L 6 AS 129/09

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
6
1. Instanz
SG Kassel (HES)
Aktenzeichen
S 8 AS 547/07
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 6 AS 129/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 29. Januar 2009 wird zurückgewiesen.

II. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Feststellung der Rechtswidrigkeit von Regelungen eine Eingliederungsvereinbarung im Rahmen einer Fortsetzungsfeststellungsklage streitig.

Der 1960 geborene Kläger bezieht seit dem 1. Januar 2005 Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II). Nach dem Scheitern des Zustandekommens einer (weiteren) Eingliederungsvereinbarung, in dem sowohl von dem Beklagten als auch dem Kläger gefertigte entsprechende Entwürfe wechselseitig abgelehnt wurden, erließ der Beklagte unter dem 2. April 2007 eine Eingliederungsvereinbarung als Verwaltungsakt und regelte dabei u.a. die Verpflichtung des Klägers, in den nächsten sechs Monaten mindestens 10 Bewerbungen pro Monat zu tätigen, einen Praktikumsplatz zu suchen bzw. in Bewerbungen die Bereitschaft zum Praktikum zu signalisieren und die Bewerbungsbemühungen entsprechend nachzuweisen. Ebenso ist die Verpflichtung des Klägers geregelt, eine Ortsabwesenheit vorher mit dem persönlichen Ansprechpartner abzustimmen. Darüber hinaus sieht der Bescheid die Unterstützung des Klägers durch den Beklagten in Gestalt eines umfangreichen Coachings sowie das Angebot von Maßnahmen betreffend die berufspraktische Weiterbildung vor.

Dagegen erhob der Kläger Widerspruch mit Schreiben vom 4. Mai 2007 und machte geltend, er habe bislang kooperiert, indem er sich um Arbeitsstellen bemüht und das auch nachgewiesen habe. Die nunmehr erlassene Eingliederungsvereinbarung würdige ihn zum bloßen Objekt staatlicher Willkür herab, weil von ihm ein Vielfaches dessen verlangt werde, was zuvor üblich gewesen sei. Dies ergebe sich aus einem Vergleich mit der vorherigen Eingliederungsvereinbarung, die bis zum 6. März 2007 gültig gewesen sei. So sei die Anzahl der Bewerbungen von vier auf 10 pro Monat gesteigert worden, ohne dass hierfür Gründe ersichtlich seien. Bereits aus finanziellen Gründen könne er dem nicht nachkommen. Bewerbungsmappen seien teuer und würden selten zurückgereicht. Hinzu kämen die Kosten für Fahrten zu Vorstellungsgesprächen. Die Pflicht, eine Ortsabwesenheit vorher abzustimmen, sei grundsätzlich bedenklich. Insofern genieße ein deutscher Staatsbürger Freizügigkeit. Wie er seine Erreichbarkeit bzw. Verfügbarkeit für den Arbeitsmarkt sicherstelle, sei allein seine Angelegenheit. Er müsse sich nicht von einem Sachbearbeiter gängeln lassen. Im Übrigen sei der persönliche Ansprechpartner in der Regel nicht zu erreichen. Die von ihm verlangten Leistungen seien absurd. Er sei intelligent, sprachgewandt und verfüge über ein sicheres Auftreten, weshalb er kein umfangreiches Coaching benötige. Es mache auch keinen Sinn, ihm Praktika anzubieten, weil kein Arbeitgeber bereit sei, einen 46 Jahre alten Mann zu übernehmen. Im Übrigen habe er bereits bei früheren Bewerbungen die Erfahrung gemacht, dass er als überqualifiziert abgelehnt werde. Die Eingliederungsvereinbarung diene also nicht dazu, ihm eine Arbeitsstelle zu vermitteln, sondern ihm so viele Verpflichtungen aufzubürden, dass er sie nicht einhalten könne, um sodann seine Leistungen zu kürzen. Mit der Leistungskürzung wiederum solle er gefügig gemacht werden, jeglichen Anordnungen des Beklagten nachzukommen. Damit werde er zum bloßen Objekt staatlichen Handelns degradiert.

Durch Widerspruchsbescheid vom 19. Juni 2007 wies der Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück und führte zur Begründung aus, die Grundsicherung für Arbeitsuchende solle die Eigenverantwortung von erwerbsfähigen Hilfebedürftigen stärken und zur Unabhängigkeit von Leistungen zum Lebensunterhalt führen. Neben der Unterstützung des Hilfebedürftigen bei der Aufnahme oder Beibehaltung einer Erwerbstätigkeit solle dieser gemäß dem in § 2 SGB II verankerten Grundsatz des Forderns verpflichtet werden, konkrete Schritte zur Behebung seiner Hilfebedürftigkeit zu unternehmen und aktiv an allen Maßnahmen mitzuwirken, die seine Eingliederung unterstützen. Hierfür sehe § 15 Abs. 1 S. 1 SGB II den Abschluss einer Eingliederungsvereinbarung vor, die das bestehende Sozialrechtsverhältnis konkretisiere. Komme eine Eingliederungsvereinbarung nicht zustande, solle diese durch Verwaltungsakt erfolgen (§ 15 Abs. 1 S. 6 SGB II). Hier sei eine Eingliederungsvereinbarung, die die persönliche Ansprechpartnerin des Klägers für notwendig erachtet habe, nicht zustande gekommen, so dass die entsprechenden Regelungen am 2. April 2007 als Verwaltungsakt erlassen worden seien.

Der Kläger erhob am 26. Juni 2007 Klage mit dem Antrag, den Bescheid vom 2. April 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Juni 2007 aufzuheben. Er wiederholte im Wesentlichen seinen Vortrag im Widerspruchsverfahren und hielt daran fest, dass er durch die Eingliederungsvereinbarung zum bloßen Objekt staatlicher Willkür herabgewürdigt werde. Er beanstandete erneut den Umfang der geforderten Bewerbungen sowie die Verpflichtung, Praktika zu absolvieren und an einem Coaching teilzunehmen.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht vom 29. Januar 2009 hat der Kläger seine Anfechtungsklage wegen der Erledigung des angefochtenen Verwaltungsaktes durch Zeitablauf auf eine Fortsetzungsfeststellungsklage umgestellt. Das Sozialgericht hat sodann durch Urteil vom selben Tag die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, das für die Zulässigkeit einer Fortsetzungsfeststellungsklage erforderliche besondere Fortsetzungsfeststellungsinteresse sei zu bejahen. Insofern komme ein Schadensinteresse, ein Rehabilitierungsinteresse und, was vorliegend allein einschlägig sei, das Interesse, der Wiederholung gleichartiger Verwaltungsentscheidungen vorzubeugen, in Betracht. Ein solches berechtigtes Interesse sei gegeben, wenn sich die Wiederholungsgefahr bereits verwirklicht habe, indem ein gleichartiger Verwaltungsakt ergangen sei. So liege der Fall hier, denn der Beklagte habe bereits mit Bescheid vom 11. Dezember 2007 eine Folgeeingliederungsvereinbarung per Verwaltungsakt erlassen, die nahezu identische Regelungen gegenüber der streitgegenständlichen Eingliederungsvereinbarung enthalte, auch wenn nunmehr nur noch fünf Bewerbungen pro Monat von dem Kläger verlangt würden. Die danach zulässige Fortsetzungsfeststellungsklage sei jedoch nicht begründet, weil der Bescheid vom 2. April 2007 rechtmäßig sei. Die Beklagte sei zum Erlass des Eingliederungsbescheides gemäß § 15 Abs. 1 S. 6 SGB II berechtigt gewesen, weil eine Eingliederungsvereinbarung nicht zustande gekommen sei. Hierbei komme es auf die Umstände des Scheiterns einer einvernehmlichen Regelung nicht an. Die in dem Eingliederungsbescheid getroffenen Regelungen seien entgegen der Auffassung des Klägers auch nicht zu beanstanden. Im Hinblick auf die Pflicht zur Abstimmung einer Ortsabwesenheit könne in Zweifelsfällen auf die für die Bezieher von Arbeitslosengeld I getroffenen Regelungen in § 119 Abs. 5 Nr. 2 des Dritten Buchs Sozialgesetzbuch - Arbeitsförderung - (SGB III) i.V.m. §§ 1 ff. der Erreichbarkeitsanordnung über die Verfügbarkeit des Arbeitslosen, um Vorschlägen der Agentur für Arbeit zur beruflichen Eingliederungsfolge leisten zu können, zurückgegriffen werden. Darüber hinaus sei die Verpflichtung des Klägers zu 10 Bewerbungen pro Monat zulässig und angemessen (Hinweis auf den Beschluss des Hessischen Landessozialgerichts vom 29. September 2006, L 9 AS 179/06 ER). Dies gelte auch angesichts der entstehenden Kosten. Insoweit sei es dem Kläger zumutbar, diejenigen Kosten, die den Höchstbetrag der Erstattung von 260,00 EUR überstiegen, aus der Regelleistung zu tragen (Hinweis auf LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 20. Dezember 2006, L 20 B 298/06 AS). Im übrigen sei zu berücksichtigen, dass der in § 46 Abs. 1 SGB III geregelte Betrag von 5,00 EUR pro Bewerbung lediglich eine Pauschale darstelle. Die Aufwendungen für eine einzelne Bewerbung könnten im Einzelfall auch durchaus darunter liegen. Soweit der Kläger die Ausweitung seiner Bewerbungsbemühungen auf Praktikumsplätze sowie das vorgesehene umfangreiche Coaching als rechtswidrig erachte, sei dem ebenfalls nicht zu folgen. Die entsprechende Verpflichtung des Klägers stehe mit dem sich aus § 2 Abs. 1 SGB II ergebenden Grundsatz der aktiven Teilnahme an allen Maßnahmen zur Eingliederung in Arbeit im Einklang. Die übrigen Regelungen der Eingliederungsvereinbarung seien ebenfalls rechtmäßig und von dem Kläger auch nicht beanstandet worden.

Gegen das dem Kläger am 10. Februar 2009 zugestellte Urteil richtet sich die am 10. März 2009 bei dem Hessischen Landessozialgericht eingegangene Berufung. Er trägt vor, die Eingliederungsvereinbarung sei rechtswidrig, da sie nicht ausgehandelt worden sei. Die Beklagte habe sich in keinster Weise mit der von ihm vorgeschlagenen Eingliederungsvereinbarung auseinandergesetzt und stattdessen sogleich eine Eingliederungsvereinbarung per Verwaltungsakt erlassen. Das Heraufsetzen der Anforderungen durch den Fallmanager sei ein reiner Willkürakt. Soweit von ihm 10 Bewerbungen pro Monat gefordert würden, bleibe unklar, wie viele Vermittlungsvorschläge durch den Beklagten erfolgen müssten oder könnten. Klar sei nur, dass entsprechende Vermittlungsvorschläge nicht auf seine eigenen Bewerbungen angerechnet würden. Dadurch könne der Beklagte im Extremfall durch eine hohe Zahl eigener Vermittlungsvorschläge die Zumutbarkeitsgrenze überschreiten. Die Eingliederungsvereinbarung stehe auch nicht im Einklang mit § 46 SGB III, wonach Kosten für Bewerbungen pauschal in Höhe von 260,00 EUR erstattet werden könnten. Aufgrund der Eingliederungsvereinbarung würden ihm jedoch Kosten in Höhe von 600,00 EUR pro Jahr entstehen.

Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 29. Januar 2009 aufzuheben und festzustellen, dass der Bescheid des Beklagten vom 2. April 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Juni 2007 rechtswidrig gewesen ist.

Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Er trägt vor, die Fallmanagern habe sich durchaus mit dem Entwurf des Klägers zur Eingliederungsvereinbarung auseinandergesetzt, die Vorschläge jedoch nicht als ausreichend erachtet, die Eingliederungschancen deutlich zu steigern und somit nach langer Zeit der Arbeitslosigkeit wieder eine Beschäftigung zu finden. Im Übrigen komme es für die Ersetzung durch Verwaltungsakt nicht darauf an, ob sich der Kläger geweigert habe, eine Eingliederungsvereinbarung abzuschließen, sondern lediglich darauf, dass eine solche nicht zustande gekommen sei. Dies sei hier der Fall, der Kläger habe seine Ablehnung gegenüber der von ihm, dem Beklagten angebotenen Eingliederungsvereinbarung dadurch manifestiert, dass er einen abweichenden Entwurf erstellt habe (Hinweis auf die Entscheidung des SG Reutlingen vom 28. Februar 2008, S 2 AS 445/08 ER). Weiter sei der Vorwurf des Klägers zurückzuweisen, bei der Festlegung der Zahl der Bewerbungsbemühungen habe es sich um einen reinen Willkürakt gehandelt. Die erwarteten 10 Bewerbungen pro Monat stellten mitnichten eine unzumutbare Verpflichtung dar, da sie die Eingliederungschancen des Klägers, der in der Vergangenheit nur sehr spärliche Bewerbungsbemühungen nachgewiesen habe, maßgeblich verbessern könnten. Im Übrigen könne die von dem Kläger behauptete Überqualifizierung nicht dazu führen, dass keinerlei Bewerbungen mehr erfolgten.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakten der Beklagten, die Gegenstand der Entscheidung gewesen sind, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte durch die drei Berufsrichter ohne Beteiligung der ehrenamtlichen Richter und ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss gemäß § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entscheiden. Die Beteiligten sind hierzu angehört worden.

Die gemäß §§ 143 und 144 SGG statthafte Berufung ist zulässig; sie ist insbesondere form- und fristgerecht gemäß § 151 Abs. 1 SGG eingelegt worden.

Die Berufung ist jedoch nach einstimmiger Auffassung des Senats sachlich nicht begründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht durch Urteil vom 29. Januar 2009 abgewiesen. Der Kläger hatte ursprünglich Anfechtungsklage gemäß § 54 Abs. 1 S. 1 SGG erhoben. Diese war auf Aufhebung des Bescheides vom 2. April 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Juni 2007 gerichtet. Die mit dem Bescheid ersetzte Eingliederungsvereinbarung hatte eine Laufzeit vom 15. März bis 8. September 2007 bzw. von sechs Monaten, so dass zum Zeitpunkt der Klageerhebung am 26. Juni 2007 die Anfechtungsklage noch zulässig war. Mit Ablauf des 8. September 2007 ist jedoch Erledigung des Eingliederungsbescheides eingetreten. Gemäß § 131 Abs. 1 S. 3 SGG spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, dass ein Verwaltungsakt rechtswidrig ist, wenn sich dieser vorher erledigt und der Kläger ein berechtigtes Interesse hieran hat. Ein solches Feststellungsinteresse ist anerkannt im Falle der Präjudizialität für andere Rechtsverhältnisse, vor allem zur Durchsetzung von Schadenersatzansprüchen, als Rehabilitationsinteresse, insbesondere bei schweren Verstößen gegen die Menschenwürde oder schwerer Verletzung von Persönlichkeitsrechten sowie bei Wiederholungsgefahr (vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG Kommentar 10. Auflage, § 131 Nr. 10a). Zutreffend hat das Sozialgericht Wiederholungsgefahr bejaht, was sich bereits daraus ergibt, dass der Beklagte in der Folgezeit einen im Wesentlichen identischen Eingliederungsbescheid vom 11. Dezember 2007 erlassen hat (jedoch mit der Verpflichtung zu lediglich fünf Bewerbungen pro Monat). Die danach zulässige Fortsetzungsfeststellungsklage ist jedoch nicht begründet, der Bescheid vom 2. April 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Juni 2007 erweist sich auch nach Prüfung durch den Senat als rechtmäßig. Der Senat schließt sich in allen Punkten den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung an, so dass insoweit auf eine weitere ausführliche Begründung, insbesondere zu den im Berufungsverfahren von dem Kläger nicht mehr aufgeworfenen Fragen im Hinblick auf die Abstimmung einer Ortsabwesenheit sowie die Teilnahme an einem Praktikum bzw. Coaching, verzichtet wird (§ 153 Abs. 2 SGG). Zu den verbleibenden Punkten gebietet das Vorbringen des Klägers im Berufungsverfahren keine andere Sicht der Dinge. Soweit dieser die Auffassung vertreten hat, die Eingliederungsvereinbarung (bzw. der Eingliederungsbescheid) sei rechtswidrig, weil sie nicht ausgehandelt worden sei, wird die Systematik des § 15 SGB II verkannt. Gerade im Falle des Nichtzustandekommens einer Eingliederungsvereinbarung sieht § 15 Abs. 1 S. 6 SGB II vor, dass die Regelungen nach § 15 Abs. 1 S. 2 SGB II (im Wesentlichen Konkretisierung der leistungsgewährenden und die Mitwirkungsobliegenheiten zusammenfassenden Bestandteile) durch Verwaltungsakt erfolgen sollen, wobei es - wie das Sozialgericht zutreffend ausgeführt hat - auf die Gründe für das Scheitern einer Eingliederungsvereinbarung hierbei nicht ankommt und lediglich eine vorausgehende Verhandlung erforderlich ist (vgl. Berlit in Lehr- und Praxiskommentar SGB II LPK SGB II -, 4. Auflage, § 15 Rn. 43 m.w.N.). Eine solche hat hier auch stattgefunden, denn der Entwurf einer Eingliederungsvereinbarung wurde dem Kläger vorgelegt, woraufhin dieser nach seinem eigenen Vortrag einen Gegenvorschlag unterbreitet hat, die Vorschläge jedoch wechselseitig nicht angenommen worden sind. (Gescheiterte) Vertragsverhandlungen sind mithin geführt worden. An weitere Voraussetzungen ist der Erlass eines Eingliederungsbescheides gemäß § 15 Abs. 1 S. 6 SGB II nicht geknüpft. Soweit der Kläger weiter die Anzahl der geregelten Bewerbungen von mindestens 10 pro Monat als Willkürakt beanstandet, vermag der Senat dem ebenfalls nicht zu folgen. Nach dem in § 2 SGB II geregelten Grundsatz des Forderns sind alle Möglichkeiten zur Beendigung oder Verringerung von Hilfebedürftigkeit auszuschöpfen (Abs. 1 S. 1) und es besteht die Pflicht, aktiv an allen Maßnahmen zur Eingliederung in Arbeit mitzuwirken (Abs. 1 S. 2) bzw. in eigener Verantwortung alle Möglichkeiten zu nutzen, den Lebensunterhalt aus eigenen Mitteln und Kräften zu bestreiten (Abs. 2 S. 1), insbesondere die eigene Arbeitskraft einzusetzen (Abs. 2 S. 2). Mit diesem Grundsatz steht die Verpflichtung, mindestens 10 Bewerbungen pro Monat zu tätigen, ohne weiteres im Einklang (ebenso: Hessisches LSG, Beschluss vom 29. September 2006, L 9 AS 179/06 ER; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 20. Dezember 2006, L 20 B 298/06 AS ER; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 28. Februar 2008, L 25 AS 522/06). Soweit der Kläger geltend gemacht hat, im Eingliederungsbescheid sei nicht konkret geregelt, wie viele Vermittlungsvorschläge durch den Beklagten erfolgen müssten oder könnten, so dass im Extremfall durch eine hohe Zahl von Vermittlungsvorschlägen des Beklagten, die nicht auf die Bewerbungen des Klägers angerechnet würden, die Zumutbarkeitsgrenze überschritten werden könne, ist dies ohne weitere Anhaltspunkte hypothetisch. Letztlich vermag der Kläger auch mit seinem Einwand, die entstehenden Bewerbungskosten belasteten ihn unzumutbar, nicht durchzudringen. Maßgeblich für die Erstattung von Bewerbungskosten ist § 16 Abs. 1 SGB II (hier in der bis zum 31. März 2012 geltenden Fassung) i.V.m. § 46 SGB III (in der bis zum 31. Dezember 2008 geltenden Fassung), wonach Bewerbungskosten bis zu einem Betrag von 260,00 EUR jährlich übernommen werden können. Hierzu enthält § 47 S. 1 SGB III eine Anordnungsermächtigung, von der die Bundesanstalt für Arbeit bzw. die Bundesagentur auch Gebrauch gemacht hat. In der Anordnung des Verwaltungsrats der Bundesanstalt für Arbeit zur Unterstützung der Beratung und Vermittlung (Anordnung UBV) vom 10. April 2003 ist die Zulässigkeit der Pauschalierung von Bewerbungskosten - je Bewerbung ein Betrag von 5,00 EUR - geregelt (§ 3 Abs. 1 und 2 UBV). Diese Pauschale gilt sowohl bei tatsächlich niedrigeren als auch den Jahreshöchstbetrag übersteigenden tatsächlichen Kosten. Wird der Betrag von 260,00 EUR überschritten, hat der Hilfebedürftige den nicht gedeckten Betrag selbst zu tragen (so auch LSG Nordrhein-Westfalen a.a.O.). Ob hier überhaupt ungedeckte Kosten entstehen, ist ohnehin fraglich, denn dem Kläger ist mit dem Eingliederungsbescheid nicht auferlegt worden, Bewerbungen ausschließlich auf schriftlichem Weg durch Versendung von Bewerbungsunterlagen zu tätigen. Vielmehr sind Bewerbungen nicht ausgeschlossen, die ohne Erstellung und Versand von Bewerbungsunterlagen erfolgen, wie mündliche Bewerbungen bzw. Online-Bewerbungen über das Internet (vgl. hierzu: Berlit in LPK-SGB II, 4. Aufl., § 2 Rn. 26). Zwar ist dem Kläger weiter auferlegt worden, seine Eigenbemühungen in schriftlicher Form nachzuweisen, dies ist jedoch z.B. bei Online-Bewerbungen mittels Ausdruck der Bewerbung möglich. Auch aus dem Gesamtzusammenhang lässt sich demnach nicht schließen, dass die auferlegten 10 Bewerbungen ausschließlich durch kostenaufwändigere Erstellung und Versendung von Bewerbungsunterlagen zu tätigen waren. Die durch die Bewerbungen verursachten Kosten stehen damit der von dem Beklagten getroffenen Regelung im Hinblick auf mindestens 10 Bewerbungen pro Monat nicht entgegen. Soweit im Übrigen das LSG Niedersachsen-Bremen (Beschluss vom 4. April 2012, L 15 AS 77/12 B ER) in einem obiter dictum die Auffassung vertreten hat, die Rechtmäßigkeit einer im Eingliederungsbescheid enthaltenen Regelung zu den auferlegten Bewerbungen setze konkrete Angaben voraus, die es dem Hilfebedürftigen ermöglichten, die Voraussetzungen und die Höhe des ihm zustehenden Kostenerstattungsanspruch festzustellen, hat der Senat Zweifel, ob dem gefolgt werden kann. Einer weiteren Vertiefung bedarf es jedoch nicht, denn das LSG Niedersachsen-Bremen hat bei seiner Auffassung erkennbar auf die Regelung des § 45 SGB III (in der vom 1. Januar 2009 bis zum 31. März 2012 geltenden Fassung) abgestellt, wonach lediglich angemessene Kosten zu erstatten sind, ohne dass konkrete Beträge genannt werden (jetzt: § 44 SGB III in der seit dem 1. April 2012 geltenden Fassung). Demgegenüber nennt die für die Erstattung der Bewerbungskosten des Klägers maßgebliche Vorschrift des § 46 SGB III (in der bis zum 31. Dezember 2008 geltenden Fassung) jedoch den konkreten Betrag von 260,00 EUR jährlich. Darüber hinaus ergibt sich - wie ausgeführt - aus § 3 Abs. 2 UBV ein pauschaler Kostenerstattungsbetrag von 5,00 EUR je Bewerbung. Sowohl auf § 46 SGB III als auch die UBV ist in dem Eingliederungsbescheid vom 2. April 2007 auch hingewiesen worden, so dass der Umfang des Erstattungsanspruches für den Kläger ausreichend konkretisierbar war.

Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Absatz 2 Nrn. 1 und 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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