Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 8 R 3357/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 R 3158/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 2. Juni 2010 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist die Bewilligung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Die am 1964 in der Türkei geborene Klägerin, deutsche Staatsangehörige, erlernte keinen Beruf. Nach ihrer endgültigen Umsiedlung in die Bundesrepublik Deutschland im Juli 1986 war sie ab 01. April 1996 bis zum Beginn der Arbeitsunfähigkeit am 14. Dezember 2007 unterbrochen durch eine Zeit der Arbeitslosigkeit zunächst als Reinigungskraft und ab März 1999 als Briefsortiererin versicherungspflichtig beschäftigt. Daneben übte sie vom 01. April 2003 bis 31. März 2008 eine geringfügige versicherungsfreie Beschäftigung als Reinigungskraft aus. Nach Beendigung der Lohnfortzahlung bezog sie von 19. Januar 2008 bis 02. Juni 2009 Kranken- bzw. Übergangsgeld und sodann bis 02. Juni 2010 Arbeitslosengeld. Im Anschluss daran war sie bis 16. November 2010 arbeitslos ohne Leistungsbezug.
Nachdem sich die Klägerin in der Zeit vom 16. Juni bis 14. August 2008 insbesondere wegen Anpassungsstörungen und einer Somatisierungsstörung in stationärer Behandlung in der S. Klinik, Klinik für Psychosomatik und Psychotherapie, in R. befunden hatte, absolvierte sie vom 09. Dezember 2008 bis 03. Februar 2009 eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme in der Klinik S ... Der Entlassungsbericht des Dr. C. vom 17. Februar 2009 nannte als Diagnosen eine mittelgradige depressive Episode, eine beginnende Somatisierungsstörung, eine arterielle Hypertonie und ein Wirbelsäulensyndrom. Dr. C. vertrat die Auffassung, die Klägerin könne ihre bisherige Tätigkeit als Briefsortiererin und im Übrigen leichte bis mittelschwere Tätigkeiten ohne wesentliche Einschränkungen mindestens sechs Stunden täglich verrichten. Die im Anschluss an die medizinische Rehabilitation zwischen dem 16. Februar und 09. Mai 2009 vereinbarte stufenweise Wiedereingliederung brach die Klägerin bereits am ersten Tag ab.
Am 02. April 2009 beantragte die Klägerin Rente wegen Erwerbsminderung. Sie gab an, sich seit Januar 2006 wegen depressiver und psychischer Störungen für erwerbsgemindert zu halten. Die Beklagte zog u.a. die die Klägerin betreffende Akte des Landratsamts R., Eingliederungs- und Versorgungsamt bei, welche die Klägerin betreffende Arztbriefe der Jahre 2000 bis 2008 enthält und wonach der Grad der Behinderung der Klägerin seit 31. Juli 2008 30 beträgt (Bescheid vom 05. Januar 2009). Sodann veranlasste sie eine Begutachtung der Klägerin durch Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. H ... Dr. H. nannte im Gutachten vom 01. Juli 2009 als Diagnosen eine rezidivierende depressive Störung, aktuell mittelgradige Episode und eine Somatisierungsstörung. Der Gutachter führte aus, die Klägerin sei im Kontakt zurückhaltend und unterbreche das Gespräch immer wieder durch Husten. Sie sei wach, allseits orientiert, affektiv deutlich gedrückt, wirke unruhig, angespannt und deutlich eingeschränkt schwingungsfähig. Im Gespräch hätten sich jedoch keine Anhalte für eine Aufmerksamkeits- oder Konzentrationsstörung und auch nicht für eine formale oder inhaltliche Denkstörung gezeigt. Aufgrund der depressiven Symptomatik sollten Arbeiten unter Zeitdruck sowie Schichtarbeit vermieden werden. Die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Briefsortiererin sei weiterhin mindestens sechs Stunden täglich möglich, sie sollte allerdings im Tagdienst verrichtet werden. Leichte Tätigkeiten unter Berücksichtigung der genannten Einschränkungen seien der Klägerin ebenfalls mindestens sechs Stunden täglich möglich. Nachdem die Beklagte noch eine abschließende sozialmedizinische Stellungnahme des Dr. L. vom 03. Juli 2009 eingeholt hatte, der als Diagnosen des Weiteren ein obstruktives Schlafapnoe-Syndrom und einen Bluthochdruck nannte und auch Tätigkeiten ausschloss, die mit inhalativen Reizen verbunden seien, im Übrigen jedoch wie Dr. H. Tätigkeiten mindestens sechs Stunden täglich für möglich erachtete, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 03. Juli 2009 den Rentenantrag ab.
Mit ihrem dagegen erhobenen Widerspruch beanstandete die Klägerin sowohl die Durchführung der Rehabilitationsmaßnahme als auch die Begutachtung durch Dr. H ... Der sie behandelnde Internist Dr. Ts. und die sie behandelnde Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. M. hätten ihr gegenüber die Aussage gemacht, dass sie nicht erwerbs- und arbeitsfähig sei. Die Beklagte hörte hierzu noch einmal Dr. L., der am bisherigen Leistungsvermögen festhielt. Sodann wies der bei der Beklagten gebildete Widerspruchsauschuss mit Widerspruchsbescheid vom 18. November 2009 den Widerspruch der Klägerin zurück. Der Sozialmedizinische Dienst habe sämtliche Unterlagen überprüft und sei nach Würdigung aller Umstände insbesondere unter Berücksichtigung des Vorbringens der Klägerin im Widerspruchsverfahren - zu dem Ergebnis gekommen, dass der Klägerin, auch unter Berücksichtigung der festgestellten Erkrankungen oder Behinderungen, mittelschwere Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts ohne Wechsel- und Nachtschicht, besonderen Zeitdruck, erhöhte Anforderungen an die psychische Belastbarkeit und Gefährdung durch inhalative Reize mindestens sechs Stunden täglich zumutbar seien. Die Beurteilung dieses Leistungsvermögens durch den Sozialmedizinischen Dienst sei für ihn, den Widerspruchsausschuss, schlüssig und nachvollziehbar, weshalb er sich dieser anschließe. Ein Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung bestehe daher nicht. Eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nach § 240 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) komme bei der Klägerin nicht in Betracht, da sie nach dem 01. Januar 1961 geboren sei.
Am 09. Dezember 2009 erhob die Klägerin Klage zum Sozialgericht Konstanz (SG). Sie vertrat die Auffassung, aufgrund ihrer Erkrankungen und den damit verbundenen Leistungsminderungen sei ihr Leistungsvermögen auf unter drei, mindestens jedoch auf unter sechs Stunden täglich abgesunken. Der Leistungsbeurteilung von Dr. H. könne sie sich nicht anschließen. Die sie behandelnden Ärzte kämen insbesondere im Hinblick auf ihre geminderte psychische Belastbarkeit zu einem anderen Ergebnis.
Die Beklagte trat der Klage entgegen.
Das SG hörte die Klägerin behandelnde Ärzte als sachverständige Zeugen. Allgemeinärztin, Psychotherapie Knaps führte aus (Auskunft vom 26. Februar 2010), sie habe die Klägerin im Rahmen einer ambulanten Kurzzeittherapie von Juli 2006 bis November 2008 mit einer probatorischen Sitzung, 25 Therapiestunden und drei Konsultationen im Mai bzw. Juni 2009 behandelt. Die Aussagen von Dr. H. entsprächen ihrem damaligen im Juni 2009 gewonnenen Eindruck. Internist, Lungenfacharzt und Allergologe Dr. W. gab unter dem 01. März 2010 an, er habe die Klägerin insgesamt fünfmal zwischen dem 14. April 2008 und 25. März 2009 behandelt, bei ihr einen leicht erhöhten Blutdruck und eine leichte restriktive Ventilationsstörung diagnostiziert und eine weitergehende Diagnostik im Schlaflabor veranlasst. Die erhobenen Gesundheitsstörungen seien unter inhalativer Therapie nur noch gering ausgeprägt gewesen. Die auf seinem Fachgebiet erhobenen Gesundheitsstörungen unterstützten die sozialmedizinische Leistungsbeurteilung von Dr. H ... Auch aufgrund der Ventilationsstörung sollten Arbeiten unter Zeitdruck und unter der Vorstellung einer bronchialen Hyperreagibilität möglichst auch Arbeiten vermieden werden, die mit Zugluft, Kälte und Nässe verbunden seien. Bezüglich der Vorstellung im Schlaflabor fügte Dr. W. den Entlassungsbericht des Dr. H., Internist, Pneumologe und Somnologe, W.-Z. Kliniken W., vom 19. Mai 2009 bei, wonach bei der Klägerin ein obstruktives Schnarchen, beginnendes leichtes obstruktives Schlafapnoesyndrom, eine Depression und ein Husten unklarer Ätiologie diagnostiziert worden war. Dr. M. berichtete (Auskunft vom 12. März 2010), dass sich die Klägerin bei ihr erstmals am 18. November 2002 und zuletzt am 02. März 2010 vorgestellt habe. Sie stimme im Wesentlichen mit den von Dr. H. erhobenen Befunden seitens ihres Fachgebiets überein und schließe sich hinsichtlich der Beurteilung des Leistungsvermögens der gutachtlichen Stellungnahme an. Aktuell sei es erneut zu einer Befundverschlechterung gekommen. Die Klägerin sei aber kaum gesprächsfähig gewesen, da ein ständiger, zwanghafter Husten vorhanden gewesen sei. Sie halte eine Intensivierung der psychotherapeutischen Betreuung aktuell für unerlässlich und habe zunächst eine Wiederaufnahme in der S.-Klinik in R. veranlasst.
Mit Gerichtsbescheid vom 02. Juni 2010 wies das SG die Klage ab. Die Klägerin sei nicht erwerbsgemindert im Sinne des § 43 SGB VI. Sie leide vor allem unter einer rezidivierenden depressiven Störung in aktuell mittelgradiger Episode und einer Somatisierungsstörung. Eine rentenrelevante quantitative, d.h. zeitliche Einschränkung für Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt lasse sich daraus nicht ableiten. Die Klägerin könne noch leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vollschichtig verrichten. Arbeiten unter Zeitdruck und Schichtarbeit sollten vermieden werden. Da weder eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen noch eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vorliege, brauche eine bestimmte Verweisungstätigkeit nicht bezeichnet zu werden. Dies entnehme es, das SG, insbesondere dem Verwaltungsgutachten von Dr. H ... Dessen Leistungseinschätzung stehe überdies in Übereinstimmung mit dem Entlassungsbericht der Klinik S ... Auch die behandelnden Nervenärztinnen bestätigten das Gutachten. Ein Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit scheitere an der Stichtagregelung des § 240 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI.
Gegen diesen ihren Prozessbevollmächtigten am 10. Juni 2010 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 08. Juli 2010 Berufung eingelegt. Sie vertritt weiterhin die Auffassung, dass sie nicht einmal mehr eine leichte Tätigkeit bis zu sechs Stunden täglich verrichten könne. Zwischenzeitlich habe sie sich im August 2010 in der Tagesklinik S. in Behandlung befunden, ohne dass eine Besserung festzustellen gewesen wäre. Zusätzlich leide sie unter Blutarmut. Im weiteren Verlauf hat sie ein Attest des Dr. Ts. vom 28. April 2011, wonach dieser der Beurteilung im Gutachten der Ärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. Mi. vom 31. März 2011 (hierzu im Folgenden) widersprach und das Restleistungsvermögen der Klägerin auf unter drei Stunden täglich einschätzte, und eine ärztliche Bescheinigung von Dr. M. vom 25. Juli 2011 vorgelegt, ausweislich derer es in den letzten Monaten zu einer deutlichen Befundverschlechterung gekommen sei und sie, die Ärztin, eine Belastbarkeit von maximal drei Stunden am Tag für gegeben halte.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 02. Juni 2010 und den Bescheid der Beklagten vom 03. Juli 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18. November 2009 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr ab 01. April 2009 Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie tritt der Berufung unter Vorlage von Stellungnahmen des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Bu. vom 18. Februar 2011, 05. Februar und 06. August 2012 entgegen. Danach weisen die vom Senat eingeholten sachverständigen Zeugenauskünfte (hierzu im Folgenden) nicht in ausreichendem Maße auf eine quantitative Leistungseinschränkung der Klägerin hin. Es sei insbesondere nicht nachvollziehbar, dass die Klägerin der Auskunft von Dr. Tr., Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, Therapeutischer Leiter der Tagesklinik R., entsprechend lediglich in einem beschützendem Umfeld tätig sein könne, nachdem dieser letztendlich selbst konstatiert habe, dass "die Einschätzung der Leistungsfähigkeit der Klägerin im beruflichen Bereich auch nach Abschluss der teilstationären Behandlung kaum mit hinreichender Sicherheit möglich" sei (Anführungszeichen im Original). Bei der Klägerin liege eine depressive Störung vor, die jedoch auch unter Berücksichtigung insbesondere der von Dr. Mi. und Dr. Bil, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie erstatteten Gutachten (hierzu im Folgenden) nur qualitative Einschränkungen bedingten.
Der Senat hat behandelnde Ärzte der Klägerin schriftlich als sachverständige Zeugen gehört. Dr. Ts. (Auskunft vom 22. Oktober 2010) hat unter Beifügung von Arztbriefen von Dr. M. aus den Jahren 2002 bis 2010 und des Arztbriefes von Fachärztin für Allgemeinmedizin und Psychotherapie St., Stationsärztin S. Klinik R., vom 30. Mai 2008 (ambulante Vorstellung der Klägerin am 26. Mai 2008; Diagnose: mittelgradige depressive Episode) mitgeteilt, dass die Klägerin an einer Depression mit oft schweren Episoden und erschwerend an multiplen somatischen Beschwerden leide, weshalb sie nicht mehr in der Lage sei, ohne Gefährdung ihrer Gesundheit als Briefsortiererin regelmäßig sechs Stunden täglich zu arbeiten. Ihr Restleistungsvermögen hier und auch für leichte körperliche Tätigkeiten liege unter drei Stunden täglich. Das für die Beurteilung der beruflichen Leistungsfähigkeit im Vordergrund stehende Leiden liege auf psychiatrischem Fachgebiet. Dr. Tr. hat unter dem 21. Oktober 2010 ausgeführt, dass sich die Klägerin vom 19. Juli bis 27. August 2010 zum ersten Mal in teilstationärer Behandlung in der Tagesklinik R. befunden habe. Es seien hierbei die Diagnosen einer rezidivierenden depressiven Störung, gegenwärtig schwere Episode ohne psychotische Symptome, einer Somatisierungsstörung und einer histrionischen Persönlichkeitsstörung gestellt worden. Die Einschätzung der Leistungsfähigkeit der Klägerin im beruflichen Bereich sei auch nach Abschluss der teilstationären Behandlung kaum mit hinreichender Sicherheit möglich. Im stützenden und akzeptierenden Umfeld wie der Tagesklinik habe sich die Klägerin deutlich stabilisiert, die Klage über somatische Beschwerden habe abgenommen und sie sei insgesamt besser belastbar erschienen. Allerdings habe sie bereits kurz vor Entlassung in ihr sicher problematisches Lebensumfeld wieder mehr über Schwindel und Husten sowie Schlafstörungen und "nächtliches Zittern" geklagt und habe dabei wieder mehr ängstlich und verstimmt gewirkt. Es sei davon auszugehen, dass die Klägerin diese Symptomatik nicht willentlich "simuliere" (Anführungszeichen jeweils im Original). In Phasen psychischer Instabilität sei die Klägerin so stark in ihrer Leistungsfähigkeit eingeschränkt, dass jegliche Tätigkeit kaum vorstellbar erscheine. Die an sie gestellten Anforderungen der teilstationären Therapie habe sie aber fast schon überraschend gut bewältigen können. Es sei aber zu erwarten, dass Überlastungen oder Konflikte, die im belastenden familiären Umfeld der Klägerin weiter zu erwarten seien, erneut zu einer Verschlechterung der Symptomatik führen würden. Solche Belastungen seien auch auf dem ersten Arbeitsmarkt kaum vermeidbar. Seiner Einschätzung nach könne die Klägerin eine Arbeitstätigkeit in einem beschützten Umfeld (z.B. Werkstatt für behinderte Menschen) durchaus ausüben und so ihre Belastbarkeit möglicherweise schrittweise weiter steigern. Dr. Tr. hat seiner Auskunft den Entlassungsbericht des Dr. Ko., Facharzt für Psychotherapeutische Medizin, Chefarzt der Tagesklinik R., vom 26. September 2010 über den teilstationären Aufenthalt in der Tagesklinik beigefügt. Danach habe ein medikamentöser Behandlungsversuch mit Abilify deutlich positiv die Symptomatik der Klägerin beeinflusst. Im Vergleich zum Voraufenthalt in der S. Klinik habe die Klägerin auffallend wenig Somatisierungstendenzen gezeigt. Dr. M. (Auskunft vom 28. Februar 2011) hat angegeben, auch durch die Behandlungen in der Tagesklinik in R. sei es nicht zu einer wesentlichen Besserung der Beschwerden der Klägerin gekommen. Sie habe im Wesentlichen weiterhin eine Antriebsminderung angegeben. Ihre Stimmung sei deutlich reduziert gewesen, sie habe sich nicht in der Lage gefühlt, ihre häuslichen Probleme zu bewältigen und es falle ihr schwer, das Haus allein und ohne Hilfe zu verlassen sowie den Tag für sich zu gestalten. Sie habe auch weiterhin einen ständig vorhandenen diffusen Kopfschmerz und Merk- und Konzentrationsstörungen und beklage immer wieder, dass sie "keine Luft zum Atmen habe und innerlich zittere" (Anführungszeichen im Original). Die Klägerin habe bei jeder Vorstellung während der Schilderung der Beschwerden geweint.
Sodann hat im Auftrag des Senats Dr. Mi. ihr nervenfachärztliches Gutachten vom 31. März 2011 erstattet. Die Sachverständige hat ausgeführt, die Klägerin habe ihren Tagesablauf dergestalt geschildert, dass sie um 8:00 Uhr aufstehe, frühstücke, anschließend Tabletten einnehme, sich mit dem Hund beschäftige, schlafe und ärztliche Termine wahrnehme. Gegen 17:00 Uhr würde sie ihre Kinder von der Arbeit zuhause empfangen, gegen 18:00 Uhr Abendessen, dann mit der Familie zusammensitzen, sodann wieder Medikamente einnehmen und sich gegen 22:00 Uhr schlafen legen. Manchmal gehe sie mit dem Hund spazieren oder sitze im Garten. Sie mache sich auch die Haare. Zur Krankengymnastik, die in der Nähe sei, gehe sie alleine. Als Hobbys habe sie Zeitunglesen, Fernschauen und Spielen mit dem Hund angegeben. Das Verhalten der Klägerin sei von häufigem Weinen, das sistiert habe, wenn das Gespräch unterbrochen worden sei, geprägt gewesen. Hintergründig werde eine Verärgerung, ein Rückzug, eine Frustriertheit aus dem Gefühl des Betrogenseins von nahen Angehörigen und von der Lebenssituation insgesamt deutlich. Es bestehe eine Diskrepanz zwischen der trotz der beklagten Schmerzen unauffälligen Beweglichkeit und äußerlichen Ordnung und Geschicklichkeit, auch dem Gepflegtsein, und dem Wunsch nach totaler Versorgung im Sinne des Rentenantrags. Die affektive Schwingung der Klägerin sei ausreichend, ihr Antrieb nicht gestört, sie sei affektiv gut auslenkbar und wirke im Denken und Handeln willensstark und durchsetzungsfähig. Dabei habe sie Sehnsüchte nach Versorgung und Entlastung, die ihr im Laufe des Lebens offensichtlich nicht gegönnt gewesen seien. Ihre konzentrative Belastbarkeit sei durchgängig erhalten gewesen. Die Sachverständige hat eine leichte bis mittelgradige depressive Episode, eine Somatisierungsstörung und eine histrionische Persönlichkeit diagnostiziert. Es sei davon auszugehen, dass die psychische Störung mit gleichbleibendem Ausmaß in Bezug auf Art und funktionelle Auswirkung bereits jahrelang bestehe und auch schon während der Zeit der Berufstätigkeit bestanden habe. Es bestehe eine inhaltlich wechselhafte Belastung einerseits in der Partnerschaft, andererseits innerfamiliär bzw. durch Faktoren von Seiten der Herkunftsfamilie. Durchgängig bestünden Gefühle von "Betrogensein", hintergründig aggressive Gefühle, auch ein Krankheitsgewinn durch "Leistungsentzug" (Anführungszeichen jeweils im Original). Leichte bis zeitweilig mittelschwere Tätigkeiten ohne Stress, Druck und Nachtarbeit seien der Klägerin mindestens sechs Stunden täglich möglich. Ausgeschlossen seien Tätigkeiten mit erhöhter oder hoher Verantwortung für Personen oder Sachwerte oder an laufenden Maschinen. Der Einschätzung von Dr. Tr. schließe sie, die Sachverständige, sich nicht an. Die Klägerin habe sich während der tagesstationären Behandlung deutlich gebessert. Die alleinige Tatsache, dass ein problematisches familiäres Umfeld mit vielerlei Konflikten bestehe, bewirke per se keine Leistungseinbuße. Im Gegenteil, es könne davon ausgegangen werden, dass sich durch die Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt mit den dortigen Möglichkeiten von Kontakten und Erfolgserlebnissen auch die psychische Situation der Klägerin stabilisieren werde.
Auf Antrag der Klägerin gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat Dr. Bil das psychiatrisch-schmerzpsychologische Gutachten vom 20. Dezember 2011 erstattet. Der Sachverständige hat ausgeführt, die Klägerin habe ihm gegenüber bezüglich des Tagesablaufs berichtet, sie stehe zwischen 5:30 Uhr und 6:00 Uhr auf, mache sich dann frisch und gehe mit dem Hund raus. Dann frühstücke sie alleine, mache den Haushalt mit vielen Pausen und lege sich zwischendurch oft auf das Sofa, um sich zu erholen. Kochen könne sie wegen ihrer Riechstörungen nicht immer. Nachmittags gehe sie nochmals mit dem Hund raus, sehe etwas fern. Abends rede sie mit den Kindern und gehe zwischen 1:00 Uhr und 2:00 Uhr ins Bett. Es dauere etwa 30 bis 60 Minuten bis sie einschlafe, sie schlafe höchstens vier Stunden pro Nacht. Bei der körperlichen Untersuchung habe permanent ein Reizhusten mit spastischer Komponente bestanden. Die Wirbelsäulenbeweglichkeit sei in allen Abschnitten eingeschränkt gewesen. Es habe ein lokaler Klopf- und Druckschmerz über der verspannten Schulter-Nacken-Muskulatur und im Lendenwirbelsäulenbereich bestanden. Schmerzhaft eingeschränkt gewesen sei auch die Beweglichkeit im Bereich der linken Schulter und beider Handgelenke. Der linke Daumen sei druckschmerzhaft gewesen. Außerdem habe ein Beuge- und Überstreckschmerz im linken Kniegelenk bestanden. Die Auffassung und Konzentration der Klägerin sei sowohl in der Befragung als auch in der testpsychologischen Untersuchung gemindert gewesen. Ihr Affekt sei herabgestimmt, sie sei jedoch zum positiven Pol auslenkbar bei Schilderung der Beziehung zu den Kindern. Ihre Psychomotorik sei lahm, der Antrieb mittelschwer gemindert und ihr Denken etwas verlangsamt gewesen. Im Sozialverhalten zeige sie Rückzugstendenzen. Dr. Bil hat bei der Klägerin als Diagnose eine chronifizierte Depression, phasenweise übergehend in eine schwere depressive Episode ohne psychotische Symptome genannt. Als Differentialdiagnose bestehe eine schwere depressive Episode mit psychotischen Symptomen. Die Nennung dieser Diagnose erfolge, da die Klägerin Abilify erhalte. Auf internistischem Fachgebiet bestehe bei der Klägerin ein Schlafapnoesyndrom, eine arterielle Hypertonie, ein Asthma bronchiale, ein Ulkus ventrikuli, eine Adipositas, eine Eisenmangelanämie, zusätzlich eine Anämie anderer Genese und eine Lipidstoffwechselstörung, auf orthopädischem Fachgebiet eine Kniegelenksarthrose rechts und eine Schultergelenkserkrankung links und auf neurologischem Fachgebiet ein Restless-legs-Syndrom. Aus eigener Willensanstrengung könne die Klägerin sich nicht verbessern, unter ärztlicher Mithilfe sehe er durchaus noch Behandlungsoptionen, psychopharmakologische Behandlungsversuche seien noch längst nicht ausgereizt. Man werde für die Verbesserung des Krankheitszustands mehrere Monate veranschlagen müssen. Innerhalb von sechs bis neun Monaten sollte jedoch eine teilweise Überwindbarkeit in einer geeigneten Fachklinik erzielbar sein. Leichte bis gelegentlich mittelschwere körperliche Arbeiten unter Ausschluss von Publikumsverkehr ohne Überkopfarbeit, häufiges Bücken, Heben und Tragen von Lasten über zehn kg, Arbeit auf Leitern und Gerüsten, im Freien und an Maschinen könne die Klägerin drei Stunden täglich verrichten. Er gehe davon aus, dass nach erfolgreicher Behandlung eine Teilremission nicht auszuschließen sei, sodass an fünf Tagen in der Woche eine Halbtagstätigkeit realistisch erscheine. In der ergänzenden Stellungnahme vom 23. Juli 2012 hat Dr. Bil an der Leistungseinschätzung in seinem Gutachten festgehalten.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten und der Gerichtsakten in beiden Instanzenzügen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin ist zulässig. Die Klägerin hat die Berufung form- und fristgerecht eingelegt. Die Berufung ist auch statthaft, da die Klägerin Leistungen für einen Zeitraum von mehr als einem Jahr begehrt (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG).
Die zulässige Berufung der Klägerin ist aber unbegründet. Mit dem angefochtenen Gerichtsbescheid vom 02. Juni 2010 hat das SG zu Recht die Klage abgewiesen. Die Ablehnung des Antrags auf Rente wegen Erwerbsminderung durch den Bescheid der Beklagten vom 03. Juli 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18. November 2009 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat seit 01. April 2009 weder Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung noch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung.
Versicherte haben nach § 43 Abs. 2 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung und nach § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze (insoweit mit Wirkung zum 01. Januar 2008 geändert durch Artikel 1 Nr. 12 des RV-Altersgrenzenanpassungsgesetzes vom 20. April 2007, BGBl. I, S. 554), wenn sie voll bzw. teilweise erwerbsgemindert sind (Nr. 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr. 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr. 3). Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Sowohl für die Rente wegen teilweiser als auch für die Rente wegen voller Erwerbsminderung ist Voraussetzung, dass die Erwerbsfähigkeit durch Krankheit oder Behinderung gemindert sein muss. Entscheidend ist darauf abzustellen, in welchem Umfang ein Versicherter durch Krankheit oder Behinderung in seiner körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt wird und in welchem Umfang sich eine Leistungsminderung auf die Fähigkeit, erwerbstätig zu sein, auswirkt. Bei einem Leistungsvermögen, das dauerhaft eine Beschäftigung von mindestens sechs Stunden täglich bezogen auf eine Fünf-Tage-Woche ermöglicht, liegt keine Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs. 1 und Abs. 2 SGB VI vor. Wer noch sechs Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts arbeiten kann, ist nicht erwerbsgemindert; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI).
Die Klägerin ist seit 01. April 2009 weder voll noch teilweise erwerbsgemindert. Dahingestellt bleiben kann insoweit, ob sie ihre langjährig verrichtete Tätigkeit als Briefsortiererin im Nachtdienst noch in einem Umfang von mindestens sechs Stunden täglich verrichten kann, denn sie kann jedenfalls mit qualitativen Einschränkungen sonstige leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts in einem Umfang von mindestens sechs Stunden täglich verrichten. Dies steht zur Überzeugung des Senats aufgrund des im Berufungsverfahren von Dr. Mi. erstatteten Gutachtens vom 31. März 2011, aber auch des Verwaltungsgutachtens von Dr. H. vom 01. Juli 2009 und dem Entlassungsbericht des Dr. C. über die von der Klägerin durchgeführte Rehabilitationsmaßnahme in der Klinik in S. vom 17. Februar 2009 fest.
Die Klägerin leidet vorrangig unter Gesundheitsstörungen auf psychiatrischem Fachgebiet. Es besteht bei ihr eine rezidivierende depressive Störung mit immer wieder mittelgradigen, zeitweise auch schweren Episoden. Dies entnimmt der Senat mit Blick auf die mittelgradigen Episoden den Gutachten von Dr. Mi. vom 31. März 2011 und von Dr. H. vom 01. Juli 2009 sowie dem Entlassungsbericht des Dr. C. vom 17. Februar 2009 und auch dem Arztbrief der Ärztin St. vom 30. Mai 2008 und bezüglich der schweren Episoden den sachverständigen Zeugenauskünften von Dr. Tr. vom 21. Oktober und Dr. Ts. vom 22. Oktober 2010. Letzteres folgt auch aus dem von Dr. Bil erstatteten Gutachten vom 20. Dezember 2011. Weder die mittelgradigen noch die schweren Episoden sind jedoch - wie schon der Begriff Episode sagt - dauernd vorhanden. Dies folgt auch aus der sachverständigen Zeugenauskunft des Dr. Tr. und dem Entlassungsbericht des Dr. Ko. vom 26. September 2010, wonach die medikamentöse Behandlung der schweren Depression mit dem Medikament Abilify zu einer Besserung führte und außerdem auch zur Folge hatte, dass die somatischen Beschwerden der Klägerin abnahmen. Dass die schweren Episoden dauernd vorhanden sind, lässt sich auch nicht mit der Auskunft von Dr. M. vom 28. Februar 2011 belegen. Zwar hat Dr. M. in dieser Auskunft angegeben, dass die Behandlungen in der Tagesklinik in R. nicht zu einer wesentlichen Besserung der Beschwerden der Klägerin geführt hätten und sie bei den Vorstellungen im Wesentlichen weiterhin eine Antriebsminderung gezeigt habe, ihre Stimmung deutlich reduziert sei und sie sich nicht in der Lage fühle, ihre häuslichen Probleme zu bewältigen und den Tag für sich zu gestalten. Weitere Angaben hierzu hat Dr. M. jedoch nicht gemacht. Der Vortrag, wonach die Klägerin sich nicht in der Lage fühle, ihre häuslichen Probleme zu bewältigen, widerspricht darüber hinaus aber auch dem von der Klägerin am 29. März 2011 Dr. Mi. und am 13. Dezember 2011 Dr. Bil gegenüber geschilderten Tagesablauf, aus dem jeweils durchaus sowohl eine Gestaltung des Tages hervorgeht und die Klägerin auch angab, dass sie alleine das Haus verlasse, weil sie mit dem Hund rausgehe, Krankengymnastiktermine wahrnehme und sich in den Garten setze. Eine anhaltende schwere depressive Symptomatik vermag der Senat deshalb nicht festzustellen.
Ferner besteht bei der Klägerin eine Somatisierungsstörung, wie sich ebenfalls aus den Gutachten von Dr. H. und Dr. Mi., dem Entlassungsbericht des Dr. C. und der sachverständigen Zeugenauskunft des Dr. Tr. ergibt.
Auf internistischem Fachgebiet liegt bei der Klägerin eine arterielle Hypertonie vor, wobei der Blutdruck medikamentös jedoch gut eingestellt ist. So maß Dr. H. einen Blutdruck von 158/80 mmHg und nach dem Entlassungsbericht des Dr. Ko. vom 12. Dezember 2008 über den stationären Aufenthalt der Klägerin in der S. Klinik im Jahr 2008 bewegten sich die Blutdruckwerte meistens im Normbereich (120 bis 130 mmHg systolisch, 75 bis 78 mmHg diastolisch). Nur im Zusammenhang mit psychischer Belastung stiegen sie kurzfristig auf 180 mmHg systolisch und 90 mmHg diastolisch. Im Übrigen nennt auch der die Klägerin behandelnde Internist Dr. Ts. die Diagnose eines Bluthochdrucks in seiner sachverständigen Zeugenauskunft vom 22. Dezember 2010 nicht. Anhaltspunkte dafür, dass es sich um einen Bluthochdruck handelt, der medikamentös nicht ausreichend einstellbar ist, ergeben sich für den Senat deshalb nicht.
Außerdem besteht bei der Klägerin ausweislich der im Schlaflabor im Jahr 2009 durchgeführten Untersuchung ein mäßiges Schlafapnoesyndrom. Der Leidensdruck scheint bei der Klägerin nicht gravierend zu sein, die vorgeschlagene Therapie mit einer Maske lehnte sie ab. Dr. H. hielt es für ausreichend, zunächst den konservativen Ansatz mit vor allem Gewichtsreduktion durchzuführen.
Daneben besteht bei der Klägerin, wie aus der sachverständigen Zeugenauskunft des Dr. W. vom 01. März 2010 hervorgeht, eine leichte restriktive Ventilationsstörung. Eine Obstruktion war insoweit aber nicht feststellbar. Unter Bronchospasmolyse ergab sich eine Besserung. Auch bei der Lungenfunktionskontrolle am 09. Mai 2008 waren die Ergebnisse deutlich verbessert. Die von Dr. Bil genannte Diagnose Asthma bronchiale findet in der sachverständigen Zeugenauskunft von Dr. W. keine Bestätigung. Auch Dr. Bil hat insoweit keine konkreten Befunde angegeben, die diese Diagnose stützen könnten.
Schließlich leidet die Klägerin an einem Ulkus ventrikuli, das indessen keiner Behandlung bedarf, einer Eisenmangelanämie und sonstigen Anämie sowie einer Lipidstoffwechselstörung, wobei diese Erkrankungen jeweils nicht mit Einschränkungen verbunden sind. Solche gehen insbesondere auch nicht aus dem von Dr. Bil erstatteten Gutachten hervor.
Das Vorliegen eines Wirbelsäulensyndroms vermag der Senat bei der Klägerin nicht mehr festzustellen. Zwar nannte Dr. C. in seinem Entlassungsbericht vom 17. Februar 2009 die Diagnose eines Wirbelsäulensyndroms. Dieses führte jedoch auch nach dem Entlassungsbericht zu allenfalls endgradigen Funktionseinschränkungen (Fingerbodenabstand: zehn cm) und war lediglich mit einer Myalgie verbunden, wobei die Wirbelsäule im Verlauf nicht klopfschmerzhaft war. In den nachfolgenden medizinischen Unterlagen wird diese Diagnose dann nicht mehr gestellt. Ein weitergehender Befund geht auch nicht aus dem von Dr. Bil erstatteten Gutachten hervor. Dieser hat nur ausgeführt, dass die Wirbelsäulenbeweglichkeit in allen Abschnitten eingeschränkt gewesen sei, ohne dass er dies weiter konkretisiert hätte. Er hat als Diagnose auch kein Wirbelsäulensyndrom aufgeführt.
Keine Bestätigung in den weiteren vorliegenden medizinischen Unterlagen finden auch die von Dr. Bil genannte Kniegelenksarthrose rechts, die Schultergelenkserkrankung links und das Restless-Legs-Syndrom. Nachdem sich Dr. Bil mit Blick auf die Kniegelenksarthrose darauf beschränkte, ohne nähere Angaben nur einen Beuge- und Überstreckungsschmerz im linken Knie zu erwähnen, vermag der Senat nicht festzustellen, dass, zumal bei den Befunden ein Schmerz im linken Knie, bei den Diagnosen aber eine Kniegelenksarthrose rechts genannt wurde, eine Kniegelenksarthrose bei der Klägerin vorliegt. Ebenso verhält es sich im Hinblick auf die schmerzhaft eingeschränkte Beweglichkeit in der linken Schulter, die Dr. Bil ebenfalls nicht weiter präzisiert. Die Diagnose des Restless-Legs-Syndroms stützt Dr. Bil allein auf die Angaben der Klägerin. Eine Behandlung findet insoweit nicht statt.
Aus den bei der Klägerin als rentenrelevant zu berücksichtigenden Gesundheitsstörungen ergeben sich nach Überzeugung des Senats qualitative Leistungseinschränkungen. Die Klägerin kann wegen der rezidivierenden depressiven Störung und der Somatisierungsstörung nur noch leichte bis zeitweilig mittelschwere Tätigkeiten ohne Stress, Zeitdruck, Schicht- und Nachtarbeit und unter Ausschluss von Tätigkeiten mit erhöhter oder hoher Verantwortung für Personen oder Sachwerte sowie an laufenden Maschinen verrichten. Wegen der leichten Ventilationsstörung sind Arbeiten im Freien und solche, die mit Zugluft, Kälte und Nässe verbunden sind, ausgeschlossen. Dies entnimmt der Senat den von Dr. Mi. und Dr. H. erstatteten Gutachten, aber auch dem Entlassungsbericht des Dr. C. und der sachverständigen Zeugenauskunft des Dr. W ... Soweit Dr. Bil auch Bücken, Überkopfarbeit, häufiges Heben, Tragen und Bewegen von Lasten über zehn kg sowie Arbeiten auf Leitern und Gerüsten ausgeschlossen hat, vermag sich der Senat dem nicht anzuschließen, nachdem im Bereich der Wirbelsäule, der Schultern und der Knie kein rentenrelevanter Befund erhoben wurde.
Die bei der Klägerin als rentenrelevant zu berücksichtigenden Gesundheitsstörungen führen nach Überzeugung des Senats aber zu keiner Einschränkung des Leistungsvermögens in quantitativer Hinsicht. Die Klägerin ist noch in der Lage, leichte bis zeitweilig mittelschwere Tätigkeiten mit den genannten qualitativen Leistungseinschränkungen in einem Umfang von mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Der Senat stützt dies auf die übereinstimmende Beurteilung des Gutachters Dr. H. sowie der Sachverständigen Dr. Mi., aber auch des Dr. C. und des Dr. W ... Diese Einschätzung steht auch im Einklang mit den sachverständigen Zeugenauskünften der Allgemeinärztin Knaps vom 26. Februar 2010 und der sachverständigen Zeugenauskunft von Dr. M. vom 12. März 2010. Der Senat vermag demgegenüber nicht der Beurteilung des Leistungsvermögens in quantitativer Hinsicht durch Dr. Bil, der davon ausgeht, dass die Klägerin derzeit Tätigkeiten nur noch drei Stunden täglich verrichten könne, zu folgen. Auch der Einschätzung des Dr. Ts. in seiner sachverständigen Zeugenauskunft vom 22. Oktober 2010 und seinem Attest vom 28. April 2011, wonach das Restleistungsvermögen der Klägerin auf unter drei Stunden täglich gesunken sei, vermag sich der Senat nicht anzuschließen. Ebenso verhält es sich mit Blick auf die ärztliche Bescheinigung von Dr. M. vom 25. Juli 2011. Auch die Auskunft von Dr. Tr., wonach die Klägerin lediglich in einem beschützenden Umfeld tätig sein könne, überzeugt den Senat nicht. Die Beurteilung des quantitativen Leistungsvermögens insbesondere durch Dr. Mi. und Dr. H. sowie Dr. C. und Dr. W. ist aufgrund der von ihnen erhobenen Befunde schlüssig und nachvollziehbar. Dr. Mi. hat die Exploration der Klägerin unter Zuhilfenahme einer türkisch sprechenden Arzthelferin als Dolmetscherin umfassend dargestellt. Sie hat insbesondere auch den Tagesablauf der Klägerin erhoben und nachvollziehbar dargelegt, dass bei der Klägerin eine Verärgerung und Frustration aufgrund ihrer problematischen Lebenssituation sowohl im Zusammenhang mit ihrem Ehemann als auch mit Blick auf ihre Ursprungsfamilie vorliegt, was die Klägerin belastet. Die die Klägerin belastende familiäre Situation haben auch Dr. Tr. und Dr. M. gesehen. Zu Recht hat die Sachverständige darauf hingewiesen, dass im Zusammenhang mit der seelischen Störung, die im Wesentlichen ihre Ursache in der Familie hat, davon auszugehen ist, dass sich ihre Leistungsfähigkeit im günstigen persönlichen Umfeld wieder normalisiert. Gestützt wird diese Einschätzung dadurch, dass sich die Klägerin anlässlich ihres Aufenthalts in der Tagesklinik R. im Jahr 2010 im stützenden und akzeptierenden Umfeld der Tagesklinik deutlich stabilisierte und auch ihre Klage über somatische Beschwerden abnahm. Dies führt sowohl Dr. Tr. in seiner sachverständigen Zeugenauskunft als auch Dr. Ko. im Entlassungsbericht aus. Von Belang ist in diesem Zusammenhang auch, dass diese seelische Störung der Klägerin aber - wie Dr. Mi. ebenfalls nachvollziehbar herausgearbeitet hat - auch schon während ihrer beruflichen Tätigkeit vorhanden war. Das Verhältnis zu ihrem Ehemann ist schon viele Jahre gestört und die Problematik mit dem Erbe, um das sie sich betrogen fühlt, entstand im Jahr 2005 mit dem Tod der Mutter, dennoch stand diese Problematik in der Vergangenheit einer beruflichen Tätigkeit der Klägerin nicht entgegen. Nicht außer Acht gelassen darf insoweit auch, dass bei der Klägerin noch eine ausreichende Tagesstruktur vorhanden ist, die keinen vollständigen Rückzug der Klägerin aus dem alltäglichen Leben erkennen lässt. Auch ist die Klägerin, wie sie sowohl gegenüber Dr. Mi., aber auch nachfolgend gegenüber Dr. Bil angegeben hat, noch in der Lage, die Wohnung zu verlassen und mit dem Hund rauszugehen.
Daraus ergibt sich auch, weshalb der Senat der zeitlichen Leistungsbeurteilung des Dr. Bil nicht zu folgen vermag. Auch Dr. Bil gegenüber gab die Klägerin - wie bereits ausgeführt einen geordneten Tagesablauf an. Dr. Bil nennt ebenfalls die problematische Beziehung zum Ehemann und die Tatsache, dass die Klägerin sich um ihr Erbe betrogen fühlt. Sowohl die problematische Beziehung zum Ehemann als auch die Erbstreitigkeiten bestehen jedoch schon viele Jahre und standen in der Vergangenheit - wie ausgeführt - einer Berufstätigkeit der Klägerin nicht entgegen. Dies vermag deshalb die Leistungseinschätzung von Dr. Bil nicht zu begründen. Ein Betätigungsfeld außerhalb der Familie würde sich, wie Dr. Mi. für den Senat nachvollziehbar herausgearbeitet hat, positiv auf das Leistungsvermögen der Klägerin auswirken.
Widerlegt wird die Einschätzung eines mindestens sechsstündigen Leistungsvermögens der Klägerin auch nicht durch die sachverständige Zeugenauskunft und das Attest von Dr. Ts ... Dr. Ts. stützt seine Einschätzung im Wesentlichen auf die bei der Klägerin vorliegende Depression. Er nennt hierbei keine weitergehenden Befunde und nachdem er als Internist insoweit fachfremd urteilt, vermag diese Einschätzung die Überzeugung des Senats, der sich auf die übereinstimmende Einschätzung der Fachärzte auf psychiatrischem Fachgebiet Dr. Mi. und Dr. H. stützt, nicht zu erschüttern.
Ebenso verhält es sich auch mit Blick auf die ärztliche Bescheinigung von Dr. M. vom 25. Juli 2011, die im Widerspruch zu ihrer sachverständigen Zeugenauskunft vom 12. März 2010 steht. Diese Einschätzung ist für den Senat insbesondere auch deshalb nicht nachvollziehbar, weil Dr. M. bereits in der Auskunft vom 12. März 2010 auf eine Befundverschlechterung hinwies, sich dennoch aber der Leistungseinschätzung von Dr. H. anschloss. In der ärztlichen Bescheinigung vom 25. Juli 2011 teilt sie keine Befunde mit, die es rechtfertigen würden, nunmehr nur noch von einer Belastbarkeit von maximal drei Stunden am Tag auszugehen.
Soweit Dr. Tr. die Auffassung vertreten hat, dass die Klägerin lediglich noch in einem beschützendem Umfeld tätig sein könne, ist insoweit nicht außer Acht zu lassen, dass Dr. Tr. selbst in seiner sachverständigen Zeugenauskunft vom 21. Oktober 2010 ausführte, dass die Einschätzung der Leistungsfähigkeit der Klägerin im beruflichen Bereich auch nach Abschluss der teilstationären Behandlung kaum mit hinreichender Sicherheit möglich sei, woraus der Schluss zu ziehen ist, dass er selbst diese Einschätzung auch unter Vorbehalt sieht. Im Übrigen steht diese Einschätzung nicht im Einklang mit dem Verlauf des Aufenthalts der Klägerin in der Tagesklinik, bei dem die Klägerin die an sie gestellten Anforderungen der teilstationären Therapie fast schon überraschend gut habe bewältigen können und ein medikamentöser Behandlungsversuch mit Abilify die Symptomatik der Klägerin deutlich positiv beeinflusste. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist die Bewilligung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Die am 1964 in der Türkei geborene Klägerin, deutsche Staatsangehörige, erlernte keinen Beruf. Nach ihrer endgültigen Umsiedlung in die Bundesrepublik Deutschland im Juli 1986 war sie ab 01. April 1996 bis zum Beginn der Arbeitsunfähigkeit am 14. Dezember 2007 unterbrochen durch eine Zeit der Arbeitslosigkeit zunächst als Reinigungskraft und ab März 1999 als Briefsortiererin versicherungspflichtig beschäftigt. Daneben übte sie vom 01. April 2003 bis 31. März 2008 eine geringfügige versicherungsfreie Beschäftigung als Reinigungskraft aus. Nach Beendigung der Lohnfortzahlung bezog sie von 19. Januar 2008 bis 02. Juni 2009 Kranken- bzw. Übergangsgeld und sodann bis 02. Juni 2010 Arbeitslosengeld. Im Anschluss daran war sie bis 16. November 2010 arbeitslos ohne Leistungsbezug.
Nachdem sich die Klägerin in der Zeit vom 16. Juni bis 14. August 2008 insbesondere wegen Anpassungsstörungen und einer Somatisierungsstörung in stationärer Behandlung in der S. Klinik, Klinik für Psychosomatik und Psychotherapie, in R. befunden hatte, absolvierte sie vom 09. Dezember 2008 bis 03. Februar 2009 eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme in der Klinik S ... Der Entlassungsbericht des Dr. C. vom 17. Februar 2009 nannte als Diagnosen eine mittelgradige depressive Episode, eine beginnende Somatisierungsstörung, eine arterielle Hypertonie und ein Wirbelsäulensyndrom. Dr. C. vertrat die Auffassung, die Klägerin könne ihre bisherige Tätigkeit als Briefsortiererin und im Übrigen leichte bis mittelschwere Tätigkeiten ohne wesentliche Einschränkungen mindestens sechs Stunden täglich verrichten. Die im Anschluss an die medizinische Rehabilitation zwischen dem 16. Februar und 09. Mai 2009 vereinbarte stufenweise Wiedereingliederung brach die Klägerin bereits am ersten Tag ab.
Am 02. April 2009 beantragte die Klägerin Rente wegen Erwerbsminderung. Sie gab an, sich seit Januar 2006 wegen depressiver und psychischer Störungen für erwerbsgemindert zu halten. Die Beklagte zog u.a. die die Klägerin betreffende Akte des Landratsamts R., Eingliederungs- und Versorgungsamt bei, welche die Klägerin betreffende Arztbriefe der Jahre 2000 bis 2008 enthält und wonach der Grad der Behinderung der Klägerin seit 31. Juli 2008 30 beträgt (Bescheid vom 05. Januar 2009). Sodann veranlasste sie eine Begutachtung der Klägerin durch Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. H ... Dr. H. nannte im Gutachten vom 01. Juli 2009 als Diagnosen eine rezidivierende depressive Störung, aktuell mittelgradige Episode und eine Somatisierungsstörung. Der Gutachter führte aus, die Klägerin sei im Kontakt zurückhaltend und unterbreche das Gespräch immer wieder durch Husten. Sie sei wach, allseits orientiert, affektiv deutlich gedrückt, wirke unruhig, angespannt und deutlich eingeschränkt schwingungsfähig. Im Gespräch hätten sich jedoch keine Anhalte für eine Aufmerksamkeits- oder Konzentrationsstörung und auch nicht für eine formale oder inhaltliche Denkstörung gezeigt. Aufgrund der depressiven Symptomatik sollten Arbeiten unter Zeitdruck sowie Schichtarbeit vermieden werden. Die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Briefsortiererin sei weiterhin mindestens sechs Stunden täglich möglich, sie sollte allerdings im Tagdienst verrichtet werden. Leichte Tätigkeiten unter Berücksichtigung der genannten Einschränkungen seien der Klägerin ebenfalls mindestens sechs Stunden täglich möglich. Nachdem die Beklagte noch eine abschließende sozialmedizinische Stellungnahme des Dr. L. vom 03. Juli 2009 eingeholt hatte, der als Diagnosen des Weiteren ein obstruktives Schlafapnoe-Syndrom und einen Bluthochdruck nannte und auch Tätigkeiten ausschloss, die mit inhalativen Reizen verbunden seien, im Übrigen jedoch wie Dr. H. Tätigkeiten mindestens sechs Stunden täglich für möglich erachtete, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 03. Juli 2009 den Rentenantrag ab.
Mit ihrem dagegen erhobenen Widerspruch beanstandete die Klägerin sowohl die Durchführung der Rehabilitationsmaßnahme als auch die Begutachtung durch Dr. H ... Der sie behandelnde Internist Dr. Ts. und die sie behandelnde Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. M. hätten ihr gegenüber die Aussage gemacht, dass sie nicht erwerbs- und arbeitsfähig sei. Die Beklagte hörte hierzu noch einmal Dr. L., der am bisherigen Leistungsvermögen festhielt. Sodann wies der bei der Beklagten gebildete Widerspruchsauschuss mit Widerspruchsbescheid vom 18. November 2009 den Widerspruch der Klägerin zurück. Der Sozialmedizinische Dienst habe sämtliche Unterlagen überprüft und sei nach Würdigung aller Umstände insbesondere unter Berücksichtigung des Vorbringens der Klägerin im Widerspruchsverfahren - zu dem Ergebnis gekommen, dass der Klägerin, auch unter Berücksichtigung der festgestellten Erkrankungen oder Behinderungen, mittelschwere Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts ohne Wechsel- und Nachtschicht, besonderen Zeitdruck, erhöhte Anforderungen an die psychische Belastbarkeit und Gefährdung durch inhalative Reize mindestens sechs Stunden täglich zumutbar seien. Die Beurteilung dieses Leistungsvermögens durch den Sozialmedizinischen Dienst sei für ihn, den Widerspruchsausschuss, schlüssig und nachvollziehbar, weshalb er sich dieser anschließe. Ein Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung bestehe daher nicht. Eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nach § 240 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) komme bei der Klägerin nicht in Betracht, da sie nach dem 01. Januar 1961 geboren sei.
Am 09. Dezember 2009 erhob die Klägerin Klage zum Sozialgericht Konstanz (SG). Sie vertrat die Auffassung, aufgrund ihrer Erkrankungen und den damit verbundenen Leistungsminderungen sei ihr Leistungsvermögen auf unter drei, mindestens jedoch auf unter sechs Stunden täglich abgesunken. Der Leistungsbeurteilung von Dr. H. könne sie sich nicht anschließen. Die sie behandelnden Ärzte kämen insbesondere im Hinblick auf ihre geminderte psychische Belastbarkeit zu einem anderen Ergebnis.
Die Beklagte trat der Klage entgegen.
Das SG hörte die Klägerin behandelnde Ärzte als sachverständige Zeugen. Allgemeinärztin, Psychotherapie Knaps führte aus (Auskunft vom 26. Februar 2010), sie habe die Klägerin im Rahmen einer ambulanten Kurzzeittherapie von Juli 2006 bis November 2008 mit einer probatorischen Sitzung, 25 Therapiestunden und drei Konsultationen im Mai bzw. Juni 2009 behandelt. Die Aussagen von Dr. H. entsprächen ihrem damaligen im Juni 2009 gewonnenen Eindruck. Internist, Lungenfacharzt und Allergologe Dr. W. gab unter dem 01. März 2010 an, er habe die Klägerin insgesamt fünfmal zwischen dem 14. April 2008 und 25. März 2009 behandelt, bei ihr einen leicht erhöhten Blutdruck und eine leichte restriktive Ventilationsstörung diagnostiziert und eine weitergehende Diagnostik im Schlaflabor veranlasst. Die erhobenen Gesundheitsstörungen seien unter inhalativer Therapie nur noch gering ausgeprägt gewesen. Die auf seinem Fachgebiet erhobenen Gesundheitsstörungen unterstützten die sozialmedizinische Leistungsbeurteilung von Dr. H ... Auch aufgrund der Ventilationsstörung sollten Arbeiten unter Zeitdruck und unter der Vorstellung einer bronchialen Hyperreagibilität möglichst auch Arbeiten vermieden werden, die mit Zugluft, Kälte und Nässe verbunden seien. Bezüglich der Vorstellung im Schlaflabor fügte Dr. W. den Entlassungsbericht des Dr. H., Internist, Pneumologe und Somnologe, W.-Z. Kliniken W., vom 19. Mai 2009 bei, wonach bei der Klägerin ein obstruktives Schnarchen, beginnendes leichtes obstruktives Schlafapnoesyndrom, eine Depression und ein Husten unklarer Ätiologie diagnostiziert worden war. Dr. M. berichtete (Auskunft vom 12. März 2010), dass sich die Klägerin bei ihr erstmals am 18. November 2002 und zuletzt am 02. März 2010 vorgestellt habe. Sie stimme im Wesentlichen mit den von Dr. H. erhobenen Befunden seitens ihres Fachgebiets überein und schließe sich hinsichtlich der Beurteilung des Leistungsvermögens der gutachtlichen Stellungnahme an. Aktuell sei es erneut zu einer Befundverschlechterung gekommen. Die Klägerin sei aber kaum gesprächsfähig gewesen, da ein ständiger, zwanghafter Husten vorhanden gewesen sei. Sie halte eine Intensivierung der psychotherapeutischen Betreuung aktuell für unerlässlich und habe zunächst eine Wiederaufnahme in der S.-Klinik in R. veranlasst.
Mit Gerichtsbescheid vom 02. Juni 2010 wies das SG die Klage ab. Die Klägerin sei nicht erwerbsgemindert im Sinne des § 43 SGB VI. Sie leide vor allem unter einer rezidivierenden depressiven Störung in aktuell mittelgradiger Episode und einer Somatisierungsstörung. Eine rentenrelevante quantitative, d.h. zeitliche Einschränkung für Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt lasse sich daraus nicht ableiten. Die Klägerin könne noch leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vollschichtig verrichten. Arbeiten unter Zeitdruck und Schichtarbeit sollten vermieden werden. Da weder eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen noch eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vorliege, brauche eine bestimmte Verweisungstätigkeit nicht bezeichnet zu werden. Dies entnehme es, das SG, insbesondere dem Verwaltungsgutachten von Dr. H ... Dessen Leistungseinschätzung stehe überdies in Übereinstimmung mit dem Entlassungsbericht der Klinik S ... Auch die behandelnden Nervenärztinnen bestätigten das Gutachten. Ein Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit scheitere an der Stichtagregelung des § 240 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI.
Gegen diesen ihren Prozessbevollmächtigten am 10. Juni 2010 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 08. Juli 2010 Berufung eingelegt. Sie vertritt weiterhin die Auffassung, dass sie nicht einmal mehr eine leichte Tätigkeit bis zu sechs Stunden täglich verrichten könne. Zwischenzeitlich habe sie sich im August 2010 in der Tagesklinik S. in Behandlung befunden, ohne dass eine Besserung festzustellen gewesen wäre. Zusätzlich leide sie unter Blutarmut. Im weiteren Verlauf hat sie ein Attest des Dr. Ts. vom 28. April 2011, wonach dieser der Beurteilung im Gutachten der Ärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. Mi. vom 31. März 2011 (hierzu im Folgenden) widersprach und das Restleistungsvermögen der Klägerin auf unter drei Stunden täglich einschätzte, und eine ärztliche Bescheinigung von Dr. M. vom 25. Juli 2011 vorgelegt, ausweislich derer es in den letzten Monaten zu einer deutlichen Befundverschlechterung gekommen sei und sie, die Ärztin, eine Belastbarkeit von maximal drei Stunden am Tag für gegeben halte.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 02. Juni 2010 und den Bescheid der Beklagten vom 03. Juli 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18. November 2009 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr ab 01. April 2009 Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie tritt der Berufung unter Vorlage von Stellungnahmen des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Bu. vom 18. Februar 2011, 05. Februar und 06. August 2012 entgegen. Danach weisen die vom Senat eingeholten sachverständigen Zeugenauskünfte (hierzu im Folgenden) nicht in ausreichendem Maße auf eine quantitative Leistungseinschränkung der Klägerin hin. Es sei insbesondere nicht nachvollziehbar, dass die Klägerin der Auskunft von Dr. Tr., Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, Therapeutischer Leiter der Tagesklinik R., entsprechend lediglich in einem beschützendem Umfeld tätig sein könne, nachdem dieser letztendlich selbst konstatiert habe, dass "die Einschätzung der Leistungsfähigkeit der Klägerin im beruflichen Bereich auch nach Abschluss der teilstationären Behandlung kaum mit hinreichender Sicherheit möglich" sei (Anführungszeichen im Original). Bei der Klägerin liege eine depressive Störung vor, die jedoch auch unter Berücksichtigung insbesondere der von Dr. Mi. und Dr. Bil, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie erstatteten Gutachten (hierzu im Folgenden) nur qualitative Einschränkungen bedingten.
Der Senat hat behandelnde Ärzte der Klägerin schriftlich als sachverständige Zeugen gehört. Dr. Ts. (Auskunft vom 22. Oktober 2010) hat unter Beifügung von Arztbriefen von Dr. M. aus den Jahren 2002 bis 2010 und des Arztbriefes von Fachärztin für Allgemeinmedizin und Psychotherapie St., Stationsärztin S. Klinik R., vom 30. Mai 2008 (ambulante Vorstellung der Klägerin am 26. Mai 2008; Diagnose: mittelgradige depressive Episode) mitgeteilt, dass die Klägerin an einer Depression mit oft schweren Episoden und erschwerend an multiplen somatischen Beschwerden leide, weshalb sie nicht mehr in der Lage sei, ohne Gefährdung ihrer Gesundheit als Briefsortiererin regelmäßig sechs Stunden täglich zu arbeiten. Ihr Restleistungsvermögen hier und auch für leichte körperliche Tätigkeiten liege unter drei Stunden täglich. Das für die Beurteilung der beruflichen Leistungsfähigkeit im Vordergrund stehende Leiden liege auf psychiatrischem Fachgebiet. Dr. Tr. hat unter dem 21. Oktober 2010 ausgeführt, dass sich die Klägerin vom 19. Juli bis 27. August 2010 zum ersten Mal in teilstationärer Behandlung in der Tagesklinik R. befunden habe. Es seien hierbei die Diagnosen einer rezidivierenden depressiven Störung, gegenwärtig schwere Episode ohne psychotische Symptome, einer Somatisierungsstörung und einer histrionischen Persönlichkeitsstörung gestellt worden. Die Einschätzung der Leistungsfähigkeit der Klägerin im beruflichen Bereich sei auch nach Abschluss der teilstationären Behandlung kaum mit hinreichender Sicherheit möglich. Im stützenden und akzeptierenden Umfeld wie der Tagesklinik habe sich die Klägerin deutlich stabilisiert, die Klage über somatische Beschwerden habe abgenommen und sie sei insgesamt besser belastbar erschienen. Allerdings habe sie bereits kurz vor Entlassung in ihr sicher problematisches Lebensumfeld wieder mehr über Schwindel und Husten sowie Schlafstörungen und "nächtliches Zittern" geklagt und habe dabei wieder mehr ängstlich und verstimmt gewirkt. Es sei davon auszugehen, dass die Klägerin diese Symptomatik nicht willentlich "simuliere" (Anführungszeichen jeweils im Original). In Phasen psychischer Instabilität sei die Klägerin so stark in ihrer Leistungsfähigkeit eingeschränkt, dass jegliche Tätigkeit kaum vorstellbar erscheine. Die an sie gestellten Anforderungen der teilstationären Therapie habe sie aber fast schon überraschend gut bewältigen können. Es sei aber zu erwarten, dass Überlastungen oder Konflikte, die im belastenden familiären Umfeld der Klägerin weiter zu erwarten seien, erneut zu einer Verschlechterung der Symptomatik führen würden. Solche Belastungen seien auch auf dem ersten Arbeitsmarkt kaum vermeidbar. Seiner Einschätzung nach könne die Klägerin eine Arbeitstätigkeit in einem beschützten Umfeld (z.B. Werkstatt für behinderte Menschen) durchaus ausüben und so ihre Belastbarkeit möglicherweise schrittweise weiter steigern. Dr. Tr. hat seiner Auskunft den Entlassungsbericht des Dr. Ko., Facharzt für Psychotherapeutische Medizin, Chefarzt der Tagesklinik R., vom 26. September 2010 über den teilstationären Aufenthalt in der Tagesklinik beigefügt. Danach habe ein medikamentöser Behandlungsversuch mit Abilify deutlich positiv die Symptomatik der Klägerin beeinflusst. Im Vergleich zum Voraufenthalt in der S. Klinik habe die Klägerin auffallend wenig Somatisierungstendenzen gezeigt. Dr. M. (Auskunft vom 28. Februar 2011) hat angegeben, auch durch die Behandlungen in der Tagesklinik in R. sei es nicht zu einer wesentlichen Besserung der Beschwerden der Klägerin gekommen. Sie habe im Wesentlichen weiterhin eine Antriebsminderung angegeben. Ihre Stimmung sei deutlich reduziert gewesen, sie habe sich nicht in der Lage gefühlt, ihre häuslichen Probleme zu bewältigen und es falle ihr schwer, das Haus allein und ohne Hilfe zu verlassen sowie den Tag für sich zu gestalten. Sie habe auch weiterhin einen ständig vorhandenen diffusen Kopfschmerz und Merk- und Konzentrationsstörungen und beklage immer wieder, dass sie "keine Luft zum Atmen habe und innerlich zittere" (Anführungszeichen im Original). Die Klägerin habe bei jeder Vorstellung während der Schilderung der Beschwerden geweint.
Sodann hat im Auftrag des Senats Dr. Mi. ihr nervenfachärztliches Gutachten vom 31. März 2011 erstattet. Die Sachverständige hat ausgeführt, die Klägerin habe ihren Tagesablauf dergestalt geschildert, dass sie um 8:00 Uhr aufstehe, frühstücke, anschließend Tabletten einnehme, sich mit dem Hund beschäftige, schlafe und ärztliche Termine wahrnehme. Gegen 17:00 Uhr würde sie ihre Kinder von der Arbeit zuhause empfangen, gegen 18:00 Uhr Abendessen, dann mit der Familie zusammensitzen, sodann wieder Medikamente einnehmen und sich gegen 22:00 Uhr schlafen legen. Manchmal gehe sie mit dem Hund spazieren oder sitze im Garten. Sie mache sich auch die Haare. Zur Krankengymnastik, die in der Nähe sei, gehe sie alleine. Als Hobbys habe sie Zeitunglesen, Fernschauen und Spielen mit dem Hund angegeben. Das Verhalten der Klägerin sei von häufigem Weinen, das sistiert habe, wenn das Gespräch unterbrochen worden sei, geprägt gewesen. Hintergründig werde eine Verärgerung, ein Rückzug, eine Frustriertheit aus dem Gefühl des Betrogenseins von nahen Angehörigen und von der Lebenssituation insgesamt deutlich. Es bestehe eine Diskrepanz zwischen der trotz der beklagten Schmerzen unauffälligen Beweglichkeit und äußerlichen Ordnung und Geschicklichkeit, auch dem Gepflegtsein, und dem Wunsch nach totaler Versorgung im Sinne des Rentenantrags. Die affektive Schwingung der Klägerin sei ausreichend, ihr Antrieb nicht gestört, sie sei affektiv gut auslenkbar und wirke im Denken und Handeln willensstark und durchsetzungsfähig. Dabei habe sie Sehnsüchte nach Versorgung und Entlastung, die ihr im Laufe des Lebens offensichtlich nicht gegönnt gewesen seien. Ihre konzentrative Belastbarkeit sei durchgängig erhalten gewesen. Die Sachverständige hat eine leichte bis mittelgradige depressive Episode, eine Somatisierungsstörung und eine histrionische Persönlichkeit diagnostiziert. Es sei davon auszugehen, dass die psychische Störung mit gleichbleibendem Ausmaß in Bezug auf Art und funktionelle Auswirkung bereits jahrelang bestehe und auch schon während der Zeit der Berufstätigkeit bestanden habe. Es bestehe eine inhaltlich wechselhafte Belastung einerseits in der Partnerschaft, andererseits innerfamiliär bzw. durch Faktoren von Seiten der Herkunftsfamilie. Durchgängig bestünden Gefühle von "Betrogensein", hintergründig aggressive Gefühle, auch ein Krankheitsgewinn durch "Leistungsentzug" (Anführungszeichen jeweils im Original). Leichte bis zeitweilig mittelschwere Tätigkeiten ohne Stress, Druck und Nachtarbeit seien der Klägerin mindestens sechs Stunden täglich möglich. Ausgeschlossen seien Tätigkeiten mit erhöhter oder hoher Verantwortung für Personen oder Sachwerte oder an laufenden Maschinen. Der Einschätzung von Dr. Tr. schließe sie, die Sachverständige, sich nicht an. Die Klägerin habe sich während der tagesstationären Behandlung deutlich gebessert. Die alleinige Tatsache, dass ein problematisches familiäres Umfeld mit vielerlei Konflikten bestehe, bewirke per se keine Leistungseinbuße. Im Gegenteil, es könne davon ausgegangen werden, dass sich durch die Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt mit den dortigen Möglichkeiten von Kontakten und Erfolgserlebnissen auch die psychische Situation der Klägerin stabilisieren werde.
Auf Antrag der Klägerin gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat Dr. Bil das psychiatrisch-schmerzpsychologische Gutachten vom 20. Dezember 2011 erstattet. Der Sachverständige hat ausgeführt, die Klägerin habe ihm gegenüber bezüglich des Tagesablaufs berichtet, sie stehe zwischen 5:30 Uhr und 6:00 Uhr auf, mache sich dann frisch und gehe mit dem Hund raus. Dann frühstücke sie alleine, mache den Haushalt mit vielen Pausen und lege sich zwischendurch oft auf das Sofa, um sich zu erholen. Kochen könne sie wegen ihrer Riechstörungen nicht immer. Nachmittags gehe sie nochmals mit dem Hund raus, sehe etwas fern. Abends rede sie mit den Kindern und gehe zwischen 1:00 Uhr und 2:00 Uhr ins Bett. Es dauere etwa 30 bis 60 Minuten bis sie einschlafe, sie schlafe höchstens vier Stunden pro Nacht. Bei der körperlichen Untersuchung habe permanent ein Reizhusten mit spastischer Komponente bestanden. Die Wirbelsäulenbeweglichkeit sei in allen Abschnitten eingeschränkt gewesen. Es habe ein lokaler Klopf- und Druckschmerz über der verspannten Schulter-Nacken-Muskulatur und im Lendenwirbelsäulenbereich bestanden. Schmerzhaft eingeschränkt gewesen sei auch die Beweglichkeit im Bereich der linken Schulter und beider Handgelenke. Der linke Daumen sei druckschmerzhaft gewesen. Außerdem habe ein Beuge- und Überstreckschmerz im linken Kniegelenk bestanden. Die Auffassung und Konzentration der Klägerin sei sowohl in der Befragung als auch in der testpsychologischen Untersuchung gemindert gewesen. Ihr Affekt sei herabgestimmt, sie sei jedoch zum positiven Pol auslenkbar bei Schilderung der Beziehung zu den Kindern. Ihre Psychomotorik sei lahm, der Antrieb mittelschwer gemindert und ihr Denken etwas verlangsamt gewesen. Im Sozialverhalten zeige sie Rückzugstendenzen. Dr. Bil hat bei der Klägerin als Diagnose eine chronifizierte Depression, phasenweise übergehend in eine schwere depressive Episode ohne psychotische Symptome genannt. Als Differentialdiagnose bestehe eine schwere depressive Episode mit psychotischen Symptomen. Die Nennung dieser Diagnose erfolge, da die Klägerin Abilify erhalte. Auf internistischem Fachgebiet bestehe bei der Klägerin ein Schlafapnoesyndrom, eine arterielle Hypertonie, ein Asthma bronchiale, ein Ulkus ventrikuli, eine Adipositas, eine Eisenmangelanämie, zusätzlich eine Anämie anderer Genese und eine Lipidstoffwechselstörung, auf orthopädischem Fachgebiet eine Kniegelenksarthrose rechts und eine Schultergelenkserkrankung links und auf neurologischem Fachgebiet ein Restless-legs-Syndrom. Aus eigener Willensanstrengung könne die Klägerin sich nicht verbessern, unter ärztlicher Mithilfe sehe er durchaus noch Behandlungsoptionen, psychopharmakologische Behandlungsversuche seien noch längst nicht ausgereizt. Man werde für die Verbesserung des Krankheitszustands mehrere Monate veranschlagen müssen. Innerhalb von sechs bis neun Monaten sollte jedoch eine teilweise Überwindbarkeit in einer geeigneten Fachklinik erzielbar sein. Leichte bis gelegentlich mittelschwere körperliche Arbeiten unter Ausschluss von Publikumsverkehr ohne Überkopfarbeit, häufiges Bücken, Heben und Tragen von Lasten über zehn kg, Arbeit auf Leitern und Gerüsten, im Freien und an Maschinen könne die Klägerin drei Stunden täglich verrichten. Er gehe davon aus, dass nach erfolgreicher Behandlung eine Teilremission nicht auszuschließen sei, sodass an fünf Tagen in der Woche eine Halbtagstätigkeit realistisch erscheine. In der ergänzenden Stellungnahme vom 23. Juli 2012 hat Dr. Bil an der Leistungseinschätzung in seinem Gutachten festgehalten.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten und der Gerichtsakten in beiden Instanzenzügen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin ist zulässig. Die Klägerin hat die Berufung form- und fristgerecht eingelegt. Die Berufung ist auch statthaft, da die Klägerin Leistungen für einen Zeitraum von mehr als einem Jahr begehrt (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG).
Die zulässige Berufung der Klägerin ist aber unbegründet. Mit dem angefochtenen Gerichtsbescheid vom 02. Juni 2010 hat das SG zu Recht die Klage abgewiesen. Die Ablehnung des Antrags auf Rente wegen Erwerbsminderung durch den Bescheid der Beklagten vom 03. Juli 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18. November 2009 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat seit 01. April 2009 weder Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung noch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung.
Versicherte haben nach § 43 Abs. 2 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung und nach § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze (insoweit mit Wirkung zum 01. Januar 2008 geändert durch Artikel 1 Nr. 12 des RV-Altersgrenzenanpassungsgesetzes vom 20. April 2007, BGBl. I, S. 554), wenn sie voll bzw. teilweise erwerbsgemindert sind (Nr. 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr. 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr. 3). Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Sowohl für die Rente wegen teilweiser als auch für die Rente wegen voller Erwerbsminderung ist Voraussetzung, dass die Erwerbsfähigkeit durch Krankheit oder Behinderung gemindert sein muss. Entscheidend ist darauf abzustellen, in welchem Umfang ein Versicherter durch Krankheit oder Behinderung in seiner körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt wird und in welchem Umfang sich eine Leistungsminderung auf die Fähigkeit, erwerbstätig zu sein, auswirkt. Bei einem Leistungsvermögen, das dauerhaft eine Beschäftigung von mindestens sechs Stunden täglich bezogen auf eine Fünf-Tage-Woche ermöglicht, liegt keine Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs. 1 und Abs. 2 SGB VI vor. Wer noch sechs Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts arbeiten kann, ist nicht erwerbsgemindert; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI).
Die Klägerin ist seit 01. April 2009 weder voll noch teilweise erwerbsgemindert. Dahingestellt bleiben kann insoweit, ob sie ihre langjährig verrichtete Tätigkeit als Briefsortiererin im Nachtdienst noch in einem Umfang von mindestens sechs Stunden täglich verrichten kann, denn sie kann jedenfalls mit qualitativen Einschränkungen sonstige leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts in einem Umfang von mindestens sechs Stunden täglich verrichten. Dies steht zur Überzeugung des Senats aufgrund des im Berufungsverfahren von Dr. Mi. erstatteten Gutachtens vom 31. März 2011, aber auch des Verwaltungsgutachtens von Dr. H. vom 01. Juli 2009 und dem Entlassungsbericht des Dr. C. über die von der Klägerin durchgeführte Rehabilitationsmaßnahme in der Klinik in S. vom 17. Februar 2009 fest.
Die Klägerin leidet vorrangig unter Gesundheitsstörungen auf psychiatrischem Fachgebiet. Es besteht bei ihr eine rezidivierende depressive Störung mit immer wieder mittelgradigen, zeitweise auch schweren Episoden. Dies entnimmt der Senat mit Blick auf die mittelgradigen Episoden den Gutachten von Dr. Mi. vom 31. März 2011 und von Dr. H. vom 01. Juli 2009 sowie dem Entlassungsbericht des Dr. C. vom 17. Februar 2009 und auch dem Arztbrief der Ärztin St. vom 30. Mai 2008 und bezüglich der schweren Episoden den sachverständigen Zeugenauskünften von Dr. Tr. vom 21. Oktober und Dr. Ts. vom 22. Oktober 2010. Letzteres folgt auch aus dem von Dr. Bil erstatteten Gutachten vom 20. Dezember 2011. Weder die mittelgradigen noch die schweren Episoden sind jedoch - wie schon der Begriff Episode sagt - dauernd vorhanden. Dies folgt auch aus der sachverständigen Zeugenauskunft des Dr. Tr. und dem Entlassungsbericht des Dr. Ko. vom 26. September 2010, wonach die medikamentöse Behandlung der schweren Depression mit dem Medikament Abilify zu einer Besserung führte und außerdem auch zur Folge hatte, dass die somatischen Beschwerden der Klägerin abnahmen. Dass die schweren Episoden dauernd vorhanden sind, lässt sich auch nicht mit der Auskunft von Dr. M. vom 28. Februar 2011 belegen. Zwar hat Dr. M. in dieser Auskunft angegeben, dass die Behandlungen in der Tagesklinik in R. nicht zu einer wesentlichen Besserung der Beschwerden der Klägerin geführt hätten und sie bei den Vorstellungen im Wesentlichen weiterhin eine Antriebsminderung gezeigt habe, ihre Stimmung deutlich reduziert sei und sie sich nicht in der Lage fühle, ihre häuslichen Probleme zu bewältigen und den Tag für sich zu gestalten. Weitere Angaben hierzu hat Dr. M. jedoch nicht gemacht. Der Vortrag, wonach die Klägerin sich nicht in der Lage fühle, ihre häuslichen Probleme zu bewältigen, widerspricht darüber hinaus aber auch dem von der Klägerin am 29. März 2011 Dr. Mi. und am 13. Dezember 2011 Dr. Bil gegenüber geschilderten Tagesablauf, aus dem jeweils durchaus sowohl eine Gestaltung des Tages hervorgeht und die Klägerin auch angab, dass sie alleine das Haus verlasse, weil sie mit dem Hund rausgehe, Krankengymnastiktermine wahrnehme und sich in den Garten setze. Eine anhaltende schwere depressive Symptomatik vermag der Senat deshalb nicht festzustellen.
Ferner besteht bei der Klägerin eine Somatisierungsstörung, wie sich ebenfalls aus den Gutachten von Dr. H. und Dr. Mi., dem Entlassungsbericht des Dr. C. und der sachverständigen Zeugenauskunft des Dr. Tr. ergibt.
Auf internistischem Fachgebiet liegt bei der Klägerin eine arterielle Hypertonie vor, wobei der Blutdruck medikamentös jedoch gut eingestellt ist. So maß Dr. H. einen Blutdruck von 158/80 mmHg und nach dem Entlassungsbericht des Dr. Ko. vom 12. Dezember 2008 über den stationären Aufenthalt der Klägerin in der S. Klinik im Jahr 2008 bewegten sich die Blutdruckwerte meistens im Normbereich (120 bis 130 mmHg systolisch, 75 bis 78 mmHg diastolisch). Nur im Zusammenhang mit psychischer Belastung stiegen sie kurzfristig auf 180 mmHg systolisch und 90 mmHg diastolisch. Im Übrigen nennt auch der die Klägerin behandelnde Internist Dr. Ts. die Diagnose eines Bluthochdrucks in seiner sachverständigen Zeugenauskunft vom 22. Dezember 2010 nicht. Anhaltspunkte dafür, dass es sich um einen Bluthochdruck handelt, der medikamentös nicht ausreichend einstellbar ist, ergeben sich für den Senat deshalb nicht.
Außerdem besteht bei der Klägerin ausweislich der im Schlaflabor im Jahr 2009 durchgeführten Untersuchung ein mäßiges Schlafapnoesyndrom. Der Leidensdruck scheint bei der Klägerin nicht gravierend zu sein, die vorgeschlagene Therapie mit einer Maske lehnte sie ab. Dr. H. hielt es für ausreichend, zunächst den konservativen Ansatz mit vor allem Gewichtsreduktion durchzuführen.
Daneben besteht bei der Klägerin, wie aus der sachverständigen Zeugenauskunft des Dr. W. vom 01. März 2010 hervorgeht, eine leichte restriktive Ventilationsstörung. Eine Obstruktion war insoweit aber nicht feststellbar. Unter Bronchospasmolyse ergab sich eine Besserung. Auch bei der Lungenfunktionskontrolle am 09. Mai 2008 waren die Ergebnisse deutlich verbessert. Die von Dr. Bil genannte Diagnose Asthma bronchiale findet in der sachverständigen Zeugenauskunft von Dr. W. keine Bestätigung. Auch Dr. Bil hat insoweit keine konkreten Befunde angegeben, die diese Diagnose stützen könnten.
Schließlich leidet die Klägerin an einem Ulkus ventrikuli, das indessen keiner Behandlung bedarf, einer Eisenmangelanämie und sonstigen Anämie sowie einer Lipidstoffwechselstörung, wobei diese Erkrankungen jeweils nicht mit Einschränkungen verbunden sind. Solche gehen insbesondere auch nicht aus dem von Dr. Bil erstatteten Gutachten hervor.
Das Vorliegen eines Wirbelsäulensyndroms vermag der Senat bei der Klägerin nicht mehr festzustellen. Zwar nannte Dr. C. in seinem Entlassungsbericht vom 17. Februar 2009 die Diagnose eines Wirbelsäulensyndroms. Dieses führte jedoch auch nach dem Entlassungsbericht zu allenfalls endgradigen Funktionseinschränkungen (Fingerbodenabstand: zehn cm) und war lediglich mit einer Myalgie verbunden, wobei die Wirbelsäule im Verlauf nicht klopfschmerzhaft war. In den nachfolgenden medizinischen Unterlagen wird diese Diagnose dann nicht mehr gestellt. Ein weitergehender Befund geht auch nicht aus dem von Dr. Bil erstatteten Gutachten hervor. Dieser hat nur ausgeführt, dass die Wirbelsäulenbeweglichkeit in allen Abschnitten eingeschränkt gewesen sei, ohne dass er dies weiter konkretisiert hätte. Er hat als Diagnose auch kein Wirbelsäulensyndrom aufgeführt.
Keine Bestätigung in den weiteren vorliegenden medizinischen Unterlagen finden auch die von Dr. Bil genannte Kniegelenksarthrose rechts, die Schultergelenkserkrankung links und das Restless-Legs-Syndrom. Nachdem sich Dr. Bil mit Blick auf die Kniegelenksarthrose darauf beschränkte, ohne nähere Angaben nur einen Beuge- und Überstreckungsschmerz im linken Knie zu erwähnen, vermag der Senat nicht festzustellen, dass, zumal bei den Befunden ein Schmerz im linken Knie, bei den Diagnosen aber eine Kniegelenksarthrose rechts genannt wurde, eine Kniegelenksarthrose bei der Klägerin vorliegt. Ebenso verhält es sich im Hinblick auf die schmerzhaft eingeschränkte Beweglichkeit in der linken Schulter, die Dr. Bil ebenfalls nicht weiter präzisiert. Die Diagnose des Restless-Legs-Syndroms stützt Dr. Bil allein auf die Angaben der Klägerin. Eine Behandlung findet insoweit nicht statt.
Aus den bei der Klägerin als rentenrelevant zu berücksichtigenden Gesundheitsstörungen ergeben sich nach Überzeugung des Senats qualitative Leistungseinschränkungen. Die Klägerin kann wegen der rezidivierenden depressiven Störung und der Somatisierungsstörung nur noch leichte bis zeitweilig mittelschwere Tätigkeiten ohne Stress, Zeitdruck, Schicht- und Nachtarbeit und unter Ausschluss von Tätigkeiten mit erhöhter oder hoher Verantwortung für Personen oder Sachwerte sowie an laufenden Maschinen verrichten. Wegen der leichten Ventilationsstörung sind Arbeiten im Freien und solche, die mit Zugluft, Kälte und Nässe verbunden sind, ausgeschlossen. Dies entnimmt der Senat den von Dr. Mi. und Dr. H. erstatteten Gutachten, aber auch dem Entlassungsbericht des Dr. C. und der sachverständigen Zeugenauskunft des Dr. W ... Soweit Dr. Bil auch Bücken, Überkopfarbeit, häufiges Heben, Tragen und Bewegen von Lasten über zehn kg sowie Arbeiten auf Leitern und Gerüsten ausgeschlossen hat, vermag sich der Senat dem nicht anzuschließen, nachdem im Bereich der Wirbelsäule, der Schultern und der Knie kein rentenrelevanter Befund erhoben wurde.
Die bei der Klägerin als rentenrelevant zu berücksichtigenden Gesundheitsstörungen führen nach Überzeugung des Senats aber zu keiner Einschränkung des Leistungsvermögens in quantitativer Hinsicht. Die Klägerin ist noch in der Lage, leichte bis zeitweilig mittelschwere Tätigkeiten mit den genannten qualitativen Leistungseinschränkungen in einem Umfang von mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Der Senat stützt dies auf die übereinstimmende Beurteilung des Gutachters Dr. H. sowie der Sachverständigen Dr. Mi., aber auch des Dr. C. und des Dr. W ... Diese Einschätzung steht auch im Einklang mit den sachverständigen Zeugenauskünften der Allgemeinärztin Knaps vom 26. Februar 2010 und der sachverständigen Zeugenauskunft von Dr. M. vom 12. März 2010. Der Senat vermag demgegenüber nicht der Beurteilung des Leistungsvermögens in quantitativer Hinsicht durch Dr. Bil, der davon ausgeht, dass die Klägerin derzeit Tätigkeiten nur noch drei Stunden täglich verrichten könne, zu folgen. Auch der Einschätzung des Dr. Ts. in seiner sachverständigen Zeugenauskunft vom 22. Oktober 2010 und seinem Attest vom 28. April 2011, wonach das Restleistungsvermögen der Klägerin auf unter drei Stunden täglich gesunken sei, vermag sich der Senat nicht anzuschließen. Ebenso verhält es sich mit Blick auf die ärztliche Bescheinigung von Dr. M. vom 25. Juli 2011. Auch die Auskunft von Dr. Tr., wonach die Klägerin lediglich in einem beschützenden Umfeld tätig sein könne, überzeugt den Senat nicht. Die Beurteilung des quantitativen Leistungsvermögens insbesondere durch Dr. Mi. und Dr. H. sowie Dr. C. und Dr. W. ist aufgrund der von ihnen erhobenen Befunde schlüssig und nachvollziehbar. Dr. Mi. hat die Exploration der Klägerin unter Zuhilfenahme einer türkisch sprechenden Arzthelferin als Dolmetscherin umfassend dargestellt. Sie hat insbesondere auch den Tagesablauf der Klägerin erhoben und nachvollziehbar dargelegt, dass bei der Klägerin eine Verärgerung und Frustration aufgrund ihrer problematischen Lebenssituation sowohl im Zusammenhang mit ihrem Ehemann als auch mit Blick auf ihre Ursprungsfamilie vorliegt, was die Klägerin belastet. Die die Klägerin belastende familiäre Situation haben auch Dr. Tr. und Dr. M. gesehen. Zu Recht hat die Sachverständige darauf hingewiesen, dass im Zusammenhang mit der seelischen Störung, die im Wesentlichen ihre Ursache in der Familie hat, davon auszugehen ist, dass sich ihre Leistungsfähigkeit im günstigen persönlichen Umfeld wieder normalisiert. Gestützt wird diese Einschätzung dadurch, dass sich die Klägerin anlässlich ihres Aufenthalts in der Tagesklinik R. im Jahr 2010 im stützenden und akzeptierenden Umfeld der Tagesklinik deutlich stabilisierte und auch ihre Klage über somatische Beschwerden abnahm. Dies führt sowohl Dr. Tr. in seiner sachverständigen Zeugenauskunft als auch Dr. Ko. im Entlassungsbericht aus. Von Belang ist in diesem Zusammenhang auch, dass diese seelische Störung der Klägerin aber - wie Dr. Mi. ebenfalls nachvollziehbar herausgearbeitet hat - auch schon während ihrer beruflichen Tätigkeit vorhanden war. Das Verhältnis zu ihrem Ehemann ist schon viele Jahre gestört und die Problematik mit dem Erbe, um das sie sich betrogen fühlt, entstand im Jahr 2005 mit dem Tod der Mutter, dennoch stand diese Problematik in der Vergangenheit einer beruflichen Tätigkeit der Klägerin nicht entgegen. Nicht außer Acht gelassen darf insoweit auch, dass bei der Klägerin noch eine ausreichende Tagesstruktur vorhanden ist, die keinen vollständigen Rückzug der Klägerin aus dem alltäglichen Leben erkennen lässt. Auch ist die Klägerin, wie sie sowohl gegenüber Dr. Mi., aber auch nachfolgend gegenüber Dr. Bil angegeben hat, noch in der Lage, die Wohnung zu verlassen und mit dem Hund rauszugehen.
Daraus ergibt sich auch, weshalb der Senat der zeitlichen Leistungsbeurteilung des Dr. Bil nicht zu folgen vermag. Auch Dr. Bil gegenüber gab die Klägerin - wie bereits ausgeführt einen geordneten Tagesablauf an. Dr. Bil nennt ebenfalls die problematische Beziehung zum Ehemann und die Tatsache, dass die Klägerin sich um ihr Erbe betrogen fühlt. Sowohl die problematische Beziehung zum Ehemann als auch die Erbstreitigkeiten bestehen jedoch schon viele Jahre und standen in der Vergangenheit - wie ausgeführt - einer Berufstätigkeit der Klägerin nicht entgegen. Dies vermag deshalb die Leistungseinschätzung von Dr. Bil nicht zu begründen. Ein Betätigungsfeld außerhalb der Familie würde sich, wie Dr. Mi. für den Senat nachvollziehbar herausgearbeitet hat, positiv auf das Leistungsvermögen der Klägerin auswirken.
Widerlegt wird die Einschätzung eines mindestens sechsstündigen Leistungsvermögens der Klägerin auch nicht durch die sachverständige Zeugenauskunft und das Attest von Dr. Ts ... Dr. Ts. stützt seine Einschätzung im Wesentlichen auf die bei der Klägerin vorliegende Depression. Er nennt hierbei keine weitergehenden Befunde und nachdem er als Internist insoweit fachfremd urteilt, vermag diese Einschätzung die Überzeugung des Senats, der sich auf die übereinstimmende Einschätzung der Fachärzte auf psychiatrischem Fachgebiet Dr. Mi. und Dr. H. stützt, nicht zu erschüttern.
Ebenso verhält es sich auch mit Blick auf die ärztliche Bescheinigung von Dr. M. vom 25. Juli 2011, die im Widerspruch zu ihrer sachverständigen Zeugenauskunft vom 12. März 2010 steht. Diese Einschätzung ist für den Senat insbesondere auch deshalb nicht nachvollziehbar, weil Dr. M. bereits in der Auskunft vom 12. März 2010 auf eine Befundverschlechterung hinwies, sich dennoch aber der Leistungseinschätzung von Dr. H. anschloss. In der ärztlichen Bescheinigung vom 25. Juli 2011 teilt sie keine Befunde mit, die es rechtfertigen würden, nunmehr nur noch von einer Belastbarkeit von maximal drei Stunden am Tag auszugehen.
Soweit Dr. Tr. die Auffassung vertreten hat, dass die Klägerin lediglich noch in einem beschützendem Umfeld tätig sein könne, ist insoweit nicht außer Acht zu lassen, dass Dr. Tr. selbst in seiner sachverständigen Zeugenauskunft vom 21. Oktober 2010 ausführte, dass die Einschätzung der Leistungsfähigkeit der Klägerin im beruflichen Bereich auch nach Abschluss der teilstationären Behandlung kaum mit hinreichender Sicherheit möglich sei, woraus der Schluss zu ziehen ist, dass er selbst diese Einschätzung auch unter Vorbehalt sieht. Im Übrigen steht diese Einschätzung nicht im Einklang mit dem Verlauf des Aufenthalts der Klägerin in der Tagesklinik, bei dem die Klägerin die an sie gestellten Anforderungen der teilstationären Therapie fast schon überraschend gut habe bewältigen können und ein medikamentöser Behandlungsversuch mit Abilify die Symptomatik der Klägerin deutlich positiv beeinflusste. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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