L 3 AL 1427/12

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 11 AL 4731/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 AL 1427/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 29. März 2012 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Der Antrag, dem Kläger für das Berufungsverfahren Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwältin N., B., zu bewilligen, wird abgelehnt.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt den Erlass einer Forderung.

Der am 18.01.1975 geborene Kläger, der sich seit dem 13.09.2011 in Untersuchungshaft befindet, stand mit Unterbrechungen im langjährigen Bezug von Leistungen nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch (SGB III). Die Bewilligung von Arbeitslosengeld, das der Kläger bezogen hatte, wurde z.T. nachträglich aufgehoben und das gezahlte Arbeitslosengeld zurückgefordert. Zur beruflichen Wiedereingliederung gewährte die Beklagte dem Kläger ferner in den Jahren 2007 bis 2009 mehrfach Mobilitätshilfen in Form von Darlehen. Gegen die Rückforderung der Darlehensbeträge und die Aufhebung der Arbeitslosengeldbewilligung führte und führt der Kläger vor dem Sozialgericht Karlsruhe (SG) und dem Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) zahlreiche Rechtsstreitigkeiten gegen die Beklagte. Zum 06.10.2010 belief sich die (Rest-) Forderung der Beklagten gegen den Kläger u.a. auf Beträge von 1.465, 68 EUR und 4.645,80 EUR. Tilgungen auf die ursprünglich höheren Forderungen wurden seitens des Klägers nicht geleistet, weswegen die Beklagte in Zeiten, in denen der Kläger Arbeitslosengeld bezog, zuletzt bis zum 20.05.2011, gegen dieses aufgerechnet hatte. Die Aufrechnungen, die Anordnungen der sofortigen Vollziehbarkeit derselben waren und sind Gegenstand zahlreicher weiterer Verfahren des Klägers.

Am 28.09.2010 beantragte der Kläger den Erlass der "angeblichen" Ansprüche. Die Geltendmachung der Ansprüche sei, so der Kläger, offensichtlich unbillig, da die Forderungen zum Teil auf Versäumnissen der Beklagten beruhten, aufgrund eines laufenden Insolvenzverfahrens nicht einziehbar seien, seine Eingliederungsmöglichkeiten durch die Betreibung erheblich behindert würden und schließlich offen sei, ob die Forderungen aufgrund der von ihm erklärten Aufrechnungen nicht untergegangen seien. Ob die Forderungen bereits verjährt seien, habe er noch nicht geprüft.

Mit Bescheid vom 06.10.2010 lehnte die Beklagte den Erlass der Forderungen ab. Sie führte hierzu an, die Einziehung der bestehenden Forderungen sei nicht unbillig. Unbilligkeit liege dann nicht vor, wenn die Möglichkeit bestehe, mit Sozialleistungen aufzurechnen bzw. zu verrechnen. Da dies bis zur Grenze der Sozialhilfebedürftigkeit möglich sei, im Übrigen eine Existenzgefährdung nicht erkennbar sei, komme ein Erlass der Forderung nicht in Betracht.

Den hiergegen am 08. und erneut am 10.10.2010 unter der Begründung erhobenen Widerspruch, die Beklagte habe ihr Ermessen nicht ausgeübt und durch die laufende Aufrechnung werde Hilfebedürftigkeit i.S.d. Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (SGB II) verursacht, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 26.09.2011 zurück. Sie führte hierzu aus, die Einziehung der Forderungen sei weder aus persönlichen noch aus sachlichen Gründen unbillig. Der Einwand des Klägers, die Forderungen gründeten auf Versäumnissen der Beklagten, sei lediglich die Einschätzung des Klägers. Der Kläger habe im Rahmen der Rechtsstreitigkeiten gegen die Aufrechnungen seine Hilfebedürftigkeit nie belegt. Der zeitliche Ablauf seit der Entstehung der Forderungen gründe darin, dass der Kläger kaum Anstrengungen unternommen habe, die Forderungen zu begleichen. Soweit sich der Kläger auf den Einwand der Verjährung berufe, greife dieser nicht durch, weil die Verjährung durch die Einlegung der Rechtsbehelfe und -mittel gehemmt werde. Auch werde die wirtschaftliche Existenz durch die Beitreibung von Forderungen nicht gefährdet, da der Lebensunterhalt des Klägers durch SGB II- Leistungen gesichert werde.

Bereits am 07.04.2011 erhob der Kläger "Klage" und "Untätigkeitsklage" beim Oberlandesgericht Karlsruhe erhoben, die von dort am 13.04.2011 an das SG weitergeleitet wurde - S 11 AL 1586/11 -, mit der er u.a. die Verbescheidung seines Antrages und den Erlass der Forderung geltend machte. Das SG wies die Klage mit Gerichtsbescheid vom 13.10.2011 ab. Die vom Kläger hiergegen eingelegte Berufung wies der erkennende Senat mit Urteil vom 18.07.2012 - L 3 AL 4999/11 - zurück.

Am 21.11.2011 hat der Kläger erneut Klage zum SG erhoben, mit der er die Aufhebung des Widerspruchsbescheides vom 26.09.2011 und den Erlass der Forderungen, hilfsweise eine erneute Verbescheidung geltend gemacht hat. Eine Ermessensausübung durch die Beklagte sei nicht ersichtlich. Die Forderungen seien zu erlassen, weil sie durch Aufrechnung untergegangen seien, offensichtlich unberechtigt seien, ihm die Existenzgrundlage entzögen, seine Eingliederung in Arbeit endgültig vereitelt hätten und er nach Ende seiner Haftstrafe auf ungekürzte Leistungen angewiesen sei. Im Übrigen sei das Verfahren an das örtliche und sachlich zuständige Sozialgericht Stuttgart zu verweisen.

Die Beklagte ist der Klage unter Verweis auf den Inhalt des angefochtenen Widerspruchsbescheides entgegen getreten.

Nach Anhörung der Beteiligten (Schreiben vom 23.01.2012, dem Kläger zugestellt am 31.01.2012) hat das SG die Klage mit Gerichtsbescheid vom 29.03.2012 abgewiesen. Zu Begründung seiner Entscheidung hat es ausgeführt, dass der Rechtsstreit nicht an das Sozialgericht Stuttgart zu verweisen sei, weil sich der Kläger zum Zeitpunkt der Klageerhebung erst zwei Monate in Untersuchungshaft befunden habe und er deswegen weiterhin seinen Wohn- und Aufenthaltsort in Engelsbrand habe. Dem Antrag auf Übersendung einer Kopie der Akten sei nicht zu entsprechen, da der Kläger seinen Antrag nicht auf bestimmte Akteninhalte konkretisiert habe. Ebenso sei dem Antrag auf Akteneinsicht nicht zu entsprechen, da dieser rechtsmissbräuchlich sei. Auch inhaltlich führe die Klage für den Kläger nicht zum Erfolg. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Erlass der Forderungen Nach § 76 Abs. 2 Nr. 3 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) dürfe der Versicherungsträger Ansprüche nur erlassen, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falles unbillig wäre. Der Beklagte sehe insofern einen Ermessenspielraum zu. Für eine Ermessensreduktion auf Null bestünden keine Anhaltspunkte. Der Kläger habe nicht dargelegt, dass lediglich ein Forderungserlass eine ermessensfehlerfreie Entscheidung wäre. Da die Entscheidung der Beklagten keine Ermessensfehler erkennen lasse, besteht auch kein Anspruch auf Neubescheidung des Antrages vom 28.09.2010.

Gegen den am 02.04.2012 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 03.04.2012 Berufung eingelegt. Zu deren Begründung bringt er vor, mangels Begründung könne ausgeschlossen werden, dass die Beklagte ihr Ermessen ausgeübt habe. Das Sozialgericht Stuttgart habe in anderen Verfahren seine Zuständigkeit bejaht, weswegen die Zuständigkeit des SG nicht gegeben sei. Akteneinsicht sei zu gewähren gewesen. Das SG habe es unterlassen, ihn zur Entscheidung im Wege eines Gerichtsbescheides anzuhören.

Der Kläger beantragt (zweckdienlich gefasst),

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 29. März 2012 aufzuheben und das Verfahren an das Sozialgericht Stuttgart (zurück) zu verweisen,

hilfsweise,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 29. März 2012 und den Bescheid der Beklagten vom 06. Oktober 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26. September 2011 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Forderungen zu erlassen, hilfsweise zu stunden.

Die Beklagte hat sich im Berufungsverfahren nicht geäußert.

Der Senat hat dem Kläger die Möglichkeit eröffnet, Einsicht in die Verfahrens- und Verwaltungsakten zu nehmen, indem er die Akten in die Justizvollzugsanstalt S. übersandt hat. Der Kläger hat hiervon am 15.08.2012 Gebrauch gemacht.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz, die bei der Beklagten für den streitgegenständlichen Vorgang geführte Verwaltungsakte, welche Gegenstand der mündlichen Verhandlung vom 19.09.2012 wurden, sowie die Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 19.09.2012 verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung führt für den Kläger nicht zum Erfolg.

Der Senat konnte über die Berufung entscheiden, obschon der sich in Untersuchungshaft befindliche Kläger zu der mündlichen Verhandlung am 19.09.2012 nicht erschienen ist (vgl. Urteil des erkennenden Senats vom 21.09.2011 - L 3 AL 2514/10 -, Urteil vom 19.10.2011 - L 3 AL 3913/11 -; Beschlüsse des Bundessozialgerichts [BSG] vom 12.03.2012 in den vom Kläger dort betriebenen Verfahren - B 11 AL 43/11 BH - und - B 11 AL 44/11 BH -). Es obliegt grds. dem Kläger selbst, gegenüber der Leitung der Justizvollzugsanstalt die Teilnahme an einem gerichtlichen Termin zu beantragen. Auf einen entsprechenden Antrag, auf den der Kläger mit gerichtlichem Schreiben vom 10.08.2012 durch den Senat hingewiesen wurde, entscheidet die Anstaltsleitung, ob sie dem Gefangenen Ausgang oder Urlaub erteilt oder ihn ausführen lässt. Hiernach kann sich der Senat bei Anberaumung eines Termins zur mündlichen Verhandlung darauf beschränken, einen Gefangenen nach § 110 SGG zum Termin zu laden und es dabei dem Gefangenen überlassen, durch entsprechende Anträge bei der Strafvollzugsbehörde für seine Teilnahme an der mündlichen Verhandlung Sorge zu tragen. Erscheint der Gefangene nicht zum Termin zur mündlichen Verhandlung, so ist er, wenn, wie vorliegend das persönliche Erscheinen nicht angeordnet war, wie jeder andere Prozessbeteiligte zu behandeln, dem das Erscheinen zur mündlichen Verhandlung freigestellt worden ist (vgl. BSG, Urteil vom 21.06.1983 - 4 RJ 3/83 - veröffentlicht in juris). Da der Kläger schließlich in der ordnungsgemäß zugestellten Terminsmitteilung darauf hingewiesen wurde, dass auch in seiner Abwesenheit verhandelt und entschieden werden kann (§§ 153 Abs. 1, 110 Abs. 1 Satz 2 SGG), war der Senat durch die Abwesenheit des Klägers nicht an einer Entscheidung über die Berufung gehindert.

Die form- und fristgerecht eingelegte (vgl. § 151 Abs. 1 SGG) Berufung ist zulässig, in der Sache jedoch unbegründet.

Der Senat war nicht verpflichtet, dem Kläger, wie von ihm beantragt, eine Kopie der Verfahrens- und Verwaltungsakte zu fertigen und zur Verfügung zu stellen. Der Antrag ist, da der Kläger eine Kopie der gesamten Akte begehrt hat, ohne ihn auf konkrete Aktenteile zu begrenzen, rechtsmissbräuchlich (Beschluss des erkennenden Senats vom 29.06.2011 - L 3 AL 1928/11 B -; Urteile des erkennenden Senats vom 21.09.2011, - L 3 AL 2514/10 -, - L 3 AL 2521/10 -). Der Senat hat dem Kläger stattdessen die Möglichkeit eröffnet, Einsicht in die Verfahrens- und Verwaltungsakten zu nehmen, indem er die Akten in die Justizvollzugsanstalt S. übersandt hat. Der Kläger hat hiervon Gebrauch gemacht. Auch dem Antrag, der Beklagten nach § 202 SGG i.V.m. §§ 423 ff Zivilprozessordnung (ZPO) aufzugeben, Kopien der Bescheide, der Verwaltungsakte und sonstiger Unterlagen vorzulegen, ist nicht zu entsprechen, da, ungeachtet der Frage, ob die angeführten Regelungen der ZPO im sozialgerichtlichen Verfahren anzuwenden sind, durch sie lediglich eine Verpflichtung des Prozessgegners zur Vorlage von Urkunden begründet wird. Da die Beklagte jedoch die Akten bereits vorgelegt hat und eine Verpflichtung zur Überlassung von Kopien der Urkunden in den §§ 423 ff ZPO nicht normiert ist, sind dem Kläger auch nicht nach § 202 SGG i.V.m. §§ 423 ff ZPO Kopien zu überlassen.

Der Rechtsstreit ist nicht, wie klägerseits beantragt, an das Sozialgericht Stuttgart (zurück) zu verweisen. Gemäß § 159 Abs. 1 Nr. 2 SGG in der ab dem 01.01.2012 geltenden Fassung des Vierten Gesetzes zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 22.12.2011 (BGBl. I S.3057) kann das Landessozialgericht durch Urteil die angefochtene Entscheidung aufheben und die Sache an das Sozialgericht zurückverweisen, wenn das Verfahren an einem wesentlichen Mangel leidet und auf Grund dieses Mangels eine umfangreiche und aufwändige Beweisaufnahme notwendig ist. Ein wesentlicher Mangel des Verfahrens, der zur Zurückverweisung an das SG führen könnte, liegt vor, wenn gegen eine das Gerichtsverfahren regelnde Vorschrift verstoßen wurde und die Entscheidung des Sozialgerichts hierauf beruhen kann. Das Landessozialgericht entscheidet bei Vorliegen eines Mangels nach seinem pflichtgemäßen Ermessen, ob es in der Sache selbst entscheidet oder zurückverweisen will. Eine Verpflichtung zur Zurückverweisung besteht auch bei Vorliegen eines wesentlichen Mangels des Verfahrens nicht (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 17.02.1956 - 6 RKa 14/55 - veröffentlicht in juris). Der angefochtene Gerichtsbescheid des SG ist jedoch nicht mit einem wesentlichen Mangels des Verfahrens behaftet, er ist verfahrensfehlerfrei zustande gekommen. Das SG hat den Kläger, entgegen seinem Vorbringen, zur beabsichtigten Entscheidung im Wege eines Gerichtsbescheides angehört. Das gerichtliche Anhörungsschreiben vom 23.01.2012 wurde dem Kläger ausweislich der aktenkundigen Postzustellungsurkunde am 31.01.2012 zugestellt. Da der Kläger im unmittelbaren zeitlich Nachgang hierzu, mit Schreiben vom 31.01.2012, die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt hat, zeigt dem Senat, dass der Kläger die Anhörungsmitteilung erhalten und auch zur Kenntnis genommen hat. Der Umstand, dass das SG, trotz des Antrages des Klägers, eine mündliche Verhandlung durchzuführen, über die Klage im Wege eines Gerichtsbescheides entschieden hat, ist nicht zu beanstanden, da der Kläger keinerlei Gründe für die Durchführung einer mündlichen Verhandlung dargelegt hat und die Sache keine besondere Schwierigkeit in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht aufgewiesen hat. Die Ermessensentscheidung des SG ist mithin nicht fehlerhaft.

Ein Verfahrensfehler, der zur Zurückverweisung an das Sozialgericht führen könnte, liegt auch nicht darin begründet, dass dem Kläger keine Akteneinsicht gewährt worden ist, da ihm diese zwischenzeitlich durch den Senat gewährt worden ist. Ein Verfahrensfehler im Hinblick auf die beantragte Akteneinsicht würde überdies eine Zurückverweisung nicht nach sich ziehen, da der Rechtsstreit in der Sache entscheidungsreif (vgl. Keller in Mayer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10.Aufl., § 159, Rn. 5 ff) und eine Beweisaufnahme nicht erforderlich ist.

Auch darin, dass das SG seine örtliche Zuständigkeit angenommen und den Rechtsstreit nicht an das Sozialgericht Stuttgart verwiesen hat, liegt kein Verfahrensfehler begründet, der zur Zurückverweisung des Rechtsstreits führen würde, da mit einem Rechtsmittel gegen eine Entscheidung in der Sache die Unzuständigkeit des erstinstanzlichen Gerichts nicht mehr gerügt werden kann (vgl. § 98 Satz 1 SGG i.V.m. § 17a Abs. 5 Gerichtsverfassungsgesetz [GVG]).

Ungeachtet dessen könnte das Verfahren nur an das Sozialgericht zurückverwiesen werden, das in erster Instanz entschieden hat, vorliegend das SG Karlsruhe. Eine Zurückverweisung an ein anderes Sozialgericht, wie vom Kläger beantragt, ist nicht möglich (Keller, a.a.O., § 159, Rn. 5e).

Auch soweit der Kläger mit der Berufung sein inhaltliches Begehren weiterverfolgt ist die Berufung unbegründet. Das SG hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Die Klage war bereits wegen anderweitiger Rechtshängigkeit unzulässig. Gemäß § 202 SGG i.V.m. § 17 Abs. 1 Satz 2 GVG kann während der Rechtshängigkeit die Sache von keiner Partei anderweitig anhängig gemacht werden. Hintergrund dessen ist der Rechtsgrundsatz, dass über einen Streitgegenstand zwischen denselben Beteiligten nur eine gerichtliche Entscheidung ergehen darf. Als der vorliegende Rechtsstreit beim SG am 21.11.2011 anhängig und damit gemäß § 94 Abs. 1 SGG rechtshängig geworden ist, ist die Sache bereits rechtshängig gewesen, da der Kläger bereits im Verfahren vor dem SG - S 11 AL 1586/11 - die Verurteilung der Beklagten, die Forderungen zu erlassen, gerichtlich am 07.04.2011 geltend gemacht hat. Der Widerspruchsbescheid vom 26.09.2011 ist gemäß § 96 Abs. 1 SGG Gegenstand des dortigen Verfahrens geworden. Eine (neuerliche) Klage war daher bereits wegen anderweitiger Rechtshängigkeit unzulässig. Hieraus folgt, dass der Kläger auch mit seinem Hilfsantrag, seinen Antrag neu zu bescheiden, nicht durchdringt. Ergänzend weist der Senat unter Bezugnahme auf sein Urteil vom 18.07.2012 - L 3 AL 4999/11 - darauf hin, dass die Entscheidung der Beklagten, die Forderung nicht zu erlassen, nicht zu beanstanden ist, da bereits eine unbillige Härte in der Person des Klägers oder aus sachlichen Gründen nicht besteht und eine Ermessensentscheidung der Beklagten daher nicht erforderlich war.

Soweit der Kläger (erstmalig) mit der Berufung auch die Verurteilung der Beklagten zur Stundung geltend macht, liegt hierin, da ein neuer Streitgegenstand betroffen ist, eine Klageänderung i.S.d. § 99 Abs. 1 SGG. Diese ist zwar grundsätzlich auch während des Berufungsverfahrens möglich; da die Beklagte jedoch nicht eingewilligt hat und die Klageänderung nicht sachdienlich ist (vgl. § 99 Abs. 1 SGG), ist die Klageänderung unzulässig.

Die Berufung ist zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.

Der Antrag, dem Kläger für das Berufungsverfahren Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwältin N., B. zu bewilligen, war abzulehnen, da die Rechtsverfolgung des Klägers keine hinreichende Aussicht auf Erfolg versprach (§ 73a Abs. 1 Satz 1 SGG, § 114 ZPO). Dies konnte vorliegend im Rahmen der Entscheidung in der Hauptsache erfolgen, da nicht ersichtlich ist, dass bei einer zeitlich vorgelagerten Entscheidung über den PKH- Antrag, ausgehend vom Sach- und Streitstand zum Zeitpunkt von dessen Bewilligungsreife eine hinreichende Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung zu bejahen gewesen wäre (vgl. BSG, Beschluss vom 04.12.2007 - B 2 U 165/06 B veröffentlicht in juris).

Die Ablehnung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist unanfechtbar (vgl. § 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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