Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 11 AL 2036/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 AL 2022/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 18. April 2012 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Der Antrag, dem Kläger für das Berufungsverfahren Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwältin N., B., zu bewilligen, wird abgelehnt.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich im vorliegenden Verfahren gegen eine vermeintliche Untätigkeit eines Mitarbeiters der Beklagten. Ferner macht er die Rücknahme eines Antrages auf Bewilligung von Arbeitslosengeld und die Feststellung der Rechtswidrigkeit des Verhaltens der Beklagten geltend.
Der am 18.01.1975 geborene Kläger, der sich seit dem 13.09.2011 in Untersuchungshaft befindet, stand mit Unterbrechungen im langjährigen Bezug von Leistungen nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch (SGB III). Er führte und führt deswegen vor dem Sozialgericht Karlsruhe (SG) und dem Landessozialgericht Baden-Württemberg zahlreiche Rechtsstreitigkeiten gegen die Beklagte.
Nachdem der Kläger ab Juni 2009 einer selbständigen Tätigkeit nachgegangen war, beantragte er am 19.09.2010 - nach deren Aufgabe - bei der Beklagten die Gewährung von Arbeitslosengeld. Am 20.09.2010 meldete er sich persönlich mit Wirkung zum 18.09.2010 arbeitslos. Mit Bescheid vom 30.09.2010 bewilligte die Beklagte dem Kläger Arbeitslosengeld ab dem 18.09.2010 für 180 Kalendertage in Höhe eines täglichen Leistungsbetrages von 34,01 EUR. Die Leistungsgewährung erfolgte auf Grundlage von § 328 SGB III vorläufig. Der Kläger bezog hiernach Arbeitslosengeld bis zum 31.01.2011.
Per e-mail vom 16.03.2011 führte der Kläger gegenüber der Beklagten an, über seinen Antrag auf Arbeitslosengeld sei nie abschließend entschieden worden, weswegen er den Antrag rückwirkend zum 31.10.2010 nach § 118 Abs. 2 SGB III zurück nehme.
Mit Bescheid vom 28.03.2011 entschied die Beklagte, die Rücknahme des Arbeitslosengeldantrages sei nicht mehr möglich. Das Dispositionsrecht nach § 118 Abs. 2 SGB III ende mit der Entscheidung über den Antrag. Auch eine vorläufige Entscheidung nach § 328 SGB III entscheide über den Anspruch, weswegen eine Rücknahme nicht mehr möglich sei. Den hiergegen eingelegten Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 05.05.2011 zurück. Sie begründete ihre Entscheidung ergänzend damit, dass die Entstehung des Stammrechts auf Arbeitslosengeld am 18.09.2010 dem Willen des Klägers entsprochen habe, da dieser schon am 22.09.2010 bei SG einen Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes mit dem Ziel der Gewährung von Arbeitslosengeld ab dem 18.09.2010 gestellt habe.
Per e-Mail vom 04.03.2011 wandte sich der Kläger an die Beklagte und brachte vor, er habe bei Durchsicht des e-mail-Verkehrs seit September 2009 festgestellt, dass sich eine Menge unbearbeiteter Anträge angesammelt habe. Er erhebe daher Widerspruch gegen die Untätigkeit des Sachbearbeiters Schumann. Mit Widerspruchsbescheid vom 26.04.2011 verwarf die Beklagte den Widerspruch als unzulässig. Ein Widerspruchsverfahren werde nur eröffnet, wenn ein rechtswirksamer Verwaltungsakt ergangen sei. Ein solcher sei gegenüber dem Kläger jedoch nicht erlassen worden. Die Möglichkeit eines Widerspruchs wegen einer Untätigkeit sehe das Gesetz nicht vor.
Am 09.05.2011 hat der Kläger gegen die Widerspruchsbescheide der Beklagten vom 26.04. und vom 05.05.2011 Klage zum SG erhoben, zu deren Begründung er auf seine Ausführungen in den Widerspruchsverfahren verwiesen hat.
Die Beklagte ist der Klage entgegen getreten.
Nach Anhörung der Beteiligten (gerichtliches Schreiben vom 31.05.2011, dem Kläger am 06.06.2011 zugestellt) hat das SG die Klage mit Gerichtsbescheid vom 18.04.2012 abgewiesen. Zur Begründung seiner Entscheidung hat es ausgeführt, dass ein Befangenheitsgesuch des Klägers, das dieser während des Verfahrens am 30.08.2011 gestellt habe, es nicht daran hindere, in der Sache zu entscheiden, da es offensichtlich rechtsmissbräuchlich sei. Auch sei der Antrag des Klägers, ihm Kopien der Akten zu überlassen, abzulehnen, da der Antrag nicht auf einzelne Bestandteile konkretisiert gewesen sei. Inhaltlich sei das Begehren, soweit es sich gegen den Widerspruchsbescheid vom 26.04.2011 richte, bereits unzulässig, weil die Beklagte dem Kläger gegenüber keinen mit einem Widerspruch anfechtbaren Verwaltungsakt erlassen habe. Soweit der Kläger die Rücknahme seines Antrages auf Arbeitslosengeld geltend mache, sei die Klage unbegründet, da der Antrag auf Arbeitslosengeld nur bis zu einer Entscheidung über den Anspruch, die auch durch eine vorläufige Entscheidung getroffen werde, zurückgenommen werden könne. Im Übrigen sei das Feststellungsbegehren des Klägers unzulässig.
Gegen den am 23.04.2012 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 15.05.2012 Berufung eingelegt. Das SG habe § 60 und § 120 Sozialgerichtsgesetz (SGG) verletzt. Das SG sei örtlich nicht zuständig gewesen, da er seinen Wohnsitz infolge seiner Inhaftierung in Stuttgart habe. Wenn die Beklagte einen Widerspruch als unzulässig betrachte, dürfe sie keinen Widerspruchsbescheid erlassen. § 118 Abs. 2 SGB III lasse die Rücknahme eines Antrages auf Arbeitslosengeld bis zu einer bestandskräftigen Entscheidung in der Sache zu. Eine vorläufige Bewilligung stehe einer Rücknahme nicht entgegen. Im Hinblick auf Folgestreitigkeiten sei das Feststellungsbegehren zulässig und begründet.
Der Kläger beantragt (teilweise zweckdienlich gefasst),
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 18. April 2012 aufzuheben und das Verfahren an das Sozialgericht Stuttgart (zurück) zu verweisen,
hilfsweise,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 18. April 2012 und den Widerspruchsbescheid vom 26. April 2011 aufzuheben sowie den Bescheid vom 28. März 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 05. Mai 2011 aufzuheben und festzustellen, dass der Antrag auf Arbeitslosengeld vom 19. September 2010 wirksam zurückgenommen wurde und festzustellen, dass das Verhalten der Beklagten rechtswidrig gewesen ist.
Die Beklagte hat sich im Berufungsverfahren inhaltlich nicht geäußert.
Der Senat hat dem Kläger ferner die Möglichkeit eröffnet, Einsicht in die Verfahrens- und Verwaltungsakten zu nehmen, indem er die Akten in die Justizvollzugsanstalt S. übersandt hat. Der Kläger hat hiervon am 15.08.2012 Gebrauch gemacht.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz, die bei der Beklagten für den streitgegenständlichen Vorgang geführte Verwaltungsakte, welche Gegenstand der mündlichen Verhandlung vom 19.09.2012 wurden, sowie die Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 19.09.2012 verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung führt für den Kläger nicht zum Erfolg.
Der Senat konnte über die Berufung entscheiden, obschon der sich in Untersuchungshaft befindliche Kläger zu der mündlichen Verhandlung am 19.09.2012 nicht erschienen ist (vgl. Urteil des erkennenden Senats vom 21.09.2011 - L 3 AL 2514/10 -, Urteil vom 19.10.2011 - L 3 AL 3913/11 -; Beschlüsse des Bundessozialgerichts [BSG] vom 12.03.2012 in den vom Kläger dort betriebenen Verfahren - B 11 AL 43/11 BH - und - B 11 AL 44/11 BH -). Es obliegt grds. dem Kläger selbst, gegenüber der Leitung der Justizvollzugsanstalt die Teilnahme an einem gerichtlichen Termin zu beantragen. Auf einen entsprechenden Antrag, auf den der Kläger mit gerichtlichem Schreiben vom 10.08.2012 durch den Senat hingewiesen wurde, entscheidet die Anstaltsleitung, ob sie dem Gefangenen Ausgang oder Urlaub erteilt oder ihn ausführen lässt. Hiernach kann sich der Senat bei Anberaumung eines Termins zur mündlichen Verhandlung darauf beschränken, einen Gefangenen nach § 110 SGG zum Termin zu laden und es dabei dem Gefangenen überlassen, durch entsprechende Anträge bei der Strafvollzugsbehörde für seine Teilnahme an der mündlichen Verhandlung Sorge zu tragen. Erscheint der Gefangene nicht zum Termin zur mündlichen Verhandlung, so ist er, wenn, wie vorliegend das persönliche Erscheinen nicht angeordnet war, wie jeder andere Prozessbeteiligte zu behandeln, dem das Erscheinen zur mündlichen Verhandlung freigestellt worden ist (vgl. BSG, Urteil vom 21.06.1983 - 4 RJ 3/83 - veröffentlicht in juris). Da der Kläger schließlich in der ordnungsgemäß zugestellten Terminsmitteilung darauf hingewiesen wurde, dass auch in seiner Abwesenheit verhandelt und entschieden werden kann (§§ 153 Abs. 1, 110 Abs. 1 Satz 2 SGG), war der Senat durch die Abwesenheit des Klägers nicht an einer Entscheidung über die Berufung gehindert.
Der Senat war nicht verpflichtet, dem Kläger, wie von ihm beantragt, eine Kopie der Verfahrens- und Verwaltungsakte zu fertigen und zur Verfügung zu stellen. Der Antrag ist, da der Kläger eine Kopie der gesamten Akte begehrt hat, ohne ihn auf konkrete Aktenteile zu begrenzen, rechtsmissbräuchlich (Beschluss des erkennenden Senats vom 29.06.2011 - L 3 AL 1928/11 B -; Urteile des erkennenden Senats vom 21.09.2011, - L 3 AL 2514/10 -, - L 3 AL 2521/10 -). Der Senat hat dem Kläger stattdessen die Möglichkeit eröffnet, Einsicht in die Verfahrens- und Verwaltungsakten zu nehmen, indem er die Akten in die Justizvollzugsanstalt S. übersandt hat. Der Kläger hat hiervon Gebrauch gemacht. Auch dem Antrag, der Beklagten nach § 202 SGG i.V.m. §§ 423 ff Zivilprozessordnung (ZPO) aufzugeben, Kopien der Bescheide, der Verwaltungsakte und sonstiger Unterlagen vorzulegen, ist nicht zu entsprechen, da, ungeachtet der Frage, ob die angeführten Regelungen der ZPO im sozialgerichtlichen Verfahren anzuwenden sind, durch sie lediglich eine Verpflichtung des Prozessgegners zur Vorlage von Urkunden begründet wird. Da die Beklagte jedoch die Akten bereits vorgelegt hat und eine Verpflichtung zur Überlassung von Kopien der Urkunden in den §§ 423 ff ZPO nicht normiert ist, sind dem Kläger auch nicht nach § 202 SGG i.V.m. §§ 423 ff ZPO Kopien zu überlassen.
Die form- und fristgerecht eingelegte (vgl. § 151 Abs. 1 SGG) Berufung ist zulässig, in der Sache jedoch unbegründet. Das SG hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen.
Der Rechtsstreit ist nicht, wie klägerseits beantragt, an das Sozialgericht Stuttgart zurückzuverweisen. Gemäß § 159 Abs. 1 Nr. 2 SGG in der ab dem 01.01.2012 geltenden Fassung des Vierten Gesetzes zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 22.12.2011 (BGBl. I S.3057) kann das Landessozialgericht durch Urteil die angefochtene Entscheidung aufheben und die Sache an das Sozialgericht zurückverweisen, wenn das Verfahren an einem wesentlichen Mangel leidet und auf Grund dieses Mangels eine umfangreiche und aufwändige Beweisaufnahme notwendig ist. Ein wesentlicher Mangel des Verfahrens, der zur Zurückverweisung an das SG führen könnte, liegt vor, wenn gegen eine das Gerichtsverfahren regelnde Vorschrift verstoßen wurde und die Entscheidung des Sozialgerichts hierauf beruhen kann. Das Landessozialgericht entscheidet bei Vorliegen eines Mangels nach seinem pflichtgemäßen Ermessen, ob es in der Sache selbst entscheidet oder zurückverweisen will. Eine Verpflichtung zur Zurückverweisung besteht auch bei Vorliegen eines wesentlichen Mangels des Verfahrens nicht (vgl. BSG, Urteil vom 17.02.1956 - 6 RKa 14/55 - veröffentlicht in juris). Ungeachtet dessen, dass der vom Kläger angeführte Verfahrensfehler, die Selbstentscheidung des SG über die Befangenheitsgesuche, wie der Senat in den zahlreichen Verfahren des Klägers bereits vielfach entschieden hat, nicht vorliegt, würde dieser eine Zurückverweisung nicht nach sich ziehen, da der Rechtsstreit in der Sache entscheidungsreif ist (vgl. Keller in Mayer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10.Aufl., § 159, Rn. 5 ff) und eine Beweisaufnahme nicht erforderlich wäre. Dies gilt gleichermaßen, soweit der Kläger anführt, ihm sei keine Akteneinsicht gewährt worden. Diesbezüglich wurde dem Kläger überdies durch den Senat Akteneinsicht ermöglicht. Die Ablehnung des Antrages, dem Kläger Kopien der Akteninhalte zu überlassen ist, wie der Senat gegenüber dem Kläger bereits vielfach entschieden hat, nicht zu beanstanden.
Auch darin, dass das SG seine örtliche Zuständigkeit angenommen und den Rechtsstreit nicht an das Sozialgericht Stuttgart verwiesen wird, liegt kein Verfahrensfehler begründet, der zur Zurückverweisung des Rechtsstreits führen würde, da mit einem Rechtsmittel gegen eine Entscheidung in der Sache die Unzuständigkeit des erstinstanzlichen Gerichts nicht mehr gerügt werden kann (vgl. § 98 Satz 1 SGG i.V.m. § 17a Abs. 5 Gerichtsverfassungsgesetz).
Ungeachtet hiervon, könnte das Verfahren nur an das Sozialgericht zurückverwiesen werden, das in erster Instanz entschieden hat, vorliegend das SG. Eine Zurückverweisung an ein anderes Sozialgericht, wie vom Kläger beantragt, an das Sozialgericht Stuttgart, ist nicht möglich (Keller, a.a.O., § 159, Rn. 5e).
Auch soweit der Kläger mit der Berufung sein inhaltliches Begehren weiterverfolgt ist die Berufung unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der vom Kläger angefochtene Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 26.04.2011 ist rechtmäßig. Die Beklagte hat den Widerspruch des Klägers gegen die Untätigkeit des Sachbearbeiters Schumann zu Recht als unzulässig verworfen, da nur ein Verwaltungsakt i.S.d. § 31 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch Gegenstand eines Widerspruchsverfahrens sein kann. Da ein solcher nicht ergangen ist, war der Widerspruch des Klägers unzulässig. Die Möglichkeit, Widerspruch gegen eine vermeintliche Untätigkeit zu erheben, ist gesetzlich nicht vorgesehen. Soweit der Kläger einwendet, ein Widerspruchsbescheid hätte nicht ergehen dürfen, wenn die Beklagte den Widerspruch für unzulässig erachtet, so verkennt er, dass die Widerspruchsbehörde, vorliegend die Beklagte (vgl. § 85 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SGG), über den Widerspruch entscheiden muss, wenn sich das Widerspruchsverfahren nicht erledigt hat (z.B. durch Zurücknahme des Widerspruchs, Vergleich, Erledigung der Hauptsache oder vollständige Abhilfe) (Leitherer in Meyer-Ladewig/ Keller/ Leitherer, a.a.O., § 85, Rn. 7).
Auch der Bescheid der Beklagten vom 28.03.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.05.2011 ist rechtmäßig. Die Beklagte hat zutreffend entschieden, dass der Antrag auf Gewährung von Arbeitslosengeld vom 19.09.2010 nicht mehr zurückgenommen werden konnte.
Das Stammrecht des Klägers auf Arbeitslosengeld nach §§ 117 Abs. 1 Nr. 1, 118 Abs. 2 SGB III in der bis zum 31.03.2012 geltenden Fassung (a.F.) ist vorliegend am 18.09.2010 entstanden, da er ab diesem Zeitpunkt arbeitslos war, sich unter Berücksichtigung von § 122 Abs. 3 SGB III a.F. wirksam zum 18.09.2010 arbeitslos gemeldet und die Anwartschaftszeit erfüllt hat.
Zwar kann der Arbeitnehmer gemäß § 118 Abs. 2 SGB III a.F. bis zur Entscheidung über den Anspruch bestimmen, dass dieser nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt entstehen soll, der Kläger hat jedoch bis zur erstmaligen Entscheidung über den Anspruch auf Arbeitslosengeld gegenüber der Beklagten keinen Gebrauch von dem seit dem 01.01.2005 bestehenden Bestimmungsrecht gemacht. Die Entscheidung über den Anspruch ist, entgegen dem Vorbringen des Klägers, wie vom SG zutreffend entschieden, in der vorläufigen Bewilligung nach § 328 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB III a.F. mit Bescheid vom 30.09.2010 zu sehen (so auch Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 29.01.2007 - L 1 AL 62/06 - veröffentlicht in juris), da hierin über das Entstehen des Anspruchs auf Arbeitslosengeld entschieden wurde.
Eine hiervon abweichende Beurteilung ergibt sich vorliegend auch nicht unter Heranziehung der Grundsätze über den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch. Zwar ist anerkannt, dass es auch schon vor Inkrafttreten des § 118 Abs. 2 SGB III zu den Pflichten der Beklagten gehörte, den Arbeitslosen über die Möglichkeit zu beraten, die Modalitäten des Arbeitslosengeldanspruchs, insb. im Hinblick auf gesetzlich zulässige Dispositionen zu gestalten (BSG, Urteil vom 05.09.2006 - B 7a AL 70/05 R - veröffentlicht in juris) und diese Verpflichtung in besonderer Weise seit dem Inkrafttreten des § 118 Abs. 2 SGB III a.F. besteht und in geeigneten Fällen auch spontan über das Bestimmungsrecht nach § 118 Abs. 2 SGB III zu beraten ist (ebenso Spellbrink in Eicher/Schlegel, SGB III, § 118 Rn. 33). Jedoch bestand vorliegend für die Beklagte keinerlei Anlass, den Kläger spontan, d.h. bis zur Entscheidung über den Arbeitslosengeldanspruch zu beraten. Wenn der Kläger, wie vorliegend, parallel zum Antrag, um gerichtlichen Eilrechtsschutz nachsucht, um den Anspruch möglichst schnell zu realisieren, macht er unzweideutig klar, dass er Arbeitslosengeld ab dem frühest möglichen Zeitpunkt begehrt. Wenn der Kläger im weiteren Verlauf, vorliegend sogar nachdem der Leistungsbezug wegen einer Arbeitsaufnahme beendet war, eine Rücknahme des Antrags geltend macht bzw. sein Bestimmungsrecht ausüben (will), ist das vom Kläger hiermit offensichtlich verfolgte Ziel, den Verbrauch des Arbeitslosengeldanspruchs zu beseitigen, die ihm gewährten Leistungen unter Verweis auf fehlende finanzielle Möglichkeit indes zu behalten, in keiner Weise geeignet, eine Verletzung der Beratungspflichten der Beklagten zu begründen.
Demnach konnte der Kläger seinen Antrag auf Arbeitslosengeld vom 19.09.2010 nicht mehr wirksam zurücknehmen; der Bescheid der Beklagten vom 18.03.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.05.2011 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.
Soweit der Kläger schließlich die Feststellung der Rechtswidrigkeit des Verhaltens der Beklagten begehrt, war die Klage, wie vom SG zutreffend entschieden, in Ermangelung eines Feststellungsinteresses i.S.d. § 55 Abs. 1 SGG bereits unzulässig.
Die Berufung ist hiernach zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.
Der Antrag, dem Kläger für das Berufungsverfahren Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwältin N., B. zu bewilligen, war abzulehnen, da die Rechtsverfolgung des Klägers keine hinreichende Aussicht auf Erfolg versprach (§ 73a Abs. 1 Satz 1 SGG, § 114 ZPO). Dies konnte vorliegend im Rahmen der Entscheidung in der Hauptsache erfolgen, da nicht ersichtlich ist, dass bei einer zeitlich vorgelagerten Entscheidung über den PKH- Antrag, ausgehend vom Sach- und Streitstand zum Zeitpunkt von dessen Bewilligungsreife eine hinreichende Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung zu bejahen gewesen wäre (vgl. BSG, Beschluss vom 04.12.2007 - B 2 U 165/06 B veröffentlicht in juris).
Die Ablehnung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist unanfechtbar (vgl. § 177 SGG).
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Der Antrag, dem Kläger für das Berufungsverfahren Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwältin N., B., zu bewilligen, wird abgelehnt.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich im vorliegenden Verfahren gegen eine vermeintliche Untätigkeit eines Mitarbeiters der Beklagten. Ferner macht er die Rücknahme eines Antrages auf Bewilligung von Arbeitslosengeld und die Feststellung der Rechtswidrigkeit des Verhaltens der Beklagten geltend.
Der am 18.01.1975 geborene Kläger, der sich seit dem 13.09.2011 in Untersuchungshaft befindet, stand mit Unterbrechungen im langjährigen Bezug von Leistungen nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch (SGB III). Er führte und führt deswegen vor dem Sozialgericht Karlsruhe (SG) und dem Landessozialgericht Baden-Württemberg zahlreiche Rechtsstreitigkeiten gegen die Beklagte.
Nachdem der Kläger ab Juni 2009 einer selbständigen Tätigkeit nachgegangen war, beantragte er am 19.09.2010 - nach deren Aufgabe - bei der Beklagten die Gewährung von Arbeitslosengeld. Am 20.09.2010 meldete er sich persönlich mit Wirkung zum 18.09.2010 arbeitslos. Mit Bescheid vom 30.09.2010 bewilligte die Beklagte dem Kläger Arbeitslosengeld ab dem 18.09.2010 für 180 Kalendertage in Höhe eines täglichen Leistungsbetrages von 34,01 EUR. Die Leistungsgewährung erfolgte auf Grundlage von § 328 SGB III vorläufig. Der Kläger bezog hiernach Arbeitslosengeld bis zum 31.01.2011.
Per e-mail vom 16.03.2011 führte der Kläger gegenüber der Beklagten an, über seinen Antrag auf Arbeitslosengeld sei nie abschließend entschieden worden, weswegen er den Antrag rückwirkend zum 31.10.2010 nach § 118 Abs. 2 SGB III zurück nehme.
Mit Bescheid vom 28.03.2011 entschied die Beklagte, die Rücknahme des Arbeitslosengeldantrages sei nicht mehr möglich. Das Dispositionsrecht nach § 118 Abs. 2 SGB III ende mit der Entscheidung über den Antrag. Auch eine vorläufige Entscheidung nach § 328 SGB III entscheide über den Anspruch, weswegen eine Rücknahme nicht mehr möglich sei. Den hiergegen eingelegten Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 05.05.2011 zurück. Sie begründete ihre Entscheidung ergänzend damit, dass die Entstehung des Stammrechts auf Arbeitslosengeld am 18.09.2010 dem Willen des Klägers entsprochen habe, da dieser schon am 22.09.2010 bei SG einen Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes mit dem Ziel der Gewährung von Arbeitslosengeld ab dem 18.09.2010 gestellt habe.
Per e-Mail vom 04.03.2011 wandte sich der Kläger an die Beklagte und brachte vor, er habe bei Durchsicht des e-mail-Verkehrs seit September 2009 festgestellt, dass sich eine Menge unbearbeiteter Anträge angesammelt habe. Er erhebe daher Widerspruch gegen die Untätigkeit des Sachbearbeiters Schumann. Mit Widerspruchsbescheid vom 26.04.2011 verwarf die Beklagte den Widerspruch als unzulässig. Ein Widerspruchsverfahren werde nur eröffnet, wenn ein rechtswirksamer Verwaltungsakt ergangen sei. Ein solcher sei gegenüber dem Kläger jedoch nicht erlassen worden. Die Möglichkeit eines Widerspruchs wegen einer Untätigkeit sehe das Gesetz nicht vor.
Am 09.05.2011 hat der Kläger gegen die Widerspruchsbescheide der Beklagten vom 26.04. und vom 05.05.2011 Klage zum SG erhoben, zu deren Begründung er auf seine Ausführungen in den Widerspruchsverfahren verwiesen hat.
Die Beklagte ist der Klage entgegen getreten.
Nach Anhörung der Beteiligten (gerichtliches Schreiben vom 31.05.2011, dem Kläger am 06.06.2011 zugestellt) hat das SG die Klage mit Gerichtsbescheid vom 18.04.2012 abgewiesen. Zur Begründung seiner Entscheidung hat es ausgeführt, dass ein Befangenheitsgesuch des Klägers, das dieser während des Verfahrens am 30.08.2011 gestellt habe, es nicht daran hindere, in der Sache zu entscheiden, da es offensichtlich rechtsmissbräuchlich sei. Auch sei der Antrag des Klägers, ihm Kopien der Akten zu überlassen, abzulehnen, da der Antrag nicht auf einzelne Bestandteile konkretisiert gewesen sei. Inhaltlich sei das Begehren, soweit es sich gegen den Widerspruchsbescheid vom 26.04.2011 richte, bereits unzulässig, weil die Beklagte dem Kläger gegenüber keinen mit einem Widerspruch anfechtbaren Verwaltungsakt erlassen habe. Soweit der Kläger die Rücknahme seines Antrages auf Arbeitslosengeld geltend mache, sei die Klage unbegründet, da der Antrag auf Arbeitslosengeld nur bis zu einer Entscheidung über den Anspruch, die auch durch eine vorläufige Entscheidung getroffen werde, zurückgenommen werden könne. Im Übrigen sei das Feststellungsbegehren des Klägers unzulässig.
Gegen den am 23.04.2012 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 15.05.2012 Berufung eingelegt. Das SG habe § 60 und § 120 Sozialgerichtsgesetz (SGG) verletzt. Das SG sei örtlich nicht zuständig gewesen, da er seinen Wohnsitz infolge seiner Inhaftierung in Stuttgart habe. Wenn die Beklagte einen Widerspruch als unzulässig betrachte, dürfe sie keinen Widerspruchsbescheid erlassen. § 118 Abs. 2 SGB III lasse die Rücknahme eines Antrages auf Arbeitslosengeld bis zu einer bestandskräftigen Entscheidung in der Sache zu. Eine vorläufige Bewilligung stehe einer Rücknahme nicht entgegen. Im Hinblick auf Folgestreitigkeiten sei das Feststellungsbegehren zulässig und begründet.
Der Kläger beantragt (teilweise zweckdienlich gefasst),
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 18. April 2012 aufzuheben und das Verfahren an das Sozialgericht Stuttgart (zurück) zu verweisen,
hilfsweise,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 18. April 2012 und den Widerspruchsbescheid vom 26. April 2011 aufzuheben sowie den Bescheid vom 28. März 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 05. Mai 2011 aufzuheben und festzustellen, dass der Antrag auf Arbeitslosengeld vom 19. September 2010 wirksam zurückgenommen wurde und festzustellen, dass das Verhalten der Beklagten rechtswidrig gewesen ist.
Die Beklagte hat sich im Berufungsverfahren inhaltlich nicht geäußert.
Der Senat hat dem Kläger ferner die Möglichkeit eröffnet, Einsicht in die Verfahrens- und Verwaltungsakten zu nehmen, indem er die Akten in die Justizvollzugsanstalt S. übersandt hat. Der Kläger hat hiervon am 15.08.2012 Gebrauch gemacht.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz, die bei der Beklagten für den streitgegenständlichen Vorgang geführte Verwaltungsakte, welche Gegenstand der mündlichen Verhandlung vom 19.09.2012 wurden, sowie die Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 19.09.2012 verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung führt für den Kläger nicht zum Erfolg.
Der Senat konnte über die Berufung entscheiden, obschon der sich in Untersuchungshaft befindliche Kläger zu der mündlichen Verhandlung am 19.09.2012 nicht erschienen ist (vgl. Urteil des erkennenden Senats vom 21.09.2011 - L 3 AL 2514/10 -, Urteil vom 19.10.2011 - L 3 AL 3913/11 -; Beschlüsse des Bundessozialgerichts [BSG] vom 12.03.2012 in den vom Kläger dort betriebenen Verfahren - B 11 AL 43/11 BH - und - B 11 AL 44/11 BH -). Es obliegt grds. dem Kläger selbst, gegenüber der Leitung der Justizvollzugsanstalt die Teilnahme an einem gerichtlichen Termin zu beantragen. Auf einen entsprechenden Antrag, auf den der Kläger mit gerichtlichem Schreiben vom 10.08.2012 durch den Senat hingewiesen wurde, entscheidet die Anstaltsleitung, ob sie dem Gefangenen Ausgang oder Urlaub erteilt oder ihn ausführen lässt. Hiernach kann sich der Senat bei Anberaumung eines Termins zur mündlichen Verhandlung darauf beschränken, einen Gefangenen nach § 110 SGG zum Termin zu laden und es dabei dem Gefangenen überlassen, durch entsprechende Anträge bei der Strafvollzugsbehörde für seine Teilnahme an der mündlichen Verhandlung Sorge zu tragen. Erscheint der Gefangene nicht zum Termin zur mündlichen Verhandlung, so ist er, wenn, wie vorliegend das persönliche Erscheinen nicht angeordnet war, wie jeder andere Prozessbeteiligte zu behandeln, dem das Erscheinen zur mündlichen Verhandlung freigestellt worden ist (vgl. BSG, Urteil vom 21.06.1983 - 4 RJ 3/83 - veröffentlicht in juris). Da der Kläger schließlich in der ordnungsgemäß zugestellten Terminsmitteilung darauf hingewiesen wurde, dass auch in seiner Abwesenheit verhandelt und entschieden werden kann (§§ 153 Abs. 1, 110 Abs. 1 Satz 2 SGG), war der Senat durch die Abwesenheit des Klägers nicht an einer Entscheidung über die Berufung gehindert.
Der Senat war nicht verpflichtet, dem Kläger, wie von ihm beantragt, eine Kopie der Verfahrens- und Verwaltungsakte zu fertigen und zur Verfügung zu stellen. Der Antrag ist, da der Kläger eine Kopie der gesamten Akte begehrt hat, ohne ihn auf konkrete Aktenteile zu begrenzen, rechtsmissbräuchlich (Beschluss des erkennenden Senats vom 29.06.2011 - L 3 AL 1928/11 B -; Urteile des erkennenden Senats vom 21.09.2011, - L 3 AL 2514/10 -, - L 3 AL 2521/10 -). Der Senat hat dem Kläger stattdessen die Möglichkeit eröffnet, Einsicht in die Verfahrens- und Verwaltungsakten zu nehmen, indem er die Akten in die Justizvollzugsanstalt S. übersandt hat. Der Kläger hat hiervon Gebrauch gemacht. Auch dem Antrag, der Beklagten nach § 202 SGG i.V.m. §§ 423 ff Zivilprozessordnung (ZPO) aufzugeben, Kopien der Bescheide, der Verwaltungsakte und sonstiger Unterlagen vorzulegen, ist nicht zu entsprechen, da, ungeachtet der Frage, ob die angeführten Regelungen der ZPO im sozialgerichtlichen Verfahren anzuwenden sind, durch sie lediglich eine Verpflichtung des Prozessgegners zur Vorlage von Urkunden begründet wird. Da die Beklagte jedoch die Akten bereits vorgelegt hat und eine Verpflichtung zur Überlassung von Kopien der Urkunden in den §§ 423 ff ZPO nicht normiert ist, sind dem Kläger auch nicht nach § 202 SGG i.V.m. §§ 423 ff ZPO Kopien zu überlassen.
Die form- und fristgerecht eingelegte (vgl. § 151 Abs. 1 SGG) Berufung ist zulässig, in der Sache jedoch unbegründet. Das SG hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen.
Der Rechtsstreit ist nicht, wie klägerseits beantragt, an das Sozialgericht Stuttgart zurückzuverweisen. Gemäß § 159 Abs. 1 Nr. 2 SGG in der ab dem 01.01.2012 geltenden Fassung des Vierten Gesetzes zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 22.12.2011 (BGBl. I S.3057) kann das Landessozialgericht durch Urteil die angefochtene Entscheidung aufheben und die Sache an das Sozialgericht zurückverweisen, wenn das Verfahren an einem wesentlichen Mangel leidet und auf Grund dieses Mangels eine umfangreiche und aufwändige Beweisaufnahme notwendig ist. Ein wesentlicher Mangel des Verfahrens, der zur Zurückverweisung an das SG führen könnte, liegt vor, wenn gegen eine das Gerichtsverfahren regelnde Vorschrift verstoßen wurde und die Entscheidung des Sozialgerichts hierauf beruhen kann. Das Landessozialgericht entscheidet bei Vorliegen eines Mangels nach seinem pflichtgemäßen Ermessen, ob es in der Sache selbst entscheidet oder zurückverweisen will. Eine Verpflichtung zur Zurückverweisung besteht auch bei Vorliegen eines wesentlichen Mangels des Verfahrens nicht (vgl. BSG, Urteil vom 17.02.1956 - 6 RKa 14/55 - veröffentlicht in juris). Ungeachtet dessen, dass der vom Kläger angeführte Verfahrensfehler, die Selbstentscheidung des SG über die Befangenheitsgesuche, wie der Senat in den zahlreichen Verfahren des Klägers bereits vielfach entschieden hat, nicht vorliegt, würde dieser eine Zurückverweisung nicht nach sich ziehen, da der Rechtsstreit in der Sache entscheidungsreif ist (vgl. Keller in Mayer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10.Aufl., § 159, Rn. 5 ff) und eine Beweisaufnahme nicht erforderlich wäre. Dies gilt gleichermaßen, soweit der Kläger anführt, ihm sei keine Akteneinsicht gewährt worden. Diesbezüglich wurde dem Kläger überdies durch den Senat Akteneinsicht ermöglicht. Die Ablehnung des Antrages, dem Kläger Kopien der Akteninhalte zu überlassen ist, wie der Senat gegenüber dem Kläger bereits vielfach entschieden hat, nicht zu beanstanden.
Auch darin, dass das SG seine örtliche Zuständigkeit angenommen und den Rechtsstreit nicht an das Sozialgericht Stuttgart verwiesen wird, liegt kein Verfahrensfehler begründet, der zur Zurückverweisung des Rechtsstreits führen würde, da mit einem Rechtsmittel gegen eine Entscheidung in der Sache die Unzuständigkeit des erstinstanzlichen Gerichts nicht mehr gerügt werden kann (vgl. § 98 Satz 1 SGG i.V.m. § 17a Abs. 5 Gerichtsverfassungsgesetz).
Ungeachtet hiervon, könnte das Verfahren nur an das Sozialgericht zurückverwiesen werden, das in erster Instanz entschieden hat, vorliegend das SG. Eine Zurückverweisung an ein anderes Sozialgericht, wie vom Kläger beantragt, an das Sozialgericht Stuttgart, ist nicht möglich (Keller, a.a.O., § 159, Rn. 5e).
Auch soweit der Kläger mit der Berufung sein inhaltliches Begehren weiterverfolgt ist die Berufung unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der vom Kläger angefochtene Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 26.04.2011 ist rechtmäßig. Die Beklagte hat den Widerspruch des Klägers gegen die Untätigkeit des Sachbearbeiters Schumann zu Recht als unzulässig verworfen, da nur ein Verwaltungsakt i.S.d. § 31 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch Gegenstand eines Widerspruchsverfahrens sein kann. Da ein solcher nicht ergangen ist, war der Widerspruch des Klägers unzulässig. Die Möglichkeit, Widerspruch gegen eine vermeintliche Untätigkeit zu erheben, ist gesetzlich nicht vorgesehen. Soweit der Kläger einwendet, ein Widerspruchsbescheid hätte nicht ergehen dürfen, wenn die Beklagte den Widerspruch für unzulässig erachtet, so verkennt er, dass die Widerspruchsbehörde, vorliegend die Beklagte (vgl. § 85 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SGG), über den Widerspruch entscheiden muss, wenn sich das Widerspruchsverfahren nicht erledigt hat (z.B. durch Zurücknahme des Widerspruchs, Vergleich, Erledigung der Hauptsache oder vollständige Abhilfe) (Leitherer in Meyer-Ladewig/ Keller/ Leitherer, a.a.O., § 85, Rn. 7).
Auch der Bescheid der Beklagten vom 28.03.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.05.2011 ist rechtmäßig. Die Beklagte hat zutreffend entschieden, dass der Antrag auf Gewährung von Arbeitslosengeld vom 19.09.2010 nicht mehr zurückgenommen werden konnte.
Das Stammrecht des Klägers auf Arbeitslosengeld nach §§ 117 Abs. 1 Nr. 1, 118 Abs. 2 SGB III in der bis zum 31.03.2012 geltenden Fassung (a.F.) ist vorliegend am 18.09.2010 entstanden, da er ab diesem Zeitpunkt arbeitslos war, sich unter Berücksichtigung von § 122 Abs. 3 SGB III a.F. wirksam zum 18.09.2010 arbeitslos gemeldet und die Anwartschaftszeit erfüllt hat.
Zwar kann der Arbeitnehmer gemäß § 118 Abs. 2 SGB III a.F. bis zur Entscheidung über den Anspruch bestimmen, dass dieser nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt entstehen soll, der Kläger hat jedoch bis zur erstmaligen Entscheidung über den Anspruch auf Arbeitslosengeld gegenüber der Beklagten keinen Gebrauch von dem seit dem 01.01.2005 bestehenden Bestimmungsrecht gemacht. Die Entscheidung über den Anspruch ist, entgegen dem Vorbringen des Klägers, wie vom SG zutreffend entschieden, in der vorläufigen Bewilligung nach § 328 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB III a.F. mit Bescheid vom 30.09.2010 zu sehen (so auch Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 29.01.2007 - L 1 AL 62/06 - veröffentlicht in juris), da hierin über das Entstehen des Anspruchs auf Arbeitslosengeld entschieden wurde.
Eine hiervon abweichende Beurteilung ergibt sich vorliegend auch nicht unter Heranziehung der Grundsätze über den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch. Zwar ist anerkannt, dass es auch schon vor Inkrafttreten des § 118 Abs. 2 SGB III zu den Pflichten der Beklagten gehörte, den Arbeitslosen über die Möglichkeit zu beraten, die Modalitäten des Arbeitslosengeldanspruchs, insb. im Hinblick auf gesetzlich zulässige Dispositionen zu gestalten (BSG, Urteil vom 05.09.2006 - B 7a AL 70/05 R - veröffentlicht in juris) und diese Verpflichtung in besonderer Weise seit dem Inkrafttreten des § 118 Abs. 2 SGB III a.F. besteht und in geeigneten Fällen auch spontan über das Bestimmungsrecht nach § 118 Abs. 2 SGB III zu beraten ist (ebenso Spellbrink in Eicher/Schlegel, SGB III, § 118 Rn. 33). Jedoch bestand vorliegend für die Beklagte keinerlei Anlass, den Kläger spontan, d.h. bis zur Entscheidung über den Arbeitslosengeldanspruch zu beraten. Wenn der Kläger, wie vorliegend, parallel zum Antrag, um gerichtlichen Eilrechtsschutz nachsucht, um den Anspruch möglichst schnell zu realisieren, macht er unzweideutig klar, dass er Arbeitslosengeld ab dem frühest möglichen Zeitpunkt begehrt. Wenn der Kläger im weiteren Verlauf, vorliegend sogar nachdem der Leistungsbezug wegen einer Arbeitsaufnahme beendet war, eine Rücknahme des Antrags geltend macht bzw. sein Bestimmungsrecht ausüben (will), ist das vom Kläger hiermit offensichtlich verfolgte Ziel, den Verbrauch des Arbeitslosengeldanspruchs zu beseitigen, die ihm gewährten Leistungen unter Verweis auf fehlende finanzielle Möglichkeit indes zu behalten, in keiner Weise geeignet, eine Verletzung der Beratungspflichten der Beklagten zu begründen.
Demnach konnte der Kläger seinen Antrag auf Arbeitslosengeld vom 19.09.2010 nicht mehr wirksam zurücknehmen; der Bescheid der Beklagten vom 18.03.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.05.2011 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.
Soweit der Kläger schließlich die Feststellung der Rechtswidrigkeit des Verhaltens der Beklagten begehrt, war die Klage, wie vom SG zutreffend entschieden, in Ermangelung eines Feststellungsinteresses i.S.d. § 55 Abs. 1 SGG bereits unzulässig.
Die Berufung ist hiernach zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.
Der Antrag, dem Kläger für das Berufungsverfahren Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwältin N., B. zu bewilligen, war abzulehnen, da die Rechtsverfolgung des Klägers keine hinreichende Aussicht auf Erfolg versprach (§ 73a Abs. 1 Satz 1 SGG, § 114 ZPO). Dies konnte vorliegend im Rahmen der Entscheidung in der Hauptsache erfolgen, da nicht ersichtlich ist, dass bei einer zeitlich vorgelagerten Entscheidung über den PKH- Antrag, ausgehend vom Sach- und Streitstand zum Zeitpunkt von dessen Bewilligungsreife eine hinreichende Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung zu bejahen gewesen wäre (vgl. BSG, Beschluss vom 04.12.2007 - B 2 U 165/06 B veröffentlicht in juris).
Die Ablehnung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist unanfechtbar (vgl. § 177 SGG).
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