März 2008 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Beiträge wegen der Pflichtversicherung als Bezieher von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II zahlte das Jobcenter an die BKK Pfalz. Am 28. Februar 2008 nahm der Kläger eine versicherungspflichtige Beschäftigung auf, die am 17. Juni 2008 endete. Während dieser versicherungspflichtigen Beschäftigung war der Kläger weiterhin bei der BKK Pfalz pflichtversichert. Zwischen dem 18. Juni und 04. Dezember 2008 war der Kläger weder versicherungspflichtig beschäftigt noch bezog er Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II, sondern lebte nach seiner Behauptung von Ersparnissen. Zur Klärung der Mitgliedschaft ab dem 18. Juni 2008 erinnerte ihn die BKK Pfalz, einen übersandten Fragebogen zurückzusenden. Andernfalls gehe sie davon aus, dass er sich anderweitig entschieden habe und kein Interesse an einer weiteren Mitgliedschaft bei ihr habe (Schreiben vom 25. August 2008). Am 05. Dezember 2008 stellte der Kläger erneut einen Antrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II und gab in seinem Antrag u.a. an, bei der Beklagten - bei der er seiner Behauptung im Berufungsverfahren nach am selben Tag eine Mitgliedschaft beantragt hatte - versichert zu sein, sobald eine Versicherungspflicht durch den Bezug von Arbeitslosengeld II eintrete. Er legte in diesem Zusammenhang die Mitgliedsbescheinigung der Beklagten nach § 175 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) vom 08. Dezember 2008 vor. Das Jobcenter zahlte ab 05. Dezember 2008 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II (Bescheid vom 19. Dezember 2008). Am 05. Januar 2009 schloss der Kläger mit der Forschungsgruppe Wahlen Telefonfeld einen "freien Mitarbeitervertrag". Nach § 6 des Vertrags handelte es sich bei den vom Auftraggeber gezahlten Honoraren um Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit. Im Hinblick darauf bewilligte das Jobcenter Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für die Zeit vom 01. Januar bis 30. Juni 2009 vorläufig (Bescheid vom 13. März 2009), endgültig für diesen Zeitraum mit Bescheiden vom 27. August 2009. In den Bescheiden vom 19. Dezember 2008 und 13. März 2009 war jeweils die Beklagte als die Krankenkasse genannt, bei der der Kläger pflichtversichert sei. Da unter dem 13. August 2009 die BKK Pfalz dem Jobcenter eine Mitgliedsbescheinigung nach § 175 SGB V übersandte, wonach der Kläger ab dem 05. Dezember 2008 ihr, der BKK Pfalz, Mitglied gewesen sei und die Mitgliedschaft bei der Beklagten nicht zustande gekommen sei, ordnete das Jobcenter die Absetzung der an die Beklagte entrichteten Beiträge an. Demgemäß nannte es im Bescheid vom 27. August 2009 die BKK Pfalz als die Krankenkasse, bei der der Kläger pflichtversichert sei. Ab 01. Juli 2009 bezog der Kläger vom Jobcenter keine Leistungen mehr.
Nach dem Ende des Bezugs von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II reichte der Kläger im Juli 2009 bei der Beklagten Unterlagen ein und erhielt unter dem 21. Juli 2009 von der Beklagten Unterlagen für die Beitragseinstufung als freiwillig Versicherter. Ergänzend führte die Beklagte aus, sollte er, der Kläger, eine versicherungspflichtige Tätigkeit aufnehmen, würden die Beiträge vom Arbeitgeber abgeführt. Ein Gehalt von monatlich EUR 272,68 wie es der Kläger in seiner Bescheinigung vom Juni (2009) angegeben habe, begründe keine Versicherungspflicht. Mit Schreiben vom 23. Juli 2009 fragte der Kläger bei der Beklagten nach, ob er sich bei ihr, der Beklagten, freiwillig weiter versichern könne und wie hoch in diesem Fall seine monatlichen Beiträge wären. Er sei bei der Forschungsgruppe Wahlen nicht in einem versicherungspflichtigen Umfang beschäftigt, sondern dort nur in geringfügigem Umfang auf Honorarbasis tätig. Er könne keine (Beiträge von) EUR 270,00 pro Monat zahlen, sondern nur EUR 125,00. Wenn sie, die Beklagte, seine Tätigkeit als selbstständige Tätigkeit klassifiziere, könne er sich nicht krankenversichern. Mit Schreiben vom 28. Juli 2009 teilte die Beklagte dem Kläger hierauf mit, dass für den Fall, dass die Voraussetzungen für die Vorversicherung vorlägen, eine freiwillige Weiterversicherung möglich sei. Der monatliche Beitrag betrage bei Einnahmen unter EUR 840,00 in der Mindestkasse für die Krankenversicherung EUR 120,12 und für die Pflegeversicherung EUR 18,48. Voraussetzung für diese Beitragseinstufung sei, dass keine hauptberufliche Selbstständigkeit ausgeübt werde. Hierauf antwortete der Kläger der Beklagten am 30. Juli 2009, dass er weiterhin Mitglied der Beklagten bleiben wolle. Er gab an, die Einnahmen aus einer Beschäftigung beliefen sich auf durchschnittlich EUR 300,00 monatlich.
Mit Bescheid vom 12. August 2009 "annullierte" die Beklagte die bei ihr geführte Mitgliedschaft des Klägers. Zur Begründung führte sie aus, die zum 15. Dezember 2008 beantragte Mitgliedschaft habe nicht wirksam werden können, weil von der vorherigen Krankenkasse keine Kündigungsbestätigung nach § 175 SGB V vorliege. Der Kläger müsse sich rückwirkend ab dem 18. Juni 2008 bei der BKK Pfalz versichern. Gegen die Annullierung erhob der Kläger Widerspruch und bat um Erlass eines Widerspruchsbescheids (Schreiben vom 17. August 2009). Seine Mitgliedschaft bei der BKK Pfalz habe wegen Beendigung der Beschäftigung am 17. Juni 2008 gesetzlich geendet, so dass eine Kündigung nicht notwendig gewesen sei und somit auch keine Kündigungsbestätigung erstellt werden könne. Eine freiwillige Mitgliedschaft habe er im Anschluss daran bei der BKK Pfalz nicht begründet. Am 18. Juni 2008 (wie auch am 01. Juli 2009) habe er das Recht gehabt, bei einer beliebigen gesetzlichen Krankenkasse seiner Wahl die freiwillige Mitgliedschaft zu beantragen. Er habe einen Rechtsanspruch auf Mitgliedschaft. Die Beklagte bekräftigte unter dem 18. August 2009 zunächst ihre Auffassung, dass eine Mitgliedschaft bei ihr nicht möglich sei, bat den Kläger dann aber mit Schreiben vom 28. August 2009, sich zu einer Besprechung zu melden, da ihr ein Fehler unterlaufen sei. Der Kläger antwortete hierauf, dass über seinen Widerspruch, der aufschiebende Wirkung habe, noch nicht entschieden sei und das eingeleitete Verfahren von der Beklagte nicht einseitig für erledigt erklärt werden könne. Mit Bescheid vom 16. September 2009 half die Beklagte dem Widerspruch des Klägers ab. Der Kläger sei ab dem 05. Dezember 2008 bei ihr, der Beklagten, aufgrund des Bezugs von Arbeitslosengeld II versicherungspflichtig. Da die Vorversicherungszeit ebenfalls erfüllt sei, könne er sich ab dem 01. Juli 2009 freiwillig versichern. Die Annullierung der Mitgliedschaft sei nicht mehr aktuell.
Ferner beurteilte die Beklagte mit Bescheid vom 17. September 2009 die Versicherung des Klägers ab dem 01. Juli 2009 als hauptberuflich ausgeübte Selbstständigkeit. Ob die Höhe der Beiträge nach der besonderen Mindestbemessungsgrenze in Höhe von monatlich EUR 1.260,00 für Selbstständige mit geringem Einkommen ermittelt werden könne, werde gerne noch abgeklärt, um Rücksendung des Fragebogens bis spätestens 01. Oktober 2009 werde gebeten. Wenn der Kläger die Voraussetzungen für die Beitragssenkung erfülle, würden seine monatlichen Beiträge zur Krankenversicherung EUR 180,18 und zur Pflegeversicherung EUR 27,72, insgesamt EUR 207,90 betragen. Nachdem der Kläger sich gegen die höhere Beitragseinstufung gewandt hatte und nunmehr die Auffassung vertrat, wegen der Annullierung seiner Mitgliedschaft nicht Mitglied der Beklagten zu sein, erläuterte die Beklagte im Schreiben vom 29. September 2009 dem Kläger, dass nach Prüfung der vorliegenden Unterlagen seine Einnahmen aus der angegebenen Tätigkeit die einzigen Einnahmen zum Lebensunterhalt seien und er deshalb als hauptberuflich selbstständig zu beurteilen sei. Sollte er die bereits angeforderten Unterlagen mit Blick auf seine Einkommensverhältnisse nicht bis zum 07. Oktober 2009 einreichen, dann wäre er als hauptberuflich Selbstständiger ohne Versicherung als Selbstständiger mit geringen Einnahmen versichert. Eine Reduzierung der Beiträge werde dann nicht vorgenommen. Im Übrigen sei er nicht ab dem 05. Dezember 2009 bei ihr Mitglied, sondern ab dem 15. Dezember 2008, weil es sich um einen Zahlendreher gehandelt habe. Hierauf erwiderte der Kläger (Schreiben vom 01. Oktober 2009), dass für ihn nicht nachvollziehbar sei, weshalb er als hauptberuflich Selbstständiger eingestuft werde. Aus (vorgelegten) Informationsbroschüren der Forschungsgruppe Wahlen ergäben sich klare Anhaltspunkte, dass er abhängig beschäftigt sei. Er könne sich nicht zum Tarif eines Selbstständigen krankenversichern, sondern nur zum Mindesttarif. Seine Zusage, sich bei der Beklagten freiwillig weiter zu versichern, sei an die Entscheidung des Mitarbeiters der Beklagten Roth gebunden, ihn in die Mindestkasse einzustufen. Er gehe davon aus, dass er gegenüber der Beklagten gegenwärtig nicht beitragspflichtig sei, da er keinen Antrag auf freiwillige Mitgliedschaft unterschreiben werde, wenn er von der Beklagten als hauptberuflich selbstständig eingestuft werde.
Des Weiteren legte die Beklagte unter dem 29. September 2009 dem Jobcenter ebenfalls eine Mitgliedsbescheinigung nach § 175 SGB V vor und bestätigte, dass der Kläger seit 15. Dezember 2008 ihr Mitglied sei. Aufgrund eines internen Fehlers sei die Mitgliedschaft des Klägers annulliert worden. Dies sei nun wieder rückgängig gemacht worden. Nach dem auf dieser Mitgliedsbescheinigung befindlichen Aktenvermerk des Jobcenters vom 01. Oktober 2009 wurde eine entsprechende Umstellung eingegeben.
Schließlich setzte die Beklagte zugleich im Namen der bei ihr errichteten Pflegekasse die vom Kläger monatlich ab 01. Juli 2009 zu zahlenden Beiträge zur Krankenversicherung und Pflegeversicherung auf insgesamt EUR 311,85 fest (Bescheid vom 23. Oktober 2009). Der Kläger übe seine Selbstständigkeit hauptberuflich aus und verfüge über Einnahmen unterhalb der gesetzlich vorgeschriebenen Mindestbemessungsgrenze in Höhe von EUR 1.890,00, weshalb sie aus dieser Mindestbemessungsgrenze die Beiträge berechnen. Ab Januar 2010 setzte sie wegen Erhöhung der Mindestbemessungsgrenze auf EUR 1.916,25 die monatlichen Beiträge neu fest. Da der Kläger Beiträge nicht zahlte, vollstreckte die Beklagte.
Bereits am 03. September 2009 erhob der Kläger Klage zum Sozialgericht Mannheim (SG). Er beantragte mit der Klageschrift festzustellen, 1. dass zwischen ihm und der Beklagten "ein öffentlich rechtliches Rechtsverhältnis" zustande gekommen sei und weiter bestehe, 2. dass ihm ein Widerspruchsrecht gegen die Entscheidungen der Beklagten zustehe, die in seine Rechte aus dem zwischen ihnen bestehenden öffentlich-rechtlichen Rechtsverhältnisses eingriffen, 3. dass ein Widerspruchsverfahren gegen die von der Beklagten verfügte Annullierung der Mitgliedschaft anhängig sei, dem aufschiebende Wirkung beikomme, 4. Feststellung, dass der sofortige Vollzug der Annullierung der Mitgliedschaft nur aufgrund eines gesonderten anfechtbaren Verfahrens vollzogen werden dürfe, im Schriftsatz vom 26. September 2009 festzustellen, 5. dass über den Widerspruch noch nicht entschieden sei oder kein Abhilfebescheid ergangen sei, 6. dass die Beklagte das Widerspruchsverfahren nicht in beliebiger Form abschließen könne, 7. dass die Beklagte die Annullierung der Mitgliedschaft sofort vollzogen habe, 8. dass ihm eine Rechtsbehelfsmöglichkeit gegen den Sofortvollzug gegeben sein müsse, 9. dass er durch den Sofortvollzug beschwert sei und diese Beschwer andauere, 10. dass er mit Vollzugsfolgen erst belastet werden dürfe, wenn das Widerspruchsverfahren gegen die Annullierung der Mitgliedschaft und ein Rechtsbehelfsverfahren gegen die Anordnung des Sofortvollzuges durchgeführt und rechtskräftig entschieden sei, im Schriftsatz vom 12. März 2010 die Beklagte zu verpflichten, den Widerspruch vom 17. August 2009 mit schriftlichem Widerspruchsbescheid zu bescheiden, im Schriftsatz vom 08. April 2011 festzustellen, dass er nicht Mitglied der Beklagten geworden sei sowie schließlich im Schriftsatz vom 25. Juli 2011 der Beklagten aufzugeben, die auf seinem Konto lastenden Pfändungsverfügungen aufzuheben und ihm, dem Kläger, die bereits gepfändeten Geldbeträge zurückzuerstatten. Zur Begründung verwies er darauf, sein Rechtsschutzinteresse, das er mit den Feststellungsklagen verfolge, liege darin, dass die Vollzugsfolgen rückgängig gemacht würden und ein Widerspruchsverfahren durchgeführt werde, in dem er, der Kläger, volle Sach- und Rechtsaufklärung erhalte. Er habe Anspruch auf einen schriftlichen Widerspruchsbescheid. Die Beklagte könne nicht lediglich intern das Verfahren beenden. Dies berücksichtige sein Rechtsschutzinteresse nicht und stelle ihn praktisch rechtlos. Die Frist des § 88 Sozialgerichtsgesetz (SGG) sei abgelaufen. Er habe einen Rechtsanspruch gegen die Beklagte auf Rückabwicklung der Rechtsfolgen der Annullierung seiner Mitgliedschaft.
Die Beklagte trat der Klage entgegen. Dem Widerspruch des Klägers sei abgeholfen worden. Er sei nicht beschwert. Ihr, der Beklagten, erschließe sich daher nicht, welches Ziel der Kläger mit seinen Anträgen verfolge. Der Kläger sei ihr Mitglied. Das Widerspruchsrecht sei gesetzlich geregelt und bedürfe keiner gerichtlichen Feststellung. Im Übrigen sei es dem Kläger nie versagt worden. Ein Widerspruch gegen die Annullierung der Mitgliedschaft sei nicht anhängig, da dem Widerspruch abgeholfen worden sei. Eine Annullierung der Mitgliedschaft werde nicht vollzogen. Auf den Antrag des Klägers mit Schriftsatz vom 08. April 2009 erwiderte die Beklagte, der Kläger habe mit der Klage bezweckt, ihr Mitglied zu sein. Dies sei, wie bereits mehrfach mitgeteilt, der Fall. Der Kläger habe die freiwillige Mitgliedschaft beantragt. Dieser Antrag könne auch nicht unter eine Bedingung gestellt werden, was bei Antragstellung ohnehin auch nicht erfolgt sei. Sollte der Kläger Einwände gegen seine Beitragseinstufung haben, so sei zunächst ein Widerspruchsverfahren durchzuführen. Diese Einwände könnten nicht Gegenstand des vorliegenden Klageverfahrens werden, da dies einen völlig anderen Streitgegenstand habe.
Unter dem 06. Juli 2011 gab die Beklagte schließlich folgendes Anerkenntnis ab, das der Kläger nicht annahm:
1. Sämtliche im Rahmen der festgestellten freiwilligen Mitgliedschaft des Klägers seit dem 01. Juli 2009 ergangenen Beitragsbescheide werden aufgehoben. 2. Bereits vollstreckte Beiträge werden dem Kläger zurückerstattet. 3. In einem neuen Verwaltungsverfahren wird im Zusammenwirken mit dem Kläger über die Mitgliedschaft des Klägers bei der Beklagten und den sich daraus ggf. ergebenen Beitragsforderungen entschieden. 4. Bis zum Abschluss des unter 3. genannten Verfahrens wird die Beklagte keine Zwangsvollstreckungsmaßnahmen einleiten. Zur Klarstellung wird darauf hingewiesen, dass das Verfahren, sofern der Kläger gegen die neue Entscheidung der Beklagten Widerspruch einlegt, erst mit dem Zugang des Widerspruchsbescheides abgeschlossen ist.
Mit Gerichtsbescheid vom 31. August 2011 wies das SG die Klage ab. Die Klage sei unzulässig. Soweit der Kläger mit Schriftsatz vom 25. Juli 2011 erstmals beantragt habe, der Beklagten aufzugeben, die bereits gepfändeten Geldbeträge zurückzuerstatten, sei dieser Antrag mangels durchgeführten Vorverfahrens und Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig. Da die Beklagte mit Anerkenntnis vom 09. (richtig: 06.) Juli 2011 zugesichert habe, sämtliche im Zusammenhang mit der festgestellten freiwilligen Mitgliedschaft des Klägers seit dem 01. Juli 2009 vollstreckten Beträge, an den Kläger zurückzuerstatten, fehle es für ein Widerspruchsverfahren aber auch an dem hierfür notwendigen Rechtsschutzbedürfnis. Soweit der Kläger mit Schriftsatz vom 08. April 2011 begehrt habe, festzustellen, dass er nicht freiwilliges Mitglied der Beklagten zum Tarif für hauptberuflich Selbstständige geworden sei, sei vor dem Hintergrund, dass er ursprünglich lediglich habe Mitglied der Beklagten zum Mindesttarif werden wollen, die hiermit erfolgte Klageänderung zwar zulässig. Aufgrund des Anerkenntnisses der Beklagten vom 09. (richtig: 06.) Juli 2011, sei das Rechtsschutzbedürfnis für dieses geänderte Klageziel jedoch weggefallen. Soweit sich der Kläger mit seiner ursprünglichen Klage vom 03. September 2009 und im ergänzenden Schriftsatz vom 26. September 2009 gegen die mit Bescheiden der Beklagten vom 12. und 18. August 2009 verfügte Annullierung seiner Mitgliedschaft gewandt habe und die Verbescheidung seines Widerspruchs vom 17. August 2009 gerichtlich durchzusetzen begehrt habe, hätten sich die Klageziele des Klägers spätestens durch seine wirksame Klageänderung vom 08. April 2011 erledigt. Mit der Klageänderung vom 08. April 2011 habe der Kläger das Gegenteil der ursprünglich anhängig gemachten Klage begehrt, so dass er objektiv zu erkennen gegeben habe, an diesem Klageziel nicht mehr festzuhalten. Damit sei auch für eine hilfsweise Aufrechterhaltung dieser Anträge nach der Klageänderung vom 08. April 2011 kein Raum mehr. Für die übrigen mit Schriftsätzen vom 03. und 26. September 2009 gestellten Anträge fehle es bereits an einem feststellungsfähigen Rechtsverhältnis.
Gegen den ihm am 03. September 2011 zugestellten Gerichtsbescheid legte der Kläger am 30. September 2011 Berufung ein (L 4 KR 4266/11). Er trug vor, dadurch, dass die Beklagte seine Pflichtmitgliedschaft annulliert habe, sei seine freiwillige Mitgliedschaft bei der Beklagten wegen der achtzehnmonatigen Bindungszeit an die BKK Pfalz rechtlich nicht möglich gewesen. Hierdurch sei er in seinem Recht auf freie Krankenkassenwahl verletzt. Er habe bei der Beklagten zu keiner Zeit einen Antrag auf freiwillige Mitgliedschaft gestellt. Er habe dies nur einmal versucht, doch sei ihm von der Beklagten mitgeteilt worden, dass das wegen der Annullierung der Pflichtmitgliedschaft nicht möglich sei. Er habe ausdrücklich gesagt, er könne keinen Antrag stellen wegen der gegenüber dem Auskunftsverfahren geänderten höheren Beitragsforderungen. Durch das von der Beklagten eingeleitete "Antragsverfahren" sei er in seinen Freiheitsrechten und in seinem Anspruch auf Rechtssicherheit verletzt. Die Beklagte hätte ihm auch nicht zwei Nichtabhilfeentscheidungen erteilen dürfen, sondern hätte anstelle der zweiten Nichtabhilfeentscheidung einen rechtsmittelfähigen Widerspruchsbescheid erlassen müssen. Außerdem hätte sie die Annullierung gegenüber dem Jobcenter so lange nicht vollziehen dürfen bis eine nicht mehr anfechtbare Entscheidung auf dem Rechtsweg gefallen wäre. Tatsächlich sei die Entscheidung gegenüber dem Jobcenter vollzogen worden, ohne die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs zu beachten. Dadurch sei er bis heute in seiner Rechtssicherheit verletzt. Die Vollzugsfolgen seien nicht rückabgewickelt worden. Er habe im Auskunftsverfahren alle geforderten und notwendigen Angaben zu seiner Tätigkeit und zu seinem Einkommen gemacht, um hinsichtlich der Beitragsforderung Rechtssicherheit zu gewinnen. Als Ergebnis sei ihm zugesichert worden, zum Mindestbeitrag von EUR 138,00 versichert werden zu können. Diese Verwaltungsentscheidung sei nur aufgrund einer geänderten Sach- und Rechtslage abänderbar. Die Beklagte habe jedoch ihre Entscheidung ohne Änderung der Sach- und Rechtslage abgeändert und ihn zu für ihn unbezahlbaren Beitragszahlungen verpflichtet, obwohl er sich geweigert habe, einen rechtsförmlichen Antrag zu stellen. Die Beklagte habe ihm deshalb sein gesamtes Geld gepfändet, weiter zigtausende Euro von ihm gefordert, dadurch sei er krank geworden und habe seine Arbeit verloren. Er habe daher ein Rechtsschutzinteresse an der Feststellung, dass die Beitragsbescheide der Beklagten ohne ein rechtsförmliches Antragsverfahren nichtig seien. Wenn das SG seinen Widerspruch untersucht hätte, hätte es herausgefunden, dass das Jobcenter ihn, ohne ihn zu fragen oder anzuhören, vom 05. bis 14. Dezember 2008 bei der BKK Pfalz krankenversichert habe. Dies habe aber zur Folge gehabt, dass er bei der Beklagten wegen der 18-monatigen Bindungspflicht an die BKK Pfalz nicht freiwillig Mitglied geworden sein könne. Damit sei er auch nicht beitragspflichtig geworden. Damit wären seine Anträge auf Rückerstattung der gepfändeten Beträge aber keine Klageänderung mehr, sondern immer noch Teil der Klage gegen die Annullierung der Pflichtmitgliedschaft und Klage auf Rückabwicklung der Rechtsfolgen. Der Beklagten sei die ganze Zeit, in der sie seine Geldmittel gepfändet habe, klar gewesen, dass sie durch die Annullierung der Mitgliedschaft selbst die Voraussetzungen dafür geschaffen hatte, ihm die Mitgliedschaft bei ihr wieder zu verweigern und die gepfändeten Gelder deshalb wieder zurückzuerstatten, wenn die Klage gegen die Annullierung der Pflichtmitgliedschaft nicht mehr justiziabel wäre. Damit habe die Pfändungsgewalt nicht der Befriedigung der Geldforderungen, sondern allein dem Zweck gedient, ihn zu zwingen, einen Antrag auf Rückerstattung der gepfändeten Geldbeträge zu stellen und somit eine Klageänderung zu provozieren. Dann könne die Klageänderung aber keinen Bestand haben. Die "voll umfängliche Anerkennung" durch die Beklagte habe deshalb ebenfalls nicht der Anerkennung seiner Rechtsansprüche gedient, sondern der Vereitelung und sei demnach auch nicht als Eingehen auf die "Klageänderung" zu bewerten. Auch die unwahre Behauptung des Jobcenters der BKK Pfalz gegenüber, dass der Bezug von Alg II bereits am 14. Dezember 2008 geendet habe, habe nur den Zweck gehabt, dass die Unmöglichkeit dieses Vorgehens erst zu einem späteren Zeitpunkt offenbar geworden sei, nämlich zu dem Zeitpunkt, als er seinen Klageanspruch aus formalen Gründen verloren und aufgegeben habe. Das Jobcenter sei untrennbar an der Rechtssache beteiligt und die Nichtberücksichtigung seines dahingehenden Klage- und Beweisantrages stelle einen Aufklärungsmangel dar. Das SG habe gewusst, dass er die Bescheide der Beklagten für nichtig gehalten habe. In diesem Fall hätte das SG untersuchen und aufklären müssen, ob die Beitragsbescheide der Beklagten nichtig seien und darüber eine Feststellung im Gerichtsbescheid treffen müssen. Auch die Beklagte sei im Übrigen davon ausgegangen, dass er keinen Antrag auf freiwillige Mitgliedschaft gestellt habe, dies folge aus der Klageerwiderung vom 18. November 2009, in der die Beklagte vortrage, "dass [der Kläger] ab dem 15. Dezember 2008 [ ...] Mitglied der Beklagten ist und sich ab dem 01. Juli 2009 freiwillig bei der TK versichern könne". Irrtümlicherweise gehe das SG davon aus, dass er am 30. Juli 2009 einen Antrag auf freiwillige Mitgliedschaft bei der Beklagten gestellt habe. Der Kläger legte u.a. ein Schreiben der Beklagten vom 16. Januar 2012 vor. Danach beabsichtigt die Beklagte aufgrund des nicht rechtmäßig zustande gekommenen Krankenkassenwechsels die gesamte Mitgliedschaft des Klägers ab 15. Dezember 2008 zu annullieren und ihre Versicherungsbestätigungen nach § 48 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) zurückzunehmen.
Die Beklagte trat der Berufung entgegen. Der angefochtene Gerichtsbescheid enthalte eine zutreffende rechtliche Würdigung des Sachverhalts. Für die Berufung bestehe kein Rechtsschutzbedürfnis. Sämtliche im Rahmen der freiwilligen Mitgliedschaft des Klägers seit dem 01. Juli 2009 ergangenen Beitragsbescheide seien aufgehoben worden. Nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens sei die Frage, wie und ob überhaupt der Kläger zu versichern sei. Nach ihrem derzeitigen Sachstand sei für den Krankenversicherungsschutz des Klägers die BKK Pfalz zuständig. Die Beklagte legte den Beitragsbescheid vom 23. Oktober 2009 und Muster der Beitragsbescheide hinsichtlich der Beiträge ab Januar 2010 vor.
Im Berufungsverfahren bestimmte der Senatsvorsitzende einen Termin zur mündlichen Verhandlung am 12. Juli 2012, zu dem der Kläger erschien. Ausweislich der Niederschrift über die mündliche Verhandlung erläuterten der Senatsvorsitzende und die Berichterstatterin eingehend die Sach- und Rechtslage und machten insbesondere deutlich, dass die vom Kläger erhobenen verschiedenen Begehren unzulässig sein dürften und sich teilweise auch bereits erledigt hätten, insbesondere soweit es um die Frage hinsichtlich der Abhilfe und eines darauf noch notwendigen Widerspruchsbescheids wegen der Annullierung der Pflichtmitgliedschaft gehe. Der Kläger erklärte daraufhin den Rechtsstreit für erledigt. Ausweislich der Niederschrift wurde diese Erklärung dem Kläger laut vorgespielt und von ihm genehmigt. Der Termin dauerte ausweislich der Niederschrift eine Stunde und sechs Minuten.
Mit am 13. Juli 2012 beim LSG eingegangenen Schreiben hat der Kläger die Erledigungserklärung, die er in der mündlichen Verhandlung am 12. Juli 2012 abgegeben habe, widerrufen. Zur Begründung hat er ausgeführt, er stehe unter Folter und sei dazu gezwungen worden. Der Sachverhalt sei in der mündlichen Verhandlung nicht ausreichend erforscht worden und ihm sei das rechtliche Gehör nicht ausreichend gewährt worden. Gegen Angestellte der Beklagten und des Jobcenters habe er wegen gemeinschaftlich begangener Folter Anzeige erstattet. Eine Entscheidung der Staatsanwaltschaft über das Vorliegen einer Foltersituation sei vorgreiflich für die Entscheidung über die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung. Er begehre nicht die Wiederaufnahme des Verfahrens, sondern die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung.
Der Kläger beantragt (sachgerecht gefasst),
das Berufungsverfahren L 4 KR 4266/11 fortzuführen sowie den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 31. August 2011 aufzuheben und festzustellen, 1. dass zwischen ihm und der Beklagten "ein öffentlich rechtliches Rechtsverhältnis" zustande gekommen sei und weiter bestehe, 2. dass ihm ein Widerspruchsrecht gegen die Entscheidungen der Beklagten zustehe, die in seine Rechte aus dem zwischen ihnen bestehenden öffentlich-rechtlichen Rechtsverhältnis eingriffen, 3. dass ein Widerspruchsverfahren gegen die von der Beklagten verfügte Annullierung der Mitgliedschaft anhängig sei, dem aufschiebende Wirkung beikomme, 4. dass der sofortige Vollzug der Annullierung der Mitgliedschaft nur aufgrund eines gesonderten anfechtbaren Verfahrens vollzogen werden dürfe, 5. dass über den Widerspruch noch nicht entschieden sei oder kein Abhilfebescheid ergangen sei, 6. dass die Beklagte das Widerspruchsverfahren nicht in beliebiger Form abschließen könne, 7. dass die Beklagte die Annullierung der Mitgliedschaft sofort vollzogen habe, 8. dass ihm eine Rechtsbehelfsmöglichkeit gegen den Sofortvollzug gegeben sein müsse, 9. dass er durch den Sofortvollzug beschwert sei und diese Beschwer andauere, 10. dass er mit Vollzugsfolgen erst belastet werden dürfe, wenn das Widerspruchsverfahren gegen die Annullierung der Mitgliedschaft und ein Rechtsbehelfsverfahren gegen die Anordnung des Sofortvollzuges durchgeführt und rechtskräftig entschieden sei, 11. die Beklagte zu verpflichten, den Widerspruch vom 17. August 2009 mit schriftlichem Widerspruchsbescheid zu bescheiden, 12. festzustellen, dass er nicht Mitglied der Beklagten geworden sei 13. der Beklagten aufzugeben, die auf seinem Konto lastenden Pfändungsverfügungen aufzuheben und ihm, dem Kläger, die bereits gepfändeten Geldbeträge zurückzuerstatten, 14. die Beklagte zu verurteilen, eine folgende Annullierung der Pflichtmitgliedschaft zu beseitigen. 15. die Beklagte zu verurteilen, ihn so zu stellen, als sei die Annullierung nie vorgenommen worden, 16. festzustellen, dass der Vollzug der Annullierung der Pflichtmitgliedschaft ohne rechtsmittelfähige Bekanntgabe der Nichtabhilfeentscheidung rechtswidrig gewesen sei, 17. festzustellen, dass die Beitragsbescheide der Beklagten mangels rechtsförmlicher Antragstellung nichtig seien.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten und die Gerichtsakten beider Rechtszüge verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Das Begehren des Klägers auf Fortsetzung des Berufungsverfahrens L 4 KR 4266/11 und damit Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung ist zulässig, aber unbegründet. Das Berufungsverfahren L 4 KR 4266/11 ist aufgrund der vom Kläger in der mündlichen Verhandlung am 12. Juli 2012 abgegebenen Erklärung, dass er den Rechtsstreit für erledigt erkläre, in der Hauptsache erledigt.
Die den Rechtsstreit beendende Prozesshandlung findet sich in der Erklärung des Klägers im Termin zur mündlichen Verhandlung am 12. Juli 2012. In der Niederschrift dieses Termins ist festgehalten, dass der Kläger den Rechtsstreit für erledigt erklärt. Dies ist Ausdruck der Dispositionsmaxime. Es ist Sache der Beteiligten, Rechtsmittel einzulegen und darüber zu entscheiden, ob sie fortgeführt werden solle. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) führt die einseitige Erledigungserklärung des Klägers im gerichtskostenfreien sozialgerichtlichen Verfahren anders als im Zivil- und Verwaltungsprozess zur Beendigung des Rechtsstreits in der Hauptsache. Die Erledigungserklärung hat hier (anders als nach § 91a Abs. 1 Zivilprozessordnung - ZPO - oder § 161 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -) keine eigenständige Bedeutung. Sie stellt sich je nach prozessualer Konstellation entweder als Klagerücknahme oder als Annahme eines von der Beklagten abgegebenen Anerkenntnisses dar (BSG, Urteil vom 20. Dezember 1995 - 6 RKA 18/95 - in Juris). Nach diesen Grundsätzen handelt es sich bei der vom Kläger im Verfahren L 4 KR 4266/11 erklärten Erledigung um eine Berufungsrücknahme. Gemäß § 156 Abs. 1 Satz 1 SGG kann die Berufung bis zur Rechtskraft des Urteils oder eines nach § 153 Abs. 4 oder § 158 Satz 2 SGG ergangenen Beschlusses zurückgenommen werden. Die Zurücknahme der Berufung führt zum Verlust des Rechtsmittels (§ 156 Abs. 3 Satz 1 SGG).
Der Kläger hat im Termin zur mündlichen Verhandlung am 12. Juli 2012, wie von ihm auch nicht bestritten wird, eine solche Erledigungserklärung tatsächlich abgegeben. Dies folgt auch aus der Niederschrift über diesen Termin, der insoweit Beweiskraft zukommt (vgl. § 122 SGG i.V.m. § 165 ZPO). Bei der Zurücknahme der Berufung handelt es sich um einen nach § 160 Abs. 3 Nr. 8 ZPO in die Niederschrift aufzunehmenden wesentlichen Vorgang des Gerichtstermins. Die maßgeblichen Protokollierungsvorschriften des § 122 SGG i.V.m. §§ 160 Abs. 3 Nr. 8, 162 Abs. 1 Satz 2 und 3 ZPO sind gewahrt worden. Der Senatsvorsitzende hat die seitens des Klägers erklärte Erledigung des Verfahrens protokolliert und laut vorgespielt. Das Diktat wurde vom Kläger genehmigt.
Die Zurücknahme der Berufung ist ebenso wie die Rücknahme der Klage eine Prozesshandlung, die das Gericht und die Beteiligten bindet. Sie kann grundsätzlich nicht widerrufen oder wegen Irrtums angefochten werden (vgl. Urteil des Senats vom 03. August 2012 - L 4 R 32/12 -, nicht veröffentlicht; BSG, Beschluss vom 19. März 2002 - B 9 V 75/01B in Juris, BSG, Urteil vom 06. April 1960 - 11/9 RV 214/57 - SozR Nr. 3 zu § 119 BGB; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl., § 102 Rdnr. 7c m.N. aus der Rechtsprechung anderer Gerichtshöfe). Die Rücknahmeerklärung kann nur ausnahmsweise widerrufen werden, wenn die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des Verfahrens erfüllt sind (vgl. z.B. BSG, Beschluss vom 04. November 2009 - B 14 AS 81/08B - in Juris). Gründe für eine Wiederaufnahme des Verfahrens im Sinne von §§ 179 SGG, 579 oder 580 ZPO liegen hier indessen nicht vor. Etwas anderes ergibt sich insoweit auch nicht aus dem Vortrag des Klägers, dass er unter Folter stehe und zur Erledigungserklärung gezwungen worden sei. Abgesehen davon, dass diesbezüglich keinerlei Anhaltspunkte vorliegen und insbesondere der Rechtsstreit mit dem Kläger ausführlichst über eine Stunde erörtert wurde, stellen diese Gesichtspunkte keine Gründe im Sinne von §§ 179 SGG, 579 oder 580 ZPO dar, die eine Wiederaufnahme rechtfertigen würden.
Es bestehen auch keine Anhaltspunkte für die Annahme, dass der Kläger bei der Abgabe der Erledigungserklärung prozessunfähig nach § 71 Abs. 1 SGG, mithin nicht in der Lage gewesen sei, sich durch Verträge zu verpflichten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger macht im Zusammenhang mit einer Mitgliedschaft bei der beklagten Krankenkasse mehrere Ansprüche geltend, wobei zunächst zu entscheiden ist, ob das Berufungsverfahren durch eine vom Kläger erklärte Erledigung des Rechtsstreits beendet ist.
Der am 1959 geborene Kläger war bei der Betriebskrankenkasse Pfalz (im folgenden BKK Pfalz) vom 01. April 2002 bis 09. Dezember 2003 und vom 02. April 2004 bis 31. Dezember 2004 pflichtversichert sowie vom 01. Januar 2005 bis 03. Mai 2006 freiwillig versichert. Auf seinen Antrag vom 04. Mai 2006 zahlte ihm das Jobcenter H. (in Folgenden Jobcenter) von diesem Tag an bis 31. März 2008 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Beiträge wegen der Pflichtversicherung als Bezieher von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II zahlte das Jobcenter an die BKK Pfalz. Am 28. Februar 2008 nahm der Kläger eine versicherungspflichtige Beschäftigung auf, die am 17. Juni 2008 endete. Während dieser versicherungspflichtigen Beschäftigung war der Kläger weiterhin bei der BKK Pfalz pflichtversichert. Zwischen dem 18. Juni und 04. Dezember 2008 war der Kläger weder versicherungspflichtig beschäftigt noch bezog er Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II, sondern lebte nach seiner Behauptung von Ersparnissen. Zur Klärung der Mitgliedschaft ab dem 18. Juni 2008 erinnerte ihn die BKK Pfalz, einen übersandten Fragebogen zurückzusenden. Andernfalls gehe sie davon aus, dass er sich anderweitig entschieden habe und kein Interesse an einer weiteren Mitgliedschaft bei ihr habe (Schreiben vom 25. August 2008). Am 05. Dezember 2008 stellte der Kläger erneut einen Antrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II und gab in seinem Antrag u.a. an, bei der Beklagten - bei der er seiner Behauptung im Berufungsverfahren nach am selben Tag eine Mitgliedschaft beantragt hatte - versichert zu sein, sobald eine Versicherungspflicht durch den Bezug von Arbeitslosengeld II eintrete. Er legte in diesem Zusammenhang die Mitgliedsbescheinigung der Beklagten nach § 175 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) vom 08. Dezember 2008 vor. Das Jobcenter zahlte ab 05. Dezember 2008 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II (Bescheid vom 19. Dezember 2008). Am 05. Januar 2009 schloss der Kläger mit der Forschungsgruppe Wahlen Telefonfeld einen "freien Mitarbeitervertrag". Nach § 6 des Vertrags handelte es sich bei den vom Auftraggeber gezahlten Honoraren um Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit. Im Hinblick darauf bewilligte das Jobcenter Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für die Zeit vom 01. Januar bis 30. Juni 2009 vorläufig (Bescheid vom 13. März 2009), endgültig für diesen Zeitraum mit Bescheiden vom 27. August 2009. In den Bescheiden vom 19. Dezember 2008 und 13. März 2009 war jeweils die Beklagte als die Krankenkasse genannt, bei der der Kläger pflichtversichert sei. Da unter dem 13. August 2009 die BKK Pfalz dem Jobcenter eine Mitgliedsbescheinigung nach § 175 SGB V übersandte, wonach der Kläger ab dem 05. Dezember 2008 ihr, der BKK Pfalz, Mitglied gewesen sei und die Mitgliedschaft bei der Beklagten nicht zustande gekommen sei, ordnete das Jobcenter die Absetzung der an die Beklagte entrichteten Beiträge an. Demgemäß nannte es im Bescheid vom 27. August 2009 die BKK Pfalz als die Krankenkasse, bei der der Kläger pflichtversichert sei. Ab 01. Juli 2009 bezog der Kläger vom Jobcenter keine Leistungen mehr.
Nach dem Ende des Bezugs von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II reichte der Kläger im Juli 2009 bei der Beklagten Unterlagen ein und erhielt unter dem 21. Juli 2009 von der Beklagten Unterlagen für die Beitragseinstufung als freiwillig Versicherter. Ergänzend führte die Beklagte aus, sollte er, der Kläger, eine versicherungspflichtige Tätigkeit aufnehmen, würden die Beiträge vom Arbeitgeber abgeführt. Ein Gehalt von monatlich EUR 272,68 wie es der Kläger in seiner Bescheinigung vom Juni (2009) angegeben habe, begründe keine Versicherungspflicht. Mit Schreiben vom 23. Juli 2009 fragte der Kläger bei der Beklagten nach, ob er sich bei ihr, der Beklagten, freiwillig weiter versichern könne und wie hoch in diesem Fall seine monatlichen Beiträge wären. Er sei bei der Forschungsgruppe Wahlen nicht in einem versicherungspflichtigen Umfang beschäftigt, sondern dort nur in geringfügigem Umfang auf Honorarbasis tätig. Er könne keine (Beiträge von) EUR 270,00 pro Monat zahlen, sondern nur EUR 125,00. Wenn sie, die Beklagte, seine Tätigkeit als selbstständige Tätigkeit klassifiziere, könne er sich nicht krankenversichern. Mit Schreiben vom 28. Juli 2009 teilte die Beklagte dem Kläger hierauf mit, dass für den Fall, dass die Voraussetzungen für die Vorversicherung vorlägen, eine freiwillige Weiterversicherung möglich sei. Der monatliche Beitrag betrage bei Einnahmen unter EUR 840,00 in der Mindestkasse für die Krankenversicherung EUR 120,12 und für die Pflegeversicherung EUR 18,48. Voraussetzung für diese Beitragseinstufung sei, dass keine hauptberufliche Selbstständigkeit ausgeübt werde. Hierauf antwortete der Kläger der Beklagten am 30. Juli 2009, dass er weiterhin Mitglied der Beklagten bleiben wolle. Er gab an, die Einnahmen aus einer Beschäftigung beliefen sich auf durchschnittlich EUR 300,00 monatlich.
Mit Bescheid vom 12. August 2009 "annullierte" die Beklagte die bei ihr geführte Mitgliedschaft des Klägers. Zur Begründung führte sie aus, die zum 15. Dezember 2008 beantragte Mitgliedschaft habe nicht wirksam werden können, weil von der vorherigen Krankenkasse keine Kündigungsbestätigung nach § 175 SGB V vorliege. Der Kläger müsse sich rückwirkend ab dem 18. Juni 2008 bei der BKK Pfalz versichern. Gegen die Annullierung erhob der Kläger Widerspruch und bat um Erlass eines Widerspruchsbescheids (Schreiben vom 17. August 2009). Seine Mitgliedschaft bei der BKK Pfalz habe wegen Beendigung der Beschäftigung am 17. Juni 2008 gesetzlich geendet, so dass eine Kündigung nicht notwendig gewesen sei und somit auch keine Kündigungsbestätigung erstellt werden könne. Eine freiwillige Mitgliedschaft habe er im Anschluss daran bei der BKK Pfalz nicht begründet. Am 18. Juni 2008 (wie auch am 01. Juli 2009) habe er das Recht gehabt, bei einer beliebigen gesetzlichen Krankenkasse seiner Wahl die freiwillige Mitgliedschaft zu beantragen. Er habe einen Rechtsanspruch auf Mitgliedschaft. Die Beklagte bekräftigte unter dem 18. August 2009 zunächst ihre Auffassung, dass eine Mitgliedschaft bei ihr nicht möglich sei, bat den Kläger dann aber mit Schreiben vom 28. August 2009, sich zu einer Besprechung zu melden, da ihr ein Fehler unterlaufen sei. Der Kläger antwortete hierauf, dass über seinen Widerspruch, der aufschiebende Wirkung habe, noch nicht entschieden sei und das eingeleitete Verfahren von der Beklagte nicht einseitig für erledigt erklärt werden könne. Mit Bescheid vom 16. September 2009 half die Beklagte dem Widerspruch des Klägers ab. Der Kläger sei ab dem 05. Dezember 2008 bei ihr, der Beklagten, aufgrund des Bezugs von Arbeitslosengeld II versicherungspflichtig. Da die Vorversicherungszeit ebenfalls erfüllt sei, könne er sich ab dem 01. Juli 2009 freiwillig versichern. Die Annullierung der Mitgliedschaft sei nicht mehr aktuell.
Ferner beurteilte die Beklagte mit Bescheid vom 17. September 2009 die Versicherung des Klägers ab dem 01. Juli 2009 als hauptberuflich ausgeübte Selbstständigkeit. Ob die Höhe der Beiträge nach der besonderen Mindestbemessungsgrenze in Höhe von monatlich EUR 1.260,00 für Selbstständige mit geringem Einkommen ermittelt werden könne, werde gerne noch abgeklärt, um Rücksendung des Fragebogens bis spätestens 01. Oktober 2009 werde gebeten. Wenn der Kläger die Voraussetzungen für die Beitragssenkung erfülle, würden seine monatlichen Beiträge zur Krankenversicherung EUR 180,18 und zur Pflegeversicherung EUR 27,72, insgesamt EUR 207,90 betragen. Nachdem der Kläger sich gegen die höhere Beitragseinstufung gewandt hatte und nunmehr die Auffassung vertrat, wegen der Annullierung seiner Mitgliedschaft nicht Mitglied der Beklagten zu sein, erläuterte die Beklagte im Schreiben vom 29. September 2009 dem Kläger, dass nach Prüfung der vorliegenden Unterlagen seine Einnahmen aus der angegebenen Tätigkeit die einzigen Einnahmen zum Lebensunterhalt seien und er deshalb als hauptberuflich selbstständig zu beurteilen sei. Sollte er die bereits angeforderten Unterlagen mit Blick auf seine Einkommensverhältnisse nicht bis zum 07. Oktober 2009 einreichen, dann wäre er als hauptberuflich Selbstständiger ohne Versicherung als Selbstständiger mit geringen Einnahmen versichert. Eine Reduzierung der Beiträge werde dann nicht vorgenommen. Im Übrigen sei er nicht ab dem 05. Dezember 2009 bei ihr Mitglied, sondern ab dem 15. Dezember 2008, weil es sich um einen Zahlendreher gehandelt habe. Hierauf erwiderte der Kläger (Schreiben vom 01. Oktober 2009), dass für ihn nicht nachvollziehbar sei, weshalb er als hauptberuflich Selbstständiger eingestuft werde. Aus (vorgelegten) Informationsbroschüren der Forschungsgruppe Wahlen ergäben sich klare Anhaltspunkte, dass er abhängig beschäftigt sei. Er könne sich nicht zum Tarif eines Selbstständigen krankenversichern, sondern nur zum Mindesttarif. Seine Zusage, sich bei der Beklagten freiwillig weiter zu versichern, sei an die Entscheidung des Mitarbeiters der Beklagten Roth gebunden, ihn in die Mindestkasse einzustufen. Er gehe davon aus, dass er gegenüber der Beklagten gegenwärtig nicht beitragspflichtig sei, da er keinen Antrag auf freiwillige Mitgliedschaft unterschreiben werde, wenn er von der Beklagten als hauptberuflich selbstständig eingestuft werde.
Des Weiteren legte die Beklagte unter dem 29. September 2009 dem Jobcenter ebenfalls eine Mitgliedsbescheinigung nach § 175 SGB V vor und bestätigte, dass der Kläger seit 15. Dezember 2008 ihr Mitglied sei. Aufgrund eines internen Fehlers sei die Mitgliedschaft des Klägers annulliert worden. Dies sei nun wieder rückgängig gemacht worden. Nach dem auf dieser Mitgliedsbescheinigung befindlichen Aktenvermerk des Jobcenters vom 01. Oktober 2009 wurde eine entsprechende Umstellung eingegeben.
Schließlich setzte die Beklagte zugleich im Namen der bei ihr errichteten Pflegekasse die vom Kläger monatlich ab 01. Juli 2009 zu zahlenden Beiträge zur Krankenversicherung und Pflegeversicherung auf insgesamt EUR 311,85 fest (Bescheid vom 23. Oktober 2009). Der Kläger übe seine Selbstständigkeit hauptberuflich aus und verfüge über Einnahmen unterhalb der gesetzlich vorgeschriebenen Mindestbemessungsgrenze in Höhe von EUR 1.890,00, weshalb sie aus dieser Mindestbemessungsgrenze die Beiträge berechnen. Ab Januar 2010 setzte sie wegen Erhöhung der Mindestbemessungsgrenze auf EUR 1.916,25 die monatlichen Beiträge neu fest. Da der Kläger Beiträge nicht zahlte, vollstreckte die Beklagte.
Bereits am 03. September 2009 erhob der Kläger Klage zum Sozialgericht Mannheim (SG). Er beantragte mit der Klageschrift festzustellen, 1. dass zwischen ihm und der Beklagten "ein öffentlich rechtliches Rechtsverhältnis" zustande gekommen sei und weiter bestehe, 2. dass ihm ein Widerspruchsrecht gegen die Entscheidungen der Beklagten zustehe, die in seine Rechte aus dem zwischen ihnen bestehenden öffentlich-rechtlichen Rechtsverhältnisses eingriffen, 3. dass ein Widerspruchsverfahren gegen die von der Beklagten verfügte Annullierung der Mitgliedschaft anhängig sei, dem aufschiebende Wirkung beikomme, 4. Feststellung, dass der sofortige Vollzug der Annullierung der Mitgliedschaft nur aufgrund eines gesonderten anfechtbaren Verfahrens vollzogen werden dürfe, im Schriftsatz vom 26. September 2009 festzustellen, 5. dass über den Widerspruch noch nicht entschieden sei oder kein Abhilfebescheid ergangen sei, 6. dass die Beklagte das Widerspruchsverfahren nicht in beliebiger Form abschließen könne, 7. dass die Beklagte die Annullierung der Mitgliedschaft sofort vollzogen habe, 8. dass ihm eine Rechtsbehelfsmöglichkeit gegen den Sofortvollzug gegeben sein müsse, 9. dass er durch den Sofortvollzug beschwert sei und diese Beschwer andauere, 10. dass er mit Vollzugsfolgen erst belastet werden dürfe, wenn das Widerspruchsverfahren gegen die Annullierung der Mitgliedschaft und ein Rechtsbehelfsverfahren gegen die Anordnung des Sofortvollzuges durchgeführt und rechtskräftig entschieden sei, im Schriftsatz vom 12. März 2010 die Beklagte zu verpflichten, den Widerspruch vom 17. August 2009 mit schriftlichem Widerspruchsbescheid zu bescheiden, im Schriftsatz vom 08. April 2011 festzustellen, dass er nicht Mitglied der Beklagten geworden sei sowie schließlich im Schriftsatz vom 25. Juli 2011 der Beklagten aufzugeben, die auf seinem Konto lastenden Pfändungsverfügungen aufzuheben und ihm, dem Kläger, die bereits gepfändeten Geldbeträge zurückzuerstatten. Zur Begründung verwies er darauf, sein Rechtsschutzinteresse, das er mit den Feststellungsklagen verfolge, liege darin, dass die Vollzugsfolgen rückgängig gemacht würden und ein Widerspruchsverfahren durchgeführt werde, in dem er, der Kläger, volle Sach- und Rechtsaufklärung erhalte. Er habe Anspruch auf einen schriftlichen Widerspruchsbescheid. Die Beklagte könne nicht lediglich intern das Verfahren beenden. Dies berücksichtige sein Rechtsschutzinteresse nicht und stelle ihn praktisch rechtlos. Die Frist des § 88 Sozialgerichtsgesetz (SGG) sei abgelaufen. Er habe einen Rechtsanspruch gegen die Beklagte auf Rückabwicklung der Rechtsfolgen der Annullierung seiner Mitgliedschaft.
Die Beklagte trat der Klage entgegen. Dem Widerspruch des Klägers sei abgeholfen worden. Er sei nicht beschwert. Ihr, der Beklagten, erschließe sich daher nicht, welches Ziel der Kläger mit seinen Anträgen verfolge. Der Kläger sei ihr Mitglied. Das Widerspruchsrecht sei gesetzlich geregelt und bedürfe keiner gerichtlichen Feststellung. Im Übrigen sei es dem Kläger nie versagt worden. Ein Widerspruch gegen die Annullierung der Mitgliedschaft sei nicht anhängig, da dem Widerspruch abgeholfen worden sei. Eine Annullierung der Mitgliedschaft werde nicht vollzogen. Auf den Antrag des Klägers mit Schriftsatz vom 08. April 2009 erwiderte die Beklagte, der Kläger habe mit der Klage bezweckt, ihr Mitglied zu sein. Dies sei, wie bereits mehrfach mitgeteilt, der Fall. Der Kläger habe die freiwillige Mitgliedschaft beantragt. Dieser Antrag könne auch nicht unter eine Bedingung gestellt werden, was bei Antragstellung ohnehin auch nicht erfolgt sei. Sollte der Kläger Einwände gegen seine Beitragseinstufung haben, so sei zunächst ein Widerspruchsverfahren durchzuführen. Diese Einwände könnten nicht Gegenstand des vorliegenden Klageverfahrens werden, da dies einen völlig anderen Streitgegenstand habe.
Unter dem 06. Juli 2011 gab die Beklagte schließlich folgendes Anerkenntnis ab, das der Kläger nicht annahm:
1. Sämtliche im Rahmen der festgestellten freiwilligen Mitgliedschaft des Klägers seit dem 01. Juli 2009 ergangenen Beitragsbescheide werden aufgehoben. 2. Bereits vollstreckte Beiträge werden dem Kläger zurückerstattet. 3. In einem neuen Verwaltungsverfahren wird im Zusammenwirken mit dem Kläger über die Mitgliedschaft des Klägers bei der Beklagten und den sich daraus ggf. ergebenen Beitragsforderungen entschieden. 4. Bis zum Abschluss des unter 3. genannten Verfahrens wird die Beklagte keine Zwangsvollstreckungsmaßnahmen einleiten. Zur Klarstellung wird darauf hingewiesen, dass das Verfahren, sofern der Kläger gegen die neue Entscheidung der Beklagten Widerspruch einlegt, erst mit dem Zugang des Widerspruchsbescheides abgeschlossen ist.
Mit Gerichtsbescheid vom 31. August 2011 wies das SG die Klage ab. Die Klage sei unzulässig. Soweit der Kläger mit Schriftsatz vom 25. Juli 2011 erstmals beantragt habe, der Beklagten aufzugeben, die bereits gepfändeten Geldbeträge zurückzuerstatten, sei dieser Antrag mangels durchgeführten Vorverfahrens und Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig. Da die Beklagte mit Anerkenntnis vom 09. (richtig: 06.) Juli 2011 zugesichert habe, sämtliche im Zusammenhang mit der festgestellten freiwilligen Mitgliedschaft des Klägers seit dem 01. Juli 2009 vollstreckten Beträge, an den Kläger zurückzuerstatten, fehle es für ein Widerspruchsverfahren aber auch an dem hierfür notwendigen Rechtsschutzbedürfnis. Soweit der Kläger mit Schriftsatz vom 08. April 2011 begehrt habe, festzustellen, dass er nicht freiwilliges Mitglied der Beklagten zum Tarif für hauptberuflich Selbstständige geworden sei, sei vor dem Hintergrund, dass er ursprünglich lediglich habe Mitglied der Beklagten zum Mindesttarif werden wollen, die hiermit erfolgte Klageänderung zwar zulässig. Aufgrund des Anerkenntnisses der Beklagten vom 09. (richtig: 06.) Juli 2011, sei das Rechtsschutzbedürfnis für dieses geänderte Klageziel jedoch weggefallen. Soweit sich der Kläger mit seiner ursprünglichen Klage vom 03. September 2009 und im ergänzenden Schriftsatz vom 26. September 2009 gegen die mit Bescheiden der Beklagten vom 12. und 18. August 2009 verfügte Annullierung seiner Mitgliedschaft gewandt habe und die Verbescheidung seines Widerspruchs vom 17. August 2009 gerichtlich durchzusetzen begehrt habe, hätten sich die Klageziele des Klägers spätestens durch seine wirksame Klageänderung vom 08. April 2011 erledigt. Mit der Klageänderung vom 08. April 2011 habe der Kläger das Gegenteil der ursprünglich anhängig gemachten Klage begehrt, so dass er objektiv zu erkennen gegeben habe, an diesem Klageziel nicht mehr festzuhalten. Damit sei auch für eine hilfsweise Aufrechterhaltung dieser Anträge nach der Klageänderung vom 08. April 2011 kein Raum mehr. Für die übrigen mit Schriftsätzen vom 03. und 26. September 2009 gestellten Anträge fehle es bereits an einem feststellungsfähigen Rechtsverhältnis.
Gegen den ihm am 03. September 2011 zugestellten Gerichtsbescheid legte der Kläger am 30. September 2011 Berufung ein (L 4 KR 4266/11). Er trug vor, dadurch, dass die Beklagte seine Pflichtmitgliedschaft annulliert habe, sei seine freiwillige Mitgliedschaft bei der Beklagten wegen der achtzehnmonatigen Bindungszeit an die BKK Pfalz rechtlich nicht möglich gewesen. Hierdurch sei er in seinem Recht auf freie Krankenkassenwahl verletzt. Er habe bei der Beklagten zu keiner Zeit einen Antrag auf freiwillige Mitgliedschaft gestellt. Er habe dies nur einmal versucht, doch sei ihm von der Beklagten mitgeteilt worden, dass das wegen der Annullierung der Pflichtmitgliedschaft nicht möglich sei. Er habe ausdrücklich gesagt, er könne keinen Antrag stellen wegen der gegenüber dem Auskunftsverfahren geänderten höheren Beitragsforderungen. Durch das von der Beklagten eingeleitete "Antragsverfahren" sei er in seinen Freiheitsrechten und in seinem Anspruch auf Rechtssicherheit verletzt. Die Beklagte hätte ihm auch nicht zwei Nichtabhilfeentscheidungen erteilen dürfen, sondern hätte anstelle der zweiten Nichtabhilfeentscheidung einen rechtsmittelfähigen Widerspruchsbescheid erlassen müssen. Außerdem hätte sie die Annullierung gegenüber dem Jobcenter so lange nicht vollziehen dürfen bis eine nicht mehr anfechtbare Entscheidung auf dem Rechtsweg gefallen wäre. Tatsächlich sei die Entscheidung gegenüber dem Jobcenter vollzogen worden, ohne die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs zu beachten. Dadurch sei er bis heute in seiner Rechtssicherheit verletzt. Die Vollzugsfolgen seien nicht rückabgewickelt worden. Er habe im Auskunftsverfahren alle geforderten und notwendigen Angaben zu seiner Tätigkeit und zu seinem Einkommen gemacht, um hinsichtlich der Beitragsforderung Rechtssicherheit zu gewinnen. Als Ergebnis sei ihm zugesichert worden, zum Mindestbeitrag von EUR 138,00 versichert werden zu können. Diese Verwaltungsentscheidung sei nur aufgrund einer geänderten Sach- und Rechtslage abänderbar. Die Beklagte habe jedoch ihre Entscheidung ohne Änderung der Sach- und Rechtslage abgeändert und ihn zu für ihn unbezahlbaren Beitragszahlungen verpflichtet, obwohl er sich geweigert habe, einen rechtsförmlichen Antrag zu stellen. Die Beklagte habe ihm deshalb sein gesamtes Geld gepfändet, weiter zigtausende Euro von ihm gefordert, dadurch sei er krank geworden und habe seine Arbeit verloren. Er habe daher ein Rechtsschutzinteresse an der Feststellung, dass die Beitragsbescheide der Beklagten ohne ein rechtsförmliches Antragsverfahren nichtig seien. Wenn das SG seinen Widerspruch untersucht hätte, hätte es herausgefunden, dass das Jobcenter ihn, ohne ihn zu fragen oder anzuhören, vom 05. bis 14. Dezember 2008 bei der BKK Pfalz krankenversichert habe. Dies habe aber zur Folge gehabt, dass er bei der Beklagten wegen der 18-monatigen Bindungspflicht an die BKK Pfalz nicht freiwillig Mitglied geworden sein könne. Damit sei er auch nicht beitragspflichtig geworden. Damit wären seine Anträge auf Rückerstattung der gepfändeten Beträge aber keine Klageänderung mehr, sondern immer noch Teil der Klage gegen die Annullierung der Pflichtmitgliedschaft und Klage auf Rückabwicklung der Rechtsfolgen. Der Beklagten sei die ganze Zeit, in der sie seine Geldmittel gepfändet habe, klar gewesen, dass sie durch die Annullierung der Mitgliedschaft selbst die Voraussetzungen dafür geschaffen hatte, ihm die Mitgliedschaft bei ihr wieder zu verweigern und die gepfändeten Gelder deshalb wieder zurückzuerstatten, wenn die Klage gegen die Annullierung der Pflichtmitgliedschaft nicht mehr justiziabel wäre. Damit habe die Pfändungsgewalt nicht der Befriedigung der Geldforderungen, sondern allein dem Zweck gedient, ihn zu zwingen, einen Antrag auf Rückerstattung der gepfändeten Geldbeträge zu stellen und somit eine Klageänderung zu provozieren. Dann könne die Klageänderung aber keinen Bestand haben. Die "voll umfängliche Anerkennung" durch die Beklagte habe deshalb ebenfalls nicht der Anerkennung seiner Rechtsansprüche gedient, sondern der Vereitelung und sei demnach auch nicht als Eingehen auf die "Klageänderung" zu bewerten. Auch die unwahre Behauptung des Jobcenters der BKK Pfalz gegenüber, dass der Bezug von Alg II bereits am 14. Dezember 2008 geendet habe, habe nur den Zweck gehabt, dass die Unmöglichkeit dieses Vorgehens erst zu einem späteren Zeitpunkt offenbar geworden sei, nämlich zu dem Zeitpunkt, als er seinen Klageanspruch aus formalen Gründen verloren und aufgegeben habe. Das Jobcenter sei untrennbar an der Rechtssache beteiligt und die Nichtberücksichtigung seines dahingehenden Klage- und Beweisantrages stelle einen Aufklärungsmangel dar. Das SG habe gewusst, dass er die Bescheide der Beklagten für nichtig gehalten habe. In diesem Fall hätte das SG untersuchen und aufklären müssen, ob die Beitragsbescheide der Beklagten nichtig seien und darüber eine Feststellung im Gerichtsbescheid treffen müssen. Auch die Beklagte sei im Übrigen davon ausgegangen, dass er keinen Antrag auf freiwillige Mitgliedschaft gestellt habe, dies folge aus der Klageerwiderung vom 18. November 2009, in der die Beklagte vortrage, "dass [der Kläger] ab dem 15. Dezember 2008 [ ...] Mitglied der Beklagten ist und sich ab dem 01. Juli 2009 freiwillig bei der TK versichern könne". Irrtümlicherweise gehe das SG davon aus, dass er am 30. Juli 2009 einen Antrag auf freiwillige Mitgliedschaft bei der Beklagten gestellt habe. Der Kläger legte u.a. ein Schreiben der Beklagten vom 16. Januar 2012 vor. Danach beabsichtigt die Beklagte aufgrund des nicht rechtmäßig zustande gekommenen Krankenkassenwechsels die gesamte Mitgliedschaft des Klägers ab 15. Dezember 2008 zu annullieren und ihre Versicherungsbestätigungen nach § 48 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) zurückzunehmen.
Die Beklagte trat der Berufung entgegen. Der angefochtene Gerichtsbescheid enthalte eine zutreffende rechtliche Würdigung des Sachverhalts. Für die Berufung bestehe kein Rechtsschutzbedürfnis. Sämtliche im Rahmen der freiwilligen Mitgliedschaft des Klägers seit dem 01. Juli 2009 ergangenen Beitragsbescheide seien aufgehoben worden. Nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens sei die Frage, wie und ob überhaupt der Kläger zu versichern sei. Nach ihrem derzeitigen Sachstand sei für den Krankenversicherungsschutz des Klägers die BKK Pfalz zuständig. Die Beklagte legte den Beitragsbescheid vom 23. Oktober 2009 und Muster der Beitragsbescheide hinsichtlich der Beiträge ab Januar 2010 vor.
Im Berufungsverfahren bestimmte der Senatsvorsitzende einen Termin zur mündlichen Verhandlung am 12. Juli 2012, zu dem der Kläger erschien. Ausweislich der Niederschrift über die mündliche Verhandlung erläuterten der Senatsvorsitzende und die Berichterstatterin eingehend die Sach- und Rechtslage und machten insbesondere deutlich, dass die vom Kläger erhobenen verschiedenen Begehren unzulässig sein dürften und sich teilweise auch bereits erledigt hätten, insbesondere soweit es um die Frage hinsichtlich der Abhilfe und eines darauf noch notwendigen Widerspruchsbescheids wegen der Annullierung der Pflichtmitgliedschaft gehe. Der Kläger erklärte daraufhin den Rechtsstreit für erledigt. Ausweislich der Niederschrift wurde diese Erklärung dem Kläger laut vorgespielt und von ihm genehmigt. Der Termin dauerte ausweislich der Niederschrift eine Stunde und sechs Minuten.
Mit am 13. Juli 2012 beim LSG eingegangenen Schreiben hat der Kläger die Erledigungserklärung, die er in der mündlichen Verhandlung am 12. Juli 2012 abgegeben habe, widerrufen. Zur Begründung hat er ausgeführt, er stehe unter Folter und sei dazu gezwungen worden. Der Sachverhalt sei in der mündlichen Verhandlung nicht ausreichend erforscht worden und ihm sei das rechtliche Gehör nicht ausreichend gewährt worden. Gegen Angestellte der Beklagten und des Jobcenters habe er wegen gemeinschaftlich begangener Folter Anzeige erstattet. Eine Entscheidung der Staatsanwaltschaft über das Vorliegen einer Foltersituation sei vorgreiflich für die Entscheidung über die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung. Er begehre nicht die Wiederaufnahme des Verfahrens, sondern die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung.
Der Kläger beantragt (sachgerecht gefasst),
das Berufungsverfahren L 4 KR 4266/11 fortzuführen sowie den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 31. August 2011 aufzuheben und festzustellen, 1. dass zwischen ihm und der Beklagten "ein öffentlich rechtliches Rechtsverhältnis" zustande gekommen sei und weiter bestehe, 2. dass ihm ein Widerspruchsrecht gegen die Entscheidungen der Beklagten zustehe, die in seine Rechte aus dem zwischen ihnen bestehenden öffentlich-rechtlichen Rechtsverhältnis eingriffen, 3. dass ein Widerspruchsverfahren gegen die von der Beklagten verfügte Annullierung der Mitgliedschaft anhängig sei, dem aufschiebende Wirkung beikomme, 4. dass der sofortige Vollzug der Annullierung der Mitgliedschaft nur aufgrund eines gesonderten anfechtbaren Verfahrens vollzogen werden dürfe, 5. dass über den Widerspruch noch nicht entschieden sei oder kein Abhilfebescheid ergangen sei, 6. dass die Beklagte das Widerspruchsverfahren nicht in beliebiger Form abschließen könne, 7. dass die Beklagte die Annullierung der Mitgliedschaft sofort vollzogen habe, 8. dass ihm eine Rechtsbehelfsmöglichkeit gegen den Sofortvollzug gegeben sein müsse, 9. dass er durch den Sofortvollzug beschwert sei und diese Beschwer andauere, 10. dass er mit Vollzugsfolgen erst belastet werden dürfe, wenn das Widerspruchsverfahren gegen die Annullierung der Mitgliedschaft und ein Rechtsbehelfsverfahren gegen die Anordnung des Sofortvollzuges durchgeführt und rechtskräftig entschieden sei, 11. die Beklagte zu verpflichten, den Widerspruch vom 17. August 2009 mit schriftlichem Widerspruchsbescheid zu bescheiden, 12. festzustellen, dass er nicht Mitglied der Beklagten geworden sei 13. der Beklagten aufzugeben, die auf seinem Konto lastenden Pfändungsverfügungen aufzuheben und ihm, dem Kläger, die bereits gepfändeten Geldbeträge zurückzuerstatten, 14. die Beklagte zu verurteilen, eine folgende Annullierung der Pflichtmitgliedschaft zu beseitigen. 15. die Beklagte zu verurteilen, ihn so zu stellen, als sei die Annullierung nie vorgenommen worden, 16. festzustellen, dass der Vollzug der Annullierung der Pflichtmitgliedschaft ohne rechtsmittelfähige Bekanntgabe der Nichtabhilfeentscheidung rechtswidrig gewesen sei, 17. festzustellen, dass die Beitragsbescheide der Beklagten mangels rechtsförmlicher Antragstellung nichtig seien.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten und die Gerichtsakten beider Rechtszüge verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Das Begehren des Klägers auf Fortsetzung des Berufungsverfahrens L 4 KR 4266/11 und damit Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung ist zulässig, aber unbegründet. Das Berufungsverfahren L 4 KR 4266/11 ist aufgrund der vom Kläger in der mündlichen Verhandlung am 12. Juli 2012 abgegebenen Erklärung, dass er den Rechtsstreit für erledigt erkläre, in der Hauptsache erledigt.
Die den Rechtsstreit beendende Prozesshandlung findet sich in der Erklärung des Klägers im Termin zur mündlichen Verhandlung am 12. Juli 2012. In der Niederschrift dieses Termins ist festgehalten, dass der Kläger den Rechtsstreit für erledigt erklärt. Dies ist Ausdruck der Dispositionsmaxime. Es ist Sache der Beteiligten, Rechtsmittel einzulegen und darüber zu entscheiden, ob sie fortgeführt werden solle. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) führt die einseitige Erledigungserklärung des Klägers im gerichtskostenfreien sozialgerichtlichen Verfahren anders als im Zivil- und Verwaltungsprozess zur Beendigung des Rechtsstreits in der Hauptsache. Die Erledigungserklärung hat hier (anders als nach § 91a Abs. 1 Zivilprozessordnung - ZPO - oder § 161 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -) keine eigenständige Bedeutung. Sie stellt sich je nach prozessualer Konstellation entweder als Klagerücknahme oder als Annahme eines von der Beklagten abgegebenen Anerkenntnisses dar (BSG, Urteil vom 20. Dezember 1995 - 6 RKA 18/95 - in Juris). Nach diesen Grundsätzen handelt es sich bei der vom Kläger im Verfahren L 4 KR 4266/11 erklärten Erledigung um eine Berufungsrücknahme. Gemäß § 156 Abs. 1 Satz 1 SGG kann die Berufung bis zur Rechtskraft des Urteils oder eines nach § 153 Abs. 4 oder § 158 Satz 2 SGG ergangenen Beschlusses zurückgenommen werden. Die Zurücknahme der Berufung führt zum Verlust des Rechtsmittels (§ 156 Abs. 3 Satz 1 SGG).
Der Kläger hat im Termin zur mündlichen Verhandlung am 12. Juli 2012, wie von ihm auch nicht bestritten wird, eine solche Erledigungserklärung tatsächlich abgegeben. Dies folgt auch aus der Niederschrift über diesen Termin, der insoweit Beweiskraft zukommt (vgl. § 122 SGG i.V.m. § 165 ZPO). Bei der Zurücknahme der Berufung handelt es sich um einen nach § 160 Abs. 3 Nr. 8 ZPO in die Niederschrift aufzunehmenden wesentlichen Vorgang des Gerichtstermins. Die maßgeblichen Protokollierungsvorschriften des § 122 SGG i.V.m. §§ 160 Abs. 3 Nr. 8, 162 Abs. 1 Satz 2 und 3 ZPO sind gewahrt worden. Der Senatsvorsitzende hat die seitens des Klägers erklärte Erledigung des Verfahrens protokolliert und laut vorgespielt. Das Diktat wurde vom Kläger genehmigt.
Die Zurücknahme der Berufung ist ebenso wie die Rücknahme der Klage eine Prozesshandlung, die das Gericht und die Beteiligten bindet. Sie kann grundsätzlich nicht widerrufen oder wegen Irrtums angefochten werden (vgl. Urteil des Senats vom 03. August 2012 - L 4 R 32/12 -, nicht veröffentlicht; BSG, Beschluss vom 19. März 2002 - B 9 V 75/01B in Juris, BSG, Urteil vom 06. April 1960 - 11/9 RV 214/57 - SozR Nr. 3 zu § 119 BGB; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl., § 102 Rdnr. 7c m.N. aus der Rechtsprechung anderer Gerichtshöfe). Die Rücknahmeerklärung kann nur ausnahmsweise widerrufen werden, wenn die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des Verfahrens erfüllt sind (vgl. z.B. BSG, Beschluss vom 04. November 2009 - B 14 AS 81/08B - in Juris). Gründe für eine Wiederaufnahme des Verfahrens im Sinne von §§ 179 SGG, 579 oder 580 ZPO liegen hier indessen nicht vor. Etwas anderes ergibt sich insoweit auch nicht aus dem Vortrag des Klägers, dass er unter Folter stehe und zur Erledigungserklärung gezwungen worden sei. Abgesehen davon, dass diesbezüglich keinerlei Anhaltspunkte vorliegen und insbesondere der Rechtsstreit mit dem Kläger ausführlichst über eine Stunde erörtert wurde, stellen diese Gesichtspunkte keine Gründe im Sinne von §§ 179 SGG, 579 oder 580 ZPO dar, die eine Wiederaufnahme rechtfertigen würden.
Es bestehen auch keine Anhaltspunkte für die Annahme, dass der Kläger bei der Abgabe der Erledigungserklärung prozessunfähig nach § 71 Abs. 1 SGG, mithin nicht in der Lage gewesen sei, sich durch Verträge zu verpflichten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
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