Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
11
1. Instanz
SG Bayreuth (FSB)
Aktenzeichen
S 13 AS 267/12 ER
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 11 AS 406/12 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 4 AS 159/12 S
Datum
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Zur Abgrenzung von Mietschulden iSd § 22 Abs 8 SGB II von den Kosten der Unterkunft und Heizung, die nach § 22 Abs 1 SGB II in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen zu übernehmen sind.
I. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Bayreuth vom 16.04.2012 zu Punkt I. und II. wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.
Gründe:
I.
Der Antragsteller (ASt) begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Übernahme von Mietschulden in Höhe von 10.594,67 Euro.
Der ASt bezieht seit 01.01.2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (Arbeitslosengeld II - Alg II) nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Zum 01.07.2006 bezog er eine Wohnung im K-Weg in A-Stadt. Die monatlichen Kosten der Unterkunft betrugen einschließlich der Vorauszahlungen für kalte und warme Nebenkosten 460.- EUR (Miete einschließlich KfZ- Stellplatz: 340,00 EUR; Nebenkostenvorauszahlung 50.- EUR; Heizkostenvorauszahlung 70.- EUR). In diesem Zusammenhang bewilligte der Antragsgegner (Ag) dem ASt für die Zeiträume vom 01.07.2006 bis 31.12.2011 lediglich die nach Auffassung des Ag angemessenen Unterkunftskosten in Höhe von 250.- EUR (einschließlich Nebenkosten) sowie eine Heizkostenpauschale in Höhe 54.- EUR monatlich für das Jahr 2006 sowie die tatsächlichen Heizkosten für die Zeit ab dem 01.01.2007. Klageverfahren (S 13 AS 308/05) in Bezug auf die Leistungszeiträume bis 30.06.2009 waren nur in Teilen erfolgreich (Nachzahlung von Kosten der Unterkunft und Heizung für den Zeitraum 01.07.2006 bis 30.06.2009: 858,48 EUR). Auf die Berufung des Klägers wurden ihm mit Urteil des Senates vom 20.12.2011 (L 11 AS 608/09) weitergehende Leistungen (Kosten der Unterkunft und Heizung) unter Berücksichtigung des Umstandes zugesprochen, dass der Ag die angemessenen Unterkunftskosten zwar nicht auf der Grundlage eines schlüssigen Konzeptes ermittelt habe, die erstattungsfähigen Aufwendungen für die Unterkunft (Miete einschließlich kalter Nebenkosten) jedoch auf die Tabellenwerte nach § 8 Abs 1 WoGG aF (bzw. für die Zeit ab dem 01.01.2009 § 12 Abs 1 WoGG nF) zuzüglich eines Zuschlages von 10vH (bis 31.12.2008: 292.-EUR; ab 01.01.2009: 322.- EUR) zu beschränken seien (Nachzahlung: 1.127,28 EUR). Über die hiergegen zum Bundessozialgericht (BSG) eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde des ASt ist noch nicht entschieden. In Ausführung eines Unterwerfungsvergleichs vom 28.02.2011, den der ASt und der Ag vor dem Sozialgericht Bayreuth (SG) geschlossen hatten, zahlte der Ag für die Zeiträume vom 01.07.2009 bis 30.06.2011 Unterkunftskosten in Höhe von 366,60 EUR nach. Hinsichtlich des Bewilligungsabschnittes für den Zeitraum vom 01.07.2011 bis 31.12.2011 ist noch eine Klage beim SG anhängig. Für die Zeit ab dem 01.01.2012 setzte der Ag bei Bewilligung der Unterkunfts- und Heizkosten das Urteil vom 20.12.2011 um (Bescheid vom 22.02.2012).
Mit Schreiben vom 31.01.2012 kündigte die Vermieterin das Mietverhältnis mit dem ASt fristlos. Seit dem Jahr 2006 seien auf Miet- und Mietnebenkosten Zahlungen in Höhe von 10.594,67 EUR rückständig. Die Wohnung sei bis zum 18.02.2012 zu räumen. Am 15.02.2012 beantragte der ASt beim Ag die zuschussweise Übernahme der rückständigen Zahlungen; hilfsweise sei ein Darlehen zu gewähren. Dies lehnte der Ag mit Bescheid vom 12.03.2012 ab. Der ASt habe über Jahre seine Unterkunftskosten nicht vollständig zahlen können, wobei ihm die Kostenunangemessenheit der Unterkunft bewusst gewesen sei. Er habe sehenden Auges die Anhäufung von Schulden für eine nicht erhaltenswerte Wohnung in Kauf genommen. Ein Bemühen, eine kostenangemessene Unterkunft anzumieten, habe er zu keiner Zeit erkennen lassen. Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies der Ag mit Widerspruchsbescheid vom 20.04.2012 zurück. Die Räumungsklage der Vermieterin vom 15.03.2012 wurde dem ASt am 05.04.2012 zugestellt.
Bereits am 12.03.2012 hat der ASt beim SG beantragt, den Ag im Wege einer einstweiligen Anordnung zur Übernahme der Mietschulden in Höhe von 10.594,67 EUR zu verpflichten. Er könne aus gesundheitlichen Gründen nicht umziehen. Der Ag habe zur Abwendung der Wohnungslosigkeit die Mietrückstände zumindest darlehensweise zu übernehmen. Im Hinblick auf die Räumungsklage stehe der Verlust der Wohnung unmittelbar bevor. Das SG hat den Antrag mit Beschluss vom 16.04.2012 (Punkt I. des Tenors) abgelehnt. Ein Anordnungsanspruch sei nicht glaubhaft gemacht. Die Mietschulden seien nicht zu übernehmen, denn es drohe keine Wohnungslosigkeit iSd gesetzlichen Regelungen. Es gebe keine Anhaltspunkte dafür, dass sich der ASt vergeblich um eine andere, kostenangemessene Unterkunft bemüht hätte oder eine solche nicht zu bekommen wäre. Lediglich der drohende Verlust einer kostenangemessenen Wohnung bei fehlender Möglichkeit kostenangemessenen Ersatzwohnraum anzumieten, löse einen Anspruch auf Übernahme von Mietschulden aus. Zudem überschritten die Kosten der Unterkunft und Heizung die Angemessenheitsgrenze. Die Übernahme von Mietschulden habe den Zweck, die bisherige Wohnung zu erhalten. Dieser Zweck könne nicht erreicht werden, wenn trotz Schuldenübernahme langfristig der Erhalt der Wohnung nicht gesichert werden könne. Die Übernahme von Mietschulden zur Sicherung einer nicht kostenangemessenen Unterkunft sei grundsätzlich nicht gerechtfertigt. Mangels eines Anordnungsanspruches sei das Vorliegen eines Anordnungsgrundes unbeachtlich.
Am 16.05.2012 hat der ASt hiergegen Beschwerde beim Bayerischen Landessozialgericht (Eingang 29.05.2012) eingelegt und die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) beantragt. Der Ag sei dafür verantwortlich, dass er die Wohnung im K-Weg bezogen habe. Wegen der Rückstände hinsichtlich der Miet- und Mietnebenkosten (Gesamtforderung bis 31.03.2012: 10.969,67 EUR) habe die Vermieterin bereits Räumungsklage erhoben, die im Falle der Stattgabe zu seiner Obdachlosigkeit führe. In diesem Zusammenhang sei für den 03.07.2012 bereits eine mündliche Verhandlung vor dem Amtsgericht terminiert. Eine kostenangemessene Wohnung könne er im Zuständigkeitsbereich des Ag nicht finden.
Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf die beigezogenen Akten des Ag sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
II.
Die form- und fristgerechte Beschwerde ist zulässig, §§ 172 Abs 1, 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG), in der Sache jedoch unbegründet.
Gegenstand des Verfahrens sind - entgegen der Auffassung des ASt - nicht allein Mietschulden iSd § 22 Abs 8 SGB II, sondern im Wesentlichen Kosten der Unterkunft und Heizung iSd § 22 Abs 1 SGB II.
Die Abgrenzung von Schulden nach § 22 Abs 8 SGB II von den übrigen Kosten der Unterkunft und Heizung, die nach § 22 Abs 1 SGB II in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen zu übernehmen sind, ist unabhängig von der zivilrechtlichen Einordnung zu treffen. Ausgehend von dem Zweck der Leistungen nach dem SGB II ist danach zu unterscheiden, ob es sich um einen tatsächlich eingetretenen und bisher noch nicht von dem SGB II-Träger gedeckten Bedarf handelt oder nicht (vgl. BSG, Urteil vom 17.06.2010 - B 14 AS 58/09 R - Juris Rn.17 = BSGE 106, 190-199; Urteil vom 22.03.2010 - B 4 AS 62/09 R - Juris Rn. 17 = SozR 4-4200 § 22 Nr. 38). Dies zugrunde gelegt, sind die vom ASt geltend gemachten "Mietrückstände" nicht allein als Mietschulden zu qualifizieren, die nur als Darlehen erbracht werden könnten (§ 22 Abs 8 Satz 4 SGB II), denn die Rückstände sind nach den vom ASt vorgelegten Unterlagen allein darauf zurückzuführen, dass er in den Leistungszeiträumen vom 01.07.2006 bis 31.12.2011 lediglich Teile der geschuldeten Miete sowie keinerlei Nebenkostenvoraus- oder nachzahlungen an seine Vermieterin erbracht hat. Insoweit handelt es sich daher um einen tatsächlichen Bedarf, den der Ag ursprünglich wegen der Kostenunangemessenheit der Wohnung nicht gedeckt hat und den er auf Grundlage der gerichtlichen Verfahren (L 11 AS 608/09; S 13 AS 308/05; Unterwerfungsvergleich vom 28.02.2011) durch Nachzahlungen in Höhe von insgesamt 2.352,36 EUR (= 1.127,28 EUR + 858,48 EUR + 366,60 EUR) bereits abgegolten hat. Insoweit ist zu differenzieren nach den tatsächlichen Unterkunftskosten bis 31.12.2011, die vom Ag bislang nicht gedeckt worden sind (8.242,31 EUR = 10.569,67 EUR - 2.352,36 EUR) und den Mietschulden, die dadurch entstanden sind, dass der ASt die ihm durch die Gerichte zuerkannten und vom Ag ausgezahlten Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 2.352,36 EUR zweckwidrig verwendet hat.
Die Bewilligung dieser Leistungen wäre in den Hauptsacheverfahren grundsätzlich durch Erhebung von Anfechtungs- und Leistungsklagen anzustreben, so dass § 86b Abs 2 Satz 2 SGG die maßgebliche Rechtsgrundlage für die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes darstellt.
Hiernach ist eine Regelung zulässig, wenn sie zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Das ist etwa dann der Fall, wenn dem ASt ohne eine solche Anordnung schwere und unzumutbare, nicht anders abwendbare Nachteile entstehen, zu deren Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (so BVerfG vom 25.10.1998 BVerfGE 79, 69 (74); vom 19.10.1997 BVerfGE 46, 166 (179) und vom 22.11.2002 NJW 2003, 1236; Niesel/ Herold-Tews, Der Sozialgerichtsprozess, 5. Aufl. Rn.652). Die Regelungsanordnung setzt das Vorliegen eines Anordnungsgrundes - das ist in der Regel die Eilbedürftigkeit - und das Vorliegen eines Anordnungsanspruches - das ist der materiell-rechtliche Anspruch, auf den der ASt sein Begehren stützt - voraus. Die Angaben hierzu hat der ASt glaubhaft zu machen (§ 86b Abs 2 Satz 2 und 4 SGG iVm § 920 Abs 2, § 294 Zivilprozessordnung - ZPO -; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG 10. Aufl., § 86b Rn. 41). Zwischen Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch besteht dabei eine Wechselbeziehung. An das Vorliegen des Anordnungsgrundes sind dann weniger strenge Anforderungen zu stellen, wenn bei der Prüfung der Sach- und Rechtslage im vom BVerfG vorgegebenen Umfang (BVerfG vom 12.05.2005 Breithaupt 2005, 803 = NVwZ 2005, 927, NDV-RD 2005, 59) das Obsiegen in der Hauptsache sehr wahrscheinlich ist. Ist bzw. wäre eine in der Hauptsache erhobene Klage offensichtlich unzulässig oder unbegründet, so ist wegen des fehlenden Anordnungsanspruches der Erlass einer einstweiligen Anordnung abzulehnen. Sind hierbei die Erfolgsaussichten in der Hauptsache offen, kommt dem Anordnungsgrund entscheidende Bedeutung zu. Soweit existenzsichernde Leistungen in Frage stehen, sind die Anforderungen an den Anordnungsgrund und den Anordnungsanspruch weniger streng zu beurteilen. In diesem Fall ist ggf. auch anhand einer Folgenabwägung unter Berücksichtigung der grundrechtlichen Belange der Ast zu entscheiden (vgl. BVerfG vom 12.05.2005 Breithaupt 2005, 803 = NVwZ 2005, 927, NDV-RD 2005, 59 und vom 22.11.2002 NJW 2003, 1236; zuletzt BVerfG vom 15.01.2007 - 1 BvR 2971/06 -). In diesem Zusammenhang ist eine Orientierung an den Erfolgsaussichten nur möglich, wenn die Sach- und Rechtslage abschließend geklärt ist, denn soweit schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen entstehen können, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären, darf die Sach- und Rechtslage nicht nur summarisch, sondern sie muss abschließend geprüft werden (vgl. BVerfG vom 12.05.2005 aaO).
Unter Beachtung dieser rechtlichen Maßstäbe kommt eine vorläufige Regelung, den Ag zur Auszahlung der offenen Mietrückstände, die im Zeitraum vom 01.07.2006 bis 31.12.2011 in Höhe von 10.594,67 EUR aufgelaufen sind, nicht in Betracht, denn in Bezug auf die tatsächlich nicht erstatteten Kosten der Unterkunft und Heizung (8.242,31 EUR) hat der ASt keinen Anordnungsanspruch, d.h. die materielle Berechtigung eines Zahlungsanspruches, glaubhaft gemacht. Darüber hinaus besteht hinsichtlich der Mietschulden (2.352,36 EUR) kein Anordnungsgrund, denn es gibt keinen Anhaltspunkt dafür, dass der ASt trotz der anhängigen Räumungsklage in der Lage wäre, durch die Zahlung eines rückständigen Teilbetrages in Höhe von 2.352,36 EUR, aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen die Fortführung des Mietverhältnisses zu erreichen.
Aus der vom ASt im Beschwerdeverfahren vorgelegten Zahlungs- und Räumungsklage seiner Vermieterin ist zu ersehen, dass der geltend gemachte Anspruch (in Höhe von 10.569,67 EUR) allein daraus resultiert, dass der ASt seine Miete im Zeitraum bis 31.12.2011 nur zum Teil und Nebenkostenvorauszahlungen überhaupt nicht erbracht hat. Zwar hatte der Ag in diesem Zusammenhang an den ASt Unterkunftskosten (einschließlich kalter Nebenkosten) in zu geringer Höhe erbracht. Im Anschluss an die diesbezüglichen Gerichtsverfahren (L 11 AS 608/09; S 13 AS 308/05; Unterwerfungsvergleich vom 28.02.2011) sind dem ASt jedoch bereits 2.352,36 EUR nachgezahlt worden, die sich auf Kosten der Unterkunft und Heizung für den Zeitraum vom 01.07.2006 bis 30.06.2011 bezogen haben, so dass sich Mietrückstände in Höhe von 8.242,31 EUR auf die tatsächliche Miete (einschließlich kalter Nebenkosten) des ASt beziehen, die der Ag nicht gedeckt hat.
Insoweit hat der ASt jedoch keinen Nachzahlungsanspruch, so dass ein Anordnungsanspruch, d.h. die materielle Berechtigung des Anspruches, nicht belegt ist. Hinsichtlich der Unterkunftskosten (Miete einschließlich kalter Nebenkosten) hat der Senat bereits mit Urteil vom 20.12.2011 (L 11 AS 608/09) entschieden, dass der Ag zwar keine nachvollziehbare Grenze angemessener Unterkunftskosten ermittelt hat. Gleichwohl hat er nicht die tatsächlichen Unterkunftskosten des ASt zu tragen, denn die Ansprüche auf Erstattung angemessener Kosten der Unterkunft waren - unter Beachtung der durch das BSG entwickelten Grundsätze - auf die Tabellenwerte nach § 8 Abs 1 Wohngeldgesetz (WoGG aF - bzw. für die Zeit ab dem 01.01.2009 § 12 Abs 1 WoGG nF) zuzüglich eines "Sicherheitszuschlages" zu beschränken. Es gibt eine "Angemessenheitsgrenze" nach "oben", durch die verhindert werden soll, dass extrem hohe und damit nicht nur nach Auffassung des Grundsicherungsträgers, sondern per se unangemessene Mieten durch den Steuerzahler zu finanzieren sind (vgl. Urteil des Senates vom 20.12.2011 aaO mwN). Darüber hinaus hat der Ag dem ASt alle tatsächlich angefallenen Heizkosten (warme Nebenkosten) im Zeitraum vom 01.07.2006 bis 31.12.2011 im Rahmen der Bewilligungen auf der Grundlage von Pauschalen oder im Wege einer Nachzahlung im Anschluss an die Vorlage der Nebenkostenabrechnungen selbst bzw. auf der Grundlage gerichtlicher Entscheidungen erstattet.
Erfolgsaussichten des ASt im Hauptsacheverfahren sind bezüglich der nicht gedeckten Unterkunftskosten (8.242,31 EUR) daher nicht im Ansatz zu erkennen, so dass der Ausgang dieses Verfahrens insoweit nicht mehr als offen anzusehen werden kann, unabhängig davon, dass das BSG über die Nichtzulassungsbeschwerde des ASt in Bezug auf das Urteil des Senates vom 20.12.2011 noch nicht entschieden hat. Auf der Grundlage der bisherigen Rechtsprechung des BSG sind dem ASt allenfalls zuviel Unterkunftskosten bewilligt worden, nachdem der Ag bislang unterlassen hat, ein schlüssiges Konzept zur Ermittlung angemessener Unterkunftskosten zu erstellen. Insoweit gibt es zwar hinreichend Anhaltspunkte dafür, dem ASt könnte ein geringerer Leistungsanspruch zustehen, jedoch erscheint unter keinem Gesichtspunkt denkbar, der ASt hätte weitergehende Unterkunftskosten zu beanspruchen.
In Bezug auf Miet- und Nebenkostenrückstände in Höhe von 2.352,36 EUR, für die der Ag vor dem Hintergrund der gerichtlichen Verfahren (L 11 AS 608/09; S 13 AS 308/05; Unterwerfungsvergleich vom 28.02.2011) bereits Zahlungen auf Kosten der Unterkunft und Heizung erbracht hat, bezieht sich der geltend gemachte Anspruch auf die Übernahme von Mietschulden iSd § 22 Abs 8 SGB II, nachdem der ASt die durch den Ag in Höhe von 2.352,36 EUR erbrachten Leistungen nicht zweckentsprechend für Unterkunft und Heizung verwendet hat (vgl. zur Qualifizierung als Mietschulden bei zweckwidriger Verwendung der Leistungen: BSG, Urteil vom 17.06.2010 aaO Rn.18).
Sofern Alg II für den Bedarf für Unterkunft und Heizung erbracht wird, können auch Schulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist (§ 22 Abs 8 Satz 1 SGB II). Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht (§ 22 Abs 8 Satz 2 SGB II). Geldleistungen sollen als Darlehen erbracht werden (§ 22 Abs 8 Satz 4 SGB II). Nicht gerechtfertigt ist in diesem Zusammenhang grundsätzlich eine Leistung zur Sicherung einer nicht kostenangemessenen Unterkunft (vgl. LSG Berlin- Brandenburg, Beschluss vom 22.03.2007 - L 28 B 269/07 AS ER - Juris Rn.12; Lang/Link in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl., § 22 Rn. 109; Berlit in LPK- SGB II, 4. Aufl., § 22 Rn. 188 mwN), so dass es kaum Anhaltspunkte für einen Erfolg des ASt im Hauptsachverfahren gibt. Bereits mit Urteil vom 20.12.2011 hat der Senat entschieden, dass der Ag nicht die tatsächlichen (unangemessenen) Unterkunftskosten des ASt zu übernehmen hat, sondern die Kostenübernahme - für die Zeit ab dem 01.01.2009 - auf einen Betrag von 322.- (Miete einschließlich kalter Nebenkosten) beschränken darf. Damit wird im Ergebnis offenkundig, dass der ASt seine bisherige Wohnung (Miete in Höhe von 315.- EUR zzgl. Stellplatz 25.- EUR zzgl. kalter Nebenkosten 50.- EUR) bei monatlichen (unangemessenen) Unterkunftskosten von 390.- EUR - unabhängig von einer Übernahme der Mietrückstände - ohnehin nicht auf Dauer erhalten kann, wobei die Unangemessenheit der Unterkunftskosten allein auf der Wohnungsgröße (mit ca. 70qm; nach Angaben des ASt ca. 64qm) beruht.
Entscheidend ist in diesem Zusammenhang jedoch, dass der ASt keinen Anordnungsgrund, d.h. die Eilbedürftigkeit der Angelegenheit in Bezug auf eine darlehensweise Übernahme der Mietschulden in Höhe von 2.352,36 EUR glaubhaft gemacht hat.
Eine drohende Räumung seiner Wohnung könnte der ASt nur durch die Zahlung der Mietrückstände und die damit einhergehende Unwirksamkeit der Kündigung abwenden (§ 569 Abs 3 Nr. 2 Bürgerliches Gesetzbuch - BGB), sofern er innerhalb von zwei Monaten ab Rechtshängigkeit der Räumungsklage die fälligen Ansprüche vollständig, d.h. vorliegend in Höhe von 10.969,67 EUR, erfüllt oder sich eine öffentliche Stelle zur Befriedung dieser Ansprüche verpflichtet. In diesem Zusammenhang kann dahinstehen, dass der ASt im Rahmen des Beschwerdeverfahrens lediglich die Übernahme der bis 31.12.2011 aufgelaufenen Rückstände (10.594,67 EUR) geltend gemacht und die weiteren Rückstände (bis 31.03.2012 in Höhe von 375.-; insgesamt 10.969,67 EUR) bei der Antragstellung nicht berücksichtigt hat, denn allein durch die Zahlung von 2.352,36 EUR, die allenfalls im Rahmen einer Übernahme von Mietschulden seitens des Ag übernommen werden könnten, wären die Wirkungen des § 569 Abs 3 Nr. 2 BGB nicht herbeizuführen gewesen. Darüber hinaus gibt es keinen Anhaltspunkt dafür, dass die Vermieterin des ASt bereit wäre, allein in der Folge einer teilweisen Befriedigung ihrer Forderungen das Mietverhältnis mit dem ASt fortzusetzen, insbesondere wenn weder der Ausgleich der Restforderung noch eine vollständige Zahlung der Miet- und Mietnebenkosten in der Zukunft zu erwarten ist. Der ASt ist daher weder tatsächlich noch rechtlich in der Lage seine derzeitige Wohnung auf Dauer zu erhalten, so dass keine aktuelle Notwendigkeit besteht, dem ASt die offenen Mietforderungen zum Erhalt seiner derzeitigen Wohnung zu erstatten. Mangels Eilbedürftigkeit der Angelegenheit ist es ihm daher zuzumuten den Ausgang des Hauptsacheverfahrens abzuwarten.
Im Ergebnis ist die Beschwerde daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG und folgt aus dem Unterliegen des ASt.
Mangels Erfolgsaussichten (§ 73a Abs 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 114 Satz 1 Zivilprozessordnung - ZPO) im Beschwerdeverfahren besteht auch kein Anspruch auf PKH.
Der Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.
Gründe:
I.
Der Antragsteller (ASt) begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Übernahme von Mietschulden in Höhe von 10.594,67 Euro.
Der ASt bezieht seit 01.01.2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (Arbeitslosengeld II - Alg II) nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Zum 01.07.2006 bezog er eine Wohnung im K-Weg in A-Stadt. Die monatlichen Kosten der Unterkunft betrugen einschließlich der Vorauszahlungen für kalte und warme Nebenkosten 460.- EUR (Miete einschließlich KfZ- Stellplatz: 340,00 EUR; Nebenkostenvorauszahlung 50.- EUR; Heizkostenvorauszahlung 70.- EUR). In diesem Zusammenhang bewilligte der Antragsgegner (Ag) dem ASt für die Zeiträume vom 01.07.2006 bis 31.12.2011 lediglich die nach Auffassung des Ag angemessenen Unterkunftskosten in Höhe von 250.- EUR (einschließlich Nebenkosten) sowie eine Heizkostenpauschale in Höhe 54.- EUR monatlich für das Jahr 2006 sowie die tatsächlichen Heizkosten für die Zeit ab dem 01.01.2007. Klageverfahren (S 13 AS 308/05) in Bezug auf die Leistungszeiträume bis 30.06.2009 waren nur in Teilen erfolgreich (Nachzahlung von Kosten der Unterkunft und Heizung für den Zeitraum 01.07.2006 bis 30.06.2009: 858,48 EUR). Auf die Berufung des Klägers wurden ihm mit Urteil des Senates vom 20.12.2011 (L 11 AS 608/09) weitergehende Leistungen (Kosten der Unterkunft und Heizung) unter Berücksichtigung des Umstandes zugesprochen, dass der Ag die angemessenen Unterkunftskosten zwar nicht auf der Grundlage eines schlüssigen Konzeptes ermittelt habe, die erstattungsfähigen Aufwendungen für die Unterkunft (Miete einschließlich kalter Nebenkosten) jedoch auf die Tabellenwerte nach § 8 Abs 1 WoGG aF (bzw. für die Zeit ab dem 01.01.2009 § 12 Abs 1 WoGG nF) zuzüglich eines Zuschlages von 10vH (bis 31.12.2008: 292.-EUR; ab 01.01.2009: 322.- EUR) zu beschränken seien (Nachzahlung: 1.127,28 EUR). Über die hiergegen zum Bundessozialgericht (BSG) eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde des ASt ist noch nicht entschieden. In Ausführung eines Unterwerfungsvergleichs vom 28.02.2011, den der ASt und der Ag vor dem Sozialgericht Bayreuth (SG) geschlossen hatten, zahlte der Ag für die Zeiträume vom 01.07.2009 bis 30.06.2011 Unterkunftskosten in Höhe von 366,60 EUR nach. Hinsichtlich des Bewilligungsabschnittes für den Zeitraum vom 01.07.2011 bis 31.12.2011 ist noch eine Klage beim SG anhängig. Für die Zeit ab dem 01.01.2012 setzte der Ag bei Bewilligung der Unterkunfts- und Heizkosten das Urteil vom 20.12.2011 um (Bescheid vom 22.02.2012).
Mit Schreiben vom 31.01.2012 kündigte die Vermieterin das Mietverhältnis mit dem ASt fristlos. Seit dem Jahr 2006 seien auf Miet- und Mietnebenkosten Zahlungen in Höhe von 10.594,67 EUR rückständig. Die Wohnung sei bis zum 18.02.2012 zu räumen. Am 15.02.2012 beantragte der ASt beim Ag die zuschussweise Übernahme der rückständigen Zahlungen; hilfsweise sei ein Darlehen zu gewähren. Dies lehnte der Ag mit Bescheid vom 12.03.2012 ab. Der ASt habe über Jahre seine Unterkunftskosten nicht vollständig zahlen können, wobei ihm die Kostenunangemessenheit der Unterkunft bewusst gewesen sei. Er habe sehenden Auges die Anhäufung von Schulden für eine nicht erhaltenswerte Wohnung in Kauf genommen. Ein Bemühen, eine kostenangemessene Unterkunft anzumieten, habe er zu keiner Zeit erkennen lassen. Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies der Ag mit Widerspruchsbescheid vom 20.04.2012 zurück. Die Räumungsklage der Vermieterin vom 15.03.2012 wurde dem ASt am 05.04.2012 zugestellt.
Bereits am 12.03.2012 hat der ASt beim SG beantragt, den Ag im Wege einer einstweiligen Anordnung zur Übernahme der Mietschulden in Höhe von 10.594,67 EUR zu verpflichten. Er könne aus gesundheitlichen Gründen nicht umziehen. Der Ag habe zur Abwendung der Wohnungslosigkeit die Mietrückstände zumindest darlehensweise zu übernehmen. Im Hinblick auf die Räumungsklage stehe der Verlust der Wohnung unmittelbar bevor. Das SG hat den Antrag mit Beschluss vom 16.04.2012 (Punkt I. des Tenors) abgelehnt. Ein Anordnungsanspruch sei nicht glaubhaft gemacht. Die Mietschulden seien nicht zu übernehmen, denn es drohe keine Wohnungslosigkeit iSd gesetzlichen Regelungen. Es gebe keine Anhaltspunkte dafür, dass sich der ASt vergeblich um eine andere, kostenangemessene Unterkunft bemüht hätte oder eine solche nicht zu bekommen wäre. Lediglich der drohende Verlust einer kostenangemessenen Wohnung bei fehlender Möglichkeit kostenangemessenen Ersatzwohnraum anzumieten, löse einen Anspruch auf Übernahme von Mietschulden aus. Zudem überschritten die Kosten der Unterkunft und Heizung die Angemessenheitsgrenze. Die Übernahme von Mietschulden habe den Zweck, die bisherige Wohnung zu erhalten. Dieser Zweck könne nicht erreicht werden, wenn trotz Schuldenübernahme langfristig der Erhalt der Wohnung nicht gesichert werden könne. Die Übernahme von Mietschulden zur Sicherung einer nicht kostenangemessenen Unterkunft sei grundsätzlich nicht gerechtfertigt. Mangels eines Anordnungsanspruches sei das Vorliegen eines Anordnungsgrundes unbeachtlich.
Am 16.05.2012 hat der ASt hiergegen Beschwerde beim Bayerischen Landessozialgericht (Eingang 29.05.2012) eingelegt und die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) beantragt. Der Ag sei dafür verantwortlich, dass er die Wohnung im K-Weg bezogen habe. Wegen der Rückstände hinsichtlich der Miet- und Mietnebenkosten (Gesamtforderung bis 31.03.2012: 10.969,67 EUR) habe die Vermieterin bereits Räumungsklage erhoben, die im Falle der Stattgabe zu seiner Obdachlosigkeit führe. In diesem Zusammenhang sei für den 03.07.2012 bereits eine mündliche Verhandlung vor dem Amtsgericht terminiert. Eine kostenangemessene Wohnung könne er im Zuständigkeitsbereich des Ag nicht finden.
Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf die beigezogenen Akten des Ag sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
II.
Die form- und fristgerechte Beschwerde ist zulässig, §§ 172 Abs 1, 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG), in der Sache jedoch unbegründet.
Gegenstand des Verfahrens sind - entgegen der Auffassung des ASt - nicht allein Mietschulden iSd § 22 Abs 8 SGB II, sondern im Wesentlichen Kosten der Unterkunft und Heizung iSd § 22 Abs 1 SGB II.
Die Abgrenzung von Schulden nach § 22 Abs 8 SGB II von den übrigen Kosten der Unterkunft und Heizung, die nach § 22 Abs 1 SGB II in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen zu übernehmen sind, ist unabhängig von der zivilrechtlichen Einordnung zu treffen. Ausgehend von dem Zweck der Leistungen nach dem SGB II ist danach zu unterscheiden, ob es sich um einen tatsächlich eingetretenen und bisher noch nicht von dem SGB II-Träger gedeckten Bedarf handelt oder nicht (vgl. BSG, Urteil vom 17.06.2010 - B 14 AS 58/09 R - Juris Rn.17 = BSGE 106, 190-199; Urteil vom 22.03.2010 - B 4 AS 62/09 R - Juris Rn. 17 = SozR 4-4200 § 22 Nr. 38). Dies zugrunde gelegt, sind die vom ASt geltend gemachten "Mietrückstände" nicht allein als Mietschulden zu qualifizieren, die nur als Darlehen erbracht werden könnten (§ 22 Abs 8 Satz 4 SGB II), denn die Rückstände sind nach den vom ASt vorgelegten Unterlagen allein darauf zurückzuführen, dass er in den Leistungszeiträumen vom 01.07.2006 bis 31.12.2011 lediglich Teile der geschuldeten Miete sowie keinerlei Nebenkostenvoraus- oder nachzahlungen an seine Vermieterin erbracht hat. Insoweit handelt es sich daher um einen tatsächlichen Bedarf, den der Ag ursprünglich wegen der Kostenunangemessenheit der Wohnung nicht gedeckt hat und den er auf Grundlage der gerichtlichen Verfahren (L 11 AS 608/09; S 13 AS 308/05; Unterwerfungsvergleich vom 28.02.2011) durch Nachzahlungen in Höhe von insgesamt 2.352,36 EUR (= 1.127,28 EUR + 858,48 EUR + 366,60 EUR) bereits abgegolten hat. Insoweit ist zu differenzieren nach den tatsächlichen Unterkunftskosten bis 31.12.2011, die vom Ag bislang nicht gedeckt worden sind (8.242,31 EUR = 10.569,67 EUR - 2.352,36 EUR) und den Mietschulden, die dadurch entstanden sind, dass der ASt die ihm durch die Gerichte zuerkannten und vom Ag ausgezahlten Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 2.352,36 EUR zweckwidrig verwendet hat.
Die Bewilligung dieser Leistungen wäre in den Hauptsacheverfahren grundsätzlich durch Erhebung von Anfechtungs- und Leistungsklagen anzustreben, so dass § 86b Abs 2 Satz 2 SGG die maßgebliche Rechtsgrundlage für die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes darstellt.
Hiernach ist eine Regelung zulässig, wenn sie zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Das ist etwa dann der Fall, wenn dem ASt ohne eine solche Anordnung schwere und unzumutbare, nicht anders abwendbare Nachteile entstehen, zu deren Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (so BVerfG vom 25.10.1998 BVerfGE 79, 69 (74); vom 19.10.1997 BVerfGE 46, 166 (179) und vom 22.11.2002 NJW 2003, 1236; Niesel/ Herold-Tews, Der Sozialgerichtsprozess, 5. Aufl. Rn.652). Die Regelungsanordnung setzt das Vorliegen eines Anordnungsgrundes - das ist in der Regel die Eilbedürftigkeit - und das Vorliegen eines Anordnungsanspruches - das ist der materiell-rechtliche Anspruch, auf den der ASt sein Begehren stützt - voraus. Die Angaben hierzu hat der ASt glaubhaft zu machen (§ 86b Abs 2 Satz 2 und 4 SGG iVm § 920 Abs 2, § 294 Zivilprozessordnung - ZPO -; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG 10. Aufl., § 86b Rn. 41). Zwischen Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch besteht dabei eine Wechselbeziehung. An das Vorliegen des Anordnungsgrundes sind dann weniger strenge Anforderungen zu stellen, wenn bei der Prüfung der Sach- und Rechtslage im vom BVerfG vorgegebenen Umfang (BVerfG vom 12.05.2005 Breithaupt 2005, 803 = NVwZ 2005, 927, NDV-RD 2005, 59) das Obsiegen in der Hauptsache sehr wahrscheinlich ist. Ist bzw. wäre eine in der Hauptsache erhobene Klage offensichtlich unzulässig oder unbegründet, so ist wegen des fehlenden Anordnungsanspruches der Erlass einer einstweiligen Anordnung abzulehnen. Sind hierbei die Erfolgsaussichten in der Hauptsache offen, kommt dem Anordnungsgrund entscheidende Bedeutung zu. Soweit existenzsichernde Leistungen in Frage stehen, sind die Anforderungen an den Anordnungsgrund und den Anordnungsanspruch weniger streng zu beurteilen. In diesem Fall ist ggf. auch anhand einer Folgenabwägung unter Berücksichtigung der grundrechtlichen Belange der Ast zu entscheiden (vgl. BVerfG vom 12.05.2005 Breithaupt 2005, 803 = NVwZ 2005, 927, NDV-RD 2005, 59 und vom 22.11.2002 NJW 2003, 1236; zuletzt BVerfG vom 15.01.2007 - 1 BvR 2971/06 -). In diesem Zusammenhang ist eine Orientierung an den Erfolgsaussichten nur möglich, wenn die Sach- und Rechtslage abschließend geklärt ist, denn soweit schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen entstehen können, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären, darf die Sach- und Rechtslage nicht nur summarisch, sondern sie muss abschließend geprüft werden (vgl. BVerfG vom 12.05.2005 aaO).
Unter Beachtung dieser rechtlichen Maßstäbe kommt eine vorläufige Regelung, den Ag zur Auszahlung der offenen Mietrückstände, die im Zeitraum vom 01.07.2006 bis 31.12.2011 in Höhe von 10.594,67 EUR aufgelaufen sind, nicht in Betracht, denn in Bezug auf die tatsächlich nicht erstatteten Kosten der Unterkunft und Heizung (8.242,31 EUR) hat der ASt keinen Anordnungsanspruch, d.h. die materielle Berechtigung eines Zahlungsanspruches, glaubhaft gemacht. Darüber hinaus besteht hinsichtlich der Mietschulden (2.352,36 EUR) kein Anordnungsgrund, denn es gibt keinen Anhaltspunkt dafür, dass der ASt trotz der anhängigen Räumungsklage in der Lage wäre, durch die Zahlung eines rückständigen Teilbetrages in Höhe von 2.352,36 EUR, aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen die Fortführung des Mietverhältnisses zu erreichen.
Aus der vom ASt im Beschwerdeverfahren vorgelegten Zahlungs- und Räumungsklage seiner Vermieterin ist zu ersehen, dass der geltend gemachte Anspruch (in Höhe von 10.569,67 EUR) allein daraus resultiert, dass der ASt seine Miete im Zeitraum bis 31.12.2011 nur zum Teil und Nebenkostenvorauszahlungen überhaupt nicht erbracht hat. Zwar hatte der Ag in diesem Zusammenhang an den ASt Unterkunftskosten (einschließlich kalter Nebenkosten) in zu geringer Höhe erbracht. Im Anschluss an die diesbezüglichen Gerichtsverfahren (L 11 AS 608/09; S 13 AS 308/05; Unterwerfungsvergleich vom 28.02.2011) sind dem ASt jedoch bereits 2.352,36 EUR nachgezahlt worden, die sich auf Kosten der Unterkunft und Heizung für den Zeitraum vom 01.07.2006 bis 30.06.2011 bezogen haben, so dass sich Mietrückstände in Höhe von 8.242,31 EUR auf die tatsächliche Miete (einschließlich kalter Nebenkosten) des ASt beziehen, die der Ag nicht gedeckt hat.
Insoweit hat der ASt jedoch keinen Nachzahlungsanspruch, so dass ein Anordnungsanspruch, d.h. die materielle Berechtigung des Anspruches, nicht belegt ist. Hinsichtlich der Unterkunftskosten (Miete einschließlich kalter Nebenkosten) hat der Senat bereits mit Urteil vom 20.12.2011 (L 11 AS 608/09) entschieden, dass der Ag zwar keine nachvollziehbare Grenze angemessener Unterkunftskosten ermittelt hat. Gleichwohl hat er nicht die tatsächlichen Unterkunftskosten des ASt zu tragen, denn die Ansprüche auf Erstattung angemessener Kosten der Unterkunft waren - unter Beachtung der durch das BSG entwickelten Grundsätze - auf die Tabellenwerte nach § 8 Abs 1 Wohngeldgesetz (WoGG aF - bzw. für die Zeit ab dem 01.01.2009 § 12 Abs 1 WoGG nF) zuzüglich eines "Sicherheitszuschlages" zu beschränken. Es gibt eine "Angemessenheitsgrenze" nach "oben", durch die verhindert werden soll, dass extrem hohe und damit nicht nur nach Auffassung des Grundsicherungsträgers, sondern per se unangemessene Mieten durch den Steuerzahler zu finanzieren sind (vgl. Urteil des Senates vom 20.12.2011 aaO mwN). Darüber hinaus hat der Ag dem ASt alle tatsächlich angefallenen Heizkosten (warme Nebenkosten) im Zeitraum vom 01.07.2006 bis 31.12.2011 im Rahmen der Bewilligungen auf der Grundlage von Pauschalen oder im Wege einer Nachzahlung im Anschluss an die Vorlage der Nebenkostenabrechnungen selbst bzw. auf der Grundlage gerichtlicher Entscheidungen erstattet.
Erfolgsaussichten des ASt im Hauptsacheverfahren sind bezüglich der nicht gedeckten Unterkunftskosten (8.242,31 EUR) daher nicht im Ansatz zu erkennen, so dass der Ausgang dieses Verfahrens insoweit nicht mehr als offen anzusehen werden kann, unabhängig davon, dass das BSG über die Nichtzulassungsbeschwerde des ASt in Bezug auf das Urteil des Senates vom 20.12.2011 noch nicht entschieden hat. Auf der Grundlage der bisherigen Rechtsprechung des BSG sind dem ASt allenfalls zuviel Unterkunftskosten bewilligt worden, nachdem der Ag bislang unterlassen hat, ein schlüssiges Konzept zur Ermittlung angemessener Unterkunftskosten zu erstellen. Insoweit gibt es zwar hinreichend Anhaltspunkte dafür, dem ASt könnte ein geringerer Leistungsanspruch zustehen, jedoch erscheint unter keinem Gesichtspunkt denkbar, der ASt hätte weitergehende Unterkunftskosten zu beanspruchen.
In Bezug auf Miet- und Nebenkostenrückstände in Höhe von 2.352,36 EUR, für die der Ag vor dem Hintergrund der gerichtlichen Verfahren (L 11 AS 608/09; S 13 AS 308/05; Unterwerfungsvergleich vom 28.02.2011) bereits Zahlungen auf Kosten der Unterkunft und Heizung erbracht hat, bezieht sich der geltend gemachte Anspruch auf die Übernahme von Mietschulden iSd § 22 Abs 8 SGB II, nachdem der ASt die durch den Ag in Höhe von 2.352,36 EUR erbrachten Leistungen nicht zweckentsprechend für Unterkunft und Heizung verwendet hat (vgl. zur Qualifizierung als Mietschulden bei zweckwidriger Verwendung der Leistungen: BSG, Urteil vom 17.06.2010 aaO Rn.18).
Sofern Alg II für den Bedarf für Unterkunft und Heizung erbracht wird, können auch Schulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist (§ 22 Abs 8 Satz 1 SGB II). Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht (§ 22 Abs 8 Satz 2 SGB II). Geldleistungen sollen als Darlehen erbracht werden (§ 22 Abs 8 Satz 4 SGB II). Nicht gerechtfertigt ist in diesem Zusammenhang grundsätzlich eine Leistung zur Sicherung einer nicht kostenangemessenen Unterkunft (vgl. LSG Berlin- Brandenburg, Beschluss vom 22.03.2007 - L 28 B 269/07 AS ER - Juris Rn.12; Lang/Link in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl., § 22 Rn. 109; Berlit in LPK- SGB II, 4. Aufl., § 22 Rn. 188 mwN), so dass es kaum Anhaltspunkte für einen Erfolg des ASt im Hauptsachverfahren gibt. Bereits mit Urteil vom 20.12.2011 hat der Senat entschieden, dass der Ag nicht die tatsächlichen (unangemessenen) Unterkunftskosten des ASt zu übernehmen hat, sondern die Kostenübernahme - für die Zeit ab dem 01.01.2009 - auf einen Betrag von 322.- (Miete einschließlich kalter Nebenkosten) beschränken darf. Damit wird im Ergebnis offenkundig, dass der ASt seine bisherige Wohnung (Miete in Höhe von 315.- EUR zzgl. Stellplatz 25.- EUR zzgl. kalter Nebenkosten 50.- EUR) bei monatlichen (unangemessenen) Unterkunftskosten von 390.- EUR - unabhängig von einer Übernahme der Mietrückstände - ohnehin nicht auf Dauer erhalten kann, wobei die Unangemessenheit der Unterkunftskosten allein auf der Wohnungsgröße (mit ca. 70qm; nach Angaben des ASt ca. 64qm) beruht.
Entscheidend ist in diesem Zusammenhang jedoch, dass der ASt keinen Anordnungsgrund, d.h. die Eilbedürftigkeit der Angelegenheit in Bezug auf eine darlehensweise Übernahme der Mietschulden in Höhe von 2.352,36 EUR glaubhaft gemacht hat.
Eine drohende Räumung seiner Wohnung könnte der ASt nur durch die Zahlung der Mietrückstände und die damit einhergehende Unwirksamkeit der Kündigung abwenden (§ 569 Abs 3 Nr. 2 Bürgerliches Gesetzbuch - BGB), sofern er innerhalb von zwei Monaten ab Rechtshängigkeit der Räumungsklage die fälligen Ansprüche vollständig, d.h. vorliegend in Höhe von 10.969,67 EUR, erfüllt oder sich eine öffentliche Stelle zur Befriedung dieser Ansprüche verpflichtet. In diesem Zusammenhang kann dahinstehen, dass der ASt im Rahmen des Beschwerdeverfahrens lediglich die Übernahme der bis 31.12.2011 aufgelaufenen Rückstände (10.594,67 EUR) geltend gemacht und die weiteren Rückstände (bis 31.03.2012 in Höhe von 375.-; insgesamt 10.969,67 EUR) bei der Antragstellung nicht berücksichtigt hat, denn allein durch die Zahlung von 2.352,36 EUR, die allenfalls im Rahmen einer Übernahme von Mietschulden seitens des Ag übernommen werden könnten, wären die Wirkungen des § 569 Abs 3 Nr. 2 BGB nicht herbeizuführen gewesen. Darüber hinaus gibt es keinen Anhaltspunkt dafür, dass die Vermieterin des ASt bereit wäre, allein in der Folge einer teilweisen Befriedigung ihrer Forderungen das Mietverhältnis mit dem ASt fortzusetzen, insbesondere wenn weder der Ausgleich der Restforderung noch eine vollständige Zahlung der Miet- und Mietnebenkosten in der Zukunft zu erwarten ist. Der ASt ist daher weder tatsächlich noch rechtlich in der Lage seine derzeitige Wohnung auf Dauer zu erhalten, so dass keine aktuelle Notwendigkeit besteht, dem ASt die offenen Mietforderungen zum Erhalt seiner derzeitigen Wohnung zu erstatten. Mangels Eilbedürftigkeit der Angelegenheit ist es ihm daher zuzumuten den Ausgang des Hauptsacheverfahrens abzuwarten.
Im Ergebnis ist die Beschwerde daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG und folgt aus dem Unterliegen des ASt.
Mangels Erfolgsaussichten (§ 73a Abs 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 114 Satz 1 Zivilprozessordnung - ZPO) im Beschwerdeverfahren besteht auch kein Anspruch auf PKH.
Der Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
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