Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 11 AL 1542/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 AL 3175/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 19. Juli 2012 wird als unzulässig verworfen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Der Antrag, dem Kläger für das Berufungsverfahren Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwältin N., B., zu bewilligen, wird abgelehnt.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich dagegen, dass es das Sozialgericht Karlsruhe (SG) abgelehnt hat, seinen Gerichtsbescheid in der Streitsache - S 11 AL 4884/09 - zu ergänzen.
Der am 18.01.1975 geborene Kläger, der sich seit dem 13.09.2011 in Untersuchungshaft befindet, stand mit Unterbrechungen im langjährigen Bezug von Leistungen nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch (SGB III). Er führte und führt deswegen vor dem SG und dem Landessozialgericht Baden-Württemberg zahlreiche Rechtsstreitigkeiten gegen die Beklagte.
Mit Gerichtsbescheid vom 18.03.2011 wies das SG eine Klage des Klägers vom 04.11.2009 - S 11 AL 4884/09 -, mit der dieser die Verurteilung der Beklagten, ihm ein Kraftfahrzeug nebst der Kosten für dessen Versicherung und Steuer zu finanzieren, die Übernahme der Kosten für ein Monatsticket für den öffentlichen Personennahverkehr, die Übernahme der Kosten einer Schulungsmaßnahme geltend gemacht und sich ferner gegen die Rückforderung eines gewährten Fahrtkostenzuschusses i.H.v. 45,- EUR gewandt hat, ab. Am 01.04.2011 hat der Kläger unter der Begründung, der Gerichtsbescheid enthalte weder einen Tatbestand noch nachvollziehbare Gründe, weswegen zu unterstellen sei, dass die Anträge vollständig übergangen worden seien, die Ergänzung des Gerichtsbescheides beantragt. Nach Anhörung der Beteiligten (gerichtliches Schreiben vom 20.06.2012, dem Kläger zugestellt am 25.06.2012) hat das SG den Antrag mit Gerichtsbescheid vom 19.07.2012 (- S 11 AL 1542/12 -) zurückgewiesen, da es über sämtliche Anträge entschieden habe. Der Vortrag, es sei keine Entscheidung ersichtlich, sei nicht nachvollziehbar.
Gegen den am 20.07.2012 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 23.07.2012 Berufung eingelegt. Er verfolge den Inhalt der Ergänzungsanträge weiter. Im Übrigen sei das Verfahren an das örtlich zuständige Sozialgericht Stuttgart zurück zu verweisen. Das SG habe gegen § 60 und § 120 Sozialgerichtsgesetz (SGG) verstoßen, ein unzulässiges Ablehnungsgesuch habe nicht vorgelegen.
Der Kläger beantragt (zweckdienlich gefasst),
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 19. Juli 2012 aufzuheben und das Verfahren an das Sozialgericht Stuttgart (zurück) zu verweisen,
hilfsweise,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 19. Juli 2012 aufzuheben und den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 18. März 2011 zu ergänzen und über die bislang nicht entschiedenen Anträge zu entscheiden,
Die Beklagte hat sich im Berufungsverfahren nicht geäußert.
Der Senat hat dem Kläger die Möglichkeit eröffnet, Einsicht in die Verfahrens- und Verwaltungsakten zu nehmen, indem er die Akten in die Justizvollzugsanstalt S. übersandt hat. Der Kläger hat hiervon am 15.08.2012 Gebrauch gemacht.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz, die bei der Beklagten für den streitgegenständlichen Vorgang geführte Verwaltungsakte, welche Gegenstand der mündlichen Verhandlung vom 19.09.2012 wurden, sowie die Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 19.09.2012 verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung führt für den Kläger nicht zum Erfolg.
Der Senat konnte über die Berufung entscheiden, obschon der sich in Untersuchungshaft befindliche Kläger zu der mündlichen Verhandlung am 19.09.2012 nicht erschienen ist (vgl. Urteil des erkennenden Senats vom 21.09.2011 - L 3 AL 2514/10 -, Urteil vom 19.10.2011 - L 3 AL 3913/11 -; Beschlüsse des Bundessozialgerichts [BSG] vom 12.03.2012 in den vom Kläger dort betriebenen Verfahren - B 11 AL 43/11 BH - und - B 11 AL 44/11 BH -). Es obliegt grds. dem Kläger selbst, gegenüber der Leitung der Justizvollzugsanstalt die Teilnahme an einem gerichtlichen Termin zu beantragen. Auf einen entsprechenden Antrag, auf den der Kläger mit gerichtlichem Schreiben vom 10.08.2012 durch den Senat hingewiesen wurde, entscheidet die Anstaltsleitung, ob sie dem Gefangenen Ausgang oder Urlaub erteilt oder ihn ausführen lässt. Hiernach kann sich der Senat bei Anberaumung eines Termins zur mündlichen Verhandlung darauf beschränken, einen Gefangenen nach § 110 SGG zum Termin zu laden und es dabei dem Gefangenen überlassen, durch entsprechende Anträge bei der Strafvollzugsbehörde für seine Teilnahme an der mündlichen Verhandlung Sorge zu tragen. Erscheint der Gefangene nicht zum Termin zur mündlichen Verhandlung, so ist er, wenn, wie vorliegend das persönliche Erscheinen nicht angeordnet war, wie jeder andere Prozessbeteiligte zu behandeln, dem das Erscheinen zur mündlichen Verhandlung freigestellt worden ist (vgl. BSG, Urteil vom 21.06.1983 - 4 RJ 3/83 - veröffentlicht in juris). Da der Kläger schließlich in der ordnungsgemäß zugestellten Terminsmitteilung darauf hingewiesen wurde, dass auch in seiner Abwesenheit verhandelt und entschieden werden kann (§§ 153 Abs. 1, 110 Abs. 1 Satz 2 SGG), war der Senat durch die Abwesenheit des Klägers nicht an einer Entscheidung über die Berufung gehindert.
Der Senat war nicht verpflichtet, dem Kläger, wie von ihm beantragt, eine Kopie der Verfahrens- und Verwaltungsakte zu fertigen und zur Verfügung zu stellen. Der Antrag ist, da der Kläger eine Kopie der gesamten Akte begehrt hat, ohne ihn auf konkrete Aktenteile zu begrenzen, rechtsmissbräuchlich (Beschluss des erkennenden Senats vom 29.06.2011 - L 3 AL 1928/11 B -; Urteile des erkennenden Senats vom 21.09.2011, - L 3 AL 2514/10 -, - L 3 AL 2521/10 -). Der Senat hat dem Kläger stattdessen die Möglichkeit eröffnet, Einsicht in die Verfahrens- und Verwaltungsakten zu nehmen, indem er die Akten in die Justizvollzugsanstalt S. übersandt hat. Der Kläger hat hiervon Gebrauch gemacht. Auch dem Antrag, der Beklagten nach § 202 SGG i.V.m. §§ 423 ff Zivilprozessordnung (ZPO) aufzugeben, Kopien der Bescheide, der Verwaltungsakte und sonstiger Unterlagen vorzulegen, ist nicht zu entsprechen, da, ungeachtet der Frage, ob die angeführten Regelungen der ZPO im sozialgerichtlichen Verfahren anzuwenden sind, durch sie lediglich eine Verpflichtung des Prozessgegners zur Vorlage von Urkunden begründet wird. Da die Beklagte jedoch die Akten bereits vorgelegt hat und eine Verpflichtung zur Überlassung von Kopien der Urkunden in den §§ 423 ff ZPO nicht normiert ist, sind dem Kläger auch nicht nach § 202 SGG i.V.m. §§ 423 ff ZPO Kopien zu überlassen.
Die Berufung des Klägers wurde zwar form- und fristgerecht eingelegt (vgl. § 144 SGG), ihr fehlt jedoch das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis, weswegen sie als unzulässig zu verwerfen ist.
Das Rechtsschutzinteresse bildet zwar keine besondere Voraussetzung für die Zulässigkeit eines Rechtsmittels, sondern ergibt sich im allgemeinen ohne weiteres aus der formellen Beschwer des Rechtsmittelführers, der mit seinem Begehren in der vorangegangenen Instanz unterlegen ist. Mit dem Erfordernis der Beschwer ist in aller Regel gewährleistet, dass das Rechtsmittel nicht eingelegt wird, ohne dass ein sachliches Bedürfnis des Rechtsmittelklägers hieran besteht. Indessen gilt auch für Rechtsmittel der allgemeine Grundsatz, dass niemand die Gerichte grundlos oder für unlautere Zwecke in Anspruch nehmen darf. Trotz Vorliegens der Beschwer kann in Ausnahmefällen das Rechtsschutzinteresse fehlen, wenn der Rechtsweg unnötig, zweckwidrig oder missbräuchlich beschritten wird (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl., Vor § 143 Rn. 5 m.w.N.). Unnütz und deshalb unzulässig ist ein Rechtsmittel insbesondere dann, wenn durch die angefochtene Entscheidung keine Rechte, rechtlichen Interessen oder sonstigen schutzwürdigen Belange des Rechtsmittelführers betroffen sind und die weitere Rechtsverfolgung ihm deshalb offensichtlich keinerlei rechtliche oder tatsächliche Vorteile bringen kann (BSG, Urteil vom 08.05.2007 - B 2 U 3/06 R - veröffentlicht in juris). Ein solcher Fall ist hier gegeben. Der Kläger begehrt die Ergänzung eines Gerichtsbescheides. Er hat jedoch weder im vorliegenden Verfahren noch in den weiteren Verfahren bezüglich der Ergänzung von Entscheidungen auch nur im Ansatz erkennen lassen, welche Ansprüche das SG jeweils vermeintlich übergangen haben soll. Mithin ist ein sachliches Interesse des Klägers an einer gerichtlichen Entscheidung nicht ersichtlich. Dies zeigt sich im vorliegenden Verfahren exemplarisch daran, dass er ausdrücklich den "Inhalt der Ergänzungsanträge" weiterverfolgt, obschon er nach der Entscheidung des SG und den vorangegangenen Entscheidungen des Senats in gleichgelagerten Fällen weiß, dass er substantiiert darzulegen hat, welche Ansprüche vermeintlich übergangen worden sind. Der Versuch, die Ergänzungsanträge bis in die Berufungsinstanz durchzusetzen, ist mithin einzig Ausdruck des gleichsam reflexartigen Verhaltens des Klägers, ohne nachvollziehbaren Grund Gerichte in Anspruch zu nehmen. Es ist nicht ersichtlich, dass durch die angefochtenen Entscheidungen des SG schutzwürdige Belange des Klägers betroffen sein könnten; der Berufung ermangelt es am erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis.
Die Berufung ist mithin als unzulässig zu verwerfen.
Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass die Berufung auch unbegründet ist. Das SG hat den Ergänzungsantrag des Klägers im Ergebnis zu Recht abgelehnt. Der Antrag, den Gerichtsbescheide vom 18.03.2011 zu ergänzen, war bereits unzulässig. Zwar hat der Kläger die Ergänzung fristgemäß, nämlich binnen eines Monats nach Zustellung des nach seiner Meinung ergänzungsbedürftigen Gerichtsbescheides, beantragt (§ 140 Abs. 1 Satz 2 SGG). Ein Antrag auf Urteilsergänzung muss jedoch zumindest erkennen lassen, inwieweit das vorhergehende Urteil bzw. der Gerichtsbescheid ergänzt werden soll (vgl. BSG, Beschluss vom 02.03.1977 - 3 RK 1/77 -; Urteil vom 26.05.1987 - 4a RJ 59/86 - jew. veröffentlicht in juris). Diesen Anforderungen genügt der Vortrag des Klägers, der sich darauf beschränkt hat, in Ermangelung nachvollziehbarer Gründe sei zu vermuten, dass Anträge übergangen worden sind, nicht, da der Vortrag keinerlei Substantiierung beinhaltet hat, welchen erhobenen Anspruch das SG in dem Gerichtsbescheid übergangen haben soll. Der Antrag war mithin bereits unzulässig.
Das SG hat es hiernach zu Recht abgelehnt, den Gerichtsbescheid zu ergänzen.
Der angefochtene Gerichtsbescheid unterliegt im Übrigen auch keinen Verfahrensfehlern. Soweit der Kläger hierzu angeführt hat, das SG habe § 60 SGG verletzt, indem es selbst über seine Befangenheitsgesuche entschieden habe, begründet dies keinen Verfahrensfehler. Das SG war vielmehr berechtigt, selbst über die Befangenheitsgesuche des Klägers zu entscheiden, da die Gesuche keinerlei Bezug zur konkreten Bearbeitung des Verfahrens durch den zuständigen Vorsitzenden des SG oder zum Gegenstand des Verfahren aufgewiesen haben; sie waren offensichtlich rechtsmissbräuchlich (vgl. BSG, Beschluss vom 27.10.2009 - B 1 KR 51/09 B - veröffentlicht in juris). Das SG war deswegen auch nicht gehalten, über die Gesuche im Wege eines gesonderten Beschlusses zu entscheiden, es konnte vielmehr im Rahmen der instanzabschließenden Entscheidung hierüber befinden (vgl. BSG, Beschluss vom 29.03.2007 - B 9a SB 18/06 B - veröffentlicht in juris). Für das SG bestand überdies auch keine Verpflichtung, dem Kläger eine Kopie der Verwaltungs- und Gerichtsakten zu fertigen und zu überlassen, da auch der entsprechende Antrag des Klägers im erstinstanzlichen Verfahren rechtsmissbräuchlich war; § 120 SGG wurde mithin gleichfalls nicht verletzt. Auch darin, dass das SG seine örtliche Zuständigkeit angenommen und den Rechtsstreit nicht an das Sozialgericht Stuttgart verwiesen wird, liegt kein Verfahrensfehler begründet, der zur Zurückverweisung des Rechtsstreits führen würde, da mit einem Rechtsmittel gegen eine Entscheidung in der Sache die Unzuständigkeit des erstinstanzlichen Gerichts nicht mehr gerügt werden kann (vgl. § 98 Satz 1 SGG i.V.m. § 17a Abs. 5 Gerichtsverfassungsgesetz). Ungeachtet dessen könnte das Verfahren nur an das Sozialgericht zurückverwiesen werden, das in erster Instanz entschieden hat, vorliegend das SG Karlsruhe. Eine Zurückverweisung an ein anderes Sozialgericht, wie vom Kläger beantragt, ist nicht möglich (Keller in Mayer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10.Aufl., § 159, Rn. 5e).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.
Der Antrag, dem Kläger für das Berufungsverfahren Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwältin N., B. zu bewilligen, war abzulehnen, da die Rechtsverfolgung des Klägers keine hinreichende Aussicht auf Erfolg versprach (§ 73a Abs. 1 Satz 1 SGG, § 114 ZPO). Dies konnte vorliegend im Rahmen der Entscheidung in der Hauptsache erfolgen, da nicht ersichtlich ist, dass bei einer zeitlich vorgelagerten Entscheidung über den PKH- Antrag, ausgehend vom Sach- und Streitstand zum Zeitpunkt von dessen Bewilligungsreife eine hinreichende Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung zu bejahen gewesen wäre (vgl. BSG, Beschluss vom 04.12.2007 - B 2 U 165/06 B veröffentlicht in juris).
Die Ablehnung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist unanfechtbar (vgl. § 177 SGG).
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Der Antrag, dem Kläger für das Berufungsverfahren Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwältin N., B., zu bewilligen, wird abgelehnt.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich dagegen, dass es das Sozialgericht Karlsruhe (SG) abgelehnt hat, seinen Gerichtsbescheid in der Streitsache - S 11 AL 4884/09 - zu ergänzen.
Der am 18.01.1975 geborene Kläger, der sich seit dem 13.09.2011 in Untersuchungshaft befindet, stand mit Unterbrechungen im langjährigen Bezug von Leistungen nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch (SGB III). Er führte und führt deswegen vor dem SG und dem Landessozialgericht Baden-Württemberg zahlreiche Rechtsstreitigkeiten gegen die Beklagte.
Mit Gerichtsbescheid vom 18.03.2011 wies das SG eine Klage des Klägers vom 04.11.2009 - S 11 AL 4884/09 -, mit der dieser die Verurteilung der Beklagten, ihm ein Kraftfahrzeug nebst der Kosten für dessen Versicherung und Steuer zu finanzieren, die Übernahme der Kosten für ein Monatsticket für den öffentlichen Personennahverkehr, die Übernahme der Kosten einer Schulungsmaßnahme geltend gemacht und sich ferner gegen die Rückforderung eines gewährten Fahrtkostenzuschusses i.H.v. 45,- EUR gewandt hat, ab. Am 01.04.2011 hat der Kläger unter der Begründung, der Gerichtsbescheid enthalte weder einen Tatbestand noch nachvollziehbare Gründe, weswegen zu unterstellen sei, dass die Anträge vollständig übergangen worden seien, die Ergänzung des Gerichtsbescheides beantragt. Nach Anhörung der Beteiligten (gerichtliches Schreiben vom 20.06.2012, dem Kläger zugestellt am 25.06.2012) hat das SG den Antrag mit Gerichtsbescheid vom 19.07.2012 (- S 11 AL 1542/12 -) zurückgewiesen, da es über sämtliche Anträge entschieden habe. Der Vortrag, es sei keine Entscheidung ersichtlich, sei nicht nachvollziehbar.
Gegen den am 20.07.2012 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 23.07.2012 Berufung eingelegt. Er verfolge den Inhalt der Ergänzungsanträge weiter. Im Übrigen sei das Verfahren an das örtlich zuständige Sozialgericht Stuttgart zurück zu verweisen. Das SG habe gegen § 60 und § 120 Sozialgerichtsgesetz (SGG) verstoßen, ein unzulässiges Ablehnungsgesuch habe nicht vorgelegen.
Der Kläger beantragt (zweckdienlich gefasst),
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 19. Juli 2012 aufzuheben und das Verfahren an das Sozialgericht Stuttgart (zurück) zu verweisen,
hilfsweise,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 19. Juli 2012 aufzuheben und den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 18. März 2011 zu ergänzen und über die bislang nicht entschiedenen Anträge zu entscheiden,
Die Beklagte hat sich im Berufungsverfahren nicht geäußert.
Der Senat hat dem Kläger die Möglichkeit eröffnet, Einsicht in die Verfahrens- und Verwaltungsakten zu nehmen, indem er die Akten in die Justizvollzugsanstalt S. übersandt hat. Der Kläger hat hiervon am 15.08.2012 Gebrauch gemacht.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz, die bei der Beklagten für den streitgegenständlichen Vorgang geführte Verwaltungsakte, welche Gegenstand der mündlichen Verhandlung vom 19.09.2012 wurden, sowie die Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 19.09.2012 verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung führt für den Kläger nicht zum Erfolg.
Der Senat konnte über die Berufung entscheiden, obschon der sich in Untersuchungshaft befindliche Kläger zu der mündlichen Verhandlung am 19.09.2012 nicht erschienen ist (vgl. Urteil des erkennenden Senats vom 21.09.2011 - L 3 AL 2514/10 -, Urteil vom 19.10.2011 - L 3 AL 3913/11 -; Beschlüsse des Bundessozialgerichts [BSG] vom 12.03.2012 in den vom Kläger dort betriebenen Verfahren - B 11 AL 43/11 BH - und - B 11 AL 44/11 BH -). Es obliegt grds. dem Kläger selbst, gegenüber der Leitung der Justizvollzugsanstalt die Teilnahme an einem gerichtlichen Termin zu beantragen. Auf einen entsprechenden Antrag, auf den der Kläger mit gerichtlichem Schreiben vom 10.08.2012 durch den Senat hingewiesen wurde, entscheidet die Anstaltsleitung, ob sie dem Gefangenen Ausgang oder Urlaub erteilt oder ihn ausführen lässt. Hiernach kann sich der Senat bei Anberaumung eines Termins zur mündlichen Verhandlung darauf beschränken, einen Gefangenen nach § 110 SGG zum Termin zu laden und es dabei dem Gefangenen überlassen, durch entsprechende Anträge bei der Strafvollzugsbehörde für seine Teilnahme an der mündlichen Verhandlung Sorge zu tragen. Erscheint der Gefangene nicht zum Termin zur mündlichen Verhandlung, so ist er, wenn, wie vorliegend das persönliche Erscheinen nicht angeordnet war, wie jeder andere Prozessbeteiligte zu behandeln, dem das Erscheinen zur mündlichen Verhandlung freigestellt worden ist (vgl. BSG, Urteil vom 21.06.1983 - 4 RJ 3/83 - veröffentlicht in juris). Da der Kläger schließlich in der ordnungsgemäß zugestellten Terminsmitteilung darauf hingewiesen wurde, dass auch in seiner Abwesenheit verhandelt und entschieden werden kann (§§ 153 Abs. 1, 110 Abs. 1 Satz 2 SGG), war der Senat durch die Abwesenheit des Klägers nicht an einer Entscheidung über die Berufung gehindert.
Der Senat war nicht verpflichtet, dem Kläger, wie von ihm beantragt, eine Kopie der Verfahrens- und Verwaltungsakte zu fertigen und zur Verfügung zu stellen. Der Antrag ist, da der Kläger eine Kopie der gesamten Akte begehrt hat, ohne ihn auf konkrete Aktenteile zu begrenzen, rechtsmissbräuchlich (Beschluss des erkennenden Senats vom 29.06.2011 - L 3 AL 1928/11 B -; Urteile des erkennenden Senats vom 21.09.2011, - L 3 AL 2514/10 -, - L 3 AL 2521/10 -). Der Senat hat dem Kläger stattdessen die Möglichkeit eröffnet, Einsicht in die Verfahrens- und Verwaltungsakten zu nehmen, indem er die Akten in die Justizvollzugsanstalt S. übersandt hat. Der Kläger hat hiervon Gebrauch gemacht. Auch dem Antrag, der Beklagten nach § 202 SGG i.V.m. §§ 423 ff Zivilprozessordnung (ZPO) aufzugeben, Kopien der Bescheide, der Verwaltungsakte und sonstiger Unterlagen vorzulegen, ist nicht zu entsprechen, da, ungeachtet der Frage, ob die angeführten Regelungen der ZPO im sozialgerichtlichen Verfahren anzuwenden sind, durch sie lediglich eine Verpflichtung des Prozessgegners zur Vorlage von Urkunden begründet wird. Da die Beklagte jedoch die Akten bereits vorgelegt hat und eine Verpflichtung zur Überlassung von Kopien der Urkunden in den §§ 423 ff ZPO nicht normiert ist, sind dem Kläger auch nicht nach § 202 SGG i.V.m. §§ 423 ff ZPO Kopien zu überlassen.
Die Berufung des Klägers wurde zwar form- und fristgerecht eingelegt (vgl. § 144 SGG), ihr fehlt jedoch das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis, weswegen sie als unzulässig zu verwerfen ist.
Das Rechtsschutzinteresse bildet zwar keine besondere Voraussetzung für die Zulässigkeit eines Rechtsmittels, sondern ergibt sich im allgemeinen ohne weiteres aus der formellen Beschwer des Rechtsmittelführers, der mit seinem Begehren in der vorangegangenen Instanz unterlegen ist. Mit dem Erfordernis der Beschwer ist in aller Regel gewährleistet, dass das Rechtsmittel nicht eingelegt wird, ohne dass ein sachliches Bedürfnis des Rechtsmittelklägers hieran besteht. Indessen gilt auch für Rechtsmittel der allgemeine Grundsatz, dass niemand die Gerichte grundlos oder für unlautere Zwecke in Anspruch nehmen darf. Trotz Vorliegens der Beschwer kann in Ausnahmefällen das Rechtsschutzinteresse fehlen, wenn der Rechtsweg unnötig, zweckwidrig oder missbräuchlich beschritten wird (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl., Vor § 143 Rn. 5 m.w.N.). Unnütz und deshalb unzulässig ist ein Rechtsmittel insbesondere dann, wenn durch die angefochtene Entscheidung keine Rechte, rechtlichen Interessen oder sonstigen schutzwürdigen Belange des Rechtsmittelführers betroffen sind und die weitere Rechtsverfolgung ihm deshalb offensichtlich keinerlei rechtliche oder tatsächliche Vorteile bringen kann (BSG, Urteil vom 08.05.2007 - B 2 U 3/06 R - veröffentlicht in juris). Ein solcher Fall ist hier gegeben. Der Kläger begehrt die Ergänzung eines Gerichtsbescheides. Er hat jedoch weder im vorliegenden Verfahren noch in den weiteren Verfahren bezüglich der Ergänzung von Entscheidungen auch nur im Ansatz erkennen lassen, welche Ansprüche das SG jeweils vermeintlich übergangen haben soll. Mithin ist ein sachliches Interesse des Klägers an einer gerichtlichen Entscheidung nicht ersichtlich. Dies zeigt sich im vorliegenden Verfahren exemplarisch daran, dass er ausdrücklich den "Inhalt der Ergänzungsanträge" weiterverfolgt, obschon er nach der Entscheidung des SG und den vorangegangenen Entscheidungen des Senats in gleichgelagerten Fällen weiß, dass er substantiiert darzulegen hat, welche Ansprüche vermeintlich übergangen worden sind. Der Versuch, die Ergänzungsanträge bis in die Berufungsinstanz durchzusetzen, ist mithin einzig Ausdruck des gleichsam reflexartigen Verhaltens des Klägers, ohne nachvollziehbaren Grund Gerichte in Anspruch zu nehmen. Es ist nicht ersichtlich, dass durch die angefochtenen Entscheidungen des SG schutzwürdige Belange des Klägers betroffen sein könnten; der Berufung ermangelt es am erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis.
Die Berufung ist mithin als unzulässig zu verwerfen.
Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass die Berufung auch unbegründet ist. Das SG hat den Ergänzungsantrag des Klägers im Ergebnis zu Recht abgelehnt. Der Antrag, den Gerichtsbescheide vom 18.03.2011 zu ergänzen, war bereits unzulässig. Zwar hat der Kläger die Ergänzung fristgemäß, nämlich binnen eines Monats nach Zustellung des nach seiner Meinung ergänzungsbedürftigen Gerichtsbescheides, beantragt (§ 140 Abs. 1 Satz 2 SGG). Ein Antrag auf Urteilsergänzung muss jedoch zumindest erkennen lassen, inwieweit das vorhergehende Urteil bzw. der Gerichtsbescheid ergänzt werden soll (vgl. BSG, Beschluss vom 02.03.1977 - 3 RK 1/77 -; Urteil vom 26.05.1987 - 4a RJ 59/86 - jew. veröffentlicht in juris). Diesen Anforderungen genügt der Vortrag des Klägers, der sich darauf beschränkt hat, in Ermangelung nachvollziehbarer Gründe sei zu vermuten, dass Anträge übergangen worden sind, nicht, da der Vortrag keinerlei Substantiierung beinhaltet hat, welchen erhobenen Anspruch das SG in dem Gerichtsbescheid übergangen haben soll. Der Antrag war mithin bereits unzulässig.
Das SG hat es hiernach zu Recht abgelehnt, den Gerichtsbescheid zu ergänzen.
Der angefochtene Gerichtsbescheid unterliegt im Übrigen auch keinen Verfahrensfehlern. Soweit der Kläger hierzu angeführt hat, das SG habe § 60 SGG verletzt, indem es selbst über seine Befangenheitsgesuche entschieden habe, begründet dies keinen Verfahrensfehler. Das SG war vielmehr berechtigt, selbst über die Befangenheitsgesuche des Klägers zu entscheiden, da die Gesuche keinerlei Bezug zur konkreten Bearbeitung des Verfahrens durch den zuständigen Vorsitzenden des SG oder zum Gegenstand des Verfahren aufgewiesen haben; sie waren offensichtlich rechtsmissbräuchlich (vgl. BSG, Beschluss vom 27.10.2009 - B 1 KR 51/09 B - veröffentlicht in juris). Das SG war deswegen auch nicht gehalten, über die Gesuche im Wege eines gesonderten Beschlusses zu entscheiden, es konnte vielmehr im Rahmen der instanzabschließenden Entscheidung hierüber befinden (vgl. BSG, Beschluss vom 29.03.2007 - B 9a SB 18/06 B - veröffentlicht in juris). Für das SG bestand überdies auch keine Verpflichtung, dem Kläger eine Kopie der Verwaltungs- und Gerichtsakten zu fertigen und zu überlassen, da auch der entsprechende Antrag des Klägers im erstinstanzlichen Verfahren rechtsmissbräuchlich war; § 120 SGG wurde mithin gleichfalls nicht verletzt. Auch darin, dass das SG seine örtliche Zuständigkeit angenommen und den Rechtsstreit nicht an das Sozialgericht Stuttgart verwiesen wird, liegt kein Verfahrensfehler begründet, der zur Zurückverweisung des Rechtsstreits führen würde, da mit einem Rechtsmittel gegen eine Entscheidung in der Sache die Unzuständigkeit des erstinstanzlichen Gerichts nicht mehr gerügt werden kann (vgl. § 98 Satz 1 SGG i.V.m. § 17a Abs. 5 Gerichtsverfassungsgesetz). Ungeachtet dessen könnte das Verfahren nur an das Sozialgericht zurückverwiesen werden, das in erster Instanz entschieden hat, vorliegend das SG Karlsruhe. Eine Zurückverweisung an ein anderes Sozialgericht, wie vom Kläger beantragt, ist nicht möglich (Keller in Mayer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10.Aufl., § 159, Rn. 5e).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.
Der Antrag, dem Kläger für das Berufungsverfahren Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwältin N., B. zu bewilligen, war abzulehnen, da die Rechtsverfolgung des Klägers keine hinreichende Aussicht auf Erfolg versprach (§ 73a Abs. 1 Satz 1 SGG, § 114 ZPO). Dies konnte vorliegend im Rahmen der Entscheidung in der Hauptsache erfolgen, da nicht ersichtlich ist, dass bei einer zeitlich vorgelagerten Entscheidung über den PKH- Antrag, ausgehend vom Sach- und Streitstand zum Zeitpunkt von dessen Bewilligungsreife eine hinreichende Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung zu bejahen gewesen wäre (vgl. BSG, Beschluss vom 04.12.2007 - B 2 U 165/06 B veröffentlicht in juris).
Die Ablehnung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist unanfechtbar (vgl. § 177 SGG).
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