Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 13 U 6693/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 U 2233/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 19. April 2012 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Feststellung eines Arbeitsunfalls der Klägerin am 04.11.2000 streitig.
Am 15.07.2003 wurde die am 04.04.1949 geborene Klägerin in einer von ihr betriebenen Grill-Imbissstube überfallen und beraubt. Mit Bescheid vom 04.07.2006 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Verletztenrente ab. Als Folgen des als Arbeitsunfall anerkannten Überfalls anerkannte sie einen Zustand nach posttraumatischer Belastungsstörung. Die Unfallfolgen seien im Wesentlichen abgeklungen. Als Unfallfolgen nicht anerkannt wurden behandlungsbedürftige Depressionen. Widerspruch und Klage hiergegen blieben erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 31.08.2008, Urteil des SG vom 30.05.2007). Hiergegen hat die Klägerin Berufung eingelegt (L 10 U 3802/07). Auf übereinstimmenden Antrag der Beteiligten hat der 10. Senat mit Beschluss vom 27.11.2007 das Ruhen des Verfahrens angeordnet. Mit Verfügung vom 05.06.2008 wurde das Verfahren aus der Prozessliste ausgetragen und ausgeführt, da das Verfahren seit sechs Monaten nicht mehr betrieben worden sei gelte die Angelegenheit gem. § 36 Abs. 1 der Aktenordnung aktenmäßig als erledigt. Das Recht der Beteiligten zum Wiederanruf der Sache bleibe bestehen.
Am 18.01.2008 beantragte die Klägerin bei der Beklagten, einen Vorfall am 04.11.2000 als Arbeitsunfall festzustellen. An diesem Tag sei sie betriebsbedingt tätlich angegriffen worden, die behandelnden Ärzte hätten kurz danach psychische Beschwerden diagnostiziert.
Vorgelegt wurde eine ärztliche Bescheinigung des Internisten Dr. D. vom 13.11.2000. Die Klägerin sei am 04.11.2000 in einer tätlichen Auseinandersetzung geschlagen worden. Sie habe ihn am 06.11.2000 nach einer Voruntersuchung im Krankenhaus L. zur Untersuchung aufgesucht. Bei der Klägerin bestünden eine Stirnbeule links frontal, eine reaktive Schultersteife links mit Hämatom am Arm (8 cm Durchmesser) und über der linken Brust (10 cm Durchmesser) mit Prellungsschmerzen der gesamten linken Brustkorbhälfte. Die Schmerzen seien besser, die Hämatome würden noch brennen, auch leide sie noch an Schwindel. Weiter vorgelegt wurde die Einstellungsverfügung der Staatsanwaltschaft S. vom 04.04.2001 in einem Ermittlungsverfahren (104 Js 91635/00) gegen Herrn Armin Grözinger (G.) wegen Diebstahls, Körperverletzung, Beleidigung und Sachbeschädigung gemäß § 170 Abs. 2 Strafprozessordnung (StPO). Dem Beschuldigten war vorgeworfen worden, am 04.11.2000 gegen 11.00 Uhr in der von seinem Onkel an die Klägerin verpachteten Gaststätte eine Wandabzugshaube, einen Grill und sieben Gartentische, die der Klägerin gehörten, auf einen Anhänger geladen und entwendet zu haben. Als die Klägerin ihn daraufhin um 13:15 Uhr zu Hause aufgesucht und an seiner Haustüre geklingelt habe, habe er dieser nach dem Öffnen der Tür sofort an die Bluse gegriffen und mit der anderen Hand an den Hals gefasst und zugedrückt. Die Klägerin habe hierbei Schürfwunden und Prellungen erlitten. Im Einstellungsbeschluss wird hierzu ausgeführt, der Beschuldigte habe bezüglich der Tatvorwürfe der Körperverletzung und der Sachbeschädigung bestritten, die Klägerin angegriffen zu haben. Der Angriff sei vielmehr von dieser selbst ausgegangen. Auch durch die Aussagen neutraler Zeugen lasse sich der Sachverhalt nicht mehr vollständig aufklären, so dass zugunsten des Beschuldigten nach dem Grundsatz "in dubio pro reo" davon auszugehen sei, dass dieser gemäß § 32 StGB durch Notwehr gerechtfertigt gewesen sei. Wegen des Tatvorwurfs des Diebstahls, der Körperverletzung und der Sachbeschädigung werde das Verfahren daher gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt. Wegen des Tatvorwurfs einer Beleidigung wurde die Klägerin auf den Privatklageweg verwiesen.
Die Beklagte hat weiter den Notfallbericht des Kreiskrankenhauses L. vom 04.11.2000 beigezogen. Darin wird angegeben, die Klägerin sei von einem Nachbarn tätlich angegriffen und an Hals und Thorax sowie am rechten Ringfinger verletzt worden. Sie habe multiple Würgemale am Hals ventral, kaudal und am Thorax ventral mit Druckschmerz am medialen Clavicularende links. Es bestünden keine Dyspnoe, Zyanose oder Hyperventilation mehr. Die Thoraxübersicht sei ohne Befund, es bestünden Quetschungen am Hals und am Thorax sowie eine Prellung des linken Claviculargelenks und des rechten Ringfingers. Ein Arbeitsunfall wurde nicht angenommen.
Auf Anfrage der Beklagten teilte Dr. D. am 31.07.2008 mit, die Klägerin habe nicht über einen Schock bzw. psychische Beschwerde geklagt. Nach einer "Auseinandersetzung" mit dem Neffen habe er bei der Klägerin am 06.11.2000 multiple Hämatome (Arm, Brust, Ringfinger) diagnostiziert. Es habe Arbeitsunfähigkeit für 6 Tage bestanden. Eine weitere Behandlung sei nicht erfolgt.
Mit Bescheid vom 03.09.2008 lehnte die Beklagte die Anerkennung des Ereignisses vom 04.11.2000 als Unfallereignis ab. Im Übrigen könne dahingestellt bleiben, ob die Klägerin bei dem Unfall eine versicherte Tätigkeit ausgeübt habe, da nach der ärztlichen Feststellung von Dr. D. psychische Beschwerden seinerzeit nicht vorgelegen hätten. Es sei objektiv beweislos, dass die Klägerin am 04.11.2000 ein Unfallereignis im Sinne des Gesetzes erlitten habe.
Den hiergegen am 10.09.2008 erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 25.09.2008, auf den Bezug genommen wird, zurück.
Hiergegen hat die Klägerin am 06.10.2008 Klage zum Sozialgericht Stuttgart (SG) erhoben. Sie trägt vor, bei dem Angriff durch Herrn G. am 04.11.2000 habe sie sich multiple Würgemale am Hals, Verletzungen am Thorax, eine Schädelprellung sowie Prellungen an den Händen und Armen zugezogen. Es habe eine Hyperventilierung (schnelles Atmen durch Schock) vorgelegen. Es sei eine Akutbehandlung mit dem Psychopharmakun Valium erfolgt. Zum Unfallvorgang hat sie vorgetragen, sie sei damals Wirtin der Gaststätte gewesen. Nachdem man ihr berichtet habe, Herr G. habe in ihrem Eigentum stehende Betriebsmittel aus der Gaststätte entfernt, habe sie sich zu dessen Haus begeben, um nachzufragen, wo sich denn die Arbeitsgeräte/Betriebsgeräte befänden. Damit hab ein betrieblicher Anlass vorgelegen. Der daraufhin erfolgte Angriff sei von Herrn G. ausgegangen. In der Folgezeit sei sie wegen psychischer Beschwerden über 6 Monate lang von Dr. D. behandelt worden. Auch im Krankenhaus L. sei gemäß Bericht vom 04.11.2000 eine psychische Störung diagnostiziert und mit Valium behandelt worden.
Mit Gerichtsbescheid vom 19.04.2012 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, das Ereignis vom 04.11.2000 stelle keinen Arbeitsunfall dar. Zwar könne ein Überfall dann als Arbeitsunfall anzuerkennen sein, wenn der Überfall während der Ausübung einer versicherten Tätigkeit erfolge, sofern der Überfall in einer sachlichen Verbindung mit der versicherten Tätigkeit des Verletzten stehe. Ein Arbeitsunfall könne auch dann vorliegen, wenn bei einem Überfall außerhalb der Arbeitsstätte und der Arbeitszeit ein betriebsbezogenes Tatmotiv vorliege, dem der Versicherte entgegentrete. Vorliegend fehle es bei wertender Betrachtung an dem engen Zusammenhang zwischen einer betrieblichen Tätigkeit und der tätlichen Auseinandersetzung. Es habe kein betrieblicher Anlass vorgelegen. Die Ausübung eines Selbsthilferechts für den Fall, dass tatsächlich Eigentumsdelikte vorangegangen seien, habe gerade keinen Betriebsbezug mehr. Die tätliche Auseinandersetzung habe nämlich nicht in den Wohn- oder Geschäftsräumen der Klägerin stattgefunden, diese habe vielmehr selbst den G. zuhause in dessen privaten Bereich aufgesucht. Der gesamte Vorgang "Klärung des Verbleibs von Gegenständen bei der mutmaßlichen Person, die diese entfernt hat" (hier als "Selbsthilfe" bezeichnet), liege außerhalb des Schutzzwecks der gesetzlichen Unfallversicherung. Die Klägerin habe lediglich eigenwirtschaftlich gehandelt. Auf § 7 Abs. 2 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) komme es vorliegend nicht an. Denn Versicherungsschutz bestehe nicht bei verbotswidriger eigenwirtschaftlicher Tätigkeit.
Gegen den am 26.04.2012 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 25.05.2012 Berufung eingelegt. Sie trägt vor, beim Betreten ihres Unternehmens/Gastwirtschaft am 04.11.2000 habe sie verschiedene Betriebsmittel nicht mehr dort vorgefunden. Nachdem man ihr berichtet habe, dass diese von Herrn G. abtransportiert worden seien, habe sie sich entschlossen, zu dessen ca. 250 Meter von der Gaststätte entferntem Haus zu gehen, um Ermittlungen anzustellen, ob dies zutreffe und ggf. Herrn G. aufzufordern, diese Betriebsmittel herauszugeben. Das Aufsuchen des G. sei damit eine betriebliche Tätigkeit gewesen und habe unter Unfallversicherungsschutz gestanden. Es wäre unverhältnismäßig gewesen, bereits bei der Klärung der Frage, ob Herr G. tatsächlich Betriebsmittel entwendet habe, die Polizei einzuschalten. Es habe auch keine den Versicherungsschutz ausschließende selbst geschaffene Gefahr vorgelegen, da sie nicht damit habe rechnen müssen, von Herrn G. angegriffen zu werden. Schließlich sei aus der Art und Schwere der Verletzungen zu schließen, dass der Angriff nicht von ihr, sondern von Herrn G. ausgegangen sei. Wer würge, handle nicht in Verteidigungsabsicht. Unstreitig sei sie von Herrn G. an verschiedenen Stellen am Hals gewürgt worden.
Die Klägerin beantragt,
1) den Rechtsstreit an den 10. Senat des Landessozialgerichts Baden-Württemberg abzugeben, 2) hilfsweise, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 19. April 2012 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 03. September 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. September 2008 zu verurteilen, den Unfall vom 04. November 2000 als Arbeitsunfall anzuerkennen, 3) weiter hilfsweise, Herrn A., R., Frau N., G. Str. 40, 71299 L. und Frau J., zu laden über die Klägerin, als Zeugen zum Hergang des Vorfalls vom 04.11.2000 zu vernehmen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Beklagtenakten sowie der Gerichtsakten beider Rechtszüge ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) liegen nicht vor.
1. Der Rechtsstreit ist nicht an den 10. Senat des Landessozialgerichts Baden-Württemberg abzugeben, denn der erkennende Senat ist für die Entscheidung dieses Rechtsstreits zuständig, eine Abgabe wäre deshalb ein Verstoß gegen den gesetzlichen Richter. Nach Abschnitt A Teil III Nr. 1 des Geschäftsverteilungsplans 2012 des Landessozialgerichts Baden-Württemberg (GVP) werden die in Angelegenheiten der Unfallversicherung eingehenden Verfahren den für dieses Rechtsgebiet zuständigen Senaten turnusmäßig zugeteilt. Das Verfahren ist dem 3. Senat im Turnus zugeteilt worden, so dass dieser zuständig ist. Eine Zuständigkeit des 10. Senats ergibt sich auch nicht aus Abschnitt A Teil III Nr. 5 GVP, wonach dann, wenn bei Anhängigkeit eines Berufungsverfahren ein weiteres Verfahren desselben Klägers, soweit er eine natürliche Person ist, gegen denselben Beklagten eingeht, der Senat zuständig ist, bei dem die früher eingegangene Sache anhängig ist. Denn das Verfahren L 10 U 3802/07 war im Zeitpunkt der Berufungseinlegung im vorliegenden nicht mehr anhängig. Die Anhängigkeit nach Abschnitt A Teil III Nr. 5 Satz 1 GVP endet nämlich gem. Satz 2 mit Ablauf des Tages, an dem das Berufungsverfahren im Verfahrensregister ausgetragen worden ist. Das Berufungsverfahren L 10 U 3802/07 ist am 05.06.2008 aus dem Verfahrensregister ausgetragen worden und war deshalb bei Berufungseinlegung am 25.05.2012 nicht mehr anhängig. Unbeachtlich ist, dass das Verfahren vor dem 10. Senat nach Angaben des Klägervertreters zwischenzeitlich wieder angerufen worden ist, denn hierdurch wird die einmal begründete Zuständigkeit des 3. Senats nicht berührt.
Auch eine Verbindung der Verfahren gem. § 113 Abs. 1 SGG war nicht vorzunehmen. Danach kann das Gericht durch Beschluss mehrere bei ihm anhängige Rechtsstreitigkeiten derselben Beteiligten oder verschiedener Beteiligter zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbinden, wenn die Ansprüche, die den Gegenstand dieser Rechtsstreitigkeiten bilden, in Zusammenhang stehen oder von vornherein in einer Klage hätten geltend gemacht werden können. Die Verbindung steht im Ermessen des Gerichts. Einer Verbindung zu einem beim 10. Senat anhängigen Verfahren steht entgegen, dass bei Anhängigkeit in verschiedenen Spruchkörpern jeder die Sache des anderen an sich ziehen, nicht jedoch die seine an den anderen abgeben darf (Hk-SGG/Roller, § 113 Rn. 9; Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, § 113 Rn. 2b; Knittel in: Hennig, SGG, § 113 Rn. 7).
2. Nach ständiger Rechtsprechung des BSG kann ein Versicherter, dem gegenüber der Träger der Unfallversicherung durch Verwaltungsakt entschieden hat, dass ein Arbeitsunfall nicht gegeben ist, dessen Vorliegen als Grundlage in Frage kommender Leistungsansprüche vorab im Wege einer Kombination von Anfechtungs- und Feststellungsklage gemäß § 54 Abs. 1 Satz 1, § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG klären lassen (BSG, Urteil v.02.12.2008 - B 2 U 26/06 R - juris Rn. 12). Allerdings kann das Feststellungsinteresse fehlen, wenn ein späterer Leistungsanspruch und Spätfolgen ausgeschlossen werden können (Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, § 55 Rn. 13b). Bisher sind als Folge der tätlichen Auseinandersetzung vom 04.11.2000 keine psychischen Gesundheitsbeeinträchtigungen der Klägerin nachgewiesen. Dr. D. hat ausweislich seiner Mitteilung vom 29.09.2005 bei der Klägerin bereits im Oktober 2000 und damit vor dem 04.11.2000 eine Erschöpfungsdepression in Begleitung von Wirbelsäulenbeschwerden diagnostiziert. In der Folgezeit behandelte er bis Juli 2003 überwiegend wegen eines Bandscheibenvorfalls und lumbaler Spinalkanalstenose sowie wegen Hepatitis A und B. Eine Behandlung wegen des Vorfalls am 04.11.2000 hat er nicht angegeben, sondern vielmehr mitgeteilt, eine antidepressive Medikation mit Trevilor sei erstmalig am 27.03.2001 und sodann bis November 2001 erfolgt. Dann habe eine Einnahmepause bis Februar 2004 bestanden. Damit begann die antidepressive Medikation weit nach der tätlichen Auseinandersetzung am 04.11.2000 und ohne dass der behandelnde Arzt diese als ursächlich angesehen hätte. So hat er auch die Anfrage der Beklagten, ob die Klägerin über einen Schock bzw. psychische Beschwerden geklagt habe, im Schreiben vom 31.08.2008 verneint und lediglich mitgeteilt, nach einer "Auseinandersetzung" mit dem Neffen habe wegen multipler Hämatome für 6 Tage Arbeitsunfähigkeit bestanden, eine weitere Behandlung sei nicht erfolgt. Die Klägerin hat auch in der Folgezeit keine weiterbestehenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen - insbesondere auf psychischem Gebiet - aufgrund der tätlichen Auseinandersetzung vorgetragen. gegenüber dem Sachverständigen Prof. Dr. T. hat sie bei der gutachterlichen Untersuchung am 18.11.2003 angegeben, körperlich sei sie gesund gewesen bis auf einen Bandscheibenvorfall, der im Jahr 2001 operiert worden sei. Auf direkte Befragung hat sie weiter angegeben, sie sei vor dem Unfall im Jahr 2003 noch nie von einem Mann geschlagen oder sonst überfallen worden. Gegenüber der Sachverständigen Dr. C. hat sie am 01.04.2005 angegeben, im Jahr 2001 sei ein Bandscheibenvorfall im LWS-Bereich operativ behandelt worden. Danach sei es ihr wesentlich besser gegangen. Erstmals mit Schreiben vom 18.01.2008 hat die Klägerin das Vorliegen eines Arbeitsunfalls am 04.11.2000 und daraus resultierende psychische Beschwerden geltend gemacht. Danach sind verbliebene Gesundheitsbeeinträchtigungen bzw. ein Leistungsanspruch zwar unwahrscheinlich, aber nicht ganz ausgeschlossen.
Die danach noch zulässigerweise erhobene kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage ist jedoch nicht begründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Feststellung eines Arbeitsunfalls am 04.11.2000.
3. Nach § 8 Abs. 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Ein Arbeitsunfall eines Versicherten setzt danach voraus, dass seine Verrichtung zur Zeit des Unfalls einen gesetzlichen Tatbestand einer versicherten Tätigkeit erfüllt (innerer oder sachlicher Zusammenhang), sie zu dem zeitlich begrenzten von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis - dem Unfallereignis - geführt (Unfallkausalität) und das Unfallereignis einen Gesundheitsschaden oder den Tod des Versicherten verursacht hat (haftungsbegründenden Kausalität); das Entstehen von länger andauernden unmittelbaren oder mittelbaren Unfallfolgen aufgrund des Gesundheitsschadens (haftungsausfüllende Kausalität) ist keine Tatbestandsvoraussetzung eines Arbeitsunfalls.
Es muss stets eine sachliche Verbindung mit der gemäß § 2 SGB VII versicherten Tätigkeit bestehen, die es erst rechtfertigt, das betreffende Verhalten zum maßgeblichen Zeitpunkt der versicherten Tätigkeit zuzurechnen. Örtlicher oder zeitlicher Bezug zur versicherten Tätigkeit allein begründet deshalb noch keinen Versicherungsschutz (vgl. Bereiter-Hahn/Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung, § 8 Nr. 6.7 m.w.N.). Bei der Wertung, ob der Versicherte auch im Zeitpunkt des Unfalls bzw. des Zufügens der Verletzungen eine versicherte Tätigkeit verrichtet hat, stehen Überlegungen nach dem Zweck seines Handelns zu jenem Zeitpunkt im Vordergrund. Maßgebliches Kriterium für die wertende Entscheidung über den Zusammenhang zwischen versicherter Tätigkeit und Verrichtung zur Zeit des Unfalls ist die Handlungstendenz des Versicherten (vgl. BSG, Urteil vom 12.04.2005 - B 2 U 11/04 R- juris). Denn aufgrund der Handlungstendenz kann beurteilt werden, ob er mit der konkreten Verrichtung zur Zeit des Unfalls eine dem Unternehmen dienende und damit unter Versicherungsschutz stehende Tätigkeit ausüben wollte (vgl. BSG, Urteil vom 26.10.2004 - B 2 U 23/03 R - juris).
Für die tatsächlichen Grundlagen der vorzunehmenden wertenden Entscheidung über den sachlichen (inneren) Zusammenhang ist der volle Nachweis zu erbringen. Bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens muss der volle Beweis für das Vorliegen der versicherten Tätigkeit als erbracht angesehen werden können. Es muss also sicher feststehen, dass der Versicherte im Unfallzeitpunkt eine - noch - versicherte Tätigkeit ausgeübt hat (vgl. BSB, Urteil vom 20.02.2001 - B 2 U 60/00 R - juris). Zwar ist nicht erforderlich, dass derartige entscheidungserhebliche Tatsachen mit absoluter Gewissheit festgestellt werden, d.h. es wird keine Überzeugung des Gerichts vorausgesetzt, die jede nur denkbare Möglichkeit ausschließt. Vielmehr ist ein der Gewissheit nahekommender Grad an Wahrscheinlichkeit ausreichend, aber auch notwendig. Die entscheidungserhebliche Tatsache, dass der Versicherte zum Unfallzeitpunkt einer Verrichtung nachgegangen ist, die zur versicherten Tätigkeit gehört, ist folglich bewiesen, wenn sie in so hohem Grade wahrscheinlich ist, dass alle Umstände des Falles nach vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens und nach der allgemeinen Lebenserfahrung geeignet sind, die volle richterliche Überzeugung hiervon zu begründen (vgl. Hessisches LSG, Urteil vom 18.11.2008 - L 3 U 15/06 - juris).
Nach diesen Grundsätzen steht zur Überzeugung des Senats nicht mit einem der Gewissheit nahekommenden Grad der Wahrscheinlichkeit fest, dass die Klägerin zum Zeitpunkt des Angriffs durch G. einer Verrichtung nachging, die noch der versicherten Tätigkeit zuzuordnen war.
Entgegen der Auffassung des SG im angefochtenen Gerichtsbescheid hat das Aufsuchen des G. zwar noch eine betriebliche Tätigkeit dargestellt, die grundsätzlich unter Versicherungsschutz gestanden hat. Denn die Klägerin hat Herrn G. aufgesucht, um abzuklären, ob von diesem betriebliche Gegenstände aus der von ihr geführten Gaststätte entwendet worden waren. Damit diente das Aufsuchen des G. einem betrieblichen Zweck. Für eine Handlungstendenz der Klägerin bereits beim Aufsuchen von G., die entwendeten Gegenstände ggf. mit Gewalt zurückzuholen, liegen keine Anhaltspunkte vor.
Der betriebliche Zusammenhang wurde jedoch unterbrochen durch die tätliche Auseinandersetzung. Die Betriebsbezogenheit einer Tätigkeit entfällt nämlich immer dann, wenn die schädigende Handlung nach ihrer Anlage und der Intention des Schädigers erst gar nicht auf die Förderung der Betriebsinteressen ausgerichtet ist oder ihnen gar zuwider läuft (BGH, 30. Juni 1998 - VI ZR 286/98 - juris). Es kommt mithin darauf an, zu welchem Zweck die zum Schadensereignis führende Handlung bestimmt war. Ein betrieblicher Zusammenhang wäre nur dann noch gegeben, wenn die Klägerin bei dem Versuch, den Verbleib betrieblicher Gegenstände aufzuklären, ohne ihr zurechenbares Verhalten von Herrn G. attackiert worden wäre. Dies ist jedoch nicht nachgewiesen. Der Senat stützt sich hierbei auf den Einstellungsbeschluss der Staatsanwaltschaft S. (104 Js 91635/10) vom 04.02.2001. Darin wird ausgeführt, Herr G. habe bestritten, die Klägerin angegriffen zu haben. Der Angriff sei vielmehr von dieser selbst ausgegangen. Auch durch die Aussagen neutraler Zeugen lasse sich der Sachverhalt nicht mehr vollständig aufklären.
Soweit die Klägerin beantragt hat, Frau N. und Frau J. als Zeugen zum Hergang des Vorfalls vom 04.11.2000 zu vernehmen, ist der Senat dem nicht gefolgt. Hierzu hat die Klägerin in der Berufungsschrift ausgeführt, ihre Tochter N. und ihre Freundin Frau T. von dem Geschehen bei ihrer Einlieferung in das Krankenhaus berichtet zu haben. Somit waren beide nicht Augenzeuge der tätlichen Auseinandersetzung zwischen der Klägerin und Herrn G., sondern nur von der Klägerin über den Hergang informiert worden. Insoweit kann als wahr unterstellt werden, dass die Klägerin den Zeugen gegenüber angegeben hat, von Herrn G. überfallen worden zu sein. Hierdurch ist jedoch nicht der Nachweis geführt, dass die Tätlichkeit tatsächlich von diesem ausgegangen ist. Der Senat hat auch von einer weiteren Beweisaufnahme durch Vernehmung von Herrn G. abgesehen. Dieser hat schon bei seiner polizeilichen Vernehmung im Jahr 2000 angegeben, dass der Angriff von der Klägerin ausgegangen sei. Der ursprüngliche Tatvorwurf gegenüber Herrn G., aus der Gaststätte eine Wandabzugshaube, einen Grill und sieben Gartentische im Gesamtwert von 7.150,- DM auf einen Anhänger geladen und entwendet zu haben, war nicht zutreffend. Die Stühle und die Wandabzugshaube befanden sich noch auf dem Betriebsgelände, bezüglich des Grills hat Herr G. unwiderlegbar angegeben, diesen weder gesehen noch weggeschafft zu haben. Auch der damalige Zeuge V., von dem die Klägerin Kenntnis über den Vorgang hatte, hat bei seiner Vernehmung angegeben, Herr G. habe keinen Grill, sondern nur kleinere Gegenstände auf den Anhänger geladen. Es ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass es sich hierbei um der Klägerin gehörende Gegenstände gehandelt hat bzw. Herr G. kein Besitzrecht hatte. Mangels Vorliegens eines Eigentumsdelikts ist auch die weitere Vermutung der Klägerin unschlüssig, Herr G. habe sich "ertappt" gefühlt. Mangels Vorliegens eines Eigentumsdelikts ist auch der ursprüngliche, im Einstellungsbeschluss vom 04.02.2001 wiedergegebene Vortrag der Klägerin unschlüssig, Herr G. habe die Klägerin sofort nach dem Öffnen der Tür an die Bluse gegriffen und mit der anderen Hand an den Hals gefasst und zugedrückt.
Der Nachweis, dass der Angriff von Herrn G. ausgegangen ist, ohne dass die Klägerin hierfür Anlass gegeben hätte, kann auch nicht durch den Bericht des Krankenhauses L. vom 04.11.2000 geführt werden. In diesem ist diesbezüglich lediglich die eigene Angabe der Klägerin wiedergegeben, sie sei von einem Nachbarn tätlich angegriffen worden. Über das diesem Angriff vorausgegangene Geschehen enthält der Bericht keine Aussagen.
Schließlich kann auch nicht aus der Qualität der Verletzungen der Klägerin darauf geschlossen werden, dass die tätliche Auseinandersetzung nicht von ihr, sondern von Herrn G. ausgegangen ist. Allein der Umstand, dass im Krankenhaus L. Würgemale an Hals und Thorax sowie Kratzwunden festgestellt worden sind vermag nicht zu belegen, dass die Klägerin Opfer eines Angriffs wurden. Denn diese Verletzungen können auch aus der Abwehr einer von der Klägerin ausgehenden Attacke resultieren.
Lag jedoch ein von der Klägerin ausgehender Angriff auf G. vor, so war dadurch der Zusammenhang mit der betrieblichen Tätigkeit gelöst, selbst wenn dieser auf die (Wieder-)Erlangung von Betriebsmitteln der Gaststätte abgezielt hätte.
Die Berufung der Klägerin war deshalb zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG).
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Feststellung eines Arbeitsunfalls der Klägerin am 04.11.2000 streitig.
Am 15.07.2003 wurde die am 04.04.1949 geborene Klägerin in einer von ihr betriebenen Grill-Imbissstube überfallen und beraubt. Mit Bescheid vom 04.07.2006 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Verletztenrente ab. Als Folgen des als Arbeitsunfall anerkannten Überfalls anerkannte sie einen Zustand nach posttraumatischer Belastungsstörung. Die Unfallfolgen seien im Wesentlichen abgeklungen. Als Unfallfolgen nicht anerkannt wurden behandlungsbedürftige Depressionen. Widerspruch und Klage hiergegen blieben erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 31.08.2008, Urteil des SG vom 30.05.2007). Hiergegen hat die Klägerin Berufung eingelegt (L 10 U 3802/07). Auf übereinstimmenden Antrag der Beteiligten hat der 10. Senat mit Beschluss vom 27.11.2007 das Ruhen des Verfahrens angeordnet. Mit Verfügung vom 05.06.2008 wurde das Verfahren aus der Prozessliste ausgetragen und ausgeführt, da das Verfahren seit sechs Monaten nicht mehr betrieben worden sei gelte die Angelegenheit gem. § 36 Abs. 1 der Aktenordnung aktenmäßig als erledigt. Das Recht der Beteiligten zum Wiederanruf der Sache bleibe bestehen.
Am 18.01.2008 beantragte die Klägerin bei der Beklagten, einen Vorfall am 04.11.2000 als Arbeitsunfall festzustellen. An diesem Tag sei sie betriebsbedingt tätlich angegriffen worden, die behandelnden Ärzte hätten kurz danach psychische Beschwerden diagnostiziert.
Vorgelegt wurde eine ärztliche Bescheinigung des Internisten Dr. D. vom 13.11.2000. Die Klägerin sei am 04.11.2000 in einer tätlichen Auseinandersetzung geschlagen worden. Sie habe ihn am 06.11.2000 nach einer Voruntersuchung im Krankenhaus L. zur Untersuchung aufgesucht. Bei der Klägerin bestünden eine Stirnbeule links frontal, eine reaktive Schultersteife links mit Hämatom am Arm (8 cm Durchmesser) und über der linken Brust (10 cm Durchmesser) mit Prellungsschmerzen der gesamten linken Brustkorbhälfte. Die Schmerzen seien besser, die Hämatome würden noch brennen, auch leide sie noch an Schwindel. Weiter vorgelegt wurde die Einstellungsverfügung der Staatsanwaltschaft S. vom 04.04.2001 in einem Ermittlungsverfahren (104 Js 91635/00) gegen Herrn Armin Grözinger (G.) wegen Diebstahls, Körperverletzung, Beleidigung und Sachbeschädigung gemäß § 170 Abs. 2 Strafprozessordnung (StPO). Dem Beschuldigten war vorgeworfen worden, am 04.11.2000 gegen 11.00 Uhr in der von seinem Onkel an die Klägerin verpachteten Gaststätte eine Wandabzugshaube, einen Grill und sieben Gartentische, die der Klägerin gehörten, auf einen Anhänger geladen und entwendet zu haben. Als die Klägerin ihn daraufhin um 13:15 Uhr zu Hause aufgesucht und an seiner Haustüre geklingelt habe, habe er dieser nach dem Öffnen der Tür sofort an die Bluse gegriffen und mit der anderen Hand an den Hals gefasst und zugedrückt. Die Klägerin habe hierbei Schürfwunden und Prellungen erlitten. Im Einstellungsbeschluss wird hierzu ausgeführt, der Beschuldigte habe bezüglich der Tatvorwürfe der Körperverletzung und der Sachbeschädigung bestritten, die Klägerin angegriffen zu haben. Der Angriff sei vielmehr von dieser selbst ausgegangen. Auch durch die Aussagen neutraler Zeugen lasse sich der Sachverhalt nicht mehr vollständig aufklären, so dass zugunsten des Beschuldigten nach dem Grundsatz "in dubio pro reo" davon auszugehen sei, dass dieser gemäß § 32 StGB durch Notwehr gerechtfertigt gewesen sei. Wegen des Tatvorwurfs des Diebstahls, der Körperverletzung und der Sachbeschädigung werde das Verfahren daher gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt. Wegen des Tatvorwurfs einer Beleidigung wurde die Klägerin auf den Privatklageweg verwiesen.
Die Beklagte hat weiter den Notfallbericht des Kreiskrankenhauses L. vom 04.11.2000 beigezogen. Darin wird angegeben, die Klägerin sei von einem Nachbarn tätlich angegriffen und an Hals und Thorax sowie am rechten Ringfinger verletzt worden. Sie habe multiple Würgemale am Hals ventral, kaudal und am Thorax ventral mit Druckschmerz am medialen Clavicularende links. Es bestünden keine Dyspnoe, Zyanose oder Hyperventilation mehr. Die Thoraxübersicht sei ohne Befund, es bestünden Quetschungen am Hals und am Thorax sowie eine Prellung des linken Claviculargelenks und des rechten Ringfingers. Ein Arbeitsunfall wurde nicht angenommen.
Auf Anfrage der Beklagten teilte Dr. D. am 31.07.2008 mit, die Klägerin habe nicht über einen Schock bzw. psychische Beschwerde geklagt. Nach einer "Auseinandersetzung" mit dem Neffen habe er bei der Klägerin am 06.11.2000 multiple Hämatome (Arm, Brust, Ringfinger) diagnostiziert. Es habe Arbeitsunfähigkeit für 6 Tage bestanden. Eine weitere Behandlung sei nicht erfolgt.
Mit Bescheid vom 03.09.2008 lehnte die Beklagte die Anerkennung des Ereignisses vom 04.11.2000 als Unfallereignis ab. Im Übrigen könne dahingestellt bleiben, ob die Klägerin bei dem Unfall eine versicherte Tätigkeit ausgeübt habe, da nach der ärztlichen Feststellung von Dr. D. psychische Beschwerden seinerzeit nicht vorgelegen hätten. Es sei objektiv beweislos, dass die Klägerin am 04.11.2000 ein Unfallereignis im Sinne des Gesetzes erlitten habe.
Den hiergegen am 10.09.2008 erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 25.09.2008, auf den Bezug genommen wird, zurück.
Hiergegen hat die Klägerin am 06.10.2008 Klage zum Sozialgericht Stuttgart (SG) erhoben. Sie trägt vor, bei dem Angriff durch Herrn G. am 04.11.2000 habe sie sich multiple Würgemale am Hals, Verletzungen am Thorax, eine Schädelprellung sowie Prellungen an den Händen und Armen zugezogen. Es habe eine Hyperventilierung (schnelles Atmen durch Schock) vorgelegen. Es sei eine Akutbehandlung mit dem Psychopharmakun Valium erfolgt. Zum Unfallvorgang hat sie vorgetragen, sie sei damals Wirtin der Gaststätte gewesen. Nachdem man ihr berichtet habe, Herr G. habe in ihrem Eigentum stehende Betriebsmittel aus der Gaststätte entfernt, habe sie sich zu dessen Haus begeben, um nachzufragen, wo sich denn die Arbeitsgeräte/Betriebsgeräte befänden. Damit hab ein betrieblicher Anlass vorgelegen. Der daraufhin erfolgte Angriff sei von Herrn G. ausgegangen. In der Folgezeit sei sie wegen psychischer Beschwerden über 6 Monate lang von Dr. D. behandelt worden. Auch im Krankenhaus L. sei gemäß Bericht vom 04.11.2000 eine psychische Störung diagnostiziert und mit Valium behandelt worden.
Mit Gerichtsbescheid vom 19.04.2012 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, das Ereignis vom 04.11.2000 stelle keinen Arbeitsunfall dar. Zwar könne ein Überfall dann als Arbeitsunfall anzuerkennen sein, wenn der Überfall während der Ausübung einer versicherten Tätigkeit erfolge, sofern der Überfall in einer sachlichen Verbindung mit der versicherten Tätigkeit des Verletzten stehe. Ein Arbeitsunfall könne auch dann vorliegen, wenn bei einem Überfall außerhalb der Arbeitsstätte und der Arbeitszeit ein betriebsbezogenes Tatmotiv vorliege, dem der Versicherte entgegentrete. Vorliegend fehle es bei wertender Betrachtung an dem engen Zusammenhang zwischen einer betrieblichen Tätigkeit und der tätlichen Auseinandersetzung. Es habe kein betrieblicher Anlass vorgelegen. Die Ausübung eines Selbsthilferechts für den Fall, dass tatsächlich Eigentumsdelikte vorangegangen seien, habe gerade keinen Betriebsbezug mehr. Die tätliche Auseinandersetzung habe nämlich nicht in den Wohn- oder Geschäftsräumen der Klägerin stattgefunden, diese habe vielmehr selbst den G. zuhause in dessen privaten Bereich aufgesucht. Der gesamte Vorgang "Klärung des Verbleibs von Gegenständen bei der mutmaßlichen Person, die diese entfernt hat" (hier als "Selbsthilfe" bezeichnet), liege außerhalb des Schutzzwecks der gesetzlichen Unfallversicherung. Die Klägerin habe lediglich eigenwirtschaftlich gehandelt. Auf § 7 Abs. 2 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) komme es vorliegend nicht an. Denn Versicherungsschutz bestehe nicht bei verbotswidriger eigenwirtschaftlicher Tätigkeit.
Gegen den am 26.04.2012 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 25.05.2012 Berufung eingelegt. Sie trägt vor, beim Betreten ihres Unternehmens/Gastwirtschaft am 04.11.2000 habe sie verschiedene Betriebsmittel nicht mehr dort vorgefunden. Nachdem man ihr berichtet habe, dass diese von Herrn G. abtransportiert worden seien, habe sie sich entschlossen, zu dessen ca. 250 Meter von der Gaststätte entferntem Haus zu gehen, um Ermittlungen anzustellen, ob dies zutreffe und ggf. Herrn G. aufzufordern, diese Betriebsmittel herauszugeben. Das Aufsuchen des G. sei damit eine betriebliche Tätigkeit gewesen und habe unter Unfallversicherungsschutz gestanden. Es wäre unverhältnismäßig gewesen, bereits bei der Klärung der Frage, ob Herr G. tatsächlich Betriebsmittel entwendet habe, die Polizei einzuschalten. Es habe auch keine den Versicherungsschutz ausschließende selbst geschaffene Gefahr vorgelegen, da sie nicht damit habe rechnen müssen, von Herrn G. angegriffen zu werden. Schließlich sei aus der Art und Schwere der Verletzungen zu schließen, dass der Angriff nicht von ihr, sondern von Herrn G. ausgegangen sei. Wer würge, handle nicht in Verteidigungsabsicht. Unstreitig sei sie von Herrn G. an verschiedenen Stellen am Hals gewürgt worden.
Die Klägerin beantragt,
1) den Rechtsstreit an den 10. Senat des Landessozialgerichts Baden-Württemberg abzugeben, 2) hilfsweise, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 19. April 2012 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 03. September 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. September 2008 zu verurteilen, den Unfall vom 04. November 2000 als Arbeitsunfall anzuerkennen, 3) weiter hilfsweise, Herrn A., R., Frau N., G. Str. 40, 71299 L. und Frau J., zu laden über die Klägerin, als Zeugen zum Hergang des Vorfalls vom 04.11.2000 zu vernehmen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Beklagtenakten sowie der Gerichtsakten beider Rechtszüge ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) liegen nicht vor.
1. Der Rechtsstreit ist nicht an den 10. Senat des Landessozialgerichts Baden-Württemberg abzugeben, denn der erkennende Senat ist für die Entscheidung dieses Rechtsstreits zuständig, eine Abgabe wäre deshalb ein Verstoß gegen den gesetzlichen Richter. Nach Abschnitt A Teil III Nr. 1 des Geschäftsverteilungsplans 2012 des Landessozialgerichts Baden-Württemberg (GVP) werden die in Angelegenheiten der Unfallversicherung eingehenden Verfahren den für dieses Rechtsgebiet zuständigen Senaten turnusmäßig zugeteilt. Das Verfahren ist dem 3. Senat im Turnus zugeteilt worden, so dass dieser zuständig ist. Eine Zuständigkeit des 10. Senats ergibt sich auch nicht aus Abschnitt A Teil III Nr. 5 GVP, wonach dann, wenn bei Anhängigkeit eines Berufungsverfahren ein weiteres Verfahren desselben Klägers, soweit er eine natürliche Person ist, gegen denselben Beklagten eingeht, der Senat zuständig ist, bei dem die früher eingegangene Sache anhängig ist. Denn das Verfahren L 10 U 3802/07 war im Zeitpunkt der Berufungseinlegung im vorliegenden nicht mehr anhängig. Die Anhängigkeit nach Abschnitt A Teil III Nr. 5 Satz 1 GVP endet nämlich gem. Satz 2 mit Ablauf des Tages, an dem das Berufungsverfahren im Verfahrensregister ausgetragen worden ist. Das Berufungsverfahren L 10 U 3802/07 ist am 05.06.2008 aus dem Verfahrensregister ausgetragen worden und war deshalb bei Berufungseinlegung am 25.05.2012 nicht mehr anhängig. Unbeachtlich ist, dass das Verfahren vor dem 10. Senat nach Angaben des Klägervertreters zwischenzeitlich wieder angerufen worden ist, denn hierdurch wird die einmal begründete Zuständigkeit des 3. Senats nicht berührt.
Auch eine Verbindung der Verfahren gem. § 113 Abs. 1 SGG war nicht vorzunehmen. Danach kann das Gericht durch Beschluss mehrere bei ihm anhängige Rechtsstreitigkeiten derselben Beteiligten oder verschiedener Beteiligter zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbinden, wenn die Ansprüche, die den Gegenstand dieser Rechtsstreitigkeiten bilden, in Zusammenhang stehen oder von vornherein in einer Klage hätten geltend gemacht werden können. Die Verbindung steht im Ermessen des Gerichts. Einer Verbindung zu einem beim 10. Senat anhängigen Verfahren steht entgegen, dass bei Anhängigkeit in verschiedenen Spruchkörpern jeder die Sache des anderen an sich ziehen, nicht jedoch die seine an den anderen abgeben darf (Hk-SGG/Roller, § 113 Rn. 9; Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, § 113 Rn. 2b; Knittel in: Hennig, SGG, § 113 Rn. 7).
2. Nach ständiger Rechtsprechung des BSG kann ein Versicherter, dem gegenüber der Träger der Unfallversicherung durch Verwaltungsakt entschieden hat, dass ein Arbeitsunfall nicht gegeben ist, dessen Vorliegen als Grundlage in Frage kommender Leistungsansprüche vorab im Wege einer Kombination von Anfechtungs- und Feststellungsklage gemäß § 54 Abs. 1 Satz 1, § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG klären lassen (BSG, Urteil v.02.12.2008 - B 2 U 26/06 R - juris Rn. 12). Allerdings kann das Feststellungsinteresse fehlen, wenn ein späterer Leistungsanspruch und Spätfolgen ausgeschlossen werden können (Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, § 55 Rn. 13b). Bisher sind als Folge der tätlichen Auseinandersetzung vom 04.11.2000 keine psychischen Gesundheitsbeeinträchtigungen der Klägerin nachgewiesen. Dr. D. hat ausweislich seiner Mitteilung vom 29.09.2005 bei der Klägerin bereits im Oktober 2000 und damit vor dem 04.11.2000 eine Erschöpfungsdepression in Begleitung von Wirbelsäulenbeschwerden diagnostiziert. In der Folgezeit behandelte er bis Juli 2003 überwiegend wegen eines Bandscheibenvorfalls und lumbaler Spinalkanalstenose sowie wegen Hepatitis A und B. Eine Behandlung wegen des Vorfalls am 04.11.2000 hat er nicht angegeben, sondern vielmehr mitgeteilt, eine antidepressive Medikation mit Trevilor sei erstmalig am 27.03.2001 und sodann bis November 2001 erfolgt. Dann habe eine Einnahmepause bis Februar 2004 bestanden. Damit begann die antidepressive Medikation weit nach der tätlichen Auseinandersetzung am 04.11.2000 und ohne dass der behandelnde Arzt diese als ursächlich angesehen hätte. So hat er auch die Anfrage der Beklagten, ob die Klägerin über einen Schock bzw. psychische Beschwerden geklagt habe, im Schreiben vom 31.08.2008 verneint und lediglich mitgeteilt, nach einer "Auseinandersetzung" mit dem Neffen habe wegen multipler Hämatome für 6 Tage Arbeitsunfähigkeit bestanden, eine weitere Behandlung sei nicht erfolgt. Die Klägerin hat auch in der Folgezeit keine weiterbestehenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen - insbesondere auf psychischem Gebiet - aufgrund der tätlichen Auseinandersetzung vorgetragen. gegenüber dem Sachverständigen Prof. Dr. T. hat sie bei der gutachterlichen Untersuchung am 18.11.2003 angegeben, körperlich sei sie gesund gewesen bis auf einen Bandscheibenvorfall, der im Jahr 2001 operiert worden sei. Auf direkte Befragung hat sie weiter angegeben, sie sei vor dem Unfall im Jahr 2003 noch nie von einem Mann geschlagen oder sonst überfallen worden. Gegenüber der Sachverständigen Dr. C. hat sie am 01.04.2005 angegeben, im Jahr 2001 sei ein Bandscheibenvorfall im LWS-Bereich operativ behandelt worden. Danach sei es ihr wesentlich besser gegangen. Erstmals mit Schreiben vom 18.01.2008 hat die Klägerin das Vorliegen eines Arbeitsunfalls am 04.11.2000 und daraus resultierende psychische Beschwerden geltend gemacht. Danach sind verbliebene Gesundheitsbeeinträchtigungen bzw. ein Leistungsanspruch zwar unwahrscheinlich, aber nicht ganz ausgeschlossen.
Die danach noch zulässigerweise erhobene kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage ist jedoch nicht begründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Feststellung eines Arbeitsunfalls am 04.11.2000.
3. Nach § 8 Abs. 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Ein Arbeitsunfall eines Versicherten setzt danach voraus, dass seine Verrichtung zur Zeit des Unfalls einen gesetzlichen Tatbestand einer versicherten Tätigkeit erfüllt (innerer oder sachlicher Zusammenhang), sie zu dem zeitlich begrenzten von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis - dem Unfallereignis - geführt (Unfallkausalität) und das Unfallereignis einen Gesundheitsschaden oder den Tod des Versicherten verursacht hat (haftungsbegründenden Kausalität); das Entstehen von länger andauernden unmittelbaren oder mittelbaren Unfallfolgen aufgrund des Gesundheitsschadens (haftungsausfüllende Kausalität) ist keine Tatbestandsvoraussetzung eines Arbeitsunfalls.
Es muss stets eine sachliche Verbindung mit der gemäß § 2 SGB VII versicherten Tätigkeit bestehen, die es erst rechtfertigt, das betreffende Verhalten zum maßgeblichen Zeitpunkt der versicherten Tätigkeit zuzurechnen. Örtlicher oder zeitlicher Bezug zur versicherten Tätigkeit allein begründet deshalb noch keinen Versicherungsschutz (vgl. Bereiter-Hahn/Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung, § 8 Nr. 6.7 m.w.N.). Bei der Wertung, ob der Versicherte auch im Zeitpunkt des Unfalls bzw. des Zufügens der Verletzungen eine versicherte Tätigkeit verrichtet hat, stehen Überlegungen nach dem Zweck seines Handelns zu jenem Zeitpunkt im Vordergrund. Maßgebliches Kriterium für die wertende Entscheidung über den Zusammenhang zwischen versicherter Tätigkeit und Verrichtung zur Zeit des Unfalls ist die Handlungstendenz des Versicherten (vgl. BSG, Urteil vom 12.04.2005 - B 2 U 11/04 R- juris). Denn aufgrund der Handlungstendenz kann beurteilt werden, ob er mit der konkreten Verrichtung zur Zeit des Unfalls eine dem Unternehmen dienende und damit unter Versicherungsschutz stehende Tätigkeit ausüben wollte (vgl. BSG, Urteil vom 26.10.2004 - B 2 U 23/03 R - juris).
Für die tatsächlichen Grundlagen der vorzunehmenden wertenden Entscheidung über den sachlichen (inneren) Zusammenhang ist der volle Nachweis zu erbringen. Bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens muss der volle Beweis für das Vorliegen der versicherten Tätigkeit als erbracht angesehen werden können. Es muss also sicher feststehen, dass der Versicherte im Unfallzeitpunkt eine - noch - versicherte Tätigkeit ausgeübt hat (vgl. BSB, Urteil vom 20.02.2001 - B 2 U 60/00 R - juris). Zwar ist nicht erforderlich, dass derartige entscheidungserhebliche Tatsachen mit absoluter Gewissheit festgestellt werden, d.h. es wird keine Überzeugung des Gerichts vorausgesetzt, die jede nur denkbare Möglichkeit ausschließt. Vielmehr ist ein der Gewissheit nahekommender Grad an Wahrscheinlichkeit ausreichend, aber auch notwendig. Die entscheidungserhebliche Tatsache, dass der Versicherte zum Unfallzeitpunkt einer Verrichtung nachgegangen ist, die zur versicherten Tätigkeit gehört, ist folglich bewiesen, wenn sie in so hohem Grade wahrscheinlich ist, dass alle Umstände des Falles nach vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens und nach der allgemeinen Lebenserfahrung geeignet sind, die volle richterliche Überzeugung hiervon zu begründen (vgl. Hessisches LSG, Urteil vom 18.11.2008 - L 3 U 15/06 - juris).
Nach diesen Grundsätzen steht zur Überzeugung des Senats nicht mit einem der Gewissheit nahekommenden Grad der Wahrscheinlichkeit fest, dass die Klägerin zum Zeitpunkt des Angriffs durch G. einer Verrichtung nachging, die noch der versicherten Tätigkeit zuzuordnen war.
Entgegen der Auffassung des SG im angefochtenen Gerichtsbescheid hat das Aufsuchen des G. zwar noch eine betriebliche Tätigkeit dargestellt, die grundsätzlich unter Versicherungsschutz gestanden hat. Denn die Klägerin hat Herrn G. aufgesucht, um abzuklären, ob von diesem betriebliche Gegenstände aus der von ihr geführten Gaststätte entwendet worden waren. Damit diente das Aufsuchen des G. einem betrieblichen Zweck. Für eine Handlungstendenz der Klägerin bereits beim Aufsuchen von G., die entwendeten Gegenstände ggf. mit Gewalt zurückzuholen, liegen keine Anhaltspunkte vor.
Der betriebliche Zusammenhang wurde jedoch unterbrochen durch die tätliche Auseinandersetzung. Die Betriebsbezogenheit einer Tätigkeit entfällt nämlich immer dann, wenn die schädigende Handlung nach ihrer Anlage und der Intention des Schädigers erst gar nicht auf die Förderung der Betriebsinteressen ausgerichtet ist oder ihnen gar zuwider läuft (BGH, 30. Juni 1998 - VI ZR 286/98 - juris). Es kommt mithin darauf an, zu welchem Zweck die zum Schadensereignis führende Handlung bestimmt war. Ein betrieblicher Zusammenhang wäre nur dann noch gegeben, wenn die Klägerin bei dem Versuch, den Verbleib betrieblicher Gegenstände aufzuklären, ohne ihr zurechenbares Verhalten von Herrn G. attackiert worden wäre. Dies ist jedoch nicht nachgewiesen. Der Senat stützt sich hierbei auf den Einstellungsbeschluss der Staatsanwaltschaft S. (104 Js 91635/10) vom 04.02.2001. Darin wird ausgeführt, Herr G. habe bestritten, die Klägerin angegriffen zu haben. Der Angriff sei vielmehr von dieser selbst ausgegangen. Auch durch die Aussagen neutraler Zeugen lasse sich der Sachverhalt nicht mehr vollständig aufklären.
Soweit die Klägerin beantragt hat, Frau N. und Frau J. als Zeugen zum Hergang des Vorfalls vom 04.11.2000 zu vernehmen, ist der Senat dem nicht gefolgt. Hierzu hat die Klägerin in der Berufungsschrift ausgeführt, ihre Tochter N. und ihre Freundin Frau T. von dem Geschehen bei ihrer Einlieferung in das Krankenhaus berichtet zu haben. Somit waren beide nicht Augenzeuge der tätlichen Auseinandersetzung zwischen der Klägerin und Herrn G., sondern nur von der Klägerin über den Hergang informiert worden. Insoweit kann als wahr unterstellt werden, dass die Klägerin den Zeugen gegenüber angegeben hat, von Herrn G. überfallen worden zu sein. Hierdurch ist jedoch nicht der Nachweis geführt, dass die Tätlichkeit tatsächlich von diesem ausgegangen ist. Der Senat hat auch von einer weiteren Beweisaufnahme durch Vernehmung von Herrn G. abgesehen. Dieser hat schon bei seiner polizeilichen Vernehmung im Jahr 2000 angegeben, dass der Angriff von der Klägerin ausgegangen sei. Der ursprüngliche Tatvorwurf gegenüber Herrn G., aus der Gaststätte eine Wandabzugshaube, einen Grill und sieben Gartentische im Gesamtwert von 7.150,- DM auf einen Anhänger geladen und entwendet zu haben, war nicht zutreffend. Die Stühle und die Wandabzugshaube befanden sich noch auf dem Betriebsgelände, bezüglich des Grills hat Herr G. unwiderlegbar angegeben, diesen weder gesehen noch weggeschafft zu haben. Auch der damalige Zeuge V., von dem die Klägerin Kenntnis über den Vorgang hatte, hat bei seiner Vernehmung angegeben, Herr G. habe keinen Grill, sondern nur kleinere Gegenstände auf den Anhänger geladen. Es ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass es sich hierbei um der Klägerin gehörende Gegenstände gehandelt hat bzw. Herr G. kein Besitzrecht hatte. Mangels Vorliegens eines Eigentumsdelikts ist auch die weitere Vermutung der Klägerin unschlüssig, Herr G. habe sich "ertappt" gefühlt. Mangels Vorliegens eines Eigentumsdelikts ist auch der ursprüngliche, im Einstellungsbeschluss vom 04.02.2001 wiedergegebene Vortrag der Klägerin unschlüssig, Herr G. habe die Klägerin sofort nach dem Öffnen der Tür an die Bluse gegriffen und mit der anderen Hand an den Hals gefasst und zugedrückt.
Der Nachweis, dass der Angriff von Herrn G. ausgegangen ist, ohne dass die Klägerin hierfür Anlass gegeben hätte, kann auch nicht durch den Bericht des Krankenhauses L. vom 04.11.2000 geführt werden. In diesem ist diesbezüglich lediglich die eigene Angabe der Klägerin wiedergegeben, sie sei von einem Nachbarn tätlich angegriffen worden. Über das diesem Angriff vorausgegangene Geschehen enthält der Bericht keine Aussagen.
Schließlich kann auch nicht aus der Qualität der Verletzungen der Klägerin darauf geschlossen werden, dass die tätliche Auseinandersetzung nicht von ihr, sondern von Herrn G. ausgegangen ist. Allein der Umstand, dass im Krankenhaus L. Würgemale an Hals und Thorax sowie Kratzwunden festgestellt worden sind vermag nicht zu belegen, dass die Klägerin Opfer eines Angriffs wurden. Denn diese Verletzungen können auch aus der Abwehr einer von der Klägerin ausgehenden Attacke resultieren.
Lag jedoch ein von der Klägerin ausgehender Angriff auf G. vor, so war dadurch der Zusammenhang mit der betrieblichen Tätigkeit gelöst, selbst wenn dieser auf die (Wieder-)Erlangung von Betriebsmitteln der Gaststätte abgezielt hätte.
Die Berufung der Klägerin war deshalb zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG).
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