L 5 KA 3547/10

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
5
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 11 KA 4824/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KA 3547/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 17.06.2010 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.

Der Streitwert wird auf 22.474,28 EUR festgesetzt.

Gründe:

I.

Der Kläger wehrt sich gegen eine sachlich-rechnerische Richtigstellung der Honorarabrechnungen für die Quartale 3/05 bis 3/06 aufgrund einer zeitbezogenen Plausibilitätsprüfung in Höhe von 22.474,28 EUR.

Der Kläger war in den Quartalen 3/05 bis 3/06 als Facharzt für Allgemeinmedizin in L. am N. zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen.

Mit Bescheid vom 14.01.2008 setzte die Beklagte eine Kürzung der Honoraransprüche des Klägers für die Quartale 3/05 bis 3/06 in Höhe von 22.474,28 EUR fest und führte zur Begründung aus, es hätten sich im Rahmen der Plausibilitätsprüfung zeitliche Auffälligkeiten ergeben. Der Kläger habe in den genannten Quartalen Leistungen abgerechnet, die nicht den erforderlichen Leistungsinhalt erfüllten. Im Rahmen der nach Zeitprofilen durchgeführten Plausibilitätsprüfung habe sich gezeigt, dass der Kläger an vier Tagen mehr als 12 Stunden zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) abgerechnet habe. Auffällig sei der hohe Zeitfaktor durch den häufigen Ansatz der Gesprächsleistung nach Gebühren-Ziffer (GNR) 03120 EBM 2000 plus. Des Weiteren sei die Beratungsziffer GNR 03120 auch häufig neben dem Ordinationskomplex abgerechnet worden. Unter Berücksichtigung dieser Parallelabrechnung seien es 14 Tage über 12 Stunden, maximal sogar 23 Stunden und 12 Minuten. In den auf Anforderung vorgelegten handschriftlich geführten Patientendokumentationen hätten sich bezüglich der Beratungsziffer GNR 03120 in fast allen Fällen Einträge befunden, dass eine intensive Beratung, ein therapeutisches Gespräch oder z. B. ein Behandlungsplan erörtert worden sei. Zeitangaben zu den Beratungen oder zur Gesprächsdauer seien nicht gemacht worden. Laut den allgemeinen Bestimmungen setze die Parallelabrechnung der Gesprächsleistung nach der GNR 03120 neben den Ordinationskomplexen nach den GNR 03110 bis 03112 eine Arzt-Patienten-Kontaktzeit von mindestens 20 Minuten voraus. Der Zeitaufwand für die Gesprächsleistung nach GNR 03120 EBM 2000 plus habe sich hierbei auf bis zu insgesamt neun Stunden und 20 Minuten pro Tag belaufen. Damit belege allein der hohe Zeitfaktor je Tag von bis zu neun Stunden und 20 Minuten nur für die Leistungen nach GNR 03120, dass diese Zeitvorgabe nicht eingehalten worden sei. Auch ein Vergleich mit der Fachgruppe belege, dass der Kläger überdurchschnittlich abgerechnet habe. Da die beanstandete Leistung nach der GNR 03120 EBM 2000plus zumindest teilweise korrekt abgerechnet worden sei, sei eine Ansatzhäufigkeit in Höhe des Fachgruppendurchschnitts anerkannt worden. Bei den darüber hinaus angesetzten Leistungen sei davon ausgegangen worden, dass die Zeitvorgabe nicht erfüllt worden sei. Diese Leistungen seien daher von den Abrechnungen 3/05 bis 3/06 abgesetzt worden. Für das Quartal 3/2005 sei eine Korrektur um 4.433,78 EUR erfolgt, für das Quartal 4/2005 um 5.115,90 EUR, für das Quartal 1/2006 um 4.145,96 EUR, für das Quartal 2/2006 um 4.609,05 EUR und für das Quartal 3/2006 um 4.717,52 EUR, woraus sich ein Gesamtkorrekturbetrag von 23.022,21 EUR abzüglich 2,38 % Verwaltungskosten, von 22.474,28 EUR ergebe.

Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger Widerspruch und machte geltend, seine Praxis sei eine Landarztpraxis im ärmeren Bereich der Ortschaft, in welcher er viele Patienten mit depressiven Störungen unterschiedlicher Prägung behandle. Gesprächsleistungen seien daher überdurchschnittlich erforderlich. Dies sei ihm auch schon mit der alten GNR 10 bei einer Anfrage in den 90-er Jahren zugestanden worden. Die Tagesarbeitszeitbelastung sei in einer ländlichen Praxis wesentlich höher als in der Stadt; die Patienten hielten sich nicht an Sprechzeiten und kämen von früh morgens bis sehr spät abends. Gegen sechs Uhr morgens kämen über das Handy die ersten Hausbesuchsanforderungen. Je nach der Zahl der Hausbesuche sei Beginn der Praxistätigkeit zwischen 6.30 Uhr und 7.15 Uhr. Die Helferinnen übernähmen die praktischen Tätigkeiten wie Blutabnahmen, EKG, Verbände, Verteilen der Patienten auf die Zimmer etc. Er gehe dann von Zimmer zu Zimmer ohne Zeitverlust, da alle nebeneinander lägen. Die überwiegende Zeit bestehe aus Besprechungs-, Beratungs- und Therapiegesprächen. Nur das Anlegen von Infusionen, Injektionen und Sonographien werde von ihm persönlich durchgeführt, natürlich nicht stumm, sondern immer unter Beratung. Da er viel Zeit für die Patienten aufwende, staue es sich in der Patientenzahl bis über Mittag enorm und er arbeite fast immer bis ca. 14.30 oder 15.00 Uhr durch, erst dann könne er kurz zur Toilette und Mittagessen. Je nach Dringlichkeit gehe es dann zwischen 15.15 und 15.30 Uhr mit Hausbesuchen oder Praxistätigkeit weiter, meistens gehe die Sprechstundentätigkeit abends bis zwischen 21 und 22 Uhr, gelegentlich noch bis über 23 Uhr. Bürokratische Tätigkeiten würden am Wochenende durchgeführt. Es gebe einen ärztlichen Notfalldienst, am Samstagvormittag würden nur noch Routinehausbesuche durchgeführt. Eine nachträgliche massive Streichung seiner Leistungen würde für ihn in der jetzigen Situation eine Zahlungsunfähigkeit für die Gehälter, Miete und Verbindlichkeiten bedeuten.

Mit Widerspruchsbescheid vom 11.06.2008 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Die Zeitprofile der entsprechenden Quartale wiesen Maximaltage von bis zu 18 Stunden und 50 Minuten beispielsweise im Quartal 4/2005 auf. Unter Berücksichtigung der Parallelabrechnung der Beratungsleistung nach GNR 03120 neben Ordinationsleistungen addierten sich die vom Kläger abgerechneten Leistungen an 21 Tagen auf über 12 Stunden auf, maximal bis zu 26 Stunden und 36 Minuten pro Tag.

Der Kläger hat sein Begehren weiterverfolgt, am 14.07.2008 Klage zum Sozialgericht Stuttgart (SG) erhoben und geltend gemacht, er habe bereits im Widerspruchsverfahren den hohen Zeitaufwand dargelegt und mit seiner Patientendokumentation belegt. Hierauf werde Bezug genommen. Die Abrechnung der Gesprächsleistung nach GNR 03120 sei in seinem Fall gerechtfertigt, da er viele Patienten mit depressiven Störungen unterschiedlicher Prägung betreue. Die Patienten beschrieben Konflikte am Arbeitsplatz, in Folge von Arbeitslosigkeit und Partnerschaftskrisen. Auch der Migrationshintergrund vieler Patienten führe zu einer überdurchschnittlich hohen Zahl an Gesprächsleistungen. Er habe seinen Tagesablauf bereits beeindruckend beschrieben. Er schätze den Anteil seiner Gesprächsleistungen, gemessen an seiner Gesamtleistung auf über 90 %. Dies sei der Grund für die berechtigte, häufige Abrechnung der GNR 03120 auch neben dem Ordinationskomplex. Die Arzthelferinnen übernähmen die praktischen Tätigkeiten wie die Blutabnahmen, EKG, Lungenfunktionsprüfung, Anlegen von Wundverbänden, Kompressions- und fixierenden Verbänden, Herrichten der Infusionen, Vorbereiten der Sonographie, Belastungs-EKG und Verteilen der Patienten in die Sprechzimmer. Auch körperliche Untersuchungen würden nicht stumm, sondern immer unter einer Beratung durchgeführt. Die Karteikarte werde während der Beratung parallel geführt. Die Beklagte habe die Tagesprofile unrichtig berechnet. Sie habe den Quartalskomplex, also die Leistungen der GNRN 03110 bis 03112, der nur auf das Quartalsprofil angerechnet werden dürfe, neben der GNR 03120 in die Tagesprofile aufgenommen. Die Beklagte orientiere sich an Statistiken und berücksichtige nicht die Besonderheiten seiner ärztlichen Praxis.

Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten, hat sich auf die Begründung der ergangenen Bescheide berufen und ausgeführt, die Neufestsetzung des Honorars sei nicht zu beanstanden. Zur Feststellung, ob abgerechnete Leistungen vollständig erbracht worden seien, sei es zulässig, Tagesprofile zu verwenden. Tagesprofile stellten ein geeignetes Beweismittel dar, um einem Arzt eine unkorrekte Abrechnung nachweisen zu können. Nach Erstellung der Tagesprofile seien im Quartal 3/05 Tagesarbeitszeiten von mehr als 13 Stunden an zwei Tagen, im Quartal 4/05 an sechs Tagen, wobei Spitzenzeiten von 18:50 Stunden am 28.12.05 und 16:15 Stunden am 05.10.05 erreicht worden seien, im Quartal 1/06 an einem Tag und im Quartal 2/06 an vier Tagen, wobei Spitzenzeiten von 15:10 Stunden am 29.06.06 erreicht worden seien, ermittelt worden. Dabei seien in den ermittelten Tagesarbeitszeiten die erhöhten Zeiten, die sich durch die Nebeneinanderabrechnung der GNR 03120 und den Ordinationskomplexen nach den GNRN 03110 bis 03112 ergäben, noch nicht berücksichtigt. Bei der genannten Nebeneinanderabrechnung sei nach der Leistungslegende zur GNR 03120 eine Dauer der Arzt-Patienten-Kontaktzeit von mindestens 20 Minuten Voraussetzung für die Berechnung der Leistung nach der GNR 03120. Die Arzt-Patienten-Kontaktzeit müsse somit mindestens 10 Minuten länger sein als ohne Nebeneinanderabrechnung. Unter Berücksichtigung der Nebeneinanderabrechnung der GNRN 03120 und 03110 bis 03112 sei festgestellt worden, dass der Kläger im Quartal 3/05 an 15 Tagen über 12 Stunden, im Quartal 4/05 an 22 Tagen, im Quartal 1/06 an 19 Tagen, im Quartal 2/06 an 18 Tagen, im Quartal 3/06 an 10 Tagen tätig gewesen sein müsse. Dabei ergäben sich folgende Spitzenarbeitszeiten:

Quartal Arbeitstag Arbeitszeit 3/2005 05.07.2005 21:32 Stunden 12.07.2005 15:54 Stunden 10.08.2005 18:01 Stunden 16.08.2005 16:50 Stunden

4/2005 04.10.2005 26:36 Stunden 05.10.2005 25:15 Stunden 06.10.2005 16:35 Stunden 18.10.2005 16:34 Stunden 13.12.2005 15:51 Stunden 28.12.2005 23:20 Stunden

1/2006 09.01.2006 18:39 Stunden 10.01.2006 20:02 Stunden 11.01.2006 17:35 Stunden

2/2006 04.04.2006 18:54 Stunden 05.04.2006 17:56 Stunden 12.04.2006 15:07 Stunden 24.04.2006 15:48 Stunden 02.05.2006 15:57 Stunden 16.05.2006 15:33 Stunden 30.05.2006 15:06 Stunden 29.06.2006 16:50 Stunden

3/2006 03.07.2006 20:37 Stunden 04.07.2006 16:48 Stunden 11.07.2006 17:21 Stunden

Ergebe sich in einem Tagesprofil eine tägliche Gesamtarbeitszeit, die der Arzt unmöglich geleistet haben könne, so sei die Schlussfolgerung gerechtfertigt, dass er nicht alle abgerechneten Leistungen vollständig erbracht haben könne. Diese Schlussfolgerung sei ohne Weiteres für solche Tage gerechtfertigt, an denen sich eine Arbeitszeit von über 24 Stunden oder eine nahe an 24 Stunden heranreichende Arbeitszeit auf Grund der abgerechneten Leistungen ergebe (Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg, L 5 KA 4454/00). Beim Kläger seien Spitzenarbeitszeiten im Quartal 3/05 von bis zu über 21 Stunden, im Quartal 4/05 von bis zu über 26 Stunden, im Quartal 1/06 von bis zu über 20 Stunden, im Quartal 2/06 von bis zu über 18 Stunden, im Quartal 3/06 von bis zu über 20 Stunden errechnet worden. Bei diesen Zeiten handele es sich um 24 Stunden überschreitende bzw. um nahe an 24 Stunden heranreichende Arbeitszeiten. In Anbetracht dessen, dass in diesen Zeiten unvermeidbare Handlungen, wie die tägliche Organisation des Praxisablaufs, das Anleiten und Überwachen des Praxispersonals bei delegationsfähigen Leistungen, die Auswertung von Befundunterlagen, Dokumentationen, Arztbriefen usw., persönliche Bedürfnisse wie Toilettengänge oder Nahrungsaufnahme, privatärztliche Behandlungen sowie Nachtruhe in die Berechnung nicht eingeflossen seien, handele es sich um Arbeitszeiten, die der Kläger unmöglich erbracht haben könne. Das gelte sowohl für die Tage, an denen sich Arbeitszeiten von über 24 Stunden ergäben, als auch für die Tage, an denen die Arbeitszeit nahe an 24 Stunden heranreiche. Beginne der Kläger, wie vorgetragen, seine Praxistätigkeit zwischen 6:30 Uhr und 7:15 Uhr, müsste er bei einer Tagesarbeitszeit von über 20 Stunden ohne eine einzige Unterbrechung durch z. B. Mittagspause, Toilettengänge oder ähnliches bis 03:30 Uhr gearbeitet haben. Er müsste somit auch in den Nachtstunden ununterbrochen ärztliche Behandlungen an Patienten vorgenommen haben. Dies erscheine unmöglich. Bereits dadurch sei nachgewiesen, dass der Kläger die in Ansatz gebrachten Leistungen nicht vollständig erbracht haben könne. Das gelte erst Recht, als von der Beklagten bei der Ermittlung der Tagesprofile aus Gründen der Rechtssicherheit ausschließlich von Minimalwerten ausgegangen worden sei. Bei diesen Werten handele es sich um solche Zeiten, bei denen auch ein erfahrener, geübter und zügig handelnder Arzt die Leistungen in kürzerer Zeit schlechterdings nicht ordnungsgemäß erbringen könne. Dabei könne sich der Kläger auch nicht darauf berufen, praktische Tätigkeiten würden durch seine Arzthelferinnen vorgenommen, und Untersuchungen würden nicht stumm, sondern immer unter Beratung durchgeführt. Gemäß § 15 Abs. 1 BMV-Ä könnten zwar Hilfeleistungen an nichtärztliche Mitarbeiter delegiert werden. Jedoch sei der delegierende Arzt verpflichtet, das Praxispersonal entsprechend anzuleiten und fachlich zu überwachen. Diese Anleitungs- und Überwachungsleistungen seien bei den genannten Arbeitszeiten ebenfalls nicht berücksichtigt worden. Ebenso wenig sei nachvollziehbar, inwieweit der Kläger körperliche Untersuchungen durchführen und gleichzeitig Beratungen vornehmen wolle.

Bereits durch die alleinige Abrechnung der GNR 03120 seien Zeiten von bis zu über 9 Stunden ermittelt worden. Bei der Nebeneinanderabrechnung mit den Ordinationskomplexen seien Zeiten von bis zu über 24 Stunden festgestellt worden. Das LSG Baden-Württemberg (L 5 KA 745/99) habe bereits entschieden, dass beim Ansatz von Gesprächsleistungen bei 6 bis 8 Stunden die Schlussfolgerung zu ziehen sei, dass diese nicht ordnungsgemäß erbracht sein könnten. Die vom Kläger abgerechneten Gesprächsleistungen überschritten diese Werte teilweise um mehr als das Doppelte.

Dabei hätten sich in den einzelnen Quartalen für die Abrechnung der GNR 03120 folgende Zeiten ergeben:

Quartal Arbeitstag Arbeitszeit für Nr. 03120 (ohne Nebeneinanderabrechnung) Arbeitszeit für Nr. 03120 (mit Nebeneinanderabrechnung) 3/2005 05.07.2005 09:20 Stunden 17:40 Stunden 12.07.2005 07:10 Stunden 11:20 Stunden 10.08.2005 07:30 Stunden 11:00 Stunden 16.08.2005 07:40 Stunden 12:40 Stunden 23.08.2005 07:00 Stunden 08:30 Stunden

4/2005 04.10.2005 12:20 Stunden 24:40 Stunden 05.10.2005 09:50 Stunden 18:50 Stunden 06.10.2005 07:20 Stunden 14:10 Stunden 17.10.2005 07:40 Stunden 11:40 Stunden 18.10.2005 07:00 Stunden 11:10 Stunden 08.11.2005 07:00 Stunden 08:30 Stunden 29.11.2005 07:50 Stunden 09:10 Stunden 13.12.2005 07:20 Stunden 09:00 Stunden 22.12.2005 07:50 Stunden 07:50 Stunden 27.12.2005 07:30 Stunden 07:30 Stunden 28.12.2005 10:20 Stunden 14:50 Stunden

1/2006 09.01.2006 08:50 Stunden 17:20 Stunden 10.01.2006 08:30 Stunden 16:40 Stunden 13.02.2006 07:20 Stunden 10:40 Stunden 28.02.2006 07:30 Stunden 08:40 Stunden 09.03.2006 07:50 Stunden 09:30 Stunden 21.03.2006 07:30 Stunden 07:30 Stunden 30.03.2006 07:00 Stunden 08:00 Stunden

2/2006 03.04.2006 07:10 Stunden 14:10 Stunden 04.04.2006 08:10 Stunden 15:30 Stunden 12.04.2006 07:10 Stunden 09:50 Stunden 24.04.2006 08:00 Stunden 12:50 Stunden 02.05.2006 08:00 Stunden 11:10 Stunden 16.05.2006 08:10 Stunden 10:30 Stunden 22.05.2006 07:40 Stunden 09:10 Stunden 30.05.2006 09:20 Stunden 10:30 Stunden 29.06.2006 10:50 Stunden 12:30 Stunden

3/2006 03.07.2006 10:10 Stunden 20:00 Stunden 04.07.2006 08:20 Stunden 16:20 Stunden 11.07.2006 07:50 Stunden 12:30 Stunden 25.07.2006 07:20 Stunden 08:40 Stunden 21.08.2006 10:10 Stunden 10:10 Stunden 22.08.2006 08:10 Stunden 08:10 Stunden

Für die Abrechnung der GNR 03120 sei eine Mindestdauer von 10 Minuten vorgesehen. Diese sei bei einer Nebeneinanderabrechnung von Ordinationskomplexen auf 20 Minuten erhöht. Diese Leistung sei nicht delegierbar. Der Arzt müsse vielmehr während der gesamten Zeit selbst tätig gewesen sein. Während dieser Zeit könnten zudem andere Leistungen nicht zeitgleich erbracht werden. Angesichts dessen, dass derartige Gespräche, insbesondere bei Patienten mit depressiven Störungen, wie sie vom Kläger nach seinem eigenen Vorbringen vielfach behandelt werden, eine hohe Konzentration erforderten, sowie der Tatsache, dass der Kläger diese Gespräche mit zahlreichen verschiedenen Patienten geführt haben wolle, erscheine es unmöglich, diesen Umfang an einem Tag geleistet zu haben. Das gelte vor allem auch dann, wenn man sich vergegenwärtige, dass der Kläger an diesen Tagen neben der GNR 03120 noch weitere Leistungen erbracht habe. Dabei sei nicht berücksichtigt, dass es sich bei den angesprochenen Gesprächsleistungen um Mindestzeiten handele. Bei einer Vielzahl von verschiedenen Patienten sei es schlechterdings nicht möglich, diese Gespräche bei allen Patienten nach Erreichen der Mindestzeit sofort abzubrechen. Patientenwechsel und weitere oben genannte Tätigkeiten sowie die vom Kläger vorgenommenen weiteren Behandlungen seien dabei noch nicht berücksichtigt. Aus den genannten Gründen müsse davon ausgegangen werden, dass der Kläger die Leistungen nach der GNR 03120 nicht ordnungsgemäß erbracht haben könne. Der EBM enthalte seit Jahren, insbesondere bei verschiedenen Gesprächsleistungen, Mindestzeiten. Somit müsse jedem Vertragsarzt klar sein, dass die Leistungslegende nur dann erfüllt sei, wenn die Gespräche oder andere Leistungen auch die vorgegebene Mindestzeit gedauert hätten. Des Weiteren sei jedem Menschen klar, dass der Tag nicht mehr als 24 Stunden habe. Jeder Vertragsarzt sei zur peinlich genauen Abrechnung verpflichtet. Im Hinblick auf die zeitliche Größenordnung hätte sich dem Kläger die Unrichtigkeit seiner Abrechnungen aufdrängen müssen. Entfalle somit, wie im Falle des Klägers, die Garantiefunktion der Abrechnungs-Sammelerklärung, da diese wegen zwar abgerechneter, aber nicht oder nicht vollständig erbrachter Leistungen unrichtig sei, seien die Voraussetzungen für eine Richtigstellung gegeben. Dabei stehe ihr bei der Neufestsetzung des Honorars ein weites Schätzungsermessen zu. Die von ihr vorgenommene Neufestsetzung des Honorars des Klägers sei damit nicht zu beanstanden. Insbesondere bleibe nochmals darauf hinzuweisen, dass sie Kürzungen lediglich im Rahmen der GNR 03120 auf den Fachgruppendurchschnitt vorgenommen habe. Entgegen den Ausführungen des Klägers seien bei einer Nebeneinanderabrechnung der GNRN 03110 bis 03112 und 03120 die Ordinationskomplexe nach den GNRN 03110 bis 03112 nicht in das Tagesprofil eingestellt worden. Im Tagesprofil sei lediglich die GNR 03120 berücksichtigt worden. Bei einer Nebeneinanderabrechnung mit den GNRN 03110 bis 03112 sei nach den Bestimmungen des EBM eine mindestens 20-minütige Arzt-Patienten-Kontaktzeit erforderlich. Die sich aufgrund der Nebeneinanderabrechnung ergebende erhöhte Arzt-Patienten-Kontaktzeit der GNR 03120 sei somit zu Recht in das Tagesprofil eingeflossen.

Mit Urteil vom 17.06.2010 hat das SG die Klage abgewiesen und hat zur Begründung ausgeführt, der angegriffene Bescheid sei rechtmäßig und verletze den Kläger nicht in seinen Rechten. Die Beklagte sei grundsätzlich zuständig für die sachlich-rechnerische Berichtigung gewesen. Die Bestimmungen über die Befugnis einer Kassenärztlichen Vereinigung, vertragsärztliche Honoraranforderungen und Honorarbescheide wegen sachlich-rechnerischer Fehler nachträglich zu korrigieren, verdrängten in ihrem Anwendungsbereich die Regelung des § 45 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X). Sie stellten von den Vorschriften des SGB X abweichende Regelungen i.S. des § 37 S. 1 SGB I dar. Nach § 75 Abs. 1 SGB V hätten die Kassenärztlichen Vereinigungen die vertragsärztliche Versorgung sicher zu stellen und den Krankenkassen und ihren Verbänden gegenüber die Gewähr dafür zu übernehmen, dass die vertragsärztliche Versorgung den gesetzlichen und vertraglichen Erfordernissen entspreche. Nach § 75 Abs. 2 Satz 2 1. Halbs. SGB V hätten die Kassenärztlichen Vereinigungen die Erfüllung der den Vertragsärzten obliegenden Pflichten zu überwachen. Zu den Pflichten der Vertragsärzte gehöre unter anderem auch eine ordnungsgemäße Abrechnung der von ihnen erbrachten Leistungen. Die Kassenärztliche Vereinigung stelle die sachliche und rechnerische Richtigkeit der Abrechnungen der Vertragsärzte fest; dazu gehöre auch die arztbezogene Prüfung der Abrechnungen auf Plausibilität sowie die Prüfung der abgerechneten Sachkosten (§ 106a Abs. 2 Satz 1 SGB V). Es obliege deshalb nach § 45 des Bundesmantelvertrages-Ärzte (BM V-Ä) bzw. § 34 des Ersatzkassenvertrages-Ärzte (EKV-Ä) der Beklagten, die vom Vertragsarzt eingereichten Honoraranforderungen rechnerisch und gebührenordnungsmäßig zu prüfen und ggf. zu berichtigen. Die Prüfung auf sachlich-rechnerische Richtigkeit einer Abrechnung erstrecke sich auf die Frage, ob die abgerechneten Leistungen ordnungsgemäß - somit ohne Verstoß gegen gesetzliche oder vertragliche Bestimmungen mit Ausnahme des Wirtschaftlichkeitsgebotes - erbracht worden seien. Solche Verstöße könnten z. B. darin liegen, dass die Leistungen überhaupt nicht, nicht in vollem Umfang, ohne die zur Leistungserbringung erforderliche spezielle Genehmigung oder unter Überschreitung des Fachgebietes erbracht worden seien (vgl. BSG SozR 3-2500 § 75 Nr. 10 m.w.N.). Zur Feststellung, ob abgerechnete Leistungen vollständig erbracht worden seien, sei es zulässig, Tagesprofile zu verwenden (vgl. BSG SozR 3-2500 § 95 Nr. 4; SozR 3-2500 § 83 Nr. 1). Tagesprofile seien ein geeignetes Beweismittel, um einem Arzt unkorrekte Abrechnungen nachweisen zu können. Die Beweisführung mit Tagesprofilen sei dem Indizienbeweis zuzuordnen. Für ihre Erstellung seien bestimmte Anforderungen erforderlich. Für die Ermittlung der Gesamtbehandlungszeit des Arztes an einem Tag dürften nur solche Leistungen in die Untersuchung einbezogen werden, die ein Tätigwerden des Arztes selbst voraussetzten. Delegationsfähige Leistungen hätten außer Betracht zu bleiben. Zu berücksichtigen sei weiter, dass die für die einzelnen ärztlichen Leistungen zugrunde zu legenden Durchschnittszeiten so bemessen sein müssten, dass ein erfahrener, geübter und zügig arbeitender Arzt die Leistungen im Durchschnitt in kürzerer Zeit schlechterdings nicht ordnungsgemäß und vollständig erbringen könne. Der Qualifizierung als Durchschnittszeit entspreche es, dass es sich hierbei nicht um die Festlegung absoluter Mindestzeiten handele, sondern um eine Zeitvorgabe, die im Einzelfall durchaus unterschritten werden könne. Die Durchschnittszeit stelle sich aber bei einer ordnungsgemäßen und vollständigen Leistungserbringung als der statistische Mittelwert dar (vgl. BSG SozR 3-2500 § 95 Nr. 4; LSG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 10.10.2007 - L 7 KA 56/03 - www.sozialgerichtsbarkeit.de = juris Rdnr. 21). Als Nachweis für eine Falschabrechnung des Quartals genüge bereits ein beliebiger falsch abgerechneter Tag (BSG SozR 3-2500 § 83 Nr. 1). Hiervon ausgehend seien die erfolgten Richtigstellungen nicht zu beanstanden. Die angegriffenen Bescheide seien formell und materiell rechtmäßig. Der Bescheid vom 14.01.2008 sei nicht deshalb formell rechtswidrig, weil die Beklagte im Rahmen der Plausibilitätsprüfung vom Kläger zwar unter dem 12.03.2007 die Übersendung von Patientendokumentationen angefordert habe, diesen aber nicht vor Erlass des Bescheids unter Übersendung der Tagesprofile zu den beabsichtigten Kürzungen angehört habe. Dieser Mangel sei dadurch geheilt, dass der Kläger im Widerspruchsverfahren Gelegenheit zur Stellungnahme gehabt habe (§ 41 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 SGB X). Die angegriffenen Bescheide seien auch materiell rechtmäßig. Sie beruhten auf §§ 45 Abs. 1 und 2 Bundesmantelvertrag-Ärzte (BMV-Ä), 34 Abs. 4 Bundesmantelvertrag-Ärzte/Ersatzkassen (EKV-Ä). In diesen Vorschriften sei übereinstimmend geregelt, dass die Kassenärztliche Vereinigung (KÄV) die von den Vertragsärzten eingereichten Abrechnungen rechnerisch und gebührenordnungsmäßig ("Regelwerk") prüfe und nötigenfalls richtig stelle (vgl. hierzu BSG SozR 3-2500 § 82 Nr. 3 m.w.N.). Die Vorschriften gestatteten es der Beklagten, aufgrund nicht ordnungsgemäßer Honorarabrechnung zu Unrecht erteilte Honorarbescheide ohne Beachtung weiterer Voraussetzungen aufzuheben und den materiell-rechtlich richtigen Zustand herzustellen. Die Beklagte sei zur Erstellung von Tagesprofilen berechtigt gewesen. Diese seien auf der Grundlage der Zeitangaben im einschlägigen EBM korrekt erstellt worden. Für die klägerische Rüge, die Zeitansätze der Tagesprofile seien deswegen rechtswidrig, weil darin die Ansätze für die GNRN 03110 bis 03112 und die für die GNR 03120 nebeneinander einbezogen worden seien, finde sich in den vorgelegten Unterlagen kein Anhaltspunkt. Die Beklagte habe schlüssig dargelegt, dass in den Tagesprofilen lediglich die GNR 03120 berücksichtigt worden seien, allerdings mit der - bei einer Nebeneinanderabrechnung mit den GNRN 03110 bis 03112 - nach den Bestimmungen des EBM 2000plus erforderlichen mindestens 20-minütigen Arzt-Patienten-Kontaktzeit. Die dem Kläger für die Quartale 3/05 bis 3/06 erteilten Honorarbescheide seien rechtswidrig gewesen. Denn sie beruhten auf einer unrichtigen Honorarabrechnung. Hierzu müsse die Beklagte nicht den Nachweis jeder einzelnen Unrichtigkeit führen. Vielmehr reiche es aus, dass sie einzelne Unrichtigkeiten aufdecke, soweit diese auf grob fahrlässiger Falschabrechnung des Vertragsarztes beruhten (BSG SozR 3-5550 § 35 Nr. 1). In diesem Fall entfalle nämlich die Garantiefunktion der Abrechnungs-Sammelerklärung. Dies führe dazu, dass sich die gesamte jeweilige Quartalsabrechnung als rechtswidrig erweise. Bei der Festlegung der den Zeitprofilen zugrunde liegenden Zeitvorgaben komme der Beklagten ein gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum zu. Denn diese Zeitvorgaben beruhten auf ärztlichem Erfahrungswissen (vgl. zum Beurteilungsspielraum in diesen Fällen BSG SozR 3-2500 § 106 Nr. 26; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr. 4; jeweils m.w.N.). Die gerichtliche Überprüfung der Zeitprofile beschränke sich daher auf die schlüssige, nachvollziehbare, widerspruchsfreie Ausgestaltung der Zeitvorgaben und insbesondere ihre Übereinstimmung mit dem vertragsärztlichen Abrechnungsregelwerk. Vor diesem Hintergrund seien Tagesprofile, d.h. die Addition der Behandlungszeiten für Leistungen an einem Behandlungstag, als Beweismittel zum Nachweis einer unrichtigen Abrechnung nur dann geeignet, wenn in die Ermittlung der Gesamtbehandlungszeit nur solche Leistungen einbezogen würden, die ein Tätigwerden des Arztes selbst voraussetzten. Die zugrunde gelegten Zeiten müssten zudem so bemessen sein, dass auch ein erfahrener, geübter und zügig arbeitender Arzt die Leistungen im Durchschnitt in kürzerer Zeit schlechterdings nicht ordnungsgemäß und vollständig erbringen könne. Ferner sei zu beachten, dass bestimmte Leistungen nach dem EBM-Ä nebeneinander berechnungsfähig seien. Soweit Tagesprofile als einziges Mittel zum Nachweis einer unrichtigen Abrechnung eingesetzt würden, reiche es regelmäßig nicht aus, einzelne Tage herauszugreifen. Vielmehr sei es erforderlich, die Tagesprofile über einen längeren Zeitraum, z.B. ein vollständiges Quartal, zu erstellen. Entsprechende Anforderungen seien an die Verwendung von Quartalsprofilen zu stellen. Im Gegensatz zu Tagesprofilen würden hierbei nicht die Leistungen eines einzelnen Behandlungstages, sondern eines längeren Behandlungszeitraums addiert. Soweit die bereits genannten Voraussetzungen erfüllt seien, komme ihnen ein mindestens ebenso hoher Beweiswert wie den Tagesprofilen zu. Diesen gegenüber hätten sie sogar insofern Vorteile, als sie bereits aus sich heraus einen längeren Abrechnungszeitraum abdeckten und daher nicht zu Verzeichnungen aufgrund der besonderen Praxisverhältnisse eines einzelnen Behandlungstages führten. Überdies böten sie die Möglichkeit, auch solche Leistungen in die Gesamtbetrachtung mit einfließen zu lassen, die nur einmal im Behandlungsfall abgerechnet werden könnten, obwohl sie - wie z.B. bei der hausärztlichen Grundvergütung (Nr. 1 EBM-Ä), bei der Ordinationsgebühr (Nr. 2 EBM-Ä) oder bei Betreuungsgrundleistungen (Nrn. 14 ff. EBM-Ä) - Leistungen an verschiedenen Behandlungstagen des Quartals umfassen könnten oder sogar müssten (LSG Nordrhein- Westfalen, Urteil vom 11.02.2004 - L 11 KA 72/03 - (juris)). Nach diesen Grundsätzen belegten die von der Beklagten erstellten Zeitprofile, dass in den beanstandeten Quartalen unplausible Abrechnungen des Klägers vorgelegen hätten. Dies gelte zum Einen für die von der Beklagten im Einzelnen aufgeführten auffälligen Tage der Quartale 3/05 - 3/06, die Zeiten auswiesen, die schlechterdings - jedenfalls bei einer Leistungserbringung durch eine Person - kaum der Realität entsprechen könnten, wie Arbeitszeiten von 26:36 Stunden (04.10.2005), 25:15 Stunden (05.10.2005), 20:02 Stunden (10.01.2006) oder 20:37 Stunden (03.07.2006). Unter Berücksichtigung der Nebeneinanderabrechnung der GNRN 03120 EBM 2000plus und 03110 bis 03112 EBM 2000plus ergäben sich Tagesarbeitszeiten über 12 Stunden im Quartal 3/05 an 15 Tagen, im Quartal 4/05 an 22 Tagen, im Quartal 1/06 an 19 Tagen, im Quartal 2/06 an 18 Tagen und im Quartal 3/06 an 10 Tagen, was in dieser Form ebenfalls kaum stimmen könne. Die Tagesprofile würden ergänzt durch die Zeitprofile der Gesprächsleistungen, die belegten, dass pro Quartal nicht jeweils nur ein einzelner Tag auffällig gewesen sei, sondern eine signifikante Zahl von Tagen. Allein der Zeitaufwand für die Gesprächsleistung nach der GNR 03120 beliefe sich jeweils an mehreren Tagen auf über sieben Stunden bis auf über 12 Stunden (ohne Nebeneinanderabrechnung mit den GNRN 03110 bis 03112). Bei der Nebeneinanderabrechnung der GNRN 03120 EBM 2000plus und 03110 bis 03112 seien Zeiten von über sieben Stunden bis auf über 24 Stunden (24:40 Stunden am 04.10.2005) ermittelt worden. Die Annahme der Beklagten, dass eine ordnungsgemäße Leistungserbringung bei Gesprächsleistungen zwischen sechs und acht Stunden und Tagesarbeitszeiten um die 24 Stunden nicht mehr vorliege, sei nicht zu beanstanden. Denn es entspreche ärztlicher Erfahrung, dass Gesprächs- und Arbeitszeiten in dieser Größenordnung bei einer - hier behaupteten - ordnungsgemäßen Leistungserbringung durch eine Person nicht erreichbar seien. Den sich aus den genannten Tagesprofilen ergebenden Indizienbeweis einer unzutreffenden Abrechnung habe der Kläger nicht zu entkräften vermocht. Damit sei auch die Annahme der Beklagten, dass die Garantiefunktion der Abrechnungssammelerklärung erschüttert sei, nicht zu beanstanden, ohne dass es darauf ankomme, auf welchen Gründen im Einzelnen die Unrichtigkeit bzw. der Verstoß gegen die Obliegenheit zur peinlich genauen Abrechnung beruhe. Auf Vertrauensschutz könne sich der Kläger nicht berufen. Die Beklagte habe soweit ersichtlich keinen Vertrauenstatbestand dahingehend gesetzt, dass sie die Abrechnungsweise des Klägers für zutreffend halte oder dass sie von einer Berichtigung absehen würde. Unter diesen Umständen sei auch die Kürzung der Gesprächsleistungen auf den Fachgruppendurchschnitt nicht zu beanstanden. Die Berufung des Klägers auf Praxisbesonderheiten gehe in diesem Zusammenhang fehl. Bei der Plausibilitätsprüfung handele es sich nicht um eine Wirtschaftlichkeitsprüfung. Mit dem Nachweis der Inplausibilität werde der zulässige Nachweis einer nicht ordnungsgemäßen Abrechnung erbracht. Einer weitergehenden Einzelfallprüfung oder des Nachweises in jedem Einzelfall bedürfe es dann nicht. Wie auch immer geartete Praxisbesonderheiten könnten nicht berücksichtigt werden (ebenso SG Marburg, Urteil vom 13.01.2010 - S 12 KA 238/09 - (juris)). Im Rahmen des Schätzungsermessens sei die Beklagte daher an einer Kürzung (nur) der Gesprächsleistungen nach der GNR 03120 auf den Fachgruppendurchschnitt nicht gehindert gewesen. Eine Verjährung bzw. ein Ausschluss einer Berichtigung wegen Zeitablaufs sei nicht eingetreten. Die Beklagte könne eine Berichtigung innerhalb von vier Jahren vornehmen (vgl. zuletzt BSG, Urt. v. 28.03.2007 - B 6 KA 22/06 R - SozR 4-2500 § 85 Nr. 35 = BSGE 98, 169 = GesR 2007, 461 = USK 2007-35 = ZMGR 2008, 144, juris Rdnr. 16 m. w. N.). Diese Frist sei bei allen betroffenen Quartalen eingehalten.

Gegen dieses ihm am 01.07.2010 zugestellte Urteil hat der Kläger am 30.07.2010 Berufung beim Landessozialgericht eingelegt.

Der Senat hat mit Verfügung vom 22.11.2010 darauf hingewiesen, dass er die Berufung auch ohne mündliche Verhandlung und ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter durch Beschluss zurückweisen kann, wenn er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Diese Verfahrensweise sei auf Grund des derzeitigen Sach- und Streitstandes beabsichtigt.

Der Kläger hat daraufhin seine Berufung begründet und geltend gemacht, er sei der Ansicht, es obliege seinem Ermessen, wie er seine Arbeitszeit aufteile. Er habe bereits im Verwaltungsverfahren und im Klageverfahren dargelegt, wie sich seine Arbeitszeit gestalte. Auf diesen Vortrag werde verwiesen. Er habe die abgerechneten Leistungen erbracht und sehe sich ungerechtfertigt behandelt, wenn seine Leistungen auf den Fachgruppendurchschnitt gekürzt würden, obwohl er Leistungen erheblich über dem Fachgruppendurchschnitt erbracht habe. Die Beklagte trage vor, dass unter Berücksichtigung der Parallelabrechnung von Ordinations- und Beratungsziffern zeitliche Belastungen von bis zu 26 Stunden und 36 Minuten festgestellt worden seien. Der Grund hierfür sei, dass für die Abrechnung des Ordinationskomplexes neben der Gesprächsziffer eine Arzt-Patienten Kontaktzeit von mindestens 20 Minuten im Rahmen des EBM 2000plus Voraussetzung sei. 10 Minuten Kontaktzeit aus dem Ordinationskomplex plus mindestens 10 Minuten aus der Gesprächsziffer. Wenn die Beklagte die 20 Minuten in das Tagesprofil einstelle, sei dies nach diesseitigem Dafürhalten unzulässig. Der Ordinationskomplex werde laut EBM nur auf das Quartalsprofil angerechnet. Für ihn sei nicht verständlich, weswegen seine Praxisbesonderheiten keine Berücksichtigung fänden. Er sehe sich benachteiligt und sei der Überzeugung, die Beklagte habe ihr Schätzungsermessen nicht ausreichend zu seinen Gunsten ausgeschöpft. Vor diesem Hintergrund wolle er auch den Hinweis des Senats zu § 153 Abs. 4 SGG berücksichtigend an seiner Berufung festhalten.

Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 17.06.2010 und den Bescheid der Beklagten vom 14.01.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11.06.2008 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angegriffene Entscheidung für zutreffend und ihren Bescheid, dessen Begründung sie wiederholt, für rechtmäßig. Sie weist nochmals ausdrücklich darauf hin, dass sie, entgegen den Ausführungen des Klägers, die Ordinationskomplexe nach den GNRN 03110 bis 03112 EBM 2000plus bei der Nebeneinanderabrechnung der GNRN 03110 bis 03112 und 03120 EBM 2000plus nicht in das Tagesprofil eingestellt habe. Im Tagesprofil sei lediglich die GO-Nr. 03120 EBM 2000plus berücksichtigt worden. Bei einer Nebeneinanderabrechnung mit den GNRN 03110 bis 03112 EBM 2000plus sei nach den Bestimmungen des EBM eine mindestens 20minütige Arzt-Patienten-Kontaktzeit erforderlich. Die sich aufgrund der Nebeneinanderabrechnung ergebende erhöhte Arzt-Patienten-Kontaktzeit der GNR 03120 EBM 2000plus sei somit zu Recht in das Tagesprofil eingeflossen.

Mit Verfügung vom 09.05.2012 wurde den Beteiligten mitgeteilt, dass der Beschluss gemäß § 153 Abs. 4 SGG im Juli oder August ergehen werde.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.

II.

Der Senat weist die Berufung des Klägers gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss zurück, weil er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält.

Die Berufung des Klägers ist gem. §§ 143, 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne Zulassung durch das Sozialgericht statthaft. Die Berufung ist auch sonst gem. § 151 SGG zulässig.

Die Berufung des Klägers ist nicht begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 14.01.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11.06.2008 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.

Rechtsgrundlage des angefochtenen Kürzungsbescheids ist § 106 a Abs. 2 Satz 1 SGB V, der durch Artikel 1 Nr. 83 des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GMG) vom 14. November 2003 (BGBl. I 2190, 2217) mit Wirkung vom 1. Januar 2004 in das SGB V eingefügt worden und seitdem unverändert geblieben ist. Danach stellt die Kassenärztliche Vereinigung die sachliche und rechnerische Richtigkeit der Abrechnungen der Vertragsärzte fest. Durch die Einfügung von § 106 a in das SGB V besteht nunmehr eine unmittelbare gesetzliche Grundlage für sachlich-rechnerische Richtigstellungen. Die Kassenärztlichen Vereinigungen sind gesetzlich berechtigt und verpflichtet, die sachliche und rechnerische Richtigkeit der Abrechnungen festzustellen und die Abrechnungen nötigenfalls richtigzustellen (BSG Urt. v. 23.06.2010 - B 6 KA 8/09 R). § 106a SGB V knüpft inhaltlich an die Regelungen an, die schon bisher in untergesetzlichen Vorschriften verankert waren (§ 45 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 BMV-Ä und § 34 Abs. 4 Satz 1 und 2 EKV-Ä). Die zu diesen Vorschriften ergangene Rechtsprechung des BSG behält deshalb unverändert ihre Gültigkeit und ist entsprechend zur Lösung von Zweifelsfragen heranzuziehen (BSG Beschluss vom 17.08.2011 - B 6 KA 27/11 B).

Die Prüfung auf sachlich-rechnerische Richtigkeit der Abrechnungen des Vertragsarztes zielt auf die Feststellung, ob die Leistungen rechtmäßig, also im Einklang mit den gesetzlichen und vertraglichen Bestimmungen - mit Ausnahme des Wirtschaftlichkeitsgebots - abgerechnet worden sind. Festzustellen ist, ob die Abrechnungen mit den Abrechnungsvorgaben des Regelungswerks, also mit den Einheitlichen Bewertungsmaßstäben, den Honorarverteilungsverträgen sowie weiteren Abrechnungsbestimmungen übereinstimmen oder ob zu Unrecht Honorare angefordert werden (BSG, Urteil vom 05.11.2008 a.a.O.). Die Befugnis der Kassenärztlichen Vereinigung zur Richtigstellung bedeutet im Umfang der vorgenommenen Korrekturen eine teilweise Rücknahme des ursprünglichen Honorarbescheides. Eine nach den Bestimmungen zur sachlich-rechnerischen Richtigstellung rechtmäßige (Teil-)Aufhebung des Honorarbescheids mit Wirkung für die Vergangenheit löst nach § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X, der Grundnorm des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs für den gesamten Bereich des Sozialrechts, eine entsprechende Rückzahlungsverpflichtung des Empfängers der Leistung aus (BSG , Urteil vom 14.12.2005 - B 6 KA 17/ 05 R -, veröffentlicht in Juris).

Nichts anderes gilt für die Plausibilitätsprüfung. Der Gesetzgeber hat in § 106a Abs. 2 Satz 1 2. Halbsatz SGB V ausdrücklich bestimmt, dass die arztbezogene Prüfung der Abrechnungen auf Plausibilität zur sachlich-rechnerischen Prüfung zählt. Gegenstand der arztbezogenen Plausibilitätsprüfungen ist insbesondere der Umfang der je Tag abgerechneten Leistungen im Hinblick auf den verbundenen Zeitaufwand des Vertragsarztes (§ 106a Abs. 2 Satz 2 SGB V). Dabei ist nach Satz 3 dieser Vorschrift ein Zeitrahmen für das pro Tag höchstens abrechenbare Leistungsvolumen zu Grunde zu legen; zusätzlich können Zeitrahmen für die in längeren Zeitperioden höchstens abrechenbaren Leistungsvolumina zu Grunde gelegt werden. Soweit Angaben zum Zeitaufwand nach § 87 Abs. 2 Satz 1 2.Halbsatz SGB V bestimmt sind, sind diese bei den Prüfungen nach Satz 2 zu Grunde zu legen (§ 106a Abs. 2 Satz 4 SGB V).

Ergänzt werden diese Vorschriften durch die für den Bezirk der Beklagten mit Wirkung ab 01.04.2005 abgeschlossene "Vereinbarung zur Durchführung der Abrechnungsprüfung", die ihre Rechtsgrundlage in § 106a Abs. 5 Satz 1 SGB V hat, wonach zwischen den Kassenärztlichen Vereinigungen und den Landesverbänden der Krankenkassen eine Vereinbarung über den Inhalt und die Durchführung der Prüfung nach Absatz 2 bis 4 zu treffen ist, und durch die auf der Grundlage von § 106a Abs. 6 SGB V zwischen der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen vereinbarten "Richtlinien gemäß § 106a SGB V" (DÄBl. 2008 Heft 37 S. A-1925 - abgedruckt in Engelmann-Aichberger Ergänzungsband - Gesetzliche Krankenversicherung Nr. 730 - AbrPr-RL). Letztere definieren in § 5 die Plausibilitätsprüfung als ein Verfahren, mit dessen Hilfe auf Grund bestimmter Anhaltspunkte und vergleichender Betrachtungen die rechtliche Fehlerhaftigkeit ärztlicher Abrechnungen vermutet werden kann. Anhaltspunkte für eine solche Vermutung sind Abrechnungsauffälligkeiten (§ 5 Abs. 1 Satz 2 AbrPr-RL). Dem in § 13 AbrPr-RL vorgesehen Auftrag, das Verfahren der Plausibilitätsprüfung in einer Verfahrensordnung näher zu regeln, ist die Beklagte mit der "Verfahrensordnung zur Durchführung von Plausibilitätsprüfungen der KV Baden-Württemberg" nachgekommen. Nach § 9 dieser Verfahrensordnung obliegt es dem Plausibilitätsausschuss als zuständiger Verwaltungsbehörde der KV Baden-Württemberg zu entscheiden, ob und in welchem Umfang sachlich-rechnerische Berichtigungen durchgeführt werden.

Die von der Beklagten im Falle des Klägers durchgeführte Plausibilitätsprüfung entspricht diesen gesetzlichen Vorgaben, was im Grundsatz zwischen den Beteiligten nicht weiter streitig ist. Soweit der Kläger sein Abrechnungsverhalten mit den Besonderheiten seiner Praxis und der Effizienz seiner Praxisabläufe begründet, kann er damit nicht durchdringen. Auch bezüglich der ausgesprochenen Kürzung ist der Bescheid weder dem Grunde noch der Höhe nach zu beanstanden. Der Senat teilt die Auffassung des Sozialgerichts, nimmt deswegen auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG) und sieht insoweit von einer eigenen Begründung ab.

Zu ergänzen ist lediglich Folgendes: Der Kläger überzeugt im Hinblick auf die auffälligen Gesprächsleistungen nicht mit dem Vortrag, dass er viele Leistungen delegiere und Gesprächsleistungen auch während der Vornahme von Untersuchungen erbringe. Die sich für Gesprächsleistungen, die der Kläger höchst persönlich erbringen muss, ergebenden Zeiten sind auch dann nicht plausibel, wenn er in erheblichem Umfang persönliche Leistungen während der Gesprächsleistungen erbracht hat. Denn in die Gesprächsleistungen dürfen nur die Zeiten für Untersuchungen einbezogen werden, die im EBM nicht mit einer eigenständigen Leistungsposition aufgeführt sind (zum Beispiel der Zeitbedarf für eine manuelle Untersuchung des Abdomens). Hierdurch ist eine zeitliche Überschneidung des Zeitbedarfs für Gesprächsleistungen mit dem Zeitbedarf für andere daneben abgerechnete Leistungspositionen (z.B. Sonographie) ausgeschlossen. Unabhängig hiervon ändert der Vortrag des Klägers nichts daran, dass bei der Nebeneinanderabrechnung der GNRN 03120 und 03110 bis 03112 EBM 2000plus sich allein aus der GNR 03120 EBM 2000plus Zeiten von über 7 Stunden bis auf über 24 Stunden ergeben.

Der Kläger, der sich mit den Gründen der angegriffenen Entscheidung nicht auseinandersetzt, vertritt weiterhin sinngemäß die Ansicht, dass mindestens 10 Minuten Gesprächsdauer auch dann ausreichen, die Gesprächsziffer abzurechnen, wenn im gleichen Quartal die Ordinationsgebühr in Ansatz gebracht worden ist. Er nimmt weiterhin nicht zur Kenntnis, dass es in diesem Fall einer erhöhten Arzt-Patienten-Kontaktzeit bedarf, um die GNR 03120 EBM 2000plus im gleichen Quartal abrechnen zu können, weil Erörterungen und Abklärungen im gleichen Quartal bis zu 10 Minuten Dauer im fakultativen Leistungsinhalt des Ordinationskomplexes enthalten sind.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 154 Abs. 2 VwGO.

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).

Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 52 Abs. 3 GKG.
Rechtskraft
Aus
Saved