Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
SG Potsdam (BRB)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
40
1. Instanz
SG Potsdam (BRB)
Aktenzeichen
S 40 AS 1680/09
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Die Zahlung einer Nutzungsentschädigung an den nach Ehescheidung aus der im gemeinschaftlichen Eigentum stehenden ehemaligen Ehewohnung ausgezogenen Ehepartner fällt unter die tatschächlichen Unterkunftskosten i.S.d. § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II a.F.
1. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger in Abänderung des Bescheides vom 27. November 2008 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 17. März 2009, beide in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. März 2009, für den Zeit-raum November 2008 bis April 2009 als weitere Kosten der Unterkunft monat-lich 124,83 Euro zu zahlen. 2. Der Beklagte hat dem Kläger die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten zu erstatten. 3. Die Berufung wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Übernahme der Zahlung einer Nutzungsentschädigung als weitere Kosten der Unterkunft auf der Grundlage des Sozialgesetzbuches Zweites Buch (SGB II) für den Zeitraum November 2008 bis April 2009.
Der 1962 geborene Kläger bezog erstmals im Januar 2005 Leistungen nach dem SGB II. Der Antrag wurde gemeinsam mit der damaligen Ehefrau des Klägers, der Zeugin, gestellt. Die Eheleute bewohnten ein in jeweils hälftigem Miteigentum stehendes Haus mit einer Wohnfläche von ca. 70 qm in G. In seinem Fortzahlungsantrag Ende Oktober 2007 gab der Kläger an, von seiner Ehefrau getrennt zu leben. In der Folgezeit lebte der Kläger alleine in dem gemeinsamen Haus. Mit Schreiben vom 10. Januar 2008 forderte die Zeugin den Kläger auf, ihr ab Januar 2008 ein Nutzungsgeld in Höhe von 252,32 Euro zu überweisen. Die Ehe des Klägers mit der Zeugin wurde durch Urteil des Amtsgerichts Potsdam am 09. Oktober 2008 geschieden. Auf seinen Fortzahlungsantrag vom 10. Oktober 2008 hin, bewilligte der Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 27. November 2008 für den Zeitraum November 2008 bis April 2009 als Kosten der Unterkunft insgesamt 166,38 Euro monatlich. Hiergegen legte der Kläger am 12. Dezember 2008 Widerspruch im Wesentlichen mit der Begründung ein, dass bei den Kosten der Unterkunft die Zahlung einer Nutzungsentschädigung in Höhe von 190,00 Euro durch ihn an die Zeugin nicht berücksichtigt worden sei. Er verwies dabei insbesondere auf die nach der Scheidung bestehende Verpflichtung aus § 745 BGB, die auch mit dem ernsthaften Nutzungsersatzverlangen der Miteigentümerin einhergehe. Mit Änderungsbescheid vom 17. März 2009 bewilligte der Beklagte dem Kläger als Kosten der Unterkunft und Heizung im streitgegenständlichen Zeitraum monatlich 210,47 Euro. Er wies den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 20. März 2009 unter Hinweis auf den Änderungsbescheid vom 17. März 2009 als unbegründet zurück. Für Unterkunft und Heizung erkannte er dabei im Einzelnen an:
• anerkannte Heizkosten 88,67 Euro • Instandhaltungskostenzuschlag 65,17 Euro • Öffentliche Lasten 3,60 Euro • Wasserver-/Abwasserentsorgung 21,50 Euro • Betrieb zentraler Heizungsanlagen 10,41 Euro • Müllbeseitigung 3,12 Euro • Schornsteinreinigung 5,06 Euro • Gebäudeversicherung 12,93 Euro.
Hinsichtlich der Nutzungsentschädigung führte er aus, es handele sich hierbei um aus der Trennung/der Scheidung folgende Kosten. Es stehe dem Widerspruchsführer frei, seine geschiedene Ehefrau auszuzahlen oder sich eine andere Wohnunterkunft zu suchen. Die Tragung der Folgekosten einer Ehescheidung könnten nicht der Allgemeinheit auferlegt werden.
Der Kläger hat am 24. April 2009 Klage erhoben. Er vertieft die Begründung im Widerspruchsverfahren und erklärt, da zwischen ihm und der Zeugin keine ausdrückliche Einigung über die Höhe der Nutzungsentschädigung erzielt habe werden können, habe er freiwillig monatlich 190,00 Euro gezahlt. Hierbei habe er die hälftigen Fixkosten abgezogen, die er alleine getragen habe. Der Beklagte müsse im Rahmen der Leistungsbewilligung berücksichtigen, dass er hinsichtlich der Nutzung der anderen Hälfte der Immobilie, die nicht in seinem Miteigentum stehe, eine Nutzungsentschädigung als Äquivalent einer Kaltmiete zu zahlen habe. Nach der Scheidung habe er keine Rechtsgrundlage mehr für die Verweigerung einer entsprechenden Entschädigung gesehen.
Der Kläger beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, ihm in Abänderung des Bescheides vom 27. November 2008 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 17. März 2009, beide in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. März 2009, als Kosten der Unterkunft für den Zeitraum November 2008 bis April 2009 monatlich weitere 124,83 Euro zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er bezieht sich auf die Begründung des angegriffenen Widerspruchsbescheides.
Das Gericht hat im Termin zur mündlichen Verhandlung Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugin M. G. zu dem Beweisthema: "Zahlung einer Nutzungsentschädigung für das Haus in G. durch den Kläger." Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die An-lage 1 zur Sitzungsniederschrift verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des Verwaltungsvorgangs des Beklagten hinsichtlich der BG-Nr. (zwei Bände) verwiesen, die - soweit maßgeblich - Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig und begründet.
Der Kläger hat den Streitgegenstand in zulässiger Weise auf die Kosten der Unterkunft beschränkt.
Der Kläger hat einen Anspruch auf Berücksichtigung der durch ihn an die Zeugin gezahlten Nutzungsentschädigung im Rahmen der Kosten der Unterkunft nach dem SGB II. Die in den angegriffenen Bescheiden enthaltene Ablehnung der Übernahme ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (vgl. § 54 Abs. 1, 2 und 4 Sozialgerichtsgesetz - SGG -).
Anspruchsgrundlage für die Berücksichtigung der Nutzungsentschädigung ist § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II in der zum streitgegenständlichen Zeitpunkt geltenden Fassung. Hiernach werden Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind. Für die Qualifizierung als tatsächliche Unterkunftskosten ist eine tatsächliche und eine rechtliche Verknüpfung der streitgegenständlichen Zahlungen mit den Unterkunftskosten erforderlich (vgl. LSG Chemnitz, Urteil vom 26.11.2009, - L 7 AS 219/08 -, zitiert nach juris). Der Anspruch der Zeugin als ehemalige Miteigentümerin des allein vom Kläger genutzten Hauses auf Zahlung einer Nutzungsentschädigung durch diesen folgt nach der Ehescheidung aus § 745 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Hiernach kann jeder Teilhaber eine dem Interesse aller Teilhaber nach billigem Ermessen entsprechende Verwaltung und Benutzung verlangen. Der Anspruch entsteht beispielsweise bei end-gültigem Auszug eines rechtskräftig geschiedenen Ehegatten aus der auf Grund gemein-schaftlichem Eigentum genutzten Wohnung ab dem ernsthaften Zahlungsverlangen (vgl. Sprau in: Palandt, BGB, 70. Auflage, München 2011, § 745 Rd.-Nr. 5). Zivilrechtlich ist in höchstrichterlicher Rechtsprechung anerkannt, dass in einem solchen Fall, wenn dem zurückbleibenden Ehegatten gegen Zahlung eines entsprechenden Entgeltes die Wohnung zur alleinigen Benutzung überlassen wird, in der Regel ein Mietverhältnis begründet wird (vgl. BGH, Urteil vom 04.02.1982, - IX ZR 88/80 -, Urteil vom 08.01.1969, - VIII ZR 184/66 - und Ur-teil vom 17.12.1973, – II ZR 59/72 -, alle zitiert nach juris; vgl. auch: Weidenkaff in Palandt, a. a. O., Einführung vor § 535 Rd.-Nr. 21). Jedenfalls aber ist ein mietähnlicher Charakter der Nutzungsentschädigung festzustellen, weswegen sie in vollem Umfang den Unterkunftskosten zuzurechnen ist (vgl. SG Dresden, Urteil vom 30.05.2011, - S 3 AS 2611/09 - sowie sogar zur Sondersituation des Getrenntlebens im Hinblick auf § 1361 b Abs. 3 BGB: SG Potsdam, Beschluss vom 08.09.2009, - S 19 AS 2765/09 ER -, beide zitiert nach juris). Die Zeugin hat in der Beweisaufnahme - auch vor dem Hintergrund der weiteren Scheidungsfolgevereinbarung in dem am 20. Mai 2009 vor dem Landgericht Potsdam geschlossenen Vergleich - ihr ernsthaftes Verlangen der Nutzungsentschädigung glaubhaft geschildert. Es entspricht auch der Billigkeit, dass einer von zwei Miteigentümern nicht entschädigungslos allein die Früchte des Miteigentums zieht, indem er – wie hier - alleine das im gemeinschaftlichen Eigentum stehende Haus nutzt. Der Kläger hat für den streitgegenständlichen Zeitraum durchgängig die tatsächliche Zahlung von 190,00 Euro als Nutzungsentschädigung an die Zeugin durch Vorlage der entsprechenden Kontoauszüge nachgewiesen. Der zugesprochene Betrag in Höhe von monatlich 124,83 Euro errechnet sich unter Abzug des im streitgegenständlichen Zeitraum monatlich durch den Beklagten gewährten Instandhaltungskostenzuschlags in Höhe von 65,17 Euro. Für den Erhalt des Instandhaltungskostenzuschlags bestand keine Rechtsgrundlage, weil es sich hierbei nicht um tatsächliche Aufwendungen, die im Bewilligungszeitraum zu entrichten waren, handelt (vgl. Gesetzeswortlaut und BSG, Urteil vom 03. März 2009, - B 4 AS 38/08 R -, zitiert nach juris). Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung angegeben, im streitigen Zeitraum keine tatsächlichen Aufwendungen für eine Instandsetzung oder Instandhaltung des Hauses gehabt zu haben. Hinsichtlich der Angemessenheit der Kosten der Unterkunft im Übrigen - auch unter Einschluss der zugesprochenen Nutzungsentschädigung - bestehen sogar unter Zugrundelegen der damals beim Beklagten geltenden Geschäftsanwei-sung Nr. 1 (Stand 01.08.2008) keine Bedenken.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Die Berufung war nicht zuzulassen, da der mögliche Wert des Beschwerdegegenstandes für die Beteiligten den Wert von 750,00 Euro nicht übersteigt (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG) und ein Zulassungsgrund nach § 144 Abs. 2 SGG nicht gegeben ist.
Rechtsmittelbelehrung:
Dieses Urteil kann nur dann mit der Berufung angefochten werden, wenn sie nachträglich zugelassen wird. Zu diesem Zweck kann die Nichtzulassung der Berufung mit der Beschwerde angefochten werden.
Die Berufung ist zuzulassen, wenn
• die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
• das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
• ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem
Landessozialgericht Berlin-Brandenburg Försterweg 2-6
14482 Potsdam,
schriftlich, in elektronischer Form oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten einzulegen.
Die Beschwerdeschrift soll das angefochtene Urteil bezeichnen und die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel angeben.
Die elektronische Form wird durch eine qualifizierte signierte Datei gewahrt, die nach den Maßgaben der Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr im Land Brandenburg vom 14. Dezember 2006 (GVBl. II S. 558) idF vom 1. Oktober 2007 (GVBl. II S. 425) in die elektronische Poststelle des jeweiligen Gerichts zu übermitteln ist. Nähere Hinweise zu den Kommunikationswegen für den elektronischen Rechtsverkehr können unter der Internetadresse www.erv.brandenburg.de abgerufen werden.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Übernahme der Zahlung einer Nutzungsentschädigung als weitere Kosten der Unterkunft auf der Grundlage des Sozialgesetzbuches Zweites Buch (SGB II) für den Zeitraum November 2008 bis April 2009.
Der 1962 geborene Kläger bezog erstmals im Januar 2005 Leistungen nach dem SGB II. Der Antrag wurde gemeinsam mit der damaligen Ehefrau des Klägers, der Zeugin, gestellt. Die Eheleute bewohnten ein in jeweils hälftigem Miteigentum stehendes Haus mit einer Wohnfläche von ca. 70 qm in G. In seinem Fortzahlungsantrag Ende Oktober 2007 gab der Kläger an, von seiner Ehefrau getrennt zu leben. In der Folgezeit lebte der Kläger alleine in dem gemeinsamen Haus. Mit Schreiben vom 10. Januar 2008 forderte die Zeugin den Kläger auf, ihr ab Januar 2008 ein Nutzungsgeld in Höhe von 252,32 Euro zu überweisen. Die Ehe des Klägers mit der Zeugin wurde durch Urteil des Amtsgerichts Potsdam am 09. Oktober 2008 geschieden. Auf seinen Fortzahlungsantrag vom 10. Oktober 2008 hin, bewilligte der Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 27. November 2008 für den Zeitraum November 2008 bis April 2009 als Kosten der Unterkunft insgesamt 166,38 Euro monatlich. Hiergegen legte der Kläger am 12. Dezember 2008 Widerspruch im Wesentlichen mit der Begründung ein, dass bei den Kosten der Unterkunft die Zahlung einer Nutzungsentschädigung in Höhe von 190,00 Euro durch ihn an die Zeugin nicht berücksichtigt worden sei. Er verwies dabei insbesondere auf die nach der Scheidung bestehende Verpflichtung aus § 745 BGB, die auch mit dem ernsthaften Nutzungsersatzverlangen der Miteigentümerin einhergehe. Mit Änderungsbescheid vom 17. März 2009 bewilligte der Beklagte dem Kläger als Kosten der Unterkunft und Heizung im streitgegenständlichen Zeitraum monatlich 210,47 Euro. Er wies den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 20. März 2009 unter Hinweis auf den Änderungsbescheid vom 17. März 2009 als unbegründet zurück. Für Unterkunft und Heizung erkannte er dabei im Einzelnen an:
• anerkannte Heizkosten 88,67 Euro • Instandhaltungskostenzuschlag 65,17 Euro • Öffentliche Lasten 3,60 Euro • Wasserver-/Abwasserentsorgung 21,50 Euro • Betrieb zentraler Heizungsanlagen 10,41 Euro • Müllbeseitigung 3,12 Euro • Schornsteinreinigung 5,06 Euro • Gebäudeversicherung 12,93 Euro.
Hinsichtlich der Nutzungsentschädigung führte er aus, es handele sich hierbei um aus der Trennung/der Scheidung folgende Kosten. Es stehe dem Widerspruchsführer frei, seine geschiedene Ehefrau auszuzahlen oder sich eine andere Wohnunterkunft zu suchen. Die Tragung der Folgekosten einer Ehescheidung könnten nicht der Allgemeinheit auferlegt werden.
Der Kläger hat am 24. April 2009 Klage erhoben. Er vertieft die Begründung im Widerspruchsverfahren und erklärt, da zwischen ihm und der Zeugin keine ausdrückliche Einigung über die Höhe der Nutzungsentschädigung erzielt habe werden können, habe er freiwillig monatlich 190,00 Euro gezahlt. Hierbei habe er die hälftigen Fixkosten abgezogen, die er alleine getragen habe. Der Beklagte müsse im Rahmen der Leistungsbewilligung berücksichtigen, dass er hinsichtlich der Nutzung der anderen Hälfte der Immobilie, die nicht in seinem Miteigentum stehe, eine Nutzungsentschädigung als Äquivalent einer Kaltmiete zu zahlen habe. Nach der Scheidung habe er keine Rechtsgrundlage mehr für die Verweigerung einer entsprechenden Entschädigung gesehen.
Der Kläger beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, ihm in Abänderung des Bescheides vom 27. November 2008 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 17. März 2009, beide in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. März 2009, als Kosten der Unterkunft für den Zeitraum November 2008 bis April 2009 monatlich weitere 124,83 Euro zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er bezieht sich auf die Begründung des angegriffenen Widerspruchsbescheides.
Das Gericht hat im Termin zur mündlichen Verhandlung Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugin M. G. zu dem Beweisthema: "Zahlung einer Nutzungsentschädigung für das Haus in G. durch den Kläger." Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die An-lage 1 zur Sitzungsniederschrift verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des Verwaltungsvorgangs des Beklagten hinsichtlich der BG-Nr. (zwei Bände) verwiesen, die - soweit maßgeblich - Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig und begründet.
Der Kläger hat den Streitgegenstand in zulässiger Weise auf die Kosten der Unterkunft beschränkt.
Der Kläger hat einen Anspruch auf Berücksichtigung der durch ihn an die Zeugin gezahlten Nutzungsentschädigung im Rahmen der Kosten der Unterkunft nach dem SGB II. Die in den angegriffenen Bescheiden enthaltene Ablehnung der Übernahme ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (vgl. § 54 Abs. 1, 2 und 4 Sozialgerichtsgesetz - SGG -).
Anspruchsgrundlage für die Berücksichtigung der Nutzungsentschädigung ist § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II in der zum streitgegenständlichen Zeitpunkt geltenden Fassung. Hiernach werden Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind. Für die Qualifizierung als tatsächliche Unterkunftskosten ist eine tatsächliche und eine rechtliche Verknüpfung der streitgegenständlichen Zahlungen mit den Unterkunftskosten erforderlich (vgl. LSG Chemnitz, Urteil vom 26.11.2009, - L 7 AS 219/08 -, zitiert nach juris). Der Anspruch der Zeugin als ehemalige Miteigentümerin des allein vom Kläger genutzten Hauses auf Zahlung einer Nutzungsentschädigung durch diesen folgt nach der Ehescheidung aus § 745 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Hiernach kann jeder Teilhaber eine dem Interesse aller Teilhaber nach billigem Ermessen entsprechende Verwaltung und Benutzung verlangen. Der Anspruch entsteht beispielsweise bei end-gültigem Auszug eines rechtskräftig geschiedenen Ehegatten aus der auf Grund gemein-schaftlichem Eigentum genutzten Wohnung ab dem ernsthaften Zahlungsverlangen (vgl. Sprau in: Palandt, BGB, 70. Auflage, München 2011, § 745 Rd.-Nr. 5). Zivilrechtlich ist in höchstrichterlicher Rechtsprechung anerkannt, dass in einem solchen Fall, wenn dem zurückbleibenden Ehegatten gegen Zahlung eines entsprechenden Entgeltes die Wohnung zur alleinigen Benutzung überlassen wird, in der Regel ein Mietverhältnis begründet wird (vgl. BGH, Urteil vom 04.02.1982, - IX ZR 88/80 -, Urteil vom 08.01.1969, - VIII ZR 184/66 - und Ur-teil vom 17.12.1973, – II ZR 59/72 -, alle zitiert nach juris; vgl. auch: Weidenkaff in Palandt, a. a. O., Einführung vor § 535 Rd.-Nr. 21). Jedenfalls aber ist ein mietähnlicher Charakter der Nutzungsentschädigung festzustellen, weswegen sie in vollem Umfang den Unterkunftskosten zuzurechnen ist (vgl. SG Dresden, Urteil vom 30.05.2011, - S 3 AS 2611/09 - sowie sogar zur Sondersituation des Getrenntlebens im Hinblick auf § 1361 b Abs. 3 BGB: SG Potsdam, Beschluss vom 08.09.2009, - S 19 AS 2765/09 ER -, beide zitiert nach juris). Die Zeugin hat in der Beweisaufnahme - auch vor dem Hintergrund der weiteren Scheidungsfolgevereinbarung in dem am 20. Mai 2009 vor dem Landgericht Potsdam geschlossenen Vergleich - ihr ernsthaftes Verlangen der Nutzungsentschädigung glaubhaft geschildert. Es entspricht auch der Billigkeit, dass einer von zwei Miteigentümern nicht entschädigungslos allein die Früchte des Miteigentums zieht, indem er – wie hier - alleine das im gemeinschaftlichen Eigentum stehende Haus nutzt. Der Kläger hat für den streitgegenständlichen Zeitraum durchgängig die tatsächliche Zahlung von 190,00 Euro als Nutzungsentschädigung an die Zeugin durch Vorlage der entsprechenden Kontoauszüge nachgewiesen. Der zugesprochene Betrag in Höhe von monatlich 124,83 Euro errechnet sich unter Abzug des im streitgegenständlichen Zeitraum monatlich durch den Beklagten gewährten Instandhaltungskostenzuschlags in Höhe von 65,17 Euro. Für den Erhalt des Instandhaltungskostenzuschlags bestand keine Rechtsgrundlage, weil es sich hierbei nicht um tatsächliche Aufwendungen, die im Bewilligungszeitraum zu entrichten waren, handelt (vgl. Gesetzeswortlaut und BSG, Urteil vom 03. März 2009, - B 4 AS 38/08 R -, zitiert nach juris). Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung angegeben, im streitigen Zeitraum keine tatsächlichen Aufwendungen für eine Instandsetzung oder Instandhaltung des Hauses gehabt zu haben. Hinsichtlich der Angemessenheit der Kosten der Unterkunft im Übrigen - auch unter Einschluss der zugesprochenen Nutzungsentschädigung - bestehen sogar unter Zugrundelegen der damals beim Beklagten geltenden Geschäftsanwei-sung Nr. 1 (Stand 01.08.2008) keine Bedenken.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Die Berufung war nicht zuzulassen, da der mögliche Wert des Beschwerdegegenstandes für die Beteiligten den Wert von 750,00 Euro nicht übersteigt (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG) und ein Zulassungsgrund nach § 144 Abs. 2 SGG nicht gegeben ist.
Rechtsmittelbelehrung:
Dieses Urteil kann nur dann mit der Berufung angefochten werden, wenn sie nachträglich zugelassen wird. Zu diesem Zweck kann die Nichtzulassung der Berufung mit der Beschwerde angefochten werden.
Die Berufung ist zuzulassen, wenn
• die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
• das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
• ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem
Landessozialgericht Berlin-Brandenburg Försterweg 2-6
14482 Potsdam,
schriftlich, in elektronischer Form oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten einzulegen.
Die Beschwerdeschrift soll das angefochtene Urteil bezeichnen und die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel angeben.
Die elektronische Form wird durch eine qualifizierte signierte Datei gewahrt, die nach den Maßgaben der Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr im Land Brandenburg vom 14. Dezember 2006 (GVBl. II S. 558) idF vom 1. Oktober 2007 (GVBl. II S. 425) in die elektronische Poststelle des jeweiligen Gerichts zu übermitteln ist. Nähere Hinweise zu den Kommunikationswegen für den elektronischen Rechtsverkehr können unter der Internetadresse www.erv.brandenburg.de abgerufen werden.
Rechtskraft
Aus
Login
BRB
Saved