Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Münster (NRW)
Aktenzeichen
S 14 LW 11/10
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 8 LW 10/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 31.5.2011 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Tenor klarstellend wie folgt gefasst wird: Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 4.1.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.4.2010 verurteilt, den Kläger für die Zeit vom 25.10.2009 bis 24.7.2010 von der Versicherungspflicht in der Alterssicherung der Landwirte zu befreien. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers auch im Berufungsrechtszug. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Befreiung von der Versicherungspflicht.
Der am 00.00.1966 geborene Kläger bewirtschaftete ab dem 1.4.2002 einen Hof von ca. 20 Hektar Größe, insbesondere mit Mastschweinhaltung und Ferkelzucht. Wegen Bezugs von Arbeitsentgelt befreite ihn die Beklagte von der Versicherungspflicht zur landwirtschaftlichen Alterssicherung (Bescheid vom 25.4.2002). Seit dem 25.10.2009 ist der Kläger ausschließlich als Vollerwerbslandwirt tätig. Die Agentur für Arbeit D bewilligte dem Kläger für den Zeitraum vom 25.10.2009 bis 24.7.2010 einen Gründungszuschuss in Höhe von 1.035,30 EUR, in dem eine Pauschale von 300 EUR zur sozialen Sicherung enthalten war (Bewilligungsbescheid vom 12.10.2009).
Am 13.11.2009 beantragte der Kläger die Befreiung von der Versicherungspflicht wegen des Bezuges des Gründungszuschusses. Die Beklagte erteilte unter dem 4.1.2010 zwei Bescheide. Mit dem ersten hob sie den Befreiungsbescheid mit Wirkung ab dem 25.10.2009 auf und forderte monatliche Beiträge von 217,- EUR. Mit dem zweiten Bescheid lehnte sie die Befreiung von der Versicherungspflicht mit der Begründung ab, die Befreiung sei u. a. nur möglich, solange der Gründungszuschuss nicht für eine Tätigkeit als landwirtschaftlicher Unternehmer gezahlt werde.
Der Kläger legte dagegen Widerspruch ein. Es gebe keine gesetzliche Grundlage, die Befreiung zu versagen, wenn ein Gründungszuschuss für die Tätigkeit als landwirtschaftlicher Unternehmer gewährt werde. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 21.4.2010 zurück. Sie führte zur Begründung unter anderem aus, dass ein von der Arbeitsverwaltung zur Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit gewährter Gründungszuschuss nach § 57 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) zwar grundsätzlich als eine dem Erwerbsersatzeinkommen vergleichbare Leistung i. S. d. § 3 Abs. 4 Satz 2 Nr. 2 Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte (ALG) zu bewerten sei. Anders verhalte es sich jedoch, wenn der nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 ALG versicherungspflichtige Landwirt einen Gründungszuschuss für die Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit als Landwirt erhalte. In diesem Fall sei der Gründungszuschuss aufgrund seiner Nähe zum Arbeitseinkommen aus Land- und Forstwirtschaft auch bei Prüfung der Befreiungsvoraussetzungen des § 3 Abs. 1 Nr. 1 ALG als diesem Einkommen vergleichbares Einkommen einzustufen.
Mit seiner am 19.5.2010 zum Sozialgericht (SG) Münster erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren weiterverfolgt. Zur Begründung hat er geltend gemacht, der Gründungszuschuss sei Erwerbsersatzeinkommen im Sinne des § 3 Abs. 4 Satz 2 Nr. 2 ALG. Nach dem Wortlaut und Sinn und Zweck des § 3 Abs. 1 Nr. 1 ALG scheide eine Befreiung nur bei der Erzielung von Arbeitseinkommen aus Land- und Forstwirtschaft aus, nicht aber bei der Erzielung von Erwerbsersatzeinkommen.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 4.1.2010 über die Aufhebung der Befreiung und unter Aufhebung des Bescheides vom 4.1.2010 über die Versagung einer weiteren Befreiung in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.4.2010 zu verurteilen, eine Befreiung von der Versicherungspflicht für die Zeit vom 25.10.2009 bis 24.7.2010 auszusprechen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat den angefochtenen Bescheid, unter anderem unter Hinweis auf das Rundschreiben ihres Verbandes vom 4.10.2007 zum Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 10.5.2007, B 10 LW 7/05 R, sowie das weitere Rundschreiben vom 23.12.2008, verteidigt.
Mit Urteil vom 31.5.2011 hat das SG Münster der Klage stattgegeben. Auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.
Gegen das ihr am 14.6.2011 zugestellte Urteil hat die Beklagte (jedenfalls) am 1.7.2011 Berufung eingelegt. Sie verweist auf ihr erstinstanzliches Vorbringen und führt ergänzend aus, dass der Gründungszuschuss vorliegend nicht als außerlandwirtschaftliches Einkommen anzusehen sei. Die Befreiung von der Versicherungspflicht sei ein Ausnahmetatbestand. Das müsse man bei der Einordnung des Gründungszuschusses in die Systematik beachten. § 3 ALG solle seinem Zweck nach diejenigen von der Versicherungspflicht befreien, die anderweitig für das Alter abgesichert seien oder sich freiwillig anderweitig absichern könnten. Für den Kläger bleibe es auch trotz des Bezuges des Gründungszuschusses als Anschubfinanzierung seines landwirtschaftlichen Unternehmens nur bei der Versicherungs- und Beitragspflicht in der landwirtschaftlichen Alterskasse. Eine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung bestehe nicht. Führe die Zahlung eines Gründungszuschusses zur Befreiung von der Versicherungspflicht, könne eine Absicherung für das Alter in keinem sozialen Absicherungssystem erfolgen. Dies sei mit der Intention des Gesetzgebers nicht zu vereinbaren. Denn der Gründungszuschuss selbst enthalte nach § 58 SGB III einen pauschalierten Anteil für die soziale Absicherung in Höhe von 300 EUR.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 31.5.2011 aufzuheben und die Klage abzuweisen,
nachdem der Kläger seinen erstinstanzlichen Antrag dahingehend klargestellt hat, dass beantragt wird,
ihn unter Aufhebung des Bescheides vom 4.1.2010 in Gestalt des Widerspruchbescheides vom 21.4.2010 für die Zeit vom 25.10.2009 bis 24.7.2010 von der Versicherungspflicht bei der Beklagten zu befreien.
Im Übrigen beantragt der Kläger,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt das angefochtene Urteil.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Nach der Klarstellung des Klageantrags ist Streitgegenstand der Bescheid vom 4.1.2010 über die Ablehnung des erneuten Befreiungsantrags in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.4.2010.
Die zulässige Berufung der Beklagten ist unbegründet. Das SG hat der Klage zu Recht stattgegeben, da der angefochtene Bescheid vom 4.1.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.4.2010 rechtswidrig ist und den Kläger im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beschwert. Denn die Beklagte hat es zu Unrecht abgelehnt, den Kläger von der Versicherungspflicht für den Zeitraum vom 25.10.2009 bis 24.7.2010 zu befreien.
Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Befreiung von der Versicherungspflicht für den vorgenannten Zeitraum gem. § 3 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. Abs. 4 Sätze 1 und 2 Nr. 2 ALG.
Nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 ALG werden Landwirte und mitarbeitende Familienangehörige auf Antrag von der Versicherungspflicht befreit, solange sie regelmäßig Arbeitsentgelt, Arbeitseinkommen, vergleichbares Einkommen oder Erwerbsersatzeinkommen im Sinne von Abs. 4 der Vorschrift beziehen, das ohne Berücksichtigung des Arbeitseinkommens aus Land- und Forstwirtschaft jährlich 4.800 EUR überschreitet. § 3 Abs. 4 Satz 1 ALG definiert als Erwerbsersatzeinkommen Leistungen, die aufgrund oder in entsprechender Anwendung öffentlich-rechtlicher Vorschriften erbracht werden, um Erwerbseinkommen zu ersetzen. Gemäß § 3 Abs. 4 Satz 2 Nr. 2 ALG zählen hierzu insbesondere Krankengeld, Versorgungskrankengeld, Verletztengeld, soweit es nicht nach § 55a Abs. 2 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch gewährt wird, oder Übergangsgeld, Arbeitslosengeld oder Unterhaltsgeld nach dem Arbeitsförderungsgesetz oder vergleichbare Leistungen von einem sozialen Leistungsträger.
Der Gründungszuschuss gemäß § 57 SGB III in den bis zum 31.3.2012 geltenden Fassungen der Vorschrift (ab 1.4.2013: § 93 SGB III), der mit Wirkung vom 1.8.2006 an die Stelle des Überbrückungsgeldes nach § 57 SGB III in der bis zum 31.7.2006 geltenden Fassung (a.F.) und des Existenzgründungszuschusses gem. § 421l SGB III getreten ist, ist Erwerbsersatzeinkommen im Sinne von § 3 Abs. 4 Satz 2 Nr. 2 ALG ("vergleichbare Leistung von einem Sozialleistungsträger"). Der Senat folgt insoweit in vollem Umfang der entsprechenden Rechtsauffassung des BSG zum ohne Bedürftigkeitsprüfung im Anschluss an Arbeitslosengeld gezahlten Überbrückungsgeld nach § 57 SGB III a.F. (BSG, Urteil v. 10.5.2007, B 10 LW 7/05 R, SozR 4-5868 § 3 Nr. 2). Nachdem der Gründungszuschuss - worauf bereits das BSG in der zitierten Entscheidung hingewiesen hat (a.a.O. Rdnr. 29) - mit der Versicherungsleistung Arbeitslosengeld noch stärker verzahnt ist als zuvor das Überbrückungsgeld, bestehen keine Bedenken, die tragenden Erwägungen dieser Entscheidung auf den Gründungsausschuss zu übertragen. Das wird im Übrigen auch von der Beklagten nicht grundsätzlich in Abrede gestellt.
Entgegen der Auffassung der Beklagten ist es damit jedoch schon im Ansatz ausgeschlossen, den Gründungszuschuss zur Aufnahme einer Tätigkeit als Landwirt als Arbeitseinkommen aus Land- und Forstwirtschaft zu qualifizieren. Vielmehr dient er gerade dem Ziel, Arbeitseinkommen zu substituieren. Er beruht also nicht auf der selbstständigen Tätigkeit, sondern gleicht deren ungenügende Erträge aus (BSG, Urteil v. 10.5.2007, a.a.O. Rdnr. 14, ebenso Stratmann in Niesel/Brand, SGB III, 5 Aufl. 2012, § 57 Rdnr. 3).
Es besteht auch sonst keine gesetzliche Grundlage, dem Bezieher eines Gründungszuschusses den Befreiungsanspruch nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 ALG mit dem Argument zu versagen, der Zuschuss diene der Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit in der Land- oder Forstwirtschaft.
Der Wortlaut des § 3 ALG schließt eine Auslegung der Vorschrift in diesem Sinne aus. § 3 Abs. 1 Nr. 1 ALG knüpft den Anspruch auf Befreiung allein an den regelmäßigen Bezug der dort genannten Einkunftsarten und die Höhe der Einkünfte. Lediglich beim Arbeitseinkommen (§ 15 Viertes Buch Sozialgesetzbuch) wird dasjenige aus Land- und Forstwirtschaft ausgenommen. Bei den drei anderen genannten Einkunftsarten, namentlich dem Erwerbsersatzeinkommen, zu dem der Gründungszuschuss zählt, fehlt eine entsprechende Unterscheidung danach, ob die Einkünfte in unmittelbarem oder mittelbarem Zusammenhang mit land- oder forstwirtschaftlicher Tätigkeit erzielt werden. Vor diesem Hintergrund wäre es mit dem Wortlaut des § 3 Abs. 1 Nr. 1 ALG unvereinbar, den von dieser Vorschrift gewährten Anspruch auf Befreiung von der Versicherungspflicht wegen Bezugs eines Gründungszuschusses zu verwehren, weil dieser der Aufnahme einer (grundsätzlich versicherungspflichtigen) Tätigkeit in der Landwirtschaft dient.
Eine dahingehende teleologische Reduzierung (vgl. zu deren Voraussetzungen BVerfG, Beschluss v. 7.4.1997, 1 BvL 11/96, NJW 1997, 2230, 2231; BSG, Urteil v. 18.8.2011, B 10 EG 7/10 R, zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen) der Anwendung des § 3 Abs. 1 Nr. 1 ALG ist auch weder von Sinn und Zweck der Vorschrift, ihrer Entstehungsgeschichte oder dem Gesamtzusammenhang der einschlägigen Regelungen her geboten.
Das ALG enthält ein differenziertes System von Regel (Versicherungspflicht) und Ausnahme (Versicherungsfreiheit bzw. Befreiung auf Antrag; vgl. hierzu BSG, Urteil v. 25.7.2002, B 10 LW 12/01 R, SozR 3-5868 § 2 Nr. 2, m.w.N.). Anders als unter dem Regime des Gesetzes über eine Altershilfe für Landwirte (GAL) wollte der Gesetzgeber des ALG dabei eine Befreiung nicht mehr prinzipiell endgültig wirken lassen. Vielmehr ist die lediglich zeitweise Befreiung mit (Wieder-)Eintritt der Versicherungspflicht bei Wegfall der Befreiungsvoraussetzungen ausdrücklich gewollt (BT-Drs. 12/5700, S. 71 zu § 3). Mit diesem Regelungsprinzip ist das hier gefundene Ergebnis einer Befreiung von der Versicherungspflicht bis zum Ende der Bewilligung des Gründungszuschusses ohne weiteres vereinbar. Eine teleologische Reduktion einzelner Befreiungstatbestände würde demgegenüber das gesetzliche System grundsätzlich ebenso verletzen wie eine gesetzesergänzende, Lücken schließende Auslegung (vgl. hierzu BSG, Urteil v. 25.7.2002, a.a.O.).
Der Gesamtzusammenhang der betroffenen Regelung, insbesondere das Schutzbedürfnis der Bezieher von Gründungszuschüssen einschließlich des Klägers, gebietet keine abweichende Beurteilung.
Zunächst knüpft der Wortlaut des § 3 Abs. 1 Nr. 1 ALG die Befreiung nicht an das Vorliegen einer anderweitigen Absicherung in einem gesetzlichen System sozialer Alterssicherung. So führt der Bezug von Arbeitseinkommen aus selbständiger Tätigkeit zur Befreiung ohne Unterscheidung, ob diese Tätigkeit mit einer Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung, insbesondere nach § 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) einhergeht. Vielmehr reicht es dem Gesetzgeber für einen Befreiungsanspruch offenbar aus, dass die in der Vorschrift genannten Personenkreise entweder über einen ausreichenden anderweitigen Schutz verfügen oder typisierend als fähig angesehen werden können, einen solchen Schutz selbst zu gewährleisten. Zu der zweiten Gruppe gehören nach der gesetzlichen Konzeption die Bezieher des Gründungszuschusses, die gemäß § 58 SGB III (ab 1.4.2012: § 94 SGB III) einen Beitrag zur sozialen Sicherung von monatlich 300 EUR erhalten, unabhängig davon, ob sie ihn diesem Zweck entsprechend verwenden (vgl. Sauer in Jahn/Sauer, SGB III, § 58 Rdnr. 9). Ebenso hat schon das BSG in seiner Entscheidung zum Überbrückungsgeld (Urteil v. 10.5.2007, a.a.O.) ausgeführt, dass es für die Befreiung nach § 3 ALG nicht darauf ankomme, ob aus den auf das Überbrückungsgeld entfallenden pauschalierten Sozialversicherungsbeiträgen freiwillige Beiträge in die gesetzliche Rentenversicherung eingezahlt worden seien.
Abgesehen davon geht die Beklagte unzutreffend davon aus, dass der Kläger sich nicht anders als in der Alterssicherung der Landwirte gesetzlich hätte absichern können. Die Gewährung des Gründungszuschusses führte zwar nicht zur Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung, schuf aber die Möglichkeit sich als Selbständiger nach § 4 Abs. 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI, Antragspflichtversicherung) oder § 7 SGB VI (freiwillige Versicherung) in der gesetzlichen Rentenversicherung abzusichern (vgl. Link in Eicher/Schlegel, SGB III, § 57 Rz. 112 ff). Die Mitgliedschaft in der landwirtschaftlichen Alterssicherung steht der Antragspflichtversicherung gem. § 4 Abs. 2 SGB VI nicht entgegen (vgl. von Koch in BeckOK SGB VI § 4 Rdnr. 22; Grintsch in Kreikebohm, SGB VI, § 4 Rdnr. 18), ebenso nicht einer freiwilligen Versicherung gem. § 7 SGB VI, da diese nur bei Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung ausgeschlossen ist (vgl. Gürtner in Kasseler Kommentar, SGB VI, § 7 Rz. 4; Schmidt in Kreikebohm, SGB VI, 3. Aufl. 2008, § 7 Rdnr. 14).
Die Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 Nr. 1 ALG liegen vor. Der Kläger hat Erwerbsersatzeinkommen in Form des Gründungszuschusses erhalten, das ohne Berücksichtigung von Arbeitseinkommen aus Land- und Forstwirtschaft 4.800 EUR jährlich bzw. 400 EUR monatlich überschritten hat. Ihm wurden 1.035,30 EUR monatlich einschließlich der Pauschale von 300 EUR zur sozialen Sicherung gewährt. Selbst bei Herausrechnung dieser Pauschale läge der Monatsbetrag bei 735,30 EUR und damit deutlich über 400 EUR. Der Senat kann daher dahinstehen lassen, ob die Pauschale für die soziale Sicherung in diesem Zusammenhang zu berücksichtigen ist oder nicht.
Der Senat hat den Tenor des erstinstanzlichen Urteils unter Einbeziehung des Widerspruchsbescheides vom 21.4.2010 klarstellend neu gefasst.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 183, 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision gem. § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Tatbestand:
Streitig ist die Befreiung von der Versicherungspflicht.
Der am 00.00.1966 geborene Kläger bewirtschaftete ab dem 1.4.2002 einen Hof von ca. 20 Hektar Größe, insbesondere mit Mastschweinhaltung und Ferkelzucht. Wegen Bezugs von Arbeitsentgelt befreite ihn die Beklagte von der Versicherungspflicht zur landwirtschaftlichen Alterssicherung (Bescheid vom 25.4.2002). Seit dem 25.10.2009 ist der Kläger ausschließlich als Vollerwerbslandwirt tätig. Die Agentur für Arbeit D bewilligte dem Kläger für den Zeitraum vom 25.10.2009 bis 24.7.2010 einen Gründungszuschuss in Höhe von 1.035,30 EUR, in dem eine Pauschale von 300 EUR zur sozialen Sicherung enthalten war (Bewilligungsbescheid vom 12.10.2009).
Am 13.11.2009 beantragte der Kläger die Befreiung von der Versicherungspflicht wegen des Bezuges des Gründungszuschusses. Die Beklagte erteilte unter dem 4.1.2010 zwei Bescheide. Mit dem ersten hob sie den Befreiungsbescheid mit Wirkung ab dem 25.10.2009 auf und forderte monatliche Beiträge von 217,- EUR. Mit dem zweiten Bescheid lehnte sie die Befreiung von der Versicherungspflicht mit der Begründung ab, die Befreiung sei u. a. nur möglich, solange der Gründungszuschuss nicht für eine Tätigkeit als landwirtschaftlicher Unternehmer gezahlt werde.
Der Kläger legte dagegen Widerspruch ein. Es gebe keine gesetzliche Grundlage, die Befreiung zu versagen, wenn ein Gründungszuschuss für die Tätigkeit als landwirtschaftlicher Unternehmer gewährt werde. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 21.4.2010 zurück. Sie führte zur Begründung unter anderem aus, dass ein von der Arbeitsverwaltung zur Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit gewährter Gründungszuschuss nach § 57 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) zwar grundsätzlich als eine dem Erwerbsersatzeinkommen vergleichbare Leistung i. S. d. § 3 Abs. 4 Satz 2 Nr. 2 Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte (ALG) zu bewerten sei. Anders verhalte es sich jedoch, wenn der nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 ALG versicherungspflichtige Landwirt einen Gründungszuschuss für die Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit als Landwirt erhalte. In diesem Fall sei der Gründungszuschuss aufgrund seiner Nähe zum Arbeitseinkommen aus Land- und Forstwirtschaft auch bei Prüfung der Befreiungsvoraussetzungen des § 3 Abs. 1 Nr. 1 ALG als diesem Einkommen vergleichbares Einkommen einzustufen.
Mit seiner am 19.5.2010 zum Sozialgericht (SG) Münster erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren weiterverfolgt. Zur Begründung hat er geltend gemacht, der Gründungszuschuss sei Erwerbsersatzeinkommen im Sinne des § 3 Abs. 4 Satz 2 Nr. 2 ALG. Nach dem Wortlaut und Sinn und Zweck des § 3 Abs. 1 Nr. 1 ALG scheide eine Befreiung nur bei der Erzielung von Arbeitseinkommen aus Land- und Forstwirtschaft aus, nicht aber bei der Erzielung von Erwerbsersatzeinkommen.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 4.1.2010 über die Aufhebung der Befreiung und unter Aufhebung des Bescheides vom 4.1.2010 über die Versagung einer weiteren Befreiung in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.4.2010 zu verurteilen, eine Befreiung von der Versicherungspflicht für die Zeit vom 25.10.2009 bis 24.7.2010 auszusprechen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat den angefochtenen Bescheid, unter anderem unter Hinweis auf das Rundschreiben ihres Verbandes vom 4.10.2007 zum Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 10.5.2007, B 10 LW 7/05 R, sowie das weitere Rundschreiben vom 23.12.2008, verteidigt.
Mit Urteil vom 31.5.2011 hat das SG Münster der Klage stattgegeben. Auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.
Gegen das ihr am 14.6.2011 zugestellte Urteil hat die Beklagte (jedenfalls) am 1.7.2011 Berufung eingelegt. Sie verweist auf ihr erstinstanzliches Vorbringen und führt ergänzend aus, dass der Gründungszuschuss vorliegend nicht als außerlandwirtschaftliches Einkommen anzusehen sei. Die Befreiung von der Versicherungspflicht sei ein Ausnahmetatbestand. Das müsse man bei der Einordnung des Gründungszuschusses in die Systematik beachten. § 3 ALG solle seinem Zweck nach diejenigen von der Versicherungspflicht befreien, die anderweitig für das Alter abgesichert seien oder sich freiwillig anderweitig absichern könnten. Für den Kläger bleibe es auch trotz des Bezuges des Gründungszuschusses als Anschubfinanzierung seines landwirtschaftlichen Unternehmens nur bei der Versicherungs- und Beitragspflicht in der landwirtschaftlichen Alterskasse. Eine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung bestehe nicht. Führe die Zahlung eines Gründungszuschusses zur Befreiung von der Versicherungspflicht, könne eine Absicherung für das Alter in keinem sozialen Absicherungssystem erfolgen. Dies sei mit der Intention des Gesetzgebers nicht zu vereinbaren. Denn der Gründungszuschuss selbst enthalte nach § 58 SGB III einen pauschalierten Anteil für die soziale Absicherung in Höhe von 300 EUR.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 31.5.2011 aufzuheben und die Klage abzuweisen,
nachdem der Kläger seinen erstinstanzlichen Antrag dahingehend klargestellt hat, dass beantragt wird,
ihn unter Aufhebung des Bescheides vom 4.1.2010 in Gestalt des Widerspruchbescheides vom 21.4.2010 für die Zeit vom 25.10.2009 bis 24.7.2010 von der Versicherungspflicht bei der Beklagten zu befreien.
Im Übrigen beantragt der Kläger,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt das angefochtene Urteil.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Nach der Klarstellung des Klageantrags ist Streitgegenstand der Bescheid vom 4.1.2010 über die Ablehnung des erneuten Befreiungsantrags in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.4.2010.
Die zulässige Berufung der Beklagten ist unbegründet. Das SG hat der Klage zu Recht stattgegeben, da der angefochtene Bescheid vom 4.1.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.4.2010 rechtswidrig ist und den Kläger im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beschwert. Denn die Beklagte hat es zu Unrecht abgelehnt, den Kläger von der Versicherungspflicht für den Zeitraum vom 25.10.2009 bis 24.7.2010 zu befreien.
Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Befreiung von der Versicherungspflicht für den vorgenannten Zeitraum gem. § 3 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. Abs. 4 Sätze 1 und 2 Nr. 2 ALG.
Nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 ALG werden Landwirte und mitarbeitende Familienangehörige auf Antrag von der Versicherungspflicht befreit, solange sie regelmäßig Arbeitsentgelt, Arbeitseinkommen, vergleichbares Einkommen oder Erwerbsersatzeinkommen im Sinne von Abs. 4 der Vorschrift beziehen, das ohne Berücksichtigung des Arbeitseinkommens aus Land- und Forstwirtschaft jährlich 4.800 EUR überschreitet. § 3 Abs. 4 Satz 1 ALG definiert als Erwerbsersatzeinkommen Leistungen, die aufgrund oder in entsprechender Anwendung öffentlich-rechtlicher Vorschriften erbracht werden, um Erwerbseinkommen zu ersetzen. Gemäß § 3 Abs. 4 Satz 2 Nr. 2 ALG zählen hierzu insbesondere Krankengeld, Versorgungskrankengeld, Verletztengeld, soweit es nicht nach § 55a Abs. 2 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch gewährt wird, oder Übergangsgeld, Arbeitslosengeld oder Unterhaltsgeld nach dem Arbeitsförderungsgesetz oder vergleichbare Leistungen von einem sozialen Leistungsträger.
Der Gründungszuschuss gemäß § 57 SGB III in den bis zum 31.3.2012 geltenden Fassungen der Vorschrift (ab 1.4.2013: § 93 SGB III), der mit Wirkung vom 1.8.2006 an die Stelle des Überbrückungsgeldes nach § 57 SGB III in der bis zum 31.7.2006 geltenden Fassung (a.F.) und des Existenzgründungszuschusses gem. § 421l SGB III getreten ist, ist Erwerbsersatzeinkommen im Sinne von § 3 Abs. 4 Satz 2 Nr. 2 ALG ("vergleichbare Leistung von einem Sozialleistungsträger"). Der Senat folgt insoweit in vollem Umfang der entsprechenden Rechtsauffassung des BSG zum ohne Bedürftigkeitsprüfung im Anschluss an Arbeitslosengeld gezahlten Überbrückungsgeld nach § 57 SGB III a.F. (BSG, Urteil v. 10.5.2007, B 10 LW 7/05 R, SozR 4-5868 § 3 Nr. 2). Nachdem der Gründungszuschuss - worauf bereits das BSG in der zitierten Entscheidung hingewiesen hat (a.a.O. Rdnr. 29) - mit der Versicherungsleistung Arbeitslosengeld noch stärker verzahnt ist als zuvor das Überbrückungsgeld, bestehen keine Bedenken, die tragenden Erwägungen dieser Entscheidung auf den Gründungsausschuss zu übertragen. Das wird im Übrigen auch von der Beklagten nicht grundsätzlich in Abrede gestellt.
Entgegen der Auffassung der Beklagten ist es damit jedoch schon im Ansatz ausgeschlossen, den Gründungszuschuss zur Aufnahme einer Tätigkeit als Landwirt als Arbeitseinkommen aus Land- und Forstwirtschaft zu qualifizieren. Vielmehr dient er gerade dem Ziel, Arbeitseinkommen zu substituieren. Er beruht also nicht auf der selbstständigen Tätigkeit, sondern gleicht deren ungenügende Erträge aus (BSG, Urteil v. 10.5.2007, a.a.O. Rdnr. 14, ebenso Stratmann in Niesel/Brand, SGB III, 5 Aufl. 2012, § 57 Rdnr. 3).
Es besteht auch sonst keine gesetzliche Grundlage, dem Bezieher eines Gründungszuschusses den Befreiungsanspruch nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 ALG mit dem Argument zu versagen, der Zuschuss diene der Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit in der Land- oder Forstwirtschaft.
Der Wortlaut des § 3 ALG schließt eine Auslegung der Vorschrift in diesem Sinne aus. § 3 Abs. 1 Nr. 1 ALG knüpft den Anspruch auf Befreiung allein an den regelmäßigen Bezug der dort genannten Einkunftsarten und die Höhe der Einkünfte. Lediglich beim Arbeitseinkommen (§ 15 Viertes Buch Sozialgesetzbuch) wird dasjenige aus Land- und Forstwirtschaft ausgenommen. Bei den drei anderen genannten Einkunftsarten, namentlich dem Erwerbsersatzeinkommen, zu dem der Gründungszuschuss zählt, fehlt eine entsprechende Unterscheidung danach, ob die Einkünfte in unmittelbarem oder mittelbarem Zusammenhang mit land- oder forstwirtschaftlicher Tätigkeit erzielt werden. Vor diesem Hintergrund wäre es mit dem Wortlaut des § 3 Abs. 1 Nr. 1 ALG unvereinbar, den von dieser Vorschrift gewährten Anspruch auf Befreiung von der Versicherungspflicht wegen Bezugs eines Gründungszuschusses zu verwehren, weil dieser der Aufnahme einer (grundsätzlich versicherungspflichtigen) Tätigkeit in der Landwirtschaft dient.
Eine dahingehende teleologische Reduzierung (vgl. zu deren Voraussetzungen BVerfG, Beschluss v. 7.4.1997, 1 BvL 11/96, NJW 1997, 2230, 2231; BSG, Urteil v. 18.8.2011, B 10 EG 7/10 R, zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen) der Anwendung des § 3 Abs. 1 Nr. 1 ALG ist auch weder von Sinn und Zweck der Vorschrift, ihrer Entstehungsgeschichte oder dem Gesamtzusammenhang der einschlägigen Regelungen her geboten.
Das ALG enthält ein differenziertes System von Regel (Versicherungspflicht) und Ausnahme (Versicherungsfreiheit bzw. Befreiung auf Antrag; vgl. hierzu BSG, Urteil v. 25.7.2002, B 10 LW 12/01 R, SozR 3-5868 § 2 Nr. 2, m.w.N.). Anders als unter dem Regime des Gesetzes über eine Altershilfe für Landwirte (GAL) wollte der Gesetzgeber des ALG dabei eine Befreiung nicht mehr prinzipiell endgültig wirken lassen. Vielmehr ist die lediglich zeitweise Befreiung mit (Wieder-)Eintritt der Versicherungspflicht bei Wegfall der Befreiungsvoraussetzungen ausdrücklich gewollt (BT-Drs. 12/5700, S. 71 zu § 3). Mit diesem Regelungsprinzip ist das hier gefundene Ergebnis einer Befreiung von der Versicherungspflicht bis zum Ende der Bewilligung des Gründungszuschusses ohne weiteres vereinbar. Eine teleologische Reduktion einzelner Befreiungstatbestände würde demgegenüber das gesetzliche System grundsätzlich ebenso verletzen wie eine gesetzesergänzende, Lücken schließende Auslegung (vgl. hierzu BSG, Urteil v. 25.7.2002, a.a.O.).
Der Gesamtzusammenhang der betroffenen Regelung, insbesondere das Schutzbedürfnis der Bezieher von Gründungszuschüssen einschließlich des Klägers, gebietet keine abweichende Beurteilung.
Zunächst knüpft der Wortlaut des § 3 Abs. 1 Nr. 1 ALG die Befreiung nicht an das Vorliegen einer anderweitigen Absicherung in einem gesetzlichen System sozialer Alterssicherung. So führt der Bezug von Arbeitseinkommen aus selbständiger Tätigkeit zur Befreiung ohne Unterscheidung, ob diese Tätigkeit mit einer Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung, insbesondere nach § 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) einhergeht. Vielmehr reicht es dem Gesetzgeber für einen Befreiungsanspruch offenbar aus, dass die in der Vorschrift genannten Personenkreise entweder über einen ausreichenden anderweitigen Schutz verfügen oder typisierend als fähig angesehen werden können, einen solchen Schutz selbst zu gewährleisten. Zu der zweiten Gruppe gehören nach der gesetzlichen Konzeption die Bezieher des Gründungszuschusses, die gemäß § 58 SGB III (ab 1.4.2012: § 94 SGB III) einen Beitrag zur sozialen Sicherung von monatlich 300 EUR erhalten, unabhängig davon, ob sie ihn diesem Zweck entsprechend verwenden (vgl. Sauer in Jahn/Sauer, SGB III, § 58 Rdnr. 9). Ebenso hat schon das BSG in seiner Entscheidung zum Überbrückungsgeld (Urteil v. 10.5.2007, a.a.O.) ausgeführt, dass es für die Befreiung nach § 3 ALG nicht darauf ankomme, ob aus den auf das Überbrückungsgeld entfallenden pauschalierten Sozialversicherungsbeiträgen freiwillige Beiträge in die gesetzliche Rentenversicherung eingezahlt worden seien.
Abgesehen davon geht die Beklagte unzutreffend davon aus, dass der Kläger sich nicht anders als in der Alterssicherung der Landwirte gesetzlich hätte absichern können. Die Gewährung des Gründungszuschusses führte zwar nicht zur Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung, schuf aber die Möglichkeit sich als Selbständiger nach § 4 Abs. 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI, Antragspflichtversicherung) oder § 7 SGB VI (freiwillige Versicherung) in der gesetzlichen Rentenversicherung abzusichern (vgl. Link in Eicher/Schlegel, SGB III, § 57 Rz. 112 ff). Die Mitgliedschaft in der landwirtschaftlichen Alterssicherung steht der Antragspflichtversicherung gem. § 4 Abs. 2 SGB VI nicht entgegen (vgl. von Koch in BeckOK SGB VI § 4 Rdnr. 22; Grintsch in Kreikebohm, SGB VI, § 4 Rdnr. 18), ebenso nicht einer freiwilligen Versicherung gem. § 7 SGB VI, da diese nur bei Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung ausgeschlossen ist (vgl. Gürtner in Kasseler Kommentar, SGB VI, § 7 Rz. 4; Schmidt in Kreikebohm, SGB VI, 3. Aufl. 2008, § 7 Rdnr. 14).
Die Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 Nr. 1 ALG liegen vor. Der Kläger hat Erwerbsersatzeinkommen in Form des Gründungszuschusses erhalten, das ohne Berücksichtigung von Arbeitseinkommen aus Land- und Forstwirtschaft 4.800 EUR jährlich bzw. 400 EUR monatlich überschritten hat. Ihm wurden 1.035,30 EUR monatlich einschließlich der Pauschale von 300 EUR zur sozialen Sicherung gewährt. Selbst bei Herausrechnung dieser Pauschale läge der Monatsbetrag bei 735,30 EUR und damit deutlich über 400 EUR. Der Senat kann daher dahinstehen lassen, ob die Pauschale für die soziale Sicherung in diesem Zusammenhang zu berücksichtigen ist oder nicht.
Der Senat hat den Tenor des erstinstanzlichen Urteils unter Einbeziehung des Widerspruchsbescheides vom 21.4.2010 klarstellend neu gefasst.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 183, 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision gem. § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
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