S 5 AS 2328/11

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Köln (NRW)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
5
1. Instanz
SG Köln (NRW)
Aktenzeichen
S 5 AS 2328/11
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt von der Beklagten die Tragung seiner Beiträge zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung in voller Höhe von monatlich 424,17 EUR im Bewilligungszeitraum vom 01.01.2011 bis 30.06.2011.

Der Kläger ist seit 1993 bei der H. Krankenversicherung privat kranken- und pflegeversichert.

Bis zum Jahre 2004 war der Kläger selbständig. Anschließend war er erwerbslos und wurde zunächst von einer Freundin finanziell unterstützt, die u.a. seine Beiträge zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung beglich, bevor er am 08.09.2005 erstmals Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten (nachfolgend einheitlich: Beklagte) beantragte.

Im Zuge der Antragsbearbeitung teilte die Beklagte dem Kläger per Schreiben vom 14.09.2005 unter anderem mit:

"Eine Übernahme der Kosten Ihrer privaten Krankenversicherung sind hier nicht möglich. Ich muss Sie daher bitten, sich eine Krankenkasse der Pflichtversicherer zu wählen und sich dort als Mitglied registrieren zu lassen. [ ] Bitte, regeln Sie dies schnellstmöglich und denken Sie dann auch an eine rechtzeitige Kündigung Ihrer privaten Krankenkasse."

Mit Schreiben vom 24.09.2005 teilte der Kläger der Beklagten mit, dass er angesichts seiner Krankengeschichte "auf keinen Fall" einen Wechsel in die gesetzliche Kranken- und Pflegeversicherung vollziehen wolle.

Daraufhin informierte die Beklagte den Kläger per Schreiben vom 10.10.2005 darüber, dass in diesem Fall eine Befreiung von der gesetzlichen Krankenversicherung nötig sei und übersandte ihm vor diesem Hintergrund das Zusatzblatt "Sozialversicherung der Bezieher von Arbeitslosengeld II – Zuschuss zu den Beiträgen bei Befreiung von der Versicherungspflicht".

Der Kläger beantragte am 23.10.2005 bei der B.-Krankenkasse die Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung. Per Bescheid vom 07.11.2005 befreite die B.-Krankenkasse den Kläger gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 2a SGB V (a.F.) mit Wirkung zum 01.09.2005.

Ebenfalls am 07.11.2005 beantragte der Kläger sodann unter Verwendung des vorgenannten Zusatzblattes bei der Beklagten die Bezuschussung seiner Beiträge zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung. Das vom Kläger unterschriebene Zusatzblatt enthielt dabei folgenden Passus:

"Mir ist bekannt, dass ein Zuschuss nur bis zur Höhe von Beiträgen geleistet werden kann, wie sie bei einer gesetzlichen Versicherung anfallen würden. Außerdem ist mir bekannt, dass die Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung nicht widerrufen werden kann. Eine Rückkehr in die gesetzliche Kranken-/Pflegeversicherung während des Bezuges von Arbeitslosengeld II ist damit nicht mehr möglich."

In den Folgejahren bezuschusste die Beklagte die Beiträge des Klägers zu seiner privaten Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe derjenigen Beiträge, die auch für gesetzlich Versicherte Leistungsempfänger zu zahlen gewesen wären.

Per Bewilligungsbescheid vom 22.11.2010 in Gestalt des Änderungsbescheides vom 06.01.2011 gewährte die Beklagte dem Kläger für den Bewilligungszeitraum 01.01.2011 bis 30.06.2011 Leistungen nach dem SGB II in Höhe von insgesamt 831,25 EUR. Hiervon umfasst waren ein Zuschuss nach § 26 SGB II zur privaten Krankenversicherung in Höhe von 131,34 EUR und zur privaten Pflegeversicherung von 18,04 EUR.

Im streitgegenständlichen Zeitraum betrug der Versicherungsbeitrag des Klägers für seine private Kranken- und Pflegeversicherung insgesamt 424,17 EUR. Im Einzelnen:

Krankenversicherung: 361,12 EUR Pflegeversicherung: 26,94 EUR gesetzlicher Zuschlag: 36,11 EUR - 424,17 EUR

Der Kläger war im fraglichen Zeitraum nicht in dem seit 2009 verfügbaren Basistarif versichert, obwohl ihm ein Wechsel mit Antragstellung zum darauffolgenden Monatsersten möglich gewesen wäre.

Mit Schreiben vom 21.03.2011 wandte sich der Kläger an die Beklagte und nahm Bezug auf das Urteil des Bundessozialgerichts vom 18.01.2011 (Az.: B 4 AS 108/10 R). Er vertrat die Auffassung, hieraus ergebe sich, dass die Beklagte nunmehr die Beiträge zur privaten Versicherung in voller Höhe übernehmen müsse und bat um Überprüfung.

Die Beklagte teilte dem Kläger mit, dass das in Bezug genommene Urteil eine andere Sach- und Rechtslage betreffe. Das Urteil des Bundessozialgerichts habe einen freiberuflich tätigen Rechtsanwalt betroffen, für den eine kostengünstigere Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung nach der Rechtslage nach dem 01.01.2009 nicht möglich gewesen sei. Für den Kläger bestehe die Möglichkeit zur Rückkehr in die gesetzliche Versicherung, seine Mitgliedschaft in der privaten Versicherung beruhe auf seiner eigenen autonomen Entscheidung.

Per Schreiben vom 11.04.2011 insistierte der Kläger und bat um abermalige Überprüfung. Er wies darauf hin, dass für ihn keineswegs die Möglichkeit zur Rückkehr in die gesetzliche Kranken- und Pflegeversicherung bestehe.

Die Beklagte fasste das abermalige Überprüfungsbegehren des Klägers als Antrag auf Übernahme der Beiträge zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung auf und lehnte diesen per Bescheid vom 13.04.2011 ab, soweit die Versicherungsbeiträge die Höhe des jeweils geltenden gesetzlichen Beitrags überstiegen. Zur Begründung führte die Beklagte im Wesentlichen aus, zwar habe der Kläger zu Recht darauf hingewiesen, dass ihm eine Rückkehr in die gesetzliche Kranken- und Pflegeversicherung verwehrt sei. Er habe jedoch bei Beginn des Leistungsbezuges nach damaliger Rechtslage die Möglichkeit gehabt, einen Wechsel in die gesetzliche Versicherung zu vollziehen. Sein Verbleib in der privaten Versicherung beruhe auf seiner autonomen Entscheidung. Darüber, dass eine Rückkehr in die gesetzliche Versicherung für die Dauer des Leistungsbezuges ausgeschlossen sei, sei der Kläger seinerzeit auch hinreichend belehrt worden. Auf das Urteil des Bundessozialgerichts vom 18.01.2011 könne sich der Kläger nicht berufen, da dieses eine andere Sachverhaltskonstellation betreffe.

Hiergegen legte der Kläger per Schreiben vom 06.05.2011, der Beklagten zugegangen am 11.05.2011, Widerspruch ein. Er führte hier aus, von einer autonomen Entscheidung sei nicht auszugehen, denn die Beklagte habe dem Verbleib des Klägers in der privaten Versicherung seinerzeit zugestimmt. Er vertrat zudem die Auffassung, das Urteil des Bundessozialgerichts erfasse alle Bezieher von Arbeitslosengeld II. Zudem hätte seine Rückkehr in die gesetzliche Versicherung aufgrund seiner Krankheitsgeschichte eine erhebliche Belastung für das von der Allgemeinheit zu tragende System der gesetzlichen Krankenversicherung bedeutet.

Die Beklagte wies den Widerspruch des Klägers per Widerspruchsbescheid vom 18.05.2011 als unbegründet zurück.

Hiergegen hat der Kläger am 15.06.2011 Klage erhoben, mit welcher er sein Begehren weiterverfolgt.

Er ist weiterhin der Auffassung, das in Bezug genommene Urteil des Bundessozialgerichts entfalte Wirkung auch für ihn. Zudem sei seine Entscheidung angesichts der Zustimmung der Beklagten zum Verbleib in der privaten Versicherung nicht als autonom zu qualifizieren. Er ist ferner der Auffassung, die Beklagte habe seinerzeit ihre Fürsorgepflichten verletzt: Es sei eine intensive Beratung zur Erstellung einer langfristigen Sozialprognose erforderlich gewesen, durch welche die Diskrepanz zwischen stetig steigenden Versicherungsbeiträgen und gleich bleibenden Zuschüssen hätte aufgedeckt werden können.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 13.04.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.05.2011 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger die Beiträge für seine private Kranken- und private Pflegeversicherung für den Bewilligungszeitraum vom 01.01.2011 bis zum 30.06.2011 vollständig zu erbringen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hält die streitgegenständlichen Bescheide weiterhin für rechtmäßig und begründet ihre Auffassung unter Wiederholung und Vertiefung ihres bisherigen Vorbringens.

Auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakte sowie den Inhalt der zum Verfahren beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten über den Kläger wird ergänzend vollumfänglich Bezug genommen. Alle Akten haben vorgelegen und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Der Bescheid der Beklagten vom 13.04.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.05.2011 ist rechtmäßig. Der Kläger ist durch ihn nicht beschwert im Sinne des § 54 Abs. 2 S. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

Gegenstand des Bescheides vom 13.04.2011 ist nicht ausschließlich die Gewährung von Zuschüssen nach § 26 SGB II. Die Frage der Bezuschussung nach § 26 SGB II kann nur zusammen mit den Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts überprüft werden. Ohne die vollständige Prüfung des Anspruches auf Arbeitslosengeld II nach Grund und Höhe kann eine Entscheidung über den Zuschuss zu den Versicherungsbeiträgen nach § 26 SGB II nicht getroffen werden (BSG, Urt. v. 18.01.2011, Az.: B 4 AS 108/10 R, nach juris, Rz. 13). Der Bescheid vom 13.04.2011 ist im Ergebnis als Überprüfungsbescheid nach § 44 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) zum Bewilligungsbescheid vom 22.11.2010 in Gestalt des Änderungsbescheides vom 06.01.2011 für den Bewilligungszeitraum 01.01.2011 bis 30.06.2011 zu verstehen. Der Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens ist dementsprechend begrenzt.

Unstreitig hat der Kläger im streitgegenständlichen Zeitraum in seiner Person die Grundvoraussetzungen der §§ 7, 8 und 9 SGB II für den Bezug von Leistungen der Grundsicherung nach dem SGB II erfüllt.

Dem Kläger stand im streitgegenständlichen Zeitraum indes weder ein Anspruch auf Bezuschussung seiner Beiträge zur privaten Krankenversicherung noch zur privaten Pflegeversicherung in voller Höhe zu.

Ein Anspruch auf Übernahme seiner Beiträge zur privaten Krankenversicherung dem Grunde nach resultiert nicht aus § 26 Abs. 1 Nr. 1 SGB II i.V.m. § 12 Abs. 1c S. 5, 6 Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG). Er folgt für den Kläger auch nicht aus der Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 18.01.2011 bzw. einer analogen Anwendung von § 26 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGB II. Schließlich lässt sich der Anspruch des Klägers auch weder aus § 26 Abs. 6 SGB II noch aus den Grundsätzen des sozialrechtlichen Wiederherstellungsanspruches herleiten.

Der Anspruch des Klägers folgt zunächst nicht aus einer direkten Anwendung von § 26 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB II i.V.m. § 12 Abs. 1c S. 5, 6 VAG.

Nach § 26 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB II gilt für Bezieherinnen und Bezieher von Arbeitslosengeld II, die in der gesetzlichen Krankenversicherung weder versicherungspflichtig noch familienversichert sind und die für den Fall der Krankheit, bei einem privaten Krankenversicherungsunternehmen versichert sind, § 12 Abs. 1c S. 5, 6 VAG.

Der Kläger unterfällt dieser Regelung, denn er unterliegt nach seiner Befreiung aus der gesetzlichen Krankenversicherung mit Wirkung zum 01.09.2005 nicht der Pflicht zur Versicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung und ist auch nicht familienversichert.

Nach § 12 Abs. 1c S. 6 i.V.m. S. 4 VAG vermindert sich der Beitrag für den Basistarif der privaten Krankenversicherung für die Dauer der Hilfebedürftigkeit im Sinne des SGB II um die Hälfte, wenn unabhängig von der Höhe des zu zahlenden Beitrags Hilfebedürftigkeit nach dem SGB II besteht. Der zuständige Träger zahlt den Betrag, der auch für einen Bezieher von Arbeitslosengeld II in der gesetzlichen Krankenversicherung zu tragen ist.

Vorliegend bestand im streitgegenständlichen Zeitraum unabhängig von der Höhe der zu entrichtenden Versicherungsbeiträge Hilfebedürftigkeit bei dem Kläger. Die Beklagte war ausweislich § 12 Abs. 1c S. 6 Hs. 2 SGB II von Gesetzes wegen lediglich zur Bezuschussung in Höhe des Beitrags verpflichtet, der auch für einen Leistungsempfänger in der gesetzlichen Krankenversicherung zu tragen gewesen wäre (im streitgegenständlichen Zeitraum: 131,34 EUR).

Der Kläger kann auch keinen Anspruch auf Tragung der vollen Beiträge zu seiner privaten Krankenversicherung im streitgegenständlichen Zeitraum aus einer analogen Anwendung von § 26 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGB II unter Verweis auf das Urteil des Bundessozialgerichts vom 18.01.2011 (Az.: B 4 AS 108/10 R) herleiten.

Nach dem vorgenannten Urteil kann ein privat krankenversicherter Bezieher von Arbeitslosengeld-II-Leistungen die Übernahme seiner unterhalb des hälftigen Höchstbetrages zur gesetzlichen Krankenversicherung bzw. des privatversicherungsrechtlichen Basistarifs liegenden Beiträge zur privaten Krankenversicherung im Wege einer analogen Anwendung der für freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherte Personen geltenden Regelung des § 26 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGB II von dem zuständigen SGB-II-Träger beanspruchen.

Der Kläger unterfällt jedoch entgegen seiner Auffassung nicht dem Anwendungsbereich der von dem Bundessozialgericht hergeleiteten Analogie. Diese bezieht sich auf diejenigen Privatversicherten, die nach dem 01.01.2009 in den Leistungsbezug getreten sind.

Das Urteil des Bundessozialgerichts erging zu der Neufassung des § 26 Abs. 2 SGB II (jetzt § 26 Abs. 1 SGB II) durch das Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz – GKV WSG, BGBl. 2007 I S. 378) mit Wirkung zum 01.01.2009.

Bis zum 31.12.2008 waren Bezieher von Arbeitslosengeld II gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 2a SGB V a.F. grundsätzlich in der gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversichert. Von der Pflichtversicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung ausgenommen waren lediglich diejenigen Bezieher von Arbeitslosengeld II, die auf ihren Antrag hin, also mit ihrem ausdrücklichen Willen, von der Versicherungspflicht befreit waren (vgl. § 8 Abs. 1 Nr. 1a SGB V i.d.F. vom 24.12.2003). Diese Personen erhielten gemäß § 26 Abs. 2 S. 1 SGB II in der bis zum 31.12.2008 gültigen Fassung vom zuständigen Träger der Grundsicherung für Arbeitssuchende einen Zuschuss zu den Beiträgen, die sie für eine private Krankenversicherung zahlten. Dass dieser Zuschuss auf die Höhe des Beitrages begrenzt war, der ohne die Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung zu zahlen gewesen wäre, also nicht zwingend den gesamten Beitrag für die private Krankenversicherung abdeckte, war im Ergebnis unproblematisch, denn eine etwaige Differenz zwischen dem Zuschuss und dem Beitrag basierte auf der eigenen willentlichen Entscheidung des Hilfebedürftigen, sich von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung befreien zu lassen (SG Potsdam, Urt. v. 21.06.2011, Az.: S 40 AS 4202/08, nach juris, Rz. 37).

Seit dem 01.01.2009 sind privat krankenversicherte Bezieher von Arbeitslosengeld II indes einerseits verpflichtet, eine Krankheitskostenversicherung abzuschließen (§ 193 Abs. 3 S. 1 Versicherungsvertragsgesetz, VVG). Gleichzeitig ist andererseits die Möglichkeit eines Wechsels in die gesetzliche Krankenversicherung bei Eintritt in den Leistungsbezug jedoch entfallen. Dennoch hat der Gesetzgeber mit der Begrenzungsregelung des § 12 Abs. 1c S. 6 Hs. 2 VAG diejenige Regelung in die neue Gesetzeslage ab dem 01.01.2009 übernommen, die sich bis zum 31.12.2008 in § 26 Abs. 2 S. 2 SGB II fand und – vgl. oben – ursprünglich auf diejenigen Leistungsempfänger bezogen war, die auf eigenen Antrag von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Versicherungspflicht befreit waren (vgl. auch BSG, a.a.O., Rz. 25).

Darin, dass denjenigen, die nach dem 01.01.2009 in den Leistungsbezug getreten sind, nunmehr einerseits der Wechsel aus einer privaten Krankenversicherung in die gesetzliche Krankenversicherung versperrt ist, sie aber gleichzeitig zur Aufrechterhaltung der bestehenden privaten Krankenversicherung verpflichtet sind und in der Folge mit Beitragsresten aus dieser Versicherung belastet werden können, hat das Bundessozialgericht in seinem Urteil vom 18.01.2011 eine planwidrige Regelungslücke des § 26 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 SGB II a.F. (jetzt § 26 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB II) gesehen und zur Schließung § 26 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 Hs. 1 SGB II a.F. (jetzt § 26 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGB II) analog angewandt.

Der Kläger unterfällt der Intention und dem personalen Anwendungsbereich der vorgenannten Analogie indes nicht. Er gehört gerade nicht zu der Personengruppe, der durch die gesetzlichen Neuregelungen einerseits der Weg in die gesetzliche Krankenversicherung versperrt wurde und die gleichzeitig verpflichtet wurde, einen bestehenden privaten Krankenversicherungsschutz aufrecht zu erhalten.

Vielmehr beruht die Beitragslücke zwischen dem von der Beklagten gewährten Zuschuss und dem Beitrag, den der Kläger für seine private Krankenversicherung zu entrichten hat, auf der freiwilligen Entscheidung aus dem Jahre 2005, sich von der gesetzlichen Krankenversicherung befreien zu lassen und seine bestehende private Krankenversicherung aufrecht zu erhalten.

Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang die Auffassung vertreten hat, es habe sich nicht um eine autonome Entscheidung gehandelt, da die Beklagte dem Verbleib in der privaten Versicherung "zugestimmt" habe, kann dem nicht gefolgt werden. Sehr wohl handelte es sich seinerzeit um eine autonome Entscheidung des Klägers, in der privaten Kranken- und Pflegeversicherung zu bleiben. Dies macht das zu den Verwaltungsakten gelangte Schreiben des Klägers vom 24.08.2005 überaus deutlich. Daraus, dass die Beklagte die Entscheidung des Klägers in der Folge gebilligt hat, kann der Kläger nichts herleiten. Der Beklagten kam keine Befugnis zu, dem Kläger einen Verbleib in der privaten Krankenversicherung zu verbieten. Insofern kam es auch auf ihre "Zustimmung" nicht an.

Das Bundessozialgericht hat in der vorzitierten Entscheidung zutreffend ausgeführt, dass nicht davon auszugehen ist, dass der Gesetzgeber die Lage der Privatpatienten mit den zum 01.01.2009 in Kraft getretenen Gesetzesänderungen verschlechtern wollte (BSG, a.a.O., Rz. 27). Es kann gleichsam aber auch nicht davon ausgegangen werden, dass die Lage derjenigen Privatpatienten, die sich bei bestehender Möglichkeit bewusst gegen einen Wechsel in die gesetzliche Krankenversicherung entschieden haben, begünstigt werden sollte.

Die Übertragung der Analogie zu § 26 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGB II kommt vor diesem Hintergrund nicht in Betracht.

Auch aus der vom Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 09.02.2010 (Az.: 1 BvL 1/09) angeordneten Härtefallregelung bzw. aus der ab dem 03.06.2010 geltenden Bestimmung des § 21 Abs. 6 SGB II lässt sich ein Anspruch des Klägers nicht herleiten. Der aus den privaten Krankenversicherungsbeiträgen resultierende Bedarf ist nicht unabweisbar, da seine Entstehung auf einer autonomen Entscheidung des Klägers beruht und für den Kläger die Möglichkeit bestanden hat, ausreichenden und für ihn kostenneutralen Krankenversicherungsschutz durch eine Rückkehr in die gesetzliche Krankenversicherung im Jahre 2005 zu erlangen (vgl. LSG NRW, Urt. v. 16.05.2011, Az.: L 19 AS 2130/10, nach juris, Rz. 30).

Ein Anspruch des Klägers folgt schließlich auch nicht aus einem sozialrechtlichen Wiederherstellungsanspruch. Bei dem sozialrechtlichen Wiederherstellungsanspruch handelt es sich um ein von der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts entwickeltes Rechtsinstitut, das im Sinne des öffentlich-rechtlichen Nachteilsausgleichs eintritt, wenn ein Leistungsträger durch Verletzung einer ihm aus dem Sozialleistungsverhältnis obliegenden Haupt- oder Nebenpflicht, insbesondere zur Auskunft und Beratung, nachteilige Folgen für die Rechtsposition des Betroffenen herbeigeführt hat und diese Rechtsfolgen durch ein rechtmäßiges Verwaltungshandeln beseitigt werden können (siehe etwa BSG, Urt. v. 30.03.2011, Az.: B 12 AL 2/09 R, nach juris, Rz. 22 m.w.N.).

Es fehlt insofern bereits an einer Pflichtverletzung der Beklagten bei der Aufklärung bzw. Beratung des Klägers im Hinblick auf die Folgen eines Verbleibs in der privaten Krankenversicherung. Eine Verletzung der der Beklagten angesichts der §§ 13 ff. Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) obliegenden Pflichten ist nicht ersichtlich.

Im Rahmen der Bearbeitung seines Erstantrags hatte die Beklagte den Kläger mit Schreiben vom 14.09.2005 zunächst ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Beiträge zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung von der Beklagten nicht übernommen werden könnten, und ihm einen Wechsel in die gesetzliche Versicherung nahe gelegt. Daraufhin teilte der Kläger per Schreiben vom 24.09.2005 mit, er wolle die private Kranken- und Pflegeversicherung angesichts seiner gesundheitlichen Vorgeschichte "auf keinen Fall" verlassen. Nach seiner Befreiung von der gesetzlichen Versicherung stellte er unter dem 07.11.2005 schließlich einen Antrag auf Bezuschussung der Beiträge zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung. In von ihm unterzeichneten Antragsformular wurde er ausdrücklich sowohl auf die Tatsache hingewiesen, dass eine Rückkehr in das gesetzliche Versicherungssystem für die Dauer des Leistungsbezuges nicht möglich sei, als auch auf die Tatsache, dass durch die Beklagte Beiträge nur bis zur Höhe übernommen würden, wie sie auch für gesetzlich Versicherte zu leisten sind. Dem Kläger mussten die Konsequenzen des Verbleibs in der privaten Kranken- und Pflegeversicherung damit bewusst sein.

Soweit der Kläger die Auffassung vertreten hat, die Beklagte habe ihre Fürsorgepflichten verletzt, indem sie vor seiner Entscheidung keine ausführliche Sozialprognose erstellt hat, kann die Kammer dem nicht folgen. Die Möglichkeit eines längeren Verbleibs im Leistungsbezug und etwaiger Konsequenzen für die Belastung des Klägers mit Beiträgen der privaten Kranken- und Pflegeversicherung musste dem Kläger bewusst sein. Abermals sei betont, dass die Beklagte dem Kläger explizit zu einem Wechsel in die gesetzliche Versicherung geraten und ihn über die Folgen des Verbleibs in der privaten Versicherung hinreichend belehrt hat.

Dem Kläger steht schließlich auch kein Anspruch auf Gewährung der vollen Beiträge zur gesetzlichen Pflegeversicherung für den streitgegenständlichen Zeitraum nach § 26 Abs. 2 SGB II i.V.m. § 110 Abs. 2 S. 4, 5 Sozialgesetzbuch Elftes Buch (SGB XI) zu. Die obigen Ausführungen gelten hier entsprechend.

Da ein Anspruch des Klägers bereits dem Grunde nach nicht besteht, musste auf die Frage der Höhe eines etwaigen Anspruches (vgl. hierzu etwa LSG NRW, Urt. v. 16.05.2011, Az.: L 19 AS 2130/10, nach juris) nicht eingegangen werden.

Nach alledem war die Klage abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 S. 1 SGG.
Rechtskraft
Aus
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